Kapitel 5 Vektorrechnung Erinnerung an einfache Geometrie Kongruenz Wir nennen 2 Dreiecke kongruent, wenn man sie durch eine geeignete Folge von Translationen, Drehungen und Spiegelungen zur Deckung bringen kann. Man hat folgende 4 äquivalente Bedingungen für Kongruenz: Zwei Dreiecke ABC und A0 B 0 C 0 sind kongruent, wenn sie • in allen 3 Seiten übereinstimmen C’ b’ C A’ a’ c’ b a B’ A c B oder 1 2 KAPITEL 5. VEKTORRECHNUNG • in 2 Seiten und dem eingeschlossenen Winkel übereinstimmen C b b α A’ C’ c B’ α A c B oder • in einer Seite und den beiden anliegenden Winkeln übereinstimmen C C’ α A’ c β B’ α A ###%$ # %$ %$ %$ "#"# "#"#"#"#%$%$ "#"# %$%$ %$%$ %$%$ "#" "#" "#" %$%$ "#" %$%$ %$%$ %$%$ !!!! !! !! !! !! #" #"#"%$ #" %$ %$ %$ !!!! !! !! !! !! !!!!!!!!!!!! β c B β β oder • in 2 Seiten und dem der größeren Seite gegenüberliegenden Winkel übereinstimmen B’ c C A’ γ b b A γ C’ c B Ähnlichkeit Man nennt 2 Dreiecke ABC und A0 B 0 C 0 ähnlich, wenn gilt AB BC AC = 0 0 = 0 0 0 0 AB BC AC C’ C Hier sind 2 ähnliche Dreicke. Jeder der Quotienten aus der obigen Bedingung ist hier gleich 2. A A’ B B’ 3 4 KAPITEL 5. VEKTORRECHNUNG Auch hier gibt es äquivalente Kriterien für Ähnlichkeit Die Dreiecke ABC und A0 B 0 C 0 sind ähnlich, wenn wenigstens eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist • Es ist AB A0 B 0 = 0 0, BC BC AB A0 B 0 = 0 0, AC AC AC A0 C 0 = 0 0 BC BC • Das Verhältnis der Längen von 2 Seiten und der eingeschlossene Winkel stimmt bei den Dreiecken überein. • Das Verhältnis der Längen von 2 Seiten und der der größeren Seite gegenüberliegende Winkel stimmt bei den Dreiecken überein. • 2 gleichliegende Winkel stimmen bei den Dreiecken überein Strahlensätze Der folgende ”1. Strahlensatz” muss gezeigt werden, die beiden anderen folgen aus diesem Satz leicht. 1. Strahlensatz Werden von dem Punkt O ausgehende Strahlen von Parallelen geschnitten, so gilt für die entstehenden Strahlen und Parallelenabschnitte: OA OP = , AB QP O C R B Q A P OA OP = , AC PR OB OQ = BC QR 5.1. VEKTOREN UND LINEARE UNABHÄNGIGKEIT 5 2. Strahlensatz Werden von dem Punkt O ausgehende Strahlen von Parallelen geschnitten, so gilt für die entstehenden Strahlenabschnitte: OA OP = , OB OQ OB OQ = OC OR 3. Strahlensatz Werden von dem Punkt O ausgehende Strahlen von Parallelen geschnitten, so gilt für die entstehenden Parallelenabschnitte: AB PQ = BC QR Diese Sätze sind zum Beispiel geeignet, die Wohldefiniertheit der trigonometrische Funktion zu sichern. Es stellen sich hier indes einige Fragen, etwa • Wie erfasst man Parallelität und Abstände zweier Punkte rechnerisch? • Wie stellt man exakt fest ob 2 vorgegebene Dreiecke nun kongruent oder ähnlich sind, d.h.: Wie beschreiben wir die Punkte der beteiligten Dreiecke angemessen, so dass wir etwa die Krongruenz- bezw. Ähnlichkeitskriterien verifizieren können? (Nachmessen mit einem Lineal ist stets mit Ungenauigkeiten verbunden!) • Wie bestimmen wir den Winkel zwischen 2 Seiten exakt? • Wie beschreiben wir Drehungen oder Spiegelungen rechnerisch? 5.1 Vektoren und lineare Unabhängigkeit Es gibt in der Physik viele Probleme, die man durch Rechnen mit Skalaren allein nicht angemessen behandeln kann. Beispiele. a) Ein Boot überquert einen Fluss, um von einem Punkt A an dem einen Ufer zu einem dem Punkt A gegenüber liegenden Punkt B zu kommen. Die Strömung wird das Boot abtreiben, sollte das Boot einfach nur senkrecht zum Ufer fahren. Welche Richtung muss das Boot mit welcher Geschwindigkeit steuern, soll der Abtreibe-Effekt vermieden werden? 6 KAPITEL 5. VEKTORRECHNUNG b) 2 Flugzeuge fliegen einen Kurs. Wie kann man im Voraus klären, ob die Flugzeuge nicht vielleicht zusammenstoßen werden? c) Ein geladenes Teilchen bewege sich in einem Magnetfeld. Wie wird es dabei abgelenkt? Man wird zu berücksichtigen haben, dass vielen Größen der Physik (etwa Geschwindigkeit, Kraft, Drehmoment, elektromagnetisches Feld) nicht nur ein Betrag zukommt, sondern auch eine Richtung. Ebenso kann man die Lage eines Punktes im Raum nicht nur durch seinen Abstand von einem ”Ursprungspunkt” kennzeichnen, sondern benötigt 3 Koordinaten dazu. Wirken etwa verschieden gerichtete Kräfte zusammen, so wird im Allgemeinen die Richtung der resultierenden Kraft von der der einzelnen Kräfte verschieden sein. Die Vektoren sind nun ein begriffliches Hilfsmittel, das den oben genannten Problemen Rechnung trägt, denn es sind Größen mit einem Betrag und einer Richtung. Dabei beginnen wir mit der Eigenschaft des Gerichtetseins. Der Aspekt des Betrages soll bei Vektoren später Beachtung finden. Die Ebene Die Punkte in der Ebene lassen sich durch ein Paar reeller Zahlen eindeutig beschreiben. Diese beiden Zahlen nennen wir auch die Koordinaten des Punktes. Die Ebene wird auch mit dem Symbol IR2 bezeichnet. (x,y) Ist P ein Punkt der Ebene und sind x und y seine Koordinaten, so schreiben wir P~ = x y ! und nennen dieses Gebilde den Ortsvektor von P . Für Vektoren erklärt man die folgenden Rechenoperationen: 5.1. VEKTOREN UND LINEARE UNABHÄNGIGKEIT Ist P~ = x y ! ~ = ,Q a b 7 ! , so setzen wir ~ := P~ + Q x+a y+b ! und, wenn α ∈ IR beliebig gewählt ist: αP~ = αx αy ! P+Q αP Q P Folgende Rechenregeln sind routinemäßig zu überprüfen: ~ +R ~ = P~ + (Q ~ + R), ~ i)Assoziativgesetz: (P~ + Q) ~ =Q ~ + P~ , ii) Kommutativgesetz: P~ + Q iii) P~ + ~0 = P~ , iv) P~ + (−1)P~ = ~0. (Wir schreiben natürlich (−1)P~ =: −P~ ). v) (α + β)P~ = αP~ + β P~ ~ = αP~ + αQ, ~ vi) α(P~ + Q) vii) (αβ)P~ = α(β P~ ), ~ ~z ∈ IR2 und α, β ∈ IR. Dabei bedeutet ~0 den Nullvektor, also ~0 = für alle P~ , Q, 0 0 ! . Wir wollen nun erfassen, dass zwei Vektoren ”in unterschiedliche Richtungen Weisen” können. Definition. Wir nennen zwei Vektoren ~v1 , ~v2 ∈ IR2 linear unabhängig, wenn ~v1 kein skalares Vielfaches von ~v2 ist und ~v2 kein skalares Vielfaches von ~v1 . Keiner der Vektoren kann also der 8 KAPITEL 5. VEKTORRECHNUNG Nullvektor sein. Ist diese Forderung nicht erfüllt, so heißen diese beiden Vektoren linear abhängig. 5.1.1 Hilfssatz. Genau dann sind zwei Vektoren ~v1 , ~v2 ∈ IR2 linear unabhängig, wenn aus der Annahme, es seien α1 , α2 ∈ IR Zahlen mit α1~v1 + α2~v2 = 0 schon folgt, dass α1 = α2 = 0 gelten muss. Beweis. Sind ~v1 , ~v2 linear unabhängig und α1 , α2 ∈ IR Zahlen mit α1~v1 + α2~v2 = 0 so folgt: Wäre α1 6= 0, so hätte man ~v1 = −( αα21 )~v2 , was der Annahme über ~v1 und ~v2 widerspräche. Somit muss α1 = 0 werden. Dann ist aber auch α2~v2 = 0. Da ~v2 6= 0, muss jetzt α2 = 0 sein. Umgekehrt nehmen wir an, aus der Annahme, es seien α1 , α2 ∈ IR Zahlen mit α1~v1 + α2~v2 = 0 folge schon α1 = α2 = 0. Dann kann es kein λ ∈ IR mit ~v1 = λ~v2 geben, sonst hätte man ja 1 · ~v1 + (−λ) · ~v2 = 0 Das sollte jedoch nicht möglich sein ! Ebenso kann es kein µ ∈ IR mit ~v2 = µ~v1 geben. Ein erstes wichtiges Beispiel zweier linear unbhängiger Vektoren ist ~e1 = 1 0 ! , ~e2 = 0 1 ! Das folgende ist graphisch recht leicht nachzuvollziehen, doch ein strenger Beweis (der ohne Zeichnung auskommt), fällt schwerer: 5.1.2 Satz. Sind ~v1 und ~v2 linear unabhängige Vektoren des IR2 , so lässt sich jeder Vektor w ~ ∈ IR2 auf genau eine Weise als w ~ = α~v1 + β~v2 darstellen, d.h.: Die Zahlen α und β sind durch ~v1 , ~v2 und w ~ eindeutig bestimmt. 