Intensivmedizin Fragen und Antworten 850 Fakten für die Prüfung "Intensivmedizin" von Franz Kehl, Sebastian Schulz-Stübner 3., vollst. überarb. u. aktualisierte Aufl. Springer 2010 Verlag C.H. Beck im Internet: www.beck.de ISBN 978 3 642 12664 2 Zu Inhaltsverzeichnis schnell und portofrei erhältlich bei beck-shop.de DIE FACHBUCHHANDLUNG 52 Atmung und Beatmung Inhalative Vasodilatatoren ??48 Welche Aussagen zu inhalativen Vasodilatatoren sind richtig? a) Die inhalative Gabe von NO reduziert den intrapulmonalen Shunt beim Intensivpatienten. b) Die inhalative Gabe von NO ist ein Routineverfahren zur Verbesserung der Oxygenierung beim ARDS. c) Ein sinnvoller Einsatzbereich für die inhalative Gabe von NO ist das schwere Rechtsherzversagen. d) Zur Senkung des pulmonalarteriellen Druckes mittels inhalativem NO sind höhere Konzentrationen erforderlich als zur Oxygenierungsverbesserung beim ARDS. e) Bei Säuglingen darf inhaliertes NO nicht eingesetzt werden. >>Antworten a) Richtig. Bei der Inhalation von NO kommt es nur in den belüfteten Arealen zu einer Vasodilatation, sodass nichtventilierte Bereiche weniger perfundiert werden. Somit reduziert sich der intrapulmonale Shunt. b) Falsch. Die inhalative Gabe von NO beim ARDS ist kein Routineverfahren, sondern bleibt eine experimentelle Therapie für besondere Problemfälle. Bei Therapierespondern kommt es unter NO-Gabe beim ARDS zur Shuntabnahme bzw. zur Umverteilung des Blutflusses zu ventilierten Alveolen und damit zur Verbesserung der Oxygenierung. Der Nachweis der Verbesserung der Letalität von ARDS-Patienten durch die Gabe von inhalativem NO konnte nicht erbracht werden. c) Richtig. Der Einsatz von NO beim schweren Rechtsherzversagen erscheint sinnvoll. Besondere Bedeutung hat die inhalative Gabe von NO zur Therapie des Rechtsherzversagens im Rahmen von Herztransplantationen. d) Richtig. Zur Senkung des pulmonalarteriellen Druckes sind NOKonzentrationen von 20–40 ppm (parts per million) erforderlich, während zur Oxygenierungsverbesserung geringere Konzentrationen von 5 ppm ausreichen. e) Falsch. Eine Hauptindikation zum Einsatz von NO ist die persistierende pulmonale Hypertension des Neugeborenen (PPHN). 53 ??49 Welche Aussagen zu inhalativen Vasodilatatoren sind richtig? a) Außer NO gibt es keine beim Patienten einsetzbaren inhalativen Substanzen, die den pulmonalarteriellen Druck senken. b) NO kann nicht nur exogen zugeführt werden, sondern ist auch ein endogenes Produkt. c) Die Halbwertszeit von NO beträgt in vivo 3–4 min. d) Im Rahmen der inhalativen NO-Gabe sollte der Methämoglobinspiegel gemessen werden. e) Im Rahmen der inhalativen NO-Gabe sollte in der Atemluft NO2 gemessen werden. >>Antworten a) Falsch. Prostazyklin (PGI2) kann mit Spezialverneblern dem Patienten inhalativ zugeführt werden. Die Senkung des pulmonalarteriellen Druckes ist unter inhalativem Prostazyklin ausgeprägter als unter NOGabe. b) Richtig. NO wird mithilfe der NO-Synthase aus Arginin gebildet, wobei Citrullin entsteht. Bei der NO-Synthase unterscheidet man konstitutionelle und induzierbare Formen. Das entstehende NO aktiviert die intrazelluläre