Mathematik 1 für Studierende der Biologie Teil III: Differential

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Mathematik 1 für Studierende der Biologie
Teil III: Differential- und Integralrechnung
Christian Leibold
22. Oktober 2014
Differentiation und deren Anwendungen
Differenziation
Anwendungen der Differentiation
Integration
Defintion des Integrals
Wichtige Integrale
Integrations-Techniken
Trigonometrische Funktionen und Komplexe Zahlen
Trigonometrische Funktionen
Komplexe Zahlen
Differenziation
Die Differentiation entsteht aus einem Grenzprozess der
Bestimmung der Steigung eines Graphen. Da die Steigung eine
lokale Eigenschaft ist, ist auch die Differentiation eine lokale
Operation.
f(x)
Annäherung der Tangenten
(dicke Linie) durch Sekanten
(gepunktete Linie). Die Steigung der Sekanten
f (x1 ) − f (x0 )
Δy
=
Δx
x1 − x0
x1 x0
x
heißt Differenzenquotient.
Mathematisch fassen wir diese Figur nun mittels eines
Funktionengrenzwerts zusammen:
Definition (Differenzierbarkeit)
Sei f : X → IR eine reelle Funktion (X ⊆ IR). f heißt differenzierbar
(x0 )
an der Stelle x0 ∈ X , wenn limx→x0 f (x)−f
existiert und endlich
x−x0
ist. Man schreibt
df
f (x) − f (x0 )
(x0 ) = lim
x→x0
dx
x − x0
df
(x0 ) als Ableitung oder Differentialquotient von f
und bezeichnet dx
an der Stelle x0 .
Bemerkungen:
1) Oft schreibt man die Definition auch mittels x = x0 + h, d.h.,
df
f (x0 + h) − f (x0 )
(x0 ) = lim
h→0
dx
h
2) Mehrere Schreibweisen für die Ableitung sind etabliert. Neben
d
f , gibt es auch noch die
der “Operatorschreibweise” dx
Kurzschreibweisen f ′ (x0 ) und, falls f eine Funktion der Zeit ist,
f˙ (t0 ). Da die Kurzschreibweisen aber missverständlich sein können,
benutzt man um sicher zu gehen, wann immer angebracht die
d
.
ausführlichen Schreibweisen dx
3) Da die Ableitung für alle x0 ∈ XD definiert ist, an denen f
differenzierbar ist, kann man durch die Abbildungsvorschrift
df
: XD → IR
dx
wiederum eine Funktion definieren. Vorsicht: Diese Funktion heißt
ebenfalls Ableitung.
Aus der Definition der Ableitung lassen sich mittels elementarer
(aber teils mühsamer) Überlegungen viele wichtige Konsequenzen
herleiten:
Rechenregeln
Seien f , g : X → IR differenzierbar an der Stelle x0 , f umkehrbar,
und a ∈ IR, dann gilt
d
d
(a f ) = a f
dx
dx
d
d
d
(f + g ) =
f +
g
dx
dx
dx
�
�
�
�
d
d
d
(f g ) =
f g +
g f
dx
dx
dx
�
d�
f /g =
dx
g
df
dx
−f
g2
dg
dx
(Produktregel)
(Quotientenregel)
Rechenregeln (Fortsetzung)
d
(f ◦ g )(x0 ) =
dx
�
�
d −1
f ◦ f (x0 ) =
dx
�
d
f ◦g
dx
1
df
dx (x0 )
�
(x0 )
d
g (x0 )
dx
(Kettenregel)
Beweise:
Als Beispiel soll der Beweis der Produktregel und der Ableitung der
inversen Funktion angeführt werden. Die Beweise der anderen
Regeln sollten dann selbständig zu schaffen sein.
Produktregel: Wir beginnen mit dem Differenzenquotienten
f (x + h) g (x + h) − f (x) g (x)
h
f (x + h) g (x + h) − f (x) g (x + h) + f (x) g (x + h) − f (x) g (x)
=
h
f (x + h) g (x + h) − f (x) g (x + h) f (x) g (x + h) − f (x) g (x)
+
=
h
h
f (x + h) − f (x)
g (x + h) − g (x)
= g (x + h)
+ f (x)
.
h
h
Existieren die beiden Differenzenquotienten im Limes, so gilt die
Produktregel.
