Optionen als interessantes, aber risikoreiches Finanzinstrument

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Optionen als interessantes, aber risikoreiches
Finanzinstrument
0. Einleitung
1. Allgemeine Betrachtungen.
2. Warum Optionen erwerben?
3. Berechnung des Preises einer europäischen Option.
4. Kritische Stimmen.
5. Persönliche Standpunkte.
0. Einleitung
In einer Zeit, in welcher von allen Seiten der Ruf nach Wissenschaft und
Technik immer stärker wird, haben paradoxerweise gerade die Mathematiker
schwer um Anerkennung und Erhalt der Stellen an den Unis zu kämpfen. Sogar an sehr renommierten Universitäten, wie z.B. LMU-München, wurden in
den letzten Jahren Stellen in den Fakultäten für Mathematik gestrichen, bzw.
anderen Fakultäten zugesprochen, da dort eine höhere Anzahl von Absolventen erwartet wird. Die Frage, ob diese Absolventen danach (im Gegensatz zu
unseren) eine qualifizierte Arbeitsstelle erhalten, hat bei solchen Entscheidungen keine Rolle gespielt!! Seit 1998 bis heute hat unsere Fakultät (früher
Fachbereich Mathematik) etwa die Hälfte der Stellen im wissenschaftlichen
Bereich verloren! Leider geht es meinen verehrten Kollegen aus der Elektrotechnik nicht besser! Deshalb habe ich auf die Initiative meines Kollegen
Prof. Winfried Hochstättler, anlässlich des Jahres der Mathematik eine Vortragsreihe zu veranstalten, spontan zugesagt.
Bei der Suche nach einem Vortragsthema habe ich zwischen Anwendungen der Funktionentheorie auf Strömungsmechanik, insbesondere Flugzeugbau, und Anwendungen der geometrischen Wahrscheinlichkeiten geschwankt.
Schließlich habe ich mich entschieden fremd zu gehen“ und über Optionen
”
zu sprechen, ohne damals zu ahnen, welche Brisanz dieses Vorhaben durch
die jetzige Finanz- und Gesellschaftskrise erhalten wird. Aber: Je ne regrette
rien! (Édith Piaf.)
Der Wunsch meines Diplomanden Tristan Nguyen eine Diplomarbeit über
1
ein Thema aus der Finanzmathematik mit einem starken mathematischen
Anteil zu schreiben, führte uns zur Berechnung von Optionspreisen. Inzwischen hat Herr Nguyen bei meinem sehr geschätzten Kollegen Prof. Volker
Arnold glänzend promoviert und habilitiert. Nichts von dem, was ich heute
erzähle, basiert auf meiner eigenen Forschung. Sogar die eigenwilligen Allerweltskommentare haben Sie vielleicht in einer ähnlichen Form im Rundfunk,
im Fernsehen oder in der Presse gehört oder gelesen.
1. Allgemeine Betrachtungen
In der Wirtschaft bezeichnet eine Option ein abgeleitetes Finanzinstrument,
das zu den sogenannten Finanzderivaten gehört. Mit dem Kauf einer Option
erwirbt der Käufer (Inhaber der Option oder Long-Position) das Recht,
aber nicht die Pflicht, ein Produkt zu einem späteren Zeitpunkt, wenn gewisse Bedingungen erfüllt sind, und zu einem vorher (beim Kauf der Option)
vereinbarten Preis vom Verkäufer der Option (Stillhalter oder ShortPosition) zu kaufen oder an ihn zu verkaufen. Das Produkt wird Basiswert
genannt; Basiswerte sind z.B. Aktien, Indizes, ausländische Währungen, Anleihen, Rohstoffe, Nahrungsmittel, Strom, Gas, Gold und weitere Edelmetalle. Es muss nicht unbedingt gekauft oder verkauft werden; man kann die
Option auch verfallen lassen. Deshalb ist eine Option ein bedingtes Termingeschäft. Beim Vertragsabschluss wird festgelegt, ob bei der Ausübung
der Option der Basiswert geliefert wird oder ein Barausgleich stattfindet.
Also: Der Käufer erwirbt das Recht, zu einem späteren Zeitpunkt entweder
den Basiswert zu kaufen – und dann handelt es sich um eine Kaufoption
oder Call – oder zu verkaufen; in diesem Fall spricht man von einer Verkaufsoption oder Put. Solche Verträge beinhalten einen Verfallstag oder
eine Erklärungsfrist. Je nachdem, ob die Option nur am Ende der Laufzeit (also zum Verfallstag) oder zu jedem Zeitpunkt bis zur Erklärungsfrist
ausgeübt werden kann, spricht man von europäischen bzw. von amerikanischen Optionen. Dieser Unterschied macht amerikanische Optionen teurer
als die europäischen Optionen (und spiegelt die verschiedenen Philosophien
des neuen und des alten“ Kontinents wieder!).
”
Der Optionskäufer ist in einer günstigeren Position als der Aktienkäufer, da er
über eine lange Entscheidungszeit für den Aktienkauf (oder Verzicht darauf!)
bis zum Verfallstag verfügt. Der Optionsverkäufer ist schlechter gestellt als
der Optionskäufer, da er während der ganzen Laufzeit der Option nicht weiß,
ob das Geschäft zustande kommt, und dann er seinen Verpflichtungen nachkommen muss! Im Gegensatz zum Käufer übernimmt der Verkäufer Pflichten. Diese asymmetrische Beziehung zwischen den beiden Vertragspartnern
2
ist charakteristisch für Optionskontrakte. Dafür muss natürlich der Käufer
dem Verkäufer einen Preis (Optionsprämie oder Optionspreis) zahlen. Diese
Optionsprämie fair zu berechnen ist eine höchst komplizierte und natürlich
folgenschwere Aufgabe. Eine Methode, die sich in der Praxis sehr bewährt
hat, diesen Preis unter bestimmten Annahmen zu berechnen, wurde 1973
in zwei unabhängigen Veröffentlichungen erläutert. Eine davon hat Robert
C. Merton von der Universität Harward als Autor; die Autoren des anderen
Artikels sind Fischer Black und Myron S. Scholes von der Universität Stanford. Das Ergebnis ihrer Untersuchungen ist in der sog. Formel von BlackScholes kurz zusammengefasst. Dafür bekamen die Professoren Merton und
Scholes 1997 von der königlichen schwedischen Akademie der Wissenschaften
den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften; Fischer Black ist leider schon
1995 gestorben. Diese Ehrung wurde in der zur Verleihung gehaltenen Laudatio damit begründet, dass die entwickelte Methode einen Bewertungsweg
für verschiedene ökonomische Phänomene aufzeigt und Finanzinstrumente
für erhöhte Effizienz im Risikomanagement liefert.
Ein weiterer Zugang zur Black-Scholes-Formel wurde von Cox, Ross und Rubinstein 1979 angegeben.
Ein kurzer Blick in die Geschichte der Optionen macht uns klar, warum diese
theoretischen Untersuchungen von den Finanzmärkten in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts beinah erzwungen wurden, warum sie gerade in den
USA erzielt wurden und schließlich welche bahnbrechenden Wirkungen diese
Forschungsergebnisse hatten.
2. Warum Optionen erwerben?
Bevor wir uns mit der Black-Scholes-Formel beschäftigen, wollen wir die
Motive für Optionsgeschäfte erläutern. Zuerst wollen wir grundsätzlich festhalten, dass das Geschäft mit Aktienoptionen einen spekulativen Charakter
besitzt. Das Geschäft kommt nur dann zustande,wenn die Marktteilnehmer
unterschiedliche Erwartungen bzgl. zukünftiger Kursentwicklungen haben.
Würden alle Marktteilnehmer dieselben Erwartungen haben, so würde niemand die andere Entscheidung treffen!
Es gibt mannigfache Motive für den Erwerb von Optionen. Man kann sie in
zwei Klassen einteilen: Spekulation und Absicherung(Hedging).
