Ratgeber Die Behandlung von Wirbelkörperbrüchen Moderne Verfahren führen zu einer raschen Schmerzreduktion Wirbelkörperbrüche erforderten früher nicht selten aufwendige Stabilisierungsoperationen und machten es notwendig, dass die Patienten wochen- oder gar monatelang ruhiggestellt werden mussten. Heutzutage dagegen gibt es effizientere Verfahren, mit deren Hilfe die Betroffenen schneller wieder schmerzfrei werden und zu einer verbesserten Mobilität gelangen. W irbelbrüche können den Dornfortsatz, den Wirbelkörper oder den Wirbelbogen betreffen. Meistens sind sie in der unteren Brustwirbelsäule oder der oberen Lendenwirbelsäule lokalisiert. Die Therapie eines Wirbelbruchs hängt von der Art und dem Ausmaß der Verletzung ab. Entscheidend ist die Frage, wie stabil oder instabil die Fraktur ist. Ein stabiler Wirbelbruch stellt keine Gefahr für das Rückenmark dar. Bei einer instabilen Wirbelfraktur dagegen besteht die Möglichkeit, dass verschobene Knochenfragmente das Rückenmark gefährden. Ziel ist es, die Wirbelsäule zu stabilisieren Die Behandlung einer Wirbelfraktur zielt darauf ab, die Stabilität und die normalen Achsenverhältnisse der Wirbelsäule wiederherzustellen. Stabile Wirbelkörperbrüche werden im Allgemeinen konservativ behandelt. Das gilt auch für Frakturen der Dorn- und Querfortsätze. 58 ORTHOpress 2 /2011 Zu den unterstützenden Therapieformen gehören Schmerztherapie, Krankengymnastik, Elektrotherapie sowie Hydro- und Balneotherapie. Handelt es sich um eine Verletzung der Halswirbelsäule, so kann diese mit einer Halswirbelstütze ruhiggestellt werden. Ziel ist es, Druck und Belastung von den gebrochenen ­Wirbelkörpern zu nehmen Instabile Wirbelbrüche werden in der Regel auf operativem Wege therapiert. Ziel der Operation ist es, den Bruch zu richten und so die normale Form der Wirbelsäule wiederherzustellen. Die herkömmliche operative Operationsmethode besteht darin, den Bruch mithilfe von Schrauben, Stangen und/oder Platten zu stabilisieren. Bei Brust- und Lendenwirbelsäulenverletzungen lässt sich ein vom Rücken her eingebrachter Fixateur (interner Knochenspanner) einsetzen. Bei Halswirbelkörperfrakturen bietet sich eine Plattenosteosynthese unter Verwendung von Beckenkammspann an. Ziel dieser Maßnahmen ist es, Druck und Belastung von den gebrochenen Wirbelkörpern zu nehmen, sodass die Möglichkeit besteht, den Patienten bald nach der Operation zu mobilisieren. Bei osteoporotischen Wirbelbrüchen kommt eine ­Osteosynthese nicht infrage Eine operative Fixierung kommt allerdings bei osteoporotischen Brüchen in der Regel nicht infrage. Denn der Knochen ist bereits so porös geworden, dass er keinen Halt mehr für Osteosynthesehilfsmittel bietet. In solchen Fällen können minimalinvasive Operationsmethoden wie die Vertebroplastie und die Kyphoplastie einen Ausweg. Beide Verfahren eignen sich für Brust- und Lendenwirbelsäule. Die Vertebroplastie, auch Osteoplastie genannt, findet in der Regel unter örtlicher Betäubung statt. Der Zugang zu den geschädigten Wirbeln erfolgt vom Rücken aus unter Wie kommt es zu Wirbelkörperbrüchen? Verschiebung der Wirbelsäulenstatik Wirbelkörperbruch Wirbelkörperbrüche sind häufig auf Unfälle im Straßenverkehr zurückzuführen. Daneben spielen auch Sport- und Arbeitsunfälle oder Verletzungen im Haushalt eine wesentliche Rolle. Von diesen verletzungsbedingten sind die pathologischen Wirbelbrüche zu unterscheiden, die in der Regel erst im fortgeschrittenen Lebensalter auftreten. Mögliche Ursachen sind Knochentumore oder Skelettmetastasen. Ein ganz entscheidender Faktor ist jedoch die Osteoporose. Bedingt durch eine verminderte Knochensubstanz, genügt bereits ein einfacher Sturz auf das Gesäß oder das Heben von zu schweren Lasten, um sich einen Wirbelkörperbruch zuzuziehen. Dieses Risiko ist bei Osteoporosepatienten äußerst hoch und übersteigt das einer Oberschenkelhalsfraktur bei weitem. Im Anschluss an einen Wirbelbruch kann es nicht nur zu erheblichen Schmerzen kommen. Da der Wirbel sich in den allermeisten Fällen nicht selbst stabilisieren kann, sackt er aufgrund der Osteoporose weiter in sich zusammen und wird schließlich völlig flach. Die Wirbelsäule erhält an dieser Stelle einen Knick. Wenn in der Folge aufgrund von Überlastungen weitere angrenzende Wirbel einbrechen, entsteht der bekannte „Witwenbuckel“. laufender Röntgen- oder CT-Kontrolle. Über einen kleinen Hauteinstich wird eine Hohlnadel eingeführt und im Wirbelkörper platziert. Anschließend wird über die Hohlnadel Knochenzement injiziert. Zunächst noch sehr flüssig, verteilt sich dieser Zement in der gesamten Knochenmasse und härtet innerhalb weniger Minuten vollständig aus. Während einer Sitzung können mehrere Wirbelkörper mit Zement ausgefüllt und stabilisiert werden. Knochenzement wieder aufgefüllt. Eine spezielle Form der Kyphoplastie ist die Radiofrequenz-Kyphoplastie. Durch die Verwendung der Radiofrequenzenergie wird erreicht, dass der Knochenzement eine noch höhere Viskosität (Zähigkeit) bekommt. So lässt sich das Risiko minimieren, dass Zement in den sensiblen Bereichen austritt. Mithilfe eines Ballons wird ein Hohlraum geschaffen Erfahrungsgemäß führen sowohl die Vertebroplastie als auch die Kyphoplastie zu einer raschen Verringerung der Schmerzen. Indem die Wirbelkörper von innen stabilisiert werden, lassen sich Mikrobewegungen reduzieren, die dazu führen könnten, dass die Nervenfasern der Knochenhaut irritiert werden. Da der Zement in die feinen Gänge des Knocheninnern eindringt, umschließt er die löchrige Struktur, ohne sie zu zerstören. Außerdem gelten beide Verfahren als relativ schonend und führen zu deutlich verkürzten Klinikaufenthalten. Die Kyphoplastie wird sowohl unter Vollnarkose als auch unter Lokalanästhesie durchgeführt. Die Besonderheit dieses Verfahrens besteht darin, dass ein Ballon in den eingebrochenen Wirbel eingebracht und mit einem Kontrastmittel angefüllt wird. Dadurch wird der Wirbel wieder aufgerichtet. In vielen Fällen gelingt diese Aufrichtung so weit, dass die natürliche Höhe und der normale Grad der Kyphosierung annähernd erreicht wird. Anschließend wird der Ballon wieder entfernt. Der Hohlraum, den er hinterlassen hat, wird mit zähflüssigem Die Schmerzen werden schnell reduziert von Klaus Bingler ORTHOpress 2 /2011 59