Ableitung der Umkehrfunktion: Die Umkehrfunktion hat die
Eigenschaft f −1 [f (x)] = x. Differenziation und Anwendung der
Kettenregel liefern
�
�
d −1
d
f [f (x)]
f (x) = 1 .
dx
dx
Division durch
d
dx f (x)
führt auf die Behauptung.
Überdies sollte man sich auch von der Richtigkeit folgender
elementarer Ableitungen überzeugen:
Wichtige Ableitungen
Sei a, k ∈ IR, k = 0
d
a
dx
d
x
dx
d k
x
dx
d x
e
dx
d
ln x
dx
= 0
= 1
= k x k−1
= ex
= 1/x
Höhere Ableitungen
Ableitungen definieren selbst Funktionen df /dx : XD → IR und
können deshalb selbst wieder abgeleitet werden. Wird eine
Funktion n-mal abgeleitet, so spricht man von der n-ten Ableitung.
Man schreibt:
d(n)
f
dx (n)
Beispiel:
d (−1)
2
d(2) 1
d(3)
=
=
ln(x)
=
dx x 2
x3
dx (3)
dx (2) x
Anwendungen der Differentiation
Die Ableitung ist von fundamentaler Bedeutung nicht nur wegen
ihrer Rolle in der Mathematik, sondern gerade auch weil sie sich in
vielen praktischen Anwendungen bewährt. Einige diesen
Anwendungen zugrunde liegende Vorgehensweisen sollen nun
vorgestellt werden:
A. Suche nach Extremalstellen. An lokalen Maxima und Minima
d
f = 0.
gilt: Die Tangente (dicke Linie) hat Steigung 0. Also dx
f(x)
2
d
Am Minimum gilt: dx
2f > 0
2
d
Am Maximum gilt: dx
2f < 0
x
B. Aufstellen der Tangentengleichung. Aus der Definition der
Ableitung über einen Grenzwert von Sekanten folgt unmittelbar die
Gleichung der Tangente fT an die Funktion f an der Stelle x0 :
fT (x) = f (x0 ) + (x − x0 )
d
f (x0 )
dx
Dies ist die beste lineare Approximation der Funktion f an der
Stelle x0 .
C. Approximation von Funktionen. Funktionen können nicht nur
linear (durch eine Gerade) approximiert werden, sondern beliebig
gut durch Polynome höherer Ordnung. Die Figur zeigt eine
Approximation (gestrichelte Linie) des natürlichen Logarithmus
(durchgezogene Linie) an der Stelle x0 = 1 durch das Polynom
(x − 1)2 (x − 1)3 (x − 1)4
+
−
.
ln x ≈ 0 + (x − 1) −
2
3
4
ln(x)
2
2
(x−1)
0
−2
2
2
(x−1) − (x−1) /2
0
1
x
2
3
−2
Approximation 4. Ordnung
0
1
x
2
3
−2
1
x
2
3
Die Koeffizienten der polynomialen Approximation ergeben sich
aus dem Satz von Taylor.
Satz von Taylor
Sei [a, b] ⊆ IR und f : [a, b] → IR unendlich oft differenzierbar.
Zusätzlich gebe es zwei reelle Zahlen α, C < ∞, so dass für alle
k ∈ IN gilt
�
�
� d(k) f �
�
�
� (k) � ≤ α C k .
� dx �
Dann gilt
∞
�
(x − x0 )k dk f
f (x) =
k!
dx k
k=0
Diese Reihe heißt Taylor-Reihe der Funktion f an der Stelle x0 .