Zum Spekulationsmotiv: Der Inhaber einer Kaufoption (Call) oder einer
Verkaufsoption (Put) spekuliert auf steigende bzw. fallende Aktienkurse, ohne evtl. mehr als den gezahlten Optionspreis c0 bzw. p0 zu verlieren. Man
unterscheidet zwei Varianten des Optionshandels: Bei der Kaufoption (Call)
3
erhält der Optionsnehmer (short-position) gegen eine Optionsgebühr c0 vom
Optionsgeber (long-position) die Zusage, von ihm zum Zeitpunkt T eine Aktie zum Preis E kaufen zu können (unabhängig welchen Kurs die Aktie zu
diesem Zeitpunkt hat!). Bei der Verkaufsoption erhält der Optionsnehmer
gegen eine Optionsgebühr p0 vom Optionsgeber die Zusage, an ihn zum Verfallstag T eine Aktie zum Preis E verkaufen zu können. Das Optionsrecht ist
eine kann“-Regelung, die Option muss also nicht in Anspruch genommen
”
werden.
Es sei S : [0, T ] → R der Kurs der Aktie, es bezeichnet also S(t) den Kurs
der Aktie zum Zeitpunkt t ∈ [0, T ].
Ist S(T ) > E, so lohnt es sich
→ für den Inhaber eines Calls, sein Kaufrecht auszuüben, um S(T )−E als
Gewinn zu machen; um den tatsächlichen Ertrag auszurechnen, muss
davon noch der Optionspreis c0 abgezogen werden.
→ nicht für den Inhaber eines Puts, von seinem Verkaufsrecht zum Preis E
Gebrauch zu machen, und damit verliert er den bezahlten Optionspreis
p0 .
Ist S(T ) < E, so lohnt es sich
→ nicht für den Inhaber eines Calls, die Aktie zum vereinbarten Preis E
zu kaufen, und er verbucht damit c0 als Totalverlust.
→ für den Putinhaber sein Verkaufsrecht auszuüben und die Differenz
E − S(T ) als Gewinn mitzunehmen; davon muss wieder p0 abgezogen
werden, um den tatsächlichen Ertrag zu erhalten.
Die Abhängigkeit des Ertrags der Option vom Aktienkurs für beide Seiten
(long-position und short-position) wird durch die folgenden Skizzen deutlich
gemacht. In der ersten Skizze wird der Ertrag eines Calls in Abhängigkeit
vom Aktienkurs für die long-position bzw. short-position (fetter gezeichnet)
dargestellt. Der Ertrag eines Puts in Abhängigkeit vom Aktienkurs für die
long-position bzw. short-position (fetter gezeichnet) wird durch die zweite
Skizze erläutert.
4
Ertrag
E + c0
c0
Eb
b
Aktienkurs
−c0
Fig. 1
E p0
Ertrag
p0
p0
E po
p0 E
Fig. 2
5
E
Aktienkurs
Aus den beiden Skizzen wird ersichtlich, dass der Optionsinhaber in beiden
Fällen höchstens seinen Einsatz (c0 oder p0 ) verlieren kann, aber unbegrenzt
(im Falle eines Calls) bzw. höchstens E − p0 (im Falle eines Puts) gewinnen kann. Der Verkäufer kann viel verlieren (unbegrenzt bei einem Call, aber
höchstens E −p0 bei einem Put), jedoch maximal c0 bzw. p0 gewinnen. Damit
ist uns klar, dass die Risiken auf beiden Seiten liegen, und deshalb erhält die
Berechnung des fairen Optionspreises eine große Bedeutung.
(Überall haben wir die unvermeidlichen Gebühren sowie die evtl. hässlichen
steuerlichen Belastungen außer Acht gelassen!) Man sieht daraus, dass der
geringere Kapitaleinsatz beim Kauf eines Calls als beim Kauf der zu Grunde
liegenden Aktie die Spekulationsneigung mancher Anleger stimuliert. Hinzu
kommt (etwas versteckt in der Skizze) die wesentlich höhere prozentuale Ge0
winnchance beim Call als bei der zu Grunde liegenden Aktie, da S(T )−E−c
c0
)−S(0)
sein kann.
viel größer als S(TS(0)
Dazu ein einfaches Beispiel: Der Optionspreis einer Aktie, die zum Zeitpunkt
0 nur“ S(0) = 100 Euro kostet, sei c0 = 8 Euro bei einem Ausübungspreis
”
von E = 112 Euro. Ist S(T ) = 130 Euro der Aktienkurs am Verfallstermin
T , so ist (wegen 130−112−8
= 1, 25) der prozentuale Gewinn des Calls 125%,
8
während derjenige der Aktie nur 30% beträgt (vgl. 130−100
= 0, 3). Hoffentlich
100
wird dieses sehr optimistisch konstruierte Beispiel Sie nicht zum Leichtsinn
verleiten!
Zum Absicherungsmotiv: Nicht nur mit Aktien kann man handeln sondern auch mit Optionen. Der Aktienbesitzer kann mit dem Erwerb von Optionen seinen Aktienbestand mit relativ geringen Kosten vor Kursverlusten
weitgehend absichern, indem er eine der folgenden Strategien wählt:
a) Erwerb von Puts und Ausübung dieser Optionen: Fällt der Aktienkurs
unter den Ausübungspreis, so kann er die Aktien aus seinem Depot zum festgelegten Ausübungspreis verkaufen und vermeidet damit größere Verluste.
Dadurch verkleinert sich natürlich sein Depot.
b) Erwerb von Puts und Verkauf dieser Puts: Der Wert der gekauften Puts
steigt bei sinkenden Aktienkursen. Damit kann der Anleger diese Puts günstig verkaufen und gleicht einen Teil seiner Aktienverluste aus. Sein Portefeuille bleibt damit unverändert.
Auch diesmal geben wir ein einfaches Beispiel: Für einen konservativen Anleger ist inzwischen der sog. Protective Put ein gutes und probates HedgingInstrument; es besteht aus dem Kauf einer Anzahl von Aktien eines Unternehmens und derselben Anzahl von Puts (also Put-long) des selben Unternehmens. Mittelfristig rechnet er mit Kursgewinnen, aber er möchte sich
gegen einen kurzfristigen Kursrückgang absichern. Dafür zahlt er zusätzlich
zum Aktienpreis in Höhe von 110 Euro noch 3 Euro Prämie für den auf sechs
6
Wochen befristeten Put. Der Ausübungspreis liege bei E = 106, 4. Sollte
binnen sechs Wochen der Kurs dieser Aktie auf 77 Euro fallen, so würde
der Anleger ohne Put 110 − 77 = 33 Euro pro Aktie verlieren, d.h. (wegen
33
= 0, 3) 30% seiner Investition. Mit dem Put übt er die Verkaufsoption aus
110
und verkauft dem Stillhalter seine Aktie zum Kurs von 106, 4 Euro. Dadurch
6,6
verliert er nur 110 + 3 − 106, 4 = 6, 6 Euro, d.h. (wegen 110
= 0, 06) nur 6%
seiner Investition, also 5mal weniger. Tritt stattdessen der von ihm erhoffte
Kursaufschwung ein und steigt nach 6 Wochen der Kurs auf 133 Euro, so
verliert er zwar die Prämie, aber streicht einen Nettogewinn von 20 Euro
ein. (Wenn der Anleger diese Strategie auf 100 oder mehr Aktien und Puts
angewandt hat, verstehen wir nun, warum der vorsichtige Anleger ruhig geschlafen hat!)
Eine allgemeine Regel bei allen Finanzaktivitäten – also auch beim Handel
mit Optionen – ist: Jeder Geschäftsteilnehmer strebt nach Vergrößerung seiner Geldmenge. (Das tun wir natürlich auch!)
3. Berechnung des Preises einer europäischen Option
Wir beobachten eine Aktie S und eine Option mit dem Ausübungspreis E
und dem Verfallsdatum T (also eine Funktion S : [0, T ] → R). Es wird
angenommen, dass der Jahreszinssatz r einer risikolosen Anlage (z.B. Bundesschatzbriefe) während der Optionslaufzeit konstant bleibt. Weiter wird
immer angenommen, dass
→ eine Dividendenzahlung auf den Basiswert während der Optionslaufzeit
ausgeschlossen wird,
→ für den Kauf bzw. Verkauf von Aktien und Optionen keine Transaktionskosten fällig sind,
→ Aktien und Optionen beliebig teilbar sind,
→ Leerverkäufe1 uneingeschränkt möglich sind.
