12 17 9/85 1 0 173/83-01 SG Tll.m\ Stuttgart, den - Oberlandesgericht StuttgarLz$k, Im Namen des Volkes Urteil In Sachen ._: . - - - in- Verkiindet am: 17. Dezember 1985 Die Urkundsbeamtin der GeschXftsstelle .s&-& ._ . - . ._.. .I . -20 hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 1. Oktober 1985 unter Mitwirkung des Vors. Richters am OLG Prof. Dr. Soergel, der Richterin am OLG Birkner und des Richters am OLG Meissner für Recht erkannt: :- 1. Auf die Berufung der Beklagten zu 3) wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Ulm vom 5.12.1984 teilweise a b g e ä n d e r t . \ und wie folgt neu gefaßt: 1. Die Beklagte zu 3) wird verurteilt, an den Kläger aus dem operativen Eingriff vom 26.11. 1980 als Schmerzensgeld a) 60.000 DM zuzüglich 8 % Zinsen hieraus seit dem 30.9.1983 sowie b) auf Lebenszeit eine monatliche Rente in Höhe von 400 DM, beginnend mit dem 1.1. 1985, zu bezahlen. 2. Die Beklagte zu 3) wird verurteilt, an den Kläger 3.299,82 DM nebst 8 % Zinsen hieraus seit dem 30.9.1983 zu bezahlen. 3. Es wird festgestellt, da8 die Beklagte zu 3) verpflichtet ist, dem Kläger den ihm aus. dem Eingriff vom 26.11.1980 künftig entstehenden materiellen Schaden zu ersetzen, soweit Er-satzanspriiche nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind. 4. Im übrigen werden die Klagen abgewiesen. -3- 11. Die weitergehende Berufung wird zurtickgewiesen. ITT Ld. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen 1. im ersten Rechtszug: a) von den Gerichtskosten und den eigenen außergerichtlichen Kosten des Klägers der Kläger selbst 4/5, die Beklagte zu 3) 1/5; b) der Kläger die auSergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 11 und 2) sowie 3/7 der auBergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 3); die Beklagte zu 3) 4/7 ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten: 2. im zweiten Rechtszug: Der Kläger 1/4, die Beklagte zu 3) 3/4. IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Hiihe von 6.000 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte zu 31 vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Hnhe von 100.000 DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Wegen der Vollstreckung der auSergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und 2) verbleibt es bei der Vollstrekkungsanordnung des Landgerichts. Streitwert des Berufungsverfahrens: Beschwer der Parteien: jeweils iiber 244.000 DM 40.000 DM. -4- TATBESTAND: Der KIäger verlangt von den Beklagten wegen einer nach seiner Behauptung fehlerhaften Operation und wegen Unterlassung ordnungsgemäßer Aufklärung iiber die damit verbundenen Risiken Schadensersatz. Der am 1.7.1975 geborene Kläger litt an -. einer angebore- nen Aortenisthmusstenose hinter dem Abgang der linken arteria subclavia im Bereich der Einmündung des Ductus arteriosus Botalli (Verengung der Aorta im Brustbereich). Diese angeborene Anomalie führt zur Ausbildung eines hohen Blutdrucks und den damit allgemein verbundenen Risiken: die Lebenserwartung des Patienten ist von vornherein auf rd. 40 Jahre herabgesetzt. Die Aortenverengung kann nur operativ entfernt werden. - Aufgrund einer Empfehlung von Privatdozent Dr. Lang von der Kinderklinik der Universität Ulm zur Durchfifhrung der Operation wurde der Kläger am 24.11.1980 zur stationAren Behandlung im Department für Chirurgie der Universität Ulm aufgenommen. . -5- Nachdem bereits Privatdozent Dr. Lang mit den Eltern des Klägers über die Notwendigkeit der Operation und die damit verbundenen Risiken qesprochen hatte, fand ein weiteres Aufklärungsgespräch zwischen den Eltern des Klägers und dem Beklagten zu 1) statt. Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß die Eltern weder von Privatdozent Dr. Lang noch vom Beklagten zu 1) auf die Gefahr einer hypoxischen Rückenmarksschädiqung und einer dadurch bedingten Lähmung hingewiesen wurden. Am 26.11.1980 wurde der Kläger vom Beklagten zu 2) operiert. Als Operationsmethode wurde die indirekte Isthmus-Plastik nach Voss-Schulte gewählt. Dabei wird der verengte Adernabschnitt der Länge nach aufgeschnitten und durch Einnähen eines Plantats erweitert. Einen Tag nach der Operation verspurte der Kläger Schmerzen in beiden Beiden. In der neurologischen Abteilung der Universitätsklinik Ulm wurde eine Paraparese (Ausfall der Beinmotorik) der unteren Extremitäten als Folge einer Durchblutungsstörung im Rückenmark während der Operation festgestellt. Eine zunächst erhoffte -6- Rückbildung der Bewegungseinschränkung in beiden Beinen trat nicht ein. Der Zustand des Klägers, der ab 29.12. 