Aktuelle Pharmakotherapie der COPD

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DIPLOMARBEIT
Aktuelle Pharmakotherapie der COPD Wirksamkeit und Vergleich
eingereicht von
Valentina Höfferer
Geb.Dat.: 09.05.1990
zur Erlangung des akademischen Grades
Doktorin der gesamten Heilkunde
(Dr. med univ.)
an der
Medizinischen Universität Graz
ausgeführt am
Institut für Experime ntelle und Klinische Pharmakologie
unter der Anleitung von Betreuer
Univ.-Prof.i.R. Mag.pharm. Dr. Eckhard Beubler
und
Univ.-Prof. Dr.med.univ Josef Donnerer
Graz, am 05.12.2013
Valentina Höfferer
Eidesstattliche Erklärung
Ich, Valentina Höfferer, erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit
selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst habe, andere als die angegebenen Quellen
nicht verwendet habe und die den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen
Stellen als solche kenntlich gemacht habe.
Graz, am 05.12.2013
Valentina Höfferer
Anme rkung:
Diese Arbeit ist geschlechtergerecht und macht keine Differenzierung zwischen Männern
und Frauen. Es unterscheidet nur soweit zwischen den Geschlechtern, wie es aus
wissenschaftlichen Gründen notwendig ist. Wo immer möglich, wurde im Sinne der
Lesbarkeit das Maskulinum verwendet.
I
Vorwort
Diese Diplomarbeit behandelt im Rahmen einer Literaturrecherche den derzeitigen Stand
der medikamentösen Therapie bei COPD nach aktuellen internationalen Leitlinien und gibt
anhand von Studienergebnissen Einblick in mögliche Vorteile bestimmter Substanzen im
Langzeitverlauf. Neben der Beschreibung der klassischen pathogenetischen Faktoren der
obstruktiven Lungenerkrankungen, die zum Verständnis der Wirkweise der einsetzbaren
Medikamente beitragen soll, wird hier auch kurz auf die Pathophysiologie der COPD am
Beispiel des Rauchers eingegangen. Danach werden die aktuellen Therapierichtlinien und
Empfehlungen der Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD)
wiedergegeben und durch Tabellen veranschaulicht. Um
zum Verständnis der
angewendeten Arzneimittel bei COPD beizutragen, gibt es eine genaue Beschreibung der
verwendeten COPD-Therapeutika und eine Erklärung ihrer Wirkungsweisen im Körper.
Anschließend wird je ein Medikament als Vertreter seiner Substanzgruppe in Bezug auf
seine Eigenschaften, Wirkungen und Nebenwirkungen veranschaulicht. Darauf aufbauend
werden auch verwendete Arzneimittelkombinationen, mögliche neue Therapieansätze für
die COPD, und weitere therapeutische und prophylaktische Maßnahmen wie Impfungen
und die Lungenrehabilitation kurz vorgestellt.
Danach werden aktuelle ausgewählte Substanzen im Einsatz gegen die COPD anhand der
derzeitigen Studienergebnisse auf ihre Effektivität
im Sinne
ihrer eventuellen
Verbesserung des Lungenfunktionsabfalls und/oder Senkung der Mortalität betrachtet.
Abschließend werden aufkommende neue therapeutische Vorgehen vorgestellt und in einer
Diskussion wird die Autorin subjektive Stellungnahmen zu Prävention, Betreuung und
Verbesserungsmöglichkeiten bei der Betreuung von COPD-Patienten geben.
Wir wollen am Ende die Frage nach den derzeitigen pharmakologischen Möglichkeiten in
der Behandlung der COPD beantwortet wissen, sowie die aktuellen Studienergebnisse über
ausgewählte Einzelsubstanzen und Kombinationspräparate bei COPD im Sinne einer
Verlangsamung des Lungenfunktionsabfalls oder einer Mortalitätssenkung beleuchten.
II
Danksagung
An erster Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei meinem Betreuer, Herrn Univ. Prof. i.
R. Mag. Pharm. Dr. Eckhard Beubler bedanken, der mir diese Arbeit ermöglicht hat und
mir immer zur Seite stand, wenn Fragen aufgetaucht sind. Weiters ein Dankeschön an Dr.
Bernhard Lang, der mich als aktiv tätiger Pulmologe fachlich beraten konnte.
Als nächstes danke ich meinen Eltern, die mich geduldig bei der Erstellung der Arbeit, wie
auch in meinem gesamten Studium, in materieller und sozialer Hinsicht unterstützt haben.
Ansonsten gilt mein besonderer Dank meiner Schwester, ihrem Freund und meinem
Partner, die mir nicht nur bei der Erstellung und Bearbeitung dieser Arbeit geholfen,
sondern auch mein Leben in den letzten Jahren bereichert haben.
III
Inhaltsverzeichnis
Eidesstattliche Erklärung ........................................................................................................ I
Vorwort ................................................................................................................................. II
Danksagung ......................................................................................................................... III
Inhaltsverzeichnis ................................................................................................................ IV
Glossar und Abkürzungen ................................................................................................... VI
Abbildungsverzeichnis ..................................................................................................... VIII
Tabellenverzeichnis .............................................................................................................. X
Zusammenfassung ............................................................................................................ XIII
Abstract ............................................................................................................................. XIV
1.
Einleitung ....................................................................................................................... 1
2.
Pathomechanismus und Entstehung der COPD am Beispiel des Rauchers ................... 3
2.1
Allgemeine Obstruktionsfaktoren ............................................................................... 3
2.2
Chronische Bronchitis................................................................................................ 4
2.3
Lungenemphysem...................................................................................................... 4
3. Aktuelle pharmakologische Therapieleitlinien bei COPD nach der GOLD (Global
Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease) ................................................................. 7
4.
3.1
Bronchodilatator-Empfehlungen ................................................................................. 9
3.2
Corticosteroide und Phosphodiesterase-4-Inhibitoren-Empfehlungen ............................ 9
Therapie der COPD ...................................................................................................... 11
4.1
Lokales Management der Atmung und Therapiestrategien .......................................... 11
4.2
Bronchodilatatoren .................................................................................................. 12
4.2.1
β2 -Agonisten .................................................................................................... 13
4.2.2
Anticholinergika............................................................................................... 15
4.2.3
Methylxanthine ................................................................................................ 18
4.3
Corticosteroide ........................................................................................................ 20
4.3.1
Inhalative Corticosteroide ................................................................................. 25
4.3.2
Systemische Corticosteroide.............................................................................. 25
4.4
Phosphodiesterase-4-Inhibitoren ............................................................................... 26
4.5
Kombinationspräparate ............................................................................................ 28
4.5.1
Kombination β 2 -Agonist plus Anticholinergikum ............................................... 29
4.5.2
Kombination β 2 -Agonist plus inhalierbares Corticosteroid .................................. 29
4.6
Mögliche neue Bronchodilatatoren ........................................................................... 30
4.6.1
K+-Kanal-Öffner............................................................................................... 30
4.6.2
VIP-Agonisten ................................................................................................. 31
IV
4.6.3
Rho-Kinase-Inhibitoren .................................................................................... 31
4.6.4
BNP und Analoga ............................................................................................ 32
4.6.5
NO-Donatoren ................................................................................................. 32
4.6.6
Prostaglandin-E-Rezeptor-4-Agonisten .............................................................. 32
4.6.7
Bitterstoff-Rezeptor-Agonisten.......................................................................... 33
4.7
Weitere Therapiemöglichkeiten ................................................................................ 33
4.7.1
Mukolytika ...................................................................................................... 33
4.7.2
Antitussiva....................................................................................................... 34
4.7.3
Makrolide ........................................................................................................ 34
4.7.4
Impfungen und andere Antibiotika..................................................................... 35
4.8
Lungenrehabilitation ................................................................................................ 35
5. Ausgewählte Substanzen der COPD-Therapeutika und ihre Effektivität in einer
Verbesserung des Lungenfunktionsabfalls und/oder Senkung der Mortalität..................... 37
5.1
β2-Agonisten mit dem Beispiel Indacaterol ............................................................... 38
5.2
Anticholinergika mit dem Beispiel Tiotropium .......................................................... 40
5.3
Inhalative Corticosteroide mit den Beispielen Budesonid und Fluticason ..................... 41
5.4
PDE-4-Hemmer mit dem Beispiel Roflumilast .......................................................... 42
5.5
Kombination β 2 -Agonisten plus Anticholinergika ...................................................... 44
5.6
Kombination β 2 -Agonisten plus inhalierbare Corticosteroide ...................................... 45
6.
Aufkommende Neuerungen im Therapeutischen Vorgehen ........................................ 47
7.
Diskussion .................................................................................................................... 48
Literaturverzeichnis ............................................................................................................. 53
V
Glossar und Abkürzungen
IP-10 - interferoninduzierbares Protein-10
IL-8 - Interleukin-8
TNF-α - Tumornekrosefaktor
MMP-12 - Matrix-Metalloproteinase-12
CFTR - Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator
FEV1 - forciertes exspiratorisches Volumen in der ersten Sekunde
FVC - forcierte Vitalkapazität
GOLD - Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease
Exazerbation - deutliche oft plötzliche Verschlechterung
CRH - Corticotropin Releasing Hormon
ACTH - Adrenocorticotropes Hormon
k.A. - keine Angabe
CBG - Corticoid-bindendes Protein
z.B. - zum Beispiel
PDE - Phosphodiesterase
COPD – Chronic Obstructive Pulmonary Disease/Chronisch Obstruktive Lungenkrankheit
Ca2+ - Kalzium
VIP - Vasoaktives Intestinales Peptid
ANP - Atrial Natriuretic Peptide
BNP - Brain Natriuretic Peptide
cAMP - Cyclisches Adenosinmonophosphat
cGMP - Cyclisches Guanosinmonophosphat
VI
NO - Stickstoffmonoxid
PGE2 – Prostaglandin E2
EP – E-Prostaglandinrezeptoren
EPDRF - Epithelium Derived Relaxing Factor
TORCH - Towards a Revolution in COPD Health
UPLIFT - Understanding Potential Long-term Impacts on Function with Tiotropium
LABA - long-acting beta-adrenergic agonist
LAMA - long acting muscarinergic antagonist
packyears - Zigarettenpackungen pro Tag x Anzahl der Raucherjahre
MABAs - muscarinic antagonist-beta2 - receptor agonist
VII
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1 Mortalität der COPD in Europa ................................................................................. 1
Abb. 2 Pathogenese des Lungenemphysems ......................................................................... 6
Abb. 3 Gründe einer Lungenrehabilitation bei Patienten mit COPD .................................. 36
Abb. 4 Jährlicher Abfall der FEV1 bei COPD-Patienten gemäß der Schwere der
Erkrankung .......................................................................................................................... 38
Abb. 5 Effekt der Behandlung von Indacaterol und Tiotropium im Vergleich zu Placebo 40
Abb. 6 Verlauf der FEV1 bei Tiotropiumtherapie vor und nach Bronchodilatatorgabe im
Vergleich zu Placebo ........................................................................................................... 41
Abb. 7 Veränderung des FEV1 bei Roflumilast und Placebo vor und nach
Bronchodilatatorgabe über 52 Wochen nach Calverley PMA et al. .................................... 43
Quellen zum Abbildungsverzeichnis
Abb.1: Mortalität der COPD in Europa, Abbildung aus http://www.de.european- lungfoundation.org/include/viewFile.php?idtf=425&path=b7%2FWEB_CHEMIN_425_11485
61462.pdf [zitiert am 02.09.2013].
Abb.2: Pathogenese des Lungenemphysems, Abbildung modifiziert nach Mutschler E,
Schaible HG, Vaupel P.Obstruktive Ventilationsstörungen.In: Mutschler E, Schaible HG,
Vaupel P,Thews G, Hrsg. Anatomie Physiologie Pathophysiologie des Menschen. 6.Aufl.
Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaften; 2007: 338.
Abb.3: Gründe einer Lungenrehabilitation bei Patienten mit COPD, Abbildung modifiziert
nach
http://www.forum- lunge.de/module/diagnostik/rehabilitation.htm
[zitiert
am
13.09.2013].
Abb.4: Jährlicher Abfall der FEV1 bei COPD-Patienten gemäß der Schwere der
Erkrankung, Abbildung aus Rossi A, Polese G. Indacaterol: a comprehensive review.
International Journal of COPD. 2013 Jul; 8: 358.
Abb.5: Effekt der Behandlung von Indacaterol und Tiotropium im Vergleich zu Placebo,
Abbildung aus Rossi A, Polese G. Indacaterol: a comprehensive review. International
Journal of COPD. 2013 Jul; 8: 357.
Abb.6: Verlauf der FEV1 bei Tiotropiumtherapie vor und nach Bronchodilatatorgabe im
Vergleich
zu
Placebo,
Abbildung
aus
http://www.just-
medical.de/medreport.cfm?ID=3957&language=4 [zitiert am 14.09.2013].
VIII
Abb. 7: Veränderung des FEV1 bei Roflumilast und Placebo vor und nach
Bronchodilatatorgabe über 52 Wochen nach Calverley PMA et al. Roflumilast in
symptomatic chronic obstructive pulmonary disease: two randomised clinical trials.
Lancet.
2009;
374:
685–694.,
Abbildung
aus
http://www.msd.de/DAXAS/Studienzusammenfassungen.pdf [zitiert am 15.09.2013].
IX
Tabellenverzeichnis
Tab. 1 Klassifikation des Lungenfunktionsabfalls bei COPD-Patienten mit FEV1 /FVC <
0.70, bezogen auf die FEV1 nach Bronchodilatator (GOLD-Guidelines) ............................. 8
Tab. 2 Kombinierte Abschätzung des COPD-Schweregrades (GOLD-Guidelines) ............. 8
Tab. 3 Pharmakologische Therapie der stabilen COPD (GOLD-Guidelines)..................... 10
Tab. 4 β2 -Agonisten in der COPD-Medikation (nach den internationalen Guidelines der
GOLD) ................................................................................................................................. 14
Tab. 5 Anticholinergika in der COPD-Medikation (nach den internationalen Guidelines der
GOLD) ................................................................................................................................. 16
Tab. 6 Methylxanthine in der COPD-Medikation (nach den internationalen Guidelines der
GOLD) ................................................................................................................................. 18
Tab. 7 Corticosteroide in der COPD-Medikation (nach den internationalen Guidelines der
GOLD) ................................................................................................................................. 24
Tab.
8
Phosphodiesterase-4-Inhibitoren
in
der
COPD-Medikation
(nach
den
internationalen Guidelines der GOLD) ............................................................................... 27
Tab. 9 Kombination β2 -Agonisten plus Anticholinergikum in der COPD-Medikation (nach
den internationalen Guidelines der GOLD)......................................................................... 29
Tab. 10 Kombination β2 -Agonisten plus inhalierbare Corticosteroide in der COPDMedikation (nach den internationalen Guidelines der GOLD) ........................................... 30
Tab. 11 Ergebnisse der Studienlage über den Nutzen der heutigen COPD-Medikation ..... 46
Quellen zum Tabellenverzeichnis:
Tab. 1: Klassifikation des Lungenfunktionsabfalls bei COPD-Patienten mit FEV1 /FVC <
0.70, bezogen auf der FEV1 nach Bronchodilatator (GOLD-Guidelines) modifiziert nach
Decramer M, Vestbo J, Bourbeau J, Celi BR, Hui, DSC, López Varela MV, Nishimura M,
Rodriguez Roisin R, Stockley RA, Vogelmeier C, Hurd SS. GLOBAL STRATEGY FOR
THE
DIAGNOSIS,
MANAGEMENT
AND
PREVENTION
OF
CHRONIC
OBSTRUCTIVE PULMONARY DISEASE. Februar 2013 [zitiert am 03.06.2013]:URL:
www.goldcopd.org/uploads/users/files/GOLD_Report_2013_Feb20.pdf
Tab.2: Kombinierte
Abschätzung
des
COPD-Schweregrades
(GOLD-Guidelines)
modifiziert nach Decramer M, Vestbo J, Bourbeau J, Celi BR, Hui, DSC, López Varela
MV, Nishimura M, Rodriguez Roisin R, Stockley RA, Vogelmeier C, Hurd SS. GLOBAL
X
STRATEGY FOR THE DIAGNOSIS, MANAGEMENT AND PREVENTION OF
CHRONIC OBSTRUCTIVE PULMONARY DISEASE. Februar 2013 [zitiert am
03.06.2013]:URL: www.goldcopd.org/uploads/users/files/GOLD_Report_2013_Feb20.pdf
Tab.3: Pharmakologische Therapie der stabilen COPD (GOLD-Guidelines), modifiziert
nach Decramer M, Vestbo J, Bourbeau J, Celi BR, Hui, DSC, López Varela MV,
Nishimura M, Rodriguez Roisin R, Stockley RA, Vogelmeier C, Hurd SS. GLOBAL
STRATEGY FOR THE DIAGNOSIS, MANAGEMENT AND PREVENTION OF
CHRONIC OBSTRUCTIVE PULMONARY DISEASE. Februar 2013 [zitiert am
08.07.2013]:URL:
http://www.goldcopd.org/uploads/users/files/GOLD_AtAGlance_2013_Feb20.pdf
Tab. 4: β2 -Agonisten in der COPD-Medikation, modifiziert nach Decramer M, Vestbo J,
Bourbeau J, Celi BR, Hui, DSC, López Varela MV, Nishimura M, Rodriguez Roisin R,
Stockley RA, Vogelmeier C, Hurd SS. GLOBAL STRATEGY FOR THE DIAGNOSIS,
MANAGEMENT AND PREVENTION OF CHRONIC OBSTRUCTIVE PULMONARY
DISEASE.
Februar
2013
[zitiert
am
10.07.2013]:URL:
http://www.goldcopd.org/uploads/users/files/GOLD_AtAGlance_2013_Feb20.pdf
Tab. 5: Anticholinergika in der COPD-Medikation modifiziert nach Decramer M, Vestbo
J, Bourbeau J, Celi BR, Hui, DSC, López Varela MV, Nishimura M, Rodriguez Roisin R,
Stockley RA, Vogelmeier C, Hurd SS. GLOBAL STRATEGY FOR THE DIAGNOSIS,
MANAGEMENT AND PREVENTION OF CHRONIC OBSTRUCTIVE PULMONARY
DISEASE.
Februar
2013
[zitiert
am
12.07.2013]:URL:
http://www.goldcopd.org/uploads/users/files/GOLD_AtAGlance_2013_Feb20.pdf
Tab. 6: Methylxanthine in der COPD-Medikation modifiziert nach Decramer M, Vestbo J,
Bourbeau J, Celi BR, Hui, DSC, López Varela MV, Nishimura M, Rodriguez Roisin R,
Stockley RA, Vogelmeier C, Hurd SS. GLOBAL STRATEGY FOR THE DIAGNOSIS,
MANAGEMENT AND PREVENTION OF CHRONIC OBSTRUCTIVE PULMONARY
DISEASE.
Februar
2013
[zitiert
am
17.07.2013]:URL:
http://www.goldcopd.org/uploads/users/files/GOLD_AtAGlance_2013_Feb20.pdf
XI
Tab. 7: Corticosteroide in der COPD-Medikation (nach den internationalen Guidelines der
GOLD) modifiziert nach Decramer M, Vestbo J, Bourbeau J, Celi BR, Hui, DSC, López
Varela MV, Nishimura M, Rodriguez Roisin R, Stockley RA, Vogelmeier C, Hurd SS.
GLOBAL STRATEGY FOR THE DIAGNOSIS, MANAGEMENT AND PREVENTION
OF CHRONIC OBSTRUCTIVE PULMONARY DISEASE. Februar 2013 [zitiert am
23.07.2013]:URL:
http://www.goldcopd.org/uploads/users/files/GOLD_AtAGlance_2013_Feb20.pdf
Tab.
8:
Phosphodiesterase-4-Inhibitoren
in
der
COPD-Medikation
(nach
den
internationalen Guidelines der GOLD) modifiziert nach Decramer M, Vestbo J, Bourbeau
J, Celi BR, Hui, DSC, López Varela MV, Nishimura M, Rodriguez Roisin R, Stockley RA,
Vogelmeier
C,
Hurd
SS.
GLOBAL
STRATEGY
FOR
THE
DIAGNOSIS,
MANAGEMENT AND PREVENTION OF CHRONIC OBSTRUCTIVE PULMONARY
DISEASE.
Februar
2013
[zitiert
am
28.07.2013]:URL:
http://www.goldcopd.org/uploads/users/files/GOLD_AtAGlance_2013_Feb20.pdf
Tab. 9: Kombination kurzwirksame β2 -Agonisten plus Anticholinergikum in der COPDMedikation (nach den internationalen Guidelines der GOLD) modifiziert nach Decramer
M, Vestbo J, Bourbeau J, Celi BR, Hui, DSC, López Varela MV, Nishimura M, Rodriguez
Roisin R, Stockley RA, Vogelmeier C, Hurd SS. GLOBAL STRATEGY FOR THE
DIAGNOSIS, MANAGEMENT AND PREVENTION OF CHRONIC OBSTRUCTIVE
PULMONARY
DISEASE.
Februar
2013
[zitiert
am
07.08.2013]:URL:
http://www.goldcopd.org/uploads/users/files/GOLD_AtAGlance_2013_Feb20.pdf
Tab. 10: Kombination langwirksame β2 -Agonisten plus inhalierbare Corticosteroide in der
COPD-Medikation (nach den internationalen Guidelines der GOLD) modifiziert nach
Decramer M, Vestbo J, Bourbeau J, Celi BR, Hui, DSC, López Varela MV, Nishimura M,
Rodriguez Roisin R, Stockley RA, Vogelmeier C, Hurd SS. GLOBAL STRATEGY FOR
THE
DIAGNOSIS,
MANAGEMENT
AND
PREVENTION
OF
CHRONIC
OBSTRUCTIVE PULMONARY DISEASE. Februar 2013 [zitiert am 07.08.2013]:URL:
http://www.goldcopd.org/uploads/users/files/GOLD_AtAGlance_2013_Feb20.pdf
Tab. 11: Ergebnisse der Studienlage über den Nutzen der heutigen COPD-Medikation
XII
Zusammenfassung
Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) steht zurzeit an sechster Stelle der
Todesursachen weltweit und wird voraussichtlich im Jahr 2020 an dritter Stelle stehen. Die
häufigste Ursache dieser Erkrankung ist das Zigarettenrauchen. Durch die inhalativen
Noxen entwickelt sich über die chronische Bronchitis und das Emphysem die COPD.
Zurzeit gibt es noch keine Heilungsmöglichkeit, man kann aber versuchen die Symptome
mittels einer pharmakologischen Therapie auf Basis der neuesten internationalen Leitlinien
der Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD) zu verbessern. Diese
beinhalten die zurzeit effektivsten Substanzen im Einsatz gegen die COPD. Dazu gehören
Bronchodilatatoren
wie
β2 -Agonisten,
Anticholinergika
und
Methylxanthine,
Corticosteroide, Phosphodiesterase-4-Inhibitoren und Kombinationen. Eine wichtige
Neuerung sind vor allem die länger wirksamen β2 -Agonisten und Anticholinergika, die
LABAs und LAMAs, die in Kombination mit effizienten Inhalationsgeräten meistens nur
mehr einmal täglich anzuwenden sind. Daneben sucht man aber auch neue Angriffspunkte
für die Bronchodilatation oder Entzündungshemmung in den Atemwegen, wie zum
Beispiel K+-Kanal-Öffner oder immunmodulierende Makrolide. Wichtig sind auch nichtpharmakologische Maßnahmen wie eine pulmonale Rehabilitation, die die COPDPatienten körperlich und geistig unterstützen kann. Ziel dieser Arbeit ist die Untersuchung
der eingesetzten Substanzen und Kombinationen auf eine Verlangsamung des
Lungenfunktionsabfalles, gemessen an der FEV1 und eine Mortalitätssenkung. Die
derzeitige Studienlage berücksichtigend,
gibt es bei einigen Substanzen
eine
nachgewiesene Verbesserung der Verlangsamung des Abfalls der FEV1 , jedoch eine
nachweisliche Senkung der Mortalität bei bis jetzt nur einer Substanz, dem Tiotropium.
XIII
Abstract
Chronic obstructive pulmonary disease is currently the sixth leading cause of death
worldwide and is expected to be in third place by 2020. The most common cause of this
disease is chronic cigarette smoking. Due to the chronic toxicants, COPD develops over
the chronic bronchitis and emphysema. There is currently no cure, but one can try to
improve the symptoms with a pharmacological therapy based on the latest international
guidelines published by the Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease
(GOLD). These involve effective substances currently in use for treating COPD, including
bronchodilators such as β2 -agonists, anticholinergics and methylxanthines, corticosteroids,
phosphodiesterase-4-inhibitors and combinations. Latest developments are especially
longer-acting β2-agonists and anticholinergics, LABAs and LAMAs, mostly to be applied
only once daily in combination with efficient inhalation devices. In addition, research is
aiming at new targets for bronchodilatory or anti- inflammatory effects in the airways, such
as K +-channel-openers or immunomodulatory macrolides. Of great importance are also
non-pharmacological measures such as pulmonary rehabilitation, which is proven to help
COPD-patients both physically and mentally. The aim of this work is the investigation of
the used drugs and combinations in a slowing of a lung function drop indicated by FEV1
and a reduction in mortality. Taking the current study situation into account, there are some
substances which have proven an advantage in slowing the drop in FEV1, but a
demonstrable reduction in mortality has only been reported in one substance until now, on
Tiotropium.
XIV
1. Einleitung
COPD ist die sechsthäufigste Todesursache weltweit und die Bedeutung dieser Erkrankung
für das Gesundheitswesen nimmt stetig zu. In den USA und den Industrieländern ist sie
bereits an vierter Stelle und man nimmt an, dass sie im Jahr 2020 weltwe it zur
dritthäufigsten Todesursache aufgerückt sein wird.
Abb. 1 Mortalität der COPD in Europa
Risikofaktor Nummer eins für diese Erkrankung ist das Zigarettenrauchen, das
hauptsächlich für die Mortalität und die Verminderung des forcierten exspiratorischen
Volumens
in
der
ersten
Lungenfunktionsdiagnostik,
Sekunde
(FEV1 ),
verantwortlich
ist.
ein
wichtiger
Die
Parameter
kumulative
in
Menge
der
des
Zigarettenkonsums wird in packyears angegeben (Zigarettenpackungen pro Tag x Anzahl
der Raucherjahre). Man fand heraus, dass die Prävalenz der COPD aufgrund ihrer DosisWirkungs-Beziehung des Tabakkonsums mit dem Alter zunimmt. Meist tritt sie in einem
Alter über 40 Jahren auf. Wenngleich ein eindeutiger Zusammenhang zwischen dem
Rauchen und dem Auftreten einer COPD nachgewiesen wurde, sind die Folgen des
Rauchens sehr variabel und nur 15 Prozent der FEV1 -Variabilität lassen sich durch die
Menge der packyears zweifelsfrei begründen. Dies deutet darauf hin, dass zusätzliche
Umwelteinflüsse oder genetische Aspekte die Entwicklung einer COPD zusammen mit
dem Rauchen beeinflussen.
1
Bezogen auf die Geschlechtsverteilung ist die Erkrankungsrate der COPD bei Männern
höher als bei Frauen. Grund dafür dürfte das längere und stärkere Zigarettenrauchen der
männlichen
Bevölkerung sein.
Frauen
holen
jedoch
langsam auf,
da
deren
Zigarettenkonsum im Laufe der letzten 50 Jahre stetig angestiegen ist. (1, 6)
Diese epidemiologischen Fakten und die Tatsache, dass immer mehr Menschen an COPD
erkranken, muss uns bewusst werden lassen, wie wichtig Antworten auf die Frage nach
den genauen Entstehungsmechanismen und die darauf aufbauenden pharmakologischtherapeutischen Möglichkeiten geworden sind.
2
2. Pathomechanismus und Entstehung der COPD am Beispiel des
Rauchers
Die COPD ist eine Erkrankung, die durch eine fortschreitende Atemflussminderung
gekennzeichnet ist, die nicht reversibel ist. Diese beruht meist auf chronisch inhalierten
Schadstoffen, wie Partikeln und Gasen, die eine Entzündung der Atemwege verursachen.
Charakteristisch
für
den
Entzündungsprozess
sind
Neutrophile
Granulozyten,
Makrophagen und T-Lymphozyten, die entzündungsfördernde Mediatoren, Proteinasen
und Oxidantien freisetzen. Das hat eine chronische Entzündung in den Atemwegen und
pulmonalen Gefäßen und damit eine Zerstörung des Lungenparenchyms zur Folge.
Klinische Hinweise sind eine Lungenüberblähung, übermäßige Schleimproduktion, fixierte
Atemwegsobstruktion und die Ausbildung einer pulmonalen Hypertonie mit der
Entwicklung eines Cor pulmonale. Die pathogenetischen Prozesse und die damit
einhergehenden ersten Symptome gehen der manifesten COPD oft schon Jahre voraus, da
für diese Diagnose klar festgelegte Kriterien erfüllt sein müssen (siehe unten).
Grundsätzlich sind es aber zwei Krankheitsbilder, die der manifesten chronisch
obstruktiven Lungenerkrankung vorangehen. Einerseits die chronische Bronchitis und
andererseits das Lungenemphysem. (2, 14)
2.1 Allge meine Obstruktionsfaktoren
Die COPD gehört zu den obstruktiven Ventilationsstörungen, das heißt, dass es zu einer
Einengung der Atemwege kommt. Dadurch ist der Atemwegswiderstand, insbesondere bei
der Ausatmung erhöht und es kann dabei, bezogen auf die Zeit, nicht genügend Luft aus
der Lunge entweichen.
Typisch, vor allem nach chronischer Inhalation von Zigarettenrauch, ist der sogenannte
Raucherhusten. Hier ist die Produktion von zähem Schleim aufgrund einer Steigerung der
Aktivität von schleimproduzierenden Zellen erhöht und die Zilientätigkeit eingeschränkt,
die normalerweise für einen Abtransport von Sekreten in den Atemwegen zuständig ist.
Folge ist eine vermehrte Schleimretention in den Atemwegen, die nur durch kräftiges
Husten entfernt werden kann. Weiters kommt es direkt zu einer Verengung des Lumens
der Atemwege. Einerseits wird durch inhalative Noxen die Bronchialwand gereizt und
dadurch
der
Parasympathikus
aktiviert,
der
mit
einem erhöhten
Tonus
der
Bronchialmuskulatur zur Bronchokonstriktion führt. Andererseits kommt es auch direkt
durch Entzündungsmediatoren zur Kontraktion der Bronchialmuskulatur und auch die
3
elastischen Fasern, die vor allem die kleineren Atemwege offen halten, werden zerstört,
was das Lumen zusätzlich einengt. (3)
2.2 Chronische Bronchitis
Die chronische Bronchitis zeichnet sich durch eine übermäßige Schleimproduktion in den
Atemwegen aus, die mit Husten und Auswurf einhergeht. Diese müssen –laut
Diagnosekriterien- zumindest drei Monate lang täglich innerhalb von zwei Jahren
auftreten. Hauptsächlich ist wieder der Tabakkonsum als Auslöser Nummer eins der
chronischen Bronchitis zu betrachten. Die inhalierten Noxen führen zu einer Freisetzung
von Acetylcholin, das zusammen mit freigesetzten Entzündungsmediatoren eine
Bronchokonstriktion, vermehrte Schleimsekretion und ein Wandödem verursacht.
Zusammen mit der Störung der Zilienfunktion kommt es häufig zu sekundären bakteriellen
Infektionen, wobei durch Freisetzung von Toxinen und Mediatoren der chronische
Entzündungsprozess in Gang gehalten wird. (3)
2.3 Lungene mphysem
Das Emphysem ist durch eine irreversible Zerstörung der kleineren Atemwege wie
Bronchiolen, Alveolargänge und Alveolen gekennzeichnet, wo normalerweise der
Gasaustausch stattfindet. Durch den pathologischen Zusammenschluss dieser kleineren
Atemwege können große abnorme Lufträume entstehen. Zudem findet sich dort vor allem
bei Rauchern eine Ansammlung von Makrophagen und T-Lymphozyten, die in
Entzündungsvorgängen eine wichtige Rolle spielen. Die wichtigsten Formen sind das
zentroazinäre Emphysem, bei dem vor allem die Lufträume bei den Bronchiolen erweitert
sind und das panazinäre Emphysem, das sich durch gleichmäßig vergrößerte und abnorme
Lufträume im Azinus auszeichnet. Die derzeitige Theorie zur Pathogenese des Emphysems
bei Rauchern stützt sich auf vier Prozesse, die miteinander verflochten sind. Man nimmt
an, dass es durch chronisches Zigarettenrauchen zu einer Einwanderung von
Entzündungszellen wie Makrophagen kommt. Diese werden durch Oxidantien im Rauch
aktiviert und setzen Proteinasen und Chemokine frei, die wieder andere Entzündungszellen
anlocken. Es kommt zur Produktion von proinflammatorischen Zytokinen, wie IL-8 und
TNF-α, sowie durch die ebenfalls angelockten CD8+-T-Lymphozyten zur Freisetzung von
interferoninduzierbarem Protein-10 (IP-10), das in Folge die Ausschüttung von
4
Makrophagen-Elastase (Matrix-Metalloproteinase 12 [MMP-12]) erhöht. Diese vermehrt
produzierten Proteinasen und Elastasen führen zu einem Ungleichgewicht mit ihrem
jeweiligen Inhibitor, wodurch es in Summe zur Zerstörung von Lungengewebe kommt.
Neben dieser Zerstörung von Lungengewebe und Erweiterung der Luftwege kommt es
auch direkt durch erhöhten oxidativen Stress zum Zelltod von Endothel- und Epithelzellen.
Man hat auch festgestellt, dass der Abbau von abgestorbenen Zellen durch Makrophagen
durch den Zigarettenrauch behindert wird und sich die Möglichkeiten einer Reparatur
beschädigter Alveolen und vor allem der Elastin-reichen elastischen Fasern der Lunge
allgemein in Grenzen halten. (1)
Generell hat man herausgefunden, dass die Einengung und das Verschwinden der kleineren
Atemwege, bevor es zum klinisch feststellbaren Emphysem kommt, den erhöhten
Atemwegswiderstand bei Patienten mit COPD erklärt. (4) Der vermehrte Schleim und die
Infiltration von Entzündungszellen in den Atemwegen führen zu einem Wandödem, zu
einer Fibrose und oft auch zu einer Hypertrophie der glatten Muskulatur der Atemwege,
die eine Einengung der Atemwege hervorrufen und die Atmung erschweren. (1) Überdies
zeigen neuere Erkenntnisse, dass Zigarettenrauch auch direkt die CFTR (Cystic Fibrosis
Transmembrane Conductance Regulator)-Funktion hemmt, welche die abnormale
Schleimsekretion ähnlich der Zystischen Fibrose erklären könnte. (5) Darüber hinaus geht
man davon aus, dass sich der Entzündungsprozess mit oxidativem Stress, Entzündung und
Apoptose bei COPD-Patienten selbstständig aufrechterhält, weil auch trotz späterer
Nikotinkarenz weiterhin entzündliche Reaktionen stattfinden, deren Ursache bis heute
ungeklärt ist. (1,5)
5
Mangel an Antiproteasen
Tabakrauch
bakterielle Infekte
Zerstörung elastischer
Fasern
Überschuss an
Proteasen
Bronchokonstriktion
Schleimretention
Wandödem
Entspannungsobstruktion
der kleinen Atemwege
Zerstörung des
alveolentragenden Gewebes
Atemwegsobstruktion
Abb. 2 Pathogenese des Lungenemphysems
6
3. Aktuelle pharmakologische Therapieleitlinien bei COPD nach der
GOLD (Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease)
Die Therapie der COPD richtet sich nach dem Schweregrad der Erkrank ung und ihrem
Einfluss auf den Gesundheitszustand des Patienten. Daher muss man zunächst die
Symptome, das Ausmaß des Lungenfunktionsabfalls, das Risiko von Exazerbationen
(deutliche, oft plötzliche Verschlechterung) und mögliche Begleiterkrankungen ermitteln.
Von einer COPD im Sinne der GOLD spricht man erst ab einem spirometrisch erhobenen
FEV1 /FVC-Quotienten unter 0.70.