5.1. VEKTOREN UND LINEARE UNABHÄNGIGKEIT Beweis. Da nicht beide Vektoren die Form 9 0 t haben können (sonst wären sie nicht linear ! x1 unabhängig!) können wir (nach eventueller Umnumerierung) annehmen es sei ~v1 = mit y1 ! ! x2 t x1 6= 0. Weiter schreiben wir ~v2 = . Jeder Vektor lässt sich schreiben als: y2 s t s ! t = ~v1 + x1 0 s− t y x1 1 ! = t t ~v1 + (s − y1 )~e2 x1 x1 Somit lässt sich also ~v2 schreiben als: ~v2 = x2 y2 ! x2 = ~v1 + x1 0 y2 − xx21 y1 ! = 1 (x2~v1 + ∆~e2 ) x1 mit ∆ := x1 y2 − x2 y1 . Wäre nun ∆ = 0, müsste ~v2 ein Vielfaches von ~v1 allein sein, was der Voraussetzung widerspräche. Das bedeutet aber: x1 x2 ~e2 = ~v2 − ~v1 ∆ ∆ Ist also jetzt ein Vektor w ~= x y ∈ IR2 gegeben, so gilt x x ~v1 + (y − y1 )~e2 x x1 1 x x x2 x x1 = − (y − y1 ) ~v1 + (y − y1 ) ~v2 x1 x1 ∆ x1 ∆ w ~ = Zur Eindeutigkeit der Koeffizienten: Angenommen, man könnte einen Vektor w ~ zum einen als w ~ = α~v1 + β~v2 und zum anderen als w ~ = α0~v1 + β 0~v2 schreiben, so folgte durch Subtrahieren beider Gleichungen voneinander (α − α0 )~v1 + (β − β 0 )~v2 = 0 Aus der Annahme der linearen Unabhängigkeit der Vektoren folgt also, dass α−α0 = 0, β−β 0 = 0. Folgendes Kriterium haben wir im vorherigen Beweis schon teilweise mitbewiesen: 5.1.3 Hilfssatz. Genau dann sind die Vektoren ~v1 = abhängig, wenn ∆ = x1 y2 − x2 y1 6= 0 gilt. x1 y1 ! und ~v2 = x2 y2 ! linear un- 10 KAPITEL 5. VEKTORRECHNUNG Beweis. In Satz von eben haben wir schon gezeigt: Sind !~v1 , ~v2 linear unabhängig, so ist ∆!6= 0. x1 x2 Die Umkehrung dazu ist leichter: Ist etwa ~v1 = ein Vielfaches von ~v2 = , so y1 y2 ist mit einem passend gewählten λ schon x1 = λx2 , y1 = λy2 , also ∆ = λx2 y2 − λx2 y2 = 0. 5.1.4 Beispiel (Schwerpunkt im Dreieck). Angenommen, wir haben ein Dreieck mit Ecken A, B und C gegeben. Dann schneiden sich die Seitenhalbierenden in einem Punkt S. Gehören zu den ~ B ~ und C, ~ so haben wir für den Schwerpunkt S und den Punkten A, B und C die Vektoren A, ~ zugehörigen Vektor S ~ = 1 (A ~+B ~ + C). ~ S 3 Beweis. Wir sehen uns das Dreieck an: Mit E, F und D bezeichnen wir die Seitenmittelpunkte ~ F~ und D ~ die zugehörigen Vektoren. und mit E, C F b E a S x y B z c D A ~ −A ~ und w ~ −A ~ sind linear unabhängig, und es gilt E ~ −B ~ +~v = 1 w, Die Vektoren ~v := B ~ := C ~ 2 1 1 1 ~ −B ~ = w ~ = (w ~ = ~v + F~ − B ~ = (~v + w). also E ~ − ~v . Ferner ist F~ − B ~ − ~v ), also F~ − A ~ Mit 2 2 2 geeigneten Skalaren λ, µ ∈ IR haben wir jetzt ~ −A ~ = ~v + λ(E ~ − B) ~ = ~v + λ( 1 w S ~ − ~v ) 2 und also ~ −A ~ = µ(F~ − A) ~ = 1 µ(~v + w) S ~ 2 1 1 ~v + λ( w ~ − ~v ) = µ(~v + w) ~ 2 2 5.1. VEKTOREN UND LINEARE UNABHÄNGIGKEIT Das bedeutet 11 1 1 1 (1 − λ)~v + λw ~ = µ~v + µw ~ 2 2 2 woraus 1 1 − λ = µ, 2 2 folgt. So finden wir λ = µ = 3 . Das liefert uns λ=µ ~ =A ~ + 1 µ(~v + w) ~ + 1 (~v + w) ~ + 1 (B ~ +C ~ − 2A) ~ = 1 (A ~ +B ~ + C) ~ S ~ =A ~ =A 2 3 3 3 Mit den Seitenhalbierenden zu den Strecken b und c und a und c verfahren wir genauso. Der Raum IR3 Ähnlich wie in der Ebene beschreiben wir die Punkte des Anschauungsraumes durch Zahlentripel, die Koordinaten, also x1 P~ = x2 , x3 weshalb man den Anschauungsraum auch als den IR 3 bezeichnet, und definieren für die Vektoren des Raumes die entsprechenden Rechenoperationen: x1 x01 x1 + x01 x1 αx1 0 x2 + x2 := x2 + x02 , α x2 := αx2 x3 x03 x3 + x03 x3 αx3 Ebenso erklären wir den Nullvektor als denjenigen Vektor, dessen 3 Komponenten Null sind. Die Rechenregeln, die für ebene Vektoren gelten, übertragen sich sinngemäß. Die richtige Definition der linearen Unabhängigkeit ist jetzt diese: Definition. Wir nennen eine Familie von k Vektoren ~v1 , ..., ~vk ∈ IR3 linear unabhängig, wenn aus der Annahme, α1 , ..., αk ∈ IR seien Zahlen mit α1~v1 + α2~v2 + · · · + αk~vk = 0 schon folgt, dass α1 = α2 = · · · = αk = 0. Ferner vereinbaren wir eine Bezeichnungsweise: Definition. Angenommen, es seien ~v1 , ..., ~vk ∈ IR3 Vektoren. Dann nennen wir einen Vektor ~v ∈ IR3 eine Linearkombination von ~v1 , ..., ~vk wenn man schreiben kann: ~v = λ1~v1 + λ2~v2 + · · · + λk~vk 12 KAPITEL 5. VEKTORRECHNUNG mit irgendwelchen Koeffizienten λ1 , ..., λk ∈ IR. Man hat im IR3 die ”kanonischen” Einheitsvektoren 1 0 0 ~e1 = 0 , ~e2 = 1 , ~e3 = 0 0 0 1 In der Ebene sind nie mehr als 2 Vektoren linear unabhängig. Im Raum IR3 haben wir den entsprechenden Satz, den man ähnlich wie in der Ebene zeigt: 5.1.5 Satz. a) Ist {~v1 , ..., ~v3 } ⊂ IR3 eine linear unabhängige Menge, so erzeugt diese den IR3 , d.h.: Jeder Vektor ~v ∈ IR 3 ist darstellbar als ~v := α1~v1 + α2~v2 + α3~v3 Wieder sind die Koeffizienten α1 , α2 und α3 eindeutig bestimmt. b) Eine linear unabhängige Menge M ⊂ IR3 hat nie mehr als 3 Elemente. 0 a Beweis. Die Vektoren ~v1 , ~v2 , ~v3 haben nicht alle die Form , da sie sonst linear abhängig b sein müssten (denn man könnte sie in einem solchen Fall als Vektoren der Ebene ansehen). Wir x1 x dürfen wieder annehmen, dass ~v1 = y1 mit x1 6= 0. Jeder Vektor P~ = y des IR3 lässt z z1 sich schreiben als 0 x x x x x y− xy ~ ~v1 + (y − y1 )~e2 + (z − z1 )~e3 P = y = ~v1 + x1 1 = x1 x1 x1 x1 z z − xx1 z1 Das bedeutet, dass {~v1 , ~e2 , ~e3 } den IR3 erzeugen. Nun binden wir den Vektor ~v2 ein und schreiben ~v2 = α~v1 + β~e2 + γ~e3 Wäre darin β = γ = 0, so könnte die Menge {~v1 , ..., ~v3 } nicht linear unabhängig gewesen sein, da nun ~v2 ein Vielfaches von ~v1 wäre. Sei etwa β 6= 0. Dann erhalten wir aber: ~e2 = 1 α γ ~v2 − ~v1 − ~e3 β β β Hieraus folgt: Jeder Vektor P~ ∈ IR3 ist Linearkombination von ~v1 , ~e2 und ~e3 und damit auch von ~v1 , ~v2 und ~e3 . Damit können wir also schreiben ~v3 = α0~v1 + β 0~v2 + γ 0~e3 5.1. VEKTOREN UND LINEARE UNABHÄNGIGKEIT 13 Hierbei darf wieder γ 0 nicht Null werden, sonst wäre doch ~v3 eine Linearkombination von ~v1 und ~v2 . Es folgt: 1 ~e3 = 0 (~v3 − α0~v1 − β 0~v2 ) γ ist Linearkombination von ~v1 , ~v2 und ~v3 . Dasselbe gilt nun auch für alle anderen Vektoren des IR3 . Das zeigt die erste Behauptung. b) Am Beweis der zweiten kann sich der Leser selbst mit Erfolg versuchen. Ein Beispiel hierzu: Wir sehen uns das folgende Dreibein mit gelenkig gelagerten Stäben an. Das Gelenk liege 0 3 ~ = in einem Punkt S mit Ortsvektor S 0 ∈ IR , die Fußpunkte der Stäbe sind die drei 2 2 −1 1 ~ ~ = ~ = Punkte mit Ortsvektoren A = 1 und C 1 ,B −2 . In S greife eine Kraft 0 0 0 0 ~ = ~− G xA := A 0 an. Diese Kraft soll in ihre Komponenten in Richtung der Vektoren ~ −18 ~ ~ −S ~ und ~xC = C ~ −S ~ zerlegt werden, S, ~xB = B S x C G C x B x A B A ~ als Linear kombination von ~xA , ~xB und ~xC darstellen. Die Koeffizienten Wir müssen dazu G in der Darstellung ~ = α~xA + β~xB + γ~xC G 14 KAPITEL 5. VEKTORRECHNUNG lösen das lineare Gleichungssystem 2α − β + γ = 0 α + β − 2γ = 0 −2α − 2β − 2γ = −18 Subtrahieren der 3. von der 2. Gleichung ergibt: 3α + 3β = 18, also α + β = 6. Einsetzen in die 3. Gleichung liefert γ = 9 − α − β = 3. Die 1. und 2. Gleichung ergeben dann 2α − β = −3 und α = 1, β = 5. Durch Nachrechnen überprüft man leicht, dass ~ = ~xA + 5~xB + 3~xC G Es stellt sich die Frage, auf welche Weise man zuverlässig klären kann, ob eine Menge linear unabhängig ist oder nicht. In der Ebene und im Raum sind Determinanten das geeignete Hilfsmittel. 