Guanylylzyklase, was schließlich zur Relaxation der Gefäßmuskulatur führt. c) Falsch. Die In-vivo-Halbwertszeit von NO beträgt wenige Sekunden. d) Richtig. Durch die Inaktivierung von NO durch Hämoglobin kommt es zur Methämoglobinbildung, dessen Anteil im Blut gemessen werden sollte. e) Richtig. Die Entstehung von Nitriten und Nitraten kann zur Bronchokonstriktion und zu proinflammatorischen pulmonalen Effekten führen. Daher sollte neben der Methämoglobinmessung auch ein NO2-Monitoring erfolgen. ??50 Welche Aussagen zu inhalativen Vasodilatatoren sind richtig? a) Das abrupte Absetzen höherer Dosen von inhalativem NO ist problemlos. b) Bei inhalativer Gabe von NO ist die Hemmung der Thrombozytenaggregation ausgeprägter als unter inhalativem Prostazyklin. 54 Atmung und Beatmung c) Unter inhalativer Gabe von Prostazyklin sollte der Methämoglobinspiegel gemessen werden. d) Die gefäßrelaxierende Wirkung von Prostazyklin wird durch die intrazelluläre Guanylylzyklase vermittelt. e) Auch die intravenöse Infusion von Prostazyklin senkt den pulmonalarteriellen Druck. >>Antworten a) Falsch. Nach dem abrupten Absetzen höherer Dosen können Reboundphänomene auftreten. Somit ist die schrittweise Reduktion der NO-Konzentration sinnvoll. b) Falsch. Die Thrombozytenaggregationshemmung unter NO-Gabe ist klinisch nicht relevant, während die inhalative Gabe von Prostazyklin zu klinisch relevanten Effekten führt. c) Falsch. Prostazyklin bewirkt – im Gegensatz zu NO – keine Methämoglobinbildung, sodass die Messung des Methämoglobinspiegels nicht erforderlich ist. d) Falsch. Prostaglandine wirken durch die Aktivierung der membrangebundenen Adenylylzyklase mit Bildung von zyklischem AMP (cAMP), während NO die intrazelluläre Guanylylzyklase aktiviert, wodurch vermehrt cGMP gebildet wird. e) Richtig. Intravenös verabreichte Vasodilatatoren wie Prostazyklin bewirken nicht nur eine Dilatation im pulmonalen, sondern auch im systemischen Gefäßgebiet. Hierdurch kommt es zu einer systemischen Kreislaufreaktion. Weiterhin wird bei intravenöser Gabe die hypoxische pulmonale Vasokonstriktion vermindert bzw. aufgehoben, sodass sich der intrapulmonale Shunt erhöht und sich die Oxygenierung verschlechtern kann. 55 3 Infektiologie Antibiotika ??51 Welche Aussagen zu den folgenden Antibiotika sind richtig? a) Linezolid gehört zur Gruppe der Streptogramine. b) Meropenem ist gegenüber der Einwirkung der renalen Dehydropeptidase wesentlich stabiler als Imipenem. c) Die Gabe von Imipenem bei nekrotisierender Pankreatitis ist nicht sinnvoll, da Imipenem nicht pankreasgängig ist. d) Aminoglykoside werden heute meistens 3-mal täglich dosiert. e) Bei der Gabe von Aminoglykosiden ist das sog. »Therapeutic Drug Monitoring« essenziell. >>Antworten a) Falsch. Linezolid gehört zur Gruppe der Oxazolidinone und dient als Reserveantibiotikum bei multiresistenten grampositiven Keimen wie Staphylokokken und Enterokokken. Linezolid hemmt die Monoaminoxidase, sodass entsprechende Auswirkungen wie z. B. Blutdruckspitzen möglich sind. Zu den Streptograminen zählen Quinupristin und Dalfopristin, die als Kombination im Verhältnis 30:70 