themen - Jürgen Rösch, Steuerberater

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AUSGABE
07 | 2 0 1 3
roesch-stb.de
M o n a t l i ch e S t e u e r - N e w s
THEMEN
• Wechsel der Gewinnermittlungsart
• Scheidungskosten
• Ordentliche Kündigung
• Pseudowissenschaft
• Private Fotovoltaikanlage
• Mittelstand
Steuertermine
Lohnsteuer, Kirchensteuer,
Solidaritätszuschlag
10.07.2013
Umsatzsteuer
10.07.2013
Ende der Schonfrist obiger Steuerarten
bei Zahlung durch Überweisung
15.07.2013
Hinweis
Die Abgabe-Schonfrist ist abgeschaff t. Die 3-Tages-ZahlungsSchonfrist gilt nur noch bei Überweisungen, nicht bei Barzahlungen und Scheckzahlungen.
Unternehmen
Ausgabe 07|2013 / Seite 2
Steuer
Ein nachträglicher Wechsel der Gewinnermittlungsart von § 4 Abs. 3 EStG zu § 4
Abs. 1 EStG ist nicht möglich (Teil 1)
Mit Urteil dem Urteil (Az. 2 K 123/10, EFG
2013, 916) hat die Berichterstatterin des
2. Senats des Finanzgerichts Vorgenanntes erkannt. Der Kläger hatte im Jahre 2002
sämtliche Anteile an einer GmbH zum Preis
von 77.999,27 Euro erworben. Die GmbH erwirtschaftete in der Folgezeit Verluste. Im
Jahre 2006 wurde sie mittels Übertragung
ihres Vermögens als Ganzes unter Auflösung ohne Abwicklung auf ein Einzelunternehmen des Klägers verschmolzen. Mit
seiner Einkommensteuererklärung 2005
reichte der Kläger zunächst eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG für das Einzelunternehmen ein, aus der sich ein Gewinn in Höhe von 545,97 Euro ergab. Später
legte er eine berichtigte Gewinnermittlung
vor. Nunmehr ergab sich ein Verlust in Höhe
von 77.452,30 Euro, denn der Kläger nahm
eine Abschreibung auf die GmbH-Anteile
auf einen Erinnerungswert von 1 Euro vor.
Angesichts der seitens der GmbH erwirtschafteten erheblichen Verluste komme
ein höherer Wertansatz nicht in Betracht.
Das Finanzamt lehnte die Anerkennung der
Teilwertabschreibung im Rahmen einer bei
dem Kläger durchgeführten Außenprüfung
ab. Der Kläger habe für das Jahr 2005 eine
Einnahme-Überschuss-Rechnung nach § 4
Abs. 3 EStG erstellt, für die eine Teilwertabschreibung nicht möglich sei (Bezugnahme
auf das BFH-Urteil vom 21. Juni 2006 XI R
49/05, BStBl II 2006, 712).
Daraufhin beantragte der Kläger einen
Wechsel der Gewinnermittlungsart und
reichte eine Eröffnungsbilanz auf den 1. Januar 2005 sowie einen Jahresabschluss auf
den 31. Dezember 2005 ein. Das Finanzamt
erkannte die nachträgliche Änderung der
Gewinnermittlungsart nicht an. Nachdem
bereits eine Einnahme-Überschuss-Rechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG eingereicht worden sei, sei der Wechsel zum Bestandsvergleich nur bis zur formalen Bestandskraft
(Unanfechtbarkeit) möglich gewesen (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 19. Oktober
2005 XI R 4/04, BStBl II 2006, 509).
Mit seiner Klage machte der Kläger geltend, dass Steuerpflichtigen, die - wie er
- zwar nicht buchführungspflichtig seien,
aber freiwillig Bücher führten, ein Wahlrecht zwischen den Gewinnermittlungsarten gemäß § 4 Abs. 1 EStG und § 4 Abs. 3
EStG zustehe. Dieses Wahlrecht könne bis
zur Bestandskraft der Steuerfestsetzung
bzw. -feststellung in Anspruch genommen
werden. Auch ohne dazu verpflichtet gewesen zu sein, habe er eine Buchhaltung
unterhalten, die monatlich erstellt worden
sei. Zwar sei zunächst formal keine Eröffnungsbilanz erstellt worden. Eine solche
sei aber im Januar 2005 aus den Buchhaltungsdaten abgeleitet und entsprechende
Eröffnungsbilanzbuchungen
vorgenommen worden. Allein der Umstand, dass die
Eröffnungsbilanz erstmals später im Rahmen der Außenprüfung ausgedruckt und
vorgelegt worden sei, könne nicht dazu
führen, dass ihm die Möglichkeit genommen werde, die Gewinnermittlungsart zu
wechseln.