D. Die l’Hospitalsche Regel liefert eine bequeme Formel zur
Berechnung komplizierterer Funktionsgrenzwerte:
Seien g , h differenzierbare reelle Funktionen und
dh
(x0 ) = 0, sowie g (x0 ) = h(x0 ) = 0 oder
limx→x0 dx
limx→x0 g (x) = limx→x0 h(x) = ∞. Dann gilt
g (x)
lim
= lim
x→x0 h(x)
x→x0
d
dx g (x)
d
dx h(x)
Beweis: 1. Fall: g (x0 ) = h(x0 ) = 0. Nach dem Satz von Taylor gilt
für den Quotienten
d
g (x) + Rest
(x − x0 ) dx
g (x)
=
=
d
h(x)
(x − x0 ) dx
h(x) + Rest
d
dx g (x) +
d
dx h(x) +
Rest
x−x0
Rest
x−x0
Da die Reste im Limes schneller als x − x0 gegen Null
konvergieren, ist der Fall 1 bewiesen.
.
2. Fall: limx→x0 g (x) = limx→x0 h(x) = ∞. Zunächst stellen wir
den Bruch wie folgt um:
g (x)
=
h(x)
1
h(x)
1
g (x)
,
um festzustellen, dass die beiden Kehrbrüche gegen Null
konvergieren. Damit liegt wiederum Fall 1 vor. Die Regel von
l’Hospital lautet damit
g (x)
= lim
lim
x→x0
x→x0 h(x)
1
h(x)
1
g (x)
−g 2 (x)
= lim
x→x0 −h 2 (x)
d
dx h(x)
d
dx g (x)
.
unter der 2Annahme dass der Grenzwert existiert, teilt man durch
(x)
und erhält die Aussage. q.e.d.
limx→x0 gh2 (x)
Integration
Wie gesehen kann die Ableitung als neue Funktion interpretiert werden.
Die Differentiation ist somit eine Operation, die eine Funktion in eine
andere Funktion umwandelt. Gibt es aber auch eine Operation, die die
Differentiation umkehrt? D.h. können wir für eine Funktion f eine
Funktion F finden, so dass gilt dF /dx = f ?
Dazu betrachten wir zunächst die Approximation der Ableitung
durch den Differenzenquotienten für kleines Δx:
f (x) =
d
F (x + Δx) − F (x)
F (x) ≈
dx
Δx
Wenn wir nun das Intervall [a, b] ∈ IR in N Teil-Intervalle der
Länge Δx = (b − a)/N aufteilen, kann man jedem x den Index n
der nächsten Intervallgrenze zuordnen. Damit wird obige
Approximation zur rekursiven Definition einer Folge:
f (a + n Δx) =
F (a + (n + 1) Δx) − F (a + n Δx)
Δx
Aufgelöst nach F (a + (n + 1) Δx) erhalten wir
F (a + (n + 1) Δx) = F (a + n Δx) + Δx f (a + n Δx) .
Die explizite Lösung dieser Differenzengleichung lautet
F (a + n Δx) = F (a) + Δx
n
�
f (a + n Δx)
k=0
Um von dieser diskreten Darstellung wieder zurück zu einer
Funktion in IR zu kommen benötigt man einen Grenzprozess, bei
dem die Intervallbreite Δx = (b − a)/N immer kleiner, d.h., die
Approximation immer genauer wird. Dies erreicht man durch
immer größeres N. Das Resultat ist folgende Definition.
Definition (Riemann-Integral)
Sei [a, x] ein reelles Intervall und Δx = (x − a)/N für N ∈ IN.
Eine Funktion f : [a, x] → IR heißt integrierbar auf dem Intervall
[a, x], wenn die Folge
IN =
N
�
Δx f (Δx n + a)
n=0
für N → ∞ konvergiert. IN heißt Riemann-Summe. Der Grenzwert der Riemannsumme
� x
dξ f (ξ)
lim IN =
N→∞
a
heißt Riemann-Integral von f im Intervall [a, x].
