UNIVERSIT¨AT REGENSBURG Institut für Physikalische und

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UNIVERSITÄT REGENSBURG
Institut für Physikalische
und Theoretische Chemie
Prof. Dr. B. Dick
PHYSIKALISCH-CHEMISCHES PRAKTIKUM (Teil Ic)
(Spektroskopie)
Versuch E3
Atomspektren
0
http://www-dick.chemie.uni-regensburg.de/studium/praktikum1c.html
1
1 Elektronensysteme von Atomen
1.1
Einelektronensysteme
In wasserstoffähnlichen Atomen (H, He+ , Li2+ , Be3+ , usw.) erfährt das Elektron im
Abstand r vom Kern eine anziehende, allein von r abhängige elektrostatische Kraft
Ze2
K=−
4πεo r 2
(Coulomb − Kraf t),
die durch die Wechselwirkung zweier Punktladungen -e (Elektron) und +Z · e (Kern)
zustande kommt. (Die gleiche Abstandsabhängigkeit tritt in der Gravitationskraft der
Planetenbewegungen um die Sonne auf. Deshalb spricht man hier auch vom sog. atomaren Kepler-Problem.) Die quantenmechanische Lösung dieses Problems stammt von
SCHRÖDINGER. Über die Bewegung des Elektrons um den Atomkern macht die Theorie folgende Aussagen [1], [2]:
• Es sind nur diskrete Bewegungszustände des Elektrons möglich. Diese werden
durch Zustandsfunktionen ψ(x, y, z) beschrieben. |ψ(x, y, z)|2dV ist die Wahrscheinlichkeit, das Elektron in einem Volumen dV am Ort {x, y, z} anzutreffen.
Jeder der erlaubten Bewegungszustände ist durch die vier Quantenzahlen n, l, ml
und mS charakterisiert.
(n = 1, 2, 3, ...; l = 0, 1, 2, ...n − 1; ml = −l, −l + 1, ...l − 1, l; mS = + 12 , − 12 )
• Die Gesamtenergie eines Elektrons in einem bestimmten Zustand ist für diese wasserstoffähnlichen Atome allein durch den Wert der Hauptquantenzahl n bestimmt
(WH = Ionisierungsenergie des Wasserstoffs, WH = h·c·R, R = Rydbergkonstante)
En = −WH
Z2
n2
• Der Bahndrehimpuls ~l des Elektrons wird durch die Quantenzahlen l und ml beschrieben.
Dabei charakterisiert l die Größe des Bahndrehimpulses gemäß |~l| =
q
h̄ l(l + 1) und ml dessen Orientierung bezüglich einer ausgezeichneten Richtung.
2
q
• Der Spin ~s eines Elektrons hat stets den Betrag |~s| = h̄ s(s + 1) mit s = 12 .
Die Spinquantenzahl ms kennzeichnet die Orientierung des Spins bezüglich einer
ausgezeichneten Richtung.
Zu einer gegebenen Hauptquantenzahl n existieren insgesamt 2n2 verschiedene Zustände, die bei einem wasserstoffähnlichen Atom alle die gleiche Energie En haben: Die
Zustände zur gleichen Hauptquantenzahl sind alle energetisch entartet. Es handelt sich
hierbei um eine Besonderheit der wasserstoffähnlichen Atome, die aus der speziellen
COULOMB-Form der Kern- Elektron-Wechselwirkung resultiert.
Die Gesamtheit der Zustände zu einer gegebenen Hauptquantenzahl bildet eine Schale.
So gehören zu n = 1, 2, 3, 4,... die K-, L-, M-, N- ... Schale. Einelektronenzustände zu
l = 0, 1, 2, 3 ... bezeichnet man mit s, p, d, f ...
Die Energieniveaus der K-, L-, M- und N-Schale sind in Abb. 1.1 schematisch dargestellt.
Abbildung 1.1: Energieniveauschema eines wasserstoffähnlichen Atoms (schematisch).
Die in Klammern gesetzten Zahlen geben den ml , ms -Entartungsgrad
(2l + 1) · (2s + 1) an.
