Therapie und Elterneinschätzung der ambulanten Gebisssanierung

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ORIGINALBEITRAG
V. Müller-Lessmann1, A. Klatt2, W.-E. Wetzel3
Therapie und Elterneinschätzung der
ambulanten Gebisssanierung in
ITN in einer kinderzahnärztlichen
Schwerpunktpraxis
Ziel der vorliegenden Untersuchung war
es, bei in einer kinderzahnärztlichen
Schwerpunktpraxis in ITN behandelten
Kindern das Ausmaß der bestehenden
Gebisserkrankungen, den Umfang der erforderlichen Therapie und die Elterneinschätzung zu der vorgenommenen ITNSanierung zu eruieren. Zu diesem Zweck
wurden die Behandlungsunterlagen von
226 im Zeitraum von 1991 bis 1998 sanierten Kindern im Alter zwischen einem
und sechs Jahren ausgewertet und eine
Elternbefragung vorgenommen. Der
durchschnittliche dmf-t-Gesamtwert betrug 10,3. Die Eltern gaben vor der Sanierung in 43,6 % der Fälle gelegentliche und in 32,3 % häufige Zahnschmerzen an. Nach der Sanierung bestätigten
50 % für ihre Kinder Beschwerdefreiheit
und 12,9 % weniger Beschwerden.
54,4 % bemerkten verbessertes Allgemeinbefinden und 61,5 % beobachteten
bei ihren Kindern weniger Ängstlichkeit.
In 41,6 % der Fälle war die Weiterbehandlung beim Hauszahnarzt problemlos
möglich. Insgesamt belegen die Untersuchungen den positiven Einfluss der umfassenden Sanierung in Narkose auf Patientenverhalten und Allgemeinbefinden.
Schlüsselwörter: Gebisssanierung in ITN,
Elternbefragung, Milchzahnkaries
1-3
40
Poliklinik für Kinderzahnheilkunde, Zentrum
für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde,
Schlangenzahl 14, 35392 Gießen
1 Einleitung
2 Material und Methode
Bis vor wenigen Jahren lag die Durchführung von Gebisssanierungen unter Vollnarkose überwiegend in den Händen von
ZMK-Kliniken und MKG-Praxen mit stationären Versorgungsmöglichkeiten in regionalen Krankenhäusern. Dementsprechend
beschränkte sich das Sanierungsangebot
nicht selten auf nur chirurgische oder
chirurgisch-konservierende Maßnahmen.
Begünstigt durch fachliche Schwerpunktorientierung auf zahnärztlicher Seite,
aber auch durch die Entwicklung kurzwirksamer, gut steuerbarer Allgemeinanästhetika, ein verbessertes Überwachungsmonitoring und nicht zuletzt durch
die Einführung des Facharztes für Anästhesiologie, hat die Fallzahl ambulanter
zahnärztlicher Behandlungen in Allgemeinanästhesie in den letzten Jahren stetig zugenommen. Die ambulante Durchführung einer zahnärztlichen Therapie
unter Allgemeinanästhesie umfasst inzwischen ein breites Indikationsspektrum.
Neben der Betreuung zerebral behinderter
Patienten mit eingeschränkter oder fehlender Kooperation und der Behandlung
von Patienten mit Angststörungen,
kommt der Versorgung von Kleinkindern
mit extremen Gebisszerstörungszuständen bei gleichzeitig altersentsprechend
unzureichender Kooperation eine zunehmende Bedeutung zu [5].
Ziel der vorliegenden Untersuchung
war es, bei in einer kinderzahnärztlichen
Schwerpunktpraxis in ITN behandelten
Kindern das Ausmaß der bestehenden Gebisserkrankungen, den Umfang der erforderlichen Therapie und die Elterneinschätzung zu der vorgenommenen ITN-Sanierung zu eruieren.
