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Ausgabe 21/02 | Weitere Artikel
Klimaerwärmung
Geistige Warmluftfront
Dirk Maxeiner
Nur die Gemüter sind überhitzt: Das Geschwätz vom drohenden Kollaps des Weltklimas beruht auf
fragwürdigen Annahmen und erzeugt falsche politische Handlungen.
Zuerst die gewohnte Nachricht: «In den Regionen um den Polarkreis hat ein bemerkenswerter Klimawechsel
stattgefunden», heisst es in einem Schreiben der britischen Akademie der Wissenschaften (The Royal
Society). «Mehr als 2000 Quadratmeilen Eisfläche zwischen 74 und 80 Grad nördlicher Breite, die bislang die
Grönlandsee bedeckten, sind in den letzten zwei Jahren vollkommen verschwunden.» Die Kälte, die das
Gebiet für Jahrhunderte in einen undurchdringlichen Eispanzer verwandelt habe, sei offenbar in kürzester Zeit
höheren Temperaturen gewichen. Auch in Zentraleuropa registriert der Bericht alarmierende Zeichen für eine
rasche Klimaerwärmung: «Alle Flüsse, die im Hochgebirge entspringen, haben aufgrund der abgetauten
Schnee- und Gletscherwasser weite Regionen überschwemmt.»
Und jetzt die ungewohnte Nachricht: Das zitierte Schreiben wurde am 20. November 1817 verfasst. Der
Präsident der Royal Society schickte es der britischen Admiralität mit der Bitte um Entsendung eines Schiffes.
Die Wissenschaftler wollten den dramatischen Klimaumschwung im Nordmeer erforschen. Auch in der
Schweiz war das Klima in jenen Jahren nicht so, wie es sein sollte – die Bauern litten unter schlechten
Sommern. Nach Ansicht vieler Eidgenossen war daran die technische Zivilisation schuld: Aufgebrachte Bürger
rissen Blitzableiter von den Häusern herunter. Am 9. Juli 1816 berichtete die Neue Zürcher Zeitung über
zahlreiche Fälle von «gewaltsamer Zerstörung» der als Unheilsbringer verdächtigten «Wetterableiter».
Die Zeiten mögen sich ändern – die Ängste der Menschen bleiben die Gleichen. «Nordpol weg» verkündeten
die Boulevard-Zeitungen im Herbst 2000. Kreuzfahrttouristen an Bord des russischen Eisbrechers «Yamal»
hatten am Pol eine eisfreie Wasserfläche entdeckt, die New York Times berichtete darüber auf ihrer
Frontseite. Der Hamburger Klimatologe Mojib Latif forderte, es müsse «möglichst schnell etwas gegen den
Treibhauseffekt» getan werden. Umweltschützer mahnten, mit der «Verprasserei der Ressourcen»
aufzuhören.
Die Geschichte von Mensch und Klima ist ein Fortsetzungskrimi. Zu Beginn jeder aktuellen Folge muss
deshalb die Frage beantwortet werden: Was ist bisher geschehen? In den vergangenen 250 Jahren – seit der
kleinen Eiszeit zwischen 1550 und 1750 – hat sich das Klima auf Erden ziemlich kontinuierlich erwärmt. Die
Temperaturerhöhung des 20. Jahrhunderts wird auf rund 0,6 Grad veranschlagt. Die grösste Erwärmung fand
allerdings zwischen 1910 und 1945 statt, als das menschengemachte CO2 noch keine grosse Rolle spielte.
Gewiss beeinflusst eine Zivilisation von sechs Milliarden Menschen in vielfältiger Weise das Klima. «Es gibt
aber derzeit keine Entwicklung, die es nicht ohne den Menschen auch schon gegeben hätte», resümiert
Gernot Patzelt von der Universität Innsbruck. Der Gletscherexperte will einen menschlichen Ein- fluss gar nicht
ausschliessen, warnt aber vor voreiligen Schlüssen: Was bislang geschah, ist erstaunlich undramatisch – die
Katastrophe findet bisher ausschliesslich im Computer statt.
