5. IR-optische Messungen an defektfreien Kristallen Im folgenden werden Untersuchungen dargestellt, die mit einer Reihe von infrarot-optischen Meßaufbauten (vgl. Abschn. 4.2) durchgeführt wurden. Die Verwendung verschiedener Aufbauten ist aufgrund der unterschiedlichen Problemstellungen nötig. So ist bei der Untersuchung des Transmissionsverhaltens in Abhängigkeit vom Wellenvektor ~k, der Polarisation σ und des Füllkoeffizienten für den Grad der Porösität r/a ein sehr großer spektraler Abtastbereich von ca. 10 µm bis herab zu 2 µm Wellenlänge wünschenswert. Da man mit der hier vorgestellten Probenherstellungsmethode relativ große Probenquerschnittsflächen (0,1-0,2 mm2 ) für Transmissionsmessungen nutzbar machen kann, bieten sich Fourier-Transform Methoden (z. B. FT-Spektrometer mit thermischer Quelle) an. Bei den Untersuchungen an den in die Kristalle integrierten Wellenleiterstrukturen schlugen FTMethoden (FT-Spektrometer mit thermischer oder Synchrotronquelle) fehl, da mit diesen kein gezieltes Ankoppeln an diese Strukturen erreicht werden kann. Es wurde innerhalb der Photonischen Bandlücke kein Signal gefunden, das man den theoretisch vorhergesagten Wellenleitermoden zuordnen hätte können. Aus diesem Grund wurde ein Differenzfrequenz(DFG)-Lasersystem, das zwischen 3 µm und 5 µm durchstimmbar war, herangezogen. Mit diesem konnte man ein intensives Strahlenbündel auf die Eintrittsfläche von Wellenleiterstrukturen abbilden, deren Modenstrukturen innerhalb der Photonischen Bandlücken damit erstmals im infrarot-optischen Spektralbereich zugänglich gemacht werden konnten. Messungen hierzu werden im Abschnitt 5.2 und im Kapitel 6 vorgestellt. Das DFG-System emittiert Pulse mit einer kurzen Pulslänge im Bereich von wenigen Pikosekunden. Aufgrund der Fourierbedingung ∆ν ·∆t ≥ 1 folgt aus der Pulsdauer eine spektrale Pulsbreite um 150 nm. Deshalb konnten die von den Mikrokavitäten erwarteten, schmalen Resonanzen (geschätzte Breite um 10 nm) hiermit prinzipiell nicht vermessen werden1 . Als drittes System fand deshalb ein Optisch-Parametrischer-Oszillator (OPO) Anwendung, der im Dauerstrichbetrieb lief, eine sehr schmale Linienbreite von unter 5 MHz sowohl in der Signal- als auch in der Idlerwelle besaß und im Spektralbereich um die Bandlücke sehr gut fokussierbares Infrarotlicht bei Ausgangsleistungen um 100 mW lieferte. Dieses OPO System ist eine Neuentwicklung der Universität Konstanz und 1 Da man sich im optisch linearen Regime befindet, kann man im Prinzip die Auflösung in einem der durchstrahlten Probe nachgeschalteten Monochromator weiter erhöhen. Dies stellte sich jedoch aufgrund verschwindend geringer Signalintensität im Falle der Mikrokavitäten als wenig aussichtsreich dar. 50 KAPITEL 5. IR-OPTISCHE MESSUNGEN AN DEFEKTFREIEN KRISTALLEN wurde kürzlich unter dem Begriff ,,Optischer Synthesizer” in der Literatur bekannt [77, 78]. Die OPO-Messungen werden im Kapitel 7 dargestellt. Analog zu Halbleitern wird vereinfachend und im Einklang mit der Verwendung in der Literatur nachfolgend der Begriff ,,Leitungsband” (,,Valenzband”) verwendet, wenn das sogenannte Luft-Band (dielektrische Band) gemeint ist. Bei Messungen wird die Wellenzahlen- bzw. Wellenlängenskala in cm−1 bzw. µm angegeben. Um einen Vergleich mit Transmissionsrechnungen anstellen zu können, wird meist deren natürliche Einheit, die dimensionslose Frequenz ω ∗ = ωa/2πc verwendet. Zur Umrechnung zwischen den verschiedenen Einheiten dient die Tabelle im Anhang B. 5.1. 5.1.1. Fourier-Transform IR Untersuchungen Transmissionsmessungen T(~k, σ, r/a) Wir beziehen uns im weiteren auf den in Abb. 3.7 dargestellen Kristall und betrachten Licht, das diesen Kristall senkrecht zur Ausrichtung der Porenachsen durchdringt. Das elektromagnetische Vektorfeld entkoppelt, wie bereits in Abschn. 2.3.2 erklärt, in diesem Spezialfall in die beiden Po~ k ẑ) und H (H ~ k ẑ). Für beide Polarisationsrichtungen existieren, unabhängig von larisationen E (E der Ausbreitungsrichtung in der Ebene der Gitterperiodizität, Bandlücken, welche sich in den entsprechenden Rechnungen zur photonischen Zustandsdichte widerspiegeln (vgl. Abb. 2.10(rechts)). Zur Abschätzung der Mittenwellenlänge λc der Bandlücke kann man diese mit der doppelten optischen Ausdehnung der Einheitszelle für die betrachtete Richtung im Gitter gleichsetzen. Bei einem bestimmten Füllkoeffizienten r/a (r: Porenradius) ist die Bandlücke somit um h r i λc = 2a 1 + n 1 − 2 (5.1) a zentriert. Dabei ist a die Gitterkonstante des Photonischen Kristalls und n der Brechungsindex des Dielektrikums, aus dem er aufgebaut ist. Gl. 5.1 berücksichtigt dabei lediglich den optischen Abstand zwischen zwei Gitterpunkten entlang Γ − K-Richtung und ordnet diesem λ/2 zu. Da die Bereiche zwischen zwei Kristallreihen einen höheren Anteil von Dielektrikum aufweisen, liefert diese Abschätzung lediglich eine untere Schranke für die optische Ausdehnung und damit auch der Mittenwellenlänge der Bandlücke. Da jedoch für die Lage und Breite der Bandlücke der Einfluß des Leitungsbandes (Luftbandes) den des Valenzbandes (dielektrischen Bandes) bei weitem dominiert (vgl. z. B. Abb. 5.8 bzw. Abb. 5.10) und gleichzeitig die Moden des Leitungsbandes ihre Feldmaxima in den Luftbereichen besitzen, folglich nur gering vom vorhandenen Dielektrikum beeinflußt werden, ist Gl. 5.1 eine sinnvolle Abschätzung. Der beispielhafte Vergleich einer Transmissionsrechnung, die auf der Methode der Entwicklung nach ebenen Wellen beruht (vgl. Abschn. 