Geschichtlicher Überblick Die Dominikanische Republik (span. República Dominicana) ist ein den Großen Antillen zugehöriger Inselstaat zwischen dem Atlantik und der Karibik. Er umfasst den Osten und die Mitte der Insel Hispaniola, während das westliche Drittel der Staat Haiti einnimmt. Die Staatsangehörigen heißen Dominikaner[3]. Die Dominikanische Republik ist nicht zu verwechseln mit der kleinen Karibikinsel Dominica (deren Staatsangehörige Dominicaner heißen). - 500 v. Chr. Besiedelung durch nomadische Fischer und Sammler (Siboneys) - 650 - 1200 n. Chr. Zuwanderung von Taínos auf der Flucht vor den Kariben - 1492 Christoph Kolumbus errichtet die erste europäische Siedlung der neuen Welt auf Hispanola - 1493 Kolumbus zweite Entdeckungsreise bringt Kolonisten und Goldgräber auf die Insel - 1496 Kolumbus' Bruder Bartolomé gründet an der Südküste die Siedlung Nueva Isabela, die später verlegt wird (Santa Domingo) - 1500 die Kolumbus-Brüder werden nach Aufständen nach Spanien zurückgeschickt - 1586 Sir Francis Drake plündert Santa Domingo - 1650 Französische Freibeuter lassen sich im Nordwesten nieder - 1697 Spanien tritt den Westteil der Insel (Saint Domingue = Haiti) an Frankreich ab - 1730 die Zahl der Sklaven in Haiti steigt auf 120.000 - 1789 die Nachricht von der französischen Revolution erreicht die Kolonie - 1791 Sklavenaufstand im Haiti - 1793 die Sklaverei wird abgeschafft - 1795 Spanien tritt Santa Domingo ebenfalls an Frankreich ab - 1801 Napoleon Bonaparte führt in Haiti die Sklaverei wieder ein - 1804 Haiti wird unabhängig - 1809 nach 14 Jahren französischer Besatzung wird der Osten Hispaniolas wieder spanisch - 1821 Hispaniola wird unabhängig - 1822 Haitis Präsident Boyer besetzt Santa Domingo - 1825 akzeptiert Boyer 150 Mio Francs Entschädigung an Frankreich, das dafür die Souveränität Haitis anerkennt - 1843 Sturz von Präsident Boyer - 1905 die USA übernehmen angesichts des wachsenden Einflusses europäischer Mächte die Zollhoheit der Dom. Rep. - 1915 US-Truppen besetzen Haiti nach einer Ära extremer politischer Instabilität - 1916 die Amerikaner übernehmen die Kontrolle über die Dom. Rep. - 1925 die Amerikaner ziehen ihre Truppen ab; Haiti verlassen sie neun Jahre später - 1930 Beginn einer 30-jährigen Diktatur durch den neuen dominikanischen Machthaber Rafael Trujillo - 1937 Trujillo lässt 15.000 haitianische Zuwanderer niedermetzeln - 1957 Wahl von Francois Duvalier (alias Papa Doc) zum Präsidenten Haitis - 1961 Ermordung Trujillos - 1962 Bürgerunruhen - 1965 erneuter Einmarsch der US-Truppen - 1971 Tod von Papa Doc, Nachfolger wird dessen Sohn Jean Claude (Baby Doc) - 1978 die PDR (Revolutionäre Dominikanische Partei gegründet 1939) erlangt nach Putschdrohung die Macht in der Dom. Rep. - 1986 nach Unruhen in Haiti übernimmt das Militär die Kontrolle; Baby Doc flieht ins Ausland - 1987 Wahlen in Haiti enden blutig; militärische und paramilitärische Einheiten gehen gewaltsam gegen Wähler vor - 1990 Jean Bertrand Aristide erhält bei Haitis erster fairer Wahl 70% der Wählerstimmen - 1991 Aristide wird gestürzt und flieht ins Exil - 1994 nach 3 Jahren grausamer Unterdrückung in Haiti verhilft US-Interventionen Aristide wieder zur Macht - 1996 entscheidet Leonel Fernández Reyna die freie und faire Wahl in der Dom. Rep für sich; Aristide in Haiti tritt sein Amt an seinem Nachfolger René Préval ab - 1997 ein historisches Treffen zwischen Fernández und Préval weckt Hoffnung auf bessere nachbarschaftlichen Beziehungen - 1998 