Wirklich überproportional erhitzt haben sich die Gemüter. Das Klimaproblem ist der Dreh- und Angelpunkt der
gesamten Umweltdiskussion. Vielen Umweltschützern gilt der Treibhauseffekt als teuflischste Gefahr seit der
Atombombe – Kohlendioxid wurde zum finalen Giftgas modernen Wirtschaftens. Es spielt dabei sicherlich die
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ernsthafte Sorge um eine Aufheizung des Planeten eine Rolle. Es geht aber auch um Macht und Moneten, um
Ideologien und Ideale. Im Umgang mit andere n Gefahren perspektivlose Politiker wollen wenigstens als
Schutztruppe für das Weltklima vor ihren Wählern Handlungsfähigkeit demonstrieren. Nirgendwo lässt sich
einfacher punkten als im symbolischen Kampf gegen eine hypothetische Katastrophe.
Propaganda des Potenziellen
Konkrete globale Umweltprobleme wie die Spirale aus Armut und Raubbau werden dagegen viel weniger
wahrgenom- men. Jährlich sterben über zehn Millionen Menschen an den Folgen von verseuchtem Wasser
und verpesteter Luft – in den Fokus der Besorgnis geraten die Armen aber erst als potenzielle Klimaopfer des
Jahrs 2100. Die öffentliche Abhand- lung des Klimathemas zeichnet sich aus durch ständige Wiederholung
von Schreckensmeldungen, vereinfachte Schuldzuweisung und emotionale Aufladung. Das sind die Muster
der klassischen Propaganda. Und deshalb sollte man die gesunde Skepsis nicht an der Garderobe des
örtlichen Klimabündnisses abgeben.
Ein gutes Beispiel dafür ist der verschwundene Nordpol. Er tauchte zehn Tage später wieder auf – allerdings
im hinteren Teil der New York Times. Die Redaktion liess in einer etwas zerknirschten Richtigstellung wissen,
offene Stellen im Packeis seien im arktischen Sommer durch-aus normal – und daher auch kein Beleg für den
drohenden Klima-GAU. Dabei hätte schon ein Blick in frühere Reisebeschreibungen der «Yamal» genügt, um
der Angelegenheit die Dramatik zu nehmen: Dort ist ausdrücklich von «offenen Wasserflächen» in diesem
Gebiet die Rede, die «die Reise erheblich erleichtern».
Das alles müsste eigentlich auch der Harvard-Ozeanograf James McCarthy gewusst haben, der den
weltweiten Medienalarm ausgelöst hatte. Stattdessen liess er sich zitieren, so etwas habe es nach
wissenschaftlich gesicherten Erkenntnissen zuletzt vor fünfzig Millionen Jahren gegeben.
Dabei ist McCarthy nicht irgendein schlecht informierter Forscher, sondern er hat eine leitende Funktion in
einer Arbeitsgruppe des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC). Das ist der von der Uno
eingesetzte Klimarat, der den weltweiten wissenschaftlichen Sachverstand in Sachen Klima zusammenführen
und zur Grundlage für politische Entscheidungen machen soll. Es war daher wohl kein Zufall, dass der
Nordpol vor einer internationalen Konferenz zum Klimaschutz in Den Haag verschwand.
Selbstverständlich arbeitet eine gros-se Zahl respektierter, unabhängiger und angesehener Wissenschaftler
dem IPCC-Gremium zu (über 600). Eine Schlüsselposition haben aber jene Wissenschaftsfunktionäre inne,
die den Wortlaut einer kurzen politischen Zusammenfassung der viele tausend Seiten umfassenden Studien
und Arbeiten festlegen. In Verhandlungen mit Regierungsvertretern der beteiligten Länder wird schliesslich der
endgültige Wortlaut verabredet. Das IPCC-Prozedere ist damit kein wissenschaftliches, sondern ein
politisches Verfahren. Und die Politiker möchten ihre Massnahmen zum Klimaschutz durch einen möglichst
breiten wissenschaftlichen Konsens legitimieren. Doch die von ihnen gebetsmühlenartig beschworene
Aussage, die weltweite Klimaforschung sei sich praktisch einig, dass die gegenwärtigen Klimaveränderungen
vom Menschen verursacht seien, trifft so nicht zu.