Um die Symptome zu bewerten verwendet man mehrere validierte Fragebögen. Die GOLD
empfiehlt die Verwendung des Modified British Medical Research Council (mMRC) und
des COPD Assessment Tests (CAT). Der mMRC schätzt anhand des Schweregrades der
Dyspnoe auf einer Skala von 0-4 den Gesundheitszustand und das zukünftige
Mortalitätsrisiko des Patienten ein. Der CAT wiederum besteht aus 8 Fragen mit Punkten
von 0-40, bei dem auch subjektive Alltagsbeschwerden abgefragt werden, um den
Allgemeinzustand des Patienten zu ermitteln. (6)
Um die neuen Leitlinien der GOLD von 2013 verstehen und genau beachten zu können, ist
es notwendig die GOLD-Klassifikationen des durch die Spirometrie erhobenen
Lungenfunktionsabfalls darzustellen (Tab 1.) und die Patienten in Risikogruppen von A
bis D einzuteilen (Tab 2.). Für die Bestimmung des Lungenfunktionsabfalls werden die
Werte der forcierten exspiratorischen Ventilation in der ersten Sekunde (FEV1 ) nach der
Gabe eines Bronchodilatators herangezogen und auf den Normalwert bezogen. Auf der
GOLD-Klassifikation aufbauend, kann man dann mit de n Zusatzinformationen der
Symptome, der Exazerbationen pro Jahr sowie der oben beschriebenen Tests, den
Schweregrad der COPD herausfinden und einer Patientengruppe von A-D zuordnen (siehe
Tab 1. und Tab 2.). (7)
7
GOLD 1
Leicht
FEV1 ≥ 80%
GOLD 2
Moderat
50% ≤ FEV1 < 80%
GOLD 3
Schwer
30% ≤ FEV1 < 50%
GOLD 4
Sehr Schwer
FEV1 < 30%
Tab. 1 Klassifikation des Lungenfunktionsabfalls bei COPD-Patienten mit FEV1 /FVC <
0.70, bezogen auf die FEV1 nach Bronchodilatator (GOLD-Guidelines)
Patient
A
Charakteristika
Geringes Risiko
Klassifikation
des Exazerbationen
mMRC
COPD
Lungenfunktionsab pro Jahr
Dyspnoe
Assessment
falls
Skala
Test
GOLD 1-2
≤1
0-1
< 10
GOLD 1-2
≤1
≥2
≥ 10
GOLD 3-4
≥2
0-1
< 10
GOLD 3-4
≥2
≥2
≥ 10
Leichte Symptome
B
Geringes Risiko
Schwere Symptome
C
Hohes Risiko
Leichte Symptome
D
Hohes Risiko
Schwere Symptome
Tab. 2 Kombinierte Abschätzung des COPD-Schweregrades (GOLD-Guidelines)
Die medikamentöse Therapie der COPD sollte nicht nur an den erhobenen Schweregrad,
sondern auch individuell an jeden Patienten angepasst werden. Ziel sollte eine Reduktion
der Symptome sein. Dazu gehören auch eine Verbesserung der körperlichen
Leistungsfähigkeit und des Gesundheitsstatus. Weiters muss man das Risiko einer akuten
Verschlechterung der Erkrankung reduzieren. Das geschieht durch die Prävent ion und
Behandlung von Exazerbationen, wodurch die Mortalität verringert wird. Außerdem sind
häufige Exazerbationen mit einem schnelleren Abfall der FEV1 assoziiert. Mehr als 20
Prozent der Patienten mit COPD im GOLD Stadium 2 haben öfters akute
Verschlechterungen. Deshalb sollte man schon in frühen Stadien der COPD eine effektive
Behandlung anstreben, um die Rate von Exazerbationen zu minimieren und so den
Lungenfunktionsabfall zu reduzieren. Diese Ziele sollte man am besten mit minimalen
8
Nebenwirkungen der Behandlung erreichen. Um diese zu verhindern, gibt es
Empfehlungen für die Präferenz und Dauer der Medikamentenanwendung. (7, 40, 41)
3.1 Bronchodilatator-Empfehlungen
Man sollte bei β2 –Agonisten und Anticholinergika langwirksame Substanzen gegenüber
den kurzwirksamen bevorzugen, und wenn notwendig eine Kombination der beiden
anwenden. Weiters sollte man aufgrund der möglichen systemischen Nebenwirkungen
inhalative Präparate den oralen vorziehen. Theophyllin sollte überhaupt nur angewandt
werden, wenn die anderen Bronchodilatoren für eine Dauerbehandlung nicht leistbar oder
nicht verfügbar sind. (7)
3.2 Corticosteroide und Phosphodiesterase-4-Inhibitoren-Empfehlungen
Corticosteroide sind
Bronchodilatatoren
nur anzuwenden, wenn eine Therapie mit langwirksamen
nicht
ausreichend
ist,
sowie
bei
Patienten
mit
schwerer
Lungenfunktionseinschränkung und häufigen Exazerbationen. Daneben sollte man
inhalierbare Corticosteroide nicht als alleinige Dauertherapie verwenden, sondern immer in
Kombination mit β2 –Agonisten und/oder Anticholinergika. Orale Monotherapie mit
Corticosteroiden bei COPD wird nicht empfohlen, wie auch die außerhalb ihrer
Indikationen verwendete Langzeittherapie, da sie viele systemische Nebenwirkungen
verursachen kann. Der Phosphodiesterase-4-Inhibitor Roflumilast sollte auch nur als
Zusatz zu Bronchodilatatoren zur Anwendung kommen. Das betrifft vor allem Patienten
mit schwerer Lungenfunktionseinschränkung und häufigen Exazerbationen, welche durch
inhalative Substanzen nicht genügend beeinflussbar sind. (7)
Unter Berücksichtigung der oben dargestellten Empfehlungen, kann man sich nun an den
von der GOLD herausgegebenen Stufenplan richten (Tab3.).
9
Patienten- Empfohlene
erste Alte rnative Wahl
gruppe
Wahl
A
KW Anticholinergikum
LW Anticholinergikum
oder
oder
KW β2 -Agonist
LW β2 -Agonist
Ande re
Behandlungs-
möglichkeiten
Theophyllin
oder
KW β2 -Agonist und KW
Anticholinergikum
B
LW Anticholinergikum
LW
Anticholinergikum
oder
LW β2 -Agonist
und
KW Anticholinergikum
LW β2 -Agonist
C
KW β2 –Agonist und/oder
Theophyllin
ICS + LW β2 –Agonist
LW
oder
LW β2 –Agonist
KW Anticholinergikum
LW Anticholinergikum
oder
Theophyllin
LW
Anticholinergikum
Anticholinergikum
und
KW β2 –Agonist und/oder
und
PDE-4-Inhibitor
oder
LW β2 –Agonist und PDE-4Inhibitor
D
ICS + LW β2 –Agonist ICS + LW β2 –Agonist und LW
Carbocystein
und/oder
KW β2 –Agonist und/oder
LW Anticholinergikum
Anticholinergikum
oder
KW Anticholinergikum
ICS + LW β2 –Agonist und
Theophyllin
PDE-4-Inhibitor
oder
LW
Anticholinergikum
und
LW β2 –Agonist
oder
LW
Anticholinergikum
und
PDE-4-Inhibitor
Tab. 3 Pharmakologische Therapie der stabilen COPD (GOLD-Guidelines)
Glossar: KW: kurz-wirksam LW: lang-wirksam ICS: inhalatives Corticosteroid PDE-4:
Phoshodiesterase-4-Inhibitoren
10
4. Therapie der COPD
4.1 Lokales Management der Atmung und Therapiestrategien
Die COPD ist eine chronische Atemwegserkrankung, die man mit Medikamenten
beeinflussen kann. Vor allem die Vorstufen dieser Erkrankung werden erst spät erkannt.
Daher sind die wichtigsten Maßnahmen präventiver Natur. Es gilt schädliche
Umwelteinflüsse zu meiden und vor allem das Rauchen aufzugeben. (2) Die Regulation
der Atemwegsweite erfolgt einerseits über den Sympathikus und den Parasympathikus. Bei
Stimulierung des Sympathikus ziehen sich die Blutgefäße zusammen und die
Schleimsekretion wird gedrosselt. Wenn der Parasympathikus über den Nervus vagus
gereizt wird, kommt es zu einer Konstriktion der Bronchialmuskulatur und einer Sekretion
von Schleim. Andererseits gibt es noch körpereigene Substanzen, die über diverse
Rezeptoren einen direkten Einfluss auf die Atemwege nehmen, wie Stickstoffmonoxid
(NO), das kontraktionshemmende Eigenschaften hat und Neuropeptide (Substanz P und
Neurokinin A.). Sie spielen ebenfalls eine Rolle in der Atemregulation, kommen aber in
der Therapie der COPD bis jetzt nicht zum Einsatz. (8)
Eine wichtige Rolle spielen noradrenerge und adrenerge Systeme. Hier gibt es neun
Adrenorezeptoren, jeweils drei α1 -Adrenorezeptoren (α1A, α1B, α1C), α2 -Adrenorezeptoren
(α2A, α2B, α2C), sowie β-Rezeptoren (β1 , β2 , β3 ). Für die Behandlung der COPD sind aber
hauptsächlich die β2 -Rezeptoren relevant. So kommt es durch Adrenalin über β2 Adrenorezeptoren zu einer Erschlaffung der Muskulatur in den Bronchien. (12, 16)
Weitere wichtige Angriffspunkte stellen die cholinergen Systeme dar, mit dem
Überträgerstoff Acetylcholin. Dazu gehören Neurone im Zentralnervensystem und
Gastrointestinaltrakt,
alle
präganglionären
autonomen
und
postganglionären
parasympathischen Neurone, sympathische Neurone zu den Schweißdrüsen und alle
Motoneurone
der
quergestreiften
Muskulatur.
Acetylcholin
ist
der
typische
Neurotransmitter im parasympathischen Nervensystem. Es wird aus Cholin und AcetylCoenzym A gebildet und in Vesikeln gespeichert bis es durch Stimulierung der
Nervenendigungen freigesetzt wird. Für Acetylcholin gibt es zwei Rezeptortypen, die
Nicotinrezeptoren und die Muscarinrezeptoren. Für die Behandlung der COPD sind die
Muscarinrezeptoren bedeutend. Hier gibt es fünf Untergruppen von Rezeptoren, M 1 bis
M5 . Alle Acetylcholin-ähnlichen Substanzen passen zu diesen Rezeptoren und besetzen
sie, lösen aber keine Aktivität dieser Rezeptoren aus. Weiters gibt keine strikte Spezifität
11
der Stoffe, das heißt sie haben nicht nur einen einzigen Wirkort. Für die therapeutischen
Zwecke in der Behandlung der COPD sind hauptsächlich die M3 -Rezeptoren wichtig. Sie
kommen vermehrt in den glatten Muskelzellen der Atemwege vor und bewirken durch
Acetylcholin eine Konstriktion der Bronchien, eine Dilatation der Blutgefäße der
Atemwege und eine vermehrte Produktion von Schleim. Effekte, die man durch die
Anticholinergika antagonisieren kann. Überdies hat man herausgefunden, dass diese
Rezeptoren, die durch Zigarettenrauch stimulierte Sekretion des Entzündungsmediators
Interleukin 8 aus den glatten Muskelzellen erleichtern. (11, 16)
Viele Wirkstoffe in der Therapie der COPD werden durch Inhalation aufgenommen.
Dadurch kommen die Arzneistoffe direkt an den Ort, an dem sie wirken sollen und es
werden leichter wirksame Konzentrationen am Wirkort erreicht und Nebenwirkungen
minimiert. Am häufigsten kommen Dosieraerosole und Pulverinhalationssysteme zur
Anwendung. Dosieraerosole beinhalten das Medikament mit einem Treibstoff in Lösung,
wodurch dieses auch die kleinen Bronchienverzweigungen erreichen kann. Beim
Pulverinhalationssystem kommt es durch einen kräftigen Atemzug zur Zerstäubung.
Wichtig ist eine entsprechende Schulung und Dosisanpassung für jeden Patienten, da die
Wirkspiegel bei den einzelnen Inhalationssystemen stark variieren können. (2) Zum
Schluss gibt es noch für die Patienten, bei denen eine effektive Inhalation nicht realisierbar
ist, die Möglichkeit der Benutzung eines Verneblers. Dieser funktioniert mit Hilfe einer
intermittierenden Überdruckinhalation (IPPB) und die Wirkstoffe sind meist höher dosiert.
(9)
4.2 Bronchodilatatoren
Bronchodilatatoren
spielen
eine
zentrale
Rolle
in
der
Behandlung
von
Atemwegserkrankungen. Sie führen durch unterschiedliche Mechanismen zu einer
Bronchospasmolyse, also Erschlaffung der Bronchialmuskulatur, und damit
zur
Erweiterung der Atemwege. Hauptsächlich zielen sie auf eine Linderung der Symptome
wie
Atemnot
ab.
Zu
dieser
Gruppe
gehören
β2 -Agonisten,
(=Muscarinrezeptor-Antagonisten) und Methylxanthine. Es
Anticholinergika
hat sich in letzter Zeit als
schwierig erwiesen neue Klassen von Bronchodilatatoren zu entwickeln, obwohl man
wieder neue mögliche Angriffspunkte für die bronchodilatatorische Therapie entdeckt hat
(siehe 4.6 Mögliche neue Bronchodilatatoren). Deshalb versucht man die existierenden
Brochodilatatoren weiterzuentwickeln und zu verbessern. Dabei geht es vor allem darum,
12
die Compliance der Patienten zu verbessern, indem man die Dosis und die Frequenz der
Medikamenteneinnahme auf ein Minimum reduziert. Es gibt nun einige neue langwirkende
β2 -Agonisten und auch Anticholinergika, die man mit ihrer langen Wirkdauer nur einmal
täglich einnehmen muss. (2, 1, 16)
4.2.1
β2 -Agonisten
Adrenorezeptor-Agonisten imitieren den Effekt des Sympathikus in der Peripherie. βRezeptoren kommen überwiegend als β1 -Rezeptoren am Herzen und β2 -Rezeptoren an den
Blutgefäßen der Skelettmuskulatur, der Skelettmuskulatur selbst, der Leber, dem Uterus
und den Atemwegen vor. Da man nur die Wirkung der β2 -Rezeptoren nutzen will, also eine
bestimmte Komponente des Sympathikussystems, verwendet man selektive β 2 -Agonisten.
Diese sind chemisch β-Phenylethylamin- Derivate und gekennzeichnet durch einen
großmolekularen Substituenten am Stickstoff. Wenn ein β2 -Rezeptor besetzt wird, bewirkt
dies über G-Proteine eine Aktivierung der Adenylylcyclase. Dadurch wird in der Zelle
mehr cAMP gebildet, was zu einer Aktivierung der Proteinkinase A führt, die über
Phosphorylierungsvorgänge zu einer Muskelrelaxation in den Bronchien führt. Die
hauptsächliche Wirkung der β2 -Agonisten ist die Bronchodilatation. Bei längerer
Anwendung kann es aber zu einer Down-Regulation der β-Rezeptoren kommen, das heißt
die Zahl der Rezeptoren sinkt, was sich klinisch jedoch selten bemerkbar macht. (12, 2, 13)
Am Herzen bewirkt die Stimulierung der β-Rezeptoren eine Steigerung der Frequenz, der
Leitungsgeschwindigkeit im AV-Knoten, der Kontraktionskraft und der Geschwindigkeit
der Erschlaffung des ganzen Herzens. In der Skelettmuskulatur kommt es zu einer
Dilatation der Gefäße, Glykogenolyse (auch in der Leber), Lipo lyse und einer Aufnahme
von Kalium in die Muskulatur, was zu einer Hypokaliämie führen kann. Am Uterus
können über β2 -Rezeptoren Wehen gehemmt werden und in den Atemwegen kommt es zu
einer Entspannung der Bronchialmuskulatur. Weiters werden die Zilien der Atemwege in
ihrer Flimmerbewegung angekurbelt, die Freisetzung von Entzündungsmediatoren wird
nur geringfügig gehemmt. (12, 2)
β2 -Sympathomimetika sind die stärksten bekannten Bronchodilatatoren in der Therapie der
COPD und haben aber auch andere positive Wirkungen. Dazu zählen eine Hemmung der
Mastzelldegranulation und damit der Freisetzung des Entzündungsmediators Histamin,
eine Steigerung der mukoziliären Clearance und dadurch eine Verhinderung der
13
Schleimretention in den Bronchien, sie beeinflussen die Schleimsekretion aber nicht direkt.
Daneben wird eine vermehrte Freisetzung von Epithelium Derived Relaxing Factor
(EDRF) bewirkt, der auch muskelrelaxierend wirkt. Weiters wird die Freisetzung von
Acetylcholin
verhindert,
welches wie
oben beschrieben, ein
Triggerfaktor für
Entzündungsreaktionen ist. Schließlich wirken sich β2 -Sympathomimetika auch ein wenig
auf den Lungenkreislauf aus, wo sie den Blutdruck senken. (14)
Es gibt kurzwirkende und langwirkende β2 -Agonisten. Die langwirksamen werden als
LABA (long-acting beta-adrenergic agonists) bezeichnet und werden heute in der COPDTherapie bevorzugt eingesetzt. Deshalb wird hier besonders auf die wichtigsten Vertreter
dieser Medikamentengruppe wertgelegt und stellvetretend für die Übrigen eine Substanz
beispielhaft in ihrer Wirkung auf die Atemwege und ihren möglichen Nebenwirkungen
beschrieben.
Substanz
Applikationsform Wirkdauer
kurzwirksam
Fenoterol
Dosieraerosol, Sirup
4-6 Stunden
Levalbuterol
Dosieraerosol
6-8 Stunden
Salbutamol
Dosieraerosol
& 4-6 Stunden
Pulverinhalator,
Sirup, Tablette
Terbutalin
Pulverinhalator
4-6 Stunden
langwirksam
Formoterol
Dosieraerosol
& 12 Stunden
Pulverinhalator
Arformoterol
keine Infos
12 Stunden
Indacaterol
Pulverinhalator
24 Stunden
Salmeterol
Dosieraerosol
& 12 Stunden
Pulverinhalator
Tulobuterol
transdermal
24 Stunden
Tab. 4 β2 -Agonisten in der COPD-Medikation (nach den internationalen Guidelines der
GOLD)
14
Indacaterol (Onbrez Breezhaler®)
Das neuere β2 -Sympathomimetikum Indacaterol wurde speziell zur Behandlung der COPD
entwickelt. Es verbindet zwei langwirksame β2 -Agonisten, nämlich Salmeterol und
Formoterol. Indacaterol wirkt selektiv auf die β2 -Rezeptoren an der glatten Muskulatur der
Bronchien und bringt diese zur Relaxation. (2, 13)
Die empfohlene tägliche Dosis beträgt derzeit in Deutschland 150μg, wobei eine Menge
von 300μg nicht überschritten werden sollte. In den USA werden nur 75μg empfohlen,
obwohl bis jetzt keine Sicherheitsbedenken vorhanden sind. Nach Inhalation wirkt es
innerhalb von 5 Minuten, und hat eine Wirkdauer von mindestens 24 Stunden, wie in Tab.