2.5.2), mit einer Transmissionsmessung in Abb. 5.1 zeigt, daß die theoretisch vorhergesagte Lage der Bandlücke, die sich hier naturgemäß in Form fehlender 5.1. FOURIER-TRANSFORM IR UNTERSUCHUNGEN 51 6 5 4 3 0,4 FT-IR Messung 0,4 0,3 0,3 Rechnung 0,2 vollständige Bandlücke Transmissionsintensität (willk. Einh.) Wellenlänge (µm) 0,1 0,2 0,1 0,0 0,0 2000 3000 Wellenzahlen (cm-1) 4000 Abbildung 5.1.: Gegenüberstellung von Transmissionrechnung und FT-IR Transmissionsmessung in Γ-M Richtung für H-Polarisation. Die beiden gestrichelten Linien markieren das Frequenzintervall der vollständigen Bandlücke, in der es unabhängig von Polarisation und Richtung in der xy-Ebene keine Ausbreitung in diesem Kristall gibt. Die senkrechten Pfeile deuten auf lokale Signalüberhöhungen hin, die auf Reflexionen an den Strukturgrenzflächen zurückgeführt werden konnten. [79] Transmission ausdrückt, im Experiment sehr gut bestätigt werden kann. Absorption kann hier vernachlässigt werden, da im betrachteten Spektralbereich die Absorptionslänge 1 m ist [37] und die integrale Dicke der Siliziumschichten bei ca. 10 µm liegt. Angegeben ist auch der Bereich der vollständigen Bandlücke, der sich durch die Überlagerung der polarisations- und richtungsabhängigen Messungen ergibt. Die gezeigte Messung wurde mittels Fourier-Transform-Infrarotspektroskopie durchgeführt. Das ermittelte Verhältnis der Transmissionsintensität zwischen den transparenten Bereichen und der Bandlücke selbst liegt mit knapp 3 Größenordnungen bei der Nachweisgrenze dieser Meßmethode. Die Probe hatte in Durchstrahlrichtung die Länge von 11 Einheitszellen (Kristallreihen), was auch in der Rechnung berücksichtigt wurde. Durch die herstellungsbedingt gitterartige Oberfläche der porösen Seitenwand ergibt sich eine leicht frequenzabhängige Einkopplung, die sich in einem Amplitudenunterschied zwischen Rechnung und Messung auf beiden Seiten der Bandlücke ausdrückt, da diese Frequenzabhängigkeit in der Rechnung nicht berücksichtigt ist. Die Bandlücke wird sehr gut reproduziert. Besonders hervorzuheben ist, daß es durch den großen Brechungsindexkontrast an den Ein-/Auskoppelflächen zu Teilreflektionen kommt, die zu Fabry-Perot-artigen Resonanzen (vgl. Abschn. 2.7) führen. Diese verursachen eine leichte Welligkeit der Kurven mit auf den ersten Blick 52 KAPITEL 5. IR-OPTISCHE MESSUNGEN AN DEFEKTFREIEN KRISTALLEN Transmissionsintensität (willk. Einh.) äquidistanten Wellenbergen, welche sowohl in der Rechnung als auch in der Messung im Bereich um die Bandkanten auffällig sind. Diese werden im Abschnitt 5.1.5 näher untersucht. In Abbil- Wellenlänge λ (µm) 1 6 5 4 3 6 5 4 3 Messung Rechnung 10-1 10-1 10-2 H-pol. 10-3 10-4 1 1 10-2 Γ-M Γ-K 10-1 10-1 E-pol. 10-2 10-2 2000 3000 4000 2000 3000 4000 10-3 Wellenzahlen (cm-1) Abbildung 5.2.: Gegenüberstellung von Transmissionrechnung (gestrichelt) und FT-IR Transmissionsmessung auf logarithmischer Skala für beide Vorzugsrichtungen im Reziproken Gitter, Γ − M und Γ − K , und für beide Lichtpolarisationen, H und E. Die Struktur besaß einen Füllfaktor r/a = 0, 46 bei einer Gitterkonstante von a = 1, 5 µm und einer Dicke von 13 (Γ − M ) bzw. 11 (Γ − K ) Kristallreihen. Die Mitte der vollständigen Bandlücke liegt bei λc = 3, 22 µm. Ihre relativen Breite ist ∆λ/λc = 12, 9%. Innerhalb der Bandlücke ist die Signalintensität um bis zu drei Größenordnungen reduziert. dung 5.2 sind, in logarithmischer Darstellung, Transmissionsmessungen für beide Kristallrichtungen und beide Polarisationen mit entsprechenden Rechnungen verglichen. Die Mitte der vollständigen Bandlücke liegt bei 3,22 µm Wellenlänge. Die Positionen der Bandkanten in Rechnungen und Messungen decken sich sehr gut. Der Unterschied in Signalintensität von hochgradig transparenten Bereichen und undurchlässigen Bereichen (Signaldynamik) ist bei der verwendeten Fourier-Methode durch Rauschprobleme auf etwa drei Größenordnungen beschränkt [35]. Deshalb kann die von der Rechnung für elf Kristallreihen vorhergesagte Signaldynamik von mindestens acht Größenordnungen mit diesem Spektrometer prinzipiell nicht erreicht werden. 5.1. FOURIER-TRANSFORM IR UNTERSUCHUNGEN 53 An den niedrigen Untergrundsignalen innerhalb der Bandlücken sind zwei Dinge besonders auffällig: 1. Die Signalintensität direkt an den Bandkanten liegt deutlich niedriger als durchschnittlich innerhalb der Bandlücke. 2. Die Intensität des Untergrundsignals steigt zu kleinen Wellenlängen hin an. Dies kann man so interpretieren, daß Streuung an leichten Abweichungen der tatsächlichen Porenform von der idealen Zylinderform (Durchmesserschwankungen während des Porenwachstums) eine, wenn auch stark untergeordnete, Rolle spielt. Für Wellen, deren Frequenzen innerhalb der Bandlücke liegen, und die beim Eindringen in das Porengitter aus dessen Periodizitätsebene etwas herausgestreut werden, erscheint das Gitter transparenter, so daß sie sich mit geringeren Verlusten durch die dünnen aber hohen Strukturen ausbreiten können. Ein Teil dieser out-of-plane Anteile wird von der Optik des Fourier-Spektrometers eingesammelt und erreicht den Detektor, trägt also somit zu einem Untergrundanteil innerhalb der Bandlücke bei. Direkt an den Bandkanten treten diese Streuanteile nicht so deutlich auf, da der Brechungsindex aufgrund der verringerten Phasengeschwindigkeit hier effektiv überhöht ist. Für Frequenzen an den Bandkanten ist das System folglich unempfindlicher gegen diese out-of-plane Streuanteile. 5.1.2. Einfluß von dünnen Siliziumdioxidschichten Insbesondere im Fall von Transmissionsmessungen unter E-Polarisation zeigte sich, daß Proben einige Monate nach ihrer Herstellung ein deutlich besseres Signal lieferten, als frisch hergestellte. Das Signal war in der Gesamtintensität um ca. einen Faktor 2 größer, während kurzwellig der Bandlücke die Signalverbesserung fast eine Größenordnung betrug und gleichzeitig die Rauschamplitude sich etwas verringerte. Dies ließ den Schluß zu, daß sich das gebildete natürliche Oxid (typischer Weise 1,5-2,0 nm) sehr positiv auf die Messung von im Frequenzraum ausgewogenen Spektren auswirkt, und zwar weniger für die Moden des Valenzbandes, welche im wesentlichen im Dielektrikum verlaufen, als für die Moden des Leitungsbandes, die Ihre Feldstärkeknoten überwiegend im Dielektrikum haben. Es wurde eine Reihe von Oxiddicken untersucht und festgestellt, daß sich bis zu einer Dicke von ca. 10 nm eine deutliche Signalverbesserung einstellt. Um den Einfluß der Siliziumdioxidschicht, welche in den Rechnungen bislang nicht berücksichtigt wird, mit ihrem relativ zu Silizium deutlich geringeren Brechungsindex (vgl. Tab. 2.5), so klein als möglich zu halten, wurde bei den Charakterisierungen entweder mit natürlicher Oxidbedeckung meist aber mit 10 nm thermischem Oxid gearbeitet. In Abb. 5.3 sind Messungen an einer für 2h 10’ bei 800 ◦ C an Luft getemperten (entspricht 10 nm SiO2 , lt. [71]) Probe mit einer, bis auf das fehlende Oxid, nahezu baugleichen Probe gezeigt. Das Fehlen des kurzwelligen Teils des Spektrums und das gleichzeitige Auftreten des starken Rauschens legen den Schluß nahe, daß bei E-Polarisation dominante Streueffekte in Erscheinung treten, die das Licht geradezu diffus aus der Periodizitätsebene herausstreuen. Als mögliche Ursache können KAPITEL 5. IR-OPTISCHE MESSUNGEN AN DEFEKTFREIEN KRISTALLEN 1,00 H-Pol., Γ-M 10 nm SiO2 0,75 ohne SiO2 (x3) 0,50 0,25 