Die Sichtweise des Finanzamtes widerspreche dem Grundsatz der Besteuerung nach
der Leistungsfähigkeit. Angesichts der später erfolgten Verschmelzung der GmbH auf
das Einzelunternehmen des Klägers bleibe
ihm nämlich keine Möglichkeit, die insofern
entstandenen wirtschaftlichen Verluste
steuerlich geltend zu machen.
Das Finanzgericht hat die Klage abgewiesen. Die Gewinnermittlungsmethoden des
Bestandsvergleichs und der EinnahmeÜberschuss-Rechnung seien unterschiedlich, aber grundsätzlich gleichwertig. Es
bestehe kein Rangverhältnis zwischen ihnen. Die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich als Grundform habe
nur Bedeutung für die Frage, nach welcher
Methode der Gewinn zu ermitteln sei, wenn
der Steuerpflichtige keine (wirksame) Wahl
für die eine oder andere Gewinnermittlungsart getroffen habe, in einem solchen
Fall bleibe es bei der Gewinnermittlung
durch Betriebsvermögensvergleich (BFHUrteil vom 19. März 2009 IV R 57/07, BStBl II
2009, 659 m. w. N.).
Unternehmen
Ausgabe 07|2013 / Seite 3
Steuer
Ein nachträglicher Wechsel der Gewinnermittlungsart von § 4 Abs. 3 EStG zu § 4
Abs. 1 EStG ist nicht möglich (Teil 2)
Zwar habe der BFH in seiner neueren Rechtsprechung hervorgehoben, dass das Wahlrecht zwischen der Gewinnermittlung nach §
4 Abs. 1 EStG und § 4 Abs. 3 EStG nicht buchführungspflichtigen Steuerpflichtigen prinzipiell unbefristet zustehe (BFH-Urteil vom 19.
Oktober 2005 XI R 4/04, BStBl II 2006, 509),
formal werde das Wahlrecht hiernach allein
durch die Bestandskraft der Steuerfestsetzung bzw. Feststellung begrenzt. Eine einmal
getroffene Wahl könne aber nachträglich nicht
mehr geändert werden; auf die Kenntnis der
steuerlichen Folgen komme es nicht an (BFHUrteil vom 2. März 2006 IV R 32/04, BFH/NV
2006, 1457). Hier habe der Kläger sein Wahlrecht hinsichtlich der Gewinnermittlungsart
für 2005 wirksam und damit bindend zugunsten der Einnahme-Überschuss-Rechnung ausgeübt. Denn er habe für 2005 zunächst eine
Einnahme-Überschuss-Rechnung erstellt und
auf Grund dieser Gewinnermittlung nach §
4 Abs. 3 EStG seine Einkommensteuererklärung beim Finanzamt eingereicht. Spätestens
mit diesem eindeutigen Verhalten habe er
sein Wahlrecht zur Gewinnermittlung nach
§ 4 Abs. 3 EStG ausgeübt und auch nach außen hin dokumentiert (vgl. BFH-Urteil vom
24.9.2008 X R 58/06, BStBl II 2009, 368). Außerdem fehle es an einer zeitnah aufgestellten
Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 2005. Die im
Rechtsbehelfsverfahren vorgelegte Primanota
„Eröffnungsbilanzbuchungen“, aus der sich
die für eine Bilanzierung erforderlichen Zahlen
entnehmen ließen, rechtfertigten keine andere Beurteilung. Denn es handele sich dabei
nicht um eine formelle Eröffnungsbilanz (siehe so bei Kontenübersichten im Verhältnis zur
Schlussbilanz BFH-Urteil vom 2. März 2006 IV
R 32/04, BFH/NV 2006, 1457). Der Kläger könne damit für den Gewinnermittlungszeitraum
2005 nicht nachträglich zur Gewinnermittlung
durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG
übergehen. Das von ihm tatsächlich ausgeübte Wahlrecht binde ihn für diesen Zeitraum.