kommerziell erhältlich sind. Das Wirkspektrum der Streptogramine umfasst ebenfalls die grampositiven Keime (mit Ausnahme von Enterococcus faecalis). b) Richtig. Imipenem wird sehr schnell durch die renale Dehydropeptidase abgebaut, sodass im Handelspräparat ein Hemmer dieser Dehydropeptidase, das Cilastatin, im Verhältnis 1:1 zugefügt ist. Meropenem weist gegenüber diesem Enzym eine größere Resistenz auf, sodass es nicht mit einem Inhibitor kombiniert werden muss. c) Falsch. Imipenem weist eine gute Pankreasgängigkeit auf, sodass die Substanz zu den Antibiotika der Wahl bei nekrotisierender Pankreatitis zählt. d) Falsch. Aminoglykoside wie Gentamicin, Tobramycin und Netilmicin werden heute 1-mal täglich (in der Tagesdosierung) verabreicht. Unter diesem Regime ist im Vergleich zur häufigeren Gabe die Nephro- und Ototoxizität geringer, wobei aufgrund des postantibiotischen Effektes der Aminoglykoside dieselbe Wirkung erzielt wird. 56 Infektiologie e) Richtig. Beim »Therapeutic Drug Monitoring« wird die Konzentration von Substanzen mit enger therapeutischer Breite im Serum oder Plasma gemessen, um ausreichend hohe Wirkspiegel zu erreichen und gleichzeitig toxische Nebenwirkungen zu minimieren. Der Talspiegel sollte für Gentamicin, Tobramycin oder Netilmicin <1 μg/ml sein. ??52 Welche Aussagen zu den folgenden Antibiotika sind richtig? a) Ceftriaxon wird 1-mal pro Tag dosiert, da es eine entsprechend lange Halbwertszeit aufweist. b) Clavulansäure, Sulbactam und Tazobactam sind Cholinesterasehemmer. c) Ceftazidim weist eine Wirklücke bei Pseudomonas aeruginosa auf. d) Clindamycin weist eine sehr gute Gewebegängigkeit auf. e) Tigecyclin ist ein Antibiotikum aus der Gruppe der Glycylcycline. >>Antworten a) Richtig. Ceftriaxon hat eine Halbwertszeit von 7–8 h (Cefotaxim: 60 min) und kann deshalb in einer einzigen Tagesdosis verabreicht werden. b) Falsch. Die genannten Substanzen sind β-Lactamase-Hemmer, die durch Zugabe zu β-Lactam-Antibiotika wie z. B. Piperacillin deren Wirkspektrum deutlich erweitern. c) Falsch. Ceftazidim besitzt eine relativ gute Wirksamkeit gegen Pseudomonas und kann somit therapeutisch bei Pseudomonasinfektionen eingesetzt werden. d) Richtig. Clindamycin weist eine sehr gute Gewebegängigkeit auf, auch die Penetration in Knochengewebe ist relativ gut. Es kann somit bei Abszessen, Empyemen oder auch bei Osteomyelitis zum Einsatz kommen, wobei ein Großteil des Anaerobierspektrums miterfasst wird. Häufiger als unter anderen Antibiotika kommt es im Rahmen einer Clindamycintherapie zu einer pseudomembranösen Enterokolitis. e) Richtig. Tigecyclin ist ein neues Antibiotikum mit breitem antibakteriellem Wirkspektrum. Es ist auch wirksam gegen methicillinresistente Staphylokokken und vancomycinresistente Enterokokken. 