Theorie der Wärme
Musterlösung 9.
Übung 1.
FS 2014
Prof. Renner
Henry Gesetz
In der Vorlesung wurde das Henry Gesetz hergeleitet. Es besagt, dass bei fester Temperatur
T die Konzentration eines in einem Lösungsmittel gelösten Gases cs direkt proportional zum
Gasdruck p ist
cs (T, p) = f (T )p.
Nun löst sich Wasserstoff H2 in gewissen Metallen nur in atomarer Form. Das heisst −H2 + 2H =
0. Zeige, dass für diesen Prozess das Henry Gesetz folgendermassen modifiziert werden muss:
√
cH (T, p) = f (T ) p.
Lösung.
Das chemische Potential des im Metall gelösten atomaren Wasserstoffs lautet gemäss Skript
µ0H (T, p) + RT log cH ,
da wir es hier, nach Voraussetzung, mit einer verdünnten Lösung zu tun haben. Zwischen dem molekularen und
dem im Metall gelösten atomaren Wasserstoff läuft nun zusätzlich die folgende chemische Reaktion ab
−H2 + 2H = 0,
sodass die stöchiometrischen Koeffizienten νH2 = −1, νH = +2 sind. Die Gleichgewichtsbedingung für cH =
cH (T, p) lautet
νH2 µH2 + νH µH = 0,
woraus nach Ableiten nach p bei fester Temperatur T wird
0 ∂µH2
∂µH
∂ log cH
0 =
−2
+ RT
∂p T
∂p T
∂p
T
∂ log cH
0
= vH2 − 2vH − 2RT
,
∂p
T
0
steht für die Änderung des Lösungsvolumens bei Lösung
wobei vH2 das Molvolumen von H2 bezeichnet und vH
0
vH2 , erhalten wir mit vH2 = RT /p
eines Mols atomaren Wasserstoffs. Da nun vH
1
∂ log cH
−2
= 0.
p
∂p
T
Integration liefert
√
cH (T, p) = f (T ) p
für eine Funktion f (Sievert Gesetz).
Übung 2.
Optimierung einer chemischen Reaktion
Betrachte eine chemische Reaktion
X
νi Ai = 0
i∈E∪P
bei festen T , p mit stöchiometrischer Geraden
Ni = Ni0 + λνi
Am Anfang seien
1
∀i, j ∈ E.
(i) die Produkte (i ∈ P und {νi }i∈P > 0) abwesend: Ni0 = 0 ∀ i ∈ P , und
(ii) die Molzahlen Ni0 i∈E der Edukte (i ∈ E und {νi }i∈E < 0) frei wählbar bis auf die
Nebenbedingung
X
Ni0 = const.
i∈E
Ziel ist es die Molzahlen der Edukte so zu wählen, dass der im Gleichgewicht erreichte Umsatz
λ maximal ist. Zeige, dass das Maximum erreicht wird wenn sie proportional zu den stöchiometrischen Koeffizienten sind, i.e.,
Ni0
νi
=
∀ i, j ∈ E
0
νj
Nj
erfüllen.
Hinweis: Suche den
wo der Gleichgewichtsumsatz λ stationär ist bzgl. den zulässigen
Punkt,
Variationen der Ni0 i∈E . Dies kann mit Hilfe eines Lagrangeschen Multiplikators geschehen.
Verifiziere einfachheitshalber nicht, dass dieser stationäre Punkt ein Maximum ist.
Lösung.
Nach dem Massenwirkungsgesetz ist
X
i∈E∪P
mit Ni = Ni0 + νi λ, N =
P
i
νi log
Ni
= const,
N
(L.1)
Ni . Eine Änderung dNi0 , (i ∈ E), bewirkt eine Änderung dλ, die bestimmt ist durch
dN
X
dN i
νi
=0
−
Ni
N
i∈E∪P
+ νi dλ, (i ∈ E), dNi = νi dλ, (i ∈ P ), sowie dN = νdλ, (ν =
mit dNi = dNi0 P
Nebenbedingung i∈E dNi0 = 0 benutzt wurde. Also:
X
i∈E
νi
P
i
νi ), wobei zuletzt die
X νi
dNi0
ν
= −dλ ·
νi
−
.
Ni
Ni
N
i
Statt nach stationären Punkten für λ unter der Nebenbedingung zu suchen, kann man die von λ − ξ
Lagrange’scher Multiplikator) suchen, dafür ohne Nebenbedingung. Dies führt darauf, dass
X 0
νi
ξ∇λ = ∇(
Ni ) ⇒
≡C
N
i
i∈E
P
i∈E
Ni0 , (ξ
unabhängig von i ∈ E ist, also νi = C(Ni0 + νi λ), oder CNi0 = (1 − Cλ)νi , wie behauptet.
Bemerkung: Die Bedingung (L.1) erfordert, dass alle Ni > 0. Durch Betrachtung (i) eines i ∈ P folgt, dass λ > 0;
0
(ii) des Randes des erlaubten
P Gebiets, wo ein Ni → 0, (i ∈ E), dass dort λ → 0. Deshalb ist der einzige stationäre
Punkt im Gebiet Ni0 ≥ 0, i∈E Ni0 = const ein Maximum.