0,00 1000 2000 3000 Wellenzahlen 4000 (cm-1) 5000 6000 Transmissionsintensität (willk. Einh.) Transmissionsintensität (willk. Einh.) 54 1,00 E-pol., Γ-K 0,75 mit 10 nm SiO2 0,50 ohne SiO2 (x10) 0,25 0,00 1000 2000 3000 4000 Wellenzahlen (cm-1) 5000 6000 Abbildung 5.3.: Gegenüberstellungen von Transmissionsmessungen für H- (links) und E-polarisiertes Licht (rechts) an einer frisch hergestellten, d. h. oxidfreien, Probe und einer baugleichen, deren Oberflächen mit einem 10 nm dicken thermischen Oxid bedeckt waren. Die Dynamik der Si-O-Absorptionsbanden bei 1075 cm−1 (sog. Einteilchenmode der Si-O-Si Streckschwindung [33]) und 1200 cm−1 kann man als Kennzeichen für die integrale Oxiddicke in Durchstrahlrichtung verwenden. Abbildung 5.4.: Abschirmströme an der Oberfläche eines Makroporenkristalls [35]. Oberflächenrauhigkeiten angenommen werden, die sich im Fall von E-Polarisation viel deutlicher bemerkbar machen als für H-Polarisation. Dies könnte auf Abschirmströme zurückzuführen sein, die im Falle von E-Pol. entlang der Porenoberflächen in axialer Richtung fließen und dadurch die Oberflächenbeschaffenheit zu spüren bekommen [35]. Durch Aufoxidation der Oberfläche wird sowohl ein Glättungseffekt herbeigeführt, als auch den Abschirmströmen eine elektronisch viel bessere Grenzfläche angeboten. Gleichzeitig ist durch die Oxidation ein leichter Glättungseffekt, und damit eine Verringerung von Streueffekten zu erwarten. Diese Interpretation deckt sich mit dem Verlauf der Spektren in Abb. 5.3. Für H-Polarisation sind nur für Frequenzen oberhalb der Bandlücke deutliche Signalverbesserungen gefunden worden. Es ist deshalb anzunehmen, daß das SiO2 nicht der Funktion der Brechungsindexanpassung zwischen Luft und Silizum dient. Zudem müßte hierfür die Oxiddicke gegen λ/(4nSiO2 ) gehen, beträgt aber nur ca. 1% dieses Wertes, so daß diese Wirkung unwahrscheinlich ist. 5.1. FOURIER-TRANSFORM IR UNTERSUCHUNGEN 55 Um dies zu überprüfen, kann man mittels der Fresnelschen Formeln [34] die Reflektivität einer Silizium-Oberfläche RSi mit der einer mit einer dünnen SiO2 -Schicht bedeckten Silizium-Oberfläche ROxid−Si vergleichen. Wir betrachten also zuerst den senkrechten Durchtritt durch die Grenzfläche Luft/Si und vergleichen diesen mit dem senkrechten Durchtritt durch die beiden Grenzflächen Luft/SiO2 und SiO2 /Si: RSi = ROxid−Si = (nLuft − nSi )2 = 0, 300888157 , nLuft = 1, nSi = 3, 43 , (nLuft + nSi )2 n2SiO2 (nLuft − nSi )2 cos2 (k0 h) + (nLuft nSi − nSiO2 )2 sin2 (k0 h) n2SiO2 (nLuft + nSi )2 cos2 (k0 h) + (nLuft nSi + nSiO2 )2 sin2 (k0 h) = 0, 300883261 (5.2) = (5.3) (5.4) Dabei wird die Phasenverschiebung beim Durchlaufen der dünnen SiO2 -Schicht durch k0 h := 2k0 nSiO2 d cos θ, k0 = 2π/λ0 bestimmt. Die weiteren Parameter sind: nSiO2 = 1,4, λ0 = 5,0 µm, d = 10 nm und θ = 0 (Zwischenwinkel zwischen Einfallwinkel und Oberflächennormale) [34]. Die Absenkung der Reflektivität der Si-Schicht durch die aufgebrachte, dünne SiO2 -Schicht liegt bei ca. 4, 90 × 10−6 , so daß erst bei einer Gesamtzahl von ca. 618 durchstrahlten Kristallreihen das Transmissionssignal um 1% ansteigt, wenn die Struktur mit 10 nm SiO2 bedeckt ist. Bei den in dieser Arbeit untersuchten Strukturen liegt die Zahl der Kristallreihen bei ca. 10–30, so daß die Hypothese, die drastische Signalverbesserung in Abb. 5.3 basiere auf Indexanpassung, hiermit widerlegt ist. 5.1.3. Bestimmung der Bandkanten im Experiment Frequenz (103cm-1) 3 3,8 dB 1,8 dB 2 3,8 dB 2,3 dB 1 H-Pol. 0 Γ K M Wellenvektor k Γ Abbildung 5.5.: Bestimmung der Lage der Bandkante durch den Vergleich einer Bandstrukturrechnung und einer zugehörigen Transmissionsrechnung. Die Bandkante wird hiermit als diejenige Frequenz definiert, bei der das Transmissionssignal sich im Mittel um 3 dB gegenüber dem Signal an den Bandkanten abgesenkt hat. Für die Auswertung der spektralen Lage der Photonischen Bandkanten in einer Transmissionsmessung soll nun eine empirische Methode aufgezeigt werden (Abb. 5.5). Es wird dazu eine zweidimen- 56 KAPITEL 5. IR-OPTISCHE MESSUNGEN AN DEFEKTFREIEN KRISTALLEN sionale Bandstrukturrechnung mit der zugehörigen Transmissionsmessung überlagert und verglichen. Daraus ersieht man, daß die Bandkanten im Mittel bei einem Signal liegen, das um 3 dB im Vergleich zum Signal am Maximum der zugehörigen Transmissionsbande reduziert ist. Demzufolge wird dieser 3 dB-Punkt für die Auswertung der nachfolgenden Transmissionsspektren verwendet. 5.1.4. Erstellung einer Gap map Aufgrund der offensichtlich starken Veränderung der Zustandsbänder bei Erhöhung der Porösität der Strukturen in Abb. 5.6 soll in den folgenden Abschnitten der Einfluß des Füllkoeffizienten auf die Spektren Photonischer Kristalle systematisch untersucht werden. Spektroskopiert man für die vier Kombinationen der beiden Polarisationen und der beiden Kristallrichtungen die Verschiebung der Transmissionsbänder, so kann man eine Art Karte erstellen, in der die Bandlücken, für H- und E-Moden separat, über dem Füllkoeffizienten r/a aufgetragen sind. Diese Bandlücken erscheinen dann als geschlossene Flächen. Der Überlapp der Flächen für beide Moden ergibt die vollständigen Bandlücken. Eine Auftragung dieser Art nennt man gewöhnlich gap map [42, 80]. r/a= 0,424 0,36 0,472 6 4 0,6 0,4 2 0,2 0,0 0 1 2 Wellenvektor (ka) 3 0,0 0,5 1,0 Transmission (w. E.) 0 1 2 Wellenvektor (ka) 3 0,0 0,5 1,0 Transmission (w. E.) 0 1 2 3 Wellenvektor (ka) 0,0 0,4 Transmission (w. E.) Abbildung 5.6.: Verschiebung der Bänder einer Photonischen Bandstruktur (Γ − K, H-Polarisation) bei Veränderung des Füllkoeffizienten r/a. Für die Erstellung einer gap map basierend auf experimentellen Daten wurde für beide Kristallrichtungen, Γ − M und Γ − K, eine Reihe von Proben mit äquidistanten r/a-Werten von 0, 36 bis 0, 49 0 0,8 Wellenzahlen (1000 cm-1) Frequenz (ωa/2πc) 0,8 5.1. FOURIER-TRANSFORM IR UNTERSUCHUNGEN r/a 0,36 0,368 0,376 0,384 0,392 0,40 0,408 0,416 0,424 0,432 0,44 0,448 0,456 0,464 0,472 0,48 0,488 57 H kgap,low H kgap,high E kgap,low E kgap,low 1398 1444 1518 1556 1558 1645 1602 1599 1674 1704 1727 1773 1830 1846 2045 2215 2227 2158 2260 2374 2509 2592 2643 2710 2746 2846 2909 3011 3082 3116 3185 3219 3343 3321 2328 2349 2404 2420 2494 2562 2702 2626 2829 2818 2841 2355 2378 2476 2549 2589 2699 3088 3282 3357 3491 3321 Tabelle 5.1.: Wellenzahlen der Bandkanten für H- und E-Polarisation bei einer Gitterkonstante a = 1, 58 µm in cm−1 . hergestellt2 . Die Probenoberflächen waren mit ca. 10 nm dickem SiO2 überzogen, um ein möglichst gleichmäßiges Signal im betrachteten Spektralbereich zu bekommen (vgl. Abschn. 