Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Sommersemester 2015 Diese Folien enthalten nicht alle Teile des behandelten Stoffes. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Partielle Differentialgleichungen Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Begriff einer partiellen Differentialgleichung Seien D ⊆ Rn nichtleer, offen und zusammenhängend (Gebiet) und 2 m n n n F : D × R × R × R × ··· × R → R eine Abbildung. Eine Gleichung der Art F (x, u, ∂u ∂x1 , · · ·, ∂u ∂xn , ∂ 2u ∂x21 , · · ·, ∂ 2u ∂x2n , ··· ∂ mu ∂ mu , · · ·, )=0 m m ∂x1 ∂xn heißt partielle Differentialgleichung (PDGL) m-ter Ordnung für eine Funktion u : D → R. Durch “· · · ” wird dargestellt, dass F auch von weiteren insbesondere gemischten partiellen Ableitungen der Funktion u jeweils bis zur Ordnung m abhängen kann. Eine Funktion u : D → R, die die PDGL für alle x ∈ D erfüllt, heißt Lösung der PDGL. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Lineare partielle Differentialgleichung 1. Ordnung Gegeben seien Funktionen a0, a1. . . . , an, r : D → R. Dann heißt a0u + n X i=1 ai ∂u ∂xi =r lineare PDGL 1. Ordnung (Spezialfall einer PDGL). In anderer Notation schreibt man dafür auch n X a0u + aiuxi = r i=1 oder (mit a := (a1, . . . , an)>) a0u + a>∇u = r. Lösung durch Rückführung auf einfachere Fälle Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Nur eine partielle Ableitung tritt auf Beispiel: Seien a0, a ∈ R mit a 6= 0 und x = (x, y). a0u + aux = r ∂ a0 a0x/a a x/a 0 e u = e u + ea0x/aux ∂x a a ∂ ∂x ea0x/au = ea0x/aa0u + ea0x/aaux = ea0x/ar ea0x/au = u(x, y) = ·a 1 Z a Z x −a x/a 0 e a ea0x/ar(x, y) ds ea0x/ar(x, y) ds + C(y) x0 Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Rumpfdifferentialgleichung Gegeben seien Funktionen a0, r : Rn → R und a : Rn → Rn. Dann heißt a>∇u = 0. Rumpfdifferentialgleichung zu a0u + a>∇u = r. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Lösungsweg für Rumpfdifferentialgleichungen Zuerst sucht man (charakteristische) Raumkurven t 7→ x(t) ∈ Rn, entlang der jede Lösung der Rumpfdifferentialgleichung konstant ist, d.h. d u(x(t)) = 0 dt gilt für jede Lösung u der Rumpfdifferentialgleichung. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Charakteristischer Raumkurven Sei u eine Lösung der Rumpfdifferentialgleichung. Also gilt a(x)>∇u(x) = 0. Da u(x(t)) konstant bei Variation von t sein soll, erhält man durch Differenzieren d 0 = u(x(t)) = ẋ(t)>∇u(x(t)). dt Falls also die Abbildung t → x(t) der Bedingung ẋ(t) = a(x(t)) genügt, so ist u(x(t)) konstant bei Variation von t. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Charakteristiken Jede Lösung des charakteristischen DGL-Systems ẋ = a(x) wird als Charakteristik zur PDGL a0u + a>∇u = r bezeichnet. Offenbar sind die Charakteristiken bereits durch die der PDGL zugeordneten Rumpfdifferentialgleichung a>∇u = 0 bestimmt. Eine Charakteristik ist eine Raumkurve im Rn, entlang der jede Lösung der Rumpfdifferentialgleichung konstant ist. Ist umgekehrt eine Funktion u entlang aller Charakteristiken konstant, dann löst u die Rumpfdifferentialgleichung. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Methode zur Bestimmung der Charakteristiken Sei an(x) 6= 0 für x ∈ D. Aus den sogenannten Phasen-DGLn ẋi ẋn = ai(x) an(x) i = 1, . . . , n − 1 bestimmt man (sofern auffindbar) implizite Bedingungen fj (x) = cj , j = 1, . . . , n − 1, (∗) für die gesuchten Charakteristiken, so dass (∇f1, · · · , ∇fn−1) Vollrang besitzt. Dadurch definiert {x ∈ Rn | fj (x) = cj , j = 1, . . . , n − 1} für jeden Vektor (c1, . . . , cn−1)> eine Charakteristik. – Ggf. ist n in der Phasen-DGL durch einen anderen Index zu ersetzen. – Ggf. kann (∗) direkt aus dem charakteristische DGL-System ermittelt werden. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Lösung der Rumpfdifferentialgleichung Sei v : Rn−1 → R eine beliebige stetig differenzierbare Funktion. Dann ist u : D → R mit u(x) := v(f1(x), . . . , fn−1(x)) konstant entlang aller Charakteristiken und löst daher die Rumpfdifferentialgleichung a>∇u = 0. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Beispiel eines Anfangswertproblems Transportgleichung mit Anfangsbedingung uτ − κux = 0, u(x, 0) = g(x) für x ∈ R u beschreibt Massendichte in Abhängigkeit von Ort x und Zeit τ . Praktisch werden nicht allgemeine Lösungen sondern Lösungen gesucht, die bestimmten Nebenbedingungen genügen. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Lösungsweg für lineare PDGLn 1. Ordnung • Sei a0u + a>∇u = r gegeben. • Charakteristiken in der Form fj (x) = cj , j = 1, . . . , n − 1 • Koordinatentransformation ( ξ = ξ(x), x = x(ξ) ) ξj = fj (x) liefert ã0(ξ) := a0(x(ξ)), j = 1, . . . , n − 1, ã(ξ) := a(x(ξ)), ξn = xn r̃(ξ) := r(x(ξ)) und die stark vereinfachte lineare PDGL 1. Ordnung ã0ũ + ãnũξn = r̃ • Lösung dieser PDGL ũ(ξ) = f (ξn, g(ξ1, . . . , ξn−1)) • Lösung der Ausgangsgleichung durch Rücktransformation u = f (xn, g(f1(x), . . . , fn−1(x)) Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Lösungsweg ohne explizite Koordinatentransformation • Sei a0u + a>∇u = r gegeben. • Mit U (t) := u(x(t)), R(t) := r(x(t)), A0(t) := a0(x(t)) folgt U̇ = ẋ>∇u(x) = R − A0 U. • Allgemeine Lösung von U̇ = R − A0 U sei UC (C Konstante aus Integration). • Rücksubstitution (U → u) und Ersetzen von C durch Lösung v(f1, . . . , fn−1) der Rumpfdifferentialgleichung. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Lineare partielle Differentialgleichungen 2. Ordnung Gegeben seien Funktionen aij , bi, c, r : D → R. Dann heißt n X i,j aij uxixj + n X biuxi + cu = r () i=1 lineare Differentialgleichung 2. Ordnung für die gesuchte Funktion u : D → R. Erweiterungen • Falls in () die Funktionen aij auch von u und ∇u abhängen können, spricht man von einer quasilinearen PDGL 2. Ordnung. • Falls in () die Funktion r auch von u und ∇u abhängen kann, spricht man von einer semilinearen PDGL 2. Ordnung. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Klassifikation von linearen PDGLn 2. Ordnung Für aij aus der PDGL () gelte aij = aji für i, j = 1, . . . , n. Weiter sei A(x) := (aij (x)) für x ∈ D. Dann heißt die PDGL () im Punkt x ∈ D elliptisch , wenn A(x) nur positive oder nur negative EWe hat, parabolisch , wenn genau ein EW von A(x) gleich 0 ist und die anderen EWe entweder alle positiv oder alle negativ sind, hyperbolisch , wenn alle EWe von A(x) ungleich 0 sind und A(x) genau einen positiven oder genau einen negativen EW hat. Gilt eine der drei Eigenschaften für alle x ∈ D, dann bezeichnet man die PDGL entsprechend als elliptisch, parabolisch bzw. hyperbolisch. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Der Laplace-Operator (Wiederholung) Der Laplace-Operator ∆ : C 2(D, R) → C(D, R) ordnet durch ∆u := ux1x1 + · · · + uxnxn jedem zweimal stetig differenzierbaren Skalatfeld u : D → R das Skalarfeld ∆u : D → R zu. Wenn u von (t, x) abhängt, schreibt man ∆xu := ux1x1 + · · · + uxnxn . Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Beispiel zur Klassifikation Für die Tricomi-Gleichung uyy + yuxx = 0 ist A(x, y) = y 0 . 0 1 Sie ist • elliptisch, falls y > 0, • (parabolisch, falls y = 0), • hyperbolisch, falls y < 0. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Grundformen der drei Klassen • elliptisch −∆u + · · · = r z.B. Poisson-Gleichung −∆u = r • parabolisch −∆xu + ut + · · · = r z.B. Diffusionsgleichung −∆xu + ut = 0 • hyperbolisch utt − ∆x + · · · = r z.B. Wellengleichung utt − ∆xu = 0 Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Transformation auf Normalform im Fall n = 2 Seien a, b, c, r : D ⊆ R2 → R zweimal stetig differenzierbare Funktionen. Die PDGL auxx + 2buxy + cuyy = r soll durch eine Koordinatentransformation (x, y) ↔ (ξ, η) auf elliptische Normalform Uξξ + Uηη = D(ξ, η, U, Uξ , Uη ) bzw. parabolische Normalform Uηη = D(ξ, η, U, Uξ , Uη ) bzw. hyperbolische Normalform Uξη = D(ξ, η, U, Uξ , Uη ) gebracht werden. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Prinzipielles Vorgehen Der Ansatz ξ = ξ(x, y), η = η(x, y) führt für geeignete Funktionen ξ, η mit U (ξ, η) := u(x(ξ, η), y(ξ, η)), U (ξ(x, y), η(x, y)) = u(x, y) mit der Kettenregel auf ux = Uξ ξx + Uη ηx, 2 +U η ξ +U ξ 2 +U η , uxx = Uξξ ξx + U ξ η + U η ηη x η xx ξη x x ξ xx ηξ x x usw. Daraus erhält man AUξξ + 2BUξη + CUηη = D(ξ, η, U, Uξ , Uη ) mit 2 + 2bξ ξ + cξ 2 , A = aξx x y y und 2 + 2bη η + cη 2 C = aηx x y y B = aξxηx + b(ξxηy + ηxξy ) + cξy ηy . Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Damit A bzw. C zur Nullfunktion wird, bietet es sich an, für ξ bzw. η unabhängige Lösungen der charakteristischen PDGL 2 + 2bz z + cz 2 = 0 azx x y y zu verwenden. O.B.d.A. sei a(x, y) 6= 0 für alle (x, y)> ∈ D. Dann folgt aus dem Ansatz 2 + 2 b z z + c z 2 = (z − v z )(z − v z ) zx x x 1 y 2 y a x y a y 2 − (v + v )z z + v v z 2 = zx 1 2 x y 1 2 y für die Funktionen v1, v2 durch Koeffizientenvergleich b 1p 2 v1/2 = − ± b − ac . a a Um (zx − v1zy )(zx − v2zy ) = 0 zu lösen, betrachtet man nun zx − v1zy = 0 bzw. zx − v2zy = 0. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Fallunterscheidung zur Lösung der Rumpfdifferentialgleichungen • ac − b2 = 0 (parabolischer Fall) zx + ab zy = 0 liefert Charakteristiken in der Form c1 = f1(x, y). Koordinatentransformation: ξ = f1(x, y) und η = y. • ac − b2 < 0p (hyperbolischer Fall) azx + b + b2 − ac zy = 0 liefert c1 = f1(x, y) p azx + b − b2 − ac zy = 0 liefert c2 = f2(x, y) Koordinatentransformation: ξ = f1(x, y) und η = f2(x, y) • ac − b2 > 0 (elliptischer Fall) p azx + b + i ac − b2 zy = 0 liefert c1 + ic2 = f1(x, y) + if2(x, y) Koordinatentransformation: ξ = f1(x, y) und η = f2(x, y) Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Beispiele für typische Nebenbedingungen Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Anfangsbedingungen bei der Wellengleichung Seien κ 6= 0 und h1, h2 : R → R zweimal stetig differenzierbar. utt = κ2uxx, u(x, 0) = h1(x), ut(x, 0) = h2(x) Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Lösung der Wellengleichung Die Koordinatentransformation (x, t) ↔ (ξ, η) mit ξ = x + κt, η = x − κt und U (ξ, η) = u(x(ξ, η), t(ξ, η)) liefert die transformierte Wellengleichung (in Normalform) Uξη = 0. Deren allgemeine Lösung lautet U (ξ, η) = f (ξ) + g(η) mit beliebigen zweimal stetig differenzierbaren f, g : R → R. Rücktransformation ergibt allgemeine Lösung der Wellengleichung u(x, t) = f (x + κt) + g(x − κt). Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Einbeziehung der Anfangsbedingungen Einsetzen der Anfangsbedingungen u(x, 0) = h1(x), ut(x, 0) = h2(x) in die allgemeine Lösung liefert h1 = f + g und h2 = κ(f − g)0. Damit folgt f −g = 1 κ Z h2(x) dx sowie f = h1 2 + 1 Z 2κ h2(x) dx, g= h1 2 − 1 2κ und schließlich die Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Z h2(x) dx Lösungsformel von D’Alembert u(x, t) = h1(x + κt) + h1(x − κt) 2 + x+κt Z 1 h2(ζ) dζ 2κ x−κt Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Randwertaufgaben für die Poisson-Gleichung Ω ⊂ Rn beschränktes Gebiet mit Rand ∂Ω, r : Ω → R, g, α, β : ∂Ω → R, n : ∂Ω → Rn Einheitsnormale nach außen Dirichlet-Problem ∆u = r in Ω, u=g auf ∂Ω Neumann-Problem ∆u = r in Ω, ∂u ∂n =g auf ∂Ω Robin-Problem ∆u = r in Ω, α ∂u ∂n + βu = g auf ∂Ω Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Separationsansatz für lineare PDGL 2. Ordnung mit n = 2 Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Prinzipielles Vorgehen beim Separationsansatz Die gesuchte Funktion u mit (x, y) 7→ u(x, y) wird als Produkt von Funktionen X, Y mit x 7→ X(x) und y 7→ Y (y) angesetzt, d.h. u(x, y) = X(x)Y (y). Einsetzen dieses Ansatzes in die homogene PDGL (mit einer homogenen Randbedingung) liefert unter gewissen Voraussetzungen je eine gewöhnliche DGL für X und für Y sowie homogene Randbedingungen für eine dieser beiden gesuchten Funktionen (→ Eigenwertproblem). Einbeziehung von Inhomogenitäten durch Superposition. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Beispiel: Wärmeleitproblem in einem homogenen Stab der Länge l a > 0 sei eine Materialkonstante, r(x, t) beschreibt äußere Temperatureinflüsse, u0(x) ist Anfangstemperatur zum Zeitpunkt t = 0, g(t) bzw. h(t) beschreibt Temperaturverlauf an Enden des Stabes auxx − ut = r (x, t) ∈ (0, l) × (0, ∞) AB u(x, 0) = u0(x) x ∈ (0, l) RB u(0, t) = g(t), u(l, t) = h(t) t ∈ (0, ∞) PDGL Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Spezialfall 1: homogene PDGL (r = 0), homogene RB (g = h = 0) Der Separationsansatz u(x, t) = X(x)T (t) liefert uxx = X 00T, ut = XT 0 Einsetzen in die PDGL ergibt aX 00T = XT 0 Trennung der Variablen ergibt (falls X(x)T (t) 6= 0) X 00 = T0 X aT Da die linke Seite nur von x, die rechte Seite nur von t abhängt, folgt als einzige Möglichkeit X 00 X = T0 aT =λ für ein festes λ. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Dies ist äquivalent zu X 00 − λX = 0, T 0 − λaT = 0 Die homogenen RB können mit dem Separationsansatz geschrieben werden als X(0)T (t) = 0, X(l)T (t) = 0 t ∈ (0, ∞). Da wir an nichttrivialen Lösungen interessiert sind, liefert dies X(0) = X(l) = 0. Somit ergibt sich zur Bestimmung von X das Eigenwertproblem X 00 − λX = 0, X(0) = X(l) = 0. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Die allgemeine Lösung des Eigenwertproblems • Sei λ ≥ 0. Dann folgt aus den RB, dass X = 0 und u = 0 (triviale Lösung). Dieser Fall ist also nicht weiter zu betrachten. • Sei λ < 0. Dann ist die allgemeine Lösung der DGL X 00 − λX = 0 durch p p X(x) = C1 sin( −λ x) + C2 cos( −λ x) √ gegeben. Die RB liefern C2 = 0 und C1 sin( −λ `) = 0. Somit folgt (wieder unter Beachtung von X 6= 0) die allgemeine Lösung des Eigenwertproblems p X(x) = C1 sin( −λk x) mit λk = − k2π 2 l2 mit einer beliebiegen Konstanten C1. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 für k = 1, 2, 3 . . . Die allgemeine Lösung der DGL T 0 − λaT = 0 für λ = λk Tk (t) = Ak eaλk t k = 1, 2, 3, . . . mit einer beliebigen Konstanten Ak Eigenlösungen der homogenen PDGL mit homogenen RB Die Aufgabe auxx − ut = 0 u(0, t) = u(l, t) = 0 (x, t) ∈ (0, l) × (0, ∞) t ∈ (0, ∞) besitzt die Eigenlösungen uk (k = 1, 2, 3, . . .) mit p aλ t uk (x, t) = ck e k sin( −λk x), wobei λk = − Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 k2π 2 l2 . Einarbeitung der AB durch Superposition Im Superpositionsansatz u(x, t) = ∞ X ck eaλk t sin( p −λk x) k=1 wird nun versucht, die Koeffizienten c1, c2, c3, . . . so zu bestimmen, dass u auch die AB u(x, 0) = u0(x) für x ∈ (0, l) erfüllt. Das erfolgt meist über eine Fourier-Entwicklung der Funktion u0. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Fourier-Entwicklung im Beispiel Aus dem Ansatz für die Fourier-Reihe mit der Periode 2l ∞ X a0 π π Fu0 (x) = + (ak cos( kx) + bk sin( kx)) 2 l l k=1 folgt unter Beachtung des Superpositionsansatzes, dass für ck die Fourier-Koeffizienten bk der Sinus-Glieder zu verwenden sind, d.h. Z l 2 π f (x) sin( kx)dx. ck = b k = l 0 l Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Bestimmung der Koeffizienten ck Ausnutzung der Anfangsbedingungen Aus der AB folgt u(x, 0) = u0(x), also der Ansatz ∞ X kπ x = u0(x) ck sin l k=1 für alle x ∈ (0, l). Betrachtet man daher u0 als auf [−l, l] fortgesetzte ungerade Funktion, so folgt (für j = 1, 2, 3, . . .) Zl X ∞ −l k=1 ck sin kπ l x sin jπ l Zl x dx = sin jπ l x u0(x)dx −l und (da die Integranden nun gerade Funktionen sind) Z lX Z l ∞ jπ jπ kπ x sin x dx = sin x u0(x)dx. ck sin l l l 0 0 k=1 Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Ausnutzung von Beziehungen im trigonometrischen Funktionensystem Zl sin kπ l x sin jπ l x dx = 0 k 6= j, k, j = 1, 2, 3, . . . 0 Zl sin2 kπ l x dx = l 2 k = 1, 2, 3, . . . 0 Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Zl ck sin2 kπ l Zl x dx = 0 sin kπ l x u0(x) dx 0 ck = 2 Zl sin l kπ l x u0(x) dx 0 Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Spezialfall 2: inhomogene PDGL, homogene AB, homogene RB auxx − ut = r, u(x, 0) = 0, u(0, t) = u(l, t) = 0 Ansatz Die Funktion u : [0, l] × [0, ∞) mit u(x, t) := ∞ X vk (t) sin kπ l k=1 x erfüllt die homogenen RB für beliebige Funktionen vk : [0, ∞) → R. Einsetzen in die inhomogene PDGL − ∞ X k=1 a π 2k2 l2 ! vk (t) + v̇k (t) sin kπ l x Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 = r(x, t) Bestimmung der Funktionen vk − Zl X ∞ 0 k=1 a π 2k2 l2 ! vk (t) + v̇k (t) sin Zl r(x, t) sin = jπ l kπ l x sin jπ l x dx x dx 0 Mit Beziehungen im trigonometrischen Funktionensystem (vgl. Spezialfall 1) folgt eine gewöhnliche DGL zur Bestimmung von vk ! Zl 2 2 π k −2 kπ a 2 vk (t) + v̇k (t) = r(x, t) sin x dx l l l 0 Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Aus den homogenen Anfangsbedingungen hat man ∞ X kπ 0 = u(x, 0) = vk (0) sin x für alle x ∈ (0, l) l k=1 und damit die Anfangsbedingung für vk vk (0) = 0. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Wärmeleitproblem: der allgemeine Fall a > 0 sei eine Materialkonstante, r(x, t) beschreibt äußere Temperatureinflüsse, u0(x) ist Anfangstemperatur zum Zeitpunkt t = 0, g(t) bzw. h(t) beschreibt Temperaturverlauf an Enden des Stabes auxx − ut = r (x, t) ∈ (0, l) × (0, ∞) AB u(x, 0) = u0(x) x ∈ (0, l) RB u(0, t) = g(t), u(l, t) = h(t) t ∈ (0, ∞) PDGL Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Ansatz für die Lösung u(x, t) = u1(x, t) + u2(x, t) + w(x, t) mit unbekannten Funktionen u1, u2, w : [0, l] × [0, ∞) → R Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Bestimmung der Funktionen u1, u2, w • w(x, t) := g(t) + xl (h(t) − g(t)) für (x, t) ∈ [0, l] × [0, ∞) • u1 wird nach Spezialfall 1 bestimmt, wobei u0 durch U0 mit x U0(x) := u0(x) − g(0) + (h(0) − g(0)) l ersetzt ist, d.h. u1 löst auxx − ut = 0, u(x, 0) = U0(x), u(0, t) = u(l, t) = 0 • u2 wird nach Spezialfall 2 bestimmt, wobei r durch R mit R := r − (awxx − wt) = r + wt ersetzt ist, d.h. u2 löst auxx − ut = r + wt, u(x, 0) = 0, u(0, t) = u(l, t) = 0 Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Zur numerischen Lösung von PDGL Ein sehr kurzer Einblick Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 • Explizite Lösung ist nur in seltenen Fällen möglich. • Eine numerische Lösung liefert Näherungen für die gesuchte Lösung (Funktion) oder für einzelne Funktionswerte der Lösung. • Numerische Lösungsmethoden basieren auf geeignetem Diskretisierungskonzept (Finite Differenzen, Finite Elemente). • Finite Differenzen approximieren Ableitungen (Differentialquotien) der Lösung in vorgegebenen Gitterpunkten durch Differenzenquotienten. Diese enthalten Funktionswerte an den Gitterpunkten. Einsetzen in die PDGL liefert Gleichungen zur näherungsweisen Bestimmung dieser Funktionswerte. • Finite Elemente Methoden (FEM) versuchen, eine Näherungslösung durch Linearkombination einer endlichen Zahl geeigneter Ansatzfunktionen zu ermitteln. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Ein sehr einfaches Beispiel für die Realisierung einer Finite Elemente Methode Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 1D-Poisson-Problem mit homogenen RB Sei r : [0, 1] → R eine gegebene stetige Funktion. Gesucht ist eine Funktion u : [0, 1] → R mit −u00 = r in (0, 1), u(0) = u(1) = 0. Der Funktionenraum C10[0, 1] Es bezeichne C10[0, 1] den Vektorraum der stetig differenzierbaren Funktionen v : [0, 1] → R, für die v(0) = v(1) = 0 gilt. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Herleitung einer schwachen Formulierung Sei u : [0, 1] → R zweimal stetig differenzierbar. Falls u die DGL −u00 = r löst, folgt Z1 − 0 u00(x)v(x)dx = Z1 r(x)v(x)dx für alle v ∈ C10[0, 1]. 