Inhaltsverzeichnis Die rich ge Entscheidung treīen 4 Wer wird ampu ert? 5 Der Heilungsprozess 6 Die medizinische Versorgung 6 Die orthopädietechnische Versorgung 7 Psychologische Begleitung 8 So hab’ ich das noch nie gesehen… 9 Trauer 10 Phantomschmerz und -gefühl 11 Bewegung beginnt im Kopf 12 Mein Hilfsm el und ich 13 Die Prothese 14 Ich fühle mich unvollständig. Bin ich noch schön? 15 Liebe und Sexualität 16 Alterna ven denken und leben 17 Wie gehe ich mit meiner Umwelt um? 18 Klären Sie ihr Umfeld auf 19 Kontaktadressen 19 2 Liebe Patient/Innen, eine AmputaƟon stellt in jedem Fall eine Herausforderung im täglichen Leben dar. Für die Zeit vor und nach einer AmputaƟon bietet diese Broschüre InformaƟonen und Tipps zur BewälƟgung der neuen LebenssituaƟon. Sie vermŝƩelt einen Einblick in die grundlegenden medizinischen Voraussetzungen der Behandlung. In gesonderten Kapiteln werden außerdem die psychischen und sozialen Aspekte, die sich aus einer AmputaƟon ergeben können, dargestellt. Eine AmputaƟon ist ein komplexer und folgenreicher Eingriī. Bei Bedarf werden Fachleute aus verschiedenen Disziplinen hinzugezogen: Es sind dies Orthopäden, Orthopädietechniker, Psychologen und Sozialarbeiter, Ergotherapeuten und Physiotherapeuten, eventuell weitere Spezialisten. Unsere Broschüre soll als erste OrienƟĞƌƵng dienen. Sicherlich werden Sie Fragen haben, die sich aus Ihrer ganz persönlichen Krankengeschichte und LebenssituaƟon ergeben. Deshalb Įnden Sie hier Hinweise auf Ansprechpartner/Innen vor Ort, die ergänzende Unterstützung bereit halten. Gute Besserung wünscht Ihnen die IGAP ! <ŽŶƚĂŬƚƵŶĚ/ŶĨŽƌŵĂƟŽŶ͗ǁǁǁ͘ŝŐĂƉ͘Žƌ͘Ăƚ 3 Die richtige Entscheidung treffen Wenn man in der Situation steht, sich für oder gegen eine Amputation entscheiden zu müssen, so lauten die ersten Fragen oft: „Bin ich überhaupt beim richtigen Arzt?“. „Vielleicht kann ein anderer das Bein ja doch erhalten?!“. Und: „Vielleicht gibt es bereits nächste Woche eine neue Therapie?!“. Es ist wichtig, als Patient kritisch und selbstbestimmt zu bleiben. Deshalb sollten Sie sich über alle relevanten medizinischen Umstände gut informieren lassen. Suchen Sie das Gespräch mit dem Arzt und dem Pflegepersonal. Nur auf diese Weise ist es möglich, Ihr anfänglich sicher vorhandenes Gefühl der Verunsicherung (das sehr wichtig sein kann, wenn Sie wirklich beim falschen Arzt sind) zu beseitigen. Fürchten Sie nicht, „unnötige Fragen“ zu stellen! Die Beschäftigung mit dem Thema Amputation hilft Ihnen, Vertrauen in die Richtigkeit ihrer Entscheidung zu fassen. Abhängig von den Gründen für eine Amputation verlaufen die psychische Verarbeitung des Eingriffs und die Heilung individuell verschieden. Sprechen Sie mit anderen Patienten über verschiedene Sichtweisen. Die Frage „Ist die Amputation wirklich notwendig?“ stellt sich jedem Betroffenen. 