Für den Zeitraum von 1991 bis 1998 wurden die Behandlungsunterlagen von 226
in einer nordhessischen Schwerpunktpraxis in ITN sanierten Kindern zwischen einem und sechs Jahren ausgewertet. Die
Gebissbefunderhebung erfolgte gemäß
dmf-t-Index. Darüber hinaus wurde
mittels Fragebogen eine Elternbefragung
vorgenommen. Hierbei waren neben Fragen zur Vorgeschichte und zum Praxiszugang Aussagen zur Elterneinschätzung der
durchgeführten Maßnahmen von Interesse. Insbesondere standen Fragen zur Allgemeingesundheit und Mundsituation vor
und nach der ITN-Sanierung sowie die
Auswirkungen auf das Patientenverhalten
im Vordergrund. Die statistische Auswertung der gewonnenen Ergebnisse erfolgte
mit Hilfe von SPSS 10.0 für Windows; die
ermittelten Unterschiede wurden anhand
des Chiquadrat-Anpassungstestes beurteilt.
© Deutscher Ärzte-Verlag, Köln
3 Ergebnisse
3.1 Auswertung der Patientenunterlagen
Die Entwicklung der jährlichen Gesamtzahl
behandelter Klein- und Vorschulkinder lässt
einen kontinuierlichen Anstieg der Patientenzahlen erkennen. Während zu Beginn
der Untersuchung im Jahre 1991 die Behandlung von Kindern in ITN noch eine
Ausnahme im Praxisalltag darstellte, wurden im Jahr 1997 bereits 61 und bis zum
Ende des Untersuchungszeitraums im
Herbst 1998 54 Kinder zahnärztlich in Intubationsnarkose behandelt. Die Alters- und
Geschlechtsverteilung in Zuordnung nach
Oralprophylaxe & Kinderzahnheilkunde 26 (2004) 1
V. Müller-Lessmann et al.: Ambulante Gebisssanierung in ITN
Abbildung 1a Kariöser Ausgangsbefund bei einem
3-jährigen Mädchen (ECC-Typ II)
Figure 1a Initial situation in a 3-year-old girl (ECC
Type II)
Abbildung 2a Erosiv/kavernöse Zerstörung der
Zähne 52 bis 62 (2½-jähriger Junge)
Figure 2a Erosive/cavernous type of destruction of
52 to 62 (2½-year-old boy)
Abbildung 1b ITN-Sanierungsbefund im Oberkiefer
(55 u. 65: Fissurenversiegelungen; 54: Kompositfüllung; 64: konfektionierte Krone; Zustand nach
Extraktion 51 bis 62)
Figure 1b Maxillary teeth after dental treatment
under general anaesthesia (55,65: fissure sealants;
54: filling (composite); 64 preformed stainless steel
crown; 51 to 62: situation after extraction)
Abbildung 2b Zustand nach Frasaco-Käppchen-/
Kompositrekonstruktion in ITN
Figure 2b Situation after reconstruction with
Frasaco-strip crowns and composite under general
anaesthesia
Altersgruppen wird aus Tabelle 1 ersichtlich. Am häufigsten war mit 33,2 % die
Altersgruppe der 4- bis 5-Jährigen vertreten, gefolgt von den 3- bis 4-Jährigen
(25,2 %). In der Altersgruppe der 1- bis 2Jährigen bedurften bereits sieben Patienten (3,1 %) einer zahnärztlichen Therapie.
Der durchschnittliche dmf-t-Gesamtwert
vor der Sanierung betrug 10,3 und setzte
sich aus 9,9 erkrankten, 0,2 fehlenden und
0,2 gefüllten Milchzähnen zusammen
(Tab.2). Als Therapie bedurfte es im Mittel
pro Patient 10,9 Füllungen, 2,4 Extraktionen, 1,5 Cp-Behandlungen und 0,8 Vitalamputationen. Konfektionierte Kronen,
Wurzelkanalbehandlungen und Mortalamputationen stellten mit je 0,1 pro Patient
eher untergeordnete Behandlungsmaßnahmen dar (Tab. 3). 71,9 % der Extraktionen
entfielen auf die Milchschneidezähne im
Oberkiefer, 17,2 % auf die ersten Milchmolaren und 7,6 % auf die zweiten Milchmolaren (Tab. 4). Bei der Einbeziehung einzelner Milchzähne in Füllungsmaßnahmen waren die zweiten Milchmolaren mit 39,6 %
am häufigsten vertreten, gefolgt von den
ersten Milchmolaren (34,2 %). Auf die Zähne 52 bis 62 entfielen lediglich 12,8 % der
Füllungstherapien und auf die Milcheckzähne 11,7 % (Tab.5, Abb. 1 bis 2).
