Sorgen für sich selber – und andere entlasten Erwachsenenschutzrecht - Vertretung bei Urteilsunfähigkeit Dienstag, 25. Oktober 2016 Für Mitarbeitende der Mitgliedsfirmen von profawo Kindes- und Erwachsenschutzbehörde der Stadt Zürich RA lic. iur. Petra Kropf Giger, jur. Adjunktin Überblick über die Bestimmungen 1. Die eigene Vorsorge • • Vorsorgeauftrag (Art. 360 ff. ZGB) Patientenverfügung (Art. 370 ff. ZGB) 2. Massnahmen von Gesetzes wegen • • • Vertretung durch Ehegatten oder eingetragene/n Partner/in (Art. 374 ff. ZGB) Vertretung bei medizinischen Massnahmen (Art. 377 ff. ZGB) Aufenthalt in Wohn- und Pflegeeinrichtungen (Art. 382 ff. ZGB) 3. Die behördlichen Massnahmen • • Beistandschaften (Art. 390 ff. ZGB) Fürsorgerische Unterbringung (Art. 426 ff. ZGB) 2 Überblick über die Bestimmungen 1. Die eigene Vorsorge • • Vorsorgeauftrag (Art. 360 ff. ZGB) Patientenverfügung (Art. 370 ff. ZGB) 2. Massnahmen von Gesetzes wegen • • • Vertretung durch Ehegatten oder eingetragene/n Partner/in (Art. 374 ff. ZGB) Vertretung bei medizinischen Massnahmen (Art. 377 ff. ZGB) Aufenthalt in Wohn- und Pflegeeinrichtungen (Art. 382 ff. ZGB) 3. Die behördlichen Massnahmen • • Beistandschaften (Art. 390 ff. ZGB) Fürsorgerische Unterbringung (Art. 426 ff. ZGB) 3 Vorsorgeauftrag Vorsorgeauftrag (Art. 360 - 369 ZGB) Was? Auftrag einer handlungsfähigen Person an eine natürliche oder juristische Person betr. Aufgaben der • Personensorge • Vermögenssorge • Vertretung im Rechtsverkehr der im Zeitpunkt der eigenen Urteilsunfähigkeit Wirkung entfalten soll. (Art. 360 ff. ZGB) 4 Vorsorgeauftrag Vorsorgeauftrag (Art. 360 - 369 ZGB) Wie? • Formvorschriften: • Eigenhändig (vollständig von Hand geschrieben, datiert, unterzeichnet) oder • durch Notar öffentlich beurkundet • Widerruf ist bis zur Urteilsunfähigkeit jederzeit möglich 5 Vorsorgeauftrag Vorsorgeauftrag (Art. 360 - 369 ZGB) Wieso? • Vollmacht mit Geltung über die Urteilsunfähigkeit hinaus ist weiterhin möglich • Vorsorgeauftrag 6 Vorsorgeauftrag Aufbewahrung Vorsorgeauftrag (Art. 360 - 369 ZGB) • Hinterlegungsort frei wählbar • In ZH ist KESB verpflichtet, Vorsorgeaufträge zu hinterlegen (Kosten: Fr. 150.--) • Meldung des Hinterlegungsortes an Zivilstandsamt grundsätzlich nur durch Vorsorgeauftraggeber möglich (Kosten: Fr. 75.--) 7 Wie wird ein Vorsorgeauftrag wirksam? Vorsorgeauftrag (Art. 360 - 369 ZGB) • Erklärung der Wirksamkeit durch KESB (Validierung) • KESB prüft insbesondere: Urteilsunfähigkeit Subsidiarität Formelle und materielle Gültigkeit Eignung des Beauftragten Entschädigung • Legitimationsurkunde • soweit nötig: - Auslegung und Ergänzung des Vorsorgeauftrages - Erlass erwachsenenschutzrechtlicher Massnahmen 8 Was ist Vorsorgeauftrag nach der Validierung? (Art. 360 - 369 ZGB) Pflichten des Vorsorgebeauftragten Art. 394 ff. OR); insbesondere: – Vertragsgemässe und sorgfältige Besorgung des Auftrages – Kann jederzeit Rechenschaft über seine Geschäftsführung ablegen – Meldepflicht: Interessenkollision / Geschäft ist nicht von Auftrag erfasst Grundsätzlich keine Überwachung des Vorsorgebeauftragten! Einschreiten der KESB nur bei Meldung konkreter Hinweise auf Missstände 9 Vorsorgeauftrag Vorsorgeauftrag Hinweise • Mehrere Vorsorgeauftraggeber / Mehrere Vorsorgebeauftragte? • Umschreibung der Aufgaben • Thematisierung von Grundstücken • Entschädigung • Testamten / Vorsorgeauftrag / Patientenverfügung 10 Vorsorgeauftrag Vorsorgeauftrag Beispiele für Vorlagen • Curaviva • Notariate Kanton Bern und Kanton Zürich • Pro Senectute (Docupass) • Beobachter • K-Tipp • Caritas 11 Überblick über die Bestimmungen 1. Die eigene Vorsorge • • Vorsorgeauftrag (Art. 360 ff. ZGB) Patientenverfügung (Art. 370 ff. ZGB) 2. Massnahmen von Gesetzes wegen • • • Vertretung durch Ehegatten oder eingetragene/n Partner/in (Art. 374 ff. ZGB) Vertretung bei medizinischen Massnahmen (Art. 377 ff. ZGB) Aufenthalt in Wohn- und Pflegeeinrichtungen (Art. 382 ff. ZGB) 3. Die behördlichen Massnahmen • • Beistandschaften (Art. 390 ff. ZGB) Fürsorgerische Unterbringung (Art. 426 ff. ZGB) 12 Patientenverfügung Was ? (Art. 370 ZGB) Anweisungen einer urteilsfähigen Person für den Fall ihrer Urteilsunfähigkeit: • Zustimmung oder Nichtzustimmung zu medizinischen Massnahmen • Bezeichnung einer natürlichen Person für die Entscheidung (evtl. mit Weisungen) Ersatzverfügungen sind möglich 13 Patientenverfügung Typische Inhalte von Patientenverfügungen Vertretungsberechtigte Personen Werteerklärung Lebenserhaltende Massnahmen (Künstliche Ernährung, Reanimation usw.) Schmerzlinderung und Sedierung Erwünschte / unerwünschte Personen (z.B. auch Seelsorger) Wünsche vor / nach Tod (z.B. Musik, Körperpflege, Sterbeort) Organspende 14 Patientenverfügung Wie? Einfache Schriftlichkeit genügt d.h. • Schriftlich (auch Maschinenschrift) • Datiert • Eigenhändig unterzeichnet 15 Patientenverfügung Wirkung? Gilt bei Urteilsunfähigkeit als Wille im Zeitpunkt des Eingriffs • Arzt muss Anweisungen der Patientenverfügung befolgen, ausser – bei Verstoss gegen Gesetz, – begründetem Zweifel an freiem Willen oder – begründetem Zweifel an Übereinstimmung mit mutmasslichem Willen des Patienten • Sonderbestimmungen bei psychischen Störungen (ZGB 433 III) • Im Notfall entscheidet Arzt nach mutmasslichem Wille und Interessen der urteilsunfähigen Person 16 Patientenverfügung Funktion der KESB? Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde kann angerufen werden wenn • der Verfügung nicht entsprochen wird, • sie nicht auf freiem Willen beruht oder • die Interessen der urteilsunfähigen Person gefährdet oder nicht mehr gewahrt sind. 17 Patientenverfügung Empfehlungen • Besprechung mit Arzt • Mitteilung an eingesetzte Person • Gespräche mit Angehörigen über Wünsche • Werteerklärung • Regelmässige Überprüfung (Neuverfassung oder Neudatierung) • Eintragung auf Patientenkarte • Abgrenzung Patientenverfügung / Vorsorgeauftrag 18 Patientenverfügung Beispiele für Patientenverfügungen • Curaviva; Übersicht Patientenverfügungen in der Deutschschweiz • FMH /SAMW (Kurze und längere Version) • Psychiatrische Patientenverfügungen (Pro Mente Sana / Sanatorium Kilchberg) 19 Überblick über die Bestimmungen 1. Die eigene Vorsorge • • Vorsorgeauftrag (Art. 360 ff. ZGB) Patientenverfügung (Art. 370 ff. ZGB) 2. Massnahmen von Gesetzes wegen • • • Vertretung durch Ehegatten oder eingetragene/n Partner/in (Art. 374 ff. ZGB) Vertretung bei medizinischen Massnahmen (Art. 377 ff. ZGB) Aufenthalt in Wohn- und Pflegeeinrichtungen (Art. 382 ff. ZGB) 3. Die behördlichen Massnahmen • • Beistandschaften (Art. 390 ff. ZGB) Fürsorgerische Unterbringung (Art. 426 ff. ZGB) 20 Vertretung durch Ehegatten oder eingetragene/n Partner/in (Art. 374 ff. ZGB) Vertretung Vertretung Ehegatte Ehegatte // eingetragene/r eingetragene/r Partner/in Partner/in Was? • Gesetzliches Vertretungsrecht des Ehegatten, der eingetragenen Partnerin oder des eingetragenen Partners, • erst wenn der andere Ehegatte / eingetragene Partner urteilsunfähig geworden ist und • nur wenn ein gemeinsamer Haushalt besteht und/oder bei Leistung regelmässigen persönlichen Beistands (Art. 374 ff. ZGB). 21 Vertretung durch Ehegatten oder eingetragene/n Partner/in (Art. 374 ff. ZGB) Vertretung Vertretung Ehegatte Ehegatte // eingetragene/r eingetragene/r Partner/in Partner/in Umfang? • Rechtshandlungen zur Deckung des Unterhaltsbedarfs • Ordentliche Verwaltung Einkommen und Vermögen • Post wenn nötig öffnen und erledigen • Ausserordentliche Vermögensverwaltung nur mit Zustimmung der KESB 22 Vertretung durch Ehegatten oder eingetragene/n Partner/in (Art. 374 ff. ZGB) Vertretung Vertretung Ehegatte Ehegatte // eingetragene/r eingetragene/r Partner/in Partner/in Wie? • Das Recht gilt von Gesetzes wegen ab Eintritt der Urteilsunfähigkeit • Nötigenfalls händigt KESB Urkunde aus oder entzieht das Recht • Vorsorgeauftrag und Beistandschaft gehen vor, soweit sie gleiche Bereiche umfassen 23 Überblick über die Bestimmungen 1. Die eigene Vorsorge • • Vorsorgeauftrag (Art. 360 ff. ZGB) Patientenverfügung (Art. 370 ff. ZGB) 2. Massnahmen von Gesetzes wegen • • • Vertretung durch Ehegatten oder eingetragene/n Partner/in (Art. 374 ff. ZGB) Vertretung bei medizinischen Massnahmen (Art. 377 ff. ZGB) Aufenthalt in Wohn- und Pflegeeinrichtungen (Art. 382 ff. ZGB) 3. Die behördlichen Massnahmen • • Beistandschaften (Art. 390 ff. ZGB) Fürsorgerische Unterbringung (Art. 426 ff. ZGB) 24 Vertretung beibei medizinischen Massnahmen (Art. 377 ff. ZGB) Vertretung medizinischen Massnahmen Was? Bei Urteilsunfähigkeit eines Patienten plant Arzt Behandlung unter Beizug der zur Vertretung bei medizinischen Massnahmen berechtigten Person (Art. 377 ff. ZGB). 25 Vertretung beibei medizinischen Massnahmen (Art. 377 ff. ZGB) Vertretung medizinischen Massnahmen Wer ist vertretungsberechtigte Person? 1. Person gemäss eigener Vorsorge (Patientenverfügung oder Vorsorgeauftrag) 2. Beistand, sofern dieser Aufgabe zur Vertretung bei medizinischen Massnahmen hat 3. Ehegatte / eingetragene/r Partner/in bei gemeinsamem Haushalt oder persönlichem Beistand 4. Andere Person im gemeinsamem Haushalt und mit persönlichem Beistand (Lebenspartner/in) 5. Nachkommen bei regelmässiger Leistung von persönlichem Beistand 6. Eltern bei regelmässiger Leistung von persönlichem Beistand 7. Geschwister bei regelmässiger Leistung von persönlichem Beistand 26 Vertretung beibei medizinischen Massnahmen (Art. 377 ff. ZGB) Vertretung medizinischen Massnahmen Ausnahmen? • Bei Dringlichkeit handelt Arzt nach mutmasslichem Willen u. Interessen der urteilsunfähigen Person • Sonderregelungen bei Behandlung psychischer Erkrankungen • Einschreiten der KESB bei Fehlen einer vertretungsberechtigten Person oder wenn Interessen gefährdet oder nicht gewahrt sind 27 Überblick über die Bestimmungen 1. Die eigene Vorsorge • • Vorsorgeauftrag (Art. 360 ff. ZGB) Patientenverfügung (Art. 370 ff. ZGB) 2. Massnahmen von Gesetzes wegen • • • Vertretung durch Ehegatten oder eingetragene/n Partner/in (Art. 374 ff. ZGB) Vertretung bei medizinischen Massnahmen (Art. 377 ff. ZGB) Aufenthalt in Wohn- und Pflegeeinrichtungen (Art. 382 ff. ZGB) 3. Die behördlichen Massnahmen • • Beistandschaften (Art. 390 ff. ZGB) Fürsorgerische Unterbringung (Art. 426 ff. ZGB) 28 Beistandschaften (Art. 390 ff. ZGB) Beistandschaften Beistandschaften Voraussetzungen für behördliche Massnahmen • Schwächezustand (geistige Behinderung, psychische Störung, oder ähnlicher Schwächezustand) • Schutzbedürftigkeit • Subsidiarität: Andere Unterstützung reicht nicht aus / erscheint als ungenügend • Verhältnismässigkeit: So wenig wie möglich, so viel wie nötig 29 Arten der Beistandschaft (Art. 393 ff. ZGB) Beistandschaften / Arten Begleitbeistandschaft Keine Vertretung, nur Begleitung (Art. 393 ZGB) Vertretungsbeistandschaft Vertretung für bestimmtes Geschäft oder mehrere Angelegenheiten; Vertretungsbeistandschaft mit Vermögensverwaltung; Handlungsfähigkeit kann eingeschränkt werden (Art. 394 f. ZGB) Mitwirkungsbeistandschaft Zustimmung des Beistandes für gewisse Geschäfte erforderlich (Art. 396 ZGB) Umfassende Beistandschaft Anstelle Vormundschaft, Verlust der Handlungsfähigkeit, nur wenn keine andere Beistandschaft möglich (Art. 398 ZGB) 30 Beistandschaften (Art. 390 ff. ZGB) Beistandschaften Beistandschaften Verzicht auf Beistandschaft (bei Unverhältnismässigkeit; Art. 392 ZGB) • KESB nimmt Handlung selber vor • Dritter erhält Auftrag für einzelne Aufgaben • Einblick und Auskunft an Person oder Stelle 31 Was kann jeder für sich tun? Was kann jeder für sich tun • Sich frühzeitig mit Thematik befassen / Gespräche mit Angehörigen • Bankvollmachten • Vollmacht mit Geltung über Urteilsunfähigkeit hinaus; eventuell: notarielle Beglaubigung und/oder ärztliche Bestätigung der Urteilsfähigkeit • Vorsorgeauftrag und Patientenverfügung (Formvorschriften beachten) 32 Fragen ? Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 33