PIC-Simulation: Plasmaschwingungen

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Heizung durch Wellenbrechen
Im folgenden betrachten wir ein homogenes kaltes Plasma, in dem eine elektrostatische Schwingung
als stehende Welle angeregt wird. Überschreitet die Amplitude der Welle einen kritischen Wert, so
bricht die Welle. Dabei wird die geordnete Schwingungsbewegung einzelner Elektronen gestört und es
entsteht eine Komponente heißer Elektronen. Bei der Heizung durch Wellenbrechen wird die potentielle
Energie der Welle in ungeordnete kinetische Energie umgewandelt. Dabei bleibt die Gesamtenergie
des Systems erhalten. Anhand einer PIC-Simulation wird die Entwicklung eines Phasenraumensembles
beim Wellenbrechen untersucht und die Energieverteilung sowie die Heizrate der heißen Elektronen
bestimmt.
1.1
Wellenbrechen
Nichtlineare Plasmaschwingungen in einem kalten Plasma können im Rahmen eines Flüssigkeitsmodells beschrieben werden. Die Grundgleichungen für die Elektronendichte n(x, t), die Elektronengeschwindigkeit v(x, t) und das elektrostatische Feld E(x, t) sind,
∂t n + ∂x (nv) = 0,
m(∂t + v∂x )v = qE,
∂x E = 4πq(n − n0 ),
(1)
wobei n0 eine homogene Gleichgewichtsdichte bezeichnet. Ein Punkt der Flüssigkeit, der sich zur Zeit
t = 0 am Ort x = a befindet, werde zur Zeit t an den Ort
x(a, t) = a + ξ(a, t)
(2)
abgebildet. Hierbei ist ξ(a, t) die Auslenkung des Punktes aus der Anfangslage. Die Anfangskoordinate
a wird als die Lagrangekoordinate bezeichnet. Bei einer Koordinatentransformation, (x, t) 7→ (a, t),
können die Flüssigkeitsgleichungen (1) durch
n(a, t)
E(a, t)
n0
n0
=
∂a x(a, t)
1 + ∂a ξ(a, t)
= −4πn0 ξ(a, t)
=
ersetzt werden, wobei die Verschiebung für jeden Ausgangspunkt a einer harmonischen Schwingungsgleichung mit der Plasmafrequenz ωp genügt,
∂t2 ξ(a, t) + ωp2 ξ(a, t) = 0,
ωp2 =
4πq 2 n0
.
m
(3)
Die Lösung der Schwingungsgleichung zu den Anfangsbedingungen ξ(a, 0) = ξ0 (a) und ∂t ξ(a, 0) =
ξ˙0 (a) ist,
ξ˙0 (a)
ξ(a, t) = ξ0 (a) cos(ωp t) +
sin(ωp t).
(4)
ωp
Die Nichtlinearität der Gleichungen wird hierbei vollständig durch die Nichtlinearität der Abbildung
(2) beschrieben. Zur Rücktransformation von der Lagrangekoordinate a zur Ortskoordinate x wird
die Umkehrabbildung a = a(x, t) von x = x(a, t) benötigt. Das Modell besitzt nur dann eine Lösung,
wenn die Umkehrabbildung existiert. In der Umgebung eines Punktes x0 = x(a0 , t) gilt,
x − x0 =
∂x(a0 , t)
(a − a0 ).
∂a
(5)
Die Abbildung x = x(a, t) ist daher lokal umkehrbar, falls
∂x(a0 , t)
∂ξ(a0 , t)
=1+
> 0.
∂a
∂a
1
(6)
2
orbit
2.5 T
2.675 T
2.75 T
2.875
3.0 T
v / v0
1
0
-1
-2
0
0.2
0.4
0.8
0.6
1
x/L
Abbildung 1: Phasenraum
Verschwindet die Ableitung (6), so kommen sich benachbarte Punkte beliebig nahe und die Dichte
divergiert. Dies wird als Wellenbrechen bezeichnet. Die Bedingung,
∂x(a, t)
= 0,
∂a
⇐⇒
∂ξ(a, t)
= −1
∂a
(7)
an einer Stelle a = a0 stellt das Kriterium für Wellenbrechen dar und markiert das Ende des Gültigkeitsbereich für das Flüssigkeitsmodell.
1.2
Phasenraumensemble
Als Beispiel betrachten wir ein homogenes Plasma der Länge L mit einer Anfangsstörung der Geschwindigkeit
2π
.
(8)
ξ0 (a) = 0,
ξ˙0 (a) = v0 cos(ka),
k=
L
Die Schwingung der Auslenkungen besitzt hier die Form
ξ(a, t) =
v0
cos(ka) sin(ωp t).