0 Partielle Integration liefert Z1 0 0 1 00 u (x)v(x)dx = u v 0 − Z1 u0(x)v 0(x)dx = − 0 für jede “Testfunktion” v ∈ C10[0, 1]. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Z1 0 u0(x)v 0(x)dx. Schwache Formulierung (Variationsformulierung) Sei u : [0, 1] → R zweimal stetig differenzierbar. Falls u die DGL −u00 = r löst, dann genügt u auch der schwachen Formulierung (oder Variationsformulierung) Z1 0 u0(x)v 0(x)dx = Z1 r(x)v(x)dx für alle v ∈ C10[0, 1]. 0 Unter den genannten Glattheitsvoraussetzungen gilt auch die Umkehrung. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Schwache Lösung Eine Lösung der schwachen Formulierung, die den Randbedingungen genügt, heißt schwache Lösung des 1D-Poisson-Problems, wobei Glattheitsvoraussetzungen abgeschwächt sein können. Die Herleitung einer schwachen Formulierung ist für Raumdimensionen n > 1 und inhomogene Randbedingungen möglich. Der Begriff der schwachen Lösung ist eine sinnvolle Erweiterung des Lösungsbegriffs für PDGLn und bildet eine Grundlage für die Finite Elemente Methode. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Eine Realisierung der Finite Elemente Methode (FEM) am Beispiel der 1D-Poissongleichung Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Endlichdimensionale Ansatzfunktionen für Näherungslösung Für h := 1/(N + 1) seien die Ansatzfunktionen ϕ1, . . . ϕN : [0, 1] → R definiert durch |x − jh| falls x ∈ [(j − 1)h, (j + 1)h], 1− h ϕj (x) := 0 andernfalls. Die Ansatzfunktionen bilden eine Basis des Ansatzraumes N X Vh := v = αj ϕj α1, . . . αN ∈ R . j=1 Offenbar gilt v(0) = v(1) = 0 für alle v ∈ Vh und −1 falls x ∈ ((j − 1)h, jh), h ϕ0j (x) = −h−1 falls x ∈ (jh, (j + 1)h), 0 falls x ∈ (0, (j − 1)h) ∪ ((j + 1)h, 1). für j = 1, . . . , N . Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Diskretisierung der schwachen Formulierung Anstelle der schwachen Formulierung wollen wir nun deren Diskretisierung Z1 0 u0(x)v 0(x)dx = Z1 r(x)v(x)dx für alle v ∈ Vh 0 im Raum Vh lösen (d.h. die gesuchte Funktion u gehöre zum Raum Vh). Jede Funktion v ∈ Vh genügt (auf Grund der Konstruktion von Vh) den homogenen Randbedingungen des gegeben 1D-PoissonProblems. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Bestimmung einer Lösung der diskreten schwachen Formulierung Um eine Lösung der Diskretisierung der schwachen Formulierung zu finden, genügt es uh = N X αj ϕj ∈ Vh j=1 so zu bestimmen, dass Z1 0 u0h(x)ϕ0i(x)dx = Z1 r(x)ϕi(x)dx für alle i = 1, . . . , N. 0 Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Formulierung als lineares Gleichungssystem Dies liefert für i = 1, . . . , N N X Z1 αj j=1 0 Mit A := (aij ), Z1 aij := ϕ0j (x)ϕ0i(x)dx = Z1 r(x)ϕi(x)dx. 0 b := (b1, . . . , bN )> und ϕ0j (x)ϕ0i(x)dx Z1 sowie bi := 0 r(x)ϕi(x)dx 0 ergibt sich das lineare Gleichungssystem Aα = b. für den gesuchten Vektor α = (α1, . . . , αN )>. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Lösung des linearen Gleichungssystems Offenbar sind nur sehr wenige der Integrale Z1 aij = ϕ0j (x)ϕ0i(x)dx 0 von Null verschieden. Dadurch ist die Matrix A schwach besetzt (sparse). Zur (näherungsweisen) Lösung des (insbesondere für Raumdimensionen n > 1) sehr großen linearen Gleichungssystems sind spezielle Verfahren anzuwenden, die die schwache Besetztheit effizient ausnutzen. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Die mit einer Lösung α∗ von Aα = b erhaltene Lösung uh := N X α∗j ϕj j=1 der diskretiserten schwachen Formulierung ist nur eine (ggf. sehr schlechte) Näherungslösung der schwachen Formulierung bzw. der 1D-Poissongleichung. Um die Güte der Näherungslösung zu verbesseren, bietet sich eine Verkleinerung des Diskretisierungsparameters h, eine andere Zerlegung des Gebietes (hier [0, 1]) sowie die Verwendung anderer Ansatzfunktionen an. Die erreichbare Güte hängt insbesondere von h, Glattheitseigenschaften von r und der Form des Gebietes ab. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Elemente der Wahrscheinlichkeitstheorie Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Grundaufgaben der Kombinatorik Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Bezeichnungen Sei n ∈ N mit n ≥ 1. Dann setzt man n! := 1 · 2 · 3 · · · · · (n − 1) · n sowie 0! := 1. Seien n, k ∈ N mit n ≥ k. Dann setzt man n! n := . k k!(n − k)! Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Aus den Zahlen {1, . . . , n} werden k Zahlen ausgewählt. Die Anzahl der Möglichkeiten für die Auswahl • ohneBeachtung der Reihenfolge und ohne Wiederholung beträgt n (Kombinationen ohne Wiederholung), k • ohne Beachtung der Reihenfolge und mit Wiederholung beträgt n+k−1 (Kombinationen mit Wiederholung), k • mit Beachtung der Reihenfolge und ohne Wiederholung beträgt n · k! (Variationen ohne Wiederholung), k • mit Beachtung der Reihenfolge und mit Wiederholung beträgt nk (Variationen mit Wiederholung). Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Grundaufgaben der Kombinatorik (Fortsetzung) Anzahl der Permutationen Wieviel Möglichkeiten der Anordnung der Zahlen {1, . . . , n} in einem n-Tupel gibt es, wenn jede der Zahlen dort genau einmal vorkommen muss? n! Anzahl Permutationen mit Wiederholung Wieviel Möglichkeiten der Anordnung der Zahlen {1, . . . , k} in einem n-Tupel gibt es, wenn die Zahl i ∈ {1, . . . , k} dort genau li-mal vorkommen soll und l1 + · · · + lk = n gilt? n! l 1 ! · · · lk ! Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Ergebnisraum und Elementarereignisse Der Ergebnisraum ist eine nichtleere Menge, dessen Elemente Elementarereignisse genannt werden. Elementarereignisse kann man sich als mögliche Ergebnisse eines Zufallsexperiments vorstellen. Beispiele: • Würfeln Ergebnisraum Ω = {1, 2, 3, 4, 5, 6} • Gleichzeitiges Werfen von zwei unterscheidbaren Münzen Ω = {wZ,wW,zZ,zW} • Befüllen einer Flasche (Füllhöhe) Ω = [0, H] Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Operationen mit Teilmengen Es bezeichne P(Ω) := {A | A ⊆ Ω} die Potenzmenge von Ω. Es seien A, B ∈ P(Ω), N eine abzählbar (un)endliche Teilmenge von N und {An}N ⊂ P(Ω). • Vereinigung von zwei Teilmengen A ∪ B := {w ∈ Ω | w ∈ A oder w ∈ B} • Vereinigung abzählbar vieler Teilmengen S An := {w ∈ Ω | ∃n ∈ N : w ∈ An} n∈N • Durchschnitt von zwei Teilmengen A ∩ B := {w ∈ Ω | w ∈ A und w ∈ B} • Durchschnitt abzählbar vieler Teilmengen T An := {w ∈ Ω | w ∈ An für alle n ∈ N } n∈N Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Operationen mit Teilmengen (Fortsetzung) • Differenz von