4 Wer wird amputiert? Jeder Chirurg setzt sich intensiv mit dieser Frage auseinander, bevor er zu solch einer drastischen Maßnahme rät. Er ist jedoch dazu verpflichtet, Leben zu retten, selbst wenn dies bedeutet, ein Körperteil zu opfern. Abhängig vom Krankheitsbild werden Amputationsart und –höhe vor dem Eingriff mit dem Patienten besprochen. Bei einer NotOperation ist dies nicht möglich. In Österreich werden primär Patienten amputiert, die an einer Gefäßerkrankung leiden (oft gepaart mit Diabetes), Unfallpatienten, Patienten mit Tumorerkrankungen und Patienten, die an einer angeborenen Fehlbildung von Gliedmaßen leiden. In vielen anderen Ländern sind Kriegsverletzungen die Ursache einer Amputation. Kriegsverletzte Patienten verspüren neben der Trauer über den Verlust oft auch ein Glücksgefühl. Sie sind froh, überhaupt noch am Leben zu sein. Patienten mit einer schweren Erkrankung können sich mit Ihrer Situation auseinandersetzen und an der Entscheidung zur Operation aktiv teilhaben. Eine durch Unfall verursachte Amputation trifft den Patienten unvorbereitet. Sie bringt unter Umständen die Frage nach Selbst- oder Fremdverschulden und damit weitere emotionale Belastungen mit sich. 5 Der Heilungsprozess Der Verlust einer Extremität betrifft den Menschen in vieler Hinsicht – körperlich, seelisch und sozial. Der Heilungsprozess verläuft deshalb auf mehreren Ebenen. Auf medizinischer Ebene stehen die Operation und nachoperative Wundversorgung an erster Stelle. Anschließend folgt die Versorgung des Patienten mittels moderner orthopädischer Hilfsmittel, wie Prothesen, Rollstühlen etc.. Die medizinische Versorgung Nach einer Amputation ist eine gute Wundheilung die wichtigste Voraussetzung für einen optimalen Sitz der Prothese. Deshalb wird dem Stumpf nach der Operation Zeit zur Heilung gegeben, um eine stabile Grundlage für die Prothese darzustellen. In der Regel dauert die stationäre Nachbehandlung zwischen 2 und 5 Wochen. Während dieser Zeit wird auf den Erhalt der Beweglichkeit der verbleibenden Gliedmaßen besonders geachtet. Bei Amputationen unterhalb des Knies muss das Gelenk oft gestreckt werden, um eine Verkürzung der Sehne zu verhindern. Eine Sehnenverkürzung kann dazu führen, dass das Gelenk später nicht mehr bewegt werden kann und steif bleibt. Bereits in der Klinik wird Ihnen deshalb eine entsprechende Gymnastik gezeigt, die Sie zu Hause fortführen können. Meist schließt an den Klinikaufenthalt eine Weiterbehandlung in einer Rehab- Einrichtung an. Auch hier arbeiten Sie mit Physiotherapeuten, Ergotherapeuten und weiteren Fachleuten am Erhalt und an einer Verbesserung Ihrer Beweglichkeit. 6 Die orthopädietechnische Versorgung Der Stumpf muss vor der Prothesenanpassung so schlank wie möglich gemacht werden, um Druckstellen oder das Verlieren der Prothese durch einen schlechten Sitz zu vermeiden. Dies wird durch das Anlegen einer Bandage erreicht. Das richtige Bandagieren zeigt Ihnen in der Klinik der für Sie zuständige Orthopäde oder Orthopädietechniker. Während Ihres stationären Aufenthaltes erhalten Sie einen ersten Kontakt zu verschiedenen ortsansässigen Orthopädiemechanikern. Wenn Sie nach Fertigstellung und Anpassung der Prothese noch Schmerzen oder Druckstellen haben, sollten Sie dies mit Ihrem behandelnden Orthopäden oder Orthopädietechniker umgehend besprechen. Eine optimale Prothesenversorgung entsteht aus einer engen Zusammenarbeit zwischen Ihnen, Ihrem behandelnden Arzt und Ihrem Orthopädietechniker. Zunächst im Abstand von ca. drei Monaten erfolgen Kontrolluntersuchungen in den sogenannten Stumpf- und Prothesenambulanzen der Krankenhäuser. Sie