die PDR gewinnt die Wahlen in der Dom.Rep. - 2000 bis 2004 PDR-Kandidat Hipólito Mejiá gewinnt im ersten Wahlgang die Präsidentschaftswahl; in Haiti wird erneut Aristide zum Präsidenten gewählt. Hipólito Mejía erlangte weltweite Bekanntschaft durch häufige verbale Ausfälle. Diese richteten sich oft gegen Journalisten. So bezeichnete er beispielsweise einen dunkelhäutigen Kameramann nach einem Interview als "kleines Äffchen". - 2006 Auch zwei Jahre nach seinem erneuten Machtantritt findet Präsident Fernández Reyna mit seinem Programm "Sicheres Viertel" (= größere Polizeipräsenz in den Armenvierteln) große Zustimmung in der Bevölkerung. Im Parlament konnte aber auch bei den Wahlen 2006 seine Partido de la Liberación Dominicana (PLD), Partei der Dominikanischen Befreiung, keine Mehrheit erringen. Er muss dort deshalb weiterhin gegen eine oppositionelle Mehrheit der sozialdemokratischen Revolutionären Dominikanischen Partei (Partido Revolutionario Dominicana, PRD) und der rechtskonservativen Sozialchristlichen Reformistischen Partei (Partido Reformista Social Cristiano, PRSC) regieren. die ersten Siedler kamen per Kanu vom Festland Venezuelas und waren Nachkommen eines südamerikanischen Arawak-Stammes. Der Migrationsprozess der Taìnos dauerte mehrere Jahrhunderte, da nach jeder entdeckten Insel eine neue folgte: sie begannen ihre Reise in Trinidad und setzten sie zu den kleinen Inseln der östlichen Karibik (Kleine Antillen) fort. So gelangten sie bis nach Kuba, zu den Bahamas und nach Ayiti (Haiti). Hier trafen sie auf die ältesten Bewohner der Region, die Siboneys, die sich 500 v. Chr. auf Ayiti und anderen Inseln angesiedelt hatten. Sie stammten aus dem heutigen Florida oder Mexico und waren kulturell weitaus weniger entwickelt als die Taínos. Diese kleinen, primitiven Indianergruppen wurden von den Taínos sehr bald verdrängt bzw. unterworfen. Die Taínos dominierten schließlich um 1200 n. Chr. auf allen Inseln der großen Antillen, mit Ausnahmen des westlichen Kuba. So waren die Taínos zu dem Zeitpunkt, als Kolumbus mit seiner Flotte landete, erst 200 bis 300 Jahre auf Ayiti ansässig. Die gastfreundlichen Taínos waren keineswegs Wilden. Sie bildeten bereits eine organisierte Gesellschaft aus Stammesfamilien und lebten in Dörfern mit etwa 1.000 Einwohnern. Jedes Dorf hatte einen Stammeshäuptling, der zugleich Medizinmann war. Diese Position wurde stets weiter vererbt, nicht nur an Männer. Das Land war Kollektivbesitz und wurde auch gemeinschaftlich bestellt. Sie verstanden sich hervorragend auf Ackerbau (Süßkartoffeln, Erdnüsse und Bohnen). Hauptnahrungsmittel war Maniok (Brot). Meer und Flüsse boten reiche Nahrung und sie jagten auf Vögel und Nagetiere, die sie dann auf dem Barbacoa (eines der wenigen heute noch verwendeten Taíno-Wörter) rösteten. Sprachliches Vermächtnis: die alte Indianersprache lebt in mehreren modernen Begriffen fort: - Hurrikan = huracan - Mais = maiz - Kanu = canaua - Tabak = tabaco - Savann = sabana - Barbecue = barbacoa Andere Begriffe waren ausgesprochen bildhaft: - Daumen ist wortwörtlich übersetzt "der Vater der Finger" - Puls "die Seele der Hand" - Ehefrau "mein Herz" - Schwiegersohn "der mir Enkel macht" - Regenbogen "Gottes Federbusch" - Erdbeben "kochender Topf" Die Europäer hießen wegen ihrer Kleidung und Rüstung "hässlicher Feind" Diese freundlichen Indianer waren offensichtlich auch religiös. Sie verehrten drei Gottheiten: - einen Gott des Reichtums an Nahrung und der Naturgewalten - eine Fruchtbarkