Betriebliche Anwendungssysteme Einführung von ERP-Systemen Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik Prozesse und Systeme Universität Potsdam Univ.-Prof. Dr.–Ing. habil. Norbert Gronau Lehrstuhlinhaber | Chairholder Chair of Business Informatics Processes and Systems University of Potsdam Tel Fax August-Bebel-Str. 89 | 14482 Potsdam | Germany +49 331 977 3322 +49 331 977 3406 E-Mail [email protected] Web lswi.de Anfänge von Analytics Big Data und Business Analytics Tools für Analytics im Business Umfeld Aktuelle Nutzungssituation - Ergebnisse einer empirischen Studie Anfänge von Analytics Big Data und Business Analytics Tools für Analytics im Business Umfeld Aktuelle Nutzungssituation - Ergebnisse einer empirischen Studie Das am häufigsten verwendete Auswertungssystem der Welt .... Historische Entwicklung um 1990 1970 Management Informations Systems 2012 Business Intelligence Data Warehouse Systems 1980 Execution Information Systems „Big Data“ Begriffe Management Information System (MIS) Decision Support System (DSS) Ab 1970 Um 1980 Versorgung des Managements mit verdichteten und gefilterten Informationen Planungs- und Analysefunktionen Entwicklung eigener Systeme Optimierungsrechnungen, Simulationen und heuristische Verfahren Executive Information System (EIS) Ansatz in den 1990er Jahren Ziel: Entscheidungsqualität verbessern Management Support System (MSS) Erweiterung des MIS-Ansatzes Planung, Organisation, Steuerung und Kontrolle betrieblicher Leistungsprozesse Übernahme von Daten aus verschiedenen Datenquellen Kombination von DSS und EIS als allumfassendes Konzept Konzept Data Warehaouse Management Informationssysteme waren die ersten computergestützten Anwendungssysteme. Der Übergang zu neueren Konzepten wie Business Intelligence ist fließend. Quelle: Gluchowski et al. 2008 Business Intelligence - Begriffliche Abgrenzungsprobleme BI = Daten- und Informationsverarbeitung für die Unternehmensführung BI = Filter zur Beherrschung der Informationsflut- und logistik BI = MIS, aber besonders schnell in der Auswertung BI = Frühwarnsysteme BI = Data Warehouse BI = Informations- und Wissenspeicherung BI = Prozess zur Informationserhebung und Auswertung Quelle: Kemper et al. 2006 Datenbereitstellung Extraktion, Transformation Weiteres BI Verständnis Data Warehouse Enges BI Verständnis Standard Reporting Ad-hoc Text Mining Datenauswertung Prozessphase Ansatz zum Verständnis von BI Data Mining OLAP Kennzahlen, BSC MIS EIS Planung, Konsolidierung Anwendung Technik Schwerpunkt der Betrachtung Quelle: Chamoni und Gluchowski 2004 Analyseorientiertes BI Verständnis Data Warehouse Begriff Eigenschaften Einsatzgebiete Themenbezogene, integrierte, zeitorientierte und permanente Datensammlung Keine operativen Daten Informationsbereitstellung Trennung von operativen Systemen (bspw. ERP) Einheitliche konsistente Aufbewahrung Entscheidungs-unterstützung für die Führungsebene Komponenten zur Datenbeschaffung und Aufbereitung Analyse von Datenbeständen Controllingfunktionen Ein Data Warehouse stellt Daten aus verschiedenen Datenquellen zum Zwecke der Entscheidungsfindung zur Verfügung. Quelle: Hansen 2009 Aufbau eines Data Warehouse Präsentationsebene Datenbereitstellungsebene Frontend-Client OLAP - Server Laden Datenhaltungsebene Data Warehouse Laden Datenerfassungsebene Bereinigen, Transformieren, Kombinieren Extraktion Datenquellen Quelle: Goeken 2005 Beispiel: Architektur SAP Data Warehouse Datenwürfel Quelle: Goméz 2009 Auswertungsmethoden Reporting Werkzeuge für Standardberichteund Listen Data Mining Suche nach Trends und Mustern Ad-hoc querys Neuronale Netze oder künstliche Intelligenz Grafische und tabellarische Auswertung Ausgangspunkt für neue Erkenntnisse Datenanalyse OLAP Schnelle und einfache Änderung von Betrachtungswinkeln Ausschnitte betrachten Änderung des Grades an Detaillierung ändern Grenzwerte analysieren Kritik: Data Warehouse Systeme analysieren keine operativen Daten und durch das periodische Laden sind die