57 ??53 Welche Aussagen zu den folgenden Antibiotika sind richtig? a) Penicilline und Imipenem können Konvulsionen auslösen. b) Das Makrolidantibiotikum Erythromycin kann bei Intensivpatienten sowohl oral als auch intravenös zur Verbesserung der anterograden Magenentleerung eingesetzt werden. c) Mupirocin ist ein lokal applizierbares Antibiotikum, das bei nasaler Kolonisation mit Staphylococcus aureus zur Dekolonisation eingesetzt werden kann. d) Fluorochinolone weisen keine Hepatotoxizität auf. e) Mit zunehmendem Einsatz der Fluorochinolone nimmt die Resistenz von gramnegativen Bakterien gegen Ciprofloxacin auf Intensivstationen zu. >>Antworten a) Richtig. Besonders in hohen Dosen wirken Penicilline und Imipenem prokonvulsiv. b) Richtig. Erythromycin erhöht die Magenmotilität durch Wirkung auf die Motilinrezeptoren in der glatten Magenmuskulatur. Hierdurch beschleunigt Erythromycin die Magenentleerung. c) Richtig. Mupirocin wird als Nasensalbe zur Elimination von Staphylococcus aureus eingesetzt. d) Falsch. Es gibt einige Berichte über die Hepatotoxizität von Fluorochinolonen, darunter auch Einzelfälle mit letalem Ausgang durch Leberversagen. Das Fluorochinolon Trovafloxacin wurde 1999 wegen seiner Hepatotoxizität vom Markt genommen. e) Richtig. Es ist inzwischen bekannt, dass die Resistenz von gramnegativen Bakterien gegen Ciprofloxacin parallel zum Fluorochinoloneinsatz zunimmt. Insbesondere eine Studie von Neuhauser et al. (JAMA 2003; 289: 885–888) konnte dies anhand von 35790 Isolaten aus den Jahren 1994–2000 nachweisen. ??54 Welche Aussagen zu Vancomycin sind richtig? a) Vancomycin gehört zur Gruppe der Makrolidantibiotika. b) Das Wirkspektrum von Vancomycin umfasst insbesondere gramnegative Keime. c) Vancomycin kumuliert stark bei Niereninsuffizienz. 58 Infektiologie d) Eine typische Nebenwirkung der Vancomycingabe ist das sog. »RedMan-Syndrom«. e) Vancomycin wird bei pseudomembranöser Enterokolitis oral verabreicht. >>Antworten a) Falsch. Vancomycin gehört zur Gruppe der Glykopeptide. Zur Gruppe der Makrolide gehören Erythromycin, Clarithromycin, Roxithromycin und andere. b) Falsch. Vancomycin wirkt ausschließlich auf grampositive Keime. Hierzu gehören Staphylokokken, Streptokokken, Enterokokken und auch Clostridium difficile. Durch die Zunahme resistenter Keime wie z. B. methicillinresistenter Staphylokokken (MRSA) hat die Substanz an Bedeutung gewonnen. c) Richtig. Die Ausscheidung erfolgt zu 90% über die Niere, sodass Vancomycin bei Niereninsuffizienz kumuliert. Hilfreich ist die Messung der Blutspiegel, wobei dem Talspiegel die größere Bedeutung zukommt. Als großes Molekül mit 1500 Dalton ist Vancomycin kaum dialysierbar, wird aber durch Hämofiltration eliminiert. Somit kann beim Dialysepatienten die Gabe von Vancomycin nur ein einziges Mal pro Woche erforderlich sein, während unter kontinuierlicher Hämofiltration häufigere Gaben nötig sind. d) Richtig. Das »Red-Man-Syndrom« (auch »Red-Neck-Syndrom« genannt) ist eine Hautrötung, die nach Gabe von Vancomycin auftreten kann. Sie wird der Freisetzung von Mediatoren zugeschrieben. Bei schneller intravenöser Gabe sind ausgeprägte Blutdruckabfälle bis hin zum Herz-Kreislauf-Stillstand beschrieben. In hohen Dosen und bei Kumulation wirkt Vancomycin ototoxisch. e) Richtig. Vancomycin wird bei enteraler Gabe kaum resorbiert und kann somit auf Clostridium difficile im Darmlumen wirken. Bei schwerer pseudomembranöser Enterokolitis wird mit Metronidazol kombiniert.