1980 etwa ein halbes Jahr lang in stationärer Behandlung im Rehabilitationszentrum fiir Querschnittsgelähmte der orthopädischen Klinik der Universität Heidelberg war, verfestigte sich vielmehr zu einer vollständigen Lähmung beider Beine (motorisch, sensibel und vegetative inkomplette Paraplegie unterhalb Th 10 nach postoperativem spinalem Ischämie-Syndrom). Mit einer Besserung ist nicht zu rechnen. Der Kläger wirft dem Beklagten zu 2) einen Fehler bei Durchführung der Operation und dem Beklagten zu 11, der im Operationszeitpunkt städtischer Chefarzt war, eine Verletzung der Aufklärungspflicht vor. Er hat geltend gemacht, bei Hinweis auf die Gefahr einer RtickenmarksSchädigung hätten seine Eltern zum damaligen Zeitpunkt in die Operation nicht eingewilligt. Der Kläger hat seinen (vorläufigen) materiellen Schaden auf 8.993,18 DM beziffert und ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 250.000 DM als angemessen bezeichnet. ~ -7- Mit Urteil vom 5.12.1984 hat das Landgericht Ulm die auf Zahlung des genannten materiellen Schadens sowie eines angemessenen Schmerzensgeldes und auf Feststellung gerichtete Klage gegen die Beklagten zu 1) und 21 abgewiesen und die Beklagte zu 3) verurteilt, an den Kläger 3.299,82 DM nebst Zinsen als Ersatz für materielle Schäden sowie ein Schmerzensgeld von 70.000 DM nebst Zinsen und eine Schmerzensgeldrente in Höhe von monatlich 650 DM ab 1.1.1985 zu bezahlen. Darüber hinaus hat es die Verpflichtung der Beklagten zu 31 festgestellt, den dem Kläger künftig entstehenden materiellen Schaden zu ersetzen, soweit Ersatzansptiche nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind. Das Landgericht hat einen ärztlichen Kunstfehler bei Ausfiihrung der Operation durch den Beklagten zu 2) nicht feststellen kiinnen und die Verurteilung ausschlie8lich auf die Verletzung der arztlichen Aufklärungspflicht durch den Beklagten zu 11 gestützt. Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens im ersten Rechtszug und wegen der Begrilndung des Landgerichts wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgrnnde des Urteils (Bl. 344/413) verwiesen. _ -8- Gegen das ihr am 17.12.1984 zugestellte Urteil hat die Beklagten zu 3) am 11.1.1985 (Bl. 428) Berufung eingelegt und sie nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 2.5.1985 mit einem am 29.3.1985 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz (Bl. 440) im wesentlichen wie folgt begriindet: Zutreffend habe zwar das Landgericht einen ärztlichen Fehler bei Ausführung der Operation verneint; entgegen seiner Auffassung stehe aber dariiber hinaus auch nicht fest, da8 die Rückenmarksschädigung des Klägers Uberhaupt auf die Operation zurtickzufahren sei. Fest stehe lediglich, da8 der eingetretene Schaden auf eine mangelnde Durchblutung des Rückenmarks zurückgehe. Eine solche könne aber, unabhängig von der Operation, auf verschiedenen Ursachen beruhen. Insbesondere könne es bei einer Isthmusstenose auch ohne operativen Eingriff zu spontanen ischämischen Riickenmarksschädigungen kommen. Fehle aber ein Kausalzusammenhang zwischen Operation und Schadenseintritt, weil nicht auszuschlieben sei, da8 der Kläger denselben Schaden auch ohne Operation erlitten hätte, so könne auch ein Ursachenzu- sammenhang zwischen der vom Landgericht angenommenen - 9 - Verletzung der Ärztlichen Aufklärungspflicht und dem Schadensereignis nicht festgestellt werden. Unabhängig hiervon könne dem Beklagten zu 1) ein Verstoß gegen die Ärztliche Aufklärungspflicht nicht vorgeworfen werden. Er sei nicht verpflichtet gewesen, die Eltern des KlÄgers auf die Möglichkeit einer operationsbedingten hypoxischen Riickenmarksschädigung hinzuweisen. Die Anforderungen des Landgerichts -liefen auf eine Totalaufklärung hinaus, die nicht geschuldet sei. Zwar sei iiber typische Risiken auch bei relativ geringer Komplikationsdichte aufzuklären. Bei dem Schaden, den der Kläger erlitten habe, handele es sich aber nicht um ein typisches Risiko. Die Gefahr, da6 es bei der angewandten Operationsmethode zu einer Rfickenmarksschädigung komme, sei Vernachlässigbar gering. So sei dem Gerichtssachverständigen Prof. Dr. Kremer, der selbst ca, 100 Operationen nach dieser Methode ausgeführt habe, kein einziger Fall einer solchen Komplikation bekannt geworden. Bei Samtlichen bislang in Ulm durchgeführten Stenoseoperationen nach der Voss-Schulte-Methode sei der Kläger der erste Patient, bei dem eine solche Schädigung aufgetreten sei. Die Komplikationsdichte könne - 10 - allenfalls mit 1:lOOO gekennzeichnet werden. Unabhängig von der Komplikationsdichte könnte von einem typischen Risiko allenfalls bei Eingriffen wegen einer Aussackung der Brustaorta oder bei einer kompliziert angelegten Aortenisthmusstenose die Rede sein. Bei der Korrektur einer unkomplizierten Stenose, wie sie beim Kläger vorgelegen habe, mit Hilfe der angewandten Operationsmethode, die besonders riickenmarksschonend sei, gehöre eine ischämische Riickenmarksschädigung zu den untypischen Raritäten. Auf solche erstrecke sich die Aufklärungspflicht des Arztes nicht. Waren die Eltern des Klägers aber auf das eingetretene Risiko hingewiesen worden, hätten sie gleichwohl in die DurchfUhrung der Operation eingewilligt. Der Eingriff sei angesichts der Risiken, denen der Kläger bei einer nicht korrigierten