Aus der Konstruktion des Integrals folgt der
Hauptsatz der Integral und Differentialrechnung
Sei F eine reelle auf dem Intervall [a, x] differenzierbare Funktion
d
F (x) = f (x), dann gilt
mit dx
�x
a
dξ f (ξ) = F (x) − F (a)
sowie, nach Differentiation,
d
dx
�x
dξ f (ξ) = f (x) .
a
In Worten: Das Integral der Ableitung ist die ursprüngliche
Funktion, sowie die Ableitung des Integrals ist die ursprüngliche
Funktion.
f(x)
Aus der Konstruktion des Integrals über die Riemann-Summe
ergibt sich folgende geometrische Interpretation:
Δx
a
x
b
a
x
Das Integral misst den gerichteten Flächeninhalt unter dem
Graphen einer Funktion.
b
Eigenschaften des Integrals:
�b
�b
Seien α, β ∈ IR und a dx f (x), a dx g (x) existent, dann gilt
�
b
dx [α f (x) + βg (x)]
a
� b
dx f (x)
a
� c
� b
dx f (x)
dx f (x) +
a
�� bb
�
�
�
�
dx f (x)��
�
a
= α
�
b
dx f (x) + β
a
�
b
dx g (x)
a
a
�
dx f (x)
= −
b
� c
dx f (x)
=
a
� b
dx |f (x)| (Dreiecks − Ungleichung)
≤
a
Mittelwertsatz
Sei f stetig auf [a, b], dann gibt es ein c ∈ [a, b], so dass
1
f (c) =
b−a
�
b
dx f (x) .
a
Aus der Definition des Integrals folgt auch,
� a
dx f (x) = 0
a
und somit, dass die Veränderung der Funktion an isolierten
Punkten nichts am Integral ändert. Punkte sind deshalb
sogenannte Nullmengen.
Wichtige Integrale
Durch Differentiation
folgender Integrale:
�
dx x n
�
dx x −1
�
dx e ax
�
dx ax
�
dx ln x
überzeugt man sich von der Richtigkeit
=
x n+1
,
n+1
n = −1
= ln |x|
= a−1 e ax ,
a=0
= (ln a)−1 ax ,
a ∈ IR+ \{1}
= x [ln(x) − 1]
Integrations-Techniken
Die zwei folgenden Rechentechniken sind bei der Integration von
fundamentaler Bedeutung.
Partielle Integration
Seien f und g reelle auf dem Intervall [a, b] integrierbare und
differenzierbare Funktionen. Dann gilt
�b
a
d
f (x) = f (x) g (x)| ba −
dx g (x)
dx
�b
dx f (x)
d
g (x)
dx
a
Beweis: Die partielle Integration ist eine Konsequenz der
Produktregel. Integriert man
�
�
�
�
d
d
d
(f (x) g (x)) =
f (x) g (x) + f (x)
g (x)
dx
dx
dx
über das Intervall [a, b], so erhält man die Formel der partiellen
Integration nach Anwendung des Hauptsatzes der Differential- und
Integralrechnung auf die linke Seite. q.e.d.
Integrationsparameter-Substitution
Seien f und g reelle Funktionen, sowie alle folgenden Integrale
existent. Zusätzlich sei f differenzierbar. Dann gilt:
�b
dx
a
�
f (b)
�
�
d
du g (u)
f (x) (g ◦ f )(x) =
dx
f (a)
Beweis: Die Substitutionsregel ist eine Konsequenz der
Kettenregel. Integriert man
�
�
d
d
d
(G [f (x)]) =
G (f (x))
f (x)
dx
dx
dx
über das Intervall [a, b], so erhält man die Substitutionsregel für
g = dG /dx nach zweimaliger Anwendung des Hauptsatzes der
Differential- und Integralrechnung auf die linke Seite. q.e.d.
Uneigentliche Integrale
Wenn das Integrationsintervall [a, b] eine Stelle c beinhaltet, an
der f nicht definiert ist und die Grenzwerte
� u
� b
I1 = lim
dx f (x) sowie lim
dx f (x)
uրc
uցc
a
u
existieren, so heißt
�
b
dx f (x) = I1 + I2
a
uneigentliches Integral. Insbesondere kann auch a = −∞, b = ∞
oder beides auftreten,�sowie f an mehreren Stellen in [a, b] nicht
a
definiert sein. Wegen a dx f (x) = 0, kann auch nicht zwischen
einem geschlossenen [a, b] und einem offenen Integrationsintervall
(a, b) unterschieden werden.