4 ersichtlich, daher braucht man es nur einmal täglich zu verabreichen. Es reichert sich im
Fettgewebe besser an als andere β2 -Sympathomimetika, weil es durch seine chemischen
Eigenschaften lipophiler ist. Dadurch bleibt es auch relativ lange im Lungengewebe und
wird nur langsam abgebaut. Die Halbwertszeit beträgt dadurch 40 bis 50 Stunden.
Eliminiert wird Indacaterol zu etwa 60% unverändert über den Stuhl und 25% als
Hydroxy-Metabolit über die Niere. (2, 13)
Die
am
häufigsten
vorkommenden
allgemeinen
Nebenwirkungen
bei
β2 -
Sympathomimetika sind Kopfschmerzen, Tremor, Herzrhythmusstörungen, vor allem
Tachykardien,
Blutdruckabfall,
Unruhe,
Muskelkrämpfe, Angina pectoris-ähnliche
Symptome und Hypokaliämie (8). Bei Indacaterol im Speziellen sind Kopfschmerzen,
Husten, Infektionen des oberen Respirationstrakts und Nasen-Rachenentzündungen die
unerwünschten Wirkungen, die am häufigsten beobachtet wurden. (2)
4.2.2
Anticholinergika
Anticholinergika
hemmen die Wirkung des Parasympathikus. Sie werden auch
Muscarinrezeptor-Antagonisten genannt, weil sie eine Affinität zu Muscarinrezeptoren
haben, daraufhin aber keine Aktivität der Rezeptoren auslösen. Eine weitere Bezeichnung
ist auch muscarinischer Acetylcholin-Rezeptor-Antagonist, was die Wirkung gut
beschreibt. Wie erwähnt, können sie an fünf Rezeptoren, die eigentlich für Acetylcholin
gedacht sind, angreifen und deren Wirkungen antagonisieren. M1 -Rezeptoren sind
charakteristisch für Nervenzellen, M2 -Rezeptoren für das Herz und M3 -Rezeptoren für die
Drüsenzellen und glatten Muskelzellen, wie auch die Bronchialmuskulatur. (11, 15)
15
Im Zentralnervensystem können Anticholinergika daher in höheren Dosen erregend wirken
und zu Unruhe, Desorientiertheit und Halluzinationen führen, sie verringern aber auch
etwaige Übelkeit und Erbrechen. Am Herzen bewirken sie eine Steigerung der
Herzfrequenz. (11, 14) Ihre Hauptwirkung bezogen auf das Atemsystem ist die
Bronchodilatation, wobei sie sind in der Behandlung der COPD in etwa gleich potent wie
die β2 -Sympathomimetika wirken, weshalb sie auch als Monopräparate eingesetzt werden
können. Daneben wirken sie schützend gegen die vom Nervus vagus vermittelte
Bronchokonstriktion durch Reize wie Staub, Zigarettenrauch, Histamin und mechanische
Reize sowie auch durch die von β-Blockern oder anderen Medikamenten provozierte
Bronchokonstriktion. Dabei haben sie kaum Einfluss auf die Flimmerbewegungen der
Zilien und die Kapillaren in den Atemwegen, aber sie hemmen, zwar nur in geringem
Maße, die erhöhte Schleimproduktion. (15, 14, 17)
Bei den Anticholinergika gibt es wiederum auch kurzwirkende und langwirkende
Substanzen. So wie bei den β2 -Agonisten werden für die Behandlung der COPD
vorzugsweise langwirkende Substanzen eingesetzt, die man LAMA (long-acting
antimuscarinic agonists) nennt. Daher wird auch hier besonders auf die wichtigsten
Vertreter dieser Arzneimittelgruppe wertgelegt und eine Substanz beispielhaft in ihrer
Wirkung auf die Atemwege und ihre möglichen Nebenwirkungen beschrieben.
Substanz
Applikationsform
Wirkdauer
Ipratropiumbromid
Dosieraerosol
6-8 Stunden
Oxitropiumbromid
Dosieraerosol
7-9 Stunden
Aclidiniumbromid
Pulverinhalator
12 Stunden
Glycopyrroniumbromid
Pulverinhalator
24 Stunden
Tiotropium
Pulverinhalator & Vernebler
24 Stunden
kurzwirksam
langwirksam
Tab. 5 Anticholinergika in der COPD-Medikation (nach den internationalen Guidelines der
GOLD)
16
Tiotropium (Spiriva ®)
Obwohl Glycopyrronium und Aclidinium als die neuesten Parasympatholytika für die
COPD-Behandlung vor kurzer Zeit präsentiert wurden, soll hier weiterhin Tiotropium als
Beispiel dieser wichtigen Gruppe der Bronchodilatatoren herangezogen und näher
betrachtet werden. Dies geschieht aus Gründen der zurzeit noch unklaren Informationsund Studienlage zu den beiden neueren Substanzen. Tiotropium ist ein langwirksamer
Muscarinrezeptor-Antagonist und wurde hauptsächlich für die COPD-Behandlung als
Bronchodilatator entwickelt. (6, 2)
Die täglich empfohlene Dosis beträgt 18μg für den Trockenpulverinhalator Spiriva®
Handihaler® und 5μg für Spiriva® Respimat®. Die Wirkdauer von Tiotropium beträgt 24
Stunden (siehe Tab 5.), daher muss man es nur einmal täglich inhalativ anwenden.
Tiotropium hat durch seine chemischen Eigenschaften eine hohe Affinität zu den
Muscarinrezeptoren, viel höher als jene der kurzwirksamen Substanzen. Es bindet zwar an
alle muscarinischen Acetylcholinrezeptoren, nur dissoziiert es etwa von M2 viel schneller
als von M1 und M3 . Der genaue Mechanismus dieses Vorgangs, ist noch nicht bekannt,
jedoch spricht das für eine gewisse zeitliche Selektivität von Tiotropium. Es wird innerhalb
von 5 Minuten nach Inhalation in den Organismus aufgenommen, wobei nach zirka einer
Stunde
gleichbleibende
wirksame
Plasmakonzentrationen
erreicht
werden.
Die
dosisunabhängige Halbwertszeit beträgt 5 bis 6 Tage. Tiotropium wird kaum metabolisiert
und hauptsächlich über die Niere ausgeschieden. (2, 6, 16, 17)
Typische anticholinergische Nebenwirkungen sind Tachykardie, eventuell auch Angina
pectoris und Störung der Selbstreinigung in den Brochien, da es die Schleimproduktion
kaum verringert. Daneben kann es zu einer Verlangsamung der Verdauung, zu Störungen
beim Harnlassen und zu Mundtrockenheit, Sprech-und Schluckschwierigkeiten kommen.
Weiters kann eine Lichtempfindlichkeit der Augen, sowie ein akuter Glaukomanfall bei zu
engem
Kammerwinkel
auftreten,
zusätzlich
wurden
Müdigkeit
und
Konzentrationsschwäche beschrieben. Bei Tiotropium im Speziellen kommen diese
Nebenwirkungen selten vor. Am häufigsten wird von Mundtrockenheit berichtet, daneben
gibt es auch Hinweise darauf, dass es durch aktive Sekretion in den Nierentubuli diese
schädigen kann, sodass man hier bei Nieren-Vorerkrankungen aufpassen sollte. (2, 14, 17)
17
4.2.3
Methylxanthine
Methylxanthine haben zwei Eigenschaften, die man sich pharmakologisch zu Nutze
machen kann. Einerseits stimulieren sie die Psyche, wirken gegen Müdigkeit und erhöhen
die Konzentration und Aufmerksamkeit. Andererseits haben sie bronchodilatatorische
Eigenschaften, die denen der β-Sympathomimetika ähneln. Die Hauptvertreter der
Methylxanthine sind Theophyllin, Coffein und Theobromin. Sie blockieren die
Adenosinrezeptoren, die auch P1 -Rezeptoren genannt werden. Adenosin entsteht beim
Abbau von ATP, welches ein wichtiger Energieträger und Neurotransmitter ist. Adenosin
hemmt im Gehirn gewisse Neurone und hat so eine sedierende und krampflösende
Wirkung. Daneben wird durch Adenosin die Sympathikuswirkung vermindert und somit
am Herzen die Frequenz-und Kontraktionskraft reduziert. Es führt zu einer Dilatation von
Blutgefäßen im Gehirn und hat in den Atemwegen über A1 -Rezeptoren eine
Bronchokonstriktion zur Folge. Es gibt allgemein vier Typen von Adenosinrezeptoren, A1 ,
A2A, A2B, und A3 . Methylxanthine besetzen aber nur die A1 -und A2A-Rezeptoren und üben
hier ihre antagonistische Wirkung aus. Methylxanthine haben nun drei Hauptwirkungen.
Erstens besetzen und blockieren sie bei geringen Dosen die bronchokonstriktorisch
wirkenden A1 -Rezeptoren und die auf cerebrale Blutgefäße wirkenden A2A-Rezeptoren.
A1 -Rezeptoren sind
wieder
mit G-Proteinen
gekoppelt und
wirken über die
Adenylylcyclase, was die Konzentration von cAMP erhöht. Dadurch kommt es über die
Proteinkinase A und Phosporylierungsprozesse wieder zu einer Relaxation der
Bronchialmuskulatur. Zweitens hemmen sie bei höheren Dosen Phoshodiesterasen, die
cAMP zu AMP spalten und verhindern dadurch zusätzlich den Abbau von cAMP. Drittens
können sie in noch höheren Konzentrationen Ca2+ aus den Speichern im Inneren der Zellen
freisetzen, wodurch sich Muskelzellen verstärkt kontrahieren können, was aber keine
therapeutische Bedeutung hat. (2, 12, 14)
Substanz
Applikationsform
Wirkdauer
Aminophyllin
Tablette
variabel, bis 24 Stunden
Theophyllin
Tablette
variabel, bis 24 Stunden
Tab. 6 Methylxanthine in der COPD-Medikation (nach den internationalen Guidelines der
GOLD)
18
®
Theophyllin (z.B. Euphyllin )
Theophyllin ist das vielleicht am längsten verwendete COPD-Medikament. Es ist ein
Xanthin-Derivat mit 2 Methylgruppen (1-3 Dimethylxanthin) und wird schnell und fast
vollständig
resorbiert.
Ursprünglich
wurde
es
jedoch
nicht
aufgrund
seines
bronchospasmolytischen Effektes wertgeschätzt, sondern wegen seiner „diuretischen und
herzschützenden“ Eigenschaften, die man lange Zeit den Methylxanthinen zuschrieb. Die
erwünschte Spasmolyse der Bronchien ist bei Theophyllin nicht so groß wie bei anderen
Bronchodilatatoren. Weitere erwünschte Eigenschaften sind die Verbesserung des
Abtransportes von Schleim in den Bronchien, die Zunahme der Atemmuskelkontraktilität
und ein entzündungshemmender Effekt durch eine
unselektive Hemmung
der
Phoshodiesterasen. Theophyllin ist weltweit immer noch der am häufigsten oral
verwendete Bronchodilatator. Es gibt auch die Möglichkeit der intravenösen Gabe, doch
muss man hier darauf achten die Substanz langsam zu injizieren, da es sonst zu
Herzrhythmusstörungen, Hypotonie und Krampfanfällen kommen kann und bei zu rascher
Injektion sogar Todesfälle beschrieben wurden. Die empfohlenen Plasmakonzentrationen
liegen zwischen 5μg und 15μg, wobei es ziemlich große individuell verschiedene
Plasmahalbwertszeiten gibt. Im Durchschnitt wird eine Dosis von 200mg bis 800mg
empfohlen, wobei retardierte Präparate bevorzugt werden sollten, um nicht gewollte
Plasmaspiegelspitzen zu vermeiden. Zudem hat Theophyllin, oral eingenommen, eine
eigene zirkadiane Rhythmik in seiner Kinetik und eine geringe therapeutische Breite. Der
Wirkungseintritt erfolgt nach 1 bis 2 Stunden, die Wirkdauer beträgt bis zu 24 Stunden,
was aber individuell sehr variabel sein kann. Metabolisiert wird Theophyllin zu 90% in der
Leber und nur in geringen Mengen unverändert über die Niere ausgeschieden. (8, 2, 14,
16)
In höheren Dosen kann Theophyllin erhebliche Nebenwirkungen verursachen. Dazu
gehören Störungen des zentralnervösen Systems wie Kopfschmerzen, Übelkeit, Unruhe,
Schlafstörungen sowie Herzrhythmusstörungen und gastrointestinale Beschwerden, da
durch die Hemmung der Phosphodiesterasen die Magensäuresekretion gesteigert wird. (8,
2, 12)
Aufgrund der Tatsache, dass Theophyllin im Vergleich zu den anderen Bronchodilatatoren
eine geringere Wirksamkeit, viel geringere therapeutische Breite, große individuelle
Spiegelschwankungen und beachtliche Nebenwirkungen haben kann, sollte es nur als
19
Reservemedikament Verwendung finden, wenn die Gabe von β 2 -Sympathomimetika
und/oder Anticholinergika keine ausreichende Wirkung zeigt. (2)
4.3 Corticosteroide
Corticosteroide sind einerseits Steroidhormone die in der Nebennierenrinde gebildet
werden. Andererseits zählen dazu aber auch ihre synthetischen Derivate, die man sich
pharmakologisch zu Nutze macht. In der Nebennierenrinde werden zwei Klassen von
Hormonen gebildet. Die Glucocorticoide, die hauptsächlich in der Zona fasciculata
gebildet
werden
und
Kohlenhydratstoffwechsel
unter
anderem
haben,
und
Einfluss
die
auf
Entzündungsreaktion
Mineralocorticoide,
die
auf
und
den
Elektrolythaushalt wirken. Das bedeutendste Glucocorticoid, das der Körper selbst
herstellt, ist das Cortisol. Die Ausschüttung dieses wichtigen Steroidhormons wird durch
einen speziellen Regelkreis von Peptiden, die als Freisetzungs- und Hemmhormone wirken,
gesteuert.
Im
Hypothalamus
wird
CRH
gebildet,
welches
direkt
auf
den
Hypophysenvorderlappen wirkt und zur Freisetzung von ACTH führt. Dieses regt in der
Nebenniere die Synthese und Sekretion von Nebennierenrindenhormonen an, überwiegend
die der Glucocorticoide. Wenn von diesen genügend vorhanden sind, kommt es in Folge zu
einer negativen Rückkopplung auf ACTH und dessen Produktion wird herabgesetzt. Durch
tageszeitlich unterschiedliche Schwankungen in diesem Regelkreis kommt es auch zu der
typischen zirkadianen Rhythmik der Sekretion von ACTH, sodass man CortisolHöchstwerte am Morgen und Tiefstwerte am Abend findet. Diese Tatsache ist bei der
medikamentösen Gabe von Corticosteroiden zu bedenken. Denn bei längerer oraler
Therapie mit Glucocorticoiden sollte die Einnahme am besten immer frühmorgendlich
erfolgen, damit der natürliche Regelkreis nicht so stark gehemmt wird. Der Rhythmus der
ACTH-Sekretion kann aber auch durch Umwelteinflüsse, vor allem Stress, gestört werden.
So kann es durch Infektionen, Operationen, Traumen, Kälte, schwere körperliche
Anstrengung und psychischen Stress zu Schwankungen den ACTH-Sekretion kommen.
Cortisol und auch die chemisch hergestellten Glucocorticoide ermöglichen das
„Überleben“ bei Stress jeglicher Art. Sie haben aber auch entzündungshemmende und
immunsuppressive Eigenschaften, welche die Hauptindikationen dieser wichtigen
Substanzengruppe darstellen. (18, 19, 14)
20
Um die Wirkung beziehungsweise vor allem die Zeitspanne bis zum Wirkeintritt und die
Dauer der Wirkung der pharmakologisch nutzbaren Corticosteroide zu verstehen, ist es
notwendig kurz auf den molekularen Wirkmechanismus dieser bedeutenden Substanzen
einzugehen. Sie wirken über eine Änderung der Transkriptionsrate von spezifischen
Genen, die für bestimmte Proteine kodieren. Dafür binden die Glucocorticoide an einen
Glucocorticoidrezeptor, der sich intrazellulär im Cytosol der Zelle in einem Komplex mit
anderen Proteinen befindet. Nach der Bindung eines Glucocorticoids kommt es zu einer
Konformationsänderung, der Rezeptor kann sich von den Proteinen lösen und in den
Zellkern wandern, wo er nun die Transkription von gewissen Genen beeinflusst. Man weiß
heute, dass Glucocorticoide einerseits über die Bindung an spezifische Abschnitte der
DNA wirken, indem sie hier Koaktivatoren der Transkription aktivieren und so die
Transkriptionsrate von speziellen Proteinen steigern. Zielgene sind hier unter anderem
Gene von Enzymen der Gluconeogenese und von β 2 -Adrenozeptoren. Andererseits können
sie aber auch wirken ohne direkt an die DNA zu binden. Dazu interagiert der
Glucocorticoidrezeptor mit seinem gebundenen Glucocorticoid-Liganden vermutlich über
direkte
Wechselwirkungen
mit
bestimmten
Transkriptionsfaktoren,
wobei
die
Transkription aber gehemmt wird. Einige dieser Transkriptionsfaktoren sind wichtig bei
Immunreaktionen und Entzündungsprozessen, sodass die Glucocorticoide vermutlich
deshalb ihre immunsuppressiven und entzündungshemmenden Eigenschaften entfalten.
Wenn ein spezifisches Gen über den Glucocorticoidrezeptor aktiviert und die Transkription
durchgeführt wurde, muss dieses Transkript noch zur mRNA umgebaut werden um wieder
ins Cytosol der Zelle zu gelangen. Dort wird es dann in den Ribosomen durch Translation
zu einem Protein, das eventuell noch weiter verarbeitet werden muss. Da diese Vorgänge
einiges an Zeit in Anspruch nehmen, haben die Glucocorticoide einen verzögerten
Wirkungseintritt, der Stunden bis Tage betragen kann. Auch die Hemmung der
Transkription braucht Zeit, weil die bereits hergestellten Proteine und die mRNA erst
abgebaut werden müssen. (19)
Ausgehend vom Cortisol hat man eine ganze Reihe synthetischer Glucocorticoide
entwickelt. Sie sind Derivate des Pregnans und sind Agonisten des Cortisols. Das heißt, sie
haben das gleiche Wirkspektrum der Glucocorticoide, nur die mineralcorticoide Wirkung
ist bei den künstlich hergestellten Substanzen geringer ausgeprägt. Daneben haben sie eine
höhere Affinität am Glucocorticoidrezeptor als ihre natürlichen Verwandten. Die orale
Bioverfügbarkeit der Corticosteroide ist sehr unterschiedlich. Manche werden sehr gut oral
21
aufgenommen, andere werden aber schon in der Leber inaktiviert, sodass sie fast keine
systemischen
Wirkungen
haben.