Aortenisthmusstenose ausgesetzt gewesen sei (geringe Lebenserwartung, irreversibler Bluthochdruck mit dessen typischen Gefahren wie Hirnblutung, Lähmungen, Herzversagen), indiziert gewesen. Die Not- wendigkeit der Operation habe sich beim Kläger vor allem-daran gezeigt, daS bei ihm bereits erste Anzeichen einer vermehrten Muskelbildung der linken Herzkammer - 11 - als Folge der Uberbelastung durch den stenosebedingten Bluthochdruck vorhanden gewesen seien. Darüber hinaus bestehe auch nach allgemeiner ärztlicher Erkenntnis bei solchen Eingriffen im 4. oder 5. Lebensjahr des Patienten die beste Aussicht, den Blutdruck wieder auf Dauer zu normalisieren. Da8 die Eltern bei verständiger Abwägung der operationsbedingten Risiken mit denen, denen der Kläger ohne Operation ausgesetzt sei, zugestimmt hätten, folge auch daraus, daß sie selbst die Aufklärung iiber eine Mortalitätsrate in Höhe von 2 bis 3 % nicht in ihrem Entschluß zur Operation beeinfluSt habe. Die Eltern des Klagers seien nicht in der Lage, plausibel zu erklären, weswegen sie bei einer Aufklärung über das wesentlich geringere Risiko einer Riickenmarksschädigung die Durchführung der Operation abgelehnt hatten. Auf jeden Fall treffe die Eltern des Klägers ein erhebliches Mitverschulden. .Der Beklagte zu 1) habe nur eine allgemeine Aufklärung und einen generellen Hinweis auf Komplikationen mit erhöhtem Risiko geschuldet. Wollten die Eltern des Klägers Einzelheiten wissen, ware es an ihnen gewesen, konkrete Fragen zu stellen. - 12 - Gehe man mit dem Landgericht vom Bestehen eines Anspruchs aus, sei das zugebilligte Schmerzensgeld überhöht. Das Landgericht habe nicht berticksichtigt, daß die Operation zur Abwendung schwerwiegender Gefäß- und Hochdruckschäden erforderlich gewesen sei und daB das Verschulden des Beklagten zu 1) beim Aufklärungsgespräch in jedem Fall nur als gering eingestuft werden kortne. Die Kosten der gutachterlichen Stellungnahme des Instituts für Kunstfehlerbegutachtung in Tiibingen seien nicht zu ersetzen. Der Leiter des Instituts, Dr. Giese, sei Jurist und kein Mediziner. Der Einsatz eines Hochfrequenzgerätes sei aus' ärztlicher Sicht ebenso sinnlos wie die Hinzuziehung eines Heilpraktikers. Ebensowenig wie die dadurch entstandenen Kosten könnten die Aufwendungen fiir die Durchfflhrung einer Frischzellenkur als Teil des adäquat verursachten Schadens angesehen werden. Die Fahrtkosten der Eltern seien nicht in dem angegebenen Umfang zu ersetzen. - 13 - Die Beklagte zu 3)/Berufungsklägerin beantragt (Bl. 4411, dasUrteildes Landgerichts Ulmvan 5.12.1984 aufzuhebenund dieKlageab~isen. Der Kläger/Berufungsbeklagter stellt den Antrag (Bl. 4951, die Berufungzuriickzuweisen. Der Kläger hält die Feststellungen des Landgericht zur Aufklärungspflichtverletzung und zur Höhe der ihm zuerkannten Ansprache fiir zutreffend. Im übrigen macht er im wesentlichen geltend: Die Aufklärung durch den Beklagten zu 1) sei entgegen dem Berufungsvorbringen falsch und unvollstandig gewesen. Das Risiko einer Rtickenmarksschadigung sei generell für jeden Eingriff an der grof!en Körperschlagader im Brustraum zur Beseitigung einer Einengung des Gefäbes typisch. In jedem Fall mtisse nämlich die Ader abgeklemmt werden, was eine Unterversorgung des Rifckenmarks zur Folge haben könne, - 14 - Die Eltern des Klägers hätten bei vollständiger und richtiger Aufklärung nicht in die Operation eingewilligt. Der damals Sjährige Kläger sei vor dem Eingriff beschwerdefrei gewesen, eine dringende Notwendigkeit für die Durchführung der Operation habe nicht bestanden. Die Eltern hätten auf jeden Fall zugewartet, bis der Kläger älter geworden wäre und selbst mit an der Entscheidung hätte beteiligt werden können. MaBgeblich für ein Zuwarten wäre auch die Hoffnung auf die Entwicklung neuer risikoärmerer Operationsmethoden gewesen sowie die Erwartung, daß die Arzte auf dem in Frage stehenden Gebiet im Laufe der Zeit weitere Erfahrungen wwinnen würden. Die Eltern wären schlieBlich bemüht wWesen, in Gesprächen mit anderen kompetenten #rzten eine umfassende Basis fiir eine richtige Entscheidung zu gewinnen. Durch Unterlassen der ordnungsgernäSen Aufklärung habe der Beklagte zu 11, was sich bei der Höhe des Schmerzensgeldes auswirken miisse, den Eltern des Klagers eine solche Entscheidungsmöglichkeit bewußt genommen: denn ihm sei im Zeitpunkt des Aufklärungsgespraches auch das Risiko einer Rückenmarksschädigung bekannt gewesen. - 15 - Die Haftung der Beklagten zu 3) sei aber auch schon deshalb begründet, weil der Eingriff beim Kläger von vornherein im damaligen Zeitpunkt nicht indiziert gewesen sei. Insoweit sei bereits die Empfehlung zur Operration fehlerhaft. Der Kläger habe nur eine geringfügige Stenose aufgewiesen, wie sich schon daran gezeigt habe, daß der Umgehungs-Kreislauf nur mäBig ausgebildet gewesen sei. Darilber hinaus liege entgegen der Auffassung des Landgerichts auch ein Behandlungsfehler vor. Ein solcher sei darin zu sehen, daß die Aortenabklemmung nicht durch besondere Protektionsmaßnahmen iiberbriickt worden sei. Hierauf sei die Fehlversorgung des Riickenmarks mit Sauerstoff während der Operation zufickzuftihren, Fehlerhaft sei auch die Aortenabklemmzeit von 1 x 37 Minuten und weitern 3 Minuten gewesen. Ohne riickenmarkschützende Begleitmaßnahmen hätte eine Abklemmdauer von 30 Minuten nicht aberschritten werden diirfen. Der Hinweis der Berufung auf ein Mitverschulden der Eltern des Klägers sei abwegig. - 16 - Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 28.3.1985 (Bl. 440/471) und die weiteren Schriftsätze der Beklagten zu 3) vom 19.9. 