5.2 Determinanten in Dimension 2 und 3 Folgendes technisches Hilfsmittel eignet sich zur schnellen Klärung der Frage, ob Vektoren linear unabhängig sind. Definition. Eine 2 × 2-Matrix ist ein quadratisches Zahlenschema A = a b c d ! In ähnlicher Weise definiert man 3 × 3-Matrizen als Schema mit 3 Zeilen und Spalten, also a11 a12 a13 A = a21 a22 a23 a31 a32 a33 Definition. Ist A = A die Zahl a b c d ! eine Matrix über IR, so bezeichnen wir als Determinante von a b = ad − bc det A = c d 5.2. DETERMINANTEN IN DIMENSION 2 UND 3 15 5.2.1 Satz. Ist A eine 2 × 2-Matrix, so ist genau dann det A 6= 0, wenn die Spalten linear unabhängig sind. Beweis. Dies wissen wir schon. Als Anwendung sehen wir uns die sog. Cramer-Regel an: 5.2.2 Satz. Angenommen, wir haben ein Gleichungssystem gegeben in der Form ax + by = t cx + dy = s ! a b mit Matrix A = , so dass det A 6= 0. c d Dann existiert genau eine Lösung zu dem Gleichungssystem, nämlich a t t b s d c s x= , y= det(A ) det(A ) Beweis. Angenommen, x, y löse das Gleichungssystem. Multiplizieren wir die erste Gleichung mit d und die zweite mit b, so entsteht: adx + bdy = dt bcx + bdy = bs Subtrahieren wir dann beide voneinander, so folgt (ad − bc)x = td − sb, also t b s d x= det(A ) Multiplizieren wir die erste Gleichung mit −c und die zweite mit a und addieren wir dann beide, so folgt a t c s y= det(A ) Dass die oben angegebenen x, y eine Lösung liefern, wird leicht nachgerechnet: ax + by = a a t t b +b c s s d det A = atd − asb + bas − btc =t det A 16 KAPITEL 5. VEKTORRECHNUNG Genauso zeigt man cx + dy = s. Nun zu den 3 × 3-Matrizen: a11 a12 a13 Definition. Ist A = a21 a22 a23 eine Matrix, so setzen wir a31 a32 a33 det A := a11 a22 a33 + a12 a23 a31 + a13 a21 a32 − a13 a22 a31 − a11 a23 a32 − a12 a21 a33 Das ist die Regel von Sarrus, im Schema dargestellt: a11 a12 @ @ @ a21 . .. .. .. a31 .. a13 .. a23 @.. . ..@@ a32 a11 @ .. . ..@@ @.. . ..@@ a22 .. .. .. . a21 @ .. . ..@@ a33 .. .. a12 a22 @ @ @ a31 a32 Beispiel. Die Matrix hat die Determinante −1463. Das finden mit der Sarrusregel. 23 7 @ @ @ 12 .. 4 .. . 23 7 −8 A = 12 −3 −11 4 3 10 .. −3 3 . @ . .. . @ .. @ .. @.. . ..@@ −8 −11 10 . @... . @ .. @ .. 23 .. .. . .. 12 @.. . ..@@ @ @ @ 4 7 −3 3 5.2. DETERMINANTEN IN DIMENSION 2 UND 3 17 Diese führt auf det A = 23 · (−3) · 10 + 7 · (−11) · 4 + (−8) · 12 · 3 −(−8) · (−3) · 4 − 23 · (−11) · 3 − 7 · 12 · 10 = −690 − 308 − 288 − 96 + 759 − 840 = −1463 Wir sehen, dass im Laufe der Rechnung manchmal ”unhandlich große” Zahlen vorkommen. (Das wird erst recht zu erwarten sein, wenn die Einträge der Matrix komplizierter werden). Einfache Umformungsregeln für die Berechnung der Determinante sind also wünschenswert. Zunächst beobachten wir, dass durch geschicktes Umformen der Determinantenformel folgende neue Ausdrücke für die Determinante zu finden sind: 5.2.3 Hilfssatz. a) Ist A eine 3 × 3-Matrix, so gilt: det A = = = a11 a a 12 a13 12 a13 − a21 + a31 a32 a33 a22 a23 a a a 21 a23 11 a13 11 a13 −a12 + a22 − a32 a31 a33 a31 a33 a21 a23 a a a 21 a22 11 a12 11 a12 a13 − a23 + a33 a31 a32 a31 a32 a21 a22 a22 a23 a32 a33 (5.2.1) (5.2.2) (5.2.3) Man nennt (5.2.1) Entwicklung von det A nach der 1. Spalte, entsprechende Bezeichnungen gelten für (5.2.2) und (5.2.3). b) Ist A wie bisher und A T die Matrix, die aus A entsteht, indem man Zeilen und Spalten vertauscht (Spiegeln an der Diagonalen, bzw. ”Transponieren” oder ”Stürzen”) AT so ist wieder det A = det A T . Insbesondere kann man A auch 23 Beispiel. Die Matrix A = 12 4 A 23 · a11 a21 a31 = a12 a22 a32 a13 a23 a33 nach 7 −3 3 Zeilen entwickeln. −8 −11 . Es wird dann 10 7 7 −8 −8 −3 −11 − 12 · +4· = −3 −11 3 10 3 10 = 23 · (−30 + 33) − 12 · (70 + 24) + 4 · (−77 − 24) = 69 − 1128 − 404 = −1463 18 KAPITEL 5. VEKTORRECHNUNG Das in (5.2.1) beschriebene Rechenverfahren lässt sich durch das folgende Rezept beschreiben: • Man streiche die 1. Spalte und 1. Zeile und berechne die Determinante der ”Restmatrix”, −a11 − − − −a12 − − − −a13 −− | a| 21 a22 a23 | a| 31 a32 a33 dann multipliziere mit a11 • Man streiche die 1. Spalte und 2. Zeile und berechne die Determinante der ”Restmatrix”, a| 11 a12 a13 | −a21 − − − −a22 − − − −a23 −− | a| 31 a32 a33 dann multpliziere mit a21 und subtrahiere vom im 1. Schritt erhaltenen Ergebnis • Man streiche die 1. Spalte und 3. Zeile und berechne die Determinante der ”Restmatrix”, a| 11 a12 a13 | a| 21 a22 a23 | −a31 − − − −a32 − − − −a33 −− dann multpliziere mit a31 und addiere zum im 1. Schritt erhaltenen Ergebnis. Folgende Formeln werden durch Nachrechnen an Hand von (5.2.1), (5.2.2) und (5.2.3) verifiziert: 5.2.4 Satz. Ist A eine 3 × 3-Matrix, so gilt a) Entsteht B aus A dadurch, dass in A eine Zeile (Spalte) mit λ multipliziert wird, so gilt det B = λ det A . b) Entsteht B aus A dadurch, dass in A eine Zeile (Spalte) mit einer anderen vertauscht wird, so ist det B = − det A . c) Treten 2 Zeilen (Spalten) in A auf, bei denen die eine ein Vielfaches der anderen ist, so ist det A = 0. Dasselbe gilt, wenn es eine Zeile (Spalte) in A gibt, die Linearkombination der anderen ist. d) Addiert man in A zu einer Zeile (Spalte) eine Linearkombination der anderen Zeilen (Spalten) von A , so hat die entstehende Matrix dieselbe Determinante wie A . 