3.2 Auswertung der Elternfragebögen
Altersgruppen
Gesamt
Anzahl
%
Jungen
Anzahl
%
Mädchen
Anzahl
%
I (1-2 Jahre)
7
3,1
1
0,4
6
2,7
II (2-3 Jahre)
37
16,4
18
8,0
19
8,4
III (3-4 Jahre)
57
25,2
28
12,4
29
12,8
IV (4-5 Jahre)
75
33,2
44
19,5
31
13,7
V (5-6 Jahre)
50
22,1
37
16,4
13
5,7
226
100,0
128
56,7
98
43,3
Gesamt
m
Anzahl
128
dmf-t
10,5
d-t
10,1
m-t
0,2
f-t
0,2
w
98
10,1
9,8
0,1
0,2
226
10,3
9,9
0,2
0,2
gesamt
Therapiemaßnahmen
Extraktionen
Füllungen
Cp-Behandlungen
direkte Überkappungen
Vitalamputationen
Anzahl
gesamt
Table 1 Age
and sex of the
respective
patient groups
Tabelle 2 dmf-t- Gesamt- und Einzelwerte
Table 2 Total and single dmf-t values
550
Anzahl
pro
Patient
2,4
2463
10,9
334
1,5
96
0,4
187
0,8
Mortalamputationen
18
0,1
Wurzelkanalbehandlungen
17
0,1
konfektionierte Milchmolarenkronen
24
0,1
Oralprophylaxe & Kinderzahnheilkunde 26 (2004) 1
Tabelle 1
Alters- und
Geschlechtsverteilung
Tabelle 3 Übersicht über die durchgeführten Therapiemaßnahmen
Table 3 Overview of the therapy
measures
Die Auswertung der Elternfragebögen ergab, dass 45,1 % der Patienten durch Überweisung den Zugang zur Praxis gefunden
hatten. Zu den überweisenden Institutionen zählten überwiegend Hauszahnärzte
(73,4 %) und Kinderärzte (18,8 %). Auch
Hausärzte (2 %) und ZMK-Kliniken (3 %)
wurden als überweisende Institutionen genannt. Die übrigen Patienten (54,9 %) wurden als Selbsteinweiser bzw. auf Empfehlung, meist von Privatpersonen, vorstellig.