1985 (Bl. 527/569), 24.9.1985 (Bl. 577/578), 18.11.1985 (Bl. 588/592) und 22.11.1985 (Bl. 593/596) sowie auf die Berufungserwiderung vom 15.8.1985 (Bl. 495/524) und die weiteren Schriftsstze (Bl. 57015721, 31.10.1985 des Klägers vom 24.9.1985 (Bl. 583/584), 15.11.1985 (Bl. 586/587) und vom 28.11.1985 (Bl. 5971598) verwiesen. - 17 - EU!l'SCHEIDUTYGSGRUNDE: Die frist- und formgerecht eingelegte ßerufung ist zuMssig und zur Höhe des dem Kläger zuzubilligenden Schmerzensgeldes teilweise begründet. Der Kläger kann von der Beklagten zu 3) wegen Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht durch den Beklagten zu 1) -gemäß den SS 823 Abs. 1, 847.BGB Schadensersatz und ein angemessenes Schmerzensgeld verlangen. Die auf der Grundlage der fehlerhaften Aufklärung von den Eltern des Klägers erteilte Einwilligung in die Operation ist unwirksam, der Eingriff unter diesen Umständen eine rechtswidrige Körperverletzung. Die Feststellung des Landgerichts, daß die Beklagte zu 3) für den Beklagten zu 1) als ihren verfassungsmäl3ig berufenen Vertreter nach den SS 89, 31 BGB einzustehen hat, wird von der Berufung nicht angegriffen. 1. Soweit die Berufung die Kausalität zwischen Operation und Schaden und damit auch die Kausalität zwischen Aufklärungspflichtverletzung und Schaden bestreitet, kann ihr nicht gefolgt werden, Da8 - 18 - sich vorliegend ein operationsbedingtes Risiko verwirklicht hat, ist von allen Sachverständigen und auch von den an erster und zweiter Stelle beklagten Arzten selbst nicht in Zweifel gezogen worden. Es ergibt sich auch schon daraus, daS die Lähmungserscheinungen beim Kläger unmittelbar nach dem Eingriff aufgetreten sind. Dieser nach den Umständen zwingende SchluS kann durch die bloße Mglichkeit, daS sich nach dem Gutachten des Gerichtssachverständigen Prof. Dr. Kremer - worauf sich die Beklagte stützt - bei der Isthmusstenose auch spontane ischämische Rtickenmarksschädigungen er- eignen können, nicht in Frage gestellt werden. 2. Entgegen der Ansicht der Beklagten zu 3) war der Beklagte zu 11, I verpflichtet, im Aufklärungsgespräch die Eltern des Klägers auch auf die Möglichkeit einer Querschnittslähmung hinzuweisen. Eine Rückenmarksschädigung, wie sie der Kläger hier erlitten hat, kommt bei der ausgeftihrten Operation allerdings nur äuBerst selten vor. Unstrei- - 19 - tig hat sich ein vergleichbarer Fall an der Universit%tsklinik in Ulm bislang noch nicht ereignet. Der Gerichtssachverständige hat in den zurückliegenden 20 Jahren rd. 100 Operationen nach .der hier angewanäten Methode der indirekten IsthmusPlastik nach Voss-Schulte ausgeführt und in keinem einzigen Fall die hier beim Kläger eingetretene Komplikation erlebt. Sie gehört nach dem schriftlichen Gutachten (Bl. 174) zu den -groSen Seltenheiten. Mangels ausreichenden.statistischen Materials ist es nicht möglich, die Komplikationshäufigkeit in einer gesicherten prozentualen GröSenOrdnung anzugeben. Bei der frtiher vorherrschenden Operationstechnik, bei der die Einschntirunq der Aorta (StenoseI unter Vernähung der Aortenstiimpfe entfernt worden ist (End-zu-End-Naht) beträgt die Komplikationsdichte 0,4 bis 0,5 %. Nach Schatzungen des Sachverständigen Kremer ist sie bei dem hier angewandten, von der operativen Technik her relativ einfachen Eingriff etwa mit der Hälfte anzusetzen. - 20 - Für die Frage der Aufklärungsbediirftigkeit kommt es aber nicht allein darauf an, wie häufig sich ein bestimmtes Risiko (statistisch gesehen) verwirklicht. Von entscheidendem Gewicht ist auch, ob die eingetretene Schädigung ein mit der vorgenommenen Operation typischerweise verbundenes Risiko darstellt, und ferner die Bedeutung, die es für die Einwilligungsentscheidung des Patienten haben kann (BGH NJW 1984, 1397 ff). Diese Bedeutung ist vor allem an den Auswirkungen zu messen, die der Eintritt des Operationsrisikos fUr die weitere Lebensftihrung des Patienten besitzt. Unter beiden Gesichtspunkten war hier ein Hinweis auf die Gefahr einer Rückenmarksschädigung geboten. Wegen der außergewöhnlich schweren Belastung der Lebensftihrung durch eine Querschnittslähmung kann die besondere Bedeutung eines solchen Risikos fifr die Einwilligung eines Patienten in eine Operation nicht verneint werden (BGH, aa0). Darbiber hinaus ist im Streitfall die