Eine Teilwertabschreibung gemäß § 6 Abs. 1
Nr. 2 EStG auf die GmbH-Anteile komme aber
bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3
EStG nicht in Betracht (BFH-Urteil vom 21.
Juni 2006 XI R 49/05, BStBl II 2006, 712 m. w.
N.). § 6 Abs. 1 Satz 1 EStG besage ausdrücklich, dass die Regelung nur für die Bewertung
der einzelnen Wirtschaftsgüter gelte, die
nach § 4 Abs. 1 oder nach § 5 EStG als Betriebsvermögen anzusetzen seien. Diese Beschränkung sei sachgerecht, da die Einnahme-Überschuss-Rechnung in erster Linie eine
auf dem Zahlungsprinzip beruhende vereinfachte Form der Gewinnermittlung darstellt
und weitere über die Anwendung der §§ 7 ff.
EStG hinausgehenden Differenzierungen vermieden werden sollten, zumal das Gesamtergebnis („Totalgewinngleichheit“) nicht
tangiert werde und eine „gleichheitswidrige“
Benachteiligung nicht gegeben sei.
Die hier erfolgte Verschmelzung zwinge nicht
zu einer anderen Sichtweise. Zwar sei die
Beteiligung durch die Verschmelzung untergegangen. Werde die übertragende Körperschaft handelsrechtlich aufgelöst und
ihr Vermögen ohne Abwicklung auf einen
anderen Rechtsträger übertragen, sei gem.
§ 2 UmwStG davon auszugehen, dass das
Vermögen der übertragenden Körperschaft
mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags auf den Übernehmer übergegangen
ist und die übertragende Körperschaft nicht
mehr bestehe. Infolge des Vermögensübergangs ergebe sich gemäß § 4 Abs. 4 Satz 1
UmwStG grundsätzlich ein Übernahmegewinn oder Übernahmeverlust in Höhe des
Unterschiedsbetrags zwischen dem Wert,
mit dem die übergegangenen Wirtschaftsgüter zu übernehmen seien, und dem Buchwert der Anteile an der übertragenden Körperschaft. Gem. § 9 Abs. 1 UmwStG gelte
das entsprechend, wenn das Vermögen der
übertragenden Körperschaft - wie hier - Betriebsvermögen einer natürlichen Person
werde. Gem. § 4 Abs. 6 UmwStG in der hier
(nach Einführung des Halbeinkünfteverfahrens durch das Steuersenkungsgesetz ab
2001) maßgeblichen Fassung bleibe jedoch
ein Übernahmeverlust außer Ansatz. Das sei
auch vor dem Hintergrund des sog. objektiven Nettoprinzips unbedenklich. Mit Einführung des Halbeinkünfteverfahrens durch das
Steuersenkungsgesetz ab 2001 seien Übernahmeverluste zwar nicht mehr nutzbar, andererseits seien Übernahmegewinne gemäß
§ 4 Abs. 7 UmwStG entsprechend den Regeln
des § 3 Nr. 40 EStG n. F. zur Hälfte steuerfrei.
Der BFH habe die Verfassungsmäßigkeit der
Nichtberücksichtigung eines Übernahmeverlusts zu alten Gesetzesfassungen bestätigt (u. a. mit Urteilen vom 19. Oktober 1998
VIII R 58/95, BStBl II 1999, 298; vom 22. Februar 2005 VIII R 89/00, BStBl II 2005, 624
zum UmwStG 1977). Das (dortige) Verbot
des Verlustabzugs hänge erkennbar damit
zusammen, dass gemäß § 3 UmwStG 1977
in die steuerliche Schlussbilanz der übertragenden GmbH die selbst geschaffenen
immateriellen Wirtschaftsgüter (z. B. der Geschäftswert) keinen Eingang fänden und damit das Übernahmeergebnis nicht erhöhten,
also insbesondere einen Übernahmeverlust
nicht neutralisierten. Zum anderen sei in die
verfassungsrechtliche Beurteilung einzustellen, dass es den Betroffenen regelmäßig
freigestanden habe, die Kapitalgesellschaft
zu liquidieren und hierdurch die Besteuerung
nach § 17 Abs. 4 EStG auszulösen (BFH-Urteil
vom 22. Februar 2005 VIII R 89/00, BStBl II
2005, 624). Diesen Grundgedanken sei auch
hier zu folgen.