Ein einfaches Modell, um eine Bewertungsformel für den Preis einer Kaufoption zu erhalten, ist das sog. Binomialmodell. Die wesentliche Annahme dieses
Modells ist, dass nach jeder Zeitperiode der Wert der Aktie nur zwei Zustände
1
Der Verkäufer leiht sich bei einer Bank eine Aktie gegen eine Leihgebühr mit der
Vereinbarung, sie zu einem festgelegten Zeitpunkt zurückzugeben und verkauft sie am
Markt. Zum Verfallsdatum muss er die Aktie am Markt wieder kaufen. Ist der Kurs bis
dahin um mehr als die Leihgebühr gefallen, so erzielt er einen Gewinn. Im anderen Fall
macht er einen Verlust.
7
annehmen kann; entweder wächst er mit der Wahrscheinlichkeit q um den
Faktor uper > 1 + rper (u als Abkürzung für up“) oder nimmt ab – mit der
”
Wahrscheinlichkeit 1 − q um den Faktor dper < 1 + rper (d steht für down“).
”
rper ist der Zinssatz pro Zeitperiode; beträgt z.B. die Periode 36 Tage oder
1
1
1
1
des Jahres, so ist (1 + rper ) 36 = (1 + r) 360 , d.h. rper = (1 + r) 10 − 1; es ist
10
üblich in den Finanzrechnungen das Jahr mit 360 Tagen und den Monat mit
30 Tagen anzusetzen. Es wird weiterhin angenommen, dass die Schwankungen nach oben und nach unten gleich stark ausgeprägt sind, d.h. dper ·uper = 1.
Mit C : [0, T ] → R (genauer C : [0, T ] → [0, +∞[) bezeichnen wir den Wert
der Kaufoption auf die Aktie S. Also ist C(0) = c0 der gesuchte faire Optionspreis. (Man spricht auch von der fairen Optionsprämie.)
Wir nehmen zuerst an, dass nur eine einzige Periode vorliegt; die Periode
habe also die Länge T . Dann gilt (mit u1 = uper und d1 = dper )
½
u1 S(0) mit der Wahrscheinlichkeit q ,
(1) S(T ) =
d1 S(0) mit der Wahrscheinlichkeit 1 − q .
Damit ist der Wert der Option am Verfallstag T gleich
½
max{u1 S(0) − E , 0} =: C 1,1 mit der Wahrscheinlichkeit q ,
(2) C(T ) =
max{d1 S(0) − E , 0} =: C 0,1 mit der Wahrscheinlichkeit 1−q.
Der Erwartungswert der Option zum Verfallstermin T ist damit
E(C(T )) = qC 1,1 + (1 − q)C 0,1 .
Es ist fair“, die Gleichheit zwischen dem Erwartungswert der Kaufoption
”
und der mit dem Zinssatz rper abgezinsten Optionsprämie C(0) anzunehmen,
also
(1 + rper )C(0) = E(C(T )) .
Damit ergibt sich die folgende Bewertungsformel für die Optionsprämie:
(3)
c0 = C(0) =
1
(qC 1,1 + (1 − q)C 0,1 ) .
1 + rper
Damit hat man früher die Optionsprämie berechnet. Die langjährige Praxis
der Optionswelt zeigt, dass dadurch sehr selten eine akzeptable Annäherung
der tatsächlichen Optionsprämie berechnet werden kann. Woran liegt diese Unstimmigkeit? Erstens wird vorausgesetzt, dass sowohl der Käufer als
auch der Verkäufer die Wahrscheinlichkeitsverteilung des Aktienkurses übereinstimmend vorhersagen können. Zweitens wird angenommen, dass beide
Partner sich völlig risikoneutral verhalten. Die Realität ist aber, dass risikofreudige Investoren bereit sind, eine höhere Prämie als die risikoscheuen
8
Anleger zu zahlen. Deshalb bezeichnet man die obige Bewertung als eine
präferenzabhängige Bewertung.
Es ist der Verdienst von Black, Scholes und Merton, 1973 einen Zugang zur
Prämienberechnung gefunden zu haben und dabei eine präferenzfreie Bewertungsformel zu beweisen, die sich in der Praxis sehr gut bewährt hat. Das
fundamentale Prinzip ihrer Untersuchungen heißt Duplikationsprinzip“. Es
”
bedeutet folgendes: Zwei Finanztitel, die in jedem Zustand identische Rückflüsse liefern, müssen denselben Preis haben. Sonst erzielen schlaue Anleger
risikolos Gewinne, indem man den billigeren Titel kauft und den teureren
verkauft. (Man spricht dann von Arbitrage, d.h. das Ausnutzen räumlicher
und zeitlicher Preisdifferenzen für gleiche Positionen um risikolose Gewinne
zu erzielen.)
Es war vernünftig dper < 1 + rper < uper anzunehmen, da falls
→ dper < uper < 1 + rper niemand die betrachtete Aktie kaufen würde, weil
die risikofreie Anlage mehr hergibt,
→ 1 + rper < dper < uper sichere Arbitragegewinne ausgenutzt werden
können. (Man verschuldet sich zum Zinssatz rper und investiert mit
sicherem Gewinn in die betrachtete Aktie.)
Ausgehend vom genannten Fundamentalprinzip haben Black, Scholes und
Merton angenommen, dass der Aktienkurs einem sog. Itô-Prozess folgt. Die
Untersuchung führt zu einer partiellen Differenzialgleichung, deren Lösung
zur angesprochenen Formel führt. Unter Berücksichtigung desselben Prinzips
haben Cox, Ross und Rubinstein 1979 das Binomialmodell verfeinert, eine beliebig große Anzahl n von Zeitperioden betrachtet und schließlich durch den
Grenzübergang n → ∞ zu einem kontinuierlichen Modell erweitert. Im Rahmen dieses Modells haben sie einen weiteren Beweis der Black-Scholes-Formel
angegeben. Deren Vorgehensweise möchten wir nun genauer beschreiben.
Zuerst wird für eine Periode eine präferenzfreie Bewertungsformel abgeleitet.
Wir konstruieren zwei äquivalente Portefeuilles, die die gleichen Rückflüsse
bringen, und zum Zeitpunkt Null denselben Wert haben. Das Portefeuille 1
soll genau eine Kaufoption (mit Verfallstermin T und Ausübungspreis E) auf
die Aktie S enthalten; (2) beschreibt die von diesem Portefeuille erwarteten
Rückflüsse. Das Portefeuille 2 enthält x ≥ 0 Aktien und einen positiven oder
negativen Geldbetrag B, der risikolos zum Jahreszins r angelegt bzw. aufgenommen wird. Wir nehmen zuerst wieder an, dass T (in Jahren gemessen)
genau die Periode ist, wonach aus S(0) entweder u1 S(0) oder d1 S(0) entsteht.
Der Zinssatz für diese eine Periode ist rper =: r1 , also 1 + r1 = (1 + r)T oder
auch r1 = (1 + r)T − 1. Der Wert der beiden Portefeuilles zum Verfallstag
T ist C 1,1 bzw. u1 S(0)x + (1 + r1 )B, falls S(T ) = u1 S(0) oder C 0,1 bzw.
9
d1 S(0)x + (1 + r1 )B, falls S(T ) = d1 S(0). Aus dem Gleichungssystem
u1 S(0)x + (1 + r1 )B = C 1,1
d1 S(0)x + (1 + r1 )B = C 0,1
(4)
ergeben sich
(5)
x=
C 1,1 −C 0,1
(u1 −d1 )S(0)
und B =
u1 C 0,1 −d1 C 1,1
(u1 −d1 )(1+r1 )
.