Gefahr einer Riickenmarksschädigung, auch wenn sie selten ein- - 21 - tritt, als typisches Risiko des ausgeführten Eingriffs zu bezeichnen. Zwar hat der Gerichtssachverständige diese Frage im schriftlichen Gutachten (Bl. 1771 verneint. Dies aber erkennbar im Hin- blick darauf, daß ihm eine solche Komplikation bei Anwendung der Voss-Schulte-Technik noch nicht bekannt geworden sei. Im Rahmen der Erläuterung seines Gutachtens hat er seine Stellungnahme differenziert und - worauf es allein entscheidend ankommen kann - die Rückenmarksschädigung im Hinblick auf die Art der Operation als eine typische Komplikation bezeichnet. Danach gehören Schädigungen des RUckenmarks, auch wenn ihre Ursachen im einzelnen noch nicht wissenschaftlich geklärt sind, zu den spezifischen Gefahren eines jeden Eingriffs an der Aorta. Das ergibt sich insgesamt auch aus den bei den Akten befindlichen ärztlichen Stellungnahmen. Die Fragen nach der zulässigen (Arterien-) Abklemm- dauer, nach dem Vorhandensein eines geniigend ausgebildeten Kollateralkreislaufs, nach operativen Hilfsmaßnahmen (Links-Bypass, Shunt, 'Hypothermie) - 22 - werden nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Not- wendigkeit diskutiert, während der Operationsdauer eine ausreichende Blut- und damit Sauerstoffversorgung des Rückenmarks zu gewährleisten. Die Querschnittslähmung des Klägers beruht denn auch nach dem Gutachten Kremer auf einer Mangeldurchblutung des Rlickenmarks (hypoxische Rückenmarksschädigung). 3. Unstreitig hat der Beklagte zu 11 .der Mutter des Klägers gegenüber vor der Operation die Gefahr einer Rlickenmarksschädigung nicht erwähnt. Die Berufung bestreitet die Ursächlichkeit dieser Aufklärungspflichtverletzung u.a. auch unter dem Gesichtspunkt des sog. rechtmäßigen Alternatiwerhaltens und macht geltend, der Schaden des Klägers wäre auch bei pflichtgemä6em Verhalten des Beklagten zu 1) eingetreten, weil die Eltern des Klägers angesichts der Gefahren, denen der Kläger bei Unterbleiben der Operation ausgesetzt war, auch dann in den Eingriff eingewilligt hätten. Eine solche Feststellung vermag der Senat indessen nicht zu treffen, auch wenn gewichtige Gründe ftir die Darstellung der Beklagten zu 3) sprechen: - 23 - Die Operation war, wie sich aus dem Gutachten Kremer ergibt, zeitlich und sachlich indiziert. Im konkreten Fall ist die Operation des Klägers von Kinderkardiologen angeregt worden. Ohne Operation war der Kläger den Gefahren eines sich infolge der Aorta-Einschnürung mehr und mehr verfestigenden Bluthochdrucks ausgesetzt. Dabei kann es nach dem Sachverständigen zu Komplikationen von Seiten des Herzens, des Gehirns, des RUckenmarks und des Magen- und Darmtraktes kommen, wo Blutungen und Nekrosen möglich sind. Die Lebenserwartung des Klägers war von vornherein auf höchstens 40 Jahre herabgesetzt. Das Komplikationsrisiko war dabei mit zunehmendem Alter steigend, da irreversible Verznderungen durch anhaltenden Bluthochdruck ein operatives Vorgehen mehr und mehr erschwert hat-ten. Es kommt hinzu, daS beim Kläger bereits erste Zeichen einer vermehrten Muskelbildung der linken Herzkammer als Folge der ständigen Uberbelastung durch den stenosebedingten Bluthochdruck neben einem inkompletten Rechts-Schenkel-Block ausgepragt waren. Daß der Kläger demgegenüber im Operationszeitpunkt subjektiv keine Beschwerden empfand, er- - 24 - scheint im Hinblick auf die mit den geschilderten Risiken behaftete objektive Lage nur als trügerischer Zustand, der bei vernünftiger Betrachtung nicht als Argument gegen eine Operation angefahrt werden kann. Es spricht deshalb viel dafür, daß die Eltern des Klägers bei verständiger Abwägung der ohne Operation vorhandenen Risiken für die weitere Lebensfnhrung des Klägers einerseits und der mit der Operation selbst verbundenen Risiken andererseits auch bei einem Hinweis auf die geringe wenn auch nicht untypische Gefahr einer Ruerschnittslähmung in die Operation eingewilligt hätten. Die (nachträgliche) Prognose über das Verhalten des Patienten bei ordnungsgemäSer Aufklärung kann allerdings nicht allein an der ErwAgung ausgerichtet werden, wie sich ein vernünftiger und verständiger Patient aus objektiver ärztlicher Sicht entschieden hätte. Denn dadurch wfirde das Selbstbestimmungsrecht des Patienten, sich eben anders zu entscheiden, vielleicht gar einen medizinisch unverni_inftigen Entschluß zu fassen und dem Schicksal - 25 - seinen Lauf zu lassen, unterlaufen (BGH NJW 1980, 1333; NJW 1984, 1398). Der Arzt darf dem Patienten die Entscheidung über sein Schicksal nicht 'aus der Hand nehmen. Er ist vielmehr - abgesehen von hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen - verpflichtet, den Patienten durch sachgerechte Aufklärung in die Lage zu versetzen, die Entscheidung Ciber die Durchfifhrung einer Operation in Kenntnis aller Risiken selbst zu treffen. Die Freiheit zu einer, wenn auch möglicherweise unverngnftigen eigenen Entschließung steht