Der BFH hat die Revision auf die erhobene
Nichtzulassungsbeschwerde
zugelassen.
Das Revisionsverfahren wird unter dem Aktenzeichen III R 13/13 geführt.
Privatpersonen
Ausgabe 07|2013 / Seite 4
Steuer
Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastung
Der 5. Senat des Schleswig-Holsteinischen
Finanzgerichts hat am 7. April 2013 (Az. 5 K
156/12) entschieden, dass die Kosten eines
in einem Scheidungsfolgenverfahren beauftragten britischen Rechtsanwalts und die mit
dem Verfahren in Zusammenhang stehenden
Reisekosten als außergewöhnliche Belastungen gem. § 33 Abs. 1 EStG abzugsfähig sind,
soweit sich der Steuerpflichtige dem Verfahren ohne jeden eigenen Gestaltungsspielraum zu stellen hatte, das Verfahren nicht
mutwillig oder ohne Aussicht auf Erfolg war,
die Höhe der vereinbarten Kosten nach landestypischen Gesichtspunkten angemessen
ist und keine Kostenerstattung erfolgt.
Der Kläger war bis 2006 in Großbritannien
verheiratet und hat aus dieser Ehe zwei unterhaltsberechtigte Kinder. 2004 trennten
sich die Eheleute und schlossen im gleichen
Jahr eine privatschriftliche Vereinbarung zur
Regelung der mit der Trennung zusammenhängenden Angelegenheiten. Der Kläger ist
in zweiter Ehe in Deutschland verheiratet.
Die geschiedene Ehefrau machte Anfang
2009 Ansprüche gegen den Kläger wegen
Kindesunterhalts, Versorgungsausgleichs,
Unterhalts für sich und Vermögensausgleichs
geltend. Der Kläger wurde Mitte 2010 zur
mündlichen Verhandlung vor einem Gericht in
Großbritannien geladen. Der Kläger schloss
im Juni 2010 mit einem in London praktizierenden, Deutsch und Englisch sprechenden,
auf Familienrecht spezialisierten Anwalt
einen Anwaltsvertrag, der u. a. eine Vergütung von 275 GBP zuzüglich Umsatzsteuer
vorsah. Dem Kläger entstanden im Streitjahr
18.000 Euro Anwalts- und rund 830 Euro
Reisekosten.
Nach dem BFH-Urteil vom 12. Mai 2011 VI R
42/10 (BFH/NV 2011, 1612) sind Zivilprozesskosten mit Rücksicht auf das staatliche Gewaltmonopol unabhängig vom Gegenstand
des Prozesses aus rechtlichen Gründen
zwangsläufig erwachsen. Unausweichlich
seien derartige Aufwendungen jedoch nur,
wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung
oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, nicht mutwillig erscheint und einen angemessenen Betrag
nicht überschreitet.
von 275 GBP zuzüglich Umsatzsteuer für einen im Familienrecht und im internationalen
Familienrecht tätigen Anwalt in London als
angemessen anzusehen sei. Für den Senat
nachvollziehbar hatte der Kläger einen in
England tätigen, im internationalen Familienrecht bewanderten, Englisch und Deutsch
sprechenden Anwalt zu beauftragen.
Auf Betreiben seiner geschiedenen Ehefrau
und wegen der letztlich von ihr rechtshängig
gemachten Klage hatte sich der Kläger dem
Verfahren ohne jeden eigenen Gestaltungsspielraum zu stellen. Ein Versuch des Klägers, eine gütliche Einigung herbeizuführen,
hatte keinen Erfolg. Die Einwände des Klägers gegen die von seiner geschiedenen Ehefrau geltend gemachten Ansprüche erscheinen weder ohne Aussicht auf Erfolg noch
mutwillig, denn bereits aus der Verhandlung
im November 2010 ergibt sich, dass für den
Kläger hinreichende Erfolgsaussichten bestanden: Die ursprünglich geltend gemachten Ansprüche konnten in erheblichem Umfang beschränkt und letztlich auf die Höhe
des Kindesunterhaltes reduziert werden. Der
Versorgungsausgleich ist in der Bundesrepublik zu verhandeln.