Zum Zeitpunkt Null haben die Portefeuilles denselben Wert; dabei ist der
Wert des ersten Portefeuilles – laut Definition – die Optionsprämie C(0),
während der Wert des zweiten S(0)x + B ist. Es folgt
1,1
0,1
0,1
1,1
1
1 )−d1
1)
1C
C(0) = S(0)x+B = C u1−C
+ u(u11C−d1−d
= 1+r
[ (1+r
C 1,1 + u1u−(1+r
C 0,1 ].
−d1
)(1+r1 )
u1 −d1
1
1 −d1
1 )−d1
aus [0, 1], so hat man für die BeBezeichnet man mit p1 die Zahl (1+r
u1 −d1
rechnung der Optionsprämie die folgende Formel zur Verfügung:
(6)
c0 = C(0) =
1
[p C 1,1
1+r1 1
+ (1 − p1 )C 0,1 ] .
Diese Formel gibt im Gegensatz zu (3) eine präferenzfreie Bewertung der
Prämie, weil die Zahl p1 aus den Größen S(0), E, u1 , d1 und r berechnet wird
und damit risikoneutral für alle Marktteilnehmer – unabhängig von deren
Vorstellungen und Hoffnungen – gleich ist. Der Marktpreis der Optionen
muss gegen einen Gleichgewichtspreis tendieren, der keine Arbitragegewinne
erlaubt. (Sonst nutzen die rational handelnden Marktteilnehmer“ den Un”
terschied zwischen dem tatsächlichen Marktpreis und dem Gleichgewichtspreis aus!) Die Formel (6) liefert in jedem Fall ein besseres Instrument als
(3), um dem Gleichgewichtspreis näher zu kommen. Die moderne Entwicklung verlangte feinere Mittel, mit welchen an der Börse die Arbitragegewinne
möglichst klein zu halten sind. Eine erste Verbesserung der Formel (6) kann
man erreichen, wenn man T in mehrere Perioden einteilt, um den raschen
Veränderungen gerecht zu werden. Teilt man T in n gleiche Perioden, so
sei rn der risikolose Zinssatz pro Periode; es gilt 1 + rn = (1 + nr )T , d.h.
rn = (1 + nr )T − 1, wenn T in Jahren gemessen wird. Nimmt man an, dass der
Initialpreis S(0) der Aktie sich in j Perioden um den Faktor un und in n − j
Perioden um den Faktor dn ändert, so beträgt der Aktienwert zum Verfallstermin S j,n := ujn dn−j
n S(0); dabei ist es gleichgültig, in welcher Reihenfolge
die zwei möglichen Änderungen geschehen. Dann ist
C j,n := max{S j,n − E , 0} = max{ujn dnn−j S(0) − E , 0}
der Wert dieser Option am Verfallstag.
Aus S(0) kann also 1-mal C n,n und
¡
¢
C 0,n , n-mal C n−1,n und C 1,n , . . . , nk -mal C n−k,n und C k,n entstehen. Man
10
n)
n −dn
bezeichne mit pn die Zahl 1+r
; also: 1 − pn = unu−(1+r
.
un −dn
n −dn
Ist z.B. n = 2, so hat die Option nach der ersten Periode entweder den Wert
1
C 1,1 = 1+r
[p2 C 2,2 + (1 − p2 )C 1,2 ], falls in der ersten Periode S(0) sich in
2
1
u2 S(0) geändert hat, oder C 0,1 = 1+r
[p2 C 1,2 + (1 − p2 )C 2,2 ], falls in der ers2
ten Periode S(0) sich in d2 S(0) geändert hat.
Damit ist der abgezinste Erwartungswert der Option nach zwei Perioden (der
Länge T2 ):
1
c0 = C(0) =
[p2 C 1,1 + (1 − p2 )C 0,1 ]
1 + r2
(7)
1
=
[p2 C 2,2 + 2p2 (1 − p2 )C 1,2 + (1 − p2 )2 C 0,2 ] .
(1 + r2 )2 2
Setzt man diese Überlegungen fort, so kann man durch vollständige Induktion nachweisen, dass die Bewertungsformel für eine Kaufoption, für welche
n gleichlange Teilperioden bis zum Verfallstermin betrachtet wurden und für
welche in jeder Teilperiode das Binomialmodell mit denselben Faktoren dn
und un angenommen wurde, lautet:
n µ ¶
X
n j
1
p (1 − pn )n−j C j,n
c0 = C(0) =
n
(1 + rn ) j=0 j n
(8)
n µ ¶
X
1
n j
=
p (1 − pn )n−j max{ujn dnn−j S(0) − E, 0}.
n
(1 + rn ) j=0 j n
In der obigen Formel kommen nur solche Summanden tatsächlich vor, für
welche C j,n > 0 gilt, d.h. für welche ujn dn−j
n S(0) − E > 0 gilt. Äquivalent
ln(E/S(0))−n ln dn
. Sei
dazu ist j >
ln(un /dn )
(9)
an := min{j ∈ N0 | j >
ln(E/S(0))−n ln dn
}
ln(un /dn )
.
Wegen dn < un gilt C j,n > 0 genau dann, wenn j ≥ an gilt. Deshalb erhält
(8) die äquivalente Gestalt
c0 = C(0) =
(10)
= S(0)
1
(1+rn )n
n
X
j=an
Wegen pn =
1+rn −dn
un −dn
n ¡ ¢
P
n
j=an
j
pjn (1 − pn )n−j (ujn dn−j
n S(0) − E)
µ ¶
n un pn j (1−pn )dn n−j
(
) ( 1+rn )
−
j 1+rn
hat man
(1−pn )dn
1+rn
11
= 1−
¡ ¢
n
E
(1+rn )n j
un pn
.
1+rn
pjn (1 − pnn−j ) .
Mit der Bezeichung
(11)
B(an , n, t) =
n ¡ ¢
P
n
j=an
j
tj (1 − t)n−j
für die sogenannte komplementäre Binomialverteilung lässt sich (10) in der
folgenden Form schreiben:
(100 )
un pn
)−
c0 = C(0) = S(0)B(an , n, 1+r
n
E
B(an , n, pn )
(1+rn )n
.
Für r = 0, 06 , n = 3 und T = 43 Jahre betrachten wir zum Verdeutlichen das folgende Beispiel. Eine Aktie S habe zum Zeitpunkt 0 den Wert
S(0) = 100 Euro. Es gibt darauf eine Kaufoption, die dem Anleger nach
einem 43 Jahr erlaubt, die Aktie zum Ausübungspreis E = 105 Euro zu erwerben. Es wird angenommen, dass u3 = 1, 25 und d3 = 0, 8 (insbesondere
also u3 · d3 = 1, was immer angenommen wird) gilt, d.h., dass aus S(0) = 100
Euro zuerst S( 14 ) = 125 oder 80 Euro folgt, dann S( 24 ) = 125 · 1, 25 = 156, 25
oder S( 42 ) = 100 – falls S( 14 ) = 125 – folgt bzw. S( 24 ) = 80 · 0, 8 = 64
oder S( 42 ) = 100 – falls S( 41 ) = 80 – folgt, usw. Es ergibt sich die folgende
Kursentwicklung der Aktie in den drei Perioden:
195, 3125
156, 25
125
S(0) = 100
125
100
80
80
64
51, 2
√
Aus (1 + r3 )3 = (1 + 0, 06)3/4 folgt r3 = 4 1, 06 − 1 = 0, 0147 . . ., und damit
p3 = 1+0,0147...−0,8
= 0, 4771 . . . , 1 − p3 ≈ 0, 5229 , p23 ≈ 0, 2276 , p33 ≈
1,25−0,8
0, 1086 , 3p23 (1 − p3 ) ≈ 0, 3571. Da u3 d23 S(0) = 80 < 105 und d33 S(0) =
51, 2 < 105 braucht man 3p3 (1 − p3 )2 und (1 − p3 )3 nicht mehr. Aus (10)
ergibt sich
1
[p3 (u3 S(0) − E)+3p23 (1 − p3 )(u23 d3 S(0) − E)+0+0]
c0 = C(0) =
(1 + r3 )3 3 3
1
≈
[0, 1086(195, 3125−105)+0, 3571(125−105)] ≈ 16, 225.