«Die Aussagen des IPCC sind überhaupt nicht eindeutig. Innerhalb der Fachgemeinde gehen die
Auffassungen weit auseinander», sagt Ulrich Berner, Leiter der Klimaabteilung der Bundesanstalt für
Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover. «Lediglich die so genannte Summary for Policymakers, die
Zusammenfassung für politische Entscheidungs- träger, suggeriert eine Einigkeit. In Wahrheit gibt es sie
nicht.»
Die Klimaforsche r sind aber auch zu bedauern: Der Zweifel ist nämlich das me - thodische Prinzip der
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gesamten modernen Naturwissenschaft. Wissen muss stets revidierbar bleiben. Was heute als Stand der
Wissenschaft gilt, war gestern oft noch Ketzerei. Auch die zahlreichen Hypothesen zum Klimawandel müssen
sich der Kritik stellen, sonst sind sie nichts wert. Karl Popper hat in seiner Wissenschaftsphilosophie dieses
beständige «Falsifizieren» als den Weg beschrieben, der Schritt für Schritt näher zur Wahrheit führt. Der
Auftrag des IPCC und die Herangehensweise der modernen Wissenschaft sind somit nur schwer kompatibel.
Rauf oder runter
Schon der Begriff «Klimaschutz» beinhaltet mehr Fragen als Antworten: Das Klima des Planeten war noch nie
statisch – es pendelt ständig zwischen wärmeren und kühleren Zuständen. Welches Klima will man also
schützen? «Die Temperaturen haben eigentlich nur zwei Möglichkeiten – entweder sie gehen rauf oder sie
gehen runter», sagt der amerikanische Atmosphärenwissenschaftler Richard Lindzen. Daraus ergibt sich
gleich die nächste Frage: Kann der Mensch das Klima überhaupt schützen? «Da sind mächtigere Kräfte im
Spiel», sagt Kary Mullis, Nobelpreisträger für Chemie und wissenschaftliches Enfant terrible. Und fügt salopp
hinzu: «Hey, sind vor 15000 Jahren die Gletscher geschmolzen, weil die Leute zu viele Lagerfeuer
angezündet haben? Nein. Und auch die nächste Eiszeit werden nicht wir Menschen verursachen.»
Eigentlich ist der wissenschaftliche Streit fast müssig. Denn politisch hat sich die These vom
menschengemachten Treibhaus weitgehend durchgesetzt. Entsprechend fiel die moralische Empörung über
den Ausstieg der Amerikaner aus dem Klimaschutz-Abkommen von Kioto aus: «Die Luft gehört nicht uns, sie
ist ein Schatz künftiger Generationen», liess UN-Generalsekretär Kofi Annan wissen. Und sein deutscher
Umweltdirektor Klaus Töpfer zeigte sich «betroffen» und «schockiert». Elder Statesmen wie Michail
Gorbatschow und Jimmy Carter gaben sich ebenso fassungslos wie das chinesische Politbüro.
Wie immer, wenn es um die Rettung der Menschheit geht, darf man sehr bald bestimmte Wahrheiten nicht
mehr aussprechen, gewisse Fragen nicht mehr stellen. Folgende Fragen sind im Treibhaus verboten. Erstens:
Hat die Erde sich tatsächlich bereits über ein von der Natur verursachtes Mass hinaus erwärmt? Zweitens:
Wird sie sich weiter erwärmen? Und drittens: Wenn ja, wäre das überhaupt schlimm? Besonders letztere
Frage gilt als ganz arg zynisch. «Leugnung ist die Strategie derer, die zu glauben wünschen, dass sie ihr
suchtabhängiges Leben ohne schlimme Auswirkungen auf sich selbst und andere fortsetzen können», sagt
der ehemalige US-Vizepräsident und engagierte Klimaschützer Al Gore – der Zweifel als krankhafter Zug. Der
stellvertretende Vorsitzende des IPCC, John Houghton, äusserte unlängst: «Wenn wir die uns von Gott
übertragene Verantwortung für die Erde ernst nehmen, dann müssen wir zugestehen, dass ein Scheitern bei
dieser Aufgabe nicht nur eine Sünde gegen die Natur, sondern auch eine Sünde gegen Gott ist.» Und dazu
könne eben auch die Sünde gehören, «zu viel zu reden und zu wenig zu tun». Aus dem offenen
wissenschaftlichen Wettstreit wird so zunehmend eine dogmatische Glaubensfrage.