Diesen
hohen
First-pass-Metabolismus
einiger
Substanzen macht man sich bei der lokalen Anwendung von Corticosteroiden zu Nutze.
Zirka 90% des Cortisols liegen im Blut an Proteine gebunden vor, das meiste an ein
eigenes Transportprotein, das Corticoid-bindende Protein (CBG), ein kleiner Anteil an
Albumin und nur zirka 10% sind frei im Blut vorhanden. Dagegen werden die
synthetischen Substanzen fast gar nicht an CBG gebunden, sondern binden verstärkt an
Albumin oder zirkulieren bei höheren Konzentrationen überhaupt frei. Die Ausscheidung
der Corticosteroide wird hauptsächlich durch Metabolisierung in die Leber bewerkstelligt
und nur wenig wird unverändert renal ausgeschieden. (19)
Corticosteroide haben nun vielfältige Wirkungen, deren Zustandekommen noch nicht ganz
verstanden ist. Sie spielen eine große Rolle im Stoffwechsel, fördern Gluconeogenese und
kurbeln den Glucoseumsatz an. Daneben steigern sie den Proteinabbau, wodurch vermehrt
Aminosäuren und Harnsäure ausgeschieden werden. Das wirkt sich vor allem in einem
Katabolismus an Muskeln, Haut und Knochen aus. Zusätzlich verstärken sie die
lipolytischen Wirkungen von Catecholaminen und Wachstumshormonen und bewirken bei
zu hoher Dosierung eine Fettumverteilung am Körper, welche zu dem charakteristischen
Bild der Stammfettsucht führt, die man beim Cushing Syndrom beobachten kann. Da die
Glucocorticoide über den Glucocorticoidrezeptor auch mineralcorticoide Wirkungen
haben, können sie in gewissem Maße auch den Wasser- und Elektrolyhaushalt
beeinflussen. So erhöhen sie in der Niere die glomeruläre Filtration und die Ausscheidung
von Wasser. Weiters behindern sie die Aufnahme von Calcium über den Darm und kurbeln
die renale Ausscheidung von Calcium an. Die Effekte am Herzen sind einerseits durch die
mineralcorticoide Wirkung bedingt, wobei durch verminderte Natrium- Ausscheidung der
Blutdruck
erhöht wird.
Andererseits
verstärken die
Glucocorticoide
auch die
Kontraktionskraft des Herzens und verbessern die adrenerge Reaktion der kleinen Gefäße,
was die Durchblutung verbessert. Im ZNS wirken sie direkt erregend, die Reizschwelle für
diverse Stimuli wird herabgesetzt und im Blut kann es zu einer Umverteilung der
Zellpopulationen kommen. So nimmt die Erythrozytenzahl, Thrombozytenzahl und die
Zahl der Neutrophilen Granulozyten zu, jedoch auf Kosten der anderen Zelltypen. Dies
geschieht vermutlich aufgrund einer Verlangsamung des Abbaus dieser Zellen. Durch die
Wirkungen der Corticosteroide auf genetischer Ebene, können auch die Zellteilung und das
Wachstum beeinflusst werden. So wird allgemein die Zellteilung und Synthese der DNA
22
von Zellen verschiedener Gewebe gehemmt, z.B. bei den Fibroblasten, aber auch in der
Magenschleimhaut und der Epidermis. Die eigentliche therapeutische Anwendung der
Glucocorticoide beruht aber auf ihren hemmenden Eigenschaften auf Entzündung und
Immunsystem. Was auch immer der Entzündung zu Grunde liegt, Glucocorticoide
hemmen die frühen und späten entzündlichen Reaktionen. So wirken sie sowohl auf
Ödeme, dilatierte Kapillaren, Ablagerung von Fibrin, Leukozytenwanderung als auch auf
die Proliferation von Kapillaren und Fibroblasten und Kollagenablagerungen. Das
funktioniert, weil Glucocorticoide viele Gene für Entzündungsmediatoren hemmen und
auch
einige
Gene
für entzündungshemmende Proteine aktivieren.
Mit dieser
Entzündungshemmung geht über ähnliche Mechanismen eine Immunsuppression einher.
Auf die Atemwege wirken die Glucocorticoide nun auch stark antiphlogistisch, sie
reduzieren die Bildung von Schleim in den Bronchien und steigern die mukoziliäre
Clearance. Außerdem führen sie zu einer Verstärkung der Wirkung von β 2 Sympathomimetika. Dieser sogenannte β-permissive Effekt der Glucocorticoide kommt
durch eine Up-Regulation der β-Rezeptoren zustande. Sie sind aber selbst keine starken
Bronchodilatatoren und führen erst in sehr hohen Dosen direkt zu einer Spasmolyse in den
Bronchien. (19, 2, 12)
Auf Grund ihrer vielen Angriffspunkte und Wirkungen, haben Corticosteroide auch
dementsprechend viele Nebenwirkungen. Diese sind meist von der Dauer der
Glucocorticoideinnahme und der Höhe der Dosis abhängig. Bei einer Einmalgabe, auch
von höchsten Dosen, treten erfahrungsgemäß selten Nebenwirkungen auf. Prinzipiell sollte
man immer darauf achten, systemisch wirkende Corticosteroide nur so lange wie
notwendig zu verabreichen und vor allem bei längerer Gabe höherer Dosen die Substanz
wieder langsam auszuschleichen. Bekannteste unerwünschte Wirkungen bei langer Dauer
der Glucocorticoidtherapie sind das iatrogene Cushing Syndrom, eine plötzliche
Verschlechterung
der
Grundkrankheit
bei
zu
schnellem
Absetzen,
ein
Corticoidentzugssyndrom mit Fieber, Krankheitsgefühl, Muskel- und Gelenksschmerzen,
sowie im schlimmsten Fall eine lebensbedrohliche akute Nebenniereninsuffizienz. Zu
dieser fatalen Nebenwirkung kommt es, weil der Regelkreis der HypothalamusHypophysen-Nebennierenachse durch die Glucocorticoidtherapie gehemmt wird und die
Nebennierenrinde ohne Stimulus atrophiert und selbst keine Hormone mehr herstellt.
Weitere unerwünschte Wirkungen leiten sich von den Wirkungen der Glucocorticoide ab.
Dazu
zählen Diabetes,
Muskelschwund
und
Fettstammsucht,
Osteoporose
und
23
Hypokalzämie, Hypertonie, Entstehung eines Katarakts, Euphorie bis Dysphorie und
motorische Unruhe, Schlafstörungen, Depressionen, erhöhte Infektanfälligkeit aufgrund
der Immunsuppression sowie diverse lokale Nebenwirkungen. Bei Kindern muss man
besonders darauf achten, dass bei längerer Gabe hoher Dosen mentale Retardierung und
eine Hemmung des Wachstums die Folge sein können. Zu den wichtigsten lokalen
Nebenwirkungen bei chronischer inhalativer Anwendung von Corticosteroiden gehören
Heiserkeit durch eine Myopathie der Muskulatur des Kehlkopfs, Mundtrockenheit und
Husten. Weiters kommt es nicht selten zu Pilzinfektionen durch Candida in Mund und
Rachen, weil dieser Bereich hohen Arzneistoffkonzentrationen ausgesetzt ist und durch
Reste der Substanz im Mundbereich die immunsupprimierende Wirkung der Medikamente
zum Tragen kommt. Um das zu verhindern, sollte man den Mund gleich nach der
Anwendung immer mit Wasser ausspülen oder die Medikation vor den Mahlzeiten
applizieren. (8, 2, 19)
In der Behandlung der COPD können inhalative und orale Corticosteroide eingese tzt
werden. Hauptsächlich werden inhalative Substanzen angewendet und zwar meist in fixen
Kombination mit einem Bronchodilatator.
Substanz
Applikationsform
Wirkdauer
Dosieraerosol&
variabel
inhalative
Beclomethason
Pulverinhalator
Budesonid
Pulverinhalator
variabel
Fluticason
Dosieraerosol&
variabel
Pulverinhalator
orale
Prednison
Tablette
variabel
Methyl-Prednisolon
Tablette
variabel
Tab. 7 Corticosteroide in der COPD-Medikation (nach den internationalen Guidelines der
GOLD)
24
4.3.1
Inhalative Corticosteroide
Die lokal angewendeten inhalierbaren Glucocorticoide sind in der längerfristigen Therapie
der COPD gegenüber den oralen Präparaten Mittel der Wahl. Sie hemmen die Entzündung
in den Atemwegen, haben aber selbst keine ausreichende bronchodilatatorische Wirkung
und der Wirkeintritt kann erst nach Tagen erfolgen, sodass sie für die Therapie in der
akuten Exazerbation nicht geeignet sind. Der Erfolg der Behandlung hängt hier auch sehr
von der richtigen Inhaliertechnik, der regelmäßigen Anwendung und der Compliance der
Patienten ab. Es gibt aber auch Inhalationshilfen, sogenannte „Spacer“, die helfen sollen,
dass die Arzneistoffe auch wirklich nach intrabronchial gelangen. Bei Verschlucken der
Substanz sind jedoch nur minimale bis keine systemischen Wirkungen aufgrund des hohen
first-pass-Metabolismus zu erwarten. (2, 14)
Budesonid (z.B. Pulmicort®)
Ein häufig verwendetes inhalatives Glucocorticoid ist Budesonid (siehe Tab 7.). Die
gebräuchliche Dosis liegt bei 0,4 bis 0,8mg pro Tag per Pulverinhalator. Bei richtiger
Inhalation gelangen 10% bis 20% bis in die Alveolen. Wenn es über die
Bronchialschleimhaut resorbiert und systemisch aufgenommen wird, werden sofort 90% an
Plasmaproteine gebunden. Zudem werden auch 90% über den First-pass-Effekt der Leber
sofort metabolisiert, weshalb Budesonid hauptsächlich hepatisch und nur geringfügig über
die Niere ausgeschieden wird. Es hat also vorwiegend eine lokale Wirkung und wirkt nur
sehr gering systemisch. In den Atemwegen hat es antientzündliche, antiexsudative und
antiödematöse Wirkungen. Als Nebenwirkungen kommen am häufigsten die typischen
oben
beschriebenen
lokalen
Glucocorticoidnebenwirkungen
wie
Heiserkeit
und
Pilzinfektionen in der Mundhöhle vor. (2, 20)
4.3.2
Systemische Corticosteroide
Für die systemische Glucocorticoidtherapie wird eine orale Dauertherapie mit niedrig
dosierten Glucocorticoiden bevorzugt. Die Substanzen, die meist in Tablettenform
eingenommen werden, haben eine hohe orale Bioverfügbarkeit (siehe Tab 7.). Es gibt aber
auch wasserlösliche Substanzen, die für die intravenöse Gabe zur Verfügung stehen. Diese
kommen meist nur bei akuter, schwerer Dekompensation der COPD zum Einsatz. Jedoch
wird generell in der Behandlung der COPD von der längerfristigen Gabe von systemischen
Glucocorticoiden abgeraten, da sie sehr viele Nebenwirkungen haben und außerhalb der
25
akuten Exazerbation keine Vorteile gegenüber anderer COPD-Medikation aufweisen. (19,
1, 21)
®
Methylprednisolon (z.B. Urbason )
Ein typisches synthetisches Glucocorticoid für die systemische Anwendung bei COPD ist
Methylprednisolon. Es wird bei akuten Verschlechterungen der COPD für eine maximale
Behandlungsdauer von 10 Tagen empfohlen. Die Dosis beträgt zu Beginn 32 bis 40mg
täglich, die einmalig morgens bis 8 Uhr eingenommen werden sollte. In der Folge sollte
die Dosis alle 4 Tage um etwa 8mg reduziert werden. Die orale Bioverfügbarkeit ist mit
89% hoch. Die höchsten Konzentrationen im Serum finden sich nach zirka 1 ½ Stunden
und die Plasmahalbwertszeit beträgt 2 bis 3 Stunden. Die Dauer der Wirkung ist durch den
komplexen Wirkmechanismus der Glucocorticoide oft um einiges länger und beträgt um
die 12 bis 36 Stunden. Die Elimination erfolgt, wie für die anderen Glucocorticoide üblich,
durch Metabolisierung in der Leber. Die hormonell inaktiven Metaboliten werden großteils
über die Niere ausgeschieden. Die Nebenwirkungen sind die üblichen für die systemische
Applikation von Glucocorticoiden (siehe 4.3 Corticosteroide). (22)
Im Gegensatz zur Therapie des Asthma bronchiale, spielen Glucocorticoide bei der
Behandlung der COPD nur eine untergeordnete Rolle. Wie auch in den Empfehlungen der
Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD) ersichtlich, sollten sie nur
bei spezieller Indikation oder kombiniert mit Bronchodilatatoren zur Anwendung kommen
(siehe 3.2 Corticosteroide und Phosphodiesterase-4-Inhibitoren-Empfehlungen).
Inhalativ sollte man sie erst bei höherem Schweregrad der COPD anwenden und oral
beziehungsweise intravenös nur bei akuten Exazerbationen der COPD. Der Grund dafür ist
die geringe Wirksamkeit und die hohe Nebenwirkungsrate der Glucocorticoidgabe bei der
Dauertherapie COPD. (14)
4.4 Phosphodiesterase-4-Inhibitoren
Diese Substanzen sind speziell zur Therapie der COPD entwickelt worden und hemmen
selektiv die Phosphodiesterase 4. Im Gegensatz zu Theophyllin, das zu einer unselektiven
26
Hemmung der Phosphodiesterasen führt, versucht man hier speziell die Phosphodiesterase
4 zu hemmen, weil es das dominierende Isoenzym in einem Großteil von
Entzündungszellen ist, welche in der Entwicklung der COPD eine Rolle spielen. Sie gehört
zu einer Gruppe von Enzymen, den Phosphodiesterasen, die den Abbau von cAMP und
anderen second messengern in Gang bringen. Die Entzündungsreaktion bei COPD führt zu
einer Aktivierung von Makrophagen und Epithelzellen in den Atemwegen, die Lockstoffe
für Neutrophile Granulozyten und T-Lymphozyten aussenden. Diese Zellen sondern eine
Reihe von Proteasen und Enzymen ab, unter anderem auch Phophodiesterase 4. Die
Phosphodiesterase-4-Inhibitoren verhindern nun durch die Hemmung dieses Enzyms den
Abbau von cAMP und führen damit zu einer intrazellulären Akkumulation desselben. Man
geht davon aus, dass dieser Anstieg von cAMP in der Zelle die Ausschüttung von
Entzündungsmediatoren hemmt. PDE-4-Hemmer haben aber im Gegensatz zu der
entzündungshemmenden Wirkung nur schwache bronchodilatatorische Effekte. Es wurde
nachgewiesen, dass die Ausschüttung von Phosphodiesterase 4 aus den Makrophagen bei
Patienten mit leichter bis moderater COPD im Vergleich zu gesunden Patienten oder
Rauchern ohne COPD gesteigert ist. Man weiß auch, dass Phophodiesterase-4-Inhibitoren
die durch das Rauchen ausgelöste Rekrutierung von Neutrophilen Granulozyten und die
Freisetzung von entzündungsfördernden Lockstoffen abschwächen und dadurch die
Entwicklung eines Lungenemphysems hemmen. (2, 13, 16, 23)
Substanz
Applikationsform
Wirkdauer
Roflumilast
Tablette
24 Stunden
Tab. 8 Phosphodiesterase-4-Inhibitoren
internationalen Guidelines der GOLD)
in
der
COPD-Medikation
(nach
den
Roflumilast (z.B. Daxas ®)
Roflumilast ist der einzige in Europa zurzeit zugelassene PDE-4-Hemmer. Es soll erst bei
einer COPD mit einem forcierten exspiratorischen Volumen in der ersten Sekunde (FEV1)
unter 50% des Sollwertes sowie häufigen Exazerbationen angewandt werden. Es hemmt
inflammatorische Zellen wie Neutrophile Granulozyten und Lymphozyten und dere n bei
COPD vermehrt exprimierten Sekretionsprodukte wie IL-8 und Elastasen. Roflumilast
wird oral in einer Dosierung von 0,5mg pro Tag als Tablette eingenommen. Die
27
Bioverfügbarkeit beträgt zirka 80% und die Plasmahalbwertszeit liegt ungefähr bei 17
Stunden. Daneben ist metabolisiertes Roflumilast ebenfalls noch durch seinen N-OxidMetaboliten wirksam, welcher eine Halbwertszeit von 30 Stunden hat. Die Ausscheidung
erfolgt hauptsächlich über die Niere. (2, 13, 23)
Roflumilast
hat
aber
einige
dosisabhängige
Nebenwirkungen,
die
häufigsten
unerwünschten Wirkungen betreffen den Gastrointestinaltrakt mit Durchfall, Übelkeit,
Appetitsverlust und daraufhin auch Gewichtsverlust. Diese sind auch der häufigste Grund
für einen Therapieabbruch seitens der Patienten. Daneben kommen aber auch häufiger
Kopfschmerz, Rückenschmerzen, Schlaflosigkeit, und Schwindel vor. Es wurde aber auch
von einigen psychiatrischen Nebenwirkungen wie Angstgefühlen, Depression und
Suizidgedanken berichtet. (13, 23)
4.5 Kombinationspräparate
Kombinationspräparate, die verschiedene für die COPD eingesetzte Einzelsubstanzen
enthalten, gibt es in der COPD-Behandlung schon lange. Hier wird nur kurz auf die
erprobten und von der GOLD für die aktuelle Behandlung der COPD empfohlenen
Kombinationen eingegangen. Grundsätzlich kommen Kombinationspräparate erst bei
fortgeschrittener COPD ab einer FEV1 von unter 60% zum Einsatz, wenn die
Einzelsubstanzen keinen ausreichenden Therapieerfolg mehr zeigen. Kommt es zu
anhaltender Dyspnoe trotz einer inhalativen Monotherapie mit Bronchodilatatoren, sollte
man zwei Substanzen aus zwei verschiedenen bronchodilatatorischen Substanzgruppen
einsetzen. In Frage kommt dabei hauptsächlich eine Kombination von β 2 -Agonisten und
Anticholinergika. Die gängigsten auf dem Markt befindlichen und von der GOLD
empfohlenen Fixkombinationen sind
in Tab.9. dargestellt.