5.2. DETERMINANTEN IN DIMENSION 2 UND 3 19 23 7 −8 Beispiel. Die Matrix A = 12 −3 −11 . Es wird dann 4 3 10 A = = 23 7 −8 12 −3 −11 2. Zeile − 3 × 3. Zeile 4 3 10 23 7 −8 0 −12 −41 4 3 10 23 · 7 −12 −41 −8 = +4· −12 −41 3 10 = 23 · (−120 + 123) + 4 · (−287 − 96) = 69 − 4 · 383 = 69 − 1532 = −1463 Nun können wir ein brauchbares Kriterium für lineare Unabhängigkeit bei 3 vorgegebenen Vektoren ableiten: 5.2.5 Satz. Folgende Aussagen über A sind äquivalent: i) det A 6= 0, ii) die Spalten von A sind linear unabhängig xk Beweis. Wir bezeichnen die Spalten von A mit ~v1 , ~v2 und ~v3 , wobei ~vk = yk . zk Aus i) folgt ii): Wenn det(A ) 6= 0 ist und trotzdem ~v1 , ~v2 und ~v3 ,linear abhängig wären, so gäbe es wieder unter ihnen einen Vektor, der Linearkombination der anderen wäre. Nach Teil d) des vorherigen Satzes müsste aber dann det A = 0 sein, Widerspruch. Zur Umkehrung: Angenommen, die 3 Spalten von A seien linear unabhängig. Da nicht ~v1 = ~0 sein darf, können wir einmal annehmen, es sei x1 6= 0. Für irgendwelche beliebigen Skalare λ und µ sind auch die Vektoren w ~ 2 := ~v2 − λ~v1 und w ~ 3 := ~v3 − µ~v1 linear unabhängig. Denn: Aus der Annahme αw ~ 2 + βw ~ 3 = 0 folgt −(λα + µβ)~v1 + α~v2 + β~v3 = 0 also müssen schon α und β verschwinden. Ferner sagt Hilfssatz 5.2.4, dass det A = det (~v1 , w ~ 2, w ~ 3 ). Zur Vereinfachung dieses Ausdrucks nutzen wir aus, dass λ und µ noch frei wählbar sind. Setzen wir nun λ = xx21 , µ = xx13 , so ist 0 0 ~ 3 = s2 w ~ 2 = t2 , w t3 s3 20 KAPITEL 5. VEKTORRECHNUNG mit geeigneten Zahlen t2 , t3 , s2 und s3 . Wegen der linearen Unabhängigkeit von w ~ 2 und w ~ 3 ist t s 2 3 aber jetzt 6= 0. Wir erhalten schließlich: t3 s 3 x1 0 0 t 2 t3 det A = det (~v1 , w ~ 2, w ~ 3 ) = y 1 t2 t3 = x 1 6= 0 s2 s3 z1 s2 s3 Das war zu zeigen. Wir sind nun imstande, die Frage zu entscheiden, ob 3 gegebene Vektoren eine linear unabhängige Menge M bilden. Beispiel: Die Vektoren −11 2 3 ~v1 = 4 , ~v2 = 7 , ~v3 = 1 1 −1 −2 Wegen 2 −11 3 2 −11 3 5 3 2 −11 5 3 = 3· + (−2) · = 3 · 8 − 2(6 + 55) = −98 4 7 1 = 0 −1 1 5 3 −2 −1 1 −2 −1 1 sind die 3 Vektoren linear unabhängig. Sind nun 3 Vektoren als linear unabhängig erkannt, so kann man jeden weiteren Vektor als Linearkombination von diesen darstellen. Jetzt wollen wir aber auch die benötigten Koeffizienten bestimmen. Dazu benützen wir Determinanten zur Lösung linearer Gleichungssysteme mit 3 Variablen. Das Ergebnis, die Cramerregel, ist eine Verallgemeinerung der Cramerregel für 2 Variablen: 5.2.6 Satz. Ist ein lineares Gleichungssystem in der Form a11 x1 + a12 x2 + a13 x3 = t1 a21 x1 + a22 x2 + a23 x3 = t2 a31 x1 + a32 x2 + a33 x3 = t3 a11 a12 a13 mit der Matrix A = a21 a22 a23 gegeben und ist det A 6= 0, so gibt es genau eine a31 a32 a33 5.2. DETERMINANTEN IN DIMENSION 2 UND 3 21 x1 Lösung ~x = x2 des Gleichungssystems, nämlich x3 x1 = t1 a12 a13 t2 a22 a23 t3 a32 a33 det A , x2 = a11 t1 a13 a21 t2 a23 a31 t3 a33 det A , x3 = a11 a12 t1 a21 a22 t3 a31 a32 t3 . det A Beweis. Der Beweis geschieht durch (geduldiges) Nachrechnen. y eine Lösung, so erfüllt ~z := Eskann aber auch keine weitere Lösung geben. Ist nämlich ~ z1 x − ~y die Bedingungen: z2 := ~ z3 a11 z1 + a12 z2 + a13 z3 = 0 a21 z1 + a22 z2 + a23 z3 = 0 a31 z1 + a32 z2 + a33 z3 = 0 oder äquivalent a11 a12 a13 a21 z1 + a22 z2 + a23 z3 = ~0 a31 a32 a33 Da aber det A 6= 0, sind die Spalten von A linear unabhängig, also bleibt nur z1 = z2 = z3 = 0, d.h. ~y = ~x. Beispiel. Wir sehen uns die 3 Vektoren 12 −6 −2 ~v1 = −1 , ~v2 = −1 , ~v3 = 0 9 3 4 an. Frage: Erzeugen diese 3 Vektoren den ganzen Raum? Dazu bilden wir die Matrix −2 12 −6 A = −1 −1 0 3 4 9 Ihre Determinante ist det(A ) = (−2) 12 −6 −1 0 12 −6 + +3 = 18 + 132 − 18 = 132 −1 0 4 9 4 9 Die gegebenen Vektoren sind daher linear unabhängig. 22 KAPITEL 5. VEKTORRECHNUNG 4 Der Vektor ~v = 2 lässt sich als Linearkombination der Spalten von ~v1 , ~v2 und ~v3 schrei11 ben, also ~v = α~v1 + β~v2 + γ~v3 Die Koeffizienten sind nun α= β= und γ= Also 4 12 −6 2 −1 0 11 4 9 det A =− −2 4 −6 −1 2 0 3 11 9 det A −2 12 4 −1 −1 2 3 4 11 det A ~v = − 5.3 366 61 =− 132 22 = 102 17 = 132 22 = 238 119 = 132 66 61 17 119 ~v1 + ~v2 + ~v3 22 22 66 Geraden und Ebenen Wir wollen jetzt zeigen, wie man Schnittpunkte von Geraden und Ebenen durch Ausrechnen ermitteln kann. Dazu benötigen wir analytische Beschreibungen dieser Mengen. Notation (Punkt-Richtungsform von Geraden und Ebene). a) Sei n ∈ {2, 3}. Ist P~ ∈ IRn ein Punkt und ~v ∈ IRn \ {0}, so verstehen wir unter G := P~ + IR~v die Menge aller Punkte ~x ∈ IR n , die sich als P~ + λ~v schreiben lassen, wobei λ eine geeignete Zahl ist. Die Menge G ist genau die Gerade durch P~ in Richtung ~v . b) Ist P~ ∈ IR3 und sind ~v1 , ~v2 ∈ IR3 linear unabhängig, so verstehen wir unter P~ + IR~v1 + IR~v2 die Menge der Punkte ~x des Raumes, die sich als ~x = P~ + λ1~v1 + λ2~v2 mit geeignetes Zahlen λ1 , λ2 ∈ IR schreiben lassen. 5.3. GERADEN UND EBENEN 23 Das ist die Ebene durch P~ , die von ~v1 und ~v2 aufgespannt wird. In der Ebene: G P v 24 KAPITEL 5. VEKTORRECHNUNG Im Raum: P v v Ebene im Raum: v 1 P E Dann haben wir den Satz: v 2 5.3. GERADEN UND EBENEN 25 ~ auf der Geraden G = P~ + IR~v , so gilt 5.3.1 Satz. a) Liegt der Punkt A ~ + IR~v G=A Entsprechend gilt bei Ebenen: ~ in der Ebenen E = P~ + IR~v + IRw, b) Liegt der Punkt A ~ so gilt ~ + IR~v + IRw E=A ~ ~ ∈ IRn c) (Zweipunktedarstellung von Geraden). Sei n ∈ {2, 3}. Zwei verschiedene Punkte P~ , Q ~ verläuft. legen eine Gerade eindeutig fest, d.h.: es gibt genau eine Gerade G, die durch P~ und Q Diese ist gegeben durch ~ G := P~ + IR(P~ − Q) ~ 1 und Q ~ 2 drei paarweise d) (Dreipunktedarstellung einer Ebene). Ist n = 3 und sind P~ , Q verschiedene Punkte, die nicht alle auf einer Geraden liegen, so gibt es genau eine Ebene E mit ~ 1, Q ~ 2 ∈ E. Diese ist definiert durch P~ , Q ~ 1 − P~ ) + IR(Q ~ 2 − P~ ) E = P~ + IR(Q ~ ∈ G, ist A ~ − P~ ein Vielfaches α~v von ~v . Beweis. a) Da A Dann ist aber ~ + IR~v = P~ + A ~ − P~ + IR~v = A ~ + IR~v A b) wird genauso gezeigt. ~ P~ ist nicht Null und P~ und Q ~ liegen auf der Geraden G = P~ +IR(Q− ~ P~ ). c) Der Vektor ~v = Q− Unsere Darstellung von Geraden liefert auch die (ohnehin jeden geläufige) Eindeutigkeitsaussage: ~ + IR~v eine Gerade, welche die Punkte P~ und Q ~ enthält, so sind P~ − A ~ und Q ~ −A ~ Ist G0 = A ~ = λ~v mit λ 6= 0, da P~ 6= Q. ~ Es folgt aus a) dann: Vielfache von ~v , also ist auch P~ − Q ~ + IR~v = P~ + IR~v = P~ + IR(P~ − Q) ~ G0 = A ~ 1 − P~ und ~v2 = Q ~ 2 − P~ sind linear unabhängig und E := P~ +IR~v1 +IR~v2 d) Die Vektoren ~v1 = Q ~1 ist daher eine Ebene. Diese enthält alle 3 Punkte. Angenommen, E 0 ist eine Ebene, die P~ , Q 0 ~ 2 enthält. Stellen wir E als und Q ~ + IR~v1 0 + IR~v2 0 E0 = A ~ = α~v1 0 + β~v2 0 , ebenso mit linear unabhängigen Vektoren ~v1 0 , ~v2 0 ∈ IR3 dar, so wird P~ − A ~ j − P~ = αj ~v1 0 + βj ~v2 0 für j = 1, 2, ~j −A ~ = α0 ~v1 0 + β 0 ~v2 0 für j = 1, 2. Das bedeutet aber: ~vj = Q Q j j mit αj = αj0 − α, βj = βj0 − β. Jeder Punkt ~x ∈ E hat die Gestalt ~x = P~ + λ~v1 + µ~v2 (mit geeigneten Zahlen λ, µ ∈ IR). Es ergibt sich dann ~x = P~ + λ~v1 + µ~v2 ~ + (α + λα1 + µα2 )~v1 0 + (β + λβ1 + µβ2 )~v2 0 = A ∈ E0 26 KAPITEL 5. VEKTORRECHNUNG Es folgt E ⊂ E 0 . Der Beweis von E 0 ⊂ E geht entsprechend, denn man weiß, dass ~v1 und ~v2 Linearkombinationen der ~vj 0 sind: Es gilt nämlich ~v1 = α1~v1 0 + β1~v2 0 ~v2 = α2~v1 0 + β2~v2 0 Multiplizieren wir die erste Gleichung mit β2 und die zweite mit β1 und subtrahieren dann die 2. von der 1. Gleichung, finden wir (α1 β2 − α2 β1 )~v1 0 = β2~v1 − β1~v2 da nun ~v1 und ~v2 linear unabhängig sind und daher β1 , β2 nicht beide verschwinden, muss α1 β2 − α2 β1 6= 0 sein. So sehen, wir, dass ~v1 Linearkombination der ~vj 0 ist. Entsprechendes macht man im Falle von ~v2 . Wir können jetzt die Frage nach Schnittmengen von 2 Geraden oder Ebenen oder einer Geraden mit einer Ebene in Angriff nehmen: Zunächst der Fall n = 2: Beispiel: Ist G1 die Gerade durch 2 −3 und 3 −1 und G2 die Gerade durch 3 −1 9 −11 12 , −1 12 − −1 und 2 − −3 = 12 und ~v2 = ! 