Wie sind Hassverbrechen gegen Muslime zu melden, um in den jährlichen ODIHR Hassverbrechensbericht einzufließen? Ergänzende Richtlinien für NGOS Jänner 2011, Warschau Einleitung Diese Richtlinien haben den Zweck NGOs bei der Meldung von Hassverbrechen gegen Muslime für den ODIHR jährlichen Hassverbrechensbericht betreffend den Zeitraum 2010 zu unterstützen. Diese basieren auf zwei Publikationen ODIHRs: Preventing and Responding to Hate Crimes: A Resource Guide for NGOs in the OSCE Region (Warsaw, 2009) und Hate Crime Laws: A Practical Guide (Warsaw, 2009)* Was ist ein Hassverbrechen gegen Muslime? Gemäß der ODIHR Definition sind Hassverbrechen Verbrechen die auf Voreingenommenheit oder Vorurteilen gegenüber einer bestimmten Gruppe motiviert sind. In diesem Bezug setzen Hassverbrechen 2 Elemente voraus: 1. Der Akt muss ein Verbrechen, das im Strafrecht verankert ist sein. 2. Das Verbrechen muss aufgrund von Voreingenommenheit verübt worden sein. Basierend auf dieser Definition können als Hassverbrechen gegen Muslime Verbrechen, die durch Vorurteile oder Voreingenommenheit gegenüber Muslimen motiviert sind, definiert werden. Sichtbare, identifizierbare muslimische Ziele: Moscheen, Islamische Friedhöfe, Islamische Kulturzentren und Schulen, Frauen mit Kopftuch und Männer mit Bärten können leicht Opfer von Hassverbrechen gegen Muslime werden, weil sie einfach als Ziele mit muslimischem Zusammenhang identifiziert werden können. „Motivation der Voreingenommenheit gegen Muslime“ bedeutet, das die Täter diese Opfer aussuchen, da sie diese bereits aufgrund ihres Erscheinungsbildes mit Muslimen in Verbindung setzen. Irrtümlich als Muslime identifiziert: Manchmal können Täter diese Ziele irrtümlich mit Muslimen in Verbindung bringen. Beispielsweise wurden nach den Angriffen des 09. September viele Sikhmänner, die Turbane und Bärte trugen, in den USA angegriffen, weil diese irrtümlich auf Grund ihres Aussehens für Muslime gehalten wurden. Da auch diese Verbrechen in ihrer Motivation gegen Muslime gerichtet sind, werden diese als Hassverbrechen gegen Muslime bezeichnet. Das Ziel kann eine Person, Gruppen oder Vermögen, welche richtig oder falsch als im Zusammenhang mit Muslimen stehend aufgefasst wird, sein. Hassverbrechen gegen Muslime können sowohl von nichtstaatlichen (auch Einzelpersonen) oder staatlichen Organen ausgehen. Was ist kein Hassverbrechen gegen Muslime? Wenn man die ODIHR Definition von Hassverbrechen betrachtet, sind folgende Akte keine Hassverbrechen gegen Muslime, obwohl sie ähnlich geartet sind: 1. Diskriminierung von Muslimen: Diskriminierung ist eine ungünstige Handlung einer Person, die sich auf verpönte Motive wie Rasse, Religion, Geschlecht oder ethnischen Ursprung gründet. In manchen Ländern können Anti-Diskriminierungsgesetze Strafen vorsehen, aber da in diesen Fällen kein Angriff, der nach der ODIHR Definition als auf dem Strafrecht gründet, vorliegt, wird dies nicht als Hassverbrechen gegen Muslime eingestuft. 2. Hassreden gegen Muslime: In manchen OSCE Staaten werden auch Hassreden als Beispiel für Hassverbrechen genannt. Vorfälle von Hassreden fallen nach der ODIHR Definition nicht in die Kategorie Hassverbrechen, da eben kein krimineller Akt vorliegt. Diesen Grund werden Vorfälle von Hassreden nicht in den ODIHR jährlichen Hassverbrechensbericht aufgenommen. Folgende Beispiele zeigen Vorfällen, die keine Hassverbrechen gegen Muslime sind: • Diskriminierung am Arbeitsplatz: Ein Muslim bewirbt sich für eine Stelle und nach dem Vorstellungsgespräch findet er heraus, dass er obwohl er der beste Kandidat war, nicht eingestellt wurde, nur weil er einen muslimischen Namen hat. Da hier kein krimineller Angriff stattgefunden hat, kann dies nicht als Hassverbrechen gegen Muslime gewertet werden. • Voreingenommene Darstellung in den Medien: In einem Artikel einer Tageszeitung wird behauptet, das der Islam eine gewalttätige Religion sei. Auch wenn das für viele Muslime als Angriff empfunden wird, kann dies in vielen Ländern nicht als Hassverbrechen gewertet werden, weil es keine