benötigen hierfür meist einen Termin. In Wien bietet eine Ordination auch außerhalb des regulären Krankenhausbetriebs eine ambulante Prothesensprechstunde an. 7 Psychologische Begleitung Jegliche Entscheidung und vor allem die Entscheidungsfähigkeit wird von Emotionen wesentlich mit bestimmt. Entscheidungen über den Verlauf der Heilung vom Verlust einer Gliedmaße bis zur Wiederherstellung mittels Prothese werden nicht nur vom Verstand gelenkt, sondern auch vom Gefühl. Dieses wiederum kann den Verstand, ohne dass Sie dies bewusst wahrnehmen, stark beeinflussen. Im Hinblick auf den Verlauf der Genesung ist dies von großer Bedeutung. Sie können deshalb vor und nach einer Amputation psychologische Beratung in Anspruch nehmen. Einzelheiten der Operation, mögliche Ängste und Sorgen werden hier besprochen. Die für Sie zuständigen Fachleute nehmen von sich aus den Kontakt zu Ihnen auf. Sie selbst können ebenfalls einen oder mehrere Gesprächstermine vereinbaren. Natürlich steht es Ihnen frei, auf dieses Angebot auch zu verzichten. Viele Fragen, Ängste und Sorgen erfahren im Gespräch jedoch eine leichtere Lösung. Nutzen Sie diese Chance! Eine psychologische Begleitung ist kein Eingeständnis einer psychischen Erkrankung. Sie ist eine professionelle Hilfestellung auf dem Weg zurück in Ihr normales Leben. 8 So hab’ ich das noch nie gesehen… Manchmal hilŌ es, in schwierigen Lebenslagen Rat bei einem Dritten einzuholen. Ihre Verwandten und Bekannten sind von der AmputaƟon und den daraus sich ergebenden Veränderungen mittelbar selbst betroīen. Unter Umständen sind sie auch überfordert. Eine ausführliche Beratung vor und nach der AmputaƟon hilŌ dabei, realisƟsche Erwartungen zu entwickeln. Sie ist deshalb wichƟger Bestandteil eines erfolgreichen Heilungsprozesses. Scheuen Sie nicht davor zurück, einen vertrauenswürdigen Gesprächspartner aufzusuchen, um mit all den widerstrebenden Gefühlen und Überlegungen, die eine AmputaƟon begleiten, zurecht zu kommen. Bin ich noch schön? Werde ich künŌig für mich sorgen können? Muss ich meine Gewohnheiten umstellen? Diese und andere wichƟge Fragen können und sollten Sie frühzeiƟŐ besprechen. Nach der OP wird deshalb in jedem Fall eine klinischpsychologische Begleitung empfohlen. Rückschläge und Erfolge in der Behandlung und RehabilitaƟon, Phantomgefühl und –schmerz, der Umgang mit HilfsmŝƩeln etc. können hier besprochen werden. Nach Abschluss des staƟonären Aufenthaltes kann die Beratung in privaten OrdinaƟonen bei Bedarf fortgeführt werden (privat oder gegen Kostenübernahme durch Krankenkassen). Sprechen Sie den Psychologen in Ihrer Klinik gezielt darauf an. Er kann Ihnen Anlaufadressen nennen. 9 Trauer Eine Amputation bedeutet Veränderung: Verlust einer Gliedmaße, Verlust des gewohnten Körperbildes, der gewohnten Bewegungsabläufe etc.. Mit diesem Verlust ist meist ein Gefühl der Trauer verbunden. Der Prozess der Trauer beginnt mit der Frage „Ist eine Amputation wirklich notwendig?“. Er wird erst abgeschlossen sein, wenn Sie diese Frage eindeutig mit „Ja“ beantworten. Trauer ist keine Krankheit. „Trauer ist der Prozess der Anpassung an die Verluste unseres Lebens.