ωp
(9)
Das Kriterium (7) für das Wellenbrechen lautet in diesem Fall
kv0
sin(ka) sin(ωp t) = 1 .
ωp
(10)
Die Welle bricht demnach falls die Geschwindigkeitsamplitude größer ist als die Phasengeschwindigkeit
der Welle,
ωp
v0 >
.
(11)
k
In einer PIC-Simulation wurde das Wellenbrechen für den Grenzfall v0 = ωp /k untersucht. Abbildung 1 zeigt die Entwicklung des Ensemble der Elektronen im Phasenraum innerhalb einer Halbperiode zwischen 2.5 und 3 Plasmaperioden. Zu Beginn der Halbperiode (2.5T ) ist die Auslenkung der
Elektronen nahezu Null, während die Geschwindigkeiten die maximale Amplitude v0 erreichen. Man
2
erkennt bereits, daß sich aufgrund des Wellenbrechens in den vorangegangenen Halbperioden neben
dem Maximum zwei zusätzliche Geschwindigkeitsgruppen gebildet haben. Nach einer 1/8 Periode hat
sich die Welle am ersten Knoten, x = 0.25L, geglättet und am zweiten Knoten, x = 0.75L, aufgesteilt.
Nach einer weiteren 1/8 Periode sind die Auslenkungen maximal, die Geschwindigkeiten minimal und
die Welle bricht bei x = 0.75L. Hierbei entstehen um die Geschwindigkeit v = 0 neben den schon
bestehenden äußeren Seitengruppen zwei neue innere Seitengruppen. Im weiteren Verlauf werden die
Teilchen der äußeren Seitengruppen beschleunigt, die inneren Seitengruppen bilden neue Nebenmaxima, die am Ende der Halbperiode ähnlich sind zu denen am Beginn der Halbperiode. Das Brechen
der Welle kann sich somit als ein quasiperiodischer Vorgang fortsetzen. Die Abbildung zeigt auch die
Teilchentrajektorie des schnellsten Teilchens. Während die meisten Teilchen auf gebundenen Bahnen
umlaufen, können sich die schnellen Teilchen frei entlang der x-Achse bewegen.
1.3
Energieverteilung
Die Heizung der Elektronen durch Wellenbrechen führt zu einer charakteristischen Energieverteilung
mit einem Plateau heißer Elektronen. Im Anfangszustand sind die Elektronen räumlich homogen verteilt und besitzen an jedem Ort x genau die durch die Anfangsstörung (8) vorgegeben Geschwindigkeit.
Die zugehörige Phasenraumverteilung ist
f0 (a, v) = n0 δ(v − ξ˙0 (a)).
(12)
Die zeitabhängige Verteilungsfunktion,
˙ t))
f (a, v, t) = n0 δ(v − ξ(a,
(13)
ist die der nichtlinearen Plasmaschwingung entsprechende Lösung der Vlasov Gleichung. Dies folgt
unmittelbar aus
˙ t))(−ξ)
¨
∂t f x + v∂x f t = ∂t f a = n0 ∂v δ(v − ξ(a,
¨ 0 ∂v δ(v − ξ(a,
˙ t))
v̇∂v f = ξn
Durch Integration über die Ortskoordinate a erhält man mit der Substitution
q
dξ˙0 = −v0 sin(ka) kda = − v02 − ξ˙02 kda
die Geschwindigkeitsverteilung der Elektronen,
f˜0 (v)
ZL
=
daf (a, v) =
0
n0 L Θ(v0 − |v|)
p
.
π
v02 − v 2
(14)
Die Energieverteilung erhält man daraus mit der Variablentransformation
W =
1
mv 2 ,
2
W0 =
1
mv 2 .
2 0
(15)
Sei F0 dW die Anzahl der Elektronen im Energieinterval dW = mvdv, dann gilt
F0 =
2f˜0 dv
n0 L Θ(W0 − W )
p
=
.
dW
π
W (W0 − W )
(16)
In der PIC-Simulation kann die Energieverteilung numerisch berechnet werden, wobei genauso wie bei
der Berechnung der Ladungsdichte vorgegangen wird. Auch hier wurde zur Glättung der Verteilung
die CIC-Zuweisungsfunktion verwendet. Abbildung 2 zeigt den Vergleich zwischen der numerischen
und der analytischen Verteilung für ein Ensemble mit n0 L = 5 · 104 Teilchen. Man erkennt die sehr
3
6
10
F(v)
Analytical
Numerical
5
10
4
10
0
0.2
0.4
0.6
0.8
1
v/vph
Abbildung 2: Anfangsverteilung
gute Übereinstimmung im gesamten Gebiet zwischen den Singularitäten der Verteilung bei v = 0 und
v = v0 .