Bei Atomen vom Alkalityp bewegt sich das Valenzelektron, gelegentlich auch Leucht”
elektron“ genannt, unter dem Einfluß eines Atomrumpfes, der aus dem Kern und den
abgeschlossenen Elektronenschalen besteht. Die Ladungsverteilung des Rumpfes ist kugelsymmetrisch, jedoch nicht punktförmig. Deshalb hat die Kraft K(r) nicht die spezielle COULOMB-Form. Als Folge davon - das zeigt die Theorie - wird die l-Entartung
aufgehoben. D.h., die Energien der Zustände hängen außer von n auch von der Bahndrehimpulsquantenzahl l ab: Die oben definierten Schalen zerfallen in Unterschalen (siehe
auch Abschnitt 1.2).
3
1.2
Mehrelektronensysteme
In Systemen, die aus einem Atomkern und mehreren Elektronen bestehen, wirken anziehende Kräfte zwischen dem Atomkern und den Elektronen sowie abstoßende Kräfte
zwischen den Elektronen untereinander. Um die typischen Eigenschaften derart komplexer Systeme verstehen zu lernen, berücksichtigen wir zunächst in einem primitiven
Modell nur die Kräfte zwischen dem Atomkern und den Elektronen. Bei Gültigkeit dieses Modells bewegen sich die Elektronen völlig unabhängig voneinander im COULOMBPotential des Kerns. Den Elektronen stehen dann die durch die Quantenzahlen
{n, l, ml , ms } gekennzeichneten Bewegungszustände mit den entsprechenden, nur von
der Hauptquantenzahl n abhängenden Energien zur Verfügung (s. Abschnitt 1.1). Es
gilt das PAULI-Prinzip, wonach ein durch ein bestimmtes Quadrupel {n, l, ml , ms }, gekennzeichneter Zustand nur von maximal einem Elektron besetzt werden kann.
Eine Verfeinerung dieses Modells läßt sich dadurch erreichen, daß der Elektron-ElektronWechselwirkung in grober Näherung Rechnung getragen wird. Dazu betrachten wir ein
herausgegriffenes Elektron. Dieses steht unter der Kraftwirkung aller übrigen Elektronen
und des Kernes mit der Ladungszahl Z. Der Kern erzeugt eine anziehende COULOMBKraft, während die übrigen Elektronen auf das herausgegriffene Elektron im Zeitmittel
wie eine negative, den Kern umschließende Ladungswolke wirken. Dies hat für das
betrachtete Elektron folgende Konsequenzen:
• Die elektrisch negative Ladungswolke reduziert die Kraftwirkung des positiv geladenen Kernes, sie schirmt“ den Kern ab. Das heißt, das betrachtete Elektron
”
sieht“ einen Kern mit der scheinbar verringerten Ladungszahl Z 0 < Z, wodurch
”
die Abstände der Energieniveaus verkleinert werden. Das Modell wird deswegen
als Abschirmfeldnäherung bezeichnet.
• Da die Ladungswolke nicht punktförmig ist, hat die von ihr ausgeübte Kraft nicht
die spezielle Form des COULOMB-Gesetzes. Dadurch wird die l-Entartung aufgehoben, d. h., die Energien hängen außer von n auch von l ab. Damit spalten
die Hauptschalen energetisch in Unterschalen auf.
Diese Überlegungen gelten für jedes Elektron im Hinblick auf die jeweils übrigen Elektronen. Das PAULI- Prinzip gilt natürlich auch in diesem Modell.