Weiter wurde auch die Anzahl der Vorbehandler und die Anzahl der Vorbehandlungstermine eruiert. Annähernd die Hälfte
der Kinder (48,6 %) hatte einen Vorbehandler. 20,8 % waren bereits bei zwei
Zahnärzten, 6,2 % bei drei und 4,9 % bei
vier Zahnärzten in Behandlung. Auf die Frage nach der Anzahl der Vorbehandlungstermine gaben 49,1 % der Eltern an, dass bereits ein bis drei Vorbehandlungstermine
stattgefunden hätten. 12,4 % der Kinder
waren bereits vier- bis sechsmal und
10,2 % sogar mehr als sechsmal zuvor in
zahnärztlicher Behandlung. Die Eltern wurden auch zur allgemeingesundheitlichen Si-
41
V. Müller-Lessmann et al.: Ambulante Gebisssanierung in ITN
%
Anzahl
0,9
5
4,9
27
1,1
6
16,6
91
19,1
105
19,6
108
16,6
91
1,1
6
4,5
25
0,9
5
Zahn
55
54
53
52
51
61
62
63
64
65
Zahn
85
84
83
82
81
71
72
73
74
75
Anzahl
17
22
1
2
1
1
1
0
21
15
%
3,1
4
0,2
0,3
0,2
0,2
0,2
0
3,8
2,7
Tabelle 4 Zahnbezogene Häufigkeit der Extraktionen
Table 4 Number of extractions related to each primary tooth
%
Anzahl
10,3
167
7,6
123
4,4
71
2,8
45
3,5
56
3,1
50
3,4
54
4,7
75
8,1
131
10,3
167
65
Zahn
55
54
53
52
51
61
62
63
64
Zahn
85
84
83
82
81
71
72
73
74
75
Anzahl
151
143
20
7
7
8
7
22
155
157
%
9,3
8,9
1,2
0,4
0,4
0,5
0,4
1,4
9,6
9,7
Tabelle 5 Häufigkeit der Einbeziehung einzelner Milchzähne in Füllungsmaßnahmen
Table 5 Number of primary teeth requiring one or more fillings
Anzahl
85
%
43,6
Tabelle 6 Beschwerden/Befunde vor
der ITN-Sanierung
häufige Zahnschmerzen
63
32,3
Entzündungen des Zahnfleisches
40
20,5
Table 6 Complaints/findings before
dental treatment under general
anaesthesia
Schmerzen beim Kauen
73
37,4
Fisteln / Abszesse
33
16,9
Gesichtsschwellungen
16
8,2
Allgemeinbefinden nach der Sanierung
besser
Anzahl
123
Beschwerden/Befunde
gelegentliche Zahnschmerzen
schlechter
2
0,9
unverändert gut
90
39,8
unverändert schlecht
2
0,9
keine Angaben
9
4,0
gesamt
Allgemeinbefinden nach der Sanierung
weniger ängstlich
226
Anzahl
139
%
61,5
14
6,2
unverändert ängstlich
54
23,9
gesamt
19
226
tuation und zu Beschwerden in der Mundhöhle vor und nach der ITN- Sanierung befragt. 43,6 % gaben für ihre Kinder gelegentliche Zahnschmerzen und 32,3 % sogar
häufige Zahnschmerzen vor der ITN- Sanierung an. 37,4 % der Kinder hatten Schmerzen beim Kauen. Entzündungen des Zahnfleisches wurden von 20,5 % der Eltern beobachtet. 16,9 % vermerkten, dass ihre
Kinder unter Fisteln und Abszessen litten
und in 8,2 % der Fälle lagen sogar Gesichtsschwellungen vor (Tab. 6). Nach der
ITN- Sanierung bestätigten 50 % der Eltern
für ihre Kinder Beschwerdefreiheit. In
12,9 % der Fälle lagen weniger Beschwer-
Tabelle 7 Elterneinschätzung des
Allgemeinbefindens nach der ITNSanierung
Table 7 Parents’ assessment of the
childrens´ general condition after
dental treatment under general
anaesthesia
100,0
ängstlicher
keine Angaben
42
%
54,4
8,4
Tabelle 8 Elterneinschätzung des
Patientenverhaltens nach der ITNSanierung
Table 8 Parents’ assessment of the
children´s behaviour after dental
treatment under general anaesthesia
100,0
den als vor der Sanierung vor. 51,3 % der
Kinder konnten nach der Behandlung besser kauen und in 24,1 % der Fälle wurden
weniger Entzündungen des Zahnfleisches
beobachtet. Bei der Frage nach dem gesundheitlichen Allgemeinbefund ihrer Kinder vor der ITN- Sanierung bezeichneten
34,7 % der Eltern diesen als unauffällig.