Es sind keineswegs nur ein paar Hobbyforscher aus dem Hinterland, die sich skeptisch gegenüber der
politisch korrekten Klimaforschung äussern. Der bereits zitierte Atmo- sphärenwissenschaftler Richard Lindzen
vom Massachusetts Institute of Technologie (MIT) etwa gehört zur Gruppe der vom IPCC einbezogenen
Wissenschaftler – und ist zugleich einer der pointiertesten Kritiker der katastrophischen Treibhausprognosen.
Lindzen hält heutige Computersimulationen des Klimas schon alleine deshalb für fragwürdig, weil eine
Schlüsselgrösse des Treib- hauseffektes nicht richtig verstanden sei: der Einfluss der Wolken. Wer tiefer in die
Materie einsteigt, entdeckt in den IPCC-Papieren den Konjunktiv als häufigste Sprachwahl. Und er lernt, wie
wissenschaftliche Erkenntnisse auf dem Weg in die Öffentlichkeit verfälscht oder gar in ihr Gegenteil verkehrt
werden. Es ist keineswegs so, dass alle beteiligten Wissenschaftler als Kronzeugen für die politische
Zusammenfassung ihrer Arbeit in Anspruch genom- men werden können. Und es stimmt schon gar nicht, dass
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die Mehrheit der Forscher mit trägt, was die Politiker und die Journalisten in weiteren Verkürzungen und
Dramatisierungen aus der IPCC-Zusammenfassung machen. Zur Verdeutlichung eine kleine Auswahl von
besonders gern kolportierten Behauptungen:
1 Die Südseeinseln versinken
«Die UN-Studie erwartet, dass der Wasserspiegel in den kommenden hundert Jahren um 88 Zentimeter steigt,
was ‹Land unter› für grosse Teile der Erde bedeutet», schrieb Klaus Töpfer, der Direktor der UnoUmweltorganisation, letztes Jahr in einem Zeitungsbeitrag. «Für die Inseln im Pazifik ist das sogar der GAU.»
Richtig ist: Das IPCC korrigierte in seinem aktuellen Bericht den erwarteten Anstieg des Meeresspiegels
gegenüber früheren Schätzungen nach unten. Von mehreren Metern ist man jetzt bei nur noch 11 bis 88
Zentimetern angelangt. Satellitenmessungen ergeben derzeit einen jährlichen Anstieg von maximal ein bis
zwei Millimetern – das wären in hundert Jahren zehn bis zwanzig Zentimeter. Prinzipiell steigt der
Meeresspiegel seit mindestens 10 000 Jahren ganz langsam an.
Aussagen über das bevorstehende Versinken der Südseeinseln werden umso unwahrscheinlicher, je näher
man diesen Atollen kommt. Wolfgang Scherer, der Direktor des süd- pazifischen Umwelt-MonitoringProgramms, sagte auf einer Pressekonferenz in Kiribati: «Wir haben bislang kein Anzeichen, das auf einen
beschleunigten Meeresspiegelanstieg durch die Klimaerwärmung hindeutet.» Meldungen, das Atoll Tuvalu
müsse vor den steigenden Fluten evakuiert werden, entpuppten sich als (hartnäckige) Ente. Tuvalu erfreut
sich laut der lokalen Messstation, über die letzten zwanzig Jahre gesehen, einer praktisch unveränderten
Meeresspiegelhöhe.
2 Die Eiskappen schmelzen
Das Eis der Antarktis zieht sich seit der letzten Eiszeit vor 10000 Jahren zurück – und wird dies vermutlich
weitere 7000 Jahre tun. Eine Beschleunigung dieser Entwicklung scheint es nicht zu geben. Laut jüngstem
IPCC-Bericht ist durch Satellitenbeobachtung seit 1970 keine signifikante Veränderung am Eispanzer der
Antarktis feststellbar. Die grossflächigen Eisabbrüche dieses Jahres führen die Wissenschaftler vor Ort auf
eine ungewöhnliche lokale Erwärmung zurück. Gründe: unbekannt.