Will man angeben, daß die Einelektronenzustände mit der Energie En,l mit a Elektronen,
die mit der Energie En0 ,l0 mit b Elektronen usw. besetzt sind, so schreibt man dafür das
Symbol
(nl)a (n0 l0 )b ...
wobei aus historischen Gründen häufig für l = 0, 1, 2, 3 die Buchstaben s, p, d, f benutzt
werden. Auf diese Weise läßt sich die Besetzung der Einelektronenzustände eines Atoms
oder Ions, die sog. Elektronenkonfiguration in knapper Form darstellen. Beispielsweise
lautet sie für den Grundzustand des Hg-Atoms
4
1s2 2s2 2p6 3s2 3p6 3d10 4s2 4p6 4d10 4f 14 5s2 5p6 5d10 6s2
Die voll besetzten Schalen bilden zusammen mit dem Atomkern den Rumpf“ des Atoms
”
oder Ions; die Elektronen in nicht abgeschlossenen Schalen oder Unterschalen werden
i.a. Valenzelektronen“ genannt. Vorwiegend die Valenzelektronen bestimmen das che”
mische und optische Verhalten der Atome oder Ionen.
Ist eine Unterschale nur unvollständig mit Elektronen besetzt, so gibt es mehrere Möglichkeiten, diese auf die Einelektronenzustände zu verteilen. Die unterschiedlichen Verteilungsmöglichkeiten werden durch die RUSSEL-SAUNDERS- Symbolik gekennzeichnet.
Diese Symbolik, die zur Charakterisierung von angeregten Atomzuständen verwendet
wird, soll im folgenden kurz erläutert werden:
Es wird davon ausgegangen, daß zunächst die Spins und davon getrennt die Bahndrehimpulse der Elektronen zu einem Gesamtspin bzw. zu einem Gesamtbahndrehimpuls
koppeln. Dem Gesamtbahndrehimpuls wird die Quantenzahl L zugeordnet. (Verwendung von Großbuchstaben bei Mehrelektronenzuständen.) Im Falle eines Systems von
zwei Elektronen mit den Bahndrehimpulsquantanzahl l1 und l2 kann L alle ganzzahligen
Werte annehmen, die im folgenden Bereich liegen:
l1 + l2 ≥ L ≥ |l1 − l2 |
Statt L= 0, 1, 2, 3 schreibt man wieder S, P, D. F. Analoges gilt für die Zusammensetzung
der Spins zum Gesamtspin S. So liegt S im Falle eines Zwei- Elektronensystems im
Bereich
s1 + s2 ≥ S ≥ |s1 − s2 |
Zur Charakterisierung der Zustände wird im allgemeinen nicht S selbst, sondern die
Multiplizität 2S+l angegeben. Dadurch entstehen die Symbole 2S+1 L, z.B. 1S,3 S,3 P usw
...
Schließlich setzen sich noch Gesamtbahndrehimpuls und Gesamtspin vektoriell zum Gesamtdrehimpuls zusammen. Der Bereich der zugehörigen Quantenzahlen ist:
L + S ≥ J ≥ |L − S|
Für L ≥ S resultieren 2S+1 J-Werte und für L ≤ S ergeben sich 2L+lJ-Werte (siehe
[1], [2]). Üblicherweise fügt man den jeweiligen J-Wert als Index an das Termsymbol
an:
2S+1
LJ .
5
Im Rumpfelektronen-System kompensieren sich Spin- und Bahndrehimpulse zu Null.
Somit läßt sich der Zustand des Gesamtatomes durch den Zustand der Außenschale
(Valenzelektronen) beschreiben, und zwar durch L, S und J der Valenzelektronen.
Für den Grundzustand des im Rahmen dieses Versuches wichtigen Hg-Atoms ergibt sich
aus der oben gegebenen Konfiguration der Zustand 1 So .1 Bei der 6s2 → 6s6p Anregung
ist ∆l = 1. D.h. l1 = 0, l2 = 1; s1 = s2 = 12 ⇒
⇒L=1
S = 0, 1
2S + 1 = 1, 3
Daraus ergeben sich folgende RUSSEL-SAUNDERS-Terme
1
P1 ,3 P0 ,3 P1 ,3 P2
In der Abb. 2.1 sind diese Terme, die aus der Anregung 6s2 → 6s6p resultieren, besonders gekennzeichnet. Sie repräsentieren die untersten angeregten Energieterme. Andere
Anregungen (z.B. 6s2 → 6s6d) führen zu weiteren Termen, die auch in der Abb. 2.1
angegeben sind.
