UND ANDERSWO …? Und anderswo …? Antoine de Torrenté ­ Bei der Untersuchung der physiologischen Wirkung von Angiotensin II wurden zwei Rezeptoren entdeckt: AT1R und AT2R. AT1R ist für kardiovaskuläre Auswirkungen (u.a. Hypertonie) verantwortlich und seine Hemmung durch Sartane war ein bedeutender Fortschritt. Die physiologische Wirkung von AT2R ist weniger bekannt, man weiss jedoch, dass sie vor allem an den nozizeptiven Nervenzellen ansetzt. Es wurde ein selektiver AT2R-Antagonist mit dem Namen EMA401 entwickelt. In vitro hemmt dieser den Kalziumeinstrom in die nozizeptiven Nervenzellen. Demzufolge müsste er deren Aktivität verringern und somit eine Schmerz linderung bewirken. Ist dem tatsächlich so? Methode In der letzten Studienwoche wiesen die Patienten unter EMA401 eine Schmerzlinderung um 2,3 Punkte gegenüber 1,6 Punkten unter Plazebo auf (p <0,0066). Die NNT, um eine 50 %-ige Schmerzlinderung in Woche 4 zu erzielen, lag bei ~7 Patienten, wobei 31% eine 50 %-ige Schmerzlinderung erfuhren. Fast die Hälfte der Patienten in beiden Gruppen litt unter Nebenwirkungen, die jedoch harmlos waren (Nasopharyngitis). Fragestellung Resultate Postherpetische Neuralgie: eine neue Therapie? Probleme Die Behandlungsdauer war kurz, und die Gruppen waren relativ klein. Der Plazeboeffekt war ziemlich hoch, wie es in Studien mit subjektiv empfundenen Krankheitssymptomen häufig der Fall ist. Dies tut der Wirksamkeit von EMA401 jedoch keinen Abbruch. Die Studie wurde von Spinifex finanziert. Kommentar Hepatitis C: Heilung? USA: Waffen überall! In der multizentrischen, randomisierten, doppelblinden, plazebokontrollierten Phase-II-Studie wurde die Wirksamkeit von EMA401 anhand von Schmerzpatienten mit Post-Zoster-Neuralgie untersucht (deren Lebensqualität mitunter stark eingeschränkt ist). Die Studie wurde hauptsächlich in osteuropäischen Ländern durchgeführt, jedoch vom Imperial College London und der medizinischen Fakultät der University of Rochester in den USA geleitet. Nach einem 14-tägigen Follow-up erhielten 92 Patienten 28 Tage p.o. EMA401 und 91 Plazebo. Alle litten seit 2 Jahren an einer Post-Zoster-Neuralgie mit einer durchschnittlichen Schmerzstärke von 6 auf einer Skala von 0–10. Letztere wurde von den Patienten täglich in einem Schmerztagebuch notiert. Sie wurden einmal wöchentlich untersucht. Primärer Endpunkt war die Verringerung der Schmerzintensität von Studienbeginn bis -ende. Ein sekundärer Endpunkt war der Anteil der Patienten mit einer mindestens 50 %-igen Schmerzlinderung. ­ Die klassische Behandlung von Hepatitis C erfolgt mittels Peginterferon-α und Ribavirin. Diese ist jedoch häufig schlecht verträglich: Übelkeit, grippaler Zustand usw. In zwei Studien wurden den Patienten Sofosbuvir, welches die virale Polymerase, und Ledipasvir, das ein für die virale Replikation notwendiges Phosphoprotein (NS5A) hemmt, 8 bzw. 12 Wochen lang verabreicht. In beiden wurde das virologische Ansprechen, definiert als Virus-RNA-Menge von <25 IU/ml bei >95 % der Patienten erreicht. Der grosse Nachteil: Kosten von 90 000 $ pro Behandlung! Ein schwerwiegendes Problem für die Entwicklungsländer. Wobei man davon ausgehen kann, dass auch diese Preise, wie z.B. bei der HIV-Behandlung, möglicherweise noch sinken … Kowdley KV, et al. N Engl J Med. 2014;370:1879 und 1889. Homöopathie: Flop … Das Australian National Health and Medical Research Council hat die Unwirksamkeit von Homöopathie bei 68 Krankheiten bestätigt. Möglicherweise hat dies Auswirkungen auf die Kostenerstattung für Komplementärmedizin. Ganz im Gegensatz zur Schweiz … ­ Post-Zoster-Neuralgien bleiben auch weiterhin schwer behandelbar. Häufig werden Paracetamol (bei 7 % der Patienten in der Studie) und Antiepileptika (bei 15 % der eingeschlossenen Patienten) wie Gabapentin oder Pregabalin (mit u.U. unangenehmen Nebenwirkungen wie Übelkeit oder Schläfrigkeit) als First-line-Therapie eingesetzt. Das Faszinierende ist, dass ein AT2R-Rezeptor, der bei der Untersuchung der Renin-Angiotensin-Aldosteron-Achse entdeckt wurde, letztendlich als Schmerzmediator fungiert! Dies zeigt auch, dass «ungerichtete» Forschung ohne (oftmals finan zielle) Zielsetzungen vollkommen unerwartete Überraschungen bereithalten kann. Durch die Hemmung dieses Rezeptors eröffnen sich vielleicht endlich neue Behandlungsmöglichkeiten für Patienten mit chronischen Schmerzen. Rice AS, et al. Lancet. 2014;383(9929):1637–47. Im US-Bundesstaat Georgia wurde ein Gesetz verabschiedet, das Personen mit Waffentragbewilligung künftig erlaubt, ihr Lieblingsspielzeug in Bars, Schulen und selbst einige Kirchen mitzunehmen … Lernen diese Waffenliebhaber denn nie dazu? Erschreckenderweise ist die National Rifle Association tatsächlich ein Staat im Staate. Lancet. 2014 May 3–9;383:page i. BMI der Mutter und Mutterschaft: beunruhigend … In einer riesigen Metaanalyse von 44 Publikationen wurde das Verhältnis vom BMI der Mutter zu Frühgeburt, intrauterinem und neonatalem Tod (innerhalb von 28 Tagen nach der Geburt) untersucht. Bei einem BMI von >25 erhöhte sich das relative Risiko für die o.g. traurigen Ereignisse pro 5 BMI-Punkte um 1,15–1,24. Ganz schön besorgniserregend, wenn man sich die Figur vieler zukünftiger Mütter so anschaut! Aune D, et al. JAMA. 2014;311:1536. Lancet. 2014 April 19–25;383:page i. Schweiz Med Forum 2014;14(39):719 719