Übung 3.
Maxwell-Boltzmann Verteilung und Gauss’sche Integrale
Die Maxwell-Boltzmann Verteilung ist die stationäre Lösung der Boltzmann Transportgleichung
in der Abwesenheit eines äusseren Treibers (~a = 0):
3/2
m
(~v − ~v0 )2
f0 = n
exp −m
.
2πkB T
2kB T
Das Ziel dieser Aufgabe ist es, mit der Maxwell-Boltzmann Verteilung vertraut zu werden,
die in der kinetischen Gastheorie eine wichtige Rolle spielt. Ausserdem soll der Umgang mit
Gauss’schen Integralen geübt werden.
2
(a) Gauss’sche Integrale (mathematische Vorbereitung):
(i) Zeige, dass die Lösung des Gauss’schen Integrals gegeben ist durch
Z ∞
√
−x2
dx e 2 = 2π.
−∞
Tipp: Vergleiche die Integration in zwei Dimensionen in kartesischen Koordinaten mit
derjenigen in Polarkoordinaten:
Z ∞ Z 2π
ZZ ∞
2 2
−(x2 +y 2 )/c2
dθ re−r /c .
dr
dx dy e
=
−∞
0
0
(ii) Berechne anschliessend die allgemeine Lösung für Integrale der Form
Z ∞
Z ∞
2
2n −αx2
dx x2n+1 e−αx .
dx x e
oder
0
0
Tipp: Man leite nach α ab, bzw. substituiere y = x2 .
(b) Resultierende Eigenschaften:
Der Mittelwert einer von ~v abhängigen Grösse g(~v ) ist definiert als
Z
1
hgi :=
d3 v g(~v )f0 (~v ) .
n
(1)
Verifiziere die im Folgenden angegebenen mittleren Werte für vektorielle Geschwindigkeit,
Energie und skalare Geschwindigkeit (setze ~v0 = ~0 bei Ē und v̄):
r
3
mv 2
8kB T
= kB T ,
v̄ := h|~v |i =
.
h~v i = ~v0 ,
Ē :=
2
2
πm
Lösung.
(a) Gauss’sche Integrale: In kartesischen Koordinaten finden wir
Z
Z
ZZ
−(x2 +y 2 )/c2
−x2 /c2
−y 2 /c2
dxdye
=
dxe
dye
Z
=
2
dxe−x
während bei Integration in Polarkoordinaten
Z ∞ Z 2π
Z
2
2
dr
dθre−r /c = 2π
0
0
∞
/c2
2
re−r
,
2
/c2
rdr
0
Z
0
1
ds es = c2 π .
2
−∞
√
R∞
√
Somit finden wir das gesuchte Resultat mit ∞ dx exp(−x2 /c2 ) = c π und c = 2.
Des weiteren ist
Z ∞
Z
Z
2
2
∂ −αx2
e
dx x2n e−αx = − dx x2(n−1) (−x2 )e−αx = − dx x2(n−1)
∂α
0
n Z
Z
2
2
∂
∂
=−
dx x2(n−1) e−αx = −
dx e−αx
∂α
∂α
√
√
(2n)!
1
∂n
= (−1)n n α−1/2 π = 2n+1 α−(2n+1)/2 π ,
2
∂α
2
n!
und für ungerade Vorfaktoren finden wir
n Z ∞
n
Z ∞
2
2 (L.2)
∂
∂
1
n!
dx x2n+1 e−αx = −
dx xe−αx =
−
=
.
∂α
∂α
2α
2αn+1
0
0
sub.
= 2c2 π
3
(L.2)
(L.3)
(L.4)
(b) Resultierende Eigenschaften: Wir verwenden die in a) berechneten Integrale, und schreiben die Gleichgewichtsverteilfunktion f0 einfacher als
3/2
(~v − ~v0 )2
(~v − ~v0 )2
m
f0 = n
exp −m
= a exp −
,
2πkB T
2kB T
c2
q
3/2
R
BT
und c = 2km
definiert haben. Wir verwenden ausserdem n = d3 vf0 (~v ).
wobei wir a = n 2πkmB T
Für einen nicht verschwindenden Parameter ~v0 ist die mittlere Geschwindigkeit gegeben durch:
R 3
d v ~v f0 (~v ) (L.3) ~v0 ac3 π 3/2
h~v i = R 3
=
= ~v0 .
ac3 π 3/2
d v f0 (~v )
Die mittlere Energie hεi für ~v0 = ~0 berechnet sich zu:
R 3 mv2
d v
f0 (~v ) (L.3) 23 ac5 π 3/2
mv 2
3
3c2
=
= R 3 2
= kB T .
=
2
4m
2
ac3 π 3/2
d v f0 (~v )
Die mittlere Geschwindigkeit bei Maxwell-Boltzmann Verteilung ist:
r
R∞
R 3
2
2
(4πa/m) 0 dv v 3 e−v /c (L.4) 2πac4 /m
d v |~v |f0 (~v )
2c
8kB T
R
=
=
= √
=
.
h|~v |i =
πm
ac3 π 3/2
ac3 π 3/2
πm
d3 v f0 (~v )
4