Auch die Reisekosten teilen in diesem Einzelfall nach Überzeugung des Senats das
Schicksal der Anwaltskosten. Die wesentlichen Verfahrenshandlungen fanden in
England statt. Der Kläger war verpflichtet,
persönlich zum Prozess zu erscheinen. Auch
im Fall der kurzfristigen Aufhebung des Verhandlungstermins hatte sich das wirtschaftliche Risiko für den Kläger bereits so weit
konkretisiert, dass ihm die als Stornokosten
geltend gemachten Reisekosten aus den dargelegten Gründen im Sinne des § 33 EStG
zwangsläufig entstanden und der Höhe nach
angemessen sind. Im Hinblick auf die besonderen Umstände des Falles, dass nämlich der
Kläger ohne eigene Gestaltungs- und Entscheidungsmöglichkeit Beklagter vor einem
britischen Zivilgericht in einer vielschichtigen
Familiensache wurde und sich Forderungen
von nicht unerheblicher Höhe und wirtschaftlichem Risiko ausgesetzt sah, aber auch aus
den in der Natur der Sache liegenden Umständen einer familienrechtlichen Auseinandersetzung hält der Senat zudem den Anteil
der Reisekosten des Klägers nach § 33 EStG
berücksichtigungsfähig, der im Zusammenhang mit der Besprechung der Angelegenheit
mit seinem Rechtsanwalt entstanden ist. Der
Senat hat die Revision zugelassen. Das Revisionsverfahren ist bei dem BFH unter dem Aktenzeichen VI R 26/13 anhängig.
Auch der Höhe nach sind die Rechtsanwaltskosten unter Berücksichtigung der landestypischen Besonderheiten nicht unangemessen. Dies folgt für den Senat bereits aus
dem Umstand, dass es gerichtsbekannt in
Großbritannien kein mit der Bundesrepublik
vergleichbares System von Rechtsanwaltsgebühren gibt, sondern grundsätzlich Stundensätze vereinbart werden (vgl. insoweit auch
das Schreiben der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland London vom Februar
2013 „Rechtsberatung und Rechtsverfolgung
in Großbritannien“), und dass einer Bestätigung der British-German Jurists‘ Association
zufolge der vereinbarte Stundensatz in Höhe
Gegen das Urteil vom 13.11.2012 wurde Revision eingelegt. Aktenzeichen des Bundesfinanzhofs: VI R 13/13.
Unternehmen
Ausgabe 07|2013 / Seite 5
R e ch t
Bestimmtheit einer ordentlichen Kündigung - Kündigungsfrist
Eine Kündigung muss bestimmt und unmissverständlich erklärt werden. Der Empfänger einer ordentlichen Kündigungserklärung muss erkennen können, wann das
Arbeitsverhältnis enden soll. Regelmäßig
genügt hierfür die Angabe des Kündigungstermins oder der Kündigungsfrist.
Ausreichend ist aber auch ein Hinweis auf
die maßgeblichen gesetzlichen Fristenregelungen, wenn der Erklärungsempfänger
hierdurch unschwer ermitteln kann, zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis enden
soll.
Die Klägerin war seit 1987 bei der Schuldnerin als Industriekauffrau beschäftigt.
Am 1. Mai 2010 wurde der Beklagte zum
Insolvenzverwalter über das Vermögen der
Schuldnerin bestellt. Bereits zuvor hatte
die Geschäftsführung der Schuldnerin mit
Zustimmung des Beklagten die vollständige Betriebsstilllegung beschlossen und
den Betriebsrat zur beabsichtigten Kündigung aller Arbeitsverhältnisse angehört.
Mit Schreiben vom 3. Mai 2010 kündigte
der Beklagte das Arbeitsverhältnis der
Klägerin ordentlich „zum nächstmöglichen
Zeitpunkt“. Das Kündigungsschreiben führt
im Weiteren aus, welche Kündigungsfristen sich aus § 622 BGB ergeben und dass
§ 113 InsO eine Begrenzung der gesetzlichen, tariflichen oder arbeitsvertraglichen
Kündigungsfrist auf drei Monate bewirke,
sofern sich eine längere Frist ergebe. Mit
ihrer Klage wendet sich die Klägerin gegen
die Kündigung.
Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Kündigungserklärung sei
bereits unbestimmt. Die Revision des Beklagten hatte vor dem Sechsten Senat des
Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Die Klage ist
unbegründet. Das Arbeitsverhältnis hat mit
Ablauf des 31. August 2010 geendet.