Die Abbrüche erhöhen im Übrigen den Meeresspiegel nicht, da das Eis bereits im Wasser schwimmt wie ein
Eiswürfel im Glas. Pedro Skavarca vom argentinischen Antarktis-Institut sträubt sich dagegen, den Eisverlust
ungeprüft der globalen Erwärmung zuzuschreiben – er spricht entschieden von einer regionalen Erscheinung.
Die Temperaturen des gewaltigen antarktischen Festlands hingegen sind sogar gesunken.
In der Arktis glauben die IPCC-Forscher seit 1950 eine Abnahme der Eisdicke und einen Rückgang der
Ausdehnung um 10 bis 15 Prozent festgestellt zu haben. Auch in Alaska ist es tatsächlich wärmer geworden.
Manche Glaziologen vermuten aber, dass es sich auch am Nordpol um einen zyklischen Vorgang handeln
könnte.
Der wissenschaftliche Wettstreit um die Ursachen, das Ausmass und die Folgen der Vorgänge an den Polen
geht weiter – und das ist auch gut so. Das Wissenschaftsmagazin Nature schrieb unlängst: «Solange die
Eishaut des Ozeans nicht alle Geheimnisse preisgibt, könnten sich die Versuche, die Zukunft unseres Klimas
vorauszusagen, als Schuss ins Leere erweisen.»
3 Wir durchleben den grössten Temperatursprung der letzten tausend Jahre
Es ist paradox: Die These, die Me nschheit durchlebe derzeit vermutlich den grössten Temperatursprung des
vergangenen Millenniums, hat ihren Ursprung nicht etwa in der aktuellen Erwärmung – sondern in der
Tatsache, dass die Experten die letzten tausend Jahre von einer wärmeren in eine kältere Phase umgedeutet
haben. Aufgrund einer wissenschaftlich umstrittenen Rekonstruktion des historischen Klimas, die sich nur auf
die Nordhalb - kugel stützt, hat das IPCC die auf dem ganzen Globus ausgeprägte mittelalterliche
Warmperiode kurzerhand als lokales Phänomen abgetan und sie damit ungeschehen gemacht.
Der Handstreich steht im Widerspruch zur Meinung der meisten Klimahistoriker, die diese Warmzeit durch
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zahllose Berichte und Studien weltweit und lückenlos dokumentieren können. Das mittelalterliche
Klimaoptimum kannte höchstwahrscheinlich wärmere Zeiten als wir heute und war gekennzeichnet von
blühender Landwirtschaft und einem weitgehend eisfreien Grönland (sprich: Grünland). Auch auf einer Grafik
in den IPCC-Studien von 1995 stach es noch eindeutig hervor. Jetzt ist es verschwunden. In der Klimakurve
des IPCC-Berichtes 2001 steigt die Temperatur nach tausend mehr oder weniger kühlen Jahren erst in
modernen Zeiten steil an. Das macht selbst ausgeglichene Gemüter misstrauisch: «Die Wikinger konnten um
diese Zeit nur deshalb nach Nordamerika segeln, weil die Nordpassage eisfrei war», sagt beispielsweise
Ernest Rudel, Leiter der Abteilung für Klimatologie an der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik in
Wien. Und der Klimaforscher Ulrich Berner sagt klipp und klar: «Diese Kurve ist statistisch nicht haltbar.»
4 Die Erderwärmung wird immer dramatischer
In der Regel wird der letzte IPCC-Bericht mit der Aussage zitiert, es könne in den nächsten hundert Jahren zu
einem «weltweiten Tem- peraturanstieg um bis zu 5,8 Grad» kommen. Dies deutet gegenüber früheren
Schätzungen auf eine dramatische Verschärfung der Lage hin.
Die verschärfte Lage entstand jedoch in erster Linie nicht durch neue Beobachtungen, sondern durch neue
Berechnungen. Diesen liegen so genannte «Storylines» zugrunde, die Annahmen über Weltbevölkerung,
Wohlstand, Energieverbrauch und Technologie in den nächsten hundert Jahren enthalten. Die fiktiven
Zukunftsentwürfe wurden dann in mathematische Klimasimulationen eingespeist.