1
Für die beiden 6s-Valenzelektronen ist l1 = l2 = 0 ⇒ L = 0 und wegen des PAULI-Prinzips folgt
S = 0 ⇒ 2S + 1 = 1.
6
2 Zustandsänderungen atomarer
Elektronensysteme
2.1
Anregung durch Stoß
Gemäß dem Impulssatz der klassischen Mechanik, der in der Quantenmechanik weiter
gilt, bleibt beim zentralen Stoß zweier kugelförmiger Teilchen mit den Massen m1 und
m2 der Gesamtimpuls erhalten:
m1 v1 + m2 v2 = m1 v10 + m2 v20
(2.1)
Dabei sind v1 , v2 , v10 , v20 die zugehörigen Geschwindigkeiten vor bzw. nach dem Stoß. Im
weiteren werden zwei Grenzfälle unterschieden:
1. Beim elastischen Stoß bleibt neben dem Impuls die kinetische Energie erhalten:
0
0
m1 v12 /2 + m2 v22 /2 = m1 v12 /2 + m2 v22 /2
(2.2)
Für m1 m2 und v1 v2 folgt aus Gl. (2.1) und Gl. (2.2):
v10 = −v1 + 2v2 ≈ −v1
(2.3)
D.h., das Teilchen 1 ändert unter dieser Bedingung seine kinetische Energie kaum.
Erläuterung zu Abb. 2.1:
Nach oben ist links die Energie in eV, rechts die Wellenzahl ν ( = 1/λ) aufgetragen
Die Wellenlängen der beiden energieärmsten Übergänge sind in Å (10−8cm) angegeben. Eine Betrachtung im Rahmen der Russel-Saunders-Klassifizierung liefert f ür
die 6s2 → 6s1 6p1 -Anregung (Einelektronen-Näherung) die Terme 1P1 ,3 P2 ,3 P1 ,3 P0
(Mehrelektronen-Näherung). Aus dem Schema lassen sich folgende Auswahlregeln
erkennen: Es sind nur Übergänge zwischen Termen möglich, deren Drehimpulsquantenzahlen sich um eins unterscheiden. Es sind (fast) nur Übergänge innerhalb
der gleichen Multiplizität möglich. Man sieht allerdings, daß diese Regel beim
Quecksilber (Atom mit hoher Ordnungszahl Z) im Gegensatz z.B. zum Heliumspektrum nicht streng gilt. Gerade die für uns wichtige Resonanzlinie von 2536,5
Å ist eigentlich eine verbotene“ Linie.
”
7
Abbildung 2.1: Termaschema des Hg-Atoms.
8
2. Beim unelastischen Stoß bewegen sich beide Teilchen nach dem Stoß mit gleicher
Geschwindigkeit:
v10 = v20 = v 0
(2.4)
Für m1 m2 , v1 v2 wird daraus:
v 0 = v2
(2.5)
D.h., das Teilchen 1 verliert seine kinetische Energie fast vollständig, während
das Teilchen 2 kaum kinetische Energie gewinnt. Die stoßenden Teilchen 1 und 2
können z.B. mit einem schnellen Elektron bzw. einem ruhenden Atom identifiziert
werden. Dabei gilt je nach der Masse des Atoms m1 : m2 ≈ 10−3...10−5 .
Beim unelastischen Stoß muß die vernichtete“ kinetische Energie aufgrund des
”
Energiesatzes in eine andere Energieform umgesetzt werden. Zum Beispiel kann
beim Stoß eines Elektrons mit einem Atom die Energiedifferenz dadurch ausgeglichen werden, daß das Atom vom Grundzustand in einen energiereicheren Zustand
übergeht. Da die Energien dieser Zustände gequantelt sind, können bei einem
solchen Stoß von einem Atom nur ganz bestimmte diskrete Energiebeträge aufgenommen werden.