1, 01473
Wenn der Marktpreis der Kaufoption von diesem Gleichgewichtspreis 16, 225
abweicht, kann man mit einer Hedging-Strategie einen sicheren Arbitrage12
gewinn erzielen. Das wollen wir an dieser Stelle nicht vertiefen.
Die Bewertungsformel (100 ) für das diskrete Modell mit n Perioden führt
durch den Grenzübergang n → +∞, also wenn die Periode Tn gegen Null
konvergiert, zur Black-Scholes-Formel. Dabei entsteht aus dem Binomialmodell ein kontinuierliches Modell. Wir folgern den Überlegungen von Cox,
un pn
Ross und Rubinstein, um festzustellen, was mit (1 + rn )n , B(an , n, 1+r
)
n
und B(an , n, pn ) beim Grenzübergang n → +∞ passiert.
Im Binomialmodell mit n Perioden bekommt man risikolos nach n Perioden,
K
d.h. zum Zeitpunkt T , aus dem Kapital (1+r
n das Kapital K. Im kontin)
nuierlichen Modell erhält man risikolos aus dem Kapital K(t) nach einer
Zeitspanne dt das Mehrkapital dK = K(t + dt) − K(t). Es gilt dK = rKdt,
¯T
und damit ln K(t) ¯t = r(T − t). Anders geschrieben: K(t) = K(T )er(t−T ) .
Damit aus K(0) zum Zeitpunkt T wieder K entsteht, muss K(T ) = K gelten;
dann ist K(t) = Ker(t−T ) und insbesondere K(0) = Ke−rT . Aus demselben
Kapital entsteht zum Zeitpunkt T im kontinuierlichen Modell und im GrenzK
−rT
fall des Binomialmodells dasselbe Kapital K, wenn (1+r
gilt, d.h.
n = Ke
n)
wenn gilt:
(12)
(1 + rn )n = erT .
Seien X1 , X2 , . . . , Xn n unabhängige Zufallsvariablen, die jeweils mit der
Wahrscheinlichkeit pn den Wert 1 und mit der Wahrscheinlichkeit 1 − pn den
Wert 0 annehmen. Es gilt E(Xj ) = pn , E(Xj2 ) = pn und nach dem Vern
P
schiebungssatz Var(Xj ) = pn − p2n . Die Zufallsvariable Zn :=
Xj gibt die
j=1
Anzahl der Versuche an, für welche der Wert 1 angenommen wird.
Aus S(T ) = ujn dn−j
n S(0) folgt, dass die Aktienrendite zum Verfallstag
ln(S(T )/S(0)) gleich j ln un + (n − j) ln dn = j ln(un /dn ) + n ln dn ist. Also nimmt S zum Zeitpunkt T den Wert ujn dnn−j S(0) dann und nur dann an,
wenn Zn den Wert j annimmt. Man kann also die Aktienrendite zum Zeitpunkt T wegen
(13)
ln(S(T )/S(0)) = Zn ln(un /dn ) + n ln dn
als Zufallsvariable sehen. Der Erwartungswert und die Varianz der Aktienrendite t 7→ ln sind also (S(t)/S(0)) zum Zeitpunkt T sind also
(14)
E(ln(S(T )/S(0)) = [pn ln(un /dn ) + ln dn ]n ,
(15)
Var(ln(S(T )/S(0)) = pn (1 − pn )[ln(un /dn )]2 n ,
weil X1 , . . . , Xn stochastisch unabhängig sind und für die Zahlen b, b1 , . . . , bn
gilt:
13
E(b +
n
X
bj Xj ) = b +
j=1
n
X
bj E(Xj ), Var(b +
j=1
n
X
bj Xj ) =
n
X
j=1
b2j Var(Xj ) .
j=1
Bezeichnet man mit µ̃n und σ̃n die erwartete Aktienrendite pro Periode bzw.
die Varianz der Aktienrendite pro Periode, so folgt aus E(ln(S(T )/S(0)) =
µ̃n · n und Var(ln(S(T )/S(0)) = σ̃n2 · n sowie (14) und (15):
(16)
pn ln(un /dn ) + ln dn = µ̃n ,
(17)
p
pn (1 − pn ) ln(un /dn ) = σ̃n .
Mit Z̃n bezeichnet man die zugehörige normierte binomialverteilte Zufallsvariable mit Erwartungswert 0 und Varianz 1, d.h. Z̃n := √Zn −npn . Wegen
npn (1−pn )
der Definition von Zn und an sowie der Bezeichnung für die komplementäre
Binomialverteilung hat man
1 − B(an , n, pn ) = P (Zn ≤ an−1 ) .
Man kann wie folgt umformen:
P (Zn ≤ an − 1) = P ( √Zn −npn
npn (1−pn )
Wegen an − 1 =
ln(E/S(0))−n ln dn
ln(un /dn )
an − 1 − npn =
≤ √an −1−npn ) = P (Z̃n ≤ √an −1−npn ).
npn (1−pn )
npn (1−pn )
− εn mit εn ∈ ]0, 1] geeignet gewählt folgt
ln(E/S(0))−n ln dn
ln(un /dn )
− εn − npn =
ln(E/S(0))−n ln dn −npn ln(un /dn )−εn ln(un /dn )
ln(un /dn )
=
ln(E/S(0))−µ̃n ·n−εn ln(un /dn )
ln(un /dn )
und damit
(18)
√an −1−pn
npn (1−pn )
=
ln(E/S(0))−µ̃n ·n−εn ln(un /dn )
√
npn (1−pn ) ln(un /dn )
Wegen unn = u1 und dnn = d1 folgt ( udnn )n =
(19)
lim un
n→∞ dn
u1
d1
.
und damit
= 1 sowie lim ln(un /dn ) = 0 .
n→∞
Ist µ die erwartete Aktienrendite pro Zeiteinheit und σ 2 die Varianz pro
Zeiteinheit für ln(S(T )/S(0)) (σ heißt auch die Kursvolatilität), so hat man
(20)
(21)
[pn ln(un /dn ) + ln dn ]n = µ̃n · n = µ · T ,
[pn (1 − pn )(ln(un /dn ))2 ]n = σ̃n2 · n = σ 2 · T ,
und deshalb gilt (wegen der Annahme un · dn = 1) für alle n ≥ 1 :
14
q
(22)
µ̃n =
(23)
pn =
(24)
1 − pn = 1 −
Es folgt pn (1 − pn ) =
q
µT
n
T
n
,
ln dn −µ·T /n
2 ln dn
,
sowie σ̃n = σ
µ·T /n−ln dn
ln(un /dn )
=
ln dn −µ·T /n
2 ln dn
(ln dn )2 −µ2 ·T 2 /n2
4(ln dn )2
=
ln dn +µ·T /n
2 ln dn
.
und nach (21)
(ln dn )2 − µ2 · T 2 /n2 = σ 2 · T /n .
(25)
Da E((ln(S(T )/S(0))2 ) = [pn (ln un )2 + (1 − pn )(ln dn )2 ]n gilt, ergibt sich aus
dem Verschiebungssatz
σ 2 · T = Var(ln(S(T )/S(0))) = E((ln(S(T )/S(0))2 ) − [E(ln(S(T )/S(0)))]2 =
[pn (ln un )2 + (1 − pn )(ln dn )2 ]n − µ2 · T 2 = (ln dn )2 · n − µ2 · T 2 ,
also:
(ln dn )2
n
(26)
− ( µ·T
)2 =
n
Aus (25) und (26) erhält man (ln dn )2 −
σ2 T
σ 2 ·T
n2
.
(ln dn )2
n
q
σ Tn .
Wegen dn < un hat man
und ln
un
dn
(ln dn )2 = n , d.h. | ln un | = | ln dn | =
q
q
T
ln un = σ n und ln dn = −σ Tn und deshalb
(27)
dn = e
−σ
√T
n
, un = e
σ
√T
n
σ 2 ·T
n
=
−
σ 2 ·T
n2
q
= 2σ
T
n
und daraus
.