mittelbare oder unmittelbare Gefahr für Gewalttätigkeiten gegen Muslime darstellt. Diese Akte von Diskriminierung und Ausdruck von Intoleranz und hasserfüllten Ansichten gegen Muslime nicht als Hassverbrechen gegen Muslime zu definieren, bedeutet nicht, dass diese Akte weniger wichtig sind. Tatsächlich zeigen diese Vorfälle, wo Hassverbrechen geschehen können. Aber es sollte nicht übersehen werden, dass unterschied Handlungen unterschiedliche Reaktionen hervorrufen sollten. Indikatoren der Voreingenommenheit bei Hassverbrechen gegen Muslime: Wie kann man ein Verbrechen als Hassverbrechen gegen Muslime identifizieren? Indikatoren der Voreingenommenheit sind einer von mehreren Fakten, die darauf schließen lassen können, dass ein Verbrechen vorurteilsmotiviert ist. Sie bestimmen objektive Kriterien aufgrund derer das Motiv bewertet werden kann, wobei dabei nicht endgültig bewiesen ist, dass die Taten des Angreifers tatsächlich durch Vorurteile motiviert sind. Indikatoren der Voreingenommenheit sollten dazu genutzt werden, zu entscheiden, ob die Motive und Ansichten des Täters weiter untersucht werden sollten. Es ist sehr wichtig Indikatoren der Voreingenommenheit für Hassverbrechen gegen Muslime festzusetzen, da es die staatlichen Organen unterstützen würde, zu entscheiden, ob im relevanten Fall die Sache als mögliches Hassverbrechen gegen Muslime untersucht werden soll. Beispielhafte Liste von Indikatoren der Voreingenommenheit: Die Wahrnehmung des Opfers und der Zeugen Nimmt das Opfer oder die Zeugen den Vorfall als motiviert durch Vorurteile gegenüber Muslimen wahr? Kommentare, schriftliche Aussagen, Gesten und Graffiti Hat der Verdächtige eine schriftliche Stellungnahmen oder Gesten gegen Muslime gerichtet? Sind Zeichnungen, Zeichen, Symbole oder Graffiti gegen Muslime am Tatort hinterlassen worden? Wenn das Ziel ein Ort mit religiöser oder kulturell Signifikanz war, wurde ein Objekt, das einen Angriff gegen Muslime darstellt wie beispielsweise Schweinefleisch oder -blut hinterlassen oder ein wichtiges religiöses Symbol wie der Koran geschändet. Rassische, Ethnische, Geschlechtliche und Kulturelle Unterschiedlichkeiten: Haben Täter und Opfer unterschiedliche religiöse Hintergründe? Gehört der Verdächtige zu einer organisierten Hassverbrechensgruppe gegen Muslime? War das Opfer als Muslim zu identifizieren(wie beispielsweise eine Frau mit Kopftuch oder Mann mit Bart)? War das Opfer Leiter einer muslimischen Gemeinschaft oder ein Verteidiger der Menschenrechte im Zusammenhang mit der Sicherheit von Muslimen? War das Opfer verheiratet oder ein guter Freund eines Muslims? Wann und wo hat der Vorfall stattgefunden? Hat der Vorfall an einem islamischen Feiertag oder einem Jahrestag einer speziellen terroristischen Attacke wie beispielsweise dem 09.September stattgefunden? War das Zielobjekt, ein religiöser oder kulturell signifikanter Platz für Muslime? Das könnte eine Moschee, eine islamische Schule oder ein Kultur- oder Religionszentrum oder ein sonstiges Monument sein. Ist der Vorfall zu einer Zeit der besonderen religiösen, sozialen oder kulturellen Aktivität für Muslime passiert? War der religiös und kulturell wichtige Ort für Muslime bereits vorher Ziel eines Angriffs? Ist das Opfer in der Nähe eines Ortes, der mit Muslimen in Verbindung gebracht wird, angegriffen worden, wie beispielsweise ein Gemeinschaftszentrum oder eine Andachtsstätte? Hasssymbole gegen Muslime: Bei der Identifizierung von Motiven der Vorgenommenheit ist es wichtig, dass spezifische Symbole gegen Muslime bei solchen Angriffen verwendet werden. Nichts desto trotz sollte in Betracht gezogen werden, das auch andere rassistische oder antisemitische Symbole bei Hassverbrechen gegen Muslime benutzt werden können. Im Folgenden werden beispielsweise signifikante Symbole gegen Muslime dargestellt: 9/11: Das ist ein symbolisches Graffitisymbol gegen Muslime, welches verwendet wird, um Muslime mit Terrorismus in Verbindung zu bringen. Das Kreuz: Dieses Symbol wird ebenfalls als Graffiti bei Attacken gegen Muslime verwendet. 