“ (Viorst, 1986) Bei chronisch kranken Patienten stehen nach der Amputation körperlich-technische Fragen des Alltags oft im Vordergrund. Patienten, die unfallbedingt amputiert werden, stellt sich zusätzlich die Frage nach Selbst- oder Fremdverschulden. Diese Frage kann von Therapiemaßnahmen ablenken und zu Aggressionen oder Depressionen führen. Die Lösung von Alltagsproblemen rückt bei diesen Patienten zunächst in den Hintergrund. Setzen Sie sich mit den Ursachen und Umständen Ihrer Amputation auseinander. Stehen Sie zu Ihrer Trauer, zu Ihren Ängsten, vielleicht auch zu Ihrer Wut. Diese Gefühle sind notwendig, wenn es gilt, Perspektiven für den neuen Lebensabschnitt zu entwickeln. In Selbsthilfegruppen hilft der Austausch mit anderen Betroffenen. 10 Phantomschmerz und -gefühl Als Phantomgefühl bezeichnet man die Empfindung, der amputierte Körperteil sei noch vorhanden. Diese Empfindung ist nicht mit Schmerzen verbunden. Sie kann den Bewegungsablauf aber negativ beeinflussen und zu Stürzen führen. Phantomgefühle werden unter Anderem mit der sogenannten Spiegeltherapie behandelt. Ziel dieser Therapie ist es, den „im Kopf vorhandenen“ Körperteil beweglich zu halten, damit er nicht als störend erlebt wird. Der Phantomschmerz ist etwas anderes. Beim Phantomschmerz wird der amputierte Körperteil schmerzhaft erlebt, und zwar in Form eines Stechens, Brennens oder krampfartigen Zusammenziehens. Diese Schmerzen können mit Hilfe von Schmerzmitteln, von Massagen, Akupunktur, Stromtherapie oder Spiegeltherapie etc. behandelt werden. Wann und warum Phantomschmerzen auftreten, ist noch nicht geklärt. Nicht jeder Patient leidet unter Phantomschmerzen. Mancher ist völlig beschwerdefrei. Derzeit gibt es eine ganze Reihe von klinischen Untersuchungen, die die Ursachen der Schmerzsymptomatik erforschen. Deren Ergebnisse sollen dazu beitragen, den Einzelfall noch gezielter zu behandeln. Sollten bei Ihnen jedoch Schmerzen auftreten, teilen Sie dies bitte Ihrem Arzt mit, damit dieser eine entsprechende Behandlung einleiten kann. Phantomschmerzen werden in der Regel im Lauf der ersten 6 Monate nach einer Amputation immer schwächer. 11 Bewegung beginnt im Kopf Eine Amputation kann sich negativ auf das Bild, das man von sich selber hat, auswirken. Dies hat zur Folge, dass Sie - ohne es zunächst bewusst zu bemerken - weniger Lust verspüren, sich zu bewegen. Die Motivation, Auto zu fahren, Sport zu treiben oder arbeiten zu gehen, kann nach langem Krankenstand schließlich ganz entfallen. Irgendwann sind Sie dann tatsächlich nicht mehr in der Lage, selbstständig aktiv zu werden – und zwar, weil Sie es sich schlicht nicht mehr vorstellen können. Nach einer Amputa on sind o sehr viel mehr sportliche Ak vitäten möglich als gemeinhin gedacht. Setzen Sie auf Ihre Leistungsfähigkeit! Beweglichkeit in allen Lebensbereichen beginnt jedoch damit, dass Sie sich etwas zutrauen! Auch wenn Sie nach einer Amputation anders aussehen- Sie müssen sich in Ihren Bedürfnissen nicht einschränken. Auch wenn manches anders geplant und angegangen werden muss- lassen Sie sich durch Mehraufwand die Freude an Vergnügungen nicht verderben. Je mehr schöne Erlebnisse Sie sammeln und je aktiver Sie sich selbst erleben, desto mehr Kraft tanken Sie! Achten Sie auf die speziell für Behinderte geeigneten Freizeitangebote von Sportvereinen etc.. So ganz nebenbei ergeben sich hier auch neue Kontakte. Eine wichtige Anlaufadresse ist der Österreichische Behindertensportverband in Wien. 12 Mein Hilfsmittel und ich Eine Rehabilitation kann aus Sicht des Patienten nie schnell genug erfolgen. Sie benötigt jedoch Geduld, um neue Bewegungsmuster sicher zu erlernen. Lange bestehende Gewohnheiten und Bewegungsmuster sind hartnäckig und können dazu führen, dass Sie sich anfangs unsicher fühlen. Sich Zeit zu nehmen ist jedoch besser als im wahrsten Sinne des Wortes etwas zu überstürzen. Wenn Sie eine Bewegung nicht mehr ausführen können, nutzen Sie Hilfsmittel. Viele Menschen sind sehr darauf bedacht, alles selbstständig und ohne Hilfe von außen zu erledigen. Das Angewiesensein auf eine Prothese oder andere Hilfsmittel kann daher anfangs als eine Art Kränkung erlebt werden. Hilfsmittel spielen bei der selbstständigen Bewältigung des Alltags eine große Rolle. Informieren Sie sich über das Angebot spezialisierter Firmen. Betrachten Sie Ihre Hilfsmittel nicht als lästiges Übel, sondern als „persönliche Diener“. Diese sind dazu da, Ihr Leben angenehmer zu gestalten. Sie ermöglichen Ihnen eine größtmögliche Unabhängigkeit von der Hilfestellung durch andere Personen, seien dies Angehörige oder professionell Assistierende. Wenn die Technik uns ins All fliegen lässt- warum sollen wir sie nicht im Alltag nutzen? Eine ganze Reihe von Firmen hält ihr Angebot samt Katalog zur Verfügung. 13 Die Prothese In vielen Rehab-Kliniken lernen Sie den rich gen Umgang mit einer Prothese. Ein gezieltes Training führt o zu einem unauīälligen Bewegungsbild. Es dauert eine Weile, bis eine Prothese op mal angepasst ist. Und Sie werden sich mit Sicherheit auch wiederholt über sie ärgern. Ähnlich verhält es sich mit anderen Hilfsm eln, sei dies der Rollstuhl, seien es Hilfsm el im Badezimmer oder zum Anziehen. Der Umgang mit Hilfsm eln will gelernt sein. Während der Rehabilita on haben Sie Gelegenheit dazu. Ärger, Wut oder En äuschung darüber, dass etwas nicht so klappt, wie man sich das wünscht, sind normal. Ihnen ist eben nicht alles egal, sondern Sie wünschen sich eine Verbesserung Ihrer Situa on. Lassen Sie sich nicht entmu en! Zeigen Sie Geduld und machen Sie weiter mit Ihrem Training. Je sicherer Sie sich bewegen, desto „unsichtbarer“ wird das Tragen einer Prothese. Geschickt gewählte Kleidung tut ein Übriges. Informieren Sie sich in regelmäßigen Abständen auch über Neuerungen auf diesem Gebiet. Nach einigen Jahren kann eine Prothese technisch veraltet sein. Verbesserungen in Handhabung und Ästhe k sind möglich. Anregungen erhalten Sie auf den regelmäßig sta indenden Messen für Behinderte bzw. Behinderten Technologien. 14 Ich fühle mich unvollständig. Bin ich noch schön? Bei großen wie auch kleinen AmputaƟonen steht nicht immer zwingend der FunkƟonsverlust im Vordergrund. Vielmehr spielen das veränderte Aussehen und die Auseinandersetzung mit dem neuen Körperbild eine wichƟge Rolle. Sie können und sollten Ihr Körperbewusstsein gezielt wieder trainieren. Ziehen Sie sich nicht aus der Pīentlichkeit zurück! Auch wenn es sich „lediglich“ um den Verlust eines Körperteils handelt, dem keine essenƟelle FunkƟonalität, wie etwa das Gehen, beigemessen wird, können Trauer und depressive VersƟmmung in gleichem Maße auŌreten wie nach einer größeren OperaƟon. Manchen PaƟĞŶten fällt es auch nach kleineren Eingriīen schwer, sich weiterhin selbstbewusst in der Öīentlichkeit zu zeigen. „Das ist doch nichts, andere haben eine Hand oder einen Arm verloren!