Um lim pn zu berechnen, benutzen wir die Reihenentwicklung der Exponenn→∞
tialfunktion
∞
X
xk
2
= 1 + x + O(x2 ) = 1 + x + x2 + O(x3 ) .
ex =
k!
k=0
Hiermit bekommt man aus
pn =
rT
n
+σ
1−rn −dn
un −dn
=
√
−σ T /n
/n
erT
√ −e
√
eσ T /n −e−σ T /n
=
1+ rT
+O(n−2 )−[1−σ
n
1+σ
√T
n
+O(n
n
n
T
+σ 2 2n
+O(n−1,5 )]
+O(n−1 )−[1−σ
√T 2 T
√T
√T
r
−σ 2n +O(n−1,5 )
+1− σ2
+σ(n−1 )
n
σ
n
n
√
=
=
−0,5
T
2+O(n
)
−1
2σ
√T
)
1
2
+
√T
1 r
(
2 σ
n
+O(n−1 )]
q
−
σ
)
2
die folgende Abschätzung für µ̃n · n :
µ̃n · n = (pn ln( udnn ) + ln dn )n =
q
q
q
1
1 r
σ
T
T
−1
{[ 2 + 2 ( σ − 2 ) n + O(n )]2σ n − σ Tn }n =
(r Tn −
σ2
2
·
T
n
+ O(n−1,5 ))n = rT −
15
σ2 T
2
+ O(n−0,5 ) .
T
n
=
+ O(n−1 )
Es folgt lim µ̃n · n = rT −
n→∞
σ2 T
,
2
und damit gilt wegen (18),(19) und (22):
ln(E/S(0))−µ̃n ·n−εn ln(un /dn )
√
σ̃n n
n→∞
lim √an −1−npn = lim
npn (1−pn )
n→∞
2
=
ln(E/S(0))−(r− σ2 )T
√
σ T
.
Also:
2
ln(E/S(0))−(r− σ2 )T
√
σ T
lim √an −1−npn =
(28)
n→∞
npn (1−pn )
.
Aus dem zentralen Grenzwertsatz von Moivre und Laplace folgt, dass die
Verteilung einer normierten binomialverteilten Zufallsvariable für n → ∞
gegen die Standardnormalverteilung konvergiert, und dabei gilt
lim P (Z̃n ≤ √an −1−npn ) = N ( lim √an −1−npn ) ,
npn (1−pn )
n→∞
wobei N (y) =
√1
2π
Ry
npn (1−pn )
n→∞
x2
e− 2 dx gilt; man beachte: N (−y) = 1 − N (y). Es folgt
−∞
also (wegen (28))
lim [1 − B(an , n, pn )] = lim P (Z̃n ≤ √an −1−npn ) =
n→∞
npn (1−pn )
n→∞
N ( lim √an −1−npn ) = N (
n→∞
npn (1−pn )
2
ln(E/S(0))−(r− σ2 )T
√
σ T
)
und damit
2
lim B(an , n, pn ) = 1 − N (
n→∞
ln(E/S(0))−(r− σ2 )T
√
)
σ T
2
N (−
ln(E/S(0))−(r− σ2 )T
√
)
σ T
=
2
= N(
ln(S(0)/E)+(r− σ2 )T
√
)
σ T
.
Analog (also auch mühsam!) zeigt man, dass
2
lim B(an , n, un pn /1 + rn ) =
n→∞
ln(S(0)/E)+(r+ σ2 )T
√
N(
)
σ T
gilt; aus (100 ) folgt dann die Bewertungsformel von Black-Scholes für die
Kaufoption europäischen Typs:
2
(29)
c0 = C(0) = S(0)N (
2
ln(S(0)/E)+(r+ σ2 )T
ln(S(0)/E)+(r− σ2 )T
−rT
√
√
)
−
Ee
N
(
)
σ T
σ T
.
Mit konkreten Beispielen kann man die Güte der Black-Scholes-Bewertungsformel für die Börsenpraxis testen.
Zwischen einer Kaufoption und einer Verkaufsoption gleichen Typs (d.h., es
handelt sich um dieselbe Aktie und sowohl der Ausübungspreis E als auch
16
der Verfallstermin T sind gleich!) besteht eine wichtige Relation, die unter
dem Namen Put-Call-Parität bekannt ist (siehe dazu [10]).
Um diese Relation herzuleiten, sei B ein Portefeuille, das eine Aktie S, eine
Verkaufsoption P , die als Funktion auf [0, τ ] verstanden wird, und eine Kaufoption C enthält. Zum Zeitpunkt 0 besitzt das Portefeuille B den Wert
B(0) = S(0) + P (0) − C(0) .
Zum Verfallstermin ist der Wert dieses Portefeuilles
B(T ) = S(T ) + max{E − S(T ), 0} − max{S(T ) − E, 0} .
Man hat also

 S(T ) + E − S(T ) − 0 = E
B(T ) = S(T ) + 0 − (S(T ) − E) = E

S(T ) + 0 − 0 = E
, falls S(T ) < E ,
, falls S(T ) > E ,
, falls S(T ) = E .
Das Portefeuille muss zum Zeitpunkt 0 den Wert Ee−rT haben, damit es zum
Zeitpunkt T risikolos den Wert E hat, d.h. B(0) = S(0) + P (0) − C(0) =
Ee−rT . Man erhält also die Put-Call-Parität
P (0) = C(0) − S(0) + Ee−rT .
(30)
Nach (29) ergibt sich
2
P (0) = −S(0)[1 − N (
2
ln(S(0)/E)+(r+ σ2 )T
ln(S(0)/E)+(r− σ2 )T
−rT
√
√
)]
+
Ee
[1
−
N
(
)]
σ T
σ T
.
Deshalb lautet die Bewertungsformel von Black-Scholes für die Verkaufsoption europäischen Typs:
2
(31)
P (0) = Ee−rT N (
ln(E/S(0))+( σ2 −r)T
√
)
σ T
2
− S(0)N (
ln(E/S(0))−( σ2 +r)T
√
)
σ T
.
In den Bewertungsformeln von Black und Scholes (also (29) und (31)) ist
die Volatilität σ der einzige Parameter, den man nicht vereinbaren oder genau berechnen kann. Diese Zahl spiegelt die mittlere Kursschwankung des
Basiswertes S(t) zwischen t = 0 und t = T wieder. Aber σ wird schon zum
Zeitpunkt t = 0 benötigt, um den Optionspreis c0 bzw. p0 zu bestimmen.
Deshalb wird σ aus der Vergangenheit der Aktienkurse berechnet und diesen Wert nennt man auch die historische Volatilität; dabei ist es sinnvoll
die unmittelbare Vergangenheit stärker zu berücksichtigen, d.h. eine geeignete Gewichtung vorzunehmen. Da man die zukünftigen Kursschwankungen
nicht kennt und die Volatilität (im Gegensatz zur Annahme im Black-ScholesModell) veränderlich ist, ist es möglich, dass die historische Volatilität sich
von der tatsächlichen Volatilität (die erst nach dem Zeitpunkt T berechnet
17
werden kann, wenn der Aktienkurs von S bekannt ist) erheblich unterscheidet. (Aber hinterher ist man sowieso immer klüger!)
Wir haben erwähnt, dass Scholes und Merton ausgehend vom Duplikationsprinzip eine partielle Differenzialgleichung angegeben haben, deren Lösung
der Wert C(S(t), t) der Kaufoption für den Basiswert S ist. Wir skizzieren
mit einigen Worten, wie man zu dieser Differenzialgleichung gekommen ist
und welche Lösung sie hat.
Der englische Botaniker Robert Brown (1778-1858) entdeckte 1827 die sog.
Brownsche Bewegung: Kleine Teilchen bewegen sich in einer Flüssigkeit unter dem Einfluss von rasch aufeinander folgenden zufälligen Zusammenstößen
mit Nachbarpartikeln sehr unregelmäßig. Dieses Phänomen hat zum mathematischen Begriff Brownscher Prozess geführt, der dieses Verhalten meisterhaft modelliert. Es handelt sich um einen stochastischen Prozess, der von
den Mathematikern Wiener und Itô untersucht wurde.