Die Elektronenenergieverteilung wurde numerisch mit derselben Methode nach 20, 30, 50 und 90
Plasmaperioden berechnet und in Abbildung 3 dargestellt. Da sich die Plasmaperiode langsam verschiebt, wurden zur besseren Vergleichbarkeit der Ergebnisse immer die Zeitpunkte bestimmt, in denen
die kinetische Energie ihr Maximum erreicht: t/T = 20.0, 30.03, 50.29, 90.31. Man erkennt unterhalb
der Phasengeschindigkeit die periodisch wiederkehrende Anfangsverteilung der kalten Elektronen. Die
Amplitude der Schwingung allmählich gedämpft. Oberhalb der Phasengeschwindigkeit bildet sich das
Plateau der heißen Elektronen. Es erstreckt sich bis zu einer Maximalenergie, die der 5-6-fachen Phasengeschwindigkeit entspricht. In diesem Bereich sind die Energien nahezu gleichverteilt.
1.4
Heizrate
Über einen längeren Zeitraum beobachtet man die allmähliche Umwandlung der potentiellen Energie
der Schwingung in kinetische Energie der ungeordneten Bewegung (Abb.4). Die schnellen Variationen
der Energie stellen die Plasmaschwingungen dar. Die langsame Variation der Einhüllenden zeigt die
Dämpfung der Schwingungsamplitude. Die Gesamtenergie ist über den gesamten Zeitraum mit hoher
Genauigkeit erhalten.
Die Abnahme der potentiellen Energie ist von der Zahl I der Simulationsteilchen abhängig. Man kann
jedoch Größen definieren, die von der Teilchenzahl weitgehend unabhängig sind. Hierzu betrachten wir
nur die heißen Elektronen, die dadurch definiert sind, daß ihre Geschwindigkeit oberhalb der Phasengeschwindigkeit liegt. Genauer, wurde als untere Grenze die Geschwindigkeit v = 1.2vph gewählt, um
Teilchen mit Geschwindigkeitsschwankungen um die Phasengeschwindigkeit herum auszuschließen.
Der Bruchteil der heißen Elektronen, Ih /I, ist in Abb.5 als Funktion der Zeit dargestellt. Bei Variation
von I zwischen 10000 und 50000 ergab sich keine wesentliche Änderung des Verlaufs der Kurve. Man
kann drei Phasen unterscheiden. In einer Anfangsphase, die etwa 30 Plasmaperioden umfasst, ist die
Bildung der heißen Elektronen durch Wellenbrechen bestimmt. Die Bildungsrate kann hier durch die
Näherungsformel
˙ ≈ 4 · 10−4 /T
I/I
(17)
4
10
4
F(v)
10
10
10
20 T
30 T
50 T
90 T
5
3
2
0
1
2
3
v/vph
4
5
Abbildung 3: Plateau in der Energieverteilung
1
W / W0
0.8
0.6
0.4
Kinetic energy
Potential energy
Total energy
0.2
0
20
40
60
80
100
t/T
Abbildung 4: Kinetische Energie, potentielle Energie und Gesamtenergie
5
0.14
0.12
-4
Ih/I = 4 · 10 t/T + 0.003
Ih / I
0.1
0.08
0.06
0.04
0.02
0
0
20
40
60
80
100
t/T
Abbildung 5: Bruchteil der Elektronen mit v > 1.2v0
angegeben werden.
In einer zweiten Phase zwischen 30 und 50 Plasmaperioden steigt die Bildungsrate stärker an. Ein
Vergleich mit der Energieverteilung (3) legt nahe, daß in diesem Zeitintervall eine Energieverteilung
mit einer steilen Flanke bei der Phasengeschwindigkeit vorliegt. Unter diesen Bedingungen kann die
Welle durch Landaudämpfung gedämpft werden.
In der dritten Phase zwischen 50 und 100 Plasmaperioden ist der Anstieg wieder geringer. Hier ist
die Welle bereits so stark gedämpft, daß die Phasengeschwindigkeit im Bereich des Plateaus der
Verteilungsfunktion liegt. Dadurch ist die Landaudämpfung stark reduziert.
Abschließend zeigt Abb.6 die mittlere Energie der heißen Elektronen als Funktion der Zeit. Sie
schwankt in allen drei Phasen um die 3-fache Phasengeschwindigkeit, wobei die Schwankungen im
Laufe der Zeit mit wachsender Teilchenzahl abnehmen.
6
5
w h / w ph
4
3
2
1
0
20
40
60
80
100
t/T
Abbildung 6: Mittlere kinetische Energie der Elektronen mit v > 1.2v0
7
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