Der polnische Physiker Zbigniew Jaworowski bezeichnet Klimamodelle als «in mathematische Form gebrachte
Meinungen ihrer Schöpfer über das Funktionieren des globalen Klimasystems». Sie sind sehr viel besser
geworden, aber immer noch nicht in der Lage, so entscheidende Klimafaktoren wie etwa die Vor- gänge in den
Ozeanen nachzubilden. Das Prozedere umfasste 245 verschiedene Szenarien – heraus kamen
Temperaturprojektionen zwischen plus 1,4 und plus 5,8 Grad. Nur eine von 245 berechneten Möglichkeiten
dominiert seitdem die Öffentlichkeit: der Maximalwert von 5,8 Grad.
John Christy, ein am IPCC-Bericht beteiligter Atmosphärenwissenschaftler, sagt dazu: «Dieses Szenario wird
nicht eintreten. Die Welt ist in einem erheblich besseren Zustand, als er in diesem Untergangsbild gemalt
wird.»
Auch der Nasa-Forscher James Hansen, der gewissermassen das Copyright auf die Klima-Apokalypse hat,
äussert sich inzwischen bedeutend zurückhaltender. 1988 hatte er die Klimaaufregung mit extremen
Erwärmungsprognosen vor dem amerikanischen Senat losgetreten. Doch Anfang 2002 verstörte der
Kronzeuge Hansen mit der Aussage, bis zum Jahr 2050 sei nur mit einer Erwärmung von lediglich 0,7 Grad zu
rechnen.
Eine mögliche Erwärmung in dieser Grössenordnung gestehen im Übrigen auch die grössten Skeptiker zu –
doch dies wäre eben keine Katastrophe.
5 Hitzewellen treiben die globale Temperatur nach oben
Die Globaltemperatur ist keine Temperatur, die irgendwo tatsächlich herrscht. Sie ist ein Hilfskonstrukt wie
etwa das globale Pro-Kopf-Einkommen. Der bereits gemittelte 24-Stunden-Durchschnitt aus Hunderten von
Messstationen wird über den Globus und übers Jahr gemittelt. Bei der Analyse der vielen tausend Daten stellt
sich heraus: Der Anstieg des Durchschnittswertes geht keineswegs auf das Konto aussergewöhnlicher
Hitzewellen. Er resultiert in erster Linie aus milderen Nächten, kürzeren Wintern und etwas weniger extremen
Wintertemperaturen in den nördlichen Breiten – allesamt eher erfreuliche Er- scheinungen.
6 Die Erwärmung hat katastrophale Folgen
Gemäss der derzeit herrschenden Doktrin: Ja. Gemäss der Evolution: Nein. Erd - und
menschheitsgeschichtlich zeichneten sich warme Zeiten durch hohe Artenvielfalt und blühende Kulturen aus.
Warme Phasen sind für das Wachstum und die Ausdehnung der Landpflanzen – und damit für die
Lebensgrundlage aller Lebewesen – vorteilhaft. In kal- ten Zeiten geht es dagegen bergab. Gute Ernten in der
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mittelalterlichen Warmzeit und Hungerjahre in der darauf folgenden kleinen Eiszeit weisen darauf hin.
Während des Optimums des Holozäns vor 6000 bis 7000 Jahren war es auf Erden im Schnitt zwei bis drei
Grad wärmer als heute, und es fielen mehr Niederschläge. Die Sahara war damals eine lebensfreundliche
Savanne.
Doch selbst gute Nachrichten werden inzwischen ins Negative umgedeutet. Als kürzlich eine Studie das
Vordringen von Gräsern in Wüstengegenden nahe legte, wurde dies mit folgender Schlagzeile vermeldet:
«Steigender Gehalt von Kohlendioxid erhöht Brandgefahr in der Steppe.» Australische Forscher berichteten
unlängst aufrichtig schockiert von ihren Beobachtungen auf Heard Island zwischen Aus - tralien und der
Antarktis: Mehr Vegetation! Mehr Vögel! 25000 Pinguinpaare gegenüber drei im Jahre 1945! Was ist bloss so
schrecklich am aufblühenden Leben? Die Interpretation von klimatischen Trends oder Wetterphänomenen
folgt dem allgemeinen Zeitgeist: Alles, was sich ändert, ist gefährlich.