Black und Scholes haben bemerkt, dass die Funktionen t 7→ C(S(t), t) und
t 7→ P (S(t), t), die jedem t ∈ [0, T ] den Wert C(S(t), t) bzw. P (S(t), t)
der Kaufoption bzw. Verkaufsoption für den Basiswert S zuordnen, einem
speziellen Brownschen Prozess – nämlich einem Itô-Prozess – unterliegen,
weil für die weitere Kursentwicklung der Aktie S nur ihr aktueller Wert ausschlaggebend ist. (Man sagt, dass die Aktienkurse die Markov-Eigenschaft
haben.) Eine besonders wertvolle Überlegung (warum nicht: ein genialer Einfall!) von Black und Scholes hat dazu geführt, dass die allgemeine Differenzialgleichung eines Itô-Prozesses die folgende einfachere Gestalt erhält:
∂V
1
∂ 2V
∂V
+ σ2S 2
+ rS
− rV = 0 ,
2
∂T
2
∂S
∂S
(32)
wobei V ∈ {C, P } ist. σ (die Volatilität von S) und r (der Jahreszinssatz einer risikolosen Anlage) bleiben im betrachteten Zeitraum [0, T ] unverändert.
Diese spezielle parabolische Differenzialgleichung wird im Falle V = C zusammen mit den (dem Inhalt eines Calls entsprechenden) folgenden Randbedingungen betrachtet:
→ C(0, t) = 0
∀ t ∈ [0, T ]
→ C(S(t), t) und S(t) verhalten sich asymptotisch (d.h. für sehr große
Werte von S) gleich.
Die Lösung dieses Randwertproblems auf [0, +∞) × [0, T [ lautet
(33)
C(S(t), t) = S(t) · N (d+ ) − Ee−r(t−t) N (d− ) ,
18
wobei – wie vorher – gilt:
1
N (x) := √
2π
Zx
e
2
− y2
−∞
2
ln/S(t)/E) + (r2 ± σ2 )(T − t)
√
dy und d± :=
.
σ T −t
Für t = 0 erhält man (29).
Die Beweisidee, die für (30) benutzt wurde, war: Es darf keine Arbitrage
entstehen. Hiermit kann man für die Kauf- bzw. Verkaufswerte C bzw. P der
Option für S die (allgemeine) Put-Call-Paritätsrelation beweisen:
(34)
S(t) + P (t) − C(t) = Ee−r(T −t)
∀ t ∈ [0, T ] .
Aus (32) und (34) erhält man leicht die Berechnungsformel
(35)
P (S(t) , t) = Ee−r(T −t) N (−d− ) − S(t)N (−d+ ) .
Man kann (35) auch als Lösung von (32) mit den folgenden Randbedingungen
(welche für eine Put-Option offensichtlich verlangt werden müssen) erhalten:
→ P (0, t) = Ee−r(T −t)
∀ t ∈ [0, T ] .
→ P (S(t) , t) fällt gegen Null, wenn S(t) unbegrenzt wächst.
Jede Modellbildung eines komplexen Sachverhaltes verlangt restriktive Annahmen; durch regelmäßige Vergleiche der theoretischen (errechneten) mit
den tatsächlichen Ergebnissen kann man den Nachweis liefern, dass die ausgesuchten Annahmen das betrachtete Problem vereinfachen und nicht verfälschen. Im Fall des Black-Scholes-Modells handelt es sich um die folgenden
Vereinfachungen:
→ Die betrachtete Kursvolatilität σ ist konstant während der Laufzeit.
→ Der Basiswert S verhält sich gemäß einem Itô-Prozess; insbesondere ist
der Aktienkurs stetig und es gibt keine Kurssprünge.
→ Auf den verschiedenen Kapitalmärkten sind gleiche Zinssätze vorhanden.
→ Aktien und Optionen sind nicht ganzzahlig, sondern beliebig teilbar.
→ Leerverkäufe sind erlaubt.
→ Es entstehen keine Transaktionskosten beim Kauf oder Verkauf von
Aktien und Optionen.
→ Die Steuerfragen werden außer Acht gelassen.
19
→ Es gibt keine Dividendenzahlung während der Laufzeit.
→ Die Geschäftsgrundlagen der Firmen bleiben unverändert während der
gesamten Laufzeit.
In der Praxis muss man die Nichterfüllung der einen oder anderen Annahme
berücksichtigen und daraus die Konsequenzen ziehen.
4. Kritische Stimmen
Die Bewertungsformel von Black-Scholes geht von der Annahme aus, dass die
Veränderungen der Aktienkurse einer Normalverteilung entsprechen. Der bekannte Mathematiker Benoit Mandelbrot, der wesentliche Beiträge zur Theorie der dynamischen Systeme und zur Chaos-Theorie geliefert hat, verneint
aufgrund seiner Beobachtungen und Forschungsergebnisse diese Annahme,
und behauptet, dass die Kursveränderungen exponentiell verteilt sind und
außerdem keine stochastisch unabhängigen Zufallsvariablen sind. Beide Ursachen können zu sehr starken Preisschwankungen führen, was nach der Theorie
von Merton, Black und Scholes nicht vorkommen sollte. Ist dies die Ursache
dafür, dass diese Nobelpreisträger mit ihren Hedgefonds Schiffbruch erlitten
haben? Auch die heftigen Preisschwankungen der russischen Börse könnten
damit erklärt werden.
Eine weitere Kritik der herrschenden Optionstheorie hat der amerikanische
Finanzexperte Nasser Saber im Jahre 2006 geübt. Er definiert den Begriff
Option als eine zeitlich begrenzte Transaktion, bei welcher eine Seite (also
der Optionskäufer) das Recht auf Nichterfüllung einer Zahlungsverpflichtung
erwirbt. Seiner Meinung nach ist der Käufer in diesem Geschäft der Spekulant, weil er von Preisveränderungen ab einer vereinbarten Höhe profitiert,
während der Verkäufer nur bei geringen Veränderungen Gewinne erzielt.
Natürlich ist der Verkäufer – in der Regel eine Bank – kein Samariter; er
verfügt über wesentlich mehr Informationen und Erfahrungen, die ihm helfen, für ihn günstige Vertragsbedingungen durchzusetzen.
5. Persönliche Standpunkte
Optionen bieten die Möglichkeit, Chancen und Risiken einer gewöhnlichen“
”
Finanzanlage zu trennen und in ein anderes Verhältnis zueinander zu setzen; dadurch findet mancher Anleger neue Instrumente, die besser zu seinem
Risiko-Profil passen.
Der Handel mit Optionen ist keineswegs risikofrei, nicht einmal für sehr er20
fahrene (und sogar professionelle) Anleger. Einen sicheren Kursgewinn wird
es nie geben!
Wenn jemand über eine Geldsumme verfügt, die von ihm und seiner Familie
mittel- und langfristig zum Lebensunterhalt nicht gebraucht wird, und er
dazu risikofreudig ist, kann diese Person – bevor sie Woche für Woche Lotto
spielt – einen Teil dieser Summe in Optionen anlegen, falls sie einen erfahrenen und ehrlichen Berater zur Seite hat. (Wie findet man einen solchen? Und
was kostet sein Rat?) Damit wären seine Chancen sicher besser als beim Lotto. Früher hätte man ein solches Verhalten von den Jüngeren erwartet oder
vermutet. Die heutige Jugend, die kaum eine Chance hat, später eine ordentliche Rente zu erhalten und damit rechnen muss ab 55 oder 57 bis zur Rente
arbeitslos zu sein, sollte sich anders entscheiden. Die kinderlosen, älteren Semester, die gut abgesichert sind, können sich so etwas eher erlauben, falls sie
daran Spaß haben und Nervenkitzel brauchen.
Die Börsen hatten das Ziel, die finanzstarken Investoren mit ideenreichen,
innovativen und leisstungsstarken Unternehmen in Verbindung zu bringen,
und zwar letztendlich zum Wohle der Gesellschaft. Heute dienen sie vor allem
dazu, den Spekulanten ihr Vermögen zu vermehren.