jedoch, was hier von Bedeutung ist, den Eltern eines minderjährigen Kindes, die als gesetzliche Vertreter über seine Behandlung zu entscheiden haben, nicht im gleichen Umfang zu wie einem nur sich selbst verantwortlichen volljährigen Patienten (BGH Be- schlufl vom 18.3.1980 - VI ZR 65178; Urteil des OLG Stuttgart vom 3.11.1982 - 1 U 78/81 - beide unveroffentlicht -, Dunz, aktuelle Fragen zum Arzthaftungsrecht S. 35). Eltern sind verpflichtet, ihre Entscheidung in erster Linie am Wohl des Kindes auszurichten (6 1627 BGBl. Bei der Beurteilung, - 26 - wie sie sich verhalten hätten, wenn sie ordnungsgemäß aufgeklärt worden wären, muß deshalb davon ausgegangen werden, daß sie ihre Entscheidung unter verständiger, am Wohl des Kindes orientierter Abwägung getroffen hätten. Auch unter diesem Gesichtspunkt können aber die Eltern eines minderjährigen Patienten anerkennenswerte Griinde haben, einen aus ärztlicher Sicht empfohlenen Eingriff bei ihrem Kind nicht oder zumindest vorerst noch nicht durchführen zu lassen. -Solche Gri3nde haben die Eltern des Klägers im vorliegenden Fall geltend gemacht. Wie schon bei ihrer Anhörung vor dem Landgericht haben die Eltern des Klägers auch vor dem Senat vorgebracht, sie hätten auf jeden Fall mit der Durchftihrung der Operation noch abgewartet, falls sie iiber die wenn auch geringe Gefahr einer RückenmarksSchädigung aufgeklärt worden wären. Dabei mag dahinstehen, ob neben den bereits vom Landgericht zutreffend angeführten Erwägungen (S. 52 des angefochtenen Urteils) auch die jetzt vom Kläger ins Feld geführte Absicht maßgeblich gewesen wäre, den Ein- - 27 - griff unter Anwendung einer anderen Operationsmethode ausführen zu lassen. Immerhin gilt die indirekte Isthmusplastik nach Voss-Schulte, wie der Gerichtssachverständige ausgeführt hat, als die allgemein übliche und zeitgernäSe Operationsmethode, die eher als andere Verfahren geeignet ist, Durchblutungsstörungen des Rtickenmarks zu verhtiten. Auf jeden Fall ist es aber nachvollziehbar, daß die Eltern des Klägers, wären sie auch auf die Gefahr einer Riickenmarkssch2digung hingewiesen worden, zunächst erst einmal zurtickgeschreckt wären und die Operation verschoben hätten. Die Gefahr einer Verwirklichung dieses Risikos ist zwar, statistisch gesehen, gering. Andererseits ist die Möglichkeit einer solchen Komplikation in besonderem Maße erschreckend. Daß die Eltern des Klägers, in dieser Richtung aufgeklärt, den vorgesehenen Eingriff vorerst abgesagt hätten, um diese Situation zu überdenken und innerlich zu verarbeiten, erscheint plausibel und verständlich. Das wird nicht zuletzt durch den eigenen Hinweis des Beklagten zu 1) bei seiner Anhörung verdeutlicht: Danach hat er die Möglichkeit einer Rückenmarksschädigung - 28 - im Aufklärungsgespräch mit der Mutter des Klägers u.a. auch deshalb nicht erwähnt, weil andernfalls die Entscheidung der Eltern für die Operation möglicherweise hätte verzögert werden können. Die von den Eltern vorgebrachten Gründe, die sie nach ihrer Darstellung zumindest zu einer Verschiebung der Operation bewogen hätten, kiinnen bei diesen Verhältnissen nicht einfach als unbeachtlich beiseitegeschoben werden. Im Hinblick darauf ist es nicht möglich festzustellen,.‘daS die Eltern des Klägers, wären sie richtig aufgeklärt worden, gleichwohl in die Durchftihrung der Operation des Klägers am 20.11.1980 eingewilligt hätten. Dabei mu8 auch berticksichtigt werden, daB eine zwingende Notwendigkeit, den Eingriff gerade damals auszufahren, -auch aus ärztlicher Sicht nicht bestanden hat. Es war im Hinblick auf die beim Kläger bestehenden durch den Bluthochdruck bedingten Risiken zwar angebracht, die Operation nicht auf die lange Bank zu schieben, zumal sich bei ihm bereits eine linksventrikuläre Hypertrophie mit typischem Rechts-Schenkel-Block ausgebildet hatte. - 29 - Andererseits hat aber auch unter Berücksichtigung dieses Umstandes auf jeden Fall ein Spielraum in zeitlicher Hinsicht in bezug auf den Operationszeitpunkt bestanden. Die Beklagten haben die Operation des Klägers selbst als einen Wahleingriff im Sinn präventiver Chirurgie bezeichnet, für den eine zwingende Indikation im damaligen Zeitpunkt nicht vorgelegen hat (Bl. 235). Sie haben in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen (was auch der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat), daß nach heutigem Kenntnisstand eine solche Operation am besten in einem Lebensalter zwischen 4 und 7 Jahren ausgefiihrt wird. Der Kläger war im Zeitpunkt der Operation 5 Jahre alt. Möglicherweise hätten sich die Eltern des Klägers, wenn sie sich auch mit dem Risiko einer Rackenmarksschadigung beschäftigt und diese Gefahr wegen des seltenen Auftretens einer solchen Operationsfolge als gering erkannt hätten, schon wenig später dennoch für den Eingriff entschieden. DaB dann aber beim Kläger der gleiche Schaden eingetreten wäre, vermag die Beklagte zu 3) nicht darzutun. - 30 - Da8 die Eltern des Klägers vom Beklagten zu 1) über das bei dieser Operation vorhandene Sterblichkeitsrisiko aufgeklärt worden sind, kann entgegen der Meinung der Beklagten zu 31 keine andere Beurteilung rechtfertigen. Die Gefahr einer Quer- schnittslähmung besitzt auch bei geringer Xomplikationshäufigkeit eine besonders abschreckende Wirkung und ist von der Qualität her anders zu bewerten als die Gefahr, bei der Operation zu sterben. Aus der Entscheidung der-Eltern fiir die Operation trotz Aufklärung der dabei vorhandenen Sterblichkeitsrate kann deshalb nicht ohne weiteres geschlossen werden, sie hätten dann auch bei Aufklgrung über die (geringere) Gefahr einer Rükkenmarksschädigung in die Operations eingewilligt. 