Bei fortgeschrittener
Erkrankung, häufigen Exazerbationen der COPD und einer FEV1 von unter 60% sollte
man inhalative Corticosteroide mit Bronchodilatatoren kombinieren. Die Verbindung von
β2 -Agonisten und inhalativen Corticosteroiden zeigt synergistische Effekte, wie den βpermissiven Effekt, der schon bei den Corticosteroiden beschrieben wurde (siehe 4.3
Corticosteroide).
Fixkombinationen.
Desweiteren erhöht sich die Compliance der Patienten bei
Kombinationen
von
langwirksamen
Anticholingergika
und
inhalierbaren Corticosteroiden sind noch unzureichend erforscht und die klinischen Effekte
28
unbekannt. Trotzdem sollte in der bedarfsorientierten Therapie laut Stufenplan eine
bestehende Gabe von Anticholinergika fortgeführt werden. (16, 25)
4.5.1
Kombination β2 -Agonist plus Anticholinergikum
Der Grund warum man zwei Bronchodilatatoren wie β2 -Agonisten und Anticholinergika
kombiniert, liegt in den verschiedenen Angriffspunkten der Substanzen. Der Tonus der
Atemwegsmuskulatur wird von beiden, dem sympathischen und parasympathischen
Nervensystem reguliert. Die Interaktionen zwischen diesen beiden Systemen sind zwar
noch nicht ganz verstanden, aber man geht davon aus dass diese Kombinationn durch das
Zusammenwirken zweier Angriffspunkte größere Effekte erzielt. Zum Einen vermindert
der β2 -Agonist die Ausschüttung von Acetylcholin über eine Modulation der cholinergen
Neurotransmission und führt dadurch zu einer Verstärkung der muskelrelaxierenden
Wirkung von Anticholinergika. Zum anderen vermindert das Anticholinergikum die
bronchokonstriktorischen
Effekte
des
Acetylcholins
und
verstärkt
somit
die
bronchodilatatorische Wirkung des β2 -Agonisten, der direkt die glatten Muskelzellen
stimuliert. Eine weitere Möglichkeit für das gute Zusammenwirken ist die Tatsache, dass
Anticholinergika, aber nicht die β2 -Agonisten, die Schleimsekretion hemmen. Das Risiko
einer dadurch entstehende Oberflächenspannungsänderung in den Atemwegen, welche zu
einem Kollaps der Atemwege führen könnte, wird dadurch vermindert. (16)
Substanz
Applikationsform
Wirkdauer
Fenoterol/Ipratropium
Dosieraerosol
6 bis 8 Stunden
Salbutamol/Ipratropium
Dosieraerosol
6 bis 8 Stunden
Tab. 9 Kombination β2 -Agonisten plus Anticholinergikum in der COPD-Medikation (nach
den internationalen Guidelines der GOLD)
4.5.2
Kombination β2 -Agonist plus inhalierbares Corticosteroid
Die Verwendung von inhalativen Corticosteroiden in der Behandlung der COPD hat sich
zunehmend etabliert. Vor allem symptomatische Patienten erfahren durch eine
Symptomenverbesserung wie Verminderung der Atemnot und Verringerung von
Exazerbationen eine Verbesserung der Lebensqualität. Entzündungsreaktionen spielen eine
29
wichtige Rolle in der Pathogenese der COPD (siehe 2. Pathomechanismus und Entstehung
der COPD am Beispiel des Rauchers). Zusätzlich zu den anti-entzündlichen Wirkungen der
Corticosteroide sind für die Kombination von β 2 -Agonisten und Corticosteroiden weitere
zusammen wirkende Effekte beschrieben worden. Man geht davon aus, dass durch die
Stimulierung von β2 -Adrenorezeptoren durch die β2 -Agonisten eine Art Vorbereitung des
Glucocorticoidrezeptors geschieht und dass es auch zu einer vermehrten Translokation
dieses Rezeptors in den Zellkern führt. Dadurch verstärken sich die anti- inflammatorischen
Effekte der inhalativen Corticosteroide zusätzlich. Daneben spielt der bereits erwähnte βpermissive Effekt der Glucocorticoide durch eine Up-Regulation der β-Rezeptoren auch
eine wichtige Rolle in dem guten Zusammenspiel dieser beiden Substanzgruppen. (16)
Substanz
Applikationsform
Wirkdauer
Formoterol/Budesonid
Dosieraerosol&
variabel
Pulverinhalator
Formoterol/Mometason
Dosieraerosol
variabel
Salmeterol/Fluticason
Dosieraerosol&
variabel
Pulverinhalator
Tab. 10 Kombination β2 -Agonisten plus inhalierbare Corticosteroide in der COPDMedikation (nach den internationalen Guidelines der GOLD)
4.6 Mögliche neue Bronchodilatatoren
Die Phosphodiesterase-4-Inhibitoren sind bis heute die einzig wirklich validierte und
zugelassene neue Substanzgruppe im Einsatz für die Behandlung der COPD. Als Ausblick
auf neue Bronchodilatatoren werden hier einige neue mögliche Ansätze vorgestellt.
4.6.1
K+-Kanal-Öffner
In der glatten Muskulatur der Atemwege spielen Kalium-Kanäle eine wichtige Rolle in der
Regulation der Kontraktilität.
Eine Aktivierung dieser Kanäle führt zu einer
Hyperpolarisation, welche verhindert dass Ca 2+ durch die spannungsabhängigen
Kalziumkanäle in die Zelle transportiert werden kann. Dadurch kommt es zu einer
30
Relaxation der glatten Muskelzellen. Kalium-Kanal-Modulatoren könnten deshalb einen
Nutzen in der Behandlung der COPD bringen. Jedoch kann man diese in der Behandlung
noch nicht einsetzen, da sie zwar in vitro zu einer Bronchodilatation führen, aber noch viel
potenter vasodilatatorisch wirken, sodass eine sichere Dosierung bis jetzt nicht möglich ist.
(16)
4.6.2
VIP-Agonisten
Das Vasoaktive Intestinale Peptid (VIP) ist ein wichtiger Transmitter im zentralen und
peripheren Nervensystem. Es ist auch in der menschlichen Lunge reichlich vorhanden,
man hat VIP-reaktive Nervenenden in der glatten Muskulatur und in den Drüsen der
Atemwege gefunden, so wie auch in pulmonalen und bronchialen Gefäßen. Der
bronchodilatatorische Effekt von VIP
über G-Protein- gekoppelte Rezeptoren ist
hundertmal so stark wie der eines adrenergen β-Mimetikums. Leider kann man VIPAgonisten bis jetzt in der Klinik aus mehreren Gründen nicht einsetzen, primär wegen ihrer
kurzen Plasmahalbwertszeit. Weiters würde es bei intravenöser Gabe zwar zu einer
enormen Bronchodilatation kommen, aber auch zu einer Vasodilatation, die nicht
erwünscht ist. Bei inhalativer Gabe werden sie zudem sofort von in der Lunge befindlichen
Proteasen abgebaut. Dafür hat man zwar einige Protease-resistente VIP-Analoga
entwickelt, jedoch haben viele auch nur eine sehr kurze Wirkdauer, sodass bis jetzt noch
keines einsetzbar ist. (16)
4.6.3
Rho-Kinase-Inhibitore n
Die Rho-Kinase bewirkt eine Bronchokonstriktion über verschiedene Mechanismen. Man
hat festgestellt, dass die durch cholinerge Stimulation ausgelöste Kontraktion teilweise auf
einer Aktivierung der Rho-Kinase beruht. Man geht davon aus, dass die Rho-Kinase in
verschiedenen Prozessen der Signalübertragung eine Rolle spielt. Durch eine Hemmung
der Rho-Kinase kann man kontraktile Antworten, durch die Spasmen ausgelöst werden,
verringern. Dieser Signalweg und die Wirkungen dieser Substanzen sind noch nicht
vollständig verstanden, was einem Einsatz bei COPD bis dato noch in die Ferne rückt. (16)
31
4.6.4
BNP und Analoga
Das Brain Natriuretic Peptide (BNP) gehört, wie das Atrial Natriure tic Peptide (ANP) und
das C-Typ Natriuretic Peptide zu einer Gruppe von Peptiden, die eine wichtige Bedeutung
in der Physiologie des renalen und kardiovaskulären Systems haben. Teilweise agieren
Guanylylcyclasen (cGMP) als Rezeptoren für Natriuretische Peptide und andere Peptide
im Plasma. cGMP hat einige Parallelen zu der Adenylylcyclase (cAMP) in den glatten
Muskelzellen der Atemwege. Beide regulieren deren konstriktorische und proliferative
Funktionen und führen bei Erhöhung der Konzentration durch eine Verringerung des
intrazellulären Ca+ zu einer Relaxation. Man hat herausgefunden, dass BNP einen zeit-und
konzentrationsabhängigen Anstieg von cGMP in den Zellen der glatten Muskulatur der
Atemwege bewirkt. Aber nicht alle Studien unterstützen den cGMP-Signalweg und es
werden immer mehr mögliche andere Signalwege gefunden. Daneben vermutet man, dass
auch die Antworten auf cholinerge und histaminerge Reize verringert werden. Bis jetzt
liegen leider nur Forschungsergebnisse von in vitro-Untersuchungen vor. (16)
4.6.5
NO-Donatoren
Stickstoffmonoxid hat bronchodilatierende Eigenschaften und kommt auch vermehrt im
Lungengewebe vor, es wirkt aber auch sehr stark relaxierend an der glatten
Gefäßmuskulatur. Deshalb ist man bemüht, geeignete NO-Donatoren zu entwickeln, die
minimale Effekte an der Gefäßmuskulatur haben. Die Hauptvertreter der NO-Donatoren,
die man schon länger in der Kardiologie nutzt, wie Nitroprussid und Nitrogycerin, haben
bekannte unerwünschte Wirkungen wie Tachykardie und schnelle Toleranzentwicklung
und auch andere NO-Donatoren wie die Sydnonimine haben einen geringen
therapeutischen Index. Zurzeit sind eine Reihe weiterer NO-Donatoren in Entwicklung, die
einen gezielteren Angriffspunkt haben sollen. Die größte Herausforderung ist aber zurzeit
noch eine ausreichend hohe Konzentration von NO spezifisch in den Lungen aufzubauen
und zugleich keine unerwünschten Wirkungen, vor allem im kardiovaskulären Bereich,
hervorzurufen. (16)
4.6.6
Prostaglandin-E-Rezeptor-4-Agonisten
Prostaglandine haben Einfluss in verschiedenen Bereichen des menschlichen Körpers und
sie entfalten ihre Wirkung an unterschiedlichen E-Prostaglandinrezeptoren (EP). Man hat
32
herausgefunden, dass Prostaglandin E2 bronchodilatorische Effekte bei Asthma hat.
Daneben führt es bei Inhalation aber auch zu Husten und retrosternalem Brennen. Man
nimmt an, dass diese unerwünschten Effekte hauptsächlich über den EP 3 -Rezeptor
vermittelt werden, wogegen der EP 4 -Rezeptor für eine Relaxation der glatten Muskulatur
in den Atemwegen verantwortlich ist. Eine Stimulation des EP 4 -Rezeptors mit PGE2 führt
zu einer direkten Stimulation der Adenylylcyclase und in weiterer Folge zu einer Erhöhung
von cAMP. Deshalb glaubt man, dass zukünftig potente selektive Prostaglandin- ERezeptor-4-Agonisten
mit
hohem
therapeutischem
Potential
ohne
wesentliche
Nebenwirkungen zum Einsatz kommen könnten. (16)
4.6.7
Bitterstoff-Rezeptor-Agonisten
Zudem hat man herausgefunden, dass auch Bitterstoffrezeptoren ein möglicher neuer
Ansatzpunkt
für
die
bronchodilatorische
Therapie
bei
COPD
sein
könnte n.
Bitterstoffrezeptoren sind Chemorezeptoren, die Geschmackseindrücke an das Gehirn
weiterleiten und in bitteren Geschmack vermitteln. Genau diese hat man vermehrt in der
glatten Muskulatur der Atemwege gefunden. Wenn sie aktiviert werden, führen sie über
einen Ca2+-anhängigen Mechanismus zu einer Relaxation. Rezeptoragonisten würden eine
mögliche neue Klasse von direkten Bronchodilatatoren darstellen. Mögliche Vetreter
wären Saccharin, Chloroquin, Denatonium und Quinin. Quinin wird in geringen Dosen
gegen Muskelkrämpfe eingesetzt und hat im Vergleich zum Placebo keine wesentlichen
Nebenwirkungen gezeigt. Deshalb wird in Erwägung gezogen Quinin als Inhalation zu
entwickeln, um weitere Nachforschungen im Einsatz als Bronchodilatator anstellen zu
können. (16)
4.7 Weitere Therapie möglichkeiten
4.7.1
Mukolytika
Schleimlösende Substanzen wie Ambroxol, Carbocystein oder N-Acetylcystein sind in der
Behandlung der COPD nicht empfohlen. Man konnte feststellen dass sie keine
verbessernden Effekte auf die COPD oder auf Exazerbationen haben, obwohl manche
Patienten mit zähem Sputum davon profitieren können. Allerdings gibt es für N-
33
Acetylcystein Hinweise, dass es antioxidativ wirkt und dadurch einen günstigen Einfluss
haben könnte. (6)
4.7.2
Antitussiva
Sie hemmen den Hustenreflex über eine Unterdrückung des Hustenzentrums im
Stammhirn. Husten hat eine bedeutende schützende Rolle im Atmungssystem, da es für
einen Abtransport des Schleims aus den Bronchien sorgt. Antitussiva wie Codein,
Dihydrocodein, Nascapin und Dextromethorphan sollten deshalb nur bei trockenem
Reizhusten gegeben werden. Bei stabiler COPD verabreicht man, wenn möglich, keine
Husten- hemmenden Mittel, auch wenn der Husten manchmal als lästig und störend
empfunden werden kann. (8)
4.7.3
Makrolide
Man hat festgestellt, dass Makrolide unabhängig von den antimikrobiellen Eigenschaften
auch immunmodulatorische Effekte haben. Die Wirkung scheint bei Patienten mit COPD
unabhängig von einer Immunsuppression oder Entzündungshemmung zu sein. Der Effekt
der Makrolide scheint auf einer nicht-linearen Neueinstellung der entzündlichen Antwort
zu beruhen, indem Funktionen des Immunsystems modifiziert oder reguliert werden.
Immunmodulation heißt hier Downregulation eines gesteigerten Immunsystems oder der
Entzündung ohne die normale Immunantwort gegen Infektionen zu beeinflussen. So
kommt
es
zu
einer Verminderung der Produktion
von
proinflammatorischen
Entzündungsmediatoren, vermutlich auch selteneren Exazerbationen und zu der Hemmung
einer übermäßigen Schleimproduktion in den Atemwegen, ohne die physiologische
Sekretion zu beeinträchtigen. Für diese immunmodulierenden Effekte ist nur eine geringe
Dosis notwendig. Allerdings besteht aber durch eine solche Langzeitanwendung von
Makroliden die Gefahr der Entwicklung von Resistenzen unter den gram-positiven
Bakterien. Darum versucht man neue Makrolide zu entwickeln, die keine antimikrobiellen
Eigenschaften haben, wohl aber die immunmodulatorischen Effekte vermitteln, damit das
Risiko der Resistenzentwicklung vermindert werden kann. (25)
34
4.7.4
Impfungen und andere Antibiotika
Patienten mit COPD leiden häufig an Infekten der Atemwege, oft besteht auch eine
asymptomatische
Besiedlung
der
Atemwege
mit
pathologischen
Erregern.
B
Bakterienstämme wie Streptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae und Moraxella
catarrhalis werden mit gehäuften COPD-Exazerbationen assoziiert. Es soll aber prinzipiell
nur bei begründetem Verdacht auf eine bakterielle Superinfektion der Atemwege
entsprechend antibiotisch behandelt werden. Studien haben erwiesen, dass eine
prophylaktische längerfristige Gabe von Antibiotika nicht von Vorteil ist. Eine Senkung
der Häufigkeit von Exazerbationen konnte nicht eindeutig nachgewiesen werden und auch
aufgrund
der
Nebenwirkungen
ist
eine
vorbeugende
Antibiotikagabe
nicht
empfehlenswert. Da aber Infektionen für Patienten, die ohnehin schon mit den Atemwegen
Probleme haben, sehr gefährlich werden können, werden vorsorglich entsprechende
Impfungen empfohlen. Eine Impfung gegen Influenza kann sich positiv auswirken, da man
zeigen konnte, dass sie das Auftreten ernsterer Infekte im unteren Atmungstrakt reduzieren
kann. Weiters sollten alle COPD-Patienten eine Impfung gegen Pneumokokken in
Anspruch nehmen. Diese verhindert wirkungsvoll die häufigste Form einer bakteriellen
Pneumonie. (1, 2, 6)
4.8 Lungenre habilitation
Unter Lungenrehabilitation versteht man eine evidenzbasierte, multidisziplinäre und
umfassende Intervention für Patienten mit COPD, die symptomatisch sind und dadurch
eine Einschränkung ihres täglichen Lebens erfahren. Mittlerweile stellt sie einen festen
Bestandteil im klinischen Management von Patienten mit COPD dar, deren Symptome und
Lungenfunktionseinschränkung sich trotz medikamentöser Therapie nicht ausreichend
verbessern. Trotz der Versuche der Patienten sich ein geeigneteres Atemmuster
anzugewöhnen, sind die Patienten bei körperlicher Belastung mit akuter Steigerung des
ventilatorischen Bedarfs meist überfordert. Man konnte zeigen, dass eine akute und
chronische
Überblähung
der
Lungen
zu
einer
Belastungsdyspnoe,
reduzierter
ventilatorischer Kapazität und verschlechterter körperlicher Leistungsfähigkeit beiträgt.
Weiters steigert eine unökonomische Atemtechnik den ohnehin schon erhöhten
ventilatorischen Bedarf, der für die Beibehaltung des Gleichgewichts der Blutgase
notwendig ist. Darüber hinaus führt eine mit dem Fortschreiten der Erkrankung assoziierte
Reduktion der körperlichen Aktivität und psychische Probleme,
zusätzlich zu
35
Beeinträchtigungen.
Dazu
zählen
eine
Abnahme
der
Muskelmasse,
kardiale
Beeinträchtigungen, skelettale und sensorische Defizite, Malnutration, Schlafstörungen
und psychische Störungen wie Angst und Depression. Psychische Störungen treten oft
gemeinsam mit der COPD auf und können auch schon bei nur leichten Symptomen und
leichter Lungenfunktionseinschränkung in Erscheinung treten. Die Bestandteile einer
pulmonalen Rehabilitation variieren, ein umfassendes Programm sollte zumindest 6
Wochen dauern
und
körperliches
Training,
Patientenschulungen,
Atemübungen,
Ernährungstherapie, Raucherentwöhnung und eine psycho-soziale Betreuung beinhalten.