Hingegen berichteten 56 % über häufige
Erkältungen und Atemwegsinfekte, 19,9 %
über Ohrenbeschwerden und 11,6 % über
häufige Fieberschübe. 11,6 % bezeichneten ihre Kinder als schlapp oder quengelig
und 15,7 % notierten Appetitlosigkeit sowie 16,7 % Sprachprobleme. Nach der ITN-
Sanierung gaben 42,2 % der Beantworter
weniger Erkältungen und Atemwegsinfekte
an. 19,5 % der Kinder hatten seltener Ohrenbeschwerden und 8,4 % keine Fieberschübe mehr. 42,9 % der Eltern bestätigten einen verbesserten Appetit der Kinder. 24,0 % beobachteten schließlich besseres Sprechen und 14,3 % eine größere
psychische Ausgeglichenheit. Insgesamt
berichteten 54,4 % der Mütter und Väter
von einem verbesserten Allgemeinbefinden
nach der Sanierung. In 39,8 % der Fälle
wurde das Allgemeinbefinden als unverändert gut bezeichnet und nur in 0,9 % der
Fälle als schlechter bzw. als unverändert
schlecht (Tab. 7). Die Frage nach den Veränderungen des Patientenverhaltens wurde
wie folgt beantwortet: 61,5 % beobachteten weniger Ängstlichkeit bei ihren Kindern, während 23,9 % angaben, dass ihr
Kind unverändert ängstlich sei. 6,2 %
meinten sogar, dass ihr Kind noch ängstlicher geworden sei (Tab.8). Die Weiterbehandlung beim Hauszahnarzt war für
41,6 % der Kinder problemlos möglich, für
34,9 % auch jetzt noch problematisch. Nur
bei 2,7 % war keine Weiterbehandlung
beim Hauszahnarzt möglich. 20,8 % der Eltern machten zu dieser Frage allerdings keine Angabe. Bei gleicher Ausgangssituation
würden sich 85,9 % der Eltern erneut für
eine Behandlung in ITN entscheiden. 3,1 %
würden hingegen von der ITN- Behandlung
Abstand nehmen. 10,6 % waren sich
schließlich nicht sicher, ob sie sich erneut
für die ITN- Sanierung entscheiden würden.
Bezüglich der Positiv-/Negativbewertungen der Eltern zu den Punkten Allgemeinbefinden, Ängstlichkeit, Weiterbehandlung beim Hauszahnarzt und erneute
ITN- Behandlung bei gleicher Ausgangssituation ergaben sich jeweils hochsignifikante Werte (p < 0,001) zugunsten der
positiven Einschätzungen.
4 Diskussion
4.1 Indikation
Die Indikation für eine Zahnsanierung in
Intubationsnarkose bei Kindern ist gegeben, wenn Milchzahnkaries oder Karies der
bleibenden Zähne besteht und sich eine
reguläre Behandlung als unmöglich erwiesen hat. Dies setzt voraus, dass es in mehreren Sitzungen und ohne Zeitdruck nicht
gelungen ist, Teilsanierungen, ggf. in Lokalanästhesie, durchzuführen [6, 10]. Erst
Oralprophylaxe & Kinderzahnheilkunde 26 (2004) 1
V. Müller-Lessmann et al.: Ambulante Gebisssanierung in ITN
SUMMARY
Therapy and parents’ assessment of
dental treatment performed under
outpatient general anaesthesia at a
private practice specialised in pediatric dentistry.
The aim of this study was to establish
the current extent of carious status, the
scope of therapy necessary and the attitude of parents towards complete dental treatment under outpatient general
anaesthesia. For this purpose the records of 226 children aged one to six
years who had undergone dental treatment from 1991 to 1998 were analysed
and the parents of the children questioned. The average dmf-t value was 10.3.
Parents reported occasional toothache
in 43.6 % and frequent toothache in
32.3 % of cases prior to dental treatment. After reconstruction, 50 % of parents claimed that their children no longer suffered from any form of toothache
and 12.4 % had less toothache. 54.4 %
of parents observed an improvement in
the general condition of their children
and as many as 61.5 % said that their
children were generally less anxious. In
41.6 % of the cases, it was possible for
the family dentist to continue treatment without any major problems. All in
all, the study reveals the positive influence of extensive dental reconstruction under general anaesthesia on the
behaviour and general well-being of the
patient.
Keywords: dental treatment under general anaesthesia, parents’ questioning,
early childhood caries
wenn zuvor alle anderen Möglichkeiten
ausgeschöpft wurden, kann also die Indikation zur Behandlung in Narkose gestellt
werden. In vielen Fällen gelingt es, behandlungsunwillige Kinder schrittweise an
die zahnärztliche Behandlung zu gewöhnen. So berichten Staehle und Hoppe [11],
dass sie wegen Behandlungsunwilligkeit
überwiesene Vorschulkinder zu mehr als
65 % an die normale Behandlung im Stuhl
heranführen konnten. In der vorliegenden
Untersuchung belegen die Elternangaben
über die Anzahl der Vorbehandler bzw.
Vorbehandlungstermine, dass lediglich in
9,7 % der Fälle kein Vorbehandlungstermin stattgefunden hatte. In allen anderen
Fällen waren mindestens ein bis drei oder
sogar mehr als drei Vorbehandlungstermine vorausgegangen. Die Berücksichtigung
der Altersstruktur des untersuchten Pa-
tientengutes zeigt aber auch, dass nahezu
20 % der Patienten das 4. Lebensjahr
noch nicht erreicht hatten und somit allein aufgrund ihrer psychomentalen Entwicklung noch keiner adäquaten Patientenbehandlung zugänglich waren [13].
Über die Komplikationen bei der
Zahnsanierung in ITN gibt es in der Literatur unterschiedliche Angaben. Bezüglich
der Mortalität berichtet Goldman [3] von
einer Komplikationsrate mit Todesfolge
von 1:137000, Tomlin [12] von 1:130000.
Beide Autoren beziehen sich auf die Behandlung von Erwachsenen, wobei sich
das Risiko bei der Behandlung von Kindern, die älter als zweieinhalb Jahre sind,
davon nur unwesentlich unterscheidet
[6]. Andere Autoren berichten nach aktuellen Vergleichen von einer Mortalitätsrate von 1:853050 [1]. Dabei muss bei jeder umfassenden Sanierung in ITN die Einhaltung der Richtlinien zur Durchführung
ambulanter Operationen und Narkosen sichergestellt sein [9]. Hierzu zählt nicht
nur die Beachtung der patientenbezogenen Voraussetzungen, sondern auch die
Gewährleistung der apparativen, räumlichen, hygienischen und organisatorischen Gegebenheiten.
4.2 Ausmaß der Gebisserkrankung,
Therapieumfang
Der Vergleich der dmf-t- Werte der sanierten Kinder mit denen repräsentativer Vergleichsgruppen unterstreicht die Negativselektion des untersuchten Patientengutes. So wurde vor der ITN- Sanierung ein
dmf-t- Wert von 10,3 dokumentiert, während Untersuchungen an 3- bis 6-jährigen
mittelhessischen Kindergartenkindern einen durchschnittlichen dmf-t von nur 1,5
ergaben [7]. Ähnlich hohe dmf-t- Werte
konnten nur noch in den Untersuchungen
von Schulte und Ott [10] sowie Wetzel [14]
und Wetzel et al. [15] bei Kindern mit Nursing-Bottle-Syndrom nachgewiesen werden. Auch in der vorliegenden Untersuchung folgt die Verteilung der durchgeführten Therapiemaßnahmen in Zuordnung nach Zahngruppen überwiegend dem
charakteristischen Zerstörungsmuster des
Nursing- Bottle- Syndroms. An die kariöse
Zerstörung der Oberkieferschneidezähne,
die mit 71,9 % am häufigsten extrahiert
werden mussten, schließt sich die der ersten Milchmolaren, zunächst im Oberkiefer,
dann im Unterkiefer an. Erst danach folgen die zweiten Milchmolaren und die
Oralprophylaxe & Kinderzahnheilkunde 26 (2004) 1
Milcheckzähne [8]. Dieses Verteilungsmuster deckt sich allerdings nicht mit den
Ergebnissen von Jöhren [4], in dessen
Untersuchung lediglich 33 % der Extraktionen im Oberkieferfrontzahngebiet
durchgeführt werden mussten. Generell
wurden aber Therapiemaßnahmen gewählt, die der Forderung nach einem möglichst stabilen Behandlungsergebnis
nachkommen [6].
4.3 Elternbefragung
Allgemeingesundheit:
In der Literatur sind die negativen Auswirkungen tiefzerstörter Gebisse auf die Allgemeingesundheit mehrfach beschrieben
[10, 16, 17]. So muss jede periapikale Erkrankung eines tief zerstörten Milchzahnes als potenzieller dentaler Fokus betrachtet werden, der gerade im Zusammenhang mit der Zunahme von Nieren-, Harnwegs- und Atemwegserkrankungen (chronische Bronchitis) bei kleinen
Kindern nicht unterschätzt werden darf
[16, 17]. Die Aussagen der Eltern unterstreichen den positiven Einfluss der umfassenden Sanierung auf die Allgemeingesundheit. Nach ITN- Sanierung beobachteten immerhin 42,2 % weniger Erkältungen
und Atemwegsinfekte bei ihren Kindern.
Auch Fieberschübe und Ohrenbeschwerden
waren rückläufig.
Patientenverhalten:
Gentz [2] weist darauf hin, dass die Behandlung in Narkose das Problem der Behandlungsunwilligkeit nicht lösen kann.
Auch Jöhren [5] beschreibt, dass erwachsene Phobiker nach Behandlung unter Allgemeinanästhesie genauso ängstlich wie
vorher seien und der Angstpatient durch
die Narkose in seinem Vermeidungsverhalten sogar unterstützt würde. Bei Kindern
hingegen bietet die vollständige konservierende und chirurgische Gebisssanierung in Narkose eine gute Chance, anschließend einen Neuanfang zu machen
[10]. Durch die Behandlung wird Zeit für
eine schrittweise Heranführung an die
zahnärztliche Behandlungssituation gewonnen. So bestätigten 61,5 % der befragten Mütter und Väter für ihre Kinder
nachher weniger Ängstlichkeit. In 41,6 %
der Fälle war die Weiterbehandlung beim
Hauszahnarzt problemlos möglich. Dass
speziell bei der Frage nach der Weiterbe-
43
V. Müller-Lessmann et al.: Ambulante Gebisssanierung in ITN
handlung beim Hauszahnarzt 20,8 % der
Eltern keine Angaben machten, lässt jedoch die Vermutung zu, dass bis zum Zeitpunkt der Befragung noch keine weitere
zahnärztliche Vorstellung erfolgt war. Gerade bei dieser selektierten Gruppe mit
ungewöhnlich hoher Kariesaktivität ist es
jedoch von großer Wichtigkeit, die Eltern
davon zu überzeugen, dass die Gebisssanierung in Narkose nur einen Teil des gebotenen Behandlungskonzeptes darstellt.
Jedoch nicht nur die Heranführung an die
zahnärztliche Behandlung, sondern auch
der Übergang zu einer kontrolliert zuckerarmen und kauaktiven Ernährungsweise [18] sowie effizienter Mundhygieneund Fluoridierungsmaßnahmen sind von
entscheidender Wichtigkeit.
Insgesamt belegen die Ergebnisse dieser Untersuchung aber den positiven Einfluss einer umfassenden Sanierung in Narkose auf Allgemeingesundheit, Allgemeinbefinden und Patientenverhalten und somit auch deren Durchführung im ambulanten Rahmen der kinderzahnärztlichen
Schwerpunktpraxis.
44
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(10), 39-41 (2000)
佥
Korrespondenzadresse:
OÄ Dr. Viola Müller Lessmann
Poliklinik für Kinderzahnheilkunde
Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde
Schlangenzahl 14
35392 Gießen
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Oralprophylaxe & Kinderzahnheilkunde 26 (2004) 1
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