1389: Dieses Datum des ersten Kosovokrieges wird speziell von rechtsextremen Gruppen im Balkan verwendet, um den Konflikt zwischen Christen und Muslimen hervorzuheben. Gemischte Motive: Bei der Untersuchung von Hassverbrechen ist es notwendig, alle möglichen Motive in Betracht zu ziehen. In diesem Zusammenhang können Verbrechen auch gemischte Motive haben: 1. Vorurteile gemischt mit anderen Motiven: Manche Vorfälle können durch Vorurteile gegen Muslime und anderen Motiven motiviert sein. Beispielsweise kann eine Person in einer Moschee aufgrund eines Vorurteils gegen Muslime einbrechen und die Religionsstätte schänden und gleichzeitig wertvolles Inventar an sich nehmen und nachher verkaufen. Nach der OIDHR Definition sind alle Verbrechen, die durch Vorurteile motiviert sind auch wenn das nur ein Teil der Motivation darstellt, als Hassverbrechen zu beurteilen. 2. Vorurteile gegen Muslime gemischt mit anderen Vorurteilen: Manchmal zeigen sich Vorurteile gegen Muslime gemischt mit anderen Vorurteilen und Vorgenommenheiten wie Rassismus, Xenophobie und Vorurteile gegen Migranten. Beispielsweise kann ein Angreifer einen Imam mit den Worten „Türken raus“ attackieren. In diesem Fall kann es schwer sein zu entscheiden, ob es sich um ein Hassverbrechen gegen Muslime oder ein rassistisches Verbrechen handelt. Es ist wichtig festzustellen, dass all diese Fälle als Verbrechen die auf Vorurteilen gründen, an OIDHR zu melden sind. Was ist der jährliche OIDHR Hassverbrechensbericht? Dieser Bericht wird jedes Jahr aufgrund eines Beschlusses des OSCE Ministerrates herausgegeben, der OIDHR instruiert Hassmotivierte Vorfälle in der OSCE Region zu verfolgen, zu sammeln und darüber zu berichten. Die Teilnehmerstaaten der OSCE haben weitgehende Verpflichtungen zur Bekämpfung von Hassverbrechen angenommen. Diese Verpflichtungen wurden deshalb angenommen, da erkannt wurde, dass Hassverbrechen eine Gefahr für die nationale und internationale Sicherheit darstellen und sowohl den sozialen Zusammenhalt untergraben können als auch Konflikte sähen können, die zu Gewalttätigkeit führen kann. Der Bericht wird zur jährlichen Konferenz ODIHRs der menschlichen Dimension präsentiert und am 16 November, dem Tag der Internationalen Toleranz lanciert. Wieso ist der ODIHR Hassverbrechensbericht nützlich? Er stellt einen Indikator für die Regierungen, die Zivilgesellschaft und die Öffentlichkeit dar, um das Ausmaß und die Verbreitung von Hassverbrechen zu erfassen. Es verbreitet Informationen über Projekte und bewährte Verfahrensweisen der Regierungen, der Zivilgesellschaft zur Vorbeugung und Bekämpfung von Hassverbrechen. Der ODIHR Hassverbrechensbericht hat einen eigenen Teil über Hassverbrechen gegen Muslime. Wie wird er zusammengestellt? ODHIR ersucht die ernannten nationalen Kontaktstellen zur Bekämpfung von Hassverbrechen in den OSCE Teilnehmerstaaten, NGOs und die OSCE Institutionen und Außenstellen Informationen zu sammeln. ODHIR berät mit den ernannten nationalen Kontaktstellen zur Bekämpfung von Hassverbrechen in den OSCE Teilnehmerstaaten, dem NGOs und den OSCE Institutionen und Außenstellen und fordert Stellungnahmen ein. Welche Informationen sind zur Erstellung des jährlichen Hassverbrechensberichtes nützlich? Berichte und Informationen, die Daten von Hassverbrechen im Jahr 2010 beinhalten. Diese enthalte: o Angriffe gegen Personen wie Körperverletzungen, Mord, gefährliche Drohung, Beschimpfungen abzielend auf die Identität des Opfers (beispielsweise der Rasse, Religion, Ethnischer Herkunft, Sprache, Nationalität, sexueller Orientierung usw), und o Angriffe gegen das Eigentum wie Sachbeschädigung, Grabschändung, Entweihung religiöser Orte und Angriffe gegen Andachtstätten und Graffiti. Gedächtnisprotokolle der Opfer Hassmotivierter Zwischenfälle; Erforschung und Untersuchung von Hassverbrechen und Gewalt gegen NGO Zielgruppen im Jahr 2010; Informationen betreffend praktischen Einsatz zur Bekämpfung von Hassverbrechen im Jahr 2010 wie zum Beispiel: o Verstärkung von Datensammlungen und Berichten von Hassverbrechen; o Information