Ergebnisse nicht immer aktuell. Quelle: Hansen 2009 Wachstum der Datenmengen 1 Kundenauftrag 100 Fertigungsaufträge 10 Arbeitsgänge Tracing alle 10 sec. Notwendigkeit nach neueren Konzepten Globalisierung Einsatz von IKT Anspruchsinflation Vernetzung der Märkte Steigende Markttransparenz Individualisierung Vernetzung der Märkte Sinkende Transaktionskosten Kürzere Produktlebenszyklen 2 7 Immer größere Datenmengen (Big Data) Steigende Marktdynamik Zeitdruck bei erfolgskritischen Analysen 2 7 Zeitnahe Verarbeitung und Analyse großer Datenmengen mn ERP-System 2 7 In-Memory Technologie für ERP-Systeme In-Memory Technology Traditionell: Permanente Speicherung Verarbeitung Zwischenspeicher Zugriffszeit: 0,005 s Zugriffszeit: 0,0000001 s MB Lesen: 0,03 s 1MB Lesen: 0,00025 s Datenerhaltung im Arbeitsspeicher ca. 100 mal schneller In-Memory: Back Up SAP HANA Quelle: Plattner 2011 Verarbeitung Permanente Speicherung Oracle Times TenDB IBM solidDB Bewertung In-Memory Vorteile Nachteile Datenaufbereitung entfällt Hohe Investitionen in 64-Bit Systeme 10 bis 100 mal schnellere Datenanalysen möglich Hohe Mengen an Arbeitsspeicher Separate Analysesysteme können entfallen Hohe Investitionen in Technologie und Umstellungskosten Große Mengen an Daten können verarbeitet werden Komplexere Analyseverfahren werden möglich Quelle: Loos et al. 2011 Leistungsfähigere Technik führt zu immer leistungsstärkeren Anwendungen Anfänge von Analytics Big Data und Business Analytics Tools für Analytics im Business Umfeld Aktuelle Nutzungssituation - Ergebnisse einer empirischen Studie Datenvielfalt Maschinen- und Sensordaten Sonstige Webshops ERP-, CRM-, SCMSysteme Social Media Datenquellen Internet Wettbewerbsvorteil Leistung heutiger Informationssysteme Alarme Welche Handlungen sind erforderlich? Wo genau ist das Problem? Abfragen/Drilldown Wie viele, wie oft, wo? Adhoc-Berichte Was ist passiert? Standardberichte Grad an „Intelligence“ Quelle: Davenport/Harris 2007, S. 8 Wettbewerbsvorteil Möglichkeiten durch Analytics Optimierung Was ist das beste, das passieren kann? Prognosemodelle Was wird als nächstes passieren? Vorhersage/Extrapolation Was, wenn diese Trends anhalten? Statistische Analyse Warum passiert das? Alarme Abfragen/Drilldown Adhoc-Berichte Standardberichte Grad an „Intelligence“ Quelle: Davenport/Harris 2007, S. 8 Anstieg der Datenmengen Quelle: Bitkom Merkmale von Big Data Big Data bezeichnet den Einsatz großer Datenmengen aus vielfältigen Quellen mit einer hohen Verarbeitungsgeschwindigkeit. Quelle: Bitkom 2012 Nutzen durch die erfolgreiche Bewältigung von Big Data ... ... im Handel Steigerung von Cross- und Upselling-Quoten Senkung der Kündigungsrate bei Werbe-Mailings Senkung des Lagerbestands Senkung der durchschnittlichen Verweildauer von verfügbaren Nachschub Steuerung der Warenströme Signifikante Steigerung der Analysefähigkeit Nutzen durch die erfolgreiche Bewältigung von Big Data ... ... in der Produktion Entscheidungssicherheit erhöhen Produktionsprozesse verbessern Ausbau von Forschungsaktivitäten Produktmängel und andere Probleme frühzeitig erkennen und beheben Nutzen durch die erfolgreiche Bewältigung von Big Data ... ... für Dienstleistungen Kostensenkung ohne Abstriche bei der Servicequalität Vermeiden von Wartezeiten Serviceorientierung erhöhen Zukünftige Kapazitäten besser planen Aktueller Stand Aktuell stehen Auf- und Ausbauinvestitionen auf der Infrastrukturseite bei den Anwendern im Vordergrund Ziel: Grundlage für Big-Data-basierte Prozesse und Geschäftsmodelle zu legen Der Umsatz mit Big-Data-Lösungen weltweit soll von (2014) rund 18,3 Milliarden Euro auf (2026) 92,2 Milliarden Euro anwachsen Deutsche Unternehmen sind zurückhaltender Deutschland wird aber eine europaweite Führungsrolle zum Thema Big Data einnehmen. Derzeit sind Unternehmen aus der Internet- und eCommerce- und Werbebranche die Vorreiter beim Einsatz von Big Data Bewertung Big Data Chancen Risiken Schnelle Auswertung großer Datenmengen in Echtzeit Kosten