Ursprünglich hatten die Banken als Hauptziel, den Unternehmen Geld zur
Verfügung zu stellen, um zu investieren und die Forschung voranzutreiben.
Inzwischen bestimmen die Kapitalmärkte, wie die Unternehmen wirtschaftlich agieren sollen, um kurzfristig höchste Rendite zu erreichen. Dabei werden
die langfristige Unternehmensentwicklung und die sozialen sowie ökologischen
Fragen von völlig unerfahrenen Betriebswirten, die frisch von den Unis kommen und kaum Lebenserfahrung haben, außer Acht gelassen.
Fazit: Die Herrschaft der Kapitalmärkte über die reale Wirtschaft sollte
aufhören. Die soziale Marktwirtschaft mit einer starken christlich-humanen
Komponente und Verständnis für die Schwächeren sollte wieder den Vorzug
gegenüber der zügellosen Marktwirtschaft angelsächsischer Prägung haben.
Dazu passen die klugen Worte unseres verehrten Bundespräsidenten: Wir
brauchen wieder Bankiers und keine Banker!
Literatur
[1] Black, F., How to use the holes in Black-Scholes, Practical readings
in financial derivatives, Robert W. (Hrsg.), 1998, Blackwell
[2] Black, F. und Scholes, M., The pricing of Options and Corporate
Liabilities, Journal of Political Economy, Band 81, S. 637-654, 1973
21
[3] Cox, J. C. und Rubinstein, M. E., Options Markets, Prentice Hall,
1985
[4] Cox, J. C. ,Rubinstein, M. E. und Ross, S. A., Option Pricing: A simplified Approach, Journal of Financial Economics, Band 7,
S. 229-263 , 1979
[5] Kruschwitz, L. und Schöbel, R., Einführung in die Optionspreistheorie I und II, Wirtschaftsstudium, Band 13, S. 68-72 und S. 116-121,
1984
[6] Mandelbrot, B. und Hudson R. L., Fraktale und Finanzen. Märkte
zwischen Risiko, Rendite und Ruin, Piper Verlag, München, 2005
[7] Merton, R. C, Option Pricing when Underlying Stock Returns are
Discontinuous, Journal of Financial Economics, Band 3, S. 125-144, 1976
[8] Merton, R. C, Theory of Rational Option Pricing, Journal of Economics and Management Science, Band 4, S. 141-183 , 1973
[9] Nguyen, T., Mathematische Theorie der Finanzoptionen, Cuvillier
Verlag , Göttingen, 2002
[10] Nguyen, T., Mathematische Verfahren zur Bewertung europäischer,
asiatischer und amerikanischer Optionen, Dissertation, FernUniversität
in Hagen, 2006
[11] Saber, N., Speculative Capital, Vol. 3: The Enigma of Options. Sabersystem, Financial Times, Prentice Hall, London, 2006
[12] Stoll, H. R., The relationship between put and call option prices,
Journal of Finance, Band 24, S. 801-824, 1969
22
σ2
)T
2
!
− Ee−rT N
Ã
ln(S(0)/E) + (r −
√
σ T
σ2
)T
2
!
,
N (y) :=
√1
2π
−∞
Ry
x2
e− 2 dx ist die Standardnormalverteilung für y ∈ R.
wobei E der Ausübungspreis, T das Verfallsdatum, r der Jahreszinssatz einer risikolosen Anlage (z.B. Bundesschatzbrief), σ die Volatilität (d.h. die Standardabweichung der Veränderung von S) sind. σ ist ein Maß für das
Risiko: Je größer σ, desto höher das Risiko!
Bewertungsformel für die Verkaufsoption ist
Ã
!
Ã
!
σ2
σ2
ln(E/S(0))
+
(
ln(E/S(0))
−
(
−
r)T
+
r)T
√ 2
√ 2
(31)
p0 = Ee−rT N
− S(0)N
.
σ T
σ T
Bewertungsformel für die Kaufoption ist
Ã
ln(S(0)/E) + (r +
√
(29)
c0 = S(0)N
σ T
ANHANG
Hedge-Fonds sind eine spezielle Art von Investmentfonds, die eine spekulative Anlagestrategie verfolgen. Sie bieten die Chance auf sehr hohe Gewinne,
sind aber risikoreich! Charakteristisch für Hedge-Fonds ist der Einsatz von
Derivaten und Leerverkäufen. Damit kann man nicht nur spekulieren, sondern auch Finanzbesitz absichern; hiervon rührt der Name dieser Fonds, da
hedge absichern heißt.
Leerverkäufe: Ein Spekulant möchte von fallenden Kursen profitieren. Er
leiht sich bei einer Bank oder einer Fondsgesellschaft Aktien; dafür zahlt er
eine Leihgebühr und verpflichtet sich, zu einem festen Termin diese Aktien
zurückzugeben. Danach verkauft er die geliehenen Aktien und erwartet, dass
der Kurs dieses Papiers in dem Zeitraum bis zum vereinbarten Termin fällt.
Ist dies eingetreten, so kauft er die Aktien billiger und gibt sie dem Verleiher
zum Termin zurück. Beispiel: Der Händler leiht sich am 10. Mai Aktien, die
100 e kosten, für 5 e pro Stück und verpflichtet sich, sie am 10. November zurückzugeben. Am 20. September steht der Aktienkurs bei 70 e , und
der Spekulant meint, dass demnächst der Kurs steigt. Er kauft die Aktien,
und gibt sie am 10. November zurück. Sein Gewinn beträgt also 25 e pro
Stück. Sollte wider Erwarten der Kurs der geliehenen Aktien steigen, so ist
der Spekulant gezwungen, die Aktien zu einem höheren Preis zu kaufen, und
dadurch macht er Verluste!
Hysterie bei der VW-Aktie Ende Oktober 2008?
Die Spekulanten haben mit einem längeren Kursrückgang bei der VW-Aktie
gerechnet. Deshalb haben einige von ihnen bis Mitte Oktober 2008 bei Banken und Aktienfonds VW-Aktien geliehen und zu Kursen um 400 e verkauft.
Am Freitag, dem 24. Oktober hätten die Spekulanten für etwa 200 e pro
Stück Aktien kaufen können, und damit fast 100% Gewinn machen können.
Aber: Manche können den Hals nicht voll genug kriegen! Die Quittung kam
am Samstag, dem 26. Oktober. Porsche gab an diesem Tag bekannt, dass der
Konzern inzwischen 42,6 Prozent der VW-Aktien besitzt und über Optionen
an weiteren 31,5 Prozent der VW-Aktien verfügt. Zu den 74,1 Prozent von
Porsche kommen 20 Prozent Sperrminorität des Landes Niedersachsen hinzu.
Also bleibt ein Streubesitz von nur 5,9 Prozent übrig. Das ist viel zu wenig im
Vergleich zu den etwa 15 Prozent des Aktienbestandes, der von Spekulanten
durch Leerverkäufe geliehen wurden! Damit standen den Spekulanten nicht
mehr genügend VW-Aktien zum Kauf, um ihre Verbindlichkeiten zu decken.
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Deshalb brach unter den Hedgefonds-Managern, die auf fallende VW-Kurse
gesetzt haben, Panik aus. Sie mussten – egal was es kostet – diese Aktien
kaufen!
Fazit: Keine Hysterie, sondern blanke Not und Verzweiflung!
Der äußerst gelungene Schachzug der Stuttgarter führt dazu, dass von etwa
elf Milliarden Gewinn im Jahr 2008 etwa 9,5 Milliarden nicht mit Autos,
sondern durch Finanzmanipulation erzielt wurden. Das bestärkt nicht nur
die Neider – und davon haben wir leider viel zu viele – in ihrer Überzeugung,
dass man mit ehrlicher Arbeit vielleicht wohlhabend, aber nicht reich werden
kann.
Warum sollte der Normalbürger“ keine Optionen und im Allge”
meinen keine Derivate kaufen?
Ich versuche knapp dies mit einer Gegenfrage zu beantworten: Würden Sie
gern ein Auto fahren, in welchem nicht die Geschwindigkeit sondern die Beschleunigung angezeigt wird?
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