Ziele sind, die Symptome zu reduzieren, die Lebensqualität zu verbessern sowie die
physische und emotionale Bewältigung und Teilnahme an alltäglichen Aktivitäten zu
optimieren. In einer Reihe von Studien wurden die Auswirkungen der pulmonalen
Rehabilitation untersucht. Dadurch konnten wesentliche Vorteile für COPD-Patienten
sowie eine Verbesserung beinahe aller oben genannten Beeinträchtigungen nachgewiesen
werden. Deshalb ist die pulmonale Rehabilitation eine wichtige therapeutische Option, um
gemeinsam mit der pharmakologischen Therapie ein optimales Management von Patienten
mit COPD zu erreichen. (6, 42)
Abb. 3 Gründe einer Lungenrehabilitation bei Patienten mit COPD
36
5. Ausgewählte Substanzen der COPD-Therapeutika und ihre
Effektivität in einer Verbesserung des Lungenfunktionsabfalls
und/oder Senkung der Mortalität
COPD ist eine prinzipiell vermeidbare und behandelbare Erkrankung mit persistierender
Lungenfunktionseinschränkung, wobei das Verhältnis der FEV1 durch FVC (forcierte
Vitalkapazität) nach Bronchodilatatorgabe unter 0,7 beträgt. Daneben kommt es durch
schädliche Umwelteinflüsse vermehrt zu chronisch-entzündlichen Reaktionen in den
Atemwegen. (26) Der normale Abfall der FEV1 bei gesunden Personen beträgt im
Durchschnitt ungefähr 30ml pro Jahr. Dagegen beträgt der Abfall der FEV1 bei Patienten
mit COPD nach Bronchodilatatorgabe, die nur Placebo erhalten, zwischen 47ml und 69ml
im Jahr. (27) Zurzeit gibt es leider keine heilende Behandlung für die COPD, wenn die
Diagnose einmal gestellt ist, sind die Schäden meist schon irreversibel. Deshalb ist man
bemüht, die belastenden Symptome der COPD so gut wie möglich zu bekämpfen und
damit die Lebensqualität zu verbessern. Zurzeit ist die einzig sicher nachgewiesene
effektive Maßnahme, die zu einer Verlangsamung des Lungenfunktionsabfalls und einer
Senkung der Mortalität führt, die Einstellung des Rauchens. Durch die pharmakologischen
Therapiestrategien kann eine Verlangsamung des bei der COPD typischen progredienten
Lungenfunktionsabfalls erreicht werden. Dazu hat eine kürzlich publizierte Studie von
Tantucci und Modina spirometrische Daten von Patienten mit COPD untersucht, die in 14
neueren Studien ein Placebo erhielten, um den Abfall der FEV1 in den vier Stadien der
GOLD-Klassifikation des Lungenfunktionsabfalls bei COPD-Patienten zu analysieren.
Dabei hat man herausgefunden, dass der Verlust der Lungenfunktion, gemessen an der
FEV1 , in den früheren Stadien der COPD schneller vor sich geht als in den späteren
(vergleiche dazu Tab.1 und Abb.4). Außerdem gibt es Hinweise, dass gewisse Substanzen
eine Senkung der Mortalität bei COPD-Patienten bewirken. Anhand der derzeitigen
Studienlage werden deshalb ausgewählte Arzneistoffe als Vertreter ihrer Substanzgruppen
sowie Kombinationspräparate in Bezug auf die Verlangsamung des Abfalls des forcierten
exspiratorischen Volumens in der ersten Sekunde (FEV1 ) und eine mögliche
Mortalitätssenkung veranschaulicht. (26, 28)
37
Abb. 4 Jährlicher Abfall der FEV1 bei COPD-Patienten gemäß der Schwere der
Erkrankung
5.1 β2-Agonisten mit de m Beispiel Indacaterol
Indacaterol ist der erste nur einmal täglich anzuwendende LABA und wird durch seinen
schnellen Wirkeintritt und die lange Wirkdauer auch gerne als das „ultra-LABA“
bezeichnet (siehe Seite 15). Man hat herausgefunden, dass Indacaterol durchaus zu einer
Verbesserung der FEV1 führt. Gegenüber Placebo steigt die FEV1 fünf Minuten nach der
Anwendung um 120 bis 130ml. Sogar im Vergleich zu Tiotropium war Indacaterol um
80ml in der FEV1 überlegen. Es hat sich herausgestellt, dass die minimal effektive Dosis
von Indacaterol bei 75μg liegt, aber eine höhere Dosis von 150μg bis 300μg eine noch
bessere bronchodilatatorische Wirkung hat, ohne auschlaggebende Nebenwirkungen zu
verursachen. Auch die subjektiven Angaben über die Luftnot und die Lebensqualität haben
sich in Patienten-zentrierten Befragungen bei Anwendung von Indacaterol gegenüber
Tiotropium deutlicher verbessert. Es gibt auch Studien, die Indacaterol mit Kombinationen
von anderen LABA plus ICS verglichen haben. Dabei wirkte die einmal tägliche Gabe von
Indacaterol als Monotherapie gleich gut wie eine zweimalige Gabe von FormoterolBudesonid oder Salmeterol-Fluticason betreffend die Lungenfunktion, Luftnot und
38
Gesundheitszustand. (28) Bezüglich einer Mortalitätssenkung gibt es zu Indacaterol zurzeit
noch wenige Untersuchungen. Ganz im Gegenteil, man ging sogar teilweise davon aus,
dass eine Monotherapie allgemein mit LABA die respiratorische Mortalität erhöhen kann.
Diese Annahme wurde jedoch von der viel größer angelegten TORCH-Studie widerlegt.
(30) 2007 gab es eine große randomisierte Studie, in welcher auch die Mortalität zwischen
LABA und Placebo untersucht wurde. Dort hat man diesbe züglich aber keine Reduktion
der Sterblichkeit feststellen können. Jedoch gibt es eine neuere 2013 veröffentlichte
Untersuchung, die Daten von Patienten mit schwerer COPD und LABA-Therapie
gesammelt und in einem follow-up über 6 bis 10 Jahre auf eine Reduktion der Mortalität
untersucht hat. Dabei konnte man eine Senkung der Sterblichkeit bei Patienten mit LABATherapie, vor allem mit Salmeterol im Vergleich zum Placebo feststellen. Da es jedoch
keine randomisierte Studie war, der Typ des LABA nicht eindeutig festgelegt worden war
und einige Patienten im Laufe der Beobachtung von ihrer Therapie abwichen, wären
genauere spezifischere Studien in Zukunft wichtig, um eine klare Aussage über eine
etwaige Mortalitätsenkung treffen zu können. (29) Insgesamt ist der langwirksame β2 Agonist Indacaterol effektiv und sicher in der Anwendung bei COPD und kann
möglicherweise die traditionellen LABAs ersetzen. Daneben kann man ihn auch gut mit
LAMAs kombinieren um damit die Bronchodilatation zu maximieren und auch eventuell
eine Verlangsamung des Lungenfunktionsabfalls zu bewirken. (28)
39
Abb. 5 Effekt der Behandlung von Indacaterol und Tiotropium im Vergleich zu Placebo
5.2 Anticholinergika mit dem Beispiel Tiotropium
Tiotropium ist ein schon länger bekanntes LAMA, das wegen seiner langen Wirkdauer
ebenso nur einmal am Tag gegeben werden muss (siehe Seite 17). Decramer et al. haben in
der
großen
UPLIFT
Studie
vier
Jahre
lang
doppelblind,
randomisiert
und
placebokontrolliert die Effekte des Tiotropium bei Patienten mit GOLD Stadium II
analysiert. Die Patienten erhielten 18μg Tiotropium einmal täglich und man verglich die
Auswirkungen im Vergleich zu Placebo. Man fand heraus, dass der Abfall der FEV1 vor
Bronchodilatatorgabe bei Patienten unter Tiotropiumtherapie mit zirka 43ml pro Jahr
niedriger war im Vergleich zu Patienten mit Placebotherapie, die einen Abfall von
ungefähr 49ml pro Jahr zeigten. Dagegen war der Abfall der FEV 1 nach der
Bronchodilatatorgabe bei beiden Untersuchungsgruppen mit 35ml pro Jahr für Tiotropium
und 37ml pro Jahr für Placebo annähernd gleich. Eine weitere Verbesserung zeigte sich
auch beim Gesundheitszustand und der Zeit bis zum Auftreten der ersten Exazerbation bei
Patienten mit Tiotropiumtherapie. (31) Ein sekundärer Endpunkt der UPLIFT Studie war
auch die Mortalität unter Tiotropium und seine Ursachen. Zu den häufigsten
Todesursachen zählten Beeinträchtigungen des unteren Respirationstrakts, andere
40
Erkrankungen der Atemwege wie Lungenkrebs und kardiovaskuläre Störungen. Man
konnte feststellen, dass Tiotropium im Vergleich zu Placebo in den vier Jahren der
Studiendauer das Überleben der Patienten verbessern und damit die Mortalität bei COPD
positiv beeinflussen konnte. Eine weitere Verfolgung der behandelten Patienten, nach der
Studie verkleinerte aber die Größe des Vorteils in der Sterblichkeit bei Behandlung mit
Tiotropium. Trotzdem konnte man mit Tiotropium insgesamt einen Benefit in der
Mortalitätsenkung bei COPD nachweisen. (32)
Abb. 6 Verlauf der FEV1 bei Tiotropiumtherapie vor und nach Bronchodilatatorgabe im
Vergleich zu Placebo
5.3 Inhalative Corticosteroide mit den Beispielen Budesonid und Fluticason
Budesonid ist ein schon länger gebräuchliches inhalierbares Corticosteroid (siehe Seite
25). In einer dreijährigen, randomisierten, doppelblinden und Placebo-kontrollierten Studie
untersuchte man den Effekt von inhaliertem Budesonid auf den Abfall der Lungenfunktion
und die respiratorischen Symptome bei COPD-Patienten. Die Patienten erhielten eine
Dosis von 800μg und eine Dosis von 400μg Budesonid täglich für 6 Monate gefolgt von
400μg zweimal täglich für 30 Monate.
Weiters hat man in der ISOLDE Studie den Effekt von längerfristig angewandten
inhalierbaren Corticosteroiden auf die Lungenfunktion, die Exazerbationsrate und den
Gesundheitsstatus bei Patienten mit moderater bis schwerer COPD untersucht. Sie wurde
41
doppelblind und Placebo-kontrolliert in Großbritannien durchgeführt. Die Patienten
erhielten zweimal täglich 500μg Fluticasonpropionat oder Placebo. In beiden Studien
konnte kein Vorteil von inhalierbaren Corticosteroiden auf die Senkung des
Lungenfunktionsabfalls gefunden werden, obwohl bei Fluticasonpropionat eine Reduktion
von Exazerbationen und eine Verbesserung des Gesundheitsstatus der Patienten
nachgewiesen werden konnte. (33, 34) Für die Untersuchung einer eventuellen
Mortalitätssenkung von inhalierten Corticosteroiden bei Patienten mit COPD gab es eine
2008 veröffentlichte Meta-Analyse, in der elf relevante randomisierte und doppelblinde
Studien herangezogen wurden, um die ICS-Therapie mit nicht Steroid- hältigen inhalativen
Therapien zu vergleichen. Dabei konnte man bezüglich der allgemeinen Mortalität
innerhalb
eines Jahres
keinen
Vorteil bei der
Verwendung
von
inhalativen
Glucocorticoiden bei COPD-Patienten feststellen. Jedoch gab es eine vermehrte Rate an
Lungenentzündungen bei den Patienten mit ICS-Therapie, sodass man speziell auch dieses
Risiko bei der Verwendung von ICS bei COPD immer bedenken sollte. (35)
5.4 PDE-4-He mmer mit de m Beispiel Roflumilast
Der selektive PDE-4-Hemmer Roflumilast ist die neueste Substanz der Behandlung der
COPD, welche seit 2010 in Österreich eingesetzt wird (siehe Seite 27). Sie stammt aus
einer neuen Arzneimittelgruppe mit anderem Ansatzpunkt wie die bisherigen COPDTherapeutika. Zurzeit ist Roflumilast der einzige in Österreich zugelassene PDE-4Hemmer und wird hauptsächlich als zusätzliche Therapie bei Pa tienten mit schwerer
COPD und vermehrten Exazerbationen angewendet. Calverley und seine Kollegen haben
zwei randomisierte, doppelblinde Placebo-kontrollierte Studien mit Roflumilast bei
Rauchern mit mindestens 20 packyears über ein Jahr durchgeführt, um dessen Effekte zu
untersuchen. Die Patienten bekamen täglich 500μg Roflumilast oder Placebo in Form einer
Tablette. Die Behandlung mit Theophyllin, LAMA oder ICS war nicht erlaubt. Die FEV1
vor Bronchodilatatorgabe stieg bei der Behandlung mit Roflumilast im Vergleich zum
Placebo um 48ml. Weiters konnte man eine Reduktion der Exazerbationsrate feststellen,
die unabhänging von der Einnahme von β2 -Agonisten war. Zwei andere Studien, wiederum
randomisiert, doppelblind und Placebo-kontrolliert, analysierten die Wirkung von 500μg
Roflumilast auf die Lungenfunktion, bei zusätzlicher Gabe von Salmeterol oder
Tiotropium. Dabei kam es zu einer deutlichen Verbesserung der FEV1 mit zusätzlicher
Therapie von Roflumilast in beiden Studien. Bei Zugabe von Roflumilast zu Salmeterol
42
besserte sich die FEV1 vor Bronchodilatatorgabe um 29ml, bei Zugabe zu Tiotropium
sogar um 80ml. Zusätzlich besserte sich auch die FEV1 nach Bronchodilatatorgabe, die
Exazerbationsrate sank und bei Zugabe zu Tiotroium gab es Verbesserungen in den
subjektiven Angaben der Patienten bei validierten Atemnot-Fragebögen. Weitere Analysen
von Roflumilast als Zusatz zu anderen Medikamenten sind aber in Zukunft sicher
notwendig, um die Effektivität von Roflumilast im Vergleich zu anderen erhältlichen
Behandlungen
der
COPD
zu
bestätigen.
(31)
Hinsichtlich
einer
etwaigen
Mortalitätssenkung gibt es momentan zu Roflumilast noch zu wenig Untersuchungen um
eine fundierte Aussage treffen zu können. Es laufen aber derzeit zwei große Studien mit
Roflumilast, darunter die REACT-Studie, in denen Roflumilast in Kombination mit β 2 Agonisten und inhalativen Glucocorticoiden beobachtet wird. Die Ergebnisse dieser
Studien werden für 2014 erwartet. (36)
Abb. 7 Veränderung des FEV1 bei Roflumilast und Placebo vor und
nach
Bronchodilatatorgabe über 52 Wochen nach Calverley PMA et al.
43
5.5 Kombination β2 -Agonisten plus Anticholinergika
In den letzten Jahren ist das Interesse am Einsatz von Kombinationen von langwirksamen
Anticholinergika (LAMA) wie Tiotropium mit langwirksamen β2 -Agonisten (LABA) wie
Formoterol und Salmeterol bei COPD aufgrund zusätzliche r Benefits gestiegen. Mehrere
einmal oder zweimal täglich einzunehmende LAMA/LABA-Kombinationen in fixen
Dosierungen sind
derzeit
in Entwicklung,
die oft auch schon die neuesten
Monotherapiesubstanzen enthalten. Durch die verschiedenen Angriffspunkte der LABA
und LAMA, versucht man die Bronchodilatation zu maximieren, ohne die Dosis einer der
beiden Substanzen steigern zu müssen. Die Kombination von kurzwirksamen β2 -Agonisten
und Anticholinergika ist dagegen nichts Neues. Eine Kombination in fixer Dosierung von
®
®
Salbutamol und Ipratropium (Combivent ) oder Fenoterol und Ipratropium (Berudual )
zeigte eindeutige Vorteile in der FEV1 vor Bronchodilatatorgabe im Vergleich zu den
Einzelsubstanzen. Die Studienlage über die Kombination von LABA und LAMA ist
dagegen noch ziemlich beschränkt. Es gibt einige randomisierte Untersuchungen von
Tiotropium
plus
Formoterol,
welche
eine
verbesserte
FEV1
sowie
eine
Symptomverbesserung gegenüber Tiotropium allein gezeigt haben. Die derzeitigen Daten
von Tiotropium plus Salmeterol sind noch widersprüchlich in Bezug auf eine
Verbesserung der FEV1 . Bei ersten Untersuchungen der Kombination Indacaterol plus
Tiotropium konnte man auch eine verbesserte FEV1 sowie inspiratorische Kapazität
nachweisen. Die neuesten, sich noch in Entwicklung befindlichen Kombinationen von
LABA und LAMA in fixen Dosierungen beinhalten Glycopyrronium, Glycopyrrolate,
Indacaterol,
Formoterol,
Tiotropium,
Olodaterol,
Umeclidinium,
Vilanterol oder
Aclidinium. Diese oft auch neuen Substanzen sind jedoch noch in der Erprobung und die
Informationen darüber sind limitiert. Trotzdem bestätigen die derzeitige n Daten, dass die
Kombination von zwei unterschiedlichen Bronchodilatatoren das Potential zu besseren
Ergebnissen verglichen mit der Monotherapie hat. (28, 37) Die Untersuchung einer
möglichen Mortalitätssenkung unter der Therapie von LABA und LAMA im Vergleich zu
den Einzelsubstanzen hat man in einem kürzlich erschienen Review veröffentlicht. Es
wurden fünf Studien herangezogen, die hauptsächlich das Anticholine rgikum Tiotropium
mit den β2 -Agonisten Indacaterol, Formoterol oder Salmeterol kombinierten. Dabei konnte
man keine Mortalitätssenkung,
weder bei den Kombinationen
noch bei den
Einzelsubstanzen, feststellen. Allerdings konnten aber nur wenige Patienten wirklich bis
zum Ende der Studie nachverfolgt werden, wodurch die Einschätzung des Ausmaßes einer
44
Senkung der Mortalität schwierig war und es auf alle Fälle weiterer Untersuchungen
bedarf, um genaue Aussagen machen zu können. (38)
5.6 Kombination β2 -Agonisten plus inhalierbare Corticosteroide
Die TORCH-Studie war eine randomisierte, doppelblinde und Placebo-kontrollierte Studie,
die 3 Jahre lang den Effekt von 50μg Salmeterol plus 500μg Fluticasonpropionat im
Vergleich zu den Einzelkomponenten und Placebo auf die Mortalität, die Rate der
Exazerbationen, den Gesundheitsstatus und die FEV1 nach Bronchodilatatorgabe bei
COPD-Patienten untersuchte. Das Ausmaß des Lungenfunktionsabfalls in einem Jahr war
bei den Patienten mit Salmeterol plus Fluticason- Therapie mit 39ml pro Jahr am
langsamsten, mittelmäßig für beide Einzelsubstanzen mit 42ml pro Jahr und am schnellsten
für die Patienten mit Placebo-Therapie mit einem Verlust von 55ml pro Jahr. Daneben
konnte man bei den Patienten unter Kombinationstherapie auch die geringste
Exazerbationsrate und einen verbesserten Gesundheitsstatus im Vergleich zum Placebo
feststellen. Die Mortalität unter den ausgewählten Therapien bei COPD-Patienten war eine
Hauptzielgröße dieser Studie. Die Mortalitätsrate betrug für die Patienten mit
Kombinationstherapie 12,6% und für die Patienten, die Placebo erhielten 15,2%. Im
Vergleich zu anderen chronischen Krankheiten wie kardiovaskuläre n Erkrankungen ist
dieses Ergebnis allerdings sehr bescheiden, sodass man keine aussagekräftige Senkung der
Mortalität beweisen konnte. (27, 39)
45
Verlangsamung Abfall FEV1
Senkung der Mortalität
β2 -Agonisten
+
-
Anticholinergika
+
+
inhalative Corticosteroide
-
-
PDE-4-Hemmer
+
k.A.