2.2
Absorption und Emission von Photonen
Übergänge zwischen den Energietermen der Atome lassen sich auch durch Wechselwirkung mit elektromagnetischer Strahlung (Photonen) auslösen. Solche Übergänge
sind nur möglich, wenn die Energiedifferenz zwischen den Termen gerade der Energie
der Strahlung entspricht. Ein Übergang z.B. vom Grundzustand zu einem energetisch
höheren Zustand des Elektronensystems nennt man Absorption. Das angeregte Atom
kann seinen Energieüberschuß (gegenüber der Grundzustandsenergie) strahlungslos (z.B.
durch Stöße) abgeben, wobei ein niedrigerer angeregter elektronischer Zustand oder der
elektronische Grundzustand erreicht wird. Eine andere Möglichkeit der Energieabgabe
besteht in der Emission elektromagnetischer Strahlung (Photonen), deren Energie wiederum der Energiedifferenz zwischen den beteiligten Energietermen entspricht.
Sowohl für die Absorption als auch für die Emission von Photonen müssen bestimmte
Bedingungen eingehalten werden. Diese nennt man Auswahlregeln. (Eine Herleitung
ist im Rahmen der Quantentheorie möglich.) Für Absorptions- und Emissionsprozesse
gelten folgende Auswahlregeln [2]:
Einelektronensysteme:
∆n = beliebig
∆l = ±1
∆ml = 0, ±1
∆ms = 0
Mehrelektronensysteme:
∆n = beliebig
∆L = ±1
∆S = 0
∆J = 0 (außer 0 → 0), ±1
9
Für das Wasserstoffatom (und wasserstoffähnliche Atome) lassen sich die erlaubten
Übergangsenergien besonders einfach angeben, weil einerseits die Energien der Zustände
nur von der Hauptquantenzahl n abhängen, und weil andererseits die Auswahlregel
∆n = n2 − n1 = beliebig“ gilt. Damit ergeben sich die (erlaubten) Übergangsenergien
”
zu
h · ν = En2 − En1 = Z 2 · c · h · R (
1
1
− 2)
2
n1 n2
Hieraus folgen die sog. Wasserstoff-Serien (Rydbergkonstante R = 109 737 cm−1 )
LYMAN-Serie (1916), kurzwelliges UV 2 .
ν = R(
1
1
− 2 ),
2
1
n2
n2 = 2, 3, 4...
BALMER-Serie (1885), sichtbares Gebiet
ν = R(
1
1
− 2 ),
2
2
n2
n2 = 3, 4, 5...
PASCHEN-Serie (1909), nahes IR
ν = R(
1
1
−
),
32 n22
n2 = 4, 5, 6...
BRACKETT-Serie (1922), mittleres IR
ν = R(
1
1
−
),
42 n22
n2 = 5, 6, 7...
1
1
− 2 ),
2
5
n2
n2 = 6, 7, 8...
PFUND-Serie (1924), fernes IR
ν = R(
Ein weiteres Beispiel für die energetischen Lagen von Termen und die möglichen Übergänge
zwischen diesen ist in der Abb. 2.1 für Quecksilberatome gegeben
2
Wie man durch Bildung von n2 → ∞ erkennen kann, entspricht die Proportionalitätskonstante R der
Ionisierungsenergie des Wasserstoffatoms (WH = h · c · R = 13, 606 eV)
10
3 Elektronenstoß-Versuch nach
FRANCK und HERTZ
Prinzip und Aufbau des Versuchs
Die Grundidee des FRANCK-HERTZ-Versuches besteht darin, daß Zusammenstöße von
Elektronen mit Quecksilberatomen im allgemeinen elastisch verlaufen werden, da anders
der Energiesatz nicht aufrechtzuerhalten wäre. Hat aber ein stoßendes Elektron gerade
eine kinetische Energie, die z.B. gleich dem energetischen Abstand der beiden Zustände
1
S0 , und 3P1 ist, so kann diese Energie vom Atom tatsächlich aufgenommen werden und
der Vorgang entspricht klassisch einem unelastischen Stoß. Da sich die Quecksilberatome
aufgrund ihrer großen Masse ungleich langsamer bewegen als die Elektronen, kommen
letztere durch einen solchen Stoß praktisch zum Stillstand“.
”
Im folgenden soll der Aufbau des Versuches beschrieben werden (s. Abb. 3.1):
Das FRANCK-HERTZ-Rohr stellt das Kernstück des Versuchsaufbaus dar. Es handelt
sich um eine Dreielektrodenröhre (Triode) mit ebenen, parallel angeordneten Elektroden,
und zwar einer indirekt beheizten Oxidkathode K, einer gitterförmigen Beschleunigungselektrode G und einer Auffängerelektrode A. Außerdem befindet sich in dem Rohr etwas
Quecksilber. Dieses Quecksilber kann durch Erwärmung auf ca. 200◦ C verdampft werden.
Zunächst werden die Eigenschaften des Rohres ohne Quecksilberdampf (kaltes Rohr) diskutiert: Durch Erhitzen der Kathode treten Elektronen in den Raum zwischen Kathode
und Gitter (Glühemission). Wird eine gegenüber der Kathode positive Spannung US an
das Gitter gelegt, dann werden die Elektronen zum Gitter hin beschleunigt. Die meisten
fliegen“ aber durch das Gitter hindurch auf die Anode. Aufgrund des Auftreffens dieser
”
Elektronen läßt sich im Außenstromkreis mittels eines Amperemeters (s. Abb. 3.1) ein
Anodenstrom IA nachweisen. Falls die Spannung zwischen Gitter und Anode Null ist
(UG = 0), steigt der Anodenstrom IA mit zunehmender Gitterspannung US (Saugspannung) und strebt einem Sättigungswert zu (Abb. 3.2). Dieser Sättigungsstrom ist dann
erreicht, wenn alle aus der Glühkathode austretenden Elektronen zur Anode gelangen.
11
Abbildung 3.1: Triode in der Schaltung des FRANCK-HERTZ-Versuches K = Kathode,
G = Gitter, UG ist eine kleine konstante Gegenspannung, A = Anode
Diese Überlegungen bleiben auch gültig, wenn eine kleine Gegenspannung UG zwischen
Gitter und Anode angelegt wird und wenn |US | > |UG | (siehe Abb. 3.1 und 3.2).
Die beschriebenen Eigenschaften der Strom-Spannungscharakteristik des FRANCKHERTZ-Rohres ändern sich drastisch, wenn das Quecksilber im Rohr verdampft wird
(Erhitzung des Rohres auf ca. 200◦ C). Bei niedrigen Beschleunigungsspannungen US
wird die Stromstärke IA ebenfalls mit US ansteigen, da zwischen Atomen und Elektronen nur elastische Stöße stattfinden können. Die Elektronen ändern beim Stoß zwar
ihre Richtung, behalten aber ihre Energie bzw. ihre Geschwindigkeit bei. Mit wachsender Beschleunigungsspannung ereignen sich bei einer bestimmten Spannung, erstmals
bei US ≈ 4, 9V , neben den elastischen auch unelastische Stöße der Elektronen mit den
Hg-Atomen. Dabei wird die Energie E = e · US abgegeben. Diese entspricht der Anregungsenergie vom Grundzustand zum Zustand 3P1 des Hg-Atoms. Da die Elektronen
nach Abgabe ihrer Energie nicht mehr gegen die Gegenspannung UG zwischen Gitter und
Anode anlaufen können, erreichen sie nach dem Stoß nicht mehr die Anode. Die Folge
ist, daß der Anodenstrom IA trotz steigender Spannung US nicht steigt, sondern nach
einem Maximum wieder fällt. Bei weiterer Erhöhung der Beschleunigungsspannung wird
der Strom erneut steigen, bis die einmal abgebremsten Elektronen im Feld ein zweites
Mal die Resonanzenergie erreicht haben. Es tritt dann wieder ein Minimum auf. Mit
weiter steigender Beschleunigungsspannung wiederholt sich dieser Vorgang mehrmals.
Die Abstände zwischen den Minima bzw. Maxima sind äquidistant und entsprechen der
Anregungsenergie der Quecksilberatome. Dieser Übergang (1S0 ←→3 P1 ) läßt sich auch
optisch nachweisen. Man findet im Hg-Dampf-Spektrum eine Absorptions- bzw. Emissionslinie bei 253,7 nm (Abb. 2.1), die genau der dem Abstand der Minima (Maxima)
zuzuordnenden Elektronenenergie e · US entspricht (s. auch [2]).
12
Abbildung 3.2: Ideale Charakteristik eines FRANCK-HERTZ-Rohres ohne Quecksilberatome. Der Strom I strebt einem Sättigungswert zu, wenn alle
Glühelektronen von K nach A gelangen.
13
4 Messung der BALMER-Serie
Prinzip und Aufbau des Versuchs
Die Grundidee dieses Versuches liegt darin, Wasserstoffatome anzuregen und das resultierende Emissionsspektrum in einem einfachen Spektralapparat zu vermessen. Die
Anregung der Wasserstoffatome erfolgt mittels einer Gasentladung in der Balmerlampe
Bl (s. Abb. 4.1).
Abbildung 4.1: Spektralapparat zur Messung der Balmer-Linien
Die Balmerlampe Bl, die Linsen L1 und L2 , der Spalt Sp, das Gitter G und der Schirm
S sind auf einer optischen Bank aufgebaut.
Die Balmerlampe ist eine Röhre, in der sich Wasserdampf unter geringem Druck (einige
Torr) befindet. Durch die zwischen Kathode und Anode liegende Hochspannung wird
das Wasser gespalten. Der entstehende atomare Wasserstoff wird vor allem durch Elektronenstoß angeregt. Verunreinigungen“ (molekularer Wasserstoff, Sauerstoff, Wasser”
dampf etc.) tragen nur zu einem geringen Teil (< 1%) zum Leuchten bei.
Die optische Abbildung der Balmerlampe (genauer: der Kapillare) erfolgt mit der Linse
L1 (f = 50 mm) auf den Spalt Sp. Die Linse L2 (f = 100 mm) bildet den Spalt scharf
auf den Schirm S ab. Zur Beobachtung der Spektrallinien der Balmerlampe wird das
Gitter G als dispergierendes Element in den Strahlengang gebracht. Für die Beugung
am Gitter gilt:
sin α = k · D · λ
Dabei bezeichnet k die Beugungsordnung, D die Gitterkonstante, λ die Wellenlänge und
α den Winkel zwischen gebeugtem und ungebeugtem (n=0) Strahl.
14
Literaturverzeichnis
[1] W. Finkelnberg: Einführung in die Atomphysik; Springer Verlag, Berlin 1967
[2] H. Haken, H. C. Wolf: Atom- und Quantenphysik –
Eine Einführunq in die experimentellen und theoretischen Grundlagen; Springer
Verlag, Berlin 1980
[3] K. H. Hellwege: Einführung in die Physik der Atome; Springer Verlag, Berlin 1976
[4] C. Gerthsen: Physik; Ein Lehrbuch zum Gebrauch neben Vorlesungen; Springer
Verlag, Berlin 1974
15
5 Aufgabenstellungen - Auswertung
5.1
FRANCK-HERTZ-Versuch - Aufgabenstellung
1. Bestimmen Sie die Charakteristik des FRANCK-HERTZ-Rohres im kalten Zustand durch die Messung des Anodenstroms IA im Bereich von US = 0 bis US =
30V , indem Sie mit dem xy-Schreiber IA über US , aufnehmen (Blindversuch).
(Temperatur der Röhre = Raumtemperatur)
2. Messen Sie den Anodenstrom IA als Funktion der Beschleunigungsspannung US
(FRANCK-HERTZ-Kurve).
Temperatur des Hg-Dampfes: ≈ 200◦ C
Gegenspannung: UG ≈ 1, 2V
Bereich der Beschleunigungsspannung: 0 - 30 V
Wichtig ist, daß die Maxima und Minima genau festgestellt werden, da deren Lagen
für die Auswertung benötigt werden.
5.2
Experimentelle Hinweise zum
FRANCK-HERTZ-Versuch
• Verdrahtung des Versuchs nicht verändern!
• Achtung: Ofen wird heiß - Vebrennungsgefahr!
5.3
Auswertung des FRANCK-HERTZ-Versuchs
• Differenzen der Minima als Tabelle sowie Mittelwert dieser Differenzen.
• Kurze Diskussion der Abweichungen vom Literaturwert der Energie des relevanten
Übergangs (Fehlerbetrachtung).
• Berechnung der Wellenlänge des Überganges, der der Stoßenergie entspricht. Zwischen welchen Termen erfolgt der Übergang?
16
• Bestimmung des PLANCK’schen Wirkungsquantums mit Hilfe der experimentell
bestimmten Anregungsenergie des Hg-Atoms.
5.4
BALMER-Serie - Aufgabenstellung
• Bauen Sie nach dem Einschalten der Balmerlampe als erstes die optische Abbildung
bei gegebener Position der Balmerlampe und des Schirms auf der optischen Bank
auf! Dabei soll die Kapillare scharf auf dem Spalt und der Spalt scharf auf dem
Schirm erscheinen. Bringen Sie nun das Gitter in den Strahlengang! Optimieren
Sie die optische Abbildung nach den 2 Gesichtspunkten maximale Helligkeit und
Schärfe der Spektrallinien! Was beobachten Sie auf dem Schirm? Betrachten Sie
auch einmal die Balmerlampe durch das direkt vor das Auge gehaltene Gitter!
• Ermitteln Sie den Abstand des Gitters vom Schirm sowie den Abstand der gebeugten Linien vom ungebeugten Strahl! Führen Sie diese Messungen bei drei
verschiedenen Stellungen des Gitters durch!
5.5
Experimentelle Hinweise - BALMER-Serie
• Achtung: Vor dem Einschalten der Balmerlampe muß das Netzgerät eingesteckt
und die Sicherung an“ sein. Niemals das Netzgerät ausstecken, wenn die Balmer”
lampe brennt!
• Vorsicht: Hochspannung! Nicht am Sockel der Balmerlampe manipulieren!
• Vorsicht: Die Balmerlampe wird beim Betrieb sehr heiß!
• Achtung: Vermeiden Sie es, längere Zeit in die leuchtende Balmerlampe zu
blicken! Das Licht der Balmerlampe enthält hohe Anteile an UV, die das Auge schädigen können.
5.6
Auswertungen zum Versuch BALMER-Serie
• Berechnen Sie aus Ihren Meßwerten den Beugungswinkel α und daraus mit Hilfe der Formel für die Beugung am Gitter die Wellenlängen der drei sichtbaren
Balmerlinien. Geben Sie den Mittelwert aus den drei Messungen an.
• Schätzen Sie den experimentellen Fehler, der bei der Messung gemacht wurde,
realistisch ab, und berechnen Sie daraus näherungsweise die Fehlergrenzen für die
errechneten Wellenlängen. Beachten Sie dabei
a) Für kleine Winkel α gilt: sin α ≈ α ≈ tan α.
b) Bei Multiplikation und Division von Meßwerten gilt: Prozentuale Fehler addieren sich.
17
• Vergleichen Sie die gewonnenen Resultate mit Literaturwerten.
• Berechnen Sie mit Hilfe der Balmerformel aus Ihren Ergebnissen die Ionisierungsenergie von atomarem Wasserstoff (Mittelwert bilden) in den Einheiten [J], [ cm−1 ],
[eV] und vergleichen Sie mit Literaturwerten!
• Welche Wellenlänge bzw. Frequenz hat Licht, das abgestrahlt wird, wenn ein
H + -Ion ein Elektron in seinen Grundzustand (n = l) einfängt?
• Welche Wellenlängen hat Licht, das beim jeweils niederenergetischsten Übergang
der fünf bekannten Wasserstoffserien emittiert wird (n1 = 1...5, n2 = n1 + 1)?
Welchen Spektralbereichen sind diese Wellenlängen zuzuordnen?
• Die BALMER-Serie wurde 1885 entdeckt. Warum wurden die andern Serien erst
viel später entdeckt (Lyman: 1906, Paschen: 1908, Brackett: 1922, Pfund: 1924)?
18
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