Trigonometrische Funktionen
Grundwissen:
Die Winkelsumme im Dreieck beträgt 180◦ !
Der Satz von Pythagoras besagt, dass für ein rechtwinkliges
Dreieck mit Hypothenusenlänge c und Kathetenlängen a und b
folgende Gleichheit gilt a2 + b 2 = c 2 . Der Beweis kann geometrisch
geführt werden (siehe z.B. folgende Abbildung).
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Die trigonometrischen Funktionen Sinus und Cosinus sind
geometrisch über den Einheitskreis definiert:
Jeder Punkt auf dem Einheitskreis ist
eindeutig durch die Bogenlänge α ∈
[0, 2π) (dicke Linie) bestimmt. Die Umrechnung in kartesische Koordinaten (geα
sin α
strichelte Linien) definiert die trigonomecos α
trischen Funktionen Sinus (sin) und Cosinus (cos). Abgeleitet davon ist der Tangens (tan x = sin x/ cos x). Außerdem
gilt cos(x)2 + sin(x)2 = 1 (Pythagoras).
Umkehrfunktionen
Die Umkehrfunktionen heißen Arcus-Sinus, Arcus-Cosinus und
Arc-Tangens
arcsin : [−1, 1] → [−π/2, π/2], arccos : [−1, 1] → [0, π],
arctan : IR → (−π/2, π/2)
5
3
0
1
0
−1
−1
0
x
1
arctan x
2
arccos x
arcsin x
1
−1
−1
0
1
x
2
3
0
−5
−5
0
x
5
gestrichelt: Winkelhalbierende; durchgezogen: Arcus-Funktion; gepunktet:
umkehrbarer Ast der ursprünglichen Funktion.
Additionstheoreme
Copyright by Wolfram MathWorld
Aus der Figur lassen sich folgende geometrische Schlüsse ziehen:
◮ a cos(α + β) = sin(α)
◮ tan(α + β) = b/ sin(α)
◮
sin(β)+a
cos(α)+b
cos(β)
= cos(α)+b
sin(α + β) =
cos(α + β)
Löst man diese Gleichungen nach Sinus und Cosinus des
Summenwinkels auf, erhält man
◮
cos(α + β) = cos(α) cos(β) − sin(α) sin(β)
sin(α + β) = cos(α) sin(β) + sin(α) cos(β)
Drehung
Die Additionstheoreme entsprechend der Drehung eines Punktes
(x, y ) = (cos(β), sin(β)) auf dem Einheitskreis (x 2 + y 2 = 1)um
einen Winkel α um den Koordinatenursprung. Diese Drehung führt
auf eine Punkt (x ′ , y ′ ) = (cos(α + β), sin(α + β)) auf dem
Einheitskreis. Eine allgemeine Drehung erhält man indem man die
Additionstheoreme mit einer positiven Zahl r (dem Radius)
multipliziert, wobei (x, y ) = r (cos(β), sin(β)) und
(x ′ , y ′ ) = r (cos(α + β), sin(α + β)). Dies führt daher zu
x ′ = x cos(α) − y sin(α)
y ′ = y cos(α) + x sin(α) .
Ableitungen
Für die Ableitung des Sinus berechnet man den Differenzen
Quotienten mittels der Additionstheoreme als
sin(x + h) − sin(x)
sin(x) [cos(h) − 1] + cos(x) sin(h)
=
h
h
Aus geometrischen Überlegungen folgt | tan h| ≥ |h| ≥ | sin h| und
damit | cos h/ sin h| ≤ |1/h| ≤ |1/ sin h|, oder
| cos h| ≤ | sin h/h| ≤ 1. Damit ist
limh→0 sin(h)/h = limh→0 | sin(h)/h| = 1. Für den zweiten
Grenzwert gilt
cos h − 1 = cos( h2 + h2 ) − 1 = cos( h2 )2 − sin( h2 )2 − 1 = −2 sin( h2 )2
und damit
limh→0 [cos(h) − 1]/h = − limh→0 sin( h2 )/(h/2) sin( h2 ) = 0.
Zusammen gilt somit
d
sin(x) = cos(x) .
dx
Ähnliches gilt auch für die Ableitung des Cosinus und damit:
d
d
1
cos(x) = − sin(x) ,
tan(x) =
dx
dx
cos(x)2
Integrale
Durch Differenziation der rechten Seiten zeigt man
�
dx sin(x) = − cos(x)
�
dx cos(x) = sin(x)
�
dx tan(x) = − ln | cos(x)|
Ableitungen der Umkehrfunktionen
Die Regel zur Ableitung der Umkehrfunktion liefert
1
,
1 − x2
−1
√
,
1 − x2
1
1 + x2
d
arcsin(x) =
dx
d
arccos(x) =
dx
d
arctan(x) =
dx
√
x ∈ (−1, 1)
x ∈ (−1, 1)
Komplexe Zahlen
Die Parametrisierung des Einheitskreises über Sinus und Cosinus
erlaubt eine effiziente Schreibweise der zwei-dimensionalen Ebene
in Polarkoordinaten:
(x, y ) = r (cos φ, sin φ)
Hier beschreibt r den Radius (Abstand vom Ursprung) eines
Punktes und φ den Winkel zwischen dem Vektor (x, y ) und der
x-Achse.
x
r
φ
y
Die beiden Koordinaten-Systeme (kartesisch und polar) eignen sich
jeweils besonders gut um bestimmte Transformationen in der
zwei-dimensionalen Ebene zu beschreiben. Die kartesischen
Koordinaten sind besonders geeignet für Translationen
(Verschiebungen), die Polarkoordinaten für Rotationen
(Drehungen).
Translationen: Gegeben seien 2 Punkte (x, y ) und (x ′ , y ′ ).
Demnach gibt es eine eindeutige Translation (tx , ty ), so dass
(x ′ , y ′ ) = (tx , ty ) + (x, y ) .
Die Addition mit dem Vektor (tx , ty ) beschreibt somit eine
Verschiebung.
Rotationen: Gegeben seien 2 Punkte (x, y ) und (x ′ , y ′ ) die
verschieden vom Ursprung sind. Neben einer Translation kann man
sie ebenfalls ineinander überführen mittels einer Kombination aus
Streckung(Stauchung) und Drehung. Die Streckung entspricht
einer Multiplikation
r ′ = ρr r
wobei r und r ′ die Radien der jeweiligen Polarkoordinatien sind und
ρr > 0 das Längen-Verhältnis beschreibt. Die Kombination aus
Streckung und Drehung kann in Polarkoordinaten mittels der nun
bekannten Gleichung
x ′ = x ρr cos φr − y ρr sin φr
y ′ = y ρr cos φr + x ρr sin φr
erzielt werden.
Die Parameter ρr und φr der Drehstreckung können nun ihrerseits
als Polarkoordinaten eines Punktes aufgefasst werden:
(xr , yr ) = (ρr cos φr , ρr sin φr )
Damit folgt für die Drehstreckung in kartesischen Koordinaten:
x ′ = x xr − y yr
y ′ = y xr + x yr
Komplexe Zahlen: Zur Vereinfachung der Notation führt man
folgende Schreibweise ein: z = x + iy .
Damit entspricht die Addition
z1 + z2 = (x1 + x2 ) + i (y1 + y2 )
der Translation von z1 um z2 . Bei der Multiplikation erhält man
z1 z2 = x1 x2 + i2 y1 y2 + i(x1 y2 + y1 x2 ) .
Um dieses Ergebnis als Drehstreckung interpretieren zu können
müssen wir dem Ausdruck i2 einen Bedeutung zumessen. Ein
Vergleich mit der Drehstreckungsformel liefert Äquivalenz falls
i2 = −1. Anschaulich bedeutet dies die Drehung des Punktes
(0, 1) ”=” 0 + i 1 um 90◦ ”=” 0 + i 1. Das Resultat dieser
Operation erzeugt den Punkt 180◦ ”=” (-1,0) ”=” −1 + i 0.