+
-
+
-
Kombination
β2 -Agonist
+Anticholinergikum
Kombination
β2 -Agonist
+ICS
Tab. 11 Ergebnisse der Studienlage über den Nutzen der heutigen COPD-Medikation
+ … Vorteile bei Gabe an COPD-Patienten
- … kein Nutzen bei Gabe an COPD-Patienten
k.A. … keine Angabe
Bei allen, für die Therapie der COPD zugelassenen Substanzklassen, mit Ausnahme der
ICS, gibt es Substanzen, die zu einer Verlangsamung des Lungenfunktionsabfalls führen.
Die einzige Substanz für die in Studien eine Mortalitätssenkung nachgewiesen werden
konnte, ist bis dato das Anticholinergikum Tiotropium. Für Roflumilast erwartet man sich
2014 Antworten von neuen Studien bezüglich einer Mortalitätssenkung.
46
6. Aufkommende Neuerungen im Therapeutischen Vorgehen
Bei unzureichender Wirkung der herkömmlichen Therapie-Strategien bei schwerer COPD,
kann man versuchen mit Dreifach-Kombinationen eine Verbesserung zu erzielen (siehe
Tab.3). Eine Kombination von LAMA plus LABA/ICS konnte in Studien einen Benefit in
der Lungenfunktion gegenüber Monotherapien zeigen. Man geht davon aus, dass DreifachKombinationen auch zu einer Senkung der Exazerbationsrate und der Mortalität führen
können. Daneben hat man festgestellt, dass der Zusatz einer pulmonalen Rehabilitation zu
einer
medikamentösen
Dreifach-Kombination auch
zu einer
Verbesserung
der
Lungenfunktion führen kann. Es bedarf aber noch weiterer längerfristiger Studien mit den
verschiedenen, für die COPD-Behandlung zugelassenen Substanzen, um die Vorteile von
Dreifach-Kombinationen zu untersuchen. (37)
Ein weiteres interessantes Konzept, das sich zurzeit noch in der Erforschung befindet, sind
die Dualen muscarinischen Antagonisten-β2 -Agonisten oder MABAs. Dabei werden die
Wirkungen von Anticholinergika und β2 -Agonisten in einer Substanz kombiniert und
haben dadurch nur ein einziges pharmakokinetisches Profil. Dadurch versucht man eine
balancierte hohe bronchodilatatorische Wirksamkeit gleichzeitig an β 2 -Rezeptoren und
Muscarinrezeptoren zu erzielen. Das am weitesten entwickelte MABA ist GSK961081,
welches schon Effektivität und Bronchoprotektion in vivo gezeigt hat. Man erhofft sich,
dadurch dass MABAs wie eine fixe Kombination von muscarinischen Antagonisten und
β2 -Agonisten verwendet werden können, die Kombinationstherapien zu vereinfachen.
Weiters könnten sie auch in Dreifachkombinationen mit antientzündlichen Substanzen
nützlich sein. (37)
47
7. Diskussion
Bei der Erstellung dieser Arbeit wurde intensiv auf das heutzutage immer wichtiger
werdende Thema COPD, seine Ursachen und Therapiestrategien, vor allem aus
pharmakologischer Sicht, eingegangen. Die Tatsache, dass immer mehr Menschen, am
häufigsten die Zigaretten-rauchende Bevölkerung, an der COPD erkranken, muss uns
bewusst werden lassen, wie wichtig Antworten auf die Frage nach den genaue n
Entstehungsmechanismen und den darauf aufbauenden pharmakologisch-therapeutischen
Möglichkeiten geworden sind.
Die häufigste Ursache der COPD sind schädliche inhalative Noxen, allen voran das
Rauchen. Der Tabakkonsum in Form von Zigaretten ist dabei das beliebteste nikotinhältige
Genussmittel in der industriellen westlichen Welt. Es muss einem aber klar sein, dass die
manifeste
COPD schleichend
beginnt,
meist
fängt es
mit
dem sogenannten
„Raucherhusten“ an. Dieser ist im Wesentlichen eine chronische Bronchitis mit viel
Schleim in den Atemwegen, die sich mit einem lauten Räuspern, vor allem frühmorgens,
äußern kann. Spätestens zu diesem Zeitpunkt kann man von einer chronischen Erkrankung
ausgehen. Ignoriert man diese Frühzeichen, ist die Entwicklung eines Emphysems und die
weitere Schädigung der Lunge und der Atemwege unausweichlich. Ein wichtiger Punkt ist
deshalb eine frühzeitige Diagnosestellung durch den behandelnden Arzt mittels
Lungenfunktionsanalyse sowie eine Vorsorge in Form einer Raucherprävention und
Raucherentwöhnung.
Die Raucherprävention zielt darauf ab, bereits den Beginn eines Tabakkonsums in der
Bevölkerung abzuwenden. Die Nikotinsucht beginnt oft schon in jungen Jahren durch den
sogenannten „Gruppenzwang“. Damit wird oftmals der Einstieg in die Raucherkarriere
geebnet. Sinnvoll ist die Aufklärung im Alter zwischen zwölf und sechzehn Jahren, damit
Bewusstsein für die Risiken und die zwangsläufig auftretenden Folgen des Tabakkonsums
geschaffen wird. Nikotin weist ein hohes Suchtpotential auf, weshalb es schwierig ist ohne
fremde Hilfe das Rauchen aufzugeben. Es ist bekannt, dass der rauchenden Bevölkerung
Informationen
über
die
Risiken
des
Nikotinkonsums
und
Möglichkeiten
der
Raucherentwöhnung in Arztpraxen angeboten werden. Doch welcher junge „gesunde“
Raucher geht häufig zum Arzt? Somit wird die wichtigste Zielgruppe im Sinne einer
Raucherprävention und auch Raucherentwöhnung in jungen Jahren schon einmal nicht
erreicht. Wichtig wäre eine vermehrte Information auch in öffentlichen Gebäuden, die
genauso von der jungen, potentiell rauchenden Bevölkerung frequentiert werden.
48
Österreich ist eines der wenigen Länder, das ein Rauchverbot an allen öffentlichen Plätzen,
und vor allem in Lokalen bis jetzt nicht durchsetzen konnte. Man hat sich für eine
Mittellösung mit eigenen Nichtraucherbereichen entschieden, die mancherorts recht gut,
woanders nicht so gut verwirklicht wurde. Aus Erfahrung kann man sagen, dass man mit
dieser Vorschrift oft mehr „Schein als Sein“ bewirkt hat. Besser wäre es, klare
Bestimmungen festzusetzen, also entweder ein komplettes Raucherverbot in Lokalen oder
gar keines. Die Einführung eines Rauchverbotes würde in Bezug auf das Passivrauchen
große Vorteile in der Prävention, nicht nur von Lungenerkrankungen, sondern auch von
Herz-, Kreislauf- und Krebserkrankungen bringen. Als Beispielland für eine effektive
Vorsorge durch das öffentliche Rauchverbot, auch in Lokalen, sei Italien genannt. Dort
konnte bereits nach 3 Jahren eine deutlich geringere Inzidenz von Raucher-assoziierten
Erkrankungen erzielt werden. In diesem Sinne wurde für Österreich in der internationalen
Burden of Obstructive Lung Disease (BOLD) Studie die Prävalenz der COPD in der
Salzburger Bevölkerung untersucht und auf die Bevölkerungsentwicklung von Österreich
in den kommenden Jahren hochgerechnet. Dabei stellte sich heraus, dass es vom Jahr 2005
bis 2020 einen Anstieg von 24% an COPD-Patienten geben wird. (44) Wenn sich in den
kommenden Jahren in diesem Sinne in Österreich nichts ändert, könnte das demnach
schwerwiegende Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung nach sich ziehen.
Für Patienten mit COPD ist die Raucherentwöhnung überhaupt eine der effektivsten
medizinischen Maßnahmen. Es muss aber berücksichtigt werden, dass nicht alle
Neuerkrankungen von COPD auf das Rauchen zurückzuführen sind, und dass
Umwelteinflüsse auch eine Rolle spielen können. Ungeachtet der anderen potentiellen
Ursachen der COPD, hat ein Rauchverzicht dennoch sofort und längerfristig positive
Auswirkungen auf die Symptomatik, Lungenfunktion und Mortalität und sollte als primär
wichtigste therapeutische Intervention gehandhabt werden. (43) Vorbildlich wären
Entwöhnungskonzepte, die sowohl eine Nikotinersatztherapie als auch eine psychosoziale
Unterstützung beinhalten, denn es ist allgemein bekannt, dass der Tabakabusus weniger
eine körperliche, als eine psychische Abhängigkeit ist.
Ein wichtiger Punkt für die erfolgreiche Therapie der COPD sind die neuen, von der
Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD) herausgegebenen und
zuletzt 2013 deutlich überarbeiteten Leitlinien für die COPD-Behandlung. Diese haben
einige Neuerungen mit sich gebracht, die von COPD-Experten in der Praxis als positiv
beschrieben wurden. (45) Meiner Meinung nach könnten sich die neuen Leitlinien vor
allem positiv auf die Compliance der Patienten auswirken. Durch die mMRC Dyspnoe
49
Skala und den COPD Assessment Test können die Patienten ihre Symptome subjektiv
beurteilen und werden somit selbst in die Erfassung des Schweregrades ihrer Erkrankung
mit einbezogen (siehe Tab. 2). Gerade diese Patienten-orientierten Angaben machen es in
den neuen Leitlinien möglich, einen individuellen, auf die jeweiligen Bedürfnisse des
einzelnen COPD-Erkrankten angepassten Therapieplan zu erstellen. Eine weitere
bedeutsame Neuerung war die Miteinbeziehung der Häufigkeit der Exazerbationen in die
GOLD-Klassifikation für die Diagnosestellung, um damit geeignete Richtlinien für die
Exazerbationsprophylaxe
festzulegen.
Man geht davon aus,
dass sich häufige
Exazerbationen negativ auf die Lungenfunktion und den Gesundheitszustand der Patienten
auswirken und man versucht nun verstärkt dies durch eine geeignete Prophylaxe zu
verhindern. Es konnte festgestellt werden, dass durch diese Maßnahme auch der Fortschritt
des Lungenfunktionsverlustes verlangsamt werden kann. (28)
Ein weiterer wichtiger Punkt in Sachen Compliance sind die neuen innovat iven
Inhalationsgeräte. Durch die Kombination von langwirksamen, nur einmal täglich
anzuwendenden Substanzen und vereinfachter Handhabung können diese neben der
Compliance, auch zu der richtigen Einnahme der inhalierten Medikation beitragen. Hier
gibt es das größte Potential in Sachen Compliance und Therapieoptimierung. Aus
Erfahrung kann man berichten, dass einige Patienten die geforderte Medikation unwissend
nicht richtig einnehmen, da viele nicht in der Lage sind das Inhalationsgerät richtig
anzuwenden, was einen Therapieerfolg unmöglich macht. Mit der Hinsicht auf eine
personalisierte Therapie, eine wirkungsvolle Exazerbationsprophylaxe, moderne und leicht
handhabbare Inhalationsgeräte mit langwirksamen Substanzen, zusätzlich zu einem
rechtzeitigen Beginn der Therapie mit Bronchodilatatoren in einem frühen Stadium der
COPD, ist man aber auf dem richtigen Weg in ein besseres Management der COPDPatienten.
Der Lungenfunktionsabfall ist
noch immer einer der wichtigsten Parameter um die
Schwere der COPD abschätzen zu können (siehe Tab.1). Mittlerweile wird Tiotropium
(Spiriva®), als langwirksames LAMA, neben den β2 –Agonisten als erste Wahl für die
COPD-Dauertherapie
eingesetzt.
Da
Tiotropium
ein
schon
länger
bekanntes
langwirksames Anticholinergikum ist, existieren bereits viele Studien über die
Wirksamkeit desselben, die eindeutige Vorteile in der Behandlung der COPD beweisen
(siehe Tab. 3).
In der Recherche in den Studien über Tiotropium der letzten Jahre, konnte man feststellen,
dass es als einziges, in den Leitlinien der GOLD empfohlenes Medikament, neben einer
50
deutlichen Verlangsamung des Lungenfunktionsabfalls, auch eine Mortalitätssenkung zur
Folge hat (siehe Tab. 11). Dies mag bei dieser gut untersuchten und altbekannten Substanz
wohl auch daran liegen, dass im Vergleich zu anderen Substanzen wohl auch mehr
Forschungsaufwand betrieben wurde. Großes Potential haben aber auch die β2 -Agonsten.
Es gibt mittlerweile schon einige neuere Präparate, wie das Indacaterol, die im Sinne einer
Verlangsamung des Lungenfunktionsabfalls gut abschneiden und dem Tiotropium
zukünftig große Konkurrenz in der Langzeitbehandlung machen werden. In naher Zukunft
werden wahrscheinlich die neuen LABAs und LAMAs, allein und in Kombinationen, in
der Behandlung der COPD eine große Rolle spielen. Es gibt aber auch noch viel Potential
in Richtung der Erforschung der Wirkungen und Vorteile von Roflumilast, welches man
sicher als ein bahnbrechendes neueres COPD-Medikament bezeichnen kann, da es als eine
der wenigen verfügbaren Substanzen, den Fokus auf eine Entzündungshemmung bei
COPD gelegt hat. Der Erfolg von Roflumilast hatte aber auch zur Folge, dass man nun
auch vermehrt nach Wirkstoffen mit dem Ziel einer Entzündungshemmung in den
Atemwegen sucht. Ich bin der Meinung, dass es vor allem Potential in der Entwicklung
von entzündungshemmender Medikation bei bestehenden Substanzen wie den Makroliden
gäbe. Wenn man es schaffen sollte, den Makroliden die antibiotischen Eigenschaften zu
entziehen und die immunmodulierenden und in diesem Sinn entzündungshemmenden
Eigenschaften für eine Therapie nutzbar zu machen, wäre ein großer Schritt in eine neue
Richtung der COPD-Medikation gemacht. Doch bisher scheint es noch nicht in Aussicht,
dass bald neue entzündungshemmende Medikamente speziell für COPD auf den Markt
kommen werden. Um die Corticosteroide nicht unbeachtet zu lassen, muss man sagen, dass
diese zwar gute entzündungshemmende Eigenschaften haben, aber durch ihre vielen
Nebenwirkungen in der Dauertherapie der COPD nicht zielführend sind, daher sollten sie
nur in indizierten Fällen kurzfristig angewendet werden. Wichtig wäre auch eine richtige
Aufklärung der Patienten dahingehend, dass Corticosteroide keine Dauermedikation sein
sollten. Vor allem bei Patienten mit neu diagnostizierter COPD wäre hier eine noch
intensivere Aufklärung der Anwendung der Medikamente und eine regelmäßige
Überwachung durch den Hausarzt, Lungenfacharzt oder in einer speziellen Ambulanz
empfehlenswert.
Eine besonders wichtige Therapieoption ist die pulmonale Rehabilitation. Nicht nur aus
physischen Aspekten, sondern auch aus psychosozialer Sicht sollte jedem COPD-Patienten
ein solches Programm angeboten werden. Eine Rehabilitation dauert jedoch, ob ambulant
oder stationär, meist nur ein paar Wochen, bevor die Patienten wieder in die
51
Eigenständigkeit entlassen werden. Natürlich ist es sinnvoll, in den ersten Wochen ein
umfassendes pulmonales Rehabilitationsprogramm durchzuführen, doch dann wäre auch
eine „Erhaltungstherapie“ wichtig. Man konnte feststellen, dass die positiven Effekte der
pulmonalen Rehabilitation bei Beendigung des Programms wieder nachlassen, sodass es
wichtig wäre die Patienten auch weiterhin physiotherapeutisch und psychosozial zu
unterstützen. Wünschenswert wären regelmäßig angebotene Kurse, bei denen sich die
Patienten einschreiben könnten und dadurch in körperlicher und sozialer Hinsicht einen
dauerhaften Profit hätten.
Alles in allem scheint die aktuelle Pharmakotherapie der COPD nach den GOLDLeitlinien hinsichtlich der Verlangsamung des Lungenfunktionsabfalls und damit des
Fortschreitens der Erkrankung schon ziemlich effektiv zu sein. Bezüglich der
Mortalitätssenkung wären aber noch mehr und genauer definierte Studien notwendig um
eine Wirksamkeit zu bestätigen. Eine Heilung der COPD ist zwar noch nicht absehbar,
aber wenn man die Prävention weiter verbessern, die Zusammenarbeit von Patienten und
Vertretern des Gesundheitssystems forcieren und auch vermehrt auf die subjektiven
physischen und psychosozialen Bedürfnisse der Patienten eingehen würde, stünde einer
optimalen Betreuung von COPD-Patienten nichts mehr im Wege.
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am
21.09.2013].
URL:
http://www.krankenpflege-journal.com/pneumologie/6807-copd-experten- ziehenpositives-praxis- fazit-nach-einem-jahr- gold-update.html
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