Egal, ob zu viel Schnee oder zu wenig, zu viel Regen oder zu wenig, Kälte oder Hitze – jegliche
Wetterphänomene werden inzwischen dem vom Menschen gemachten Klimawandel zugeordnet. Tatsachen
werden mit Emotionen und Vorstellungen vermischt, die Aufmerksamkeit wird eindimensional ausgerichtet.
Das Phänomen ist bekannt: Wer ein Auto kauft, das kanariengelb ist, wird bald massenhaft kanariengelbe
Autos sehen. Aufgrund der reichlich fliessenden Forschungsgelder stellen immer mehr wissenschaftliche
Disziplinen ihre Arbeit in den Dienst der Klimaforschung. Selbst entfernte Disziplinen wie die
Paläoanthropologie springen auf den Klimazug auf.
Wissenschaft ist nicht frei von Moden: In den sechziger Jahren erforschten die Paläoanthropologen die
Frühzeit der Menschheit vor allem unter dem Aspekt der Gewalt – es war die Zeit des Kalten Krieges. In den
siebziger und achtziger Jahren hatte der Feminismus Konjunktur, und in den Anträgen für Förderungsgelder
durfte die Erforschung der Rol- le der Frau nicht fehlen. «Heute bekomme ich meine Mittel aus der
Klimaforschung», erzählt der deutsche Hominidenforscher Friedemann Schrenk von der Universität in
Darmstadt. Dieser Fokus führt zu einem unabläs- sigen Strom entsprechender Forschungsergebnisse, die
dann durch die Medien auf die Leser herabregnen. «All want a piece of the action», sagt Richard Lindzen,
jeder will dabei sein, alle buhlen um Aufmerksamkeit und suchen nach möglichst aufregenden Thesen.
7 Der Treibhauseffekt ist menschengemacht
Zusammen mit dem Wasserdampf und anderen Spurengasen sorgt Kohlendioxid für einen natürlichen und
überlebensnotwendigen Treibhauseffekt. Es förderte die Karriere des Homo sapiens nach Kräften, denn ohne
Treibhausdecke sähe der Planet bei minus 18 Grad sehr sibirisch aus. Würde anderseits der natürliche
Treibhauseffekt völlig ungedämpft wirken, «so herrschten auf der Erde plus 55 Grad», erklärt der NasaKlimatologe Roy W. Spencer. Der Planet hat aber in Form von Verdunstung und Wetterprozessen ein
effizientes Kühlsystem installiert, das die Temperatur derzeit im Bereich um 15 Grad stabilisiert. Während die
Forschung den Treibhauseffekt selbst immer besser darstellen kann, entziehen sich die komplexen
Wechselwirkungen dieses gigantischen Kühlsystems einer Simulation. Und das ist der eigentliche Knackpunkt
des Klimastreites: Kann die planetare Kühlmaschine den relativ geringen zusätzlichen Beitrag des Menschen
zum Treibhauseffekt ausgleiche n oder nicht?
Der Mensch ist nur mit rund drei Prozent an der globalen CO2-Emission beteiligt, den Rest besorgen Ozeane,
Böden und Vegetation. Die Natur nimmt über kurz oder lang so viel CO2 auf, wie sie wieder hergibt. Ein Teil
des bei der Verbrennung von fossilen Rohstoffen entstehenden Kohlendioxids wird derzeit aber nicht von der
Natur verarbeitet und reichert sich in der Atmosphäre über das normale Mass hinaus an. Neben signifikanten
Einflüssen der Sonne und der Ozeane könnte dieser relativ geringfügig e zusätzliche Effekt bei der jüngsten
Erwärmung seit den achtziger Jahren eine Rolle gespielt haben.
Kann man mit dem Abkommen von Kioto Gegensteuer geben?
Aus Vorsorge wollen die Industrieländer laut Kioto-Protokoll den Ausstoss von Kohlendioxid bis zum Jahr
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2010 um rund fünf Prozent unter die Werte von 1990 senken. Nachdem die USA sich daran nicht beteiligen
wol- len, scheinen die übrigen Staaten entschlossen, die Vereinbarung nun im Alleingang in Kraft zu setzen.