Definitionen:
◮
z̄ = x − i y heißt zu z = x + i y komplex konjugierte Zahl.
◮
Re(z) = x = (z + z̄)/2 heißt Realteil von z = x + i y .
◮
Im(z) = y = (z − z̄)/(2i) heißt Imaginärteil von z = x + i y .
�
|z| = x 2 + y 2 heißt Absolutbetrag von z und entspricht
dem Radius in Polarkoordinaten.
◮
◮
arg(z) heißt Argument von z und ist definiert als der Winkel
zwichen z und x-Achse in Polarkoordinaten. Man kann das
Argument über den quadranten-richtigen Arcus-Tangens
erhalten.
Eulergleichung: Eine Sonderrolle nehmen die kompexen Zahlen
auf dem Einheitskreis ein. Sie sind eindeutig durch den Winkel α in
Polar-Koordinaten definiert. Wir definieren für sie folgende
Abkürzung
e(α) = cos α + i sin α .
Da Drehungen auf dem Einheitskreis einer Addition der Winkel
entsprechen gilt demnach
e(α) e(β) = e(α + β) .
Dies entspricht der Funktionalgleichung der Exponentialfunktion.
Man definiert deshalb
exp(i α) = cos α + i sin α
und vereerbt damit alle Konsequenzen der Funktionalgleichung auf
die Exponentialfunktion mit imaginären Argumenten.
Folgerungen:
◮
◮
Die Polardarstellung der komplexen Zahl z lautet
z = |z| e i arg(z) .
Das komplex Konjugierte z̄ = |z| e −i arg(z) entspricht einer
Drehung mit dem Uhrzeigersinn.
d iφ
= i ei φ
dφ e
�∞
k
◮ ei φ =
k=0 (iφ) /k!
◮ ln z = ln(|z| e i arg(z) ) =
◮
◮
ln |z| + i arg(z). Beispiel:
ln(−1) = ln 1 + i π = i π.
�
�
√
i
arg(z)
|z| e
=
|z| e i arg(z)/2 . Beispiel:
√
√z = √
−2 = 2 e iπ/2 = 2 i.
Konsequenz: Die Möglichkeit Wurzeln aus negativen Zahlen zu
ziehen ist Grundlage des Fundamentalsatzes der Algebra (ohne
Beweis): Die Anzahl der Nullstellen eines jeden nicht konstanten
komplexen Polynoms von endlichem Grad n ≥ 1 ist gleich dem
Grad des Polynoms, falls die Nullstellen mit der richtigen
Vielfachheit gezählt werden.
In anderen Worten bedeutet das, dass es zu jedem solchen
Polynom P(z), n komplexe Zahlen ak , k = 1, ..., n und ein
komplexes C gibt, so dass
P(z) = C
n
�
k=1
(z − ak ) .
Die Zahlen ak müssen dabei nicht notwendigerweise verschieden
sein.
Beispiel: Nullstellen von z 3 − 1 = 0. In Polarkoordinaten gilt
1 e i 0 = 1 = z 3 = |z|3 e i 3 φ .
und damit |z| = 1. Für das Argument φ von z folgt die Bedingung
3φ = 2π k ⇒ φ = 2/3π k
wobei k eine beliebige ganze Zahl ist. Wir setzen nun nacheinander
k = 0, 1, 2, 3 und erhalten φ0 = 0, φ1 = 2/3π, φ2 = 4/3π und
φ3 = 2π. Da e iφ0 = e iφ3 und ebenso alle anderen k ∈
/ {0, 1, 2}
wegen der Kreissymmetrie keine neuen Lösungen erzeugen, sind
damit 3 Nullstellen √
von z 3 − 1 = 0 identifiziert: a0 =√e i0 = 1,
a1 = e iφ1 = (−1 + 3 i)/2, und a2 = e iφ2 = (−1 − 3 i)/2.
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