Die Kündigungserklärung ist ausreichend
bestimmt. Die Klägerin konnte dem Kündigungsschreiben unter Berücksichtigung
ihrer Betriebszugehörigkeit entnehmen,
dass § 113 InsO zu einer Begrenzung der
Kündigungsfrist auf drei Monate führt, ihr
Arbeitsverhältnis also zum 31. August 2010
enden sollte. Die Kündigung ist auch nicht
aus anderen Gründen unwirksam.
Privatpersonen
Ausgabe 07|2013 / Seite 6
Steuer
Aufwendungen für die Fortbildung in einer Pseudowissenschaft können nicht als
Werbungskosten berücksichtigt werden
Mit Urteil vom 3. Juni 2013 (Az. 5 K 1261/12)
hat sich das Finanzgericht Rheinland-Pfalz
mit der Frage beschäftigt, ob Aufwendungen
eines Bankbetriebswirts für die Fortbildung
in „Psycho- und Pathophysiognomik“ (Versuch, von physiologischen Merkmalen wie
Körperbau, Schädelform und Gesichtszügen
auf die seelischen Eigenschaften eines Menschen, insbesondere dessen Charakterzüge
und/oder Temperament zu schließen) als
Werbungskosten zu berücksichtigen sind.
seines Arbeitgebers habe er bereits eine
Ausbildung zum diplomierten systemischen
Coach absolviert. Da ihm diese Kenntnisse
überaus hilfreich gewesen seien, habe er
sein psycho- und pathophysiognomisches
Wissen später weiter vertieft. Auch diese Kosten habe sein Arbeitgeber teilweise
übernommen. Der Besuch der Fortbildungskurse im Streitjahr 2009 sei daher ebenfalls
beruflich veranlasst und die entsprechenden Kosten abzugsfähig.
Der verheiratete und bei einer Bank beschäftigte Kläger machte in seiner Einkommensteuererklärung für 2009 Kosten für
die Fortbildung in „Psycho- und Pathophysiognomik“ in Höhe von rund 1.800 Euro
(Seminargebühren, Übernachtungskosten,
Fahrtkosten usw.) als Werbungskosten geltend. Zur Begründung führte er aus, er sei
seit sechs Jahren für die Auswahl der Auszubildenden verantwortlich. Auf Veranlassung
Das beklagte Finanzamt vertrat die Auffassung, dass es sich bei der Psycho- und
Pathophysiognomik um eine Pseudowissenschaft handle und dass die geltend gemachten Aufwendungen überwiegend privat
veranlasst seien.
Die dagegen erhobene Klage wies das Finanzgericht als unbegründet ab. Das Gericht hielt die Auffassung des beklagten
Finanzamtes für zutreffend, dass es sich bei
den geltend gemachten Kosten um gemischte Aufwendungen handle, bei denen die private Veranlassung die berufliche Veranlassung deutlich überwiege. An der Grenzlinie
zwischen Berufs- und Privatsphäre - so das
Gericht - bestehe für den Steuerpflichtige
ein Anreiz, Privataufwendungen als beruflich veranlasst darzustellen, um so den Abzug dieser Aufwendungen zu erreichen. Eine
(überwiegende) berufliche Bedeutung der
Seminare, die auch von der Ehefrau des Klägers besucht worden seien, habe der Kläger
nicht nachweisen können. Er habe die Veranstaltungen mit dem Titel „Selbstverwirklichungswille“ und „Einfühlsames Erfragen
der Anlagen, um Gesundheit und Krankheit
zu erkunden“ vor allem aus privaten Gründen besucht.
Die Revision wurde nicht zugelassen, das
Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Privatpersonen
Ausgabe 07|2013 / Seite 7
Steuer
Der Betrieb einer privaten, aber netzgeführten Fotovoltaikanlage kann zum Abzug
der entrichteten Vorsteuer berechtigen
Der Betrieb einer privaten, aber netzgeführten Fotovoltaikanlage kann zum Abzug der
entrichteten Vorsteuer berechtigen. Dieses
Abzugsrecht setzt u. a. voraus, dass die Anlage zur Erzielung nachhaltiger Einnahmen
betrieben wird.
Herr Fuchs errichtete im Jahr 2005 eine
Fotovoltaikanlage auf dem Dach seines
Wohnhauses. Da diese Anlage keine Speichermöglichkeit besitzt, liefert er die Gesamtmenge des produzierten Stroms, die
geringer ist als sein Eigenbedarf, auf der
Grundlage eines mit der Gesellschaft Ökostrom Solarpartner auf unbestimmte Zeit
abgeschlossenen Vertrags an das Netz.