zwei Teilmengen A \ B := {w ∈ A | w ∈ / B} (nicht kommutativ!) • Komplement einer Teilmenge Ā := Ω \ A Die leere Menge Durch ∅ wird die leere Menge bezeichnet. Es gilt insbesondere • ∅ ∈ P(Ω), P(∅) = {∅} • ∅ ∪ A = A, ∅∩A=∅ • Ω̄ = ∅ Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Die Formeln von de Morgan Seien Ω 6= ∅, N ⊆ N abzählbar und {An}N ⊆ P(Ω). Dann gelten [ \ An = An n∈N n∈N \ [ und n∈N An = An . n∈N Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Konstruktion eines Mengensystems Σ aus Teilmengen von Ω Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Wünschenswerte Eigenschaften des Mengensystems Σ • Ω und ∅ sollen zu Σ gehören. • Für beliebige A, B ∈ Σ sollen auch A ∪ B, A ∩ B, Ā, A \ B zu Σ gehören. • Die Vereinigung bzw. der Durchschnitt abzählbar vieler Elemente von Σ soll ebenfalls zu Σ gehören. Beispiel: Würfeln (Ω = {1, 2, 3, 4, 5, 6}) Es gibt verschiedene Mengensysteme, Σ ⊆ P(Ω), die obigen Anforderungen genügen, etwa Σ := {∅, Ω}, Σ := {∅, Ω, {1}, {2, 3, 4, 5, 6}}, . . . , Σ := P(Ω). Für andere Mengensysteme (z.B. {∅, Ω, {1}}) ist das nicht der Fall. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Ereignisalgebra (σ-Algebra) und Ereignis Sei eine Ergebnismenge Ω gegeben. Ein System Σ ⊆ P(Ω) heißt Ereignisalgebra (σ-Algebra), wenn folgende Bedingungen gelten: • Ω ∈ Σ. •A ∈ Σ ⇒ Ā ∈ Σ. • Für eine Folge {An} von Elementen aus Σ gilt [ An ∈ Σ. n∈N Jedes Element einer Ereignisalgebra heißt Ereignis. Ω wird sicheres Ereignis, ∅ wird unmögliches Ereignis genannt. Die vorstehenden Bedingungen implizieren, dass eine Ereignisalgebra auch die anderen wünschenswerten Eigenschaften erfüllt. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Messraum Ein Paar (Ω, Σ) aus Ereignisraum Ω und einer zugehörigen Ereignisalgebra wird als Messraum bezeichnet. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Wahrscheinlichkeitsmaß und Maßraum Sei (Ω, Σ) eine Messraum. Eine Abbildung P : Σ → R heißt Wahrscheinlichkeitsmaß auf (Ω, Σ), wenn sie folgende Bedingungen (Kolmogorov-Axiome) erfüllt: • 0 ≤ P (A) ≤ 1 für alle A ∈ Σ. • P (Ω) = 1. • Sei {An} ⊂ Σ mit Ai ∩ Aj = ∅ für beliebige i, j mit i 6= j. Dann gilt [ X P An = P (An). n∈N n∈N Die Zahl P (A) heißt Wahrscheinlichkeit des Ereignisses A. Das Tripel (Ω, Σ, P ) heißt Maßraum. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Beispiele für Maßräume Relative Häufigkeit (Laplace-Wahrscheinlichkeitsbegriff) (Ω, Σ, P ) mit Ω := {E1, . . . , EN }, Σ := P(Ω) und P (A) := |A| für alle A ∈ Σ N Alle Elementarereignisse E1, . . . , EN haben hier die Wahrscheinlichkeit P (Ei) = 1/N und sind damit gleichwahrscheinlich. (Ω, Σ, P ) mit Ω := {E1, . . . , EN }, Σ := P(Ω) und X P (A) := pi i:Ei∈A mit pi ∈ [0, 1] für i = 1, . . . , N und N P pi = 1. i=1 Das Elementarereignis Ei hat die Wahrscheinlichkeit P (Ei) = pi Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Beispiele für Maßräume (Fortsetzung) (Ω, Σ, P ) := (R, B, P ) mit • Ereignismenge R, • Borelsche σ-Algebra B B ist kleinste σ-Algebra, die alle offenen Mengen enthält. B enthält damit auch alle offenen, halboffenen und abgeschlossenen Intervalle. • Wahrscheinlichkeitsmaß Z f (x)dx P (A) := für alle A ∈ B A mit einer sogenannten Wahrscheinlichkeitsdichte f (→ später). Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Aussagen für Maßräume Seien (Ω, Σ, P ) ein Maßraum und A, B ∈ Σ. Dann gilt: • P (∅) = 0. • P (Ā) = 1 − P (A). • Falls A ⊆ B, so folgt P (A) ≤ P (B). • P (A) = P (A \ B) + P (A ∩ B). • P (A ∪ B) = P (A) + P (B) − P (A ∩ B). • Falls A ∩ B = ∅ (unvereinbare Ereignisse), so folgt P (A ∪ B) = P (A) + P (B). Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Bedingte Wahrscheinlichkeit Sei (Ω, Σ, P ) ein Maßraum. Weiter sei B ∈ Σ mit P (B) > 0. Dann heißt P (A ∩ B) P (A|B) := P (B) bedingte Wahrscheinlichkeit des Ereignisses A ∈ Σ unter der Bedingung B. Bemerkung: Mit ΣB := {A ∈ Σ | A ⊆ B}, PB (A) := P (A|B) für A ∈ ΣB ist ein Maßraum (B, ΣB , PB ) erklärt. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Unabhängigkeit von Ereignissen Sei (Ω, Σ, P ) ein Maßraum. Ereignisse A, B ∈ Σ heißen (stochastisch) unabhängig, wenn P (A ∩ B) = P (A) · P (B). Allgemeiner nennt man Ereignisse A1, . . . , An ∈ Σ (stochastisch) unabhängig, wenn für jede Indexmenge J ⊆ {1, . . . , n} mit |J | ≥ 2 die Gleichung \ Y P( Ai ) = P (Ai) i∈J i∈J gilt. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Seien (Ω, Σ, P ) ein Maßraum und A, B ∈ Σ mit P (B) > 0. Falls P (A|B) = P (A), dann gilt P (A ∩ B) = P (A|B)P (B) = P (A)P (B), d.h. die Ereignisse A und B sind unabhängig. Umgekehrt folgt aus der Unabhängigkeit von A und B, dass P (A|B) = P (A ∩ B) P (B) = P (A)P (B) P (B) = P (A), d.h. die Wahrscheinlichkeit für A hängt nicht davon ab, ob B eintritt oder nicht. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Der Satz zur totalen Wahrscheinlichkeit Seien (Ω, Σ, P ) ein Maßraum, B ∈ Σ und A1, . . . , AN ∈ Σ N S paarweise unvereinbare Ereignisse mit Ai = B. i=1 Dann gilt P (B) = N X i=1 P (B ∩ Ai) = N X P (B|Ai)P (Ai). i=1 Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Der Satz von Bayes Seien (Ω, Σ, P ) ein Maßraum, B ∈ Σ mit P (B) > 0 und N S A1, . . . , AN ∈ Σ paarweise unvereinbare mit Ai = B. Dann folgt (als Zwischenüberlegung) P (Aj |B) = P (Aj ∩ B) P (B) = i=1 P (B|Aj )P (Aj ) P (B) und mit dem Satz zur totalen Wahrscheinlichkeit schließlich P (Aj |B) = P (B|Aj )P (Aj ) N P P (B|Ai)P (Ai) i=1 für jedes j ∈ {1, . . . , N }. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Zufallsgrößen (Zufallsvariable) Sei (Ω, Σ) ein Messraum. Eine Funktion X : Ω → R heißt reelle Zufallsgröße (Zufallsvariable), wenn das Urbild jedes Intervalls (−∞, a] zu Σ gehört, d.h. wenn X −1((−∞, a]) ∈ Σ für alle a ∈ R. • X −1(A) := {w ∈ Ω | X(w) ∈ A} bezeichnet Urbild der Menge A ⊆ R bzgl. der Abbildung X : Ω → R. • Seien (Ω, Σ, P ) Maßraum und B die Borelsche σ-Algebra auf R. Dann induziert X im Messraum (R, B) ein Wahrscheinlichkeitsmaß PX : B → [0, 1] durch PX (A) := P (X −1(A)) für alle A ∈ B. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Verteilungsfunktion einer Zufallsgröße Seien (Ω, Σ, P ) ein Maßraum und X : Ω → R eine reelle Zufallsgröße. Dann heißt die durch FX (x) := P (X ≤ x) für alle x ∈ R definierte Funktion FX : R → [0, 1] Verteilungsfunktion der Zufallsgröße X. P (X ≤ x) ist Kurzschreibweise für die folgenden äquivalenten Bezeichnungen • P ({w ∈ Ω | X(w) ≤ x}), −1 • P X (−∞, x] bzw. • PX ((−∞, x] ). Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Charakterisierung von Verteilungsfunktionen Sei F : R → R eine Funktion. Dann ist F genau dann Verteilungsfunktion einer Zufallsgröße, wenn • F monoton wachsend ist, • F rechtsseitig stetig ist sowie • lim x→−∞ F (x) = 0 und lim F (x) = 1 gilt. x→∞ Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Berechnung von Wahrscheinlichkeiten mit der Verteilungsfunktion P (a < X ≤ b) = P (X ≤ b) − P (X ≤ a) = F (b) − F (a) P (a < X < b) = P (X < b) − P (X ≤ a) = P (X ≤ b) − P (X = b) − P (X ≤ a) = F (b) − F (a) − P (X = b) Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Diskrete Zufallsgrößen Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Sei (Ω, Σ, P ) ein Maßraum. Eine reelle Zufallsgröße X : Ω → R heißt diskret, wenn sie nur endlich viele oder abzählbar unendlich viele Werte xk (k ∈ K ⊆ N) annimmt und X −1(xk ) ∈ Σ für k ∈ K gilt. Der Einfachheit halber sei auch vorausgesetzt, dass pk := P (X = xk ) > 0 für alle k ∈ K. Für die Verteilungsfunktion F : R → [0, 1] einer reellen diskreten Zufallsgröße X ergibt sich X X F (x) = P (X ≤ x) = P (X = xk ) = pk . k:xk ≤x Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 k:xk ≤x Binomialverteilung In einer Urne seien N durchnummerierte Kugeln, davon S schwarze und N −S weiße. Man zieht nacheinander n Kugeln mit Zurücklegen. Es ergibt sich die Anzahl aller Möglichkeiten, um • n Kugeln zu ziehen zu N n, • genau k schwarze Kugeln zu ziehen zu S k , • genau n − k weiße Kugel zu ziehen zu (N − S)n−k , • genau k von n Mal eine schwarze Kugel zu ziehen zu n . k Die relative Häufigkeit aller Ziehungen mit genau k schwarzen Kugeln unter allen möglichen Ziehungen ergibt sich zu ! ! S n S k (N − S)n−k n k n−k p (1 − p) für p := . = n N N k k Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Binomialverteilung (Fortsetzung) Seien Parameter p ∈ [0, 1] und n ∈ {1, 2, . . .} gegeben. Eine diskrete Zufallsgröße X : Ω → R nehme für k = 0, 1, . . . , n die Werte xk = k mit der Wahrscheinlichkeit ! n P (X = xk ) := pk := pk (1 − p)n−k k an. Dann wird diese Zufallsgröße als binomialverteilte Zufallsgröße bezeichnet. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Poisson-Verteilung Sei ein Parameter λ > 0 gegeben. Eine diskrete Zufallsgröße X : Ω → R nehme für k ∈ N die Werte xk = k mit der Wahrscheinlichkeit λk −λ P (X = xk ) := pk := e k! an. Dann wird diese Zufallsgröße als Poisson-verteilte Zufallsgröße bezeichnet. Poisson-verteilte Zufallsgrößen spielen bei der Modellierung des Eintreffens von seltenen unabhängigen Ereignissen eine Rolle. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Erwartungswert einer diskreten Zufallsgröße Sei X : Ω → R eine diskrete Zufallsgröße mit den Realisierungen P xk ∈ R für k ∈ K ⊆ N. Wenn die Reihe pk |xk | konvergiert, k∈K dann existiert E(X) := X p k xk k∈K und wird Erwartungswert der Zufallsgröße X genannt. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Varianz einer diskreten Zufallsgröße Sei X : Ω → R eine diskrete Zufallsgröße mit den Realisierungen P xk ∈ R für k ∈ K ⊆ N. Wenn die Reihe pk x2k konvergiert, k∈K dann existiert VAR(X) := E((X − E(X))2) = X pk (xk − E(X))2 k∈K und wird Varianz der Zufallsgröße X genannt. Andere Bezeichnunp gen sind Streuung oder Dispersion. Mit σX := VAR(X) wird die Standardabweichung der Zufallsgröße X bezeichnet. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Erwartungswert und Varianz bei der Binomialverteilung Sei X eine mit den Parametern p ∈ [0, 1] und n ∈ {1, 2, 3, . . .} binomialverteilte Zufallsgröße. Dann gilt ! n X n E(X) = k pk (1 − p)n−k = np k k=0 und VAR(X) = n X (k − np)2 k=0 n k ! pk (1 − p)n−k = np(1 − p). Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Erwartungswert und Varianz bei der Poisson-Verteilung Sei X eine mit dem Parameter λ > 0 Poisson-verteilte Zufallsgröße. Dann gilt E(X) = ∞ X k=0 und VAR(X) = ∞ X λk −λ k e =λ k! k λ (k − λ)2 e−λ = λ. k! k=0 Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Stetige Zufallsgrößen Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Sei (Ω, Σ, P ) ein Maßraum. Eine reelle Zufallsgröße X : Ω → R heißt stetig, wenn es eine stückweise stetige Funktion fX : R → R gibt, so dass • fX (x) ≥ 0 für alle x ∈ R und • FX (b) − FX (a) = Rb a fX (t) dt für alle a, b ∈ R gilt. Die Funktion fX wird Dichtefunktion oder Wahrscheinlichkeitsdichte der Zufallsgröße X genannt. Eine stetigen Zufallsgröße besitzt eine stetig Verteilungsfunktion. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Charakterisierung von Dichtefunktionen Es sei f : R → R eine stückweise stetige Funktion. Dann ist f genau dann Dichtefunktion einer stetigen Zufallsgröße, wenn • f (x) ≥ 0 für alle x ∈ R und • +∞ R f (x) dx = 1. −∞ Sei fX : R → R Dichtefunktion einer stetigen Zufallsgröße X mit der Verteilungsfunktion FX . Dann gilt Rx • FX (x) = f (t)dt. −∞ • FX ist an allen Stetigkeitsstellen von fX differenzierbar mit 0 (x) = f (x). FX X Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Die stetige Gleichverteilung Sei a < b. Eine stetige Zufallsgröße X mit der durch ( 1 falls x ∈ [a, b], b − a fX (x) := 0 sonst gegebenen Dichte, heißt (auf dem Intervall [a, b]) gleichverteilt. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Erwartungswert einer stetigen Zufallsgröße Sei X : Ω → R eine stetige Zufallsgröße mit der Dichte fX . ∞ R Falls |x|fX (x) dx existiert, so existiert −∞ Z∞ E(X) := xfX (x) dx −∞ und heißt Erwartungswert der Zufallsgröße X. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Varianz einer stetigen Zufallsgröße Sei X : Ω → R eine stetige Zufallsgröße mit der Dichte fX . ∞ R 2 Falls x fX (x) dx existiert, dann existiert −∞ Z∞ VAR(X) := (x − E(X))2fX (x) dx −∞ und heißt Varianz der Zufallsgröße X. Andere Bezeichnungen sind p Streuung oder Dispersion. Mit σX := VAR(X) wird die Standardabweichung der Zufallsgröße X bezeichnet. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Rechenregeln für Erwartungswert und Varianz Es sei X : Ω → R eine stetige (bzw. diskrete) Zufallsgröße mit Erwartungswert E(X) und Varianz VAR(X). Weiter seien α, β ∈ R. Dann gilt: • E(αX + β) = αE(X) + β. • VAR(X) = E(X 2) − E2(X). • VAR(αX + β) = α2VAR(X). Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Die Normalverteilung Seien µ ∈ R und σ > 0. Eine stetige Zufallsgröße X mit der durch (x−µ)2 − 2σ 2 e 1 fX (x) := √ σ 2π gegebenen Dichte heißt normalverteilt mit dem Erwartungswert µ und der Varianz σ 2. Um dies auszudrücken, schreibt man auch kurz X ∈ N (µ, σ 2). Falls µ = 0 und σ = 1 spricht man von der standardisierten Normalverteilung. Einsatz u.a. oft bei zufälligen Messfehlern und zufälligen Abweichungen von Nennmaßen in der Fertigung. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Standardisierung von Zufallsgrößen Sei X : Ω → R eine Zufallsgröße mit Erwartungswert µ ∈ R und Varianz σ 2 ∈ (0, ∞). Dann definiert Y (w) := X(w) − µ σ eine Zufallsgröße Y : Ω → R mit E(Y ) = 0 und für alle w ∈ Ω VAR(Y ) = 1. Eine solche Zufallsgröße heißt standardisiert. Es gilt X −µ x−µ FX (x) = P (X ≤ x) = P ≤ = FY (y). σ } σ } | {z | {z Y y Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Die Exponentialverteilung Sei λ > 0. Eine stetige Zufallsgröße X mit der durch ( λe−λx falls x ≥ 0, fX (x) := 0 falls x < 0 gegebenen Dichte heißt exponentialverteilt mit dem Erwartungs1 wert λ . Weiter gilt VAR(X) = λ12 . Die Verteilungsfunktion ist durch ( 1 − e−λx falls x ≥ 0, FX (x) = 0 falls x < 0 gegeben. Einsatz u.a. oft bei Abständen zufälliger Ereignisse (etwa Anrufe, Schadensereignisse). Für a, b, ∆ ≥ 0 gilt (sog. Gedächtnislosigkeit) P (X ≥ a + ∆|X ≥ a) = e−λ∆ = P (X ≥ b + ∆|X ≥ b). Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Zufallsvektoren Seien (Ω, Σ, P ) ein Maßraum und Xk : Ω → R, k = 1, . . . , n Zufallsgrößen. Dann heißt das Tupel (X1, . . . , Xn) n-dimensionaler Zufallsvektor. Verteilungsfunktion eines Zufallsvektors Sei X := (X1, . . . , Xn) : Ω → Rn ein Zufallsvektor. Seine Verteilungsfunktion F : Rn → R ist definiert durch FX (x1, . . . , xn) := P (X1 ≤ x1, . . . , Xn ≤ xn) für alle (x1, . . . , xn)> ∈ Rn. Dies ist die Kurzschreibweise für P ({w ∈ Ω | X1(w) ≤ x1, . . . , Xn(w) ≤ xn}) . Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Randverteilungsfunktionen Sei X := (X1, . . . , Xn) : Ω → Rn ein Zufallsvektor mit der Verteilungsfunktion FX : Rn → R. Dann heißt Fk : R → R für k = 1, . . . , n mit Fk (x) := F (∞, . . . , ∞, x, ∞, . . . , ∞) z }| { k-te Stelle für alle x ∈ R. Randverteilungsfunktion zu Xk . Dabei ist F (∞, . . . , ∞, x, ∞, . . . , ∞) Abkürzung für lim x1,...,xk−1,xk+1,...,xn→∞ F (x1, . . . , xk−1, x, xk+1, . . . , xn). Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Kovarianz und Korrelationskoeffizient Seien (X, Y ) ein Zufallsvektor, für den E(X), E(Y ) und E(X, Y ) existieren. Dann wird COV(X, Y ) := E ((X − E(X))(Y − E(Y ))) als Kovarianz der Zufallsgrößen X und Y bezeichnet. Falls COV(X, Y ) = 0, so heißen X und Y unkorreliert. Existiern auch die Varianzen VAR(X), VAR(Y ), dann heißt COV(X, Y ) ρ(X, Y ) := p VAR(X)VAR(Y ) Korrelationskoeffizient von X und Y . Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Eigenschaften von Kovarianz und Korrelationskoeffizient • COV(αX, Y ) = αCOV(X, Y ) für alle α ∈ R. • COV(X + Y, Z) = COV(X, Z) + COV(Y, Z). • COV(X, Y ) = COV(Y, X). • COV(X, X) = VAR(X). • |ρ(X, Y )| ≤ 1. • |ρ(X, Y )| = 1 gilt genau dann, wenn es α, β ∈ R mit α 6= 0 gibt, so dass Y = αX + β. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Unabhängigkeit von Zufallsgrößen Sei X := (X1, . . . , Xn) ein Zufallsvektor. Die Zufallsgrößen X1, . . . Xn heißen unabhängig, wenn FX (x1, . . . , xn) = F1(x1) · F2(x2) · · · Fn(xn) für alle (x1, . . . , xn)> ∈ Rn gilt. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Sei (X, Y ) ein Zufallsvektor (die Existenz entsprechender Erwartungswerte und Varianzen sei vorausgesetzt). Dann gilt: • E(X + Y ) = E(X) + E(Y ). • VAR(X + Y ) = VAR(X) + VAR(Y ) + 2COV(X, Y ). Falls X, Y unabhängig sind, gilt außerdem: • E(XY ) = E(X)E(Y ). • VAR(X + Y ) = VAR(X) + VAR(Y ). Seien X, Y : Ω → R unkorrelierte normalverteilte Zufallsgrößen. Dann sind X und Y unabhängig. Achtung: Im Allgemeinen ist die Unkorreliertheit jedoch schwächer als die Unabhängigkeit. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Die Tschebyschowsche Ungleichung Sei X eine Zufallsgröße mit Erwartungswert E(X) und Varianz VAR(X). Dann gilt P (|X − E(X)| ≥ ) ≤ VAR(X) 2 für jedes > 0. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Zentraler Grenzwertsatz Sei {Xn} eine Folge unabhängiger, identisch verteilter Zufallsgrößen mit dem Erwartungswert µ ∈ R und der Varianz σ 2 > 0. Weiter sei n 1 X Zn := √ (Xk − µ). σ n k=1 Dann ist Zn standardisiert und für die Verteilungsfunktion FZn der Zufallsgröße Zn gilt lim FZn (x) = Φ(x) n→∞ für jedes x ∈ R, d.h. FZn konvergiert punktweise gegen die Verteilungsfunktion Φ der standardisierten Normalverteilung. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 p–Quantile Seien p ∈ (0, 1) und X : Ω → R eine Zufallsgröße mit der Verteilungsfunktion FX : R → [0, 1]. Dann heißt xp := min{x ∈ R | FX (x) ≥ p} p–Quantil oder Quantil der Ordnung p. Für p = 0.5 wird x0.5 als Median bezeichnet. Ist X eine stetige Zufallsgröße, so gilt p = F (xp). Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Elemente der Mathematischen Statistik Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Mathematische Stichprobe Seien (Ω, Σ, P ) ein Maßraum und X : Ω → R eine Zufallsgröße. Der Zufallsvektor (X1, . . . , Xn), dessen Kompenenten unabhängig und identisch wie X verteilt sind, heißt mathematische Stichprobe vom Umfang n aus der Grundgesamtheit X. Die Zufallsgrößen X1, . . . , Xn werden auch Stichprobenvariable genannt. Weiter heißt (x1, . . . , xn) ∈ Rn Realisierung des Zufallsvektors (X1, . . . , Xn) oder konkrete Stichprobe. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Stichprobenfunktion (Schätzfunktion, Schätzer) Für g : Rn → R und eine Stichprobe (X1, . . . , Xn) ist durch g(X1, . . . , Xn)(w) := g(X1(w), . . . , Xn(w)) für alle w ∈ Ω eine sogenannte Stichprobenfunktion oder (Schätzfunktion, Schätzer) g(X1, . . . , Xn) : Ω → R definiert, wobei angenommen wird, dass g(X1, . . . , Xn) eine Zufallsgröße zu (Ω, Σ, P ) ist. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Beispiele für Stichprobenfunktionen • Arithmetisches Mittel g(X1, . . . , Xn) := X̄n := n 1X n Xi i=1 • Korrigierte Stichprobenvarianz 2 := g(X1, . . . , Xn) := Sn 1 n−1 X (Xi − X̄n)2 • Maximum g(X1, . . . , Xn) := max{X1, . . . , Xn} Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Einige Grundaufgaben der mathematischen Statistik • Punktschätzungen. Bestimmung eines Schätzwertes θ̃ für einen unbekannten Parameter θ der Verteilungsfunktion der Grundgesamtheit X. • Konfidenzschätzungen. Bestimmung eines zufälligen Intervalls, das einen unbekannten Parameter mit einer bestimmten Mindestwahrscheinlichkeit enthält. • Statistische Hypothesen und Tests Angabe statistischer Hypothesen über einen unbekannten Parameter und deren Überprüfung und Bewertung mittels statistischer Tests. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Erwartungstreue von Punktschätzern Ein Schätzer Γ(X1, . . . , Xn) heißt erwartungstreu bzgl. des zu schätzenden Parameters θ ∈ Θ ⊆ R, falls Eθ (Γ(X1, . . . , Xn)) = θ für alle θ ∈ Θ. Dabei bezeichnet Eθ den Erwartungswert unter der Annahme, dass θ der wahre Wert des Parameters ist. Mit anderen Worten: Eine Schätzer heißt erwartungstreu, wenn sein Erwartungswert immer (für alle θ ∈ Θ) gleich dem zu schätzenden (wahren) Parameter ist. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Konsistenz von Punktschätzern Eine Folge {Γ(X1, . . . , Xn)} von Schätzern heißt konsistent, wenn lim Pθ (|Γ(X1, . . . , Xn) − θ| ≥ ) = 0 n→∞ für alle θ ∈ Θ für jedes > 0 gilt. Dabei bezeichnet Pθ die Wahrscheinlichkeit unter der Annahme, dass θ der wahre Wert des Parameters ist. Mit anderen Worten: Ein Schätzer heißt konsistent, wenn er stochastisch immer (für alle θ ∈ Θ) gegen den zu schätzenden (wahren) Parameter konvergiert. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Punktschätzer für den Erwartungswert und Varianz Sei X eine Zufallsgröße mit Erwartungswert E(X) und der Varianz VAR(X) (beide unbekannt). Zur Schätzung von E(X) bzw. VAR(X) werde eine mathematische Stichprobe (X1, . . . , Xn) aus der Grundgesamtheit X verwendet. Dann ist n 1X • X̄n := Xi n i=1 erwartungstreuer und konsistenter Schätzer für E(X) (Θ := R) und n X 1 2 := (Xi − X̄n)2 • Sn n−1 i=1 erwartungstreuer und konsistenter Schätzer für VAR(X) (Θ := (0, ∞)). Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Anwendung von Punktschätzern Für eine beliebige Realisierung (x1, . . . , xn) der Stichprobe (X1, . . . , Xn) wird der Wert des Punktschätzers ermittelt. Bei1 Pn spielsweise x̄n := n i=1 xi für den Schätzer X̄n. Dieser Wert ist eine Schätzwert für den unbekannten Parameter. Neben Erwartungstreue und Konsistenz gibt es weitere wichtige Kriterien zur Beurteilung von Punktschätzern, etwa die asymptotische Erwartungstreue, die starke Konsistenz und die Effizienz. Um bestimmte Kriterien zu erreichen, wurden verschiedene Methoden zur Konstruktion von Punktschätzern (etwa die MaximumLikelihood-Methode) entwickelt. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Konfidenzschätzung Sei (X1, . . . , Xn) eine mathematische Stichprobe aus der Grundgesamtheit X und θ ∈ Θ ⊆ R ein unbekannter Parameter der Verteilung von X. Weiter seien g(X1, . . . , Xn) und G(X1, . . . , Xn) Stichprobenfunktionen mit Werten in Θ. Dann ist durch J (X1, . . . , Xn) := g(X1, . . . , Xn), G(X1, . . . , Xn) ein zufälliges Intervall definiert, das man als Konfidenzschätzung für θ bezeichnet. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Konfidenzschätzung und Konfidenzniveau Sei α ∈ (0, 1). Eine Konfidenzschätzung J (X1, . . . , Xn) heißt Konfidenzschätzung zum Konfidenzniveau 1 − α für den Parameter θ, wenn Pθ (θ ∈ J (X1, . . . , Xn)) ≥ 1 − α für all θ ∈ Θ. Dabei bezeichnet Pθ die Wahrscheinlichkeit unter der Annahme, dass θ der wahre Wert des Parameters ist. Mit anderen Worten: Bei einer Konfidenzschätzung zum Konfidenzniveau 1 − α ist die Wahrscheinlichkeit, dass das zufällige Intervall den wahren Wert θ enthält, immer (für alle θ ∈ Θ) mindestes 1 − α. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Konfidenschätzungen für die Parameter einer Normalverteilung Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Konfidenzschätzung für den unbekannten Erwartungswert bei bekannter Varianz Es sei X eine mit den Parametern µ := E(X) und σ 2 := VAR(X) normalverteilte Zufallsgröße. Dabei wird σ 2 als bekannt vorausgesetzt. Weiter bezeichne (X1, . . . , Xn) eine mathematische Stichprobe aus der Grundgesamtheit X. Dann ist σ σ J (X1, . . . , Xn) := X̄n − √ z1− α , X̄n + √ z1− α 2 2 n n eine Konfidenzschätzung für µ zum Konfidenzniveau 1 − α. Dabei bezeichnet zp das p–Quantil der standardisierten Normalverteilung (d.h. Φ(zp) = p). Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Konfidenzschätzung für den unbekannten Erwartungswert bei unbekannter Varianz Es sei X eine mit den Parametern µ := E(X) und σ 2 := VAR(X) normalverteilte Zufallsgröße. Dabei wird σ 2 als unbekannt vorausgesetzt. Weiter bezeichne (X1, . . . , Xn) eine mathematische Stichprobe aus der Grundgesamtheit X. Dann ist s s 2 2 Sn Sn J (X1, . . . , Xn) := X̄n − tn−1,1− α , X̄n + tn−1,1− α 2 2 n n eine Konfidenzschätzung für µ zum Konfidenzniveau 1 − α. Dabei bezeichnet tn−1,p das p–Quantil der Studentschen t–Verteilung mit n − 1 Freiheitsgraden. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Konfidenzschätzung für die unbekannte Varianz bei bekanntem Erwartungswert Es sei X eine mit den Parametern µ := E(X) und σ 2 := VAR(X) normalverteilte Zufallsgröße. Dabei wird µ als bekannt vorausgesetzt. Weiter bezeichne (X1, . . . , Xn) eine mathematische Stichprobe aus der Grundgesamtheit X. Dann ist ∗2 ∗2 nSn nSn J (X1, . . . , Xn) := 2 , 2 χn,1− α χn, α 2 2 eine Konfidenzschätzung für σ 2 zum Konfidenzniveau 1 − α. Dabei ist n X 1 2 ∗ Sn := (Xi − µ)2 n i=1 und χ2n,p das p–Quantil der χ2–Verteilung mit n Freiheitsgraden. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Konfidenzschätzung für die unbekannte Varianz bei unbekanntem Erwartungswert Es sei X eine mit den Parametern µ := E(X) und σ 2 := VAR(X) normalverteilte Zufallsgröße. Dabei wird σ 2 als unbekannt vorausgesetzt. Weiter bezeichne (X1, . . . , Xn) eine mathematische Stichprobe aus der Grundgesamtheit X. Dann ist 2 (n − 1)S 2 (n − 1)Sn n J (X1, . . . , Xn) := 2 , χn−1,1− α χ2n−1, α 2 2 eine Konfidenzschätzung für σ 2 zum Konfidenzniveau 1 − α. Dabei ist χ2n−1,p das p–Quantil der χ2–Verteilung mit n − 1 Freiheitsgraden. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015 Anwendung einer Konfidenzschätzung Seien θ der zu schätzende Paramter, 1 − α das vorgegebene Konfidenzniveau und J (X1, . . . , Xn) eine zugehörige Konfidenzschätzung. Für eine beliebige Realisierung (x1, . . . , xn) der mathematischen Stichprobe (X1, . . . , Xn) wird das konkrete Intervall J (x1, . . . , xn) ermittelt. Die Wahrscheinlichkeit, dass man dabei ein Intervall erhält, das den Parameter θ beinhaltet, beträgt 1 − α. Jedoch ist es unsinnig zu sagen, dass das erhaltene Intervall den Parameter θ mit Wahrscheinlichkeit 1 − α beinhaltet. Beamerfolien zu Spezielle Kapitel der Mathematik – Teil II (Mathematik III/2) für Maschinenwesen Andreas Fischer SS 2015 Version vom 19. 5. 2015