1 3 9 3 = , so hat die mit ihnen gebildete Matrix A = die Determinante det A = −11 10 2 10 9 2 7 4, und ~v1 und ~v2 sind linear unabhängig. Der Vektor −11 − −3 = −8 ist in eindeutiger Weise als Linearkombination der Richtungsvektoren von G1 und G2 zu schreiben, also und schreiben wir ihre Richtungsvektoren als ~v1 = 9 2 7 1 3 − = = λ~v1 + µ~v2 = λ +µ −11 −3 −8 2 10 Das ergibt: 2 9 + λ~v1 = − µ~v2 −3 −11 (5.3.4) ~ = 9 − µ~v2 der Schnittpunkt Der Vektor links liegt in G1 , der Vektor rechts in G2 . Somit ist S −11 beider Geraden. Es genügt zur Bestimmung des Schnittpunktes der Geraden den Parameter λ zu berechnen. Nun führt (5.3.4) auf das Gleichungssystem: λ + 3µ = 7 2λ + 10µ = −8 Mit der Cramerregel folgt 5.3. GERADEN UND EBENEN 27 λ = Ebenso finden wir für µ den Wert: µ= 7 3 −8 10 1 3 2 10 1 7 2 −8 1 3 2 10 ~= Der Schnittpunkt der beiden Geraden ist also S = 47 2 =− 9 −11 11 2 − (−11) 2 3 10 = 51 2 44 = Was in diesem Beispiel zum Ergebnis geführt hat, verallgemeinern wir so: 2 −3 + 47 2 1 2 . 5.3.2 Satz. Sind G1 = P~1 + IR~v1 und G2 = P~2 + IR~v2 zwei Geraden in IR2 , und ist A die Matrix, die aus den Vektoren ~v1 und ~v2 gebildet wird, so gilt: a) Wenn det A 6= 0, so schneiden sich G1 und G2 in dem Punkt ~ ~ ~ := P~1 − det(P1 − P2 , ~v2 ) ~v1 S det A b) Wenn det A = 0 ist, so ist G1 ∩ G2 = ∅, wenn P~1 ∈ / G2 und G1 = G2 sonst. Beweis. a) Wenn det A 6= 0, kann man P~1 − P~2 eindeutig als Linearkombination der Vektoren ~v1 und ~v2 darstellen. Es gilt dann P~1 − P~2 = λ~v1 + µ~v2 mit eindeutig bestimmten Zahlen λ, µ. Das bedeutet P~1 − λ~v1 = P~2 + µ~v2 ~ := P~1 −λ~v1 . Wir müssen nur noch λ berechnen. Der Ausdruck und G1 und G2 schneiden sich in S für λ folgt wieder aus der Cramerregel. b) Wenn dagegen det A = 0 ist, verlaufen die Geraden parallel, woraus alles folgt. Nun der Fall zweier Geraden in IR 3 : 5.3.3 Hilfssatz. Angenommen, G1 = P~1 + IR~v1 und G2 = P~2 + IR~v2 seien zwei Geraden. a) Wenn dann die Matrix A , die aus P~1 − P~2 , und ~v1 und ~v2 gebildet wird, nicht verschwindende Determinante hat, so ist G1 ∩ G2 = ∅ und G1 verläuft nicht parallel zu G2 . (G1 und G2 liegen ”windschief” zueinander). b) Wenn det A = 0, so liegen G1 und G2 parallel oder G1 ∩ G2 6= ∅. 28 KAPITEL 5. VEKTORRECHNUNG ~ ∈ G1 ∩ G2 , also wäre mit Beweis. a) Angenommen, es sei det A 6= 0. Gäbe es einen Punkt S passenden Parametern λ, µ ∈ IR : ~ = P~1 + λ~v1 = P~2 + µ~v2 S Das heißt aber: P~1 − P~2 = −λ~v1 + µ~v2 , die erste Spalte von A wäre dann Linearkombination der beiden anderen, also det A = 0, Widerspruch! b) Wenn det A = 0, so gilt mit Koeffizienten α, β, γ, die nicht alle verschwinden: α(P~1 − P~2 ) + β~v1 + γ~v2 = 0 Wenn nun α 6= 0, ist β γ P~1 + ~v1 = P~2 − ~v2 = 0 α α Ist aber α = 0, so liegen G1 und G2 zueinander parallel und G1 = G2 , wenn P~1 ∈ G2 . Anderenfalls ist G1 ∩ G2 = ∅. G 1 90 o G 2 G1 und G2 liegen zueinander windschief. Anwendungen. b) Wo schneiden sich die Ebenen 0 3 durch die Punkte −2 , 0 5 −1 1 1 3 E = −2 + IR 0 + IR −4 und die Ebene E 0 3 −1 1 −1 und 2 ? 0 5.3. GERADEN UND EBENEN 29 Wir schreiben E 0 in der Form E0 0 3 0 −1 0 = −2 + IR 0 − −2 + IR 2 − −2 5 −1 5 0 5 0 3 −1 = −2 + IR 2 + IR 4 5 −6 −5 ~ ∈ E ∩ E 0 gibt es λ, µ, λ0 , µ0 ∈ IR mit Für jeden Punkt S 1 1 3 0 3 −1 0 0 ~= S −2 + λ 0 + µ −4 = −2 + λ 2 + µ 4 3 −1 1 5 −6 −5 oder −1 3 1 0 3 1 λ 0 + µ −4 = −2 − −2 + λ0 2 + µ0 4 −5 −6 3 5 1 −1 In Koordinaten geschrieben bedeutet das: λ + 3µ = −1 + 3λ0 − µ0 −4µ = 2λ0 + 4µ0 −λ + µ = 2 − 6λ0 − 5µ0 oder: 3λ0 − µ0 = 1 + λ + 3µ 2λ0 + 4µ0 = −4µ 6λ0 + 5µ0 = 2 + λ − µ Das führt auf λ0 = 2λ + 4µ + 2 λ + 9µ + 1 , µ0 = − 7 7 Die dritte Gleichung erfordert 12λ + 24µ + 12 5λ + 45µ + 5 − =2+λ−µ 7 7 Das ergibt −3µ + 1 = 2 − µ, also 1 1 2 µ = −1/2, λ0 = λ, µ0 = − λ + 7 7 2 30 KAPITEL 5. VEKTORRECHNUNG und weiter 1 1 3 −1/2 1 1 ~ S = −2 + λ 0 − −4 = 0 + λ 0 2 3 −1 1 5/2 −1 oder: 0 3 −1 1 1 2 ~ S = −2 + λ 2 + (− λ + ) 4 7 7 2 5 −6 −5 1/2 3 −1 1 = 0 + λ 2 2 − 4 7 5/2 −6 −5 −1/2 1 = 0 + λ 0 5/2 −1 Da λ ∈ IR beliebig wählbar bleibt, erhalten wir: 1 −1/2 0 E ∩ E = 0 + IR 0 5/2 −1 6 1 4 b) Trifft die Gerade G durch die Punkte 0 und 1 die Ebene E0 = 2 + 2 2 −2 1 1 IR 1 + IR 0 ? −2 3 ~ ∈ G ∩ E0 , so gibt es Zahlen λ, µ und ν, so dass Ist S 1 1 4 1 6 6 ~ = S 0 + ν 0 − 1 = 2 + λ 1 + µ 0 −2 3 −2 2 2 2 oder das bedeutet: 1 6 1 1 4 6 ν 0 − 1 = 2 − 0 + λ 1 + µ 0 −2 3 2 2 2 −2 5.4. SKALARPRODUKTE UND WINKEL ZWISCHEN VEKTOREN 31 1 1 −5 2 λ 1 + µ 0 + ν 1 = −2 −2 3 0 4 Wir erhalten (etwa mit der Cramerregel): 7 2 3 λ=− , µ= , ν=− 5 5 5 und damit ~ = Die Gerade G trifft die Ebene E0 im Punkte S 5.4 6 5 6 5 3 3 3 ~ S = 0 + ν −1 = 0 − −1 = 5 5 0 2 2 0 2 3 3 5 2 . Skalarprodukte und Winkel zwischen Vektoren Die Ebene IR2 Ist α ein Winkel, α < 90◦ , so bilden wir irgendein rechtwinkliges Dreieck, bei dem α als Winkel zwischen einer Kathete und der Hypotenuse auftritt. B c a α A b C Dann hängen die Verhältnisse ab. Wir schreiben a c und b c nicht von der Wahl des Dreiecks, sondern nur von α a b sin α = , cos α = c c ◦ ◦ Wir definieren für Winkel α zwischen 90 und 180 sin α = sin(180 − α), cos α = − cos(180 − α) 32 KAPITEL 5. VEKTORRECHNUNG Ist nun ~x = x1 x2 ! ∈ IR2 , so bezeichnen wir mit k~xk die Größe k~xk = q x21 + x22 (Länge des Vektors ~x) und ist α der Winkel zwischen ~x und der x1 -Achse in der Ebene, so haben wir ! cos α ~x = k~xk sin α Wir wollen jetzt den Winkel, den zwei Vektoren des IR 2 miteinander bilden, aus den Koordinaten dieser Vektoren ablesen. Dazu treffen!wir die ! x1 y1 Definition. Für die Vektoren ~x = , ~y = ∈ IR2 , setzen wir x2 y2 h~x, ~yi := x1 y1 + x2 y2 und nennen diesen Ausdruck das Skalarprodukt der Vektoren ~x und ~y. Dann gelten folgende Regeln: 5.4.1 Hilfssatz Für ~x, ~y, ~x0 , ~y 0 , ~x00 und ~y 00 ∈ IR2 gilt: i) h~x, ~yi = h~y, ~xi und h~x, ~xi = k~xk2 , kλ~xk = |λ|k~xk für alle λ ∈ IR. ii) h~x0 + λ~x00 , ~yi = h~x0 , ~yi + λh~x00 , ~yi, und iii) h~x, ~y 0 + β~y 00 i = h~x, ~y 0 i + βh~x, ~y 00 i. Weiter hat man iv) Genau dann stehen zwei Vektoren ~x, ~y ∈ IR2 \ {~0} aufeinander senkrecht, wenn h~x, ~yi = 0. v) Schließen ~x und ~y den Winkel α ein, so ist h~x, ~yi = k~xkk~yk cos(α) vi) Es gilt stets |h~x, ~yi| ≤ k~xkk~yk und Gleichheit gilt genau dann, wenn ~x und ~y linear abhängig sind. Beweis. Wir zeigen zuerst (iv). Angenommen, ~x stehe auf ~y senkrecht. Der Pythagorassatz, angewendet auf das Dreieck mit Ecken ~0, ~x und ~y, lehrt k~xk2 + k~yk2 = k~x − ~yk2 Zum anderen ist aber auch k~x − ~yk2 = k~xk2 + k~yk2 − 2h~x, ~yi Vergleichen wir beides miteinander, erhalten wir h~x, ~yi = 0. 