Entscheidungsfindung durch schnellere und bessere Analysen verbessern Fehlende konkrete Einsatzszenarien Neue Erkenntnisse über Zusammenhänge gewinnen Erschließung neuer Geschäftsfelder Steigerung der Effizienz ... Fehlendes technisches und fachliches Know-How Fehlende Datenschutzkonzepte (Bsp. Nutzung Social Media) Wem gehören die Daten? Überwachung .. Zukünftige Entwicklungen Social Media Analytics Predictive Analytics Einbindung von sozialen Medien als Kontaktkanal zu Kunden Funktionen zur Vorhersage Abwicklung von Aufträgen über soziale Netzwerke Komplexe wirtschaftliche Zusammenhänge analysieren Neue Zusammenhänge erkennen Augmented Reality Erweiterung der Realitätswahrnehmung Einbindung der Umgebung Einsatz im privaten und industriellen Umfeld Business Analytics - Ziele und Abgrenzung Ziele Business Analytics Untersuchen von Daten nach neuen Mustern und Zusammenhängen Was ist passiert? Warum ist es passiert? Wann ist es passiert? Wird es wieder passieren? Erforschen der Ursachen von Ereignissen Wer ist der Verursacher? Was passiert, wenn wir x ändern? In welchem Umfang? Welche Zusammenhänge lassen sich aus den Daten über das offensichtliche hinaus finden? Überprüfen von zuvor getroffenen Entscheidung mit Hilfe bestimmter Test (statistische und qualitative Analyse) Vorhersage zukünftiger Ereignisse (Predictive Analytics) Business Intelligence Anfänge von Analytics Big Data und Business Analytics Tools für Analytics im Business Umfeld Aktuelle Nutzungssituation - Ergebnisse einer empirischen Studie Integrierte ERP-Funktionen Management Cockpits / Dashboards Berichte Integrierte Übersichten im ERP-System Aufbereitung von ERP-Daten Informationszentrum für Führungskräfte Nutzung von Filtern- und Selektionskriterien Grafische Darstellung von Kennzahlen Ggf. weiter selektierbar Basierend auf Ist-Daten Standard ERP - Funktion Forecasts Plantafel Integrierte Planungsfunktion Darstellung von Planungsabläufen Nutzung vergangenheitsorientierter Daten zur Zukunftsprognose Berücksichtigung von Abhängigkeiten Simulationsfunktion Anwendung im Bereich Fertigung, Personal, Projektmanagement Erweiterte ERP-Funktion Zentrales Element im Leitstand Analytische Funktionen in einem ERP-System sind auf einfache standardisierte Auswertungen beschränkt. Beispiel für ein Management Cockpit / Dashboard Spezialisierte Lösungen (Auszug) SAS Software IBM Unabhängiger Anbieter Cognos = Analytics Lösung von IBM Vielzahl an Produkten und Branchenlösungen SPSS = Lösung für Predictive Analytics Produkte rund um das Thema Business Intelligence Microstrategy Anbieter im Bereich Business Intelligence Reporting-, Analyse- und Monitoring Software Anfänge von Analytics Big Data und Business Analytics Aktuelle Nutzungssituation - Ergebnisse einer empirischen Studie Einstellung zu Business Analytics 12,6 % Trifft voll zu 39,5 % 47,1 % Trifft eher zu 41,9 % 24,1 % Trifft eher nicht zu Trifft nicht zu 16,3 % 16,1 % 2,3 % Die Mitarbeiter unseres Unternehmens scheuen den Einsatz von Analysetools nicht. Unser Top Management befürwortet den Einsatz analytischer Methoden Tendenziell steht das Management der Thematik offener gegenüber. n = 115 Anteil der genutzten Datenquellen für Analysen 29 % 58 % 3 % Weniger als 20% 51% - 75% 20% - 50% Mehr als 75% 9 % Erst 12 % der befragten Unternehmen nutzen mehr als die Hälfte der verfügbaren Daten. n = 115 Verwendete Datenquellen für Analyse Banken / Versicherungen Handel Manufacturing 0 % 25 % Customer-Relationship-Management Social Media 50 % 100 % Enterprise-Resource-Planning-Systeme Externe Marktforschungsdaten Für die Analyse werden eher strukturierte Daten verwendet. n = 115 75 % Point of Sale Websites Ursachen für die erschwerte Nutzung Fehlende Kenntnis über die Möglichkeiten von Business Analytics (ca. 65%ige Nennung als Anwendungsbarriere) Fehlende Investition durch das Top Management (ca. 47%ige Nennung als Anwendungsbarriere) Fehlende Verständlichkeit aufbereiteter Analysemodelle: Fast die Hälfte der Unternehmen schätzen diese als befriedigend oder ausreichend ein. Mangelnde Geschwindigkeit von Analyseergebnissen: Auch hier schätzen fast 50% der Unternehmen die Zeitdauer zwischen einer Analyseanfrage und dem vorliegenden Ergebnis als befriedigend oder ausreichend ein. Im Detail: Banken und Versicherungen Sehr oft Oft Regelmäßig Projektbezogen Sehr selten Gar nicht 0 % 25 % 50 % 75 % Erkennen von Nachfrageverhalten der Kunden Monitoring der Produktwahrnehmung Business Analytics ist im Bankensektor für die Endkundenorientierung bereits von Bedeutung. 