5.1.2). In Abb. 5.7 ist die gap map eines zweidimensionalen Photonischen Kristalls aus makroporösem Silizium dargestellt, wobei die linke Ordinate in Einheiten von dimensionslosen Frequenzen ωa/(2πc) skaliert, die je nach tatsächlicher Gitterkonstante a in dimensionsbehaftete Frequenzen umgerechnet werden können. Dies wurde auf der rechten Ordinate für a = 1,58 µm durchgeführt, um die entsprechenden Frequenzen der Struktur aus Abb. 3.7 bzw. Abb. 5.16 anzugeben. Für Füllkoeffizienten von r/a < 0, 45 decken sich die berechneten und gemessenen Werte für die Bandkanten beider Polarisationen. Bei größeren r/a-Werten liegt die Valenzbandkante für HModen im Experiment etwas tiefer, gleichzeitig die Leitungsbandkante für E-Moden etwas höher als erwartet. Im letzteren Fall liegt die Ursache darin, daß die Leitungsbandkante für Γ − K aufgrund des nahezu im Rauschen untergehenden Signals nicht mehr eindeutig bestimmt werden konnte, so daß die Leitungsbandkante für die Γ − M -Richtung den angegebenen Meßwert dominierte. Für H-Moden findet sich für alle dargestellten r/a-Werte eine relativ große Bandlücke, deren Mittenfrequenz sich erwartungsgemäß mit steigendem r/a nahezu gleichmäßig zu höheren Frequenzen verschiebt. Bei ca. r/a = 0, 43 wechselt die Krümmung der oberen Bandkante ihr Vorzeichen, der Verlauf verflacht zunehmend. Im Gegensatz dazu nimmt die Steigung der unteren Bandkante bei 2 Füllkoeffizienten ab 0,5 führen dazu, daß die Zwischenwände benachbarter Poren durchbrochen werden, so daß man nicht mehr Luftzylinder in Silizium sondern isolierte Nadeln aus Silizium mit dreieckigem Querschnitt mit nach innen gewölbten Begrenzungen erhält. Solche Proben konnten mit der in Abb. 4.1 geschilderten Methode aufgrund fehlender mechanischer Stabilität nicht mehr für optische Untersuchungen präpariert werden. 58 KAPITEL 5. IR-OPTISCHE MESSUNGEN AN DEFEKTFREIEN KRISTALLEN theor. Maximum 0,3 0,2 Rechnung 0,4 Messung 0,5 H-Moden E-Moden 3 2 Wellenzahlen (103 cm-1) Frequenz ωa/2πc 0,6 4 0,36 0,38 0,40 0,42 0,44 0,46 0,48 0,50 Füllkoeffizient r/a Abbildung 5.7.: Gap map des betrachteten Photonischen Kristalls aus makroporösem Silizium. Die Energieachse ist sowohl in der in der Bandstrukturrechnung üblichen dimensionslosen Frequenz ω ∗ (links) als auch in Wellenzahlen angegeben. Die Kreuze sind Meßwerte, die Linien entsprechen den Vorhersagen aus den Bandstrukturrechnungen. Die schraffierten Bereiche stellen die Bandlücken dar. Die vertikale, gestrichelte Linie markiert denjenigen r/a-Wert, bei dem die Theorie die größte, vollständige Bandlücke voraussagt. Diese liegt bei r/a = 0, 478 und wurde experimentell zu r/a = 0, 48 bestimmt. Die experimentell (theoretisch) evalu∗ ∗ ierte dimensionslose Mittenfrequenz dieser Bandlücke ist ωexp = 0, 4863 (ωtheor = 0, 4867) (entspricht bei a = 1, 58 µm einer Wellenlänge von λ = 3, 25 µm) bei einer relativen Breite von ∆ω ∗ /ω ∗ = 17% [79]. Diese Bandlücke erstreckt sich von λ = 2, 99 µm bis λ = 3, 55 µm. r/a ≈ 0, 47 drastisch zu, so daß die Bandlücke von H-Moden bei r/a = 0, 5 schon fast kollabiert ist. Für E-Moden wurde auch in höheren Bändern eine Bandlücke bei dimensionslosen Frequenzen um r/a = 0, 4 und 0, 38 ≤ r/a ≤ 0, 42 gefunden. Die niedrigste Bandlücke erscheint bei r/a = 0, 4. Sie verbreitert sich gleichmäßig bei steigendem r/a und verschiebt sich ebenfalls zu höheren Frequenzen. Der Füllkoeffizient, der zu einer größtmöglichen vollständigen Bandlücke führt, ist durch den Schnittpunkt der beiden oberen Bandkanten für H- und E-Moden definiert. Er wurde experimentell zu r/a = 0, 48 bestimmt. Die Bandstrukturrechnungen sagen einen Wert von r/a = 0, 478 voraus. Die in Abb. 5.7 gezeigten Theoriekurven wurden durch Bandstrukturrechnungen nach der im Theorieteil dieser Arbeit (vgl. Abschn. 2.5.1) vorgestellten Ebene-Wellen-Methode ermittelt. Die ermittelten Werte der Bandkanten sind in Tabelle 5.1 zusammengefaßt. Trägt man Spektren unterschiedlicher Füllkoeffizienten gleichzeitig gegen r/a auf, so ergeben sich Darstellungen, aus denen sich bei gegebener Kristallrichtung und Polarisation sowohl der Verlauf des Bereiches fehlender Transmission als auch die relativen Intensitätsverhältnisse der trans- 5.1. FOURIER-TRANSFORM IR UNTERSUCHUNGEN 59 iz oeff Füllk ient r/a Intensität (willk. Einh.) mittierenden Bereiche und das Verhalten der im nächsten Abschnitt näher erläuterten Fabry-Perotartigen Resonanzen unter variierendem Füllkoeffizienten ablesen lassen. Da bei dieser Probenserie präparationsbedingt die transmittierten Probenbereiche nicht immer gleich waren, wurden die Intensitäten benachbarter Spektren so angepaßt, daß eine möglichst gleichmäßige Verteilung der Intensitäten der einzelnen Spektren erreicht wurde. Dazu wurden die Intensitäten der einzelnen Spektren im Bereich von jeweils ±15% normiert. m) len (1/c zah Wellen Abbildung 5.8.: Dreidimensionale Darstellung der Veränderung des Transmissionsverhaltens bei Variation des Füllparameters r/a. Messungen unter H-Polarisation in Γ − M-Richtung. Die Darstellung beginnt bei einer Frequenz von 1200 cm−1 , so daß die starken Si-O Absorptionsbanden im Valenzband nicht dargestellt werden. Bei Auftragung der Spektren für H-Polarisation und Γ − M-Richtung gegen r/a (Abb. 5.8) findet man ein Höhenrelief, das von zwei durchgehenden Tälern durchzogen wird. Die Bandkante des Valenzbandes beginnt in dieser Darstellung bei ca. 1300 cm−1 und verschiebt sich bei wachsendem r/a anfangs nur sehr langsam zu höheren Frequenzen. Ab r/a ≈ 0, 45 verschiebt sich diese Kante beschleunigt, während die Leitungsbandkante, welche bei ca. 2100 cm−1 beginnt, sich in etwa gegenteilig verhält. Das Tal zwischen diesen beiden Kanten wird von der ersten Bandlücke gebildet. Zwischen ca. 2200 cm−1 und 3200 cm−1 erstreckt sich ein breites Transmissionsintervall, welches selbst 60 KAPITEL 5. IR-OPTISCHE MESSUNGEN AN DEFEKTFREIEN KRISTALLEN Füllk oeff izie a nt r/ Intensität (willk. Einh.) aus zwei oder drei schmäleren Transmissionsbereichen aufgebaut ist, die sich mit Durchstimmung von r/a sowohl in ihrer Breite als auch in ihrer relativen Lage ändern. Diese Transmissionsbanden zeigen sich bei hohen r/a-Werten stark verbreitert im Vergleich zu r/a = 0, 36. Dadurch erhöht sich der Überlapp bei hohen Füllkoeffizienten, was noch dadurch verstärkt wird, daß die Maxima der Transmissionsbanden offenbar näher zusammenwandern. Die zweite Bandlücke beginnt zwischen ca. 3200 cm−1 und 3800 cm−1 . Kurzwellig grenzen Transmissionsbereiche an, die mit zunehmendem r/a schnell an Intensität verlieren. Der möglichen Ursache hierfür soll im Abschn. 5.1.6 weiter nachgegangen werden. zahlen Wellen (1/cm) Abbildung 5.9.: Dreidimensionale Darstellung der Veränderung des Transmissionsverhaltens bei Variation des Füllparameters r/a. Messungen unter H-Polarisation in Γ − K-Richtung. Betrachten wir nun die Spektren für die Kristallrichtung Γ − K, H-Polarisation (Abb. 5.9), so findet man ein ähnlich stark strukturiertes Relief, welches von der breiten Bandlücke dominiert ist, die ihre Ausläufer zwischen ca. 1500 cm−1 und 2200 cm−1 hat. Am linken Rand des Plots befindet sich wiederum das Valenzband. Rechts der Bandlücke grenzt ein Transmissionsbereich an, welcher weniger deutlich strukturiert erscheint, als für Γ−M. Wiederum findet man höhere Transmissionsbereiche, die bei ca. 4500 cm−1 und 5500 cm−1 beginnen. Diese sind jedoch bei Füllkoeffizienten um r/a = 0, 4 bereits verschwunden. In Abb. 5.10 sind die Spektren für E-Polarisation und Γ − M aufgetragen. Diese Spektren besitzen die charakteristische Eigenart, daß sie bei recht niedrigen Frequenzen bereits eine schmale Bandlücke 61 Füllk oeff izie a nt r/ Intensität (willk. Einh.) 5.1. FOURIER-TRANSFORM IR UNTERSUCHUNGEN zahlen Wellen (1/cm) Abbildung 5.10.: Dreidimensionale Darstellung der Veränderung des Transmissionsverhaltens bei Variation des Füllparameters r/a. Messungen unter E-Polarisation in Γ − M-Richtung. ausbilden (vgl. Abb. 2.10 und 5.2). Diese bildet sich zwischen ca. 1300 cm−1 und 1400 cm−1 aus, verschiebt sich bei Erhöhung von r/a nur geringfügig und verbreitert sich lediglich bei hohen r/aWerten merklich. Diese Bandlücke zeigt jedoch keinen Überlapp mit den Bandlücken der Konstellationen in Abb. 5.8, 5.9 und 5.11, so daß dieser hinsichtlich der vollständigen Bandlücke in der gap map Darstellung von Abb. 5.7 keinerlei Bedeutung zukommt. Dies ist anders bei der Bandlücke, die bei ca. 2200 cm−1 bis 2300 cm−1 beginnt. Diese wird zu höheren Frequenzen von einem schmalen Transmissionsbereich begrenzt, der seine Ausläufer bei 2300 cm−1 bis 2500 cm−1 hat, sich jedoch mit wachsendem r/a verliert. Die Leitungsbandkante ist nur noch in logarithmischer Darstellung eindeutig abzulesen. Daran grenzt sich eine weitere Bandlücke an. Hochfrequent von ca. 3200 cm−1 erkennt man mehrere streifenartige Bereiche, die sich wie unscheinbare Transmissionskämme durch das Relief ziehen. Wechseln wir nochmals die Kristallrichtung zu Γ − K, so erkennt man die Bandlücke, die bei ca. 1600 cm−1 bis 2000 cm−1 ihre Ausläufer hat. Die höhreren Transmissionsbereiche sind nur für kleine r/a-Werte noch klar zu erkennen. Bei hohen Porösitäten und hohen Frequenzen geht die Transmission dieser Struktur gegen Null, obwohl in der Bandstruktur Moden vorhanden sind. Hierin bestätigt sich, daß makroporöses Silizium, das in der hier untersuchten Form aus Bereichen verbundener Dielektrika besteht, insbesondere für Licht in H-Polarisation ,,optisch leitend” ist, während KAPITEL 5. IR-OPTISCHE MESSUNGEN AN DEFEKTFREIEN KRISTALLEN Füllk oeff izie a nt r/ Intensität (willk. Einh.) 62 zahlen Wellen (1/cm) Abbildung 5.11.: Dreidimensionale Darstellung der Veränderung des Transmissionsverhaltens bei Variation des Füllparameters r/a. Messungen unter E-Polarisation in Γ − K-Richtung. die E-polarisierten Moden insbesondere im Falle hoher Frequenzen, sehr effektiv unterdrückt werden, d. h. der Kristall wird ,,optisch nichtleitend” trotz vorhandener Zustandsbänder. Dies ist eine Eigenschaft, die bei Photonischen Kristallen verschiedenster Bauformen, welche aus mechanisch miteinander verbundenen ,,Photonischen Atomen” aufgebaut sind, beobachtet wurde [10]. 5.1.5. Auswertung der Fabry-Perot-Resonanzen Wie bereits in Abschnitt 5.1.1 angedeutet, sind an den Bandkanten, vor allem bei Messung in HPolarisation, leichte Signalüberhöhungen zu erkennen, die auf den ersten Blick äquidistant zu sein scheinen. Für das Zustandekommen solcher resonanten Überhöhungen ist eine sehr hohe Qualität der Photonischen Kristalle erforderlich. Aus diesem Grund wurden solche Strukturen bislang in der Literatur erst einmal an 2D Kristallen beobachtet [81]. Die gleichzeitige Verschiebung der Fabry-Perot-artigen Resonanzen und der Transmissionsbanden beim Durchfahren des Füllkoeffizienten läßt den Schluß zu, daß für die Interpretation des Verlaufes der transmittierenden Bereiche das Bild von Bloch-Wellen gültig ist. Demnach treten die überlagerten Resonanzen nur deshalb in Erscheinung, weil eine kleine, diskrete Anzahl von Einheitszellen 11 ≤ N ≤ 13 durchleuchtet wird. Nach dem Bild von Bloch-Wellen in einem periodischen Potential 5.1. FOURIER-TRANSFORM IR UNTERSUCHUNGEN 63 verschiebt sich die Phase von Bloch-Wellen um ka von Einheitszelle zu Einheitszelle. Um bei einer Transmissionsmessung an N Einheitszellen eine Resonanz zu sehen, muß bei einem Umlauf die Phase der Wellen sich um ein ganzzahliges Vielfaches von 2π verschieben. Sei m ∈ N + 0 , so gilt also 2N ka = 2mπ (5.5) Wenn man also ein einzelnes Band durchfährt, findet man aufeinanderfolgende Transmissionsmaxima, die den Wellenvektorwerten k0 = 0, k1 = π π π π , k2 = 2 , . . . , kN −1 = (N − 1) , kN = Na Na Na a (5.6) zugeordnet werden können. Die zugehörigen Frequenzen ergeben sich aus νm = a/λm = ω(km ) a , 2πc (5.7) wobei c die Lichtgeschwindigkeit ist. Nach dem letzten Transmissionsmaximum gilt k = π/a, womit das Band vollständig durchgefahren ist und sich entweder ein neues Band oder eine Bandlücke angrenzt. Diese Betrachtung gilt für die Γ − K-Richtung. In Γ − M -Richtung muß anstatt π/a der 2π Faktor √ a berücksichtigt werden. 3 48 52 65 74 77 78 83 81 (cm-1) Meßkurve, Untergrund abgezogen Lorentz-Fits Summe über Lorentz-Fits 3400 3600 Wellenzahlen (cm-1) 3800 Abbildung 5.12.: Signalüberhöhungen im Bereich um eine Leitungsbandkante bei einer Transmissionsmessung in H-Polarisation und Γ − M-Richtung (vgl. Abb. 5.1), nach Separation des Untergrundsignals. Der Abstand der Signalüberhöhungen verringert sich von ∆k = 81 cm−1 (∆λ = 0, 058 µm) im Leitungsband zu ∆k = 48 cm−1 (∆λ = 0, 042 µm) dicht an der Leitungsbandkante. An die Leitungsbandkante für H-Pol. und Γ − M -Richtung (vgl. Abb. 5.1) wurde im Bereich zwischen 3320 cm−1 und 3920 cm−1 ein Polynom dritter Ordnung angefittet und dieses vom Signal abgezogen, um die Fabry-Perot-Resonanzen vom schrägen Untergrund der Bandkante zu separieren. Anschließend wurde der Nullpunkt der Abszisse in das absolute Minimum der erhaltenen Wellenlinie gelegt. An diese ließ sich nun eine Vielfach-Lorentzfunktion anfitten (vgl. Abb. 5.12). An der 64 KAPITEL 5. IR-OPTISCHE MESSUNGEN AN DEFEKTFREIEN KRISTALLEN spektralen Position der Maxima dieser Vielfachfunktion kann man sehr zuverlässig die Resonanzfrequenzen ablesen, bei denen die Signalüberhöhungen tatsächlich liegen. Die daraus bestimmten Modenabstände verschieben sich von 0,058 µm (im Leitungsband) bis hin zu 0,042 µm (dicht an der Bandkante des Leitungsbandes). Der Frequenzunterschied benachbarter Signalüberhöhungen ist gleich dem lokalen Modenabstand ∆ν der Fabry-Perot-Resonanzen. Folglich hängt der Frequenzunterschied sowohl von der Anzahl der Kristallreihen der durchstrahlten Schicht als auch vom Dispersionsverhalten ab. Um den Frequenzunterschied quantitativ zu erfassen, greifen wir Gl. 2.64 erneut auf und definieren nd als Resonatorlänge L: ∆ν = c c = . 2nd 2L (5.8) Dabei ist c die Vakuumlichtgeschwindigkeit. Um eine einfache Abschätzung für ∆ω zu machen denke man sich bei einer Struktur des Füllkoeffizienten r/a entlang Γ − M-Richtung eine Linie, die mittig durch N Porenachsen im Abstand der Gitterkonstante a läuft. Die optische Ausdehnung L der Struktur entlang dieser Linie kann analog Gl. 5.1 bestimmt werden und der Modenabstand ∆ω in 0,01 cm−1 ergibt sich aus ∆ω = ∆ν 1 = . c 2N a(1 + n − 2nr/a) (5.9) Für den Brechungsindex von Silizium gilt bei 4 µm Wellenlänge: n=3,43 [37]. Die Zahl der Kristall- 2 2,2 0,7 2,4 2,6 2,8 3 0,6 0,5 0,4 0,2 0,0 0 Γ Wellenlänge λ (µm) Frequenz (ωa/2πc) 0,8 Bandlücke des MCT-Detektors 1 2 Wellenvektor k 3 10-3 10-2 1x10-1 M Transmissionsint. (w. E.) Abbildung 5.13.: Signalüberhöhungen für Γ − M-Richtung, H-Polarisation im Leitungsband (rechts) im Vergleich zur zugehörigen photonischen Bandstruktur (links). Projeziert man die FP-Resonanzmaxima auf die Bandstruktur, so findet man Zustände, deren k-Werte äquidistant sind. ebenen in Γ−M -Richtung liegt bei dem hier untersuchten Kristall bei N = 23. Für ein Füllverhältnis 5.1. FOURIER-TRANSFORM IR UNTERSUCHUNGEN 65 von r/a = 0, 46 und a = 1, 58 µm ergibt sich entlang der oben angedachten Linie ein Modenabstand benachbarter FP-Resonanzen von ∆ω = 108 cm−1 . Wenn man die Lage der Linie durch Parallelverschiebung leicht variiert, ergibt sich eine größere optische Ausdehnung, und damit ein geringerer Modenabstand, so daß der in Gl. 5.9 ermittelte Wert als obere Schranke für den Modenabstand dieser Struktur bei gegebenem Füllkoeffizienten r/a gelten kann. In etwaiger Übereinstimmung damit traten in der Messung Modenabstände bis zu 81 cm−1 auf. In Abb. 5.13 ist eine Transmissionsmessung, bei der die FP-Resonanzen besonders deutlich zu sehen sind, in den Vergleich zur Bandstrukturrechnung derselben Struktur gesetzt. Wenn man die Mittenfrequenzen der FP-Resonanzen im Bereich der Bandkante auf das zugehörige Zustandsband in der Bandstrukturrechnung projiziert, die dadurch ausgewählten Zustände markiert und die Beträge deren Wellenvektoren ermittelt, so findet man diese äquidistant vor. Diese Darstellung belegt den unmittelbaren Zusammenhang zwischen den in der Messung ermittelten Transmissionsbanden und den von der Theorie bereitgestellten Zustandsbändern. Gleichzeitig erkennt man den Einfluß der geometrisch bedingten Dispersion des Kristalls auf die Moden der aufgetretenen FP-Resonanzen. Aufgrund dieser Erkenntnis soll im nachfolgenden Abschnitt eine tiefergehende Identifizierung der Transmissionsbanden durch Vergleich mit den Bandstrukturrechnungen zu verschiedenen Füllkoeffizienten r/a gemacht werden. Die vorangegangene Interpretation des Modenabstandes im Sinne linearer Dispersion ist, wie man an den Bandstrukturdarstellungen unmittelbar sehen kann, nur mit großer Vorsicht zu gebrauchen. Für im Frequenzraum lokale Betrachtungen ist es aus Gründen der Anschaulichkeit sinnvoll und meist quantitativ aussagekräftig und vertretbar, diese lineare Näherung zu verwenden. 5.1.6. Identifizierung der Transmissionsbanden Um den Ursprung der verschiedenen Transmissionsbanden in den Relief-Plots von Abschn. 5.1.4 zu beleuchten, werden im folgenden drei Transmissionsmessungen für H-Polarisation und Γ − MRichtung mit den Füllkoeffizienten a = 0,36, 0,424 und 0,472 ausgewählt und mit den zugehörigen Bandstrukturrechnungen verglichen. In Abb. 5.14 läßt sich ein klarer Zusammenhang zwischen den dominanten Transmissionsbereichen und Zustandsbändern der Bandstrukturrechnung erkennen. Die Bandlücken aus Rechnung und Messung stimmen sehr genau überein. Die Messungen enden bei ca. 700 cm−1 , da hier die elektronische Bandlücke des verwendeten MCT-Detektors liegt. Die Si-OAbsorptionsbanden um 1000 − 1200 cm−1 sind deutlich zu erkennen, ebenso die FP-Überhöhungen. In Abb. 5.15 sind die Bandlücken und Transmissionsbanden der Abb. 5.8 im Vergleich zu Bandstrukturrechnungen zweier verschiedener r/a-Werte farbig kodiert. Auf diese Weise kann man den Zusammenhang zwischen Transmissionsbanden und Bändern in der Bandstruktur unmittelbar erkennen. Anzumerken ist, daß die Bänder hochfrequent von 4000 cm−1 mit zunehmendem Füllkoeffizienten in ihrer Intensität nachlassen und etwas oberhalb r/a = 0, 41 nicht mehr in Erscheinung treten. Dieses Verhalten wurde bislang nicht beobachtet. Zwar gibt es unter bestimmten 66 KAPITEL 5. IR-OPTISCHE MESSUNGEN AN DEFEKTFREIEN KRISTALLEN r/a= 0,369 0,45 0,428 0,464 0,48 0,472 0,496 1,2 7 0,8 5 2 0,6 3 0,4 Wellenzahlen (1000 cm-1) 4 6 1 8 10 8 0,2 0,0 Wellenlänge (µm) Frequenz (ωa/2πc) 1,0 0 1 2 3 0 1 2 3 0 1 2 3 0 1 2 3 0 1 2 3 0 1 2 3 0 1 2 3 Wellenvektor (ka) Abbildung 5.14.: Vergleich von Transmissionsmessungen und zugehörigen Bandstrukturen für Kristalle mit r/a = 0,36, 0,424, 0,472. Gleiche Bänder sind in derselben Farbe dargestellt. Konstellationen Bänder, an die aus Symmetriegründen nicht gekoppelt werden kann, dies wurde jedoch bislang nicht in Abhängigkeit vom Füllkoeffizient betrachtet. 5.1.7. Diskussion Die in dieser Arbeit, aufgrund der hohen Perfektion der hergestellten Strukturen, diskutierten FabryPerot-artigen Resonanzen in Transmissionsmessungen an 2D Photonischen Kristallen konnten insbesondere unter folgenden Bedingungen gefunden werden: • Transmissionsmessung in H-Polarisation • Strukturen mit Siliziumdioxid-bedeckten Oberflächen Da das Auftreten dieser Resonanzen den Schluß zuläßt, daß die Lichtausbreitung innerhalb des resonatorartigen Gebildes mit sehr geringen Verlusten erfolgt, folgt daraus, daß Photonische Kristalle dieser Bauart aufgrund Ihrer relativ geringen Streuverluste Anwendungspotential z. B. in Filterelementen haben. Es wurden vergleichende Transmissionsmessungen an der Infrarot-beamline ,,LURE” des SIRLOIN-Synchrotrons in Orly/Paris angestellt. Durch die Verwendung der Infrarotstrahlung aus einem Wiggler des Elektronen-Synchrotrons erhält man eine hochgradig brilliante und breitbandige Strahlungsquelle für spektroskopische Untersuchungen, wobei die spektrale Auflösung wiederum durch ein FT-Spektrometer erzielt wird. Diese Vergleichsmessungen führten weder zu Verbesserungen hinsichtlich der Signalabschwächung innerhalb der Bandlücke noch zu Signalen bei Messungen oe Füllk ffizie a nt r/ Intensität (willk. Einh.) 5.1. FOURIER-TRANSFORM IR UNTERSUCHUNGEN 1111111 0000000 0000000 1111111 0000000 1111111 0000000 1111111 0000000 1111111 0000000 1111111 0000000 1111111 0000000 1111111 0000000 1111111 0000000 1111111 0000000 1111111 0000000 1111111 0000000 1111111 0000000 1111111 0000000 1111111 0000000 1111111 0000000 1111111 0000000 1111111 67 11111 00000 00000 11111 00000 11111 00000 11111 00000 11111 00000 11111 00000 11111 00000 11111 00000 11111 00000 11111 m) len (1/c zah Wellen Abbildung 5.15.: Dreidimensionale Darstellung der Veränderung des Transmissionsverhaltens bei Variation des Füllparameters r/a. Messungen unter H-Polarisation in Γ-M Richtung. Die Bereiche der Bandlücken und auch die den Bändern der Bandstruktur zuordenbaren Transmissionsbanden sind farbig hervorgehoben. an Proben mit integrierten Defektstrukturen. Deshalb erschien eine Verbesserung der gezielten Ankopplung an die Wellenleiterstrukturen z. B. durch Verwendung von durchstimmbaren Laserquellen3 als unumgänglich. 5.1.8. Ausblick Messung der Transmission ist eine naheliegende Charakterisierungsmethode. Viel aussagekräftiger sind Lebensdaueruntersuchungen an angeregten Zuständen von solchen Leuchtzentren sein, bei denen die Wellenlänge des bevorzugten, strahlenden Relaxationskanals mit der photonischen Bandlücke des 3 Um die Ankopplung zu verbessern, käme prinzipiell auch die Verwendung von Glasfasern in Betracht. Die für den hier betrachteten Spektralbereich erhältlichen Fasern, z. B. aus Al2 O3 , besitzen jedoch Faserdurchmesser, welche mit ca. 100 µm um etwa zwei Größenordnungen über dem der zu untersuchenden Wellenleiterstrukturen liegen. 68 KAPITEL 5. IR-OPTISCHE MESSUNGEN AN DEFEKTFREIEN KRISTALLEN Wirtsmaterials überlappt. In der Generation von 2D Kristallen aus makroporösem Silizium, welche derzeit vorbereitet wird, werden die Strukturen um einen Faktor 3 verkleinert. Damit wird die photonische Bandlücke ins Nahe Infrarot verschoben, wo aus einer großen Zahl interessanter organischer und anorganischer Leuchtzentren ausgewählt werden kann. Zudem wird man in der Lage sein, von den drei kommerziell interessanten ,,Telekommunikationsfenstern” die beiden langwellig gelegenen (bei 1,3 µm und 1,55 µm Wellenlänge) abzudecken. Dadurch steigt einerseits die Anwendungsrelevanz der Strukturen. Gleichzeitig wird sowohl auf Seiten der Laserquellen (hinsichtlich Durchstimmbarkeit, Auflösungsvermögen, Stabilität und Intensität) als auch auf Seiten der verfügbaren Detektoren (Empfindlichkeit) die Untersuchung erleichtert werden. Auch die Untersuchung von gekoppelten Photon-Phonon-Zuständen (Polaritonen), deren optische Frequenzen in der Bandlücke liegen, kann ins Auge gefaßt werden. 5.2. Signalabschwächung bei Transmission weniger Kristallreihen Photonische Bandstrukturrechnungen gehen gewöhnlich von unendlich ausgedehnten Kristallen aus. Im Gegensatz dazu interessiert man sich für möglichst kompakte Strukturen, wenn es um den Aufbau integrierter Wellenleiterstrukturen geht. Hier ist z. B. experimentell bislang nicht überprüft worden, wie dicht man Wellenleiterstrukturen setzen darf, so daß deren Moden sich gegenseitig gerade nicht beeinflussen, d. h. so daß bei zwei identischen Wellenleitern in geringem Abstand kein resonantes Tunneln auftritt. Zur Beantwortung dieser Frage soll in diesem Abschnitt eine Abschätzung gemacht werden. 5.2.1. Probengeometrie Durch das in Abschnitt 3.3 vorgestellte Mikrostrukturierungsverfahren können aus einem Feld von Poren bestimmte Bereiche herauspräpariert werden, wobei die geometrische Auflösung dieser Strukturierung (Pixelgröße) durch die Fläche der Einheitszelle AEZ des zugrundeliegenden Gitters gege√ ben ist. Bei einem hexagonalen Gitter der Gitterkonstante a ist AEZ = 3/2a2 , mit a = 1, 5 µm wird AEZ ≈ 1, 95 µm2 . Diese Technik ist geeignet, um einzelne Porenreihen (Abb. 5.16) oder sogar eine einzige Reihe herauszustrukturieren (vgl. Abb. 5.17). Dadurch erhält man ein bemerkenswertes Verfahren, um Strukturen mit hohem Aspektverhältnis aus Silizium herzustellen. Es wurde eine Reihe von Proben mit diskret variierenden Anzahlen von Porenreihen für Transmissionsexperimente entlang Γ − K-Richtung des hexagonalen Gitters hergestellt, um die Dämpfung eines wenige Kristallreihen durchlaufenden Laserstrahles in Abhängigkeit von der Wellenlänge des Strahles und der Anzahl der Kristallreihen zu messen [82]. Für dieses Experiment wurden Proben mit ca. 1, 2, 3 und 4 Kristallreihen ausgewählt. Die Definition des Begriffes ,,Kristallreihe” wird aus Abb. 5.19 ersichtlich: Damit ist der Dickenbereich gemeint, der sich ergibt wenn man senkrecht zur 5.2. SIGNALABSCHWÄCHUNG BEI TRANSMISSION WENIGER KRISTALLREIHEN G K 69 M G - Abbildung 5.16.: Rasterelektronenmikroskop-Aufnahme von Kristallbereichen, die wenige Porenreihen breit sind. Diese wurden mittels Mikrostrukturierung hergestellt. Abbildung 5.17.: Kristallbereich mit der Dicke einer einzigen Kristallreihe in Transmissionrichtung Γ − K. Diese Porenreihe ist, ähnlich einem Vorhang, zwischen zwei größeren Bereichen aus makroporösem Material aufgespannt. Die Höhe bzw. Länge des ,,Vorhangs” betragen 100 µm bzw. 120 µm. Die Dicke der Siliziumwände, aus denen die einzelnen Poren bestehen, liegt im Bereich von etwa 250 nm. Diese Struktur bleibt selbst dann noch mechanisch stabil, wenn man die Wanddicke auf deutlich unter 100 nm verringert. Durchstrahlrichtung eine einzelne Porenreihe ,,herausschneidet”. Unabhängig von der Orientierung im hexagonalen Gitter (Γ − M oder Γ − K) haben die Kristallreihen zwar unterschiedliches Aussehen aber dieselbe Ausdehnung in Transmissionsrichtung. Da herstellungsbedingt die Anzahl der Kristallreihen über die Ausdehnung des Laserspots von typisch 20 µm nicht vollkommen konstant war, wurde ein gewichteter Mittelwert für die Zahl der Po- 70 KAPITEL 5. IR-OPTISCHE MESSUNGEN AN DEFEKTFREIEN KRISTALLEN renlagen bestimmt. Dabei wurde erstens die sich aus dieser Messung ergebende Information über die Signalabschwächung pro Porenreihe für die Gewichtung des Signalbeitrags an Probenstellen mit einer hinzukommenden oder einer wegfallenden Porenreihe herangezogen. Zweitens wurde das Gaußsche Intensitätsprofil des Laserstrahls berücksichtigt. 