5.4. SKALARPRODUKTE UND WINKEL ZWISCHEN VEKTOREN 33 −x2 x1 Umgekehrt nehmen wir an, es sei h~x, ~yi = 0. Dann folgt ~y ∈ IR~z, wobei ~z := ! . z x 1 α x γ β -x 2 x β α 0 x 2 1 Die beiden Dreiecke mit Spitzen bei ~x und ~z sind kongruent. Zusammen mit α + β = 90◦ folgt die Behauptung, dass γ = 90◦ . Zu (v): Wir behandeln den Fall, dass 0 < α < 90◦ ist. y z x α 0 λ x 34 KAPITEL 5. VEKTORRECHNUNG Sei ~z zu ~x wie oben erklärt. Dann gilt mit passenden λ, µ ∈ IR: ~y = λ~x + µ~z Da h~z, ~xi = 0, erhalten wir: h~x, ~yi = λk~xk2 . Aber λ > 0 und daher λk~xk = kλ~xk = k~yk cos(α). Das liefert die Behauptung. Beispiel. Der Winkel α zwischen den Vektoren cos α = 1 −2 ! und −11 −12 ! erfüllt die Gleichung 13 13 h~x, ~yi 13 = √ = =√ √ = 0.357137 k~xkk~yk 36.4005 5 265 5 53 Das ergibt α = 69◦ 40 . Als weitere Anwendung finden wir einen Beweis des Cosinussatzes: 5.4.2 Satz. Bilden in einem Dreieck 2 Seiten ~x und ~y einen Winkel α, so ist das Quadrat über der dritten Seite gerade gleich k~x − ~yk2 = k~xk2 + k~yk2 − 2k~xkk~yk cos α Beweis. Denn k~x − ~yk2 = k~xk2 + k~yk2 − 2h~x, ~yi, und h~x, ~yi = k~xkk~yk cos α. Beispiel: Resultierende aus mehreren Kräften Angenommen, an einem Punkt greifen vier Kräfte an, wie im folgenden Bild gezeigt wird: F (2) F F (1) 45 61 30 20 F (3) 15 F (4) 5.4. SKALARPRODUKTE UND WINKEL ZWISCHEN VEKTOREN 35 Dann ist die resultierende Kraft F~ gerade die Summe aus F~ (1) , ..., F~ (4) . Im einzelnen wird nun wegen cos(200◦ ) = − cos 20◦ = −0.939693, sin 20◦ = 0.342 und cos 15◦ = 0.965, sin 15◦ = 0.258: ! ! cos 30◦ 433N (1) F = 500N = sin 30◦ 250N F (2) = 300N F (3) F (4) cos 135◦ sin 135◦ cos 15◦ sin 15◦ ! Es folgt also F~ = 4 X i=1 F (i) = = ! cos 20◦ sin 20◦ = −250N = 200N ! = ! −212.1N 212.1N = −234.92N −85.5N 193.2N −51.8N ! ! . 433 − 212.1 − 234.92 + 193.2 250 + 212.1 − 85.5 − 51.8 ! N= 179.18N 324.8N ! Kraftzerlegung an einem Keil. Angenommen, auf einen Keil mit Öffnungswinkel 2α wirkt eine Kraft F~ . Wie groß sind die Komponenten F~1 und F~2 von F~ , die auf den Seitenflächen senkrecht stehen: α F’1 F’2 α F Wir entnehmen dem Kräftediagramm, dass kF~10 k = kF~20 k = kF~ k 2 sin α Beispiel: Ist etwa kF~ k = 40N und α = 5◦ , so wird 2 sin α = 0.1743 und folglich kF~10 k = kF~ k 40 = N = 229.474N. 2 sin α 0.1743 36 KAPITEL 5. VEKTORRECHNUNG Skalarprodukt im Raum IR3 2 3 Unsere Definition des Skalarproduktes überträgt sich vom IR leicht auf den IR : x1 y1 Für Vektoren ~x = x2 , ~y = y2 setzen wir x3 y3 h~x, ~yi = x1 y1 + x2 y2 + x3 y3 q und k~xk = x21 + x22 + x23 . Dann übertragen sich die Regeln (i) - (iii) aus dem Hilfssatz 5.4.1 sofort. Was soll der Winkel zwischen zwei Vektoren des IR3 sein? Definition. Der Winkel α, der von den Vektoren ~x und ~y eingeschlossen wird, wird wie folgt, festgelegt: Wenn ~x, ~y linear abhängig sind, so sei α = 0. Wenn sie linear unabhängig sind, sei E die Ebene durch 0, in der die Vektoren ~x und ~y liegen. Dann soll α derjenige Winkel sein, den die Vektoren als Vektoren dieser Ebene bilden. y x α 0 E Dann kann man wieder den Cosinus dieses Winkels mit dem Skalarprodukt beschreiben: 5.4.3 Hilfssatz. Sind ~x und ~y Vektoren im IR 3 , so gilt für den Winkel α zwischen ihnen: cos α = h~x, ~yi k~xkk~yk Beweis. Durch ~x und ~y wird eine Ebene festgelegt. Auch ~y − ~x liegt in dieser Ebene. Nun müssen wir nur noch den Cosinussatz anwenden und finden: k~xk2 + k~yk2 − 2k~xkk~yk cos α = k~x − ~yk2 = k~xk2 + k~yk2 − 2h~x, ~yi Daraus folgt die Behauptung. 5.5. DAS VEKTORPRODUKT 37 2 −3 Beispiel. Sei α der Winkel zwischen den Vektoren ~x = 4 und ~y = −1 . Dann ist −1 11 s −21 21 =− cos α = √ √ = −0.400381, 131 21 131 also α = 113◦ , 360 . Als Folgerung aus dem Hilfssatz erhalten wir wieder: Folgerung. Für 2 Vektoren ~x, ~y ∈ IR3 gilt |h~x, ~yi| ≤ k~xkk~yk 5.5 Das Vektorprodukt Wir führen jetzt ein Produkt zwischen Vektoren des IR 3 ein, das wieder einen Vektor in IR 3 liefert. Das ist motiviert durch die Frage: Gegeben seien Vektoren ~a, ~b ∈ IR3 \ {~0}. Gesucht ist ein Vektor ~v , der auf ~a und ~b gleichzeitig senkrecht steht. Anschaulich gesehen existiert ein solcher Vektor sicherlich. Wir schreiben a1 b1 v1 ~a = a2 , ~b = b2 und ~v = v2 . a3 b3 v3 Die Bedingung h~v , ~ai = h~v , ~bi = 0 lautet ausgeschrieben: a1 v1 + a 2 v2 + a 3 v3 = 0 b1 v 1 + b 2 v 2 + b 3 v 3 = 0 Nehmen wir die erste Gleichung mal mit b3 und die zweite mit a3 und subtrahieren die zweite von der ersten Gleichung, so entsteht: (a1 b3 − a3 b1 )v1 + (a2 b3 − a3 b2 )v2 = 0 Nehmen wir die erste Gleichung mal mit b2 und die zweite mit a2 und subtrahieren die zweite von der ersten Gleichung, so entsteht: (a1 b2 − a2 b1 )v1 + (a3 b2 − a2 b3 )v3 = 0 38 KAPITEL 5. VEKTORRECHNUNG Der Vektor a 2 b3 − a 3 b2 ~v = ~a × ~b := a3 b1 − a1 b3 a 1 b2 − a 2 b1 erfüllt beide Bedingungen: Es ist daher ~v ⊥ ~a und ~v ⊥ ~b. Haben ~e1 , ~e2 und ~e3 die früher definierte Bedeutung, so kann man formal schreiben: ~e1 a1 b1 ~a × ~b = ~e2 a2 b2 ~e3 a3 b3 Wir notieren einige Rechenregeln für dieses ”Vektorprodukt”: 5.5.1 Satz. Seien ~a, ~a0 , ~a00 , ~b, ~c ∈ IR3 und λ ∈ IR. Das Vektorprodukt hat folgende Eigenschaften: i) (~a0 + ~a00 ) × ~b = ~a0 × ~b + ~a00 × ~b ii) λ(~a × ~b) = (λ~a) × ~b = ~a × (λ~b) iii) Genau dann ist ~a × ~b = ~0, wenn ~a und ~b linear abhängig sind. iv) k~a × ~bk2 = k~ak2 k~bk2 − h~a, ~bi2 v) Es gilt h~a, ~b × ~ci = det( ~a ~b ~c ) Statt des Assoziativ - und Kommutativgesetzes gelten das Antikommutativgesetz bzw. die Grassmann-Identität: vi) ~a × ~b = −~b × ~a vii) (~a × ~b) × ~c = h~a, ~ci~b − h~b, ~ci~a. Beweis. i), ii), iv), v) und vi) rechnet man einfach nach. Zu iii): Wir nehmen an, ~b 6= ~0. Wenn ~a = λ~b, für ein λ ∈ IR, so wird mit ii) und v) ~a × ~b = λ~a × ~a = ~0 Umgekehrt sei jetzt ~a × ~b = ~0. Das bedeutet: a 2 b3 − a 3 b2 a3 b1 − a1 b3 = ~0 a 1 b2 − a 2 b1 Daraus lesen wir ab: 1) Ist b1 6= 0, so wird ~a = 2) Ist b2 6= 0, so wird ~a = 3) Ist b3 6= 0, so wird ~a = a1 ~ b, b1 a2 ~ b, b2 a3 ~ b. b3 5.5. DAS VEKTORPRODUKT 39 3 −2 −6 Beispiele. 