Was in der aufgeheizten Atmosphäre derzeit völlig untergeht: Das Kioto-Protokoll hat zwar einen grossen
symbolischen, aber keinen praktischen Einfluss auf das Klimageschehen. Der ausgewiesene Klimawarner und
IPCC-Klimaforscher Tom Wigley hat einmal kalkuliert, welche Auswirkungen es hätte, wenn sich tatsächlich
alle Länder inklusive der USA brav an das ursprüngliche Regulierungswerk hielten. Vorausgesetzt, die
derzeitigen Klimamodelle rechnen richtig, ergäbe sich laut Wigley für das Jahr 2050 eine Verminderung des
Temperaturanstiegs um 0,07 Grad. Dies liegt unterhalb der praktischen Nachweisbarkeit. «Ich stimme wie fast
die gesamte Wissenschaftsgemeinde voll und ganz der Meinung zu, dass Kioto null Effekt auf die globale
Temperaturerhöhung haben wird», bestätigt sein kanadischer IPCC-Kollege Andrew Weaver.
Die Auseinandersetzung zwischen den USA und Europa hat dabei einen tieferen, kulturellen Kern. Den
meisten Menschen im Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist es völlig fremd, die Zukunft a priori in
Schranken und Grenzen zu denken – wie es in Europa derzeit als verbindlich gilt. Eine starke Strömung im
amerikanischen Umweltschutz weist immer wieder darauf hin, dass die Realität reihenweise die «Grenzen des
Wachstums» und die apokalyptischen Vorhersagen der siebziger und achtziger Jahre widerlegt hat. Die
technische Intelligenz eines Silicon-Valley ist herausgefordert, und sie wird ihren Strom nicht dauerhaft aus
Kohlegruben beziehen wollen. Sie wird sich aber auch nicht in die bevormundende Abhängigkeit einer WeltÖkobürokratie begeben, die sich mehr und mehr verselbständigt. Es sind die Ingenieure und Erfinder, die
nach Ansicht pragmatischer Amerikaner die Kohlendioxidfrage lösen werden, nicht die Ideologen oder
Klimabürokraten.
Während die Begrenzungen von Kioto für die teilnehmenden Staaten ein bürokratisches Monstrum zur Folge
haben, setzt der amerikanische Plan zur Reduktion von Treibhausgasen auf Freiwilligkeit und steuerliche
Anreize. US-Präsident Bush sagte dazu: «Ich gehe davon aus, dass ökonomisches Wachstum die Lösung und
nicht das Problem ist, weil nur eine wirtschaftlich prosperierende Nation sich neue Investitionen und neue
Technologien leisten kann.» Und weiter: «Wir brauchen mehr Wohl- stand, um Chancen zu schaffen, um den
Lebens-standard zu erhöhen, um mehr in saubere Tech- nologien, Umweltschutz und Energieeffizienz
investieren zu können.»
Auch in Europa mehren sich Stimmen, die das ähnlich formulieren. «Der bisherige, teilweise fragile Konsens
über die Realität des Klimawandels und die daraus abzuleitenden Handlungsnotwendigkeiten führen nicht nur
in eine Sackgasse», schreibt der mit den gesellschaftlichen Aspekten der Klimapolitik befasste Soziologe Nico
Stehr. «Sie verhindern zudem intelligente Forschungsprogramme und vermindern die Chancen der
Gesellschaft, sich an Klimabedingungen aktiv anzupassen.» Die für das Klima bedeutungslose Umsetzung
des Kioto-Protokolls wird jährlich bis zu 350 Milliarden Dollar kosten. Das ist siebenmal so viel wie die
gesamte Entwicklungshilfe weltweit.
Der dänische Statistikprofessor Bjørn Lomborg, Leiter des dänischen Institute for Environmental Economic
Assessment (und Autor des Bestsellers «The Sceptical Environmentalist»), fragt: «Wollen die Industriestaaten
den Ländern der Dritten Welt ineffizient helfen, indem sie Milliarden in die Treibhausgas-Verringerung
hineinstecken – oder wollen sie lieber in die wirtschaftliche Entwicklung investieren, damit sich diese Länder in
fünfzig oder hundert Jahren selber der Klimafolgen wehren können?» Geld kann nämlich nur einmal
ausgegeben werden. Und eine gegen die Armut gerichtete Strategie funktioniert auch für den Fall, dass der
Klimawandel nicht men-schengemacht ist.
(c) 2007 by Die Weltwoche, Zürich - E-mail: [email protected]
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