5.2.2. Messung der Signalabschwächung Für Messungen an Proben einer Dicke von mehreren Kristallreihen mußte bereits mit hohen Dämpfungswerten für Frequenzen innerhalb der Bandlücke und damit mit verschwindend kleinen Signalintensitäten gerechnet werden. Da die Kristallreihen mit konstanter Anzahl von Porenreihen nur auf einer Länge von ca. 120 µm vorlagen, war die Verwendung eines Laserstrahles, der mittig auf einem kleinen Bereich der Porenwand ausgerichtet werden konnte, sehr vorteilhaft. Die Füllparameter r/a der Proben wurde so eingestellt, daß deren Bandlücke für H-Polarisation zu einem möglichst großen Teil vom Durchstimmbereich des DFG-Lasers abgedeckt wurde. Die Bandlücke erstreckte sich etwa von 3,1-5,5 µm. 3,1 µm 5,5 µm Photonische Bandlücke 1 Transmissionsintensität Anzahl Kristallreihen 10-1 Rechnung (Messung) 1 ( 0,89 ± 0,04) 2 ( 1,8 ± 0,1) 3 ( 2,9 ± 0,1) 4 ( 4,2 ± 0,2) 10-2 10-3 10-4 3,2 3,4 3,6 3,8 4,0 Wellenlänge (µm) Abbildung 5.18.: Gemessene und errechnete Transmissionsintensität als Funktion der Wellenlänge innerhalb der H-Pol. Bandlücke eines Kristalls mit einer Dicke von wenigen Kristallreihen. Die gestrichelten Linien stellen das für 1, 2, 3 und 4 Kristallreihen errechnete Transmissionssignal dar. Die Punkte repräsentieren den Signalverlauf für unterschiedliche Anzahlen von Kristallreihen im Experiment: 0, 89 ± 0, 04(), 1, 8 ± 0, 1(•), 2, 9 ± 0, 1(N) und 4, 2 ± 0, 2(H)[82]. Die in Abb. 5.18 dargestellten Rechnungen wurden nach der Methode von Sakoda (vgl. Abschn. 2.5.2) durchgeführt. Diese Methode stellt eine Erweiterung der Bandstrukturrechnungen nach der Ebene-Wellen-Methode dar und ermöglicht es, das Transmissionsverhalten dünner Probenbereiche zu berechnen. Um die spektrale Breite des Meßpulses von ca. 150 nm zu berücksichtigen, 5.2. SIGNALABSCHWÄCHUNG BEI TRANSMISSION WENIGER KRISTALLREIHEN 71 wurden die gerechneten Spektren mit der entsprechenden Fensterfunktion gefaltet. Die nicht perfekt konstante Dicke der im Experiment untersuchten Probenbereiche wurden dadurch in der Rechnung berücksichtigt, daß über Spektren mit geringfügig variierender Anzahl an Kristallreihen gemittelt wurde. Die Übereinstimmung von Transmissionsrechnung und -messung ist durchwegs gut. Hinsichtlich der Lage der kurzwelligen Bandkante zeigt sich eine Abweichung, die darauf zurückgeführt werden kann, daß der Füllkoeffizient der gemessenen Struktur r/a nur bis auf eine Unsicherheit von ±0, 005 bestimmt werden konnte. Die langwellige Bandkante liegt rechts außerhalb des Spektrums. Im Bereich um 3,8 µm Wellenlänge wurde die größte Signalabschwächung von ca. 10 dB/Kristallreihe gemessen. Diskussion Transmissionsintensität 5.2.3. λ = 3,5 µm λ = 3,2 µm 0,1 Kristallreihe Γ-K 0,01 1E-3 1E-4 0 1 2 3 4 Anzahl Kristallreihen Abbildung 5.19.: Auftragung der Signalabschwächung innerhalb der Bandlücke gegen die Anzahl der Kristallreihen eines Photonischen Kristalls. Die eingezeichnete Gerade ist an die vier Meßwerte nach dem least square Verfahren angefittet. Aus der Steigung der Gerade kann man eine Signaldämpfung in der Größe von 10 dB/Kristallreihe entnehmen. Schematisch ist die Geometrie einer einzelnen Kristallreihe für Transmission entlang Γ − K-Richtung eingezeichnet. In der Mitte der Bandlücke schwächt sich das transmittierte Signal pro Kristallreihe um etwa 10 dB, d. h. um eine Größenordnung, ab. Die Signalabschwächung um einen konstanten Faktor pro Kristallreihe ist typisch für ein evaneszentes, d. h. exponentiell abklingendes Feld. Bei nur vier Kristallreihen wurde eine maximale Signalunterdrückung von 40 dB in der Mitte der Photonischen Bandlücke ge- 72 KAPITEL 5. IR-OPTISCHE MESSUNGEN AN DEFEKTFREIEN KRISTALLEN messen (vgl. Abb. 5.18 und Abb. 5.19). Damit läßt sich ein Koeffizient αP BG definieren, welcher die mittlere Signalunterdrückung für Frequenzen in der Mitte der Photonischen Bandlücke angibt: I(l) = I0 e−α P BG l . αP BG = 1, 54 × 104 cm−1 = ˆ 2, 3/a. (5.10) (5.11) Der Dämpfungskoeffizient kann somit unabhängig von der genauen Wahl der Gitterkonstante a ange−1 geben werden. Für a = 1, 5 µm gilt, daß nach Durchlaufen der Distanz αP BG = 0, 65 × 10−4 cm die Intensität im Mittel um den Faktor 1/e abgefallen ist. Durch die Mittelungsschreibweise wird die Tatsache berücksichtigt, daß Photonische Kristalle auf einer Skala von a keine homogenen Medien sind. Durch die endliche Ausdehnung der untersuchten Kristalle und dem damit einhergehenden Verlust der Translationssymmetrie geht die unmittelbare und uneingeschränkte Anwendbarkeit der Konzepte der Brillouin-Zone und Bandlücke verloren. Jedoch zeigen die Untersuchungen in Abb. 5.18, daß die grundlegenden Eigenschaften des unendlich ausgedehnten Kristalls erhalten bleiben. Dieses Experiment bestätigt, daß selbst kleine Volumina bzw. wenige Kristallreihen Photonischer Kristalle praktisch nutzbare Eigenschaften entfalten. Übertragen auf die Fragestellung zu Beginn des Abschn. 5.2 kann man zunächst feststellen, daß diejenigen Frequenzen die einer einmodigen Ausbreitung entsprechen, zentral in eine Bandlücke gelegt werden können. Dies wurde beispielsweise in der FD-TD-Rechnung in Abb. 6.4 für eine bestimmte Wellenleitergeometrie vorausbestimmt und in der Messung in Abb. 6.5 bestätigt. Da die Lichtwellen in zwei nebeneinander laufenden Wellenleitern nicht direkt miteinander wechselwirken können, und wir hier den Fall ausschließen, daß sie dies durch nicht-lineare Effekte tun, können wir als grobe Abschätzung angeben, daß bei zwei parallel verlaufenden, baugleichen und 20 µm (∅ des Laserspots) langen Wellenleiterabschnitten, die durch vier Kristallreihen voneinander getrennt sind, eine Signaltrennung von ca. 30 − 40 dB erwartet werden kann.