“ Sätze wie dieser helfen zwar zunächst, Ihr Leid zu relaƟvieren. Es ist jedoch wichƟg, sich der Veränderungen und emoƟonalen Begleiterscheinungen, die sich auch aus einer kleineren AmputaƟon ergeben können, bewusst zu werden. Nehmen Sie sich und Ihre individuelle ProblemaƟk wichƟŐ͊ Auch wenn es „nur“ ein Finger ist oder eine Zehe… 15 Liebe und Sexualität Von der Geburt bis ins Erwachsenenalter sind körperliche und emoƟonale Zuwendung ein Grundbedürfnis des Menschen. Die Intimität zwischenmenschlicher Beziehungen wird über Berührung gestiftet. Selbstbild und Selbstwert des Menschen entstehen auf diese Weise. Schon der Säugling greift nach Gegenständen, nach der Hand und den Haaren der Mutter etc.. Aus späteren sexuellen Beziehungen ist der Körperkontakt nicht wegzudenken. Was tun, wenn der Körper durch eine Amputation verändert wird? Wenn das Selbstbild nicht mehr „komplett“ ausfällt und Zweifel an der eigenen Attraktivität auftauchen? Oder gewohnte Handlungsmuster nicht mehr möglich sind? Der Verlust eines Arms macht das „Händchen-Halten“ unmöglich. Mit Krücken kann man schlecht tanzen. Ein Angewiesensein auf Gehilfen konzentriert beim Spazierengehen den Blick auf den Boden, statt in die Landschaft. Ein Blick auf den Anderen kann da schnell zum Stolperstein werden. Das Erleben von Lust und Freude in einer Partnerschaft wird nach einer Amputation zunächst oft als eingeschränkt erlebt. Auch im intimen Beisammensein kann sich die eine oder andere Vorliebe als nicht mehr praktikabel erweisen. In Folge einer Amputation sind Fragen zur Sexualität ganz normal. 16 Alternativen denken und leben Für diesen wie für alle anderen Bereiche des Alltagslebens gilt: Neue Wege und Möglichkeiten entdecken und erfinden! An die Stelle von gewohnten Handlungsmustern neue Formen des Kontakts setzen! Wenn das Streicheln mit der Hand entfällt, können zärtliche Worte das Gleiche bewirken. Auch ein Fuß kann streicheln. Oder eine Nase den Körper des anderen erkunden. Sexualität entsteht im Kopf! Entwickeln Sie neue Ideen und Bilder, von sich selbst und vom Anderen. Achten Sie nur darauf, dass beide Partner mit ihren Wünschen und Möglichkeiten zu ihrem Recht kommen. Und sprechen Sie darüber, wenn der körperliche Kontakt Ängste und Unsicherheiten bereitet. Lernen Sie einander und ihre Beziehung allmählich neu kennen und lieben, auch mit verändertem Körperbild. Sexualität und Behinderung schließen einander nicht aus- gleichviel mit welchem Partner. Wenn Sie nach einer AmputaƟon Fragen zur Sexualität haben, sprechen Sie Ihren behandelnden Arzt oder Therapeuten unbedingt darauf an. Manchmal hilŌ ein kleiner Hinweis um ein vermeintlich großes Problem schnell zu beseŝƟŐen. Nicht nur für Ihre PartnerschĂŌ ist dies von Bedeutung. Insbesondere bei Eingriīen ab dem Beckenbereich hängt auch Ihre Gesundheit von dieser Oīenheit ab. Die Einbeziehung Ihres Partners in diesen Prozess ist wünschenswert und hilfreich. Achten Sie auf allseŝƟge Sympathie bei der Wahl der Beratung. 