der Bevölkerung über die Konsequenzen von Hassverbrechen; o Kooperation mit Richtern und Staatsanwälten; o Angebot von Trainings für im Justizsystem Tätige, o Angebot zur Unterstützung der Opfer Vorgeschlagene Struktur zur Meldung von Hassverbrechen gegen Muslime: NGOs , die Informationen für den ODHIR Hassverbrechensbericht unterstützen, können ihre Eingabe in vier Teilen einbringen: 1. Kontextbezogener Teil: Am Anfang ihres Berichtes können sie Tendenzen und kontextbezogene Angelegenheiten betreffend diese Tendenzen im Jahr 2010 aufnehmen. Beispiel: Terroristische Angriffe lösen Kampagnen für restriktivere Einwanderungspolitik und Initiativen zur Eingrenzung islamischer religiöser Symbole aus. 2. Verändernde Zahlen: In diesem Teil können sie sich verändernde Zahlen präsentieren. Es sollte mich generelle Daten begonnen werden und dann ins Detail gehen. Beispiel: X Hassverbrechen gegen Muslime im Jahr 2010 o A Angriffe gegen Personen o Frauen mit Kopftuch o Imame und andere Glaubensführer o Andere B Angriffe gegen das Eigentum o Wohnungen o Geschäftslokale o Kulturelle und soziale Orte ( Vereinslokale, Zentren, Märkte) o Religiöse Orte (Moscheen, Friedhöfe, Islamische Schulen) o Monumente 3. Detaillierte Information zu berichteten Vorfällen: Diese Informationen sollen folgendes beinhalten: 1) Kurze Sachverhaltsdarstellung; 2) Wann und Wo das passiert ist; 3) Informationen über den Täter und das Opfer; 4) ob es Zeugen gab; 5) Informationen, ob es Indikatoren gab, die auf eine Motivation aus Vorurteilen hinweisen; 6) Daten über die Reaktion von verschiedenen Beteiligten, im speziellen Polizei, lokale Behörden und sonstige NGOs. Unterstützende Informationen über die Motivation: Wenn ODHIR ein Vorfall gemeldet wird, ist es notwendig so viel wie möglich über Indikatoren, die auf Vorurteile hinweisen, zu wissen. Es ist nicht automatisch ein Hassverbrechen, wenn ein Muslim oder Eigentum in Zusammenhang mit Muslimen angegriffen wird. Es muss dafür objektive Kriterien geben die auf Vorurteile hinweisen. Es folgen zwei Beispiele, die zeigen, wieso solche Indikatoren beim Bericht von Hassverbrechen gegen Muslime notwendig sind: • Einbruch in einer Moschee: Die Teppiche einer Moschee werden von Dieben in der Nacht gestohlen. In diesem Fall kann die Motivation der Diebstahl von Teppichen sein. Deshalb ist es unumgänglich zu beschreiben, wieso dieser Vorfall ein Hassverbrechen gegen Muslime sein soll. Beispielsweise können andere Moscheen in der nähe auch Opfer ähnlicher Taten geworden sein.. • Verletzung eines somalischen Muslims: Ein Gruppe Jugendlicher verletzt einen somalischen Muslim. Während sie in herumstoßen und in mir Fäusten schlagen schreien sie „Du dreckiger Neger, wir wollen dich hier nicht haben“ Die Polizei berichtet, dass die Täter einer rechtsextremen Organisation angehören und bei ihrer Einvernahme hasserfüllte Äußerungen gegen Menschen aus Afrika getätigt haben. Wenn sich dieser Vorfall an einem Freitag vor einer Moschee zugetragen hat, kann es sich auch um eine Motivation aufgrund von Vorurteilen gegen Muslime handeln. Das zeigt, wie wichtig es ist Indikatoren für Vorurteile in den Bericht aufzunehmen. 4. Informationen betreffend praktischen Einsatz zur Bekämpfung von Hassverbrechen gegen Muslime: Es wird angemerkt, dass dies ein vernachlässigter Teil bei Eingaben durch NGO, die sich mit Hassverbrechen gegen Muslime beschäftigen, darstellt. Es sollte dabei auf folgendes bedacht genommen werden: 1) Berichten Sie nur über Initiativen die im Berichtszeitraum begonnen haben oder neue Aspekte einer existierenden Initiative zeigen; 2) Leiten Sie nur Informationen über Initiativen weiter, die mit Hassverbrechen zu tun haben und nicht generell nur mit Interkulturellen Dialog und Bildungsinitiativen für Muslimen; 3) Beachten Sie dabei auch staatliche Initiativen, die Sie empfehlen würden. Frist: Einreichdatum für Informationen – 1. April 2011 Brauchen Sie mehr Informationen? Bitte kontaktieren Sie: [email protected] oder nützen Sie die Websites: www.osce.org/odhir und http://tandis.odhir.pl