Diese Lieferungen werden in Höhe des
Marktpreises vergütet und unterliegen der
Mehrwertsteuer. Herr Fuchs kauft den für
seinen Haushalt benötigten Strom zum selben Preis, für den der von seiner Fotovoltaikanlage produzierte Strom an das Netz
geliefert wird, von der Ökostrom Solarpartner zurück. Herr Fuchs beantragte bei der
zuständigen Steuerbehörde, dem Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr (Österreich),
die Erstattung der im Zusammenhang mit
dem Erwerb der Fotovoltaikanlage entrichteten Vorsteuer. Das Finanzamt verweigerte
diese Vorsteuererstattung mit der Begründung, dass Herr Fuchs mit dem Betrieb
seiner Fotovoltaikanlage keine wirtschaftliche Tätigkeit ausübe. Herr Fuchs legte
daraufhin Berufung beim Unabhängigen
Finanzsenat, Außenstelle Linz, ein, der seiner Berufung stattgab.
Der vom Finanzamt angerufene Verwaltungsgerichtshof (Österreich) möchte in
diesem Zusammenhang wissen, ob nach
dem Unionsrecht der Betrieb einer auf
oder neben einem privaten Wohnhaus angebrachten Fotovoltaikanlage, die derart
ausgelegt ist, dass zum einen die Menge
des erzeugten Stroms die durch den Anlagenbetreiber insgesamt privat verbrauchte
Strommenge immer unterschreitet und zum
anderen der erzeugte Strom gegen nachhaltige Einnahmen an das Netz geliefert
wird, unter den Begriff „wirtschaftliche Tätigkeiten“ fällt.
Mit seinem Urteil vom 20.06.2013 bejaht
der Gerichtshof diese Frage.
Der Gerichtshof stellt fest, dass der Betrieb einer Fotovoltaikanlage eine „wirtschaftliche Tätigkeit“ darstellt, wenn diese
Tätigkeit zur nachhaltigen Erzielung von
Einnahmen ausgeübt wird. Der Begriff der
Einnahmen ist im Sinne eines als Gegenleistung für die ausgeübte Tätigkeit erhaltenen Entgelts zu verstehen. Folglich spielt
es für die Feststellung, dass die Nutzung eines Gegenstands zur Erzielung von Einnahmen erfolgt, keine Rolle, ob diese Nutzung
auf die Erzielung von Gewinnen gerichtet
ist.
Da die Anlage auf dem Dach des Hauses
von Herrn Fuchs Strom erzeugt, der gegen Entgelt in das Netz eingespeist wird,
erfolgt der Betrieb dieser Anlage durch
Herrn Fuchs zur Erzielung von Einnahmen.
Diese Einnahmen sind, da die Stromlieferungen an das Netz auf der Grundlage
eines auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Vertrags erfolgen, auch nachhaltig. Insoweit ist es unerheblich, dass die
Menge des von der Anlage produzierten
Stroms die durch den Anlagenbetreiber
für seinen Haushaltsbedarf verbrauchte
Strommenge immer unterschreitet.
Außerdem weist der Gerichtshof darauf
hin, dass ein Steuerpflichtiger nach der
Logik des Mehrwertsteuersystems die
Mehrwertsteuer, mit der auf der Vorstufe
die Gegenstände oder Dienstleistungen
belastet waren, die er für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet, abziehen kann. Der Vorsteuerabzug ist an die
Erhebung der Steuern auf der folgenden
Stufe geknüpft. Werden die Gegenstände
oder Dienstleistungen auf der folgenden
Stufe für die Zwecke besteuerter Umsätze
verwendet, ist ein Abzug der Steuern, mit
der sie auf der Vorstufe belastet waren,
geboten, um eine Doppelbesteuerung zu
vermeiden. Die Eigenschaft als Steuerpflichtiger setzt insbesondere voraus,
dass der Betreffende eine „wirtschaftliche
Tätigkeit“ ausübt.
Unternehmen
Ausgabe 07|2013 / Seite 8
W i r t s ch a f t
Mittelstand in robuster Verfassung
87 Prozent der Unternehmen erwarten auf
Halbjahressicht eine gute oder befriedigende Geschäftslage. Erhalt des Euros als prioritäre Aufgabe.