17 Wie gehe ich mit meiner Umwelt um? Und wie die Umwelt mit mir? Nach einer Amputation kann die Heimkehr eines Menschen mit einer Neuaufnahme in die Familie verglichen werden – jedoch ohne positive Reaktion. Denn der Anblick einer Behinderung löst oft Unsicherheit aus. Diese kann sich in einem betrübten und mitleidigen Blick oder in ausweichendem Verhalten äußern. Es kann also sein, dass sich Ihr Umfeld „betroffener fühlt als der Betroffene“. Dass Freunde und Familie zurückhaltend oder gar ablehnend reagieren. Ihnen selbst kommt die Aufgabe zu, sie über die Voraussetzungen und Folgen der Amputation zu informieren und Ihnen eine allmähliche Gewöhnung zu ermöglichen. Auch für Verwandte, Bekannte und Kollegen ist die Situation ungewohnt. Erst wenn ihre Mitmenschen sehen, dass Sie - trotz Amputation derselbe Mensch geblieben sind, kann sich das Verhältnis wieder normalisieren. Bemerken Sie ein verändertes, von Scheu geprägtes Verhalten Ihnen gegenüber, so sprechen Sie die Situation ruhig direkt und von sich aus an. Entscheidend für den Ausgang dieses Gesprächs sind Ihre eigenen Empfindungen. Fühlen Sie selbst sich unsicher und unwohl, so reagieren die Menschen Ihrer Umgebung ebenso. Gleiches gilt umgekehrt: Je souveräner Sie mit Ihrer Behinderung (und mit den Hilfsmitteln) umgehen, desto leichter fällt es Ihrem Umfeld. Machen Sie Ihre körperliche Veränderung nicht zu einem Tabu-Thema. Sie ist Bestandteil Ihres täglichen Lebens. 18 Klären Sie Ihr Umfeld auf Eine erfolgreiche RehabilitaƟon zeigt sich am Arbeitsplatz, in Familie und Freundeskreis vor allem im Umgang mit NichtBehinderten. Deshalb ist es wichƟg, dass Sie über Ihre jeweilige ĞĮndlichkeit sprechen, auch um deren Ursache für sich selbst konkret zu benennen. Ärger über Verzögerungen oder Rückschläge im RehabiliƚĂƟonsprozess sollte sich nicht auf Lebensbereiche übertragen, in denen er nichts verloren hat (und z.B. den Kontakt zu Kollegen, zu Familie oder Freunden beeinträchƟgen). Klären Sie Ihr Umfeld auf, worüber Sie sich gerade ärgern – das sƟŌet Vertrauen und Verständnis. Und es hilŌ Ihnen, den Blick auf die eigene SituĂƟon zu schärfen. weiterführende Adressen: Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz Stubenring 1, 1010 Wien, Bürgertelefon 0800 2016 11 detaillierte InformaƟon über Ansprüche von Behinderten Österreichische Krebshilfe Wolfengasse 4, 1010 Wien, Telefon 01 796 64 50, [email protected] Wiener Krebshilfe Theresiengasse 46, 1180 Wien Telefon 01 - 402 19 22, [email protected] Österreichischer Behindertensportverband BrigiƩenauer Lände 42, 1200 Wien, Telefon 01 33 261 34 oĸ[email protected] Selbsthilfegruppe für AmpuƟerte 1190 Wien, Telefon 0676 676 62 62, www.pele.or.at 19 Wir danken unseren Unterstützern: Impressum: Herausgeber: AuŇage: Layout: Druck IGAP- Int. GesellschĂŌ für Aspekte psychischer Belastung im Rahmen chirurgischer Eingriīe, c/o Dr. Georg Fraberger, OƩakringer Straße 20/5, 1170 Wien, www.igap.or.at 2000. Januar 2011 arƩank graĮkdesign Druck- und Medienhaus Bürger, Reinhartsdorfgasse 23, 2320 Schwechat 20 Int. GesellschaŌ für Aspekte psychischer Belastung im Rahmen chirurgischer Eingriīe