1) Das Vektorprodukt von mit 4 ist gegeben durch: −1 −1 ~a × ~b = = ~e1 3 −2 ~e2 −6 4 ~e3 −1 −1 −6 4 ~e −1 −1 1 − 3 −2 ~e −1 −1 2 + 10 3 −2 ~e3 = 5 −6 4 0 2) Physikalische Anwendung. In der Physik definiert man den Drehimpuls eines Teilchens als das Vektorprodukt aus Ortsvektor ~r und Impulsvektor p~: ~ = ~r × p~ L Greift an das Teilchen die Kraft F~ an, so definiert man das Drehmoment als das Vektorprodukt ~ = ~r × F~ . M ~ Auf ein Teilchen mit der Ladung q, das sich mit der Geschwindigkeit ~v in einem Magnetfeld B bewegt, wirkt die Lorentzkraft ~ F~ = q ~v × B ein. axb b φ a 40 KAPITEL 5. VEKTORRECHNUNG Eine Anwendung aus dem Bereich der Statik Es seien die Punkte A, ..., F mit den Ortsvektoren gegeben: 4a 0 2a 2a 2a 0 ~ ~ ~ ~ ~ ~ A = 0 , B = 0 , C = 0 , D = 2a , E = 3a , F = 3a 3a 3a 0 2a 3a 3a Der im folgenden Bild skizzierte Kranarm CE ist in C senkrecht zur x1 -Achse gelenkig gelagert und in D durch 2 beidseitig gelenkig gelagerte Stäbe gestützt. In F ist ein Seil befestigt, das reibungsfrei um eine Rolle in E geführt wird, und an dessen Ende ein Gewicht G hängt. Frage: Was sind die von den Lagern in A, B, C und F ausgeübten Kräfte? x 3 F B E A D Seil G x 2 C x 1 Die Summe aller auftretenden Kräfte ist Null, ebenso die Summe aller in C angreifenden Drehmomente. Aus diesen Informationen errechnen wir die gewünschten Kräfte. Die von den Lagern A und B ausgeübten Kräfte F~A , F~B weisen in die jeweilige Stabrichtung: 2 −2 ~B = β(B ~ − D) ~ = βa ~ − D) ~ = αa F~A = α(A −2 −2 , F 1 1 5.5. DAS VEKTORPRODUKT 41 Ferner haben wir für die in F ausgeübte Kraft −1 F~F = G 0 0 0 ~ = G Das Gewicht übt die Kraft G 0 aus. −1 Die Summe der am Gelenk C wirkenden Drehmomente ist Null, was auf die Gleichung ~ − C) ~ × (F~A + F~B ) + (E ~ − C) ~ ×(G ~ + F~F ) = 0 (D ~ −C ~ = 2 (E ~ − C): ~ führt. Das ergibt wegen D 3 ~ − C) ~ × (G ~ + F~F + 2 (F~A + F~B ) ) = 0 (E 3 Nun ist 0 −G + 34 a(α − β) 2 ~ −C ~ = 3a ~ + F~F + (F~A + F~B ) = − 34 a(α + β) E 1 und G 3 2 1 −G + 3 a(α + β) Wir erhalten damit die Bedingung −G + 2a(α + β) ~ − C) ~ × (G ~ + F~F + 2 (F~A + F~B ) ) = 0 3a −G + 43 a(α − β) = (E 3 G − 34 a(α − β) Das liefert uns α= und damit 5 1 G, β = − G 8a 8a 2 2 5 1 ~ ~ FA = G −2 , FB = G 2 8 8 1 −1 Die Kraft F~C erhalten wir aus der Bedingung, dass die Kräftesumme Null sein muss. Also ~ + F~F + F~A + F~B = 0, F~C + G Das bedeutet: 0 −G 2 2 −1 5 1 G ~ ~ ~ ~ ~ FC = −(G + FF + FA + FB ) = 0 − 0 − G −2 − G 2 = 2 8 8 2 G 0 1 −1 1 Das Vektorprodukt hat folgende weitere Eigenschaften: 42 KAPITEL 5. VEKTORRECHNUNG 5.5.2 Hilfssatz. Sind ~a, ~b ∈ IR3 , und schließen ~a und ~b den Winkel φ ein, so ist k~a × ~bk = k~akk~bk| sin φ|, k~a × ~bk2 = k~ak2 k~bk2 − h~a, ~bi2 . Beweis. Folgt aus der Formel h~a, ~bi = |~a||~b| cos φ. Hier ist eine Anwendung auf das Problem der Flächenberechnung: Sind die Vektoren ~a und ~b linear unabhängig, so hat das von ihnen aufgespannte Parallelogramm den Flächeninhalt A = k~a × ~bk. a h α 0 b Nun wird A = k~bk · h = k~bkk~ak| sin α| = k~a × ~bk. 1 4 Beispiel. Gegeben sei ein Dreieck mit den Ecken ~a = −2 , ~b = 72 und ~c = −1 . Was ist sein Flächeninhalt? 6 Die drei Vektoren sind erst recht Vektoren im IR3 . Wir bilden die ”Seiten” ~x = ~b −~a = 4 0 3 und ~y = ~c − ~a = 1 . Dann erhalten wir 0 6 3 0 ~x × ~y = 4 × 1 = 0 0 0 −6 Der Flächeninhalt des Dreiecks ist somit gleich 3. Geraden und Ebenengleichungen Wir zeigen jetzt, dass jede Ebene darstellbar ist in der Form E = {~x | a1 x1 + a2 x2 + a3 x3 = c}. 5.5.3 Satz. Ist E = p~ + IR~v1 + IR~v2 eine Ebene, so gibt es einen Vektor ~n ∈ IR3 der Länge 1 und eine Zahl c ∈ IR, so dass: E = {~x | h~n, ~xi = c} (Hessesche N ormalf orm), 5.5. DAS VEKTORPRODUKT 43 ×~v2 Der Vektor ~n ist gerade ~n := k~~vv11 ×~ . Dabei beschreibt IR~n die Gerade, die auf E senkrecht steht. v2 k Die Zahl c ist gegeben durch c = h~n, p~i. Beweis. Ist ~x ∈ E, so haben wir die Darstellung ~x = p~ + λ~v1 + µ~v2 , also ist h~n, ~x − p~i = 0, da ~n auf ~v1 und ~v2 senkrecht steht. Es folgt, dass E ⊂ E1 := {~x | h~n, ~xi = h~n, p~i} Angenommen, es sei ~x ∈ E1 . Die Vektoren ~v1 , ~v2 und ~n erzeugen den IR3 , da sie linear unabhängig sind. Daher haben wir eine Darstellung ~x − p~ = γ~n + α~v1 + β~v2 Das Skalarprodukt mit ~v1 bzw. ~v2 liefert h~x − p~, ~v1 i = k~v1 k2 α + h~v1 , ~v2 iβ h~x − p~, ~v2 i = h~v1 , ~v2 iα + k~v2 k2 β Wir erhalten ein lineares Gleichungssystem für α und β mit Determinante ∆ := k~v1 k2 k~v2 k2 − h~v1 , ~v2 i2 = k~v1 × ~v2 k2 > 0; dieses kann also nach α und β aufgelöst werden. Das Skalarprodukt von ~x − p~ mit ~n liefert γ = h~x − p~, ~ni = 0. Das zeigt, dass ~x = p~ + α~v 1 + β~v2 ∈ E und folglich E1 = E. Wir werden später sehen, dass |c| den Abstand des Nullpunktes zu E wiedergibt. Ein ähnlicher Satz gilt für Geraden im Raum. 5.5.4 Satz. Ist G eine Gerade und p~ ∈ G, so finden wir einen Vektor ~v , so dass G = {~x | ~v × (~x − p~) = ~0}. Beweis. Wir schreiben G in der Punkt-Richtungsform G = p~ + L, L = IR~v Wir bezeichnen mit G0 die Menge {~x | ~v × (~x − p~) = ~0} und behaupten, dass G = G0 . Ist ~x ∈ G0 , so wird ~x −~ p ein Vielfaches von ~v , liegt also in L. Damit sehen wir: G0 ⊂ G = p~ +L. Dass G ⊂ G0 , ist klar. Projektionen Projektion eines Vektors auf eine Richtung Definition. Angenommen, es sei w ~ ∈ IR n ungleich Null, wobei n = 2 oder n = 3. Dann ist für einen Vektor ~x ∈ IR3 die Projektion von ~x auf w ~ derjenige Vektor ~xw~ ∈ IRn , der in Richtung w ~ weist und für den ~x − ~xw~ auf w ~ senkrecht steht. 44 KAPITEL 5. VEKTORRECHNUNG Wir haben also: ~xw~ = λw ~ und h~x − ~xw~ , wi ~ = 0. Daraus folgt λ|w| ~ 2 = h~x, wi, ~ also ~xw~ = h~x, wi ~ w. ~ |w| ~2 Veranschaulichung: x w x w Projektion eines Punktes auf eine Ebene Definition. Es sei E eine Ebene. Ist dann p~ ∈ IR3 , so sei der Projektionspunkt pE (~ p) von p~ auf E derjenige Punkt in der Ebene E, für welchen p~ − pE (~ p) auf E senkrecht steht. Wir berechnen den Projektionspunkt pE (~ p). Dazu stellen wir E in Hessescher Normalform dar: E = {~x | h~x, ~ni = c}. Dann haben wir pE (~ p) = p~ − λ~n mit einer geeigneten Zahl λ ∈ IR. Die Bedingung p~ − λ~n ∈ E bedeutet h~ p, ~ni − λ = h~ p − λ~n, ~ni = hpE (~ p), ~ni = c, also λ = h~ p, ~ni − c. Damit wird pE (~ p) = p~ − λ~n = p~ − (h~ p, ~ni − c)~n 5.6. BERECHNUNG VON ABSTÄNDEN UND SCHNITTWINKELN 45 Projektion einer Geraden auf eine Ebene Definition. Gegeben sei eine Gerade in der Form G = {~ p + λ~v | λ ∈ IR} und eine Ebene E in der Form E = ~q + V . Dann wollen wir unter der Projektion GE von G auf E die Bildmenge pE (G) = {pE (~x) | ~x ∈ G} verstehen. Was entsteht bei der Projektion von G auf E? Ist λ ∈ IR beliebig, so finden wir pE (~ p + λ~v ) = p~ + λ~v − (h~ p + λ~v , ~ni − c)~n = p~ − (h~ p, ~ni − c)~n + λ(~v − h~v , ~ni~n) = pE (~ p) + λ(~v − ~v~n ) Somit ist GE = {~ p}, wenn ~v ⊥ E (äquivalent mit ~v = ~v~n ) und eine Gerade, wenn ~v 6= ~v~n . 