4. Ein Mitverschulden der Eltern an der unterbliebenen Aufklärung kann dem Kläger nicht entgegengehalten werden. Grundsätzlich ist zwar ein Mitverschulden der gesetzlichen Vertreter des Geschädigten auch im Rahmen eines deliktsrechlichen Scha. densersatzanspruches nach den SS 254, 278 BGB immer dann zu berftcksichtigen, wenn zwischen dem Ge- - 31 - schädigten und dem Ersatzpflichtigen - wie das hier zweifellos der Fall ist - schon vor dem Schadenseintritt schuldrechtliche oder schuldrechtsähnliche Beziehungen bestanden haben (BGH LM -(EI Nr. 2 Bl. 3 zu S 254 BGB; NJW 64, 1670). Den Eltern des Klägers kann im Streitfall aber entgegen der Auffassung der Beklagten zu 3) nicht vorgeworfen werden, sie hätten von sich aus durch geeignete Fragestellung die jetzt vermißte Aufklärung selbst (mit) herbeiführen können. Ein AnlaS und damit ein Gebot i.S.v. S 254 BGB, den aufklärungspflichtigen Arzt nach näheren Umständen zu fragen, wäre für die Eltern des Klägers nur dann vorhanden gewesen, wenn der Beklagte zu 1) im Aufklärungsgespräch überhaupt einen Hinweis auf den Risikokomplex Rückenmarksschädigung gegeben hatte. Gerade das ist aber nicht der Fall. Hatten die Eltern aber keine Kenntnis davon, daB bei der geplanten Operation überhaupt die Gefahr einer bleibenden Lähmung bestand, kann ihnen auch nicht vorgeworfen werden, sie hätten in dieser Richtung Fragen stellen müssen. - 32 - 5. Soweit die Berufung die Höhe des dem Kläger vom Landgericht zugebilligten Schmerzensgelds angreift, hat sie einen Teilerfolg. Zutreffend und in diesem Punkt auch nicht angefochten hat das Landgericht festgestellt, da8 es im Hinblick auf das vorhandene Beschwerdebild geboten ist, dem Kläger neben einem Kapitalbetrag eine monatliche Schmerzensgeldrente auf Lebenszeit zuzusprechen. Es ist nicht zu bezweifeln, da8 die unabänderliche und auch nicht mehr zu bessernde Lähmung beider Beine für den Kläger eine Quelle immer wiederkehrender schmerzlicher Empfindungen bleiben wird. Die Auswirkungen der Schädigung auf die Lebensgestaltung des Klägers sind sowohl im beruflichen als auch im privaten Bereich beträchtlich. Neben dem Ausgleich für die hier als besonders schwerwiegend einzustufenden immateriellen Nachteile soll das Schmerzensgeld dem Geschädigten aber auch Genugtuung für das verschaffen, was ihm der Schädiger angetan hat. Im Gegensatz zu jenen Fällen, auf die sich das Landgerkcht zum Vergleich bezogen -hat (OLG Stuttgart VersR 1977, 846; DAR - 33 - 1982, 4001, gehen die Nachteile des Klägers nicht auf eine unmittelbare Verletzungshandlung des Schädigers zurück. Der Beklagte zu 11, aus dessen Verhalten der Schmerzensgeldanspruch hergeleitet wird, hat den Kläger nicht operiert. Die Operation selbst ist, wie das Landgericht auf dem Boden der durchgeftihrten Beweisaufnahme zutreffend festgestellt hat, nach den Regeln der ärztlichen Wissenschaft ausgefiihrt worden, ohne daß dem Operateur hierbei ein Kunstfehler unterlaufen wäre. Bei dem Kläger hat sich ein mit dieser Operation verbundenes Risiko verwirklicht, dessen Eintritt schicksalhaft ist und, wie sich aus dem Gutachten des Gerichtssachverständigen ergibt, nach heutigem Kenntnisstand durch keine VorbeugemafInahmen gezielt vermieden werden kann. Der Sachverständige hat ausdrticklich darauf hingewiesen (Bl. 176), da8 sich auch nach den Erfahrungen mit riickenmarksschonenden PräventivmaEnahmen letztlich die Erkenntnis durchgesetzt hat, daB hypoxische Komplikationen des Rlickenmarks durch keinerlei vorbeugende MaSnahmen zuverlässig verhindert werden können. Die Haftung des Beklagten zu 11, für den die Beklagte - 34 - zu 31 einzustehen hat, beruht lediglich darauf, da8 er den Kläger nicht über dieses Risiko aufgeklärt hat. Es kommt hinzu, daß dem Beklagten zu 1) auch im Hinblick auf diese Aufklärungspflicht- verletzung nur ein geringer Vorwurf gemacht werden kann. Die Notwendigkeit, bei einer Operation, wie sie hier durchgeführt worden ist, über die Gefahr einer Rückenmarksschädigung aufzuklaren, gehört nämlich angesichts der statistisch -geringen Komplikationshäufigkeit nicht zum allgemeinen Kenntnisstand innerhalb der betroffenen Arztkreise. So hat der Gerichtssachverständige, der selbst iiber 100 derartige Operationen