Der industrielle Mittelstand zeigt sich aktuell in einer robusten Verfassung. Das ist ein
zentrales Ergebnis des aktuellen BDI-Mittelstandspanels, das der BDI in Berlin vorstellte. Demnach sind 87 Prozent der befragten
Unternehmen für die nächsten sechs Monate
positiv gestimmt: 41 Prozent erwarten eine
„gute oder sehr gute“ und 46 Prozent eine
„befriedigende“ Geschäftslage. Für die kommenden zwölf Monate trüben sich die Erwartungen leicht ein.
Die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen beurteilen die Unternehmen in der
Summe ähnlich wie im BDI-Mittelstandspanel vom Herbst 2012: 34 Prozent schätzen
die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen als „gut bis sehr gut“ ein, 58 Prozent als „befriedigend“. Für die kommenden
zwölf Monate rechnen die Unternehmen mit
einer leichten Verschlechterung. Ein wichtiger Grund ist die weiterhin bestehende Unsicherheit über die weitere Entwicklung der
Euroschuldenkrise.
„Die im BDI vertretenen mittelständischen
Unternehmen und Familienunternehmen
sehen den Erhalt des Euros als wirtschaftspolitisch prioritäre Aufgabe an“, erklärte
Arndt G. Kirchhoff, Vorsitzender des BDI/
BDA-Mittelstandsausschusses. „Auch wenn
die aufstrebenden Schwellenländer als Handelspartner der deutschen Industrie stark
an Bedeutung gewonnen haben, so bleibt
doch Europa unser Heimatmarkt. Knapp 40
Prozent der deutschen Exporte gehen in den
Euro-Raum. Es wäre absolut verantwortungslos, das in Europa Erreichte aufs Spiel zu setzen. Deutschland braucht den Euro.“
Die robuste Lage im deutschen Mittelstand
dürfte nach Einschätzung von Peter Englisch, Partner bei Ernst & Young, auch zu
einem weiteren Beschäftigungsaufbau führen, nachdem die Inlandsbeschäftigung im
industriellen Sektor bereits im vergangenen
Jahr um 1,3 Prozent angestiegen ist. „Das
deutsche Jobwunder hält an - 18 Prozent der
Unternehmen planen einen Beschäftigungsaufbau, nur 12 Prozent wollen die Zahl der
Mitarbeiter reduzieren. Das zeigt, dass die
Unternehmen inzwischen großen Wert auf
eine strategische und langfristige Personalplanung legen.“
Bemerkenswert sei, dass die Unternehmen 2012 trotz schwacher Konjunktur ihre
Investitionen erhöht haben, erklärte IKBChefvolkswirt Kurt Demmer. Dabei investiere
allerdings auch der Mittelstand inzwischen
verstärkt im Ausland, insbesondere in den
Schwellenländern: „Dies ist jedoch nicht als
Entscheidung gegen den Standort Deutschland zu werten. Nicht Verlagerung ist das
Motiv, sondern Aufbau zusätzlicher, kundennaher Kapazitäten.“ Begünstigt werde die Investitionsaktivität durch die gute Ertragsentwicklung. „Das Ertragsprofil im industriellen
Mittelstand war 2012 besser als in den Vorkrisenjahren 2007 und 2008“, hob Demmer
hervor.
„Die Binnenkonjunktur war für viele industrielle Mittelständler in den vergangenen
Monaten ein wichtiger Stabilitätsanker“, betonte IfM-Präsidentin Friederike Welter. „Es
wundert daher nicht, wenn die Unternehmen
mehrheitlich erwarten, dass auch in den
nächsten Monaten die Entwicklung der Inlandsnachfrage der entscheidende Einflussfaktor für ihre wirtschaftliche Entwicklung
bleiben wird. Insofern ist es konsequent,
wenn sie zur Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit gezielt Maßnahmen zur Absatzförderung initiieren.“
Quellen:
Seite 2: FG Schleswig-Holstein
Seite 4: FG Schleswig-Holstein
Seite 5: BAG
Seite 6: FG Rheinland-Pfalz
Seite 7: EuGH
Seite 8: BDI
Bildernachweis:
Alle Bilder aus Bildarchiv
www.shutterstock.com
Impressum
Jürgen Rösch
Steuerberater
Arnoldstraße 5, 73614 Schorndorf
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