5.6 Berechnung von Abständen und Schnittwinkeln Abstand eines Punktes von einer Ebene 5.6.1 Satz . Sei E eine in der Hesseschen Normalform gegebene Ebene, also E = {~x | h~x, ~ni = c}, wobei ~n die Länge 1 hat und c ∈ IR. Dann ist für einen beliebigen Punkt p~ ∈ IR3 k~ p − ~xk2 ≥ (h~ p, ~ni − c)2 wenn ~x ∈ E. Beweis. In der Tat ist für jedes ~x ∈ E: k~ p − ~xk2 = k~ p − pE (~ p) − (~x − pE (~ p) )k2 = k~x − pE (~x)k2 + k~ p − pE (~x) )k2 , da p~ − pE (~ p) ⊥ ~x − pE (~ p), 2 2 ≥ k~ p − pE (~ p)k = (h~ p, ~ni − c) Wir bezeichnen den kleinsten Wert, den k~ p − ~xk haben kann, wenn ~x die Punkte aus E durchläuft, als den Abstand d(~ p, E) von p~ zu E. Es ist also d(~ p, E) = |h~ p, ~ni − c|. 5.6.2 Satz. Ist eine Ebene E in Punkt-Richtungsform gegeben, also E = {~q + λ~v1 + µ~v2 | λ, µ ∈ IR}, so gilt für den Abstand eines beliebigen Punktes p~ ∈ IR3 von der Ebene: d(~ p, E) = |h~ p − q~, ~v1 × ~v2 i| . k~v1 × ~v2 k 46 KAPITEL 5. VEKTORRECHNUNG Beweis. In der Tat ist E leicht in Hessesche Normalform zu bringen: Als ~n und c wählen wir ~n = ~v1 × ~v2 , c = h~n, ~qi k~v1 × ~v2 k Mit der obigen Formel folgt dann d(~ p, E) = |h~ p, ~ni − c| = |h~ p, ~ni − h~q, ~ni| |h~ p − q~, ~v1 × ~v2 i| . = |h~ p − ~q, ~ni| = k~v1 × ~v2 k Anwendung auf Volumenberechnungen: Sind ~a, ~b und ~c linear unabhängig, so gilt: a) Das Parallelotop mit Kanten ~a, ~b und ~c hat das Volumen V0 = |h~a, ~b×~ci| = | det( ~a ~b ~c )|. Denn seine Grundfläche ist F = k~b×~ck und seine Höhe h gleich dem Abstand von ~c zur Ebene ~ B ~ und D ~ liegen, also h = |h~a, ~b × ~ci|/k~b × ~ck. Das ergibt zusammen mit V , in der die Punkte A, V0 = F · h die Behauptung. b) Die Pyramide mit dem von ~b und ~c erzeugten Parallelogramm als Grundfläche und der Spitze ~a hat das Volumen VP = 31 V0 . c) Das Tetraeder mit den Kanten ~a, ~b und ~c hat das Volumen VT = 1 V0 . 6 C D a E c A b B 5.6. BERECHNUNG VON ABSTÄNDEN UND SCHNITTWINKELN 47 Die Pyramide mit Ecken A, B, C, D und E hat das Volumen V1 = 13 V0 , was gerade das doppelte von VT ist. 3 1 2 −3 ~ ~ ~= ~ = Beispiel: Sind A = 0 ,C = 2 und D 2 , B 1 , so hat das Tetraeder 4 −1 1 4 1 ~ ..., D ~ das Volumen VT = V0 , mit mit Ecken A, 6 ~ − A, ~ (C ~ − A) ~ × (D ~ − A)i| ~ = V0 = |hB Also VT = 35 6 = 5.838 −2 −1 −6 −2 −3 −2 , 0 × −1 = −2 , 18 −5 −3 0 −5 1 Abstand eines Punktes von einer Geraden Es sei n ∈ {2, 3} und p~ ∈ IRn . Ist G = ~q + IR~v eine Gerade, so ist der Abstand d(~ p, G) von p~ zu G definiert als der kleinste Wert, den k~ p − ~q − λ~v k haben kann, wenn λ alle Zahlen aus IR durchläuft. 5.6.3 Satz. Es sei n ∈ {2, 3} und p~ ∈ IR n . Ist G = ~q + IR~v eine Gerade, so ist für alle λ ∈ IR: k~ p − ~q − λ~v k2 ≥ k~ p − ~qk2 − Das Gleichheitsszeichen steht, wenn λ = d(~ p, G) = h~ p−~ q ,~v i . k~v k2 Insbesondere ist v u u tk~ p − ~qk2 Beweis. Es sei ~u der Vektor ~u = h~ p − q~, ~v i2 . k~v k2 − h~ p − q~, ~v i2 . k~v k2 h~ p − ~q, ~v i ~v k~v k2 Dann steht w ~ := p~ − ~q − ~u steht auf ~v und insbesondere für alle λ ∈ IR auf ~u − λ~v senkrecht. Daher ist k~ p − ~q − λ~v k2 = k~ p − q~ − ~u + (~u − λ~v )k2 = k~ p − q~ − ~uk2 + k~u − λ~v k2 ≥ k~ p − q~ − ~uk2 = k~ p − q~k2 − h~ p − ~q, ~v i2 k~v k2 48 KAPITEL 5. VEKTORRECHNUNG Abstand zweier Geraden voneinander Angenommen, es seien 2 Geraden G1 = p~ + IR~v und G2 = q~ + IRw ~ gegeben. Wieder verstehen wir unter dem Abstand d(G1 , G2 ) beider Geraden voneinander den kleinsten Wert, den k~x − ~yk annehmen kann, wenn ~x ∈ G1 , ~y ∈ G2 . i) Angenommen, ~v und w ~ sind linear abhängig. Dann ist d(G1 , G2 ) = d(~ p, G2 ) ~ 1 = p~ + λ1~v auf G1 ii) Angenommen, ~v und w ~ sind linear unabhängig. Es muss einen Punkt A ~ 2 = q~ + µw ~1 − A ~ 2 k. Dann steht aber und einen Punkt A ~ auf G2 geben, so dass d(G1 , G2 ) = kA ~1 − A ~ 2 sowohl auf ~v als auch auf w A ~ senkrecht. Denn ist λ ∈ IR beliebig, so ist ~ 1 + λ~v + A ~1 − A ~ 2 k2 = k~ ~ 2 k2 ≥ k A ~1 − A ~ 2 k2 k~ p−A p + λ~v − A oder: ~1 − A ~ 2 k2 ≥ k A ~1 − A ~ 2 k2 k(λ − λ1 )~v + A Umgeformt ergibt das: ~1 − A ~2i ≥ 0 k~v k2 (λ − λ1 )2 + 2(λ − λ1 )h~v , A ~1 −A ~ 2 i, erhalten wir k~v k−2 h~v , A ~1 −A ~ 2 i2 ≤ 0, für beliebiges λ. Wählen wir jetzt λ = λ1 −k~v k−2 h~v , A ~1 − A ~ 2 i = 0. also h~v , A ~1 − A ~ 2 i = 0. Genauso zeigt man, dass hw, ~ A ~1 − A ~ 2 als A ~1 − A ~ 2 = α~v × w Das bedeutet, dass sich A ~ schreiben lassen muss, und dass d(G1 , G2 ) = |α|k~v × wk. ~ ~ 1 + α~v × w ~ 2 ∈ G2 , muss gelten Wir müssen nur noch α bestimmen. Da A ~ =A ~ 1 + α~v × w A ~ = ~q + ν w ~ mit irgendeiner Zahl ν ∈ IR. Skalarmultiplikation mit ~v × w ~ ergibt: ~ 1 , ~v × wi hA ~ + αk~v × wk ~ 2 = h~q, ~v × wi ~ Damit wird α= ~ 1 − ~q, ~v × wi hA ~ h~ p + λ1~v − q~, ~v × wi ~ h~ p − ~q, ~v × wi ~ = = 2 2 2 k~v × wk ~ k~v × wk ~ k~v × wk ~ Damit haben wir gefunden: 5.6. BERECHNUNG VON ABSTÄNDEN UND SCHNITTWINKELN 49 5.6.4 Satz. Der Abstand zweier nicht-paralleler Geraden G1 = p~ + IR~v und G2 = q~ + IRw ~ voneinander ist gegeben durch: |h~ p − ~q, ~v × wi| ~ k~v × wk ~ d(G1 , G2 ) = Beispiele. a) Gegeben seien die Geraden 2 −1 −3 −2 G1 = −1 + IR 1 , G2 = 1 + IR 5 5 8 6 −1 20 und der Punkt p~0 = −10 . 25 Dann wird d(~ p 0 , G 2 )2 20 −3 20 −3 −2 −2 −2 2 = k −10 − 1 k − −10 − 1 , 5 5 25 6 25 6 −1 −1 23 23 −2 2 −2 −2 14400 2 = 531 = k −11 k − −11 , 5 5 = 1011 − 30 19 19 −1 −1 Es folgt d(~ p0 , G2 ) = 23.0434. Ferner finden wir: −1 −2 −41 1 × 5 = −17 , 8 −1 −3 Es folgt −1 −2 2 1 × 5 = 1979 8 −1 2 −3 −1 −2 −1 − 1 , 1 × 5 5 6 8 −1 √ d(G1 , G2 ) = 1979 5 −41 −2 , −17 −1 −3 168 √ = =√ = 3.7764 1979 1979 50 KAPITEL 5. VEKTORRECHNUNG Schnittwinkel zwischen Gerade und Ebene Angenommen, E sei eine Ebene und G eine Gerade, die E trifft. Wir definieren als den Schnittwinkel αG,E zwischen G und E den Winkel, den G mit der Projektion GE = pE (G) bildet. Zu seiner Berechnung nehmen wir an, E sei in Hessescher Normalform gegeben: E := {~x | h~x, ~ni = c}, und ~v sei der Richtungsvektor von G. Dann hat GE die Richtung ~v − h~v , ~ni~n. Daher erfüllt der Winkel αG,E die Gleichung 2 cos αG,E = 2 k~v k − h~v , ~ni h~v , ~v − h~v , ~ni~ni = = k~v kk~v − h~v , ~ni~nk k~v kk~v − h~v , ~ni~nk q k~v k2 − h~v , ~ni2 k~v k = v u u t1 − h~v , ~ni2 k~v k2 3 0 ~ := ~ := Ein Beispiel hierzu: Sei G die Gerade durch A −1 und B −2 und E die 2 1 1 0 −3 ~ ~ := ~ := Ebene durch C := 0 und Q −4 , D 5 . Dann wird 2 1 0 ~ + IR~v , E = C ~ + IR~v1 + IR~v2 , G=A −3 −1 −4 mit ~v = −1 , ~v1 = 4 , ~v2 := 9 . Es folgt, dass −1 −1 −2 1 1 1 ~v1 × ~v2 = 2 , also ~n = √ 2 . 3 6 7 7 √ Wir finden also: h~v , ~ni = −4/ 6 und cos αG,E = bedeutet, dass αG,E = 29◦ 290 . r 1− h~v ,~ ni2 k~v k2 = q 1− (16/6) 11 = q 25 33 = 0.8703. Das