durchgeführt und in keinem Fall eine solche Komplikation erlebt hat, darauf hingewiesen, daS er selbst bei einem solchen Eingriff auch nicht tiber die Gefahr einer RCickenmarksSchädigung aufzuklären pflege (Bl. 269). Bei dieser Sachlage kann der Gesichtspunkt der Genugtuung bei der Festsetzung des Schmerzensgeldes keine wesentliche Rolle spielen. . Der Kläger hält zwar in der Berufungsinstanz an seinem Vorbringen fest, bei Ausftihrung der Opera- - 35 - tion sei dem Beklagten zu 2) ein Kunstfehler unterlaufen. Abgesehen davon, daß das, wie erwähnt, nach den zutreffenden und eingehend begründeten Ausftihrungen des Landgerichts nicht feststellbar ist, ist dieser Gesichtpunkt im Berufungsverfahren nicht von Bedeutung. Die Abweisung der gegen den Beklagten zu 21, den Operateur, gerichteten Klage ist nicht angegriffen worden: die Beklagte zu 3) hat aber für ein etwaiges Fehlverhalten des Beklagten zu 21 bei Ausfiihrung der Operation nicht einzustehen. Wie das Landgericht zutreffend, und gleichfalls unangegriffen, festgestellt hat, war der Beklagte zu 2) nicht verfassungsmä8ig berufener Vertreter der Beklagten zu 31, so da8 eine Organhaftung der Beklagten zu 3) nach den SS 31, 89 BGB ausscheidet. Im Hinblick auf eine Haftung der Beklagten zu 3) fiir ein Fehlverhalten des Beklagten zu 2) als ihres Verrichtungsgehilfen gern28 5 831 BGB, ist sie jedoch entlastet. Daß der Beklagten zu 3) bei Auswahl und Uberwachung des Beklagten zu 21 ein SorgfaltsverstoS nicht vorgeworfen werden kann, hat der Kläger ausdrücklich eingeräumt. - 36 - Bei der Festsetzung des Schmerzensgeldes kann schlieSlich auch nicht unbeachtet bleiben, da8 der Kläger in bezug auf die gelungene Beseitigung der Isthmusstenose von erheblichen Lebensrisiken und Komplikationsgefahren befreit worden ist. Bei angemessener Berticksichtigung dieser Gesichtspunkte kann das dem Kläger zuzuerkennende Schmerzensgeld nicht an der obersten Grenze der Beträge liegen, die von der Rechtsprechung bei vergleichbaren Beschwerdebildern zuerkannt worden sind. Bei Abwägung aller Umstände hält der Senat einen Kapitalbetrag in Höhe von 60.000 DM und eine monatliche Schmerzensgeldrente in Höhe von 400 DM für angemessen. Das entspricht bei Kapitalisierung des Rentenbetrages einer Gesamtentschädigung von etwas aber 150.000 DM und stellt insgesamt einen billigen Ausgleich i.S.v. § 847 BGB fiir die erlittenen immateriellen Nachteile unter Berticksichtigung des in vorliegendem Fall nur eingeschränkt heranzuziehenden Satisfaktionsgedankens dar. - 37 - 5. Die Angriffe der Berufung gegen die Feststellungen des Landgerichts zur Höhe des materiellen Schadens dringen nicht durch. Der Kläger kann Ersatz der Kosten fiir das vorprozessual eingeholte Gutachten des Instituts fiir Kunstfehler-Begutachtung verlangen. Die Einholung des Gutachtens war fiir eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung geboten. Der nicht fachkundige Kläger konnte die Frage, inwieweit eventuelle Anspriiche wegen Schadensersatz mit Aussicht auf Erfolg wiirden geltend gemacht werden können, durch Einholung eines nur medizinischen Gutachtens klären. Daß es sich bei dem Leiter des Instituts, Dr. Giese, nicht um einen Arzt, sondern um einen Juristen handelt, ist nicht entscheidend. Zutreffend hat das Landgericht dem Kläger auch Ersatz der Kosten für die Durchffihrung einer Frischzellenbehandlung und Ersatz der Fahrtkosten zugebilligt, die seine Eltern für Besuche in Ulm und Heidelberg aufgewendet haben. Der Senat schlieBt sich den Ausführungen im angefochtenen Urteil an. - 38 - Den von der Berufung zu diesen Punkten vorgetragenen Angriffen fehlt es angesichts der eingehenden Begründung des Landgerichts schon an der notwendi- gen Substantiiertheit. Der Hinweis der Berufung, der Einsatz eines Hochfrequenzgerätes sei aus ärztlicher Sicht ebenso sinnlos gewesen, wie die Zuziehung eines Heilpraktikers, geht ins Leere. Die hierfür. geltend gemachten Kosten hat das Landgericht dem Kläger nicht zugesprochen. Weitere Angriffe gegen den dem Klager zuerkannten Anspruch auf Ersatz des materiellen Schadens tragt die Berufung nicht vor. 6. Zu Recht hat das Landgericht schließlich festgestellt, daß die Beklagte zu 3) den dem Kläger kiinftig entstehenden materiellen Schaden zu ersetzen hat. Bei den erheblichen Beeinträchtigungen des Klägers liegt es auf der Hand, da8 auch noch in Zukunft Schadensfolgen eintreten werden, beispielsweise durch einmalige Anschaffungen zur Befriedi- -- - ---- ---_, - - 39 - gung vermehrter Bedürfnisse !BGF NJW 1982, 757) oder im Zusammenhang mit einer beruflichen Ausbildung. Für die Beqründetheit des Feststellungsbe- gehrens ist ausreichend, da8 der Eintritt eines zukünftigen Schadens nicht ganz unwahrscheinlich ist (Thomas-Putze, ZPO, 13. Aufl., S 256 Anm. 6). 7. Die Kostenentscheidung beruht auf den SS 91, 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Voll- streckbarkeit auf den SS 708 Ziff. 10, 711 ZPO. /li,!