60% der befragten Banken nutzen Business Analytics oft für die Auswertung von Kundenmeinungen n = 10 Im Detail: Handelsunternehmen in der Selbsteinschätzung 35,9 % 30,4 % 27,0 % 29,3 % 27,2 % 19,6 % 14,1 % 7,6 % 6,5 % 4,3 % 4,3 % 0,0 % Sehr gut Gut Befriedigend Business Intelligence Ausreichend Mangelhaft Ungenügend Business Analytics Handelsunternehmen bewerten sich selbst hinsichtlich Business Intelligence und Business Analytics nur durchschnittlich nur mit befriedigend. n = 20 Im Detail: Aufstellung von Industrieunternehmen Standardberichte Ad-hoc Berichte Abfragen / Drilldown 2,1 2,9 3,2 Alarme Statistische Analyse Vorhersage / Extrapolation 3,8 3,6 4,4 Prognosemodelle Optimierung 4,5 4,2 Die deutsche Industrie ist nur in sehr geringem Umfang analytisch ausgeprägt. Die Aufstellung im Bereich Business Analytics wird mit ungenügend eingestuft und die Nutzung ist noch nicht unternehmensweit verbreitet. n = 45 Fazit Industrieunternehmen Die deutsche Industrie ist nur in sehr geringem Umfang analytisch ausgeprägt. Die Aufstellung im Bereich Business Analytics wird mit ungenügend eingestuft und die Nutzung ist noch nicht unternehmensweit verbreitet. Fast alle befragten Unternehmen nutzen weniger als die Hälfte der aktuell verfügbaren Unternehmensdaten für Analysezwecke. ERP-Systeme liefern nach wie vor einen Großteil der Daten in den Industrieunternehmen. Dennoch sind die Unternehmen der Ansicht, dass die Daten aus den operativen Systemen (ERP usw.) noch nicht ausreichend sind, um umfangreiche Analysen durchführen zu können. Auf der Mitarbeiterebene ist in der deutschsprachigen Industrie Skepsis zu beobachten, denn die Hälfte der Unternehmen gibt an, dass die Mitarbeiter den Einsatz analytischer Methoden scheuen. Fehlende Investitionen durch das Top Management, fehlende Kenntnis über die Chancen und Vorteile durch Business Analytics führen dazu, dass die Mitarbeiter von Industrieunternehmen noch immer stärker Business Intelligence Lösungen anwenden. Lernzielfragen Was versteht man unter Business Intelligence? Erläutern Sie den Aufbau eines Data Warehouse Was wird unter dem Konzept von Big Data verstanden? Welchen Nutzen kann Big Data stiften und welche Risiken gehen damit einher? Welche Hindernisse könnten einer Nutzung von Big Data Technologien aktuell entgegenstehen? Literatur Bitkom 2012: Big Data im Praxiseinsatz - Szenarien, Beispiele, Effekte. Chamoni, P.; Gluchowsky, P.: Analytische Informationssysteme – Einordnung und Überblick. In: Chamoni, P.; Gluchowski, P. (Hrsg.): Analytische Informationssysteme, Springer-Verlag (Berlin u.a.), 2009, S. 3-22. Gluchowski, Peter ; Gabriel, Roland ; Dittmar, Carsten: Management Support Systeme und Business Intelligence. Computergestützte Informationssysteme für Fach- und Führungskräfte. 2. Auflage. Springer : Berlin et al. 2008. Goméz, J. M.; Rautenstrauch, C.; Cissek, P. u.a.: Einführung in SAP Business Information Warehouse. Springer-Verlag (Berlin u.a.), 2006. Kemper et al. 2006: Business Intelligence, Grundlagen und Praktische Anwendungen, 2. Auflage, Vieweg, Loos, Peter et. al. (2011): In-memory Databases in Business Information Systems. In Buhl/ Hans Ulrich: Business & Information Systems Engineering, Band 3, Ausgabe 6. Springer Gabler | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH Plattner, Hasso / Zeier, Alexander (2011): In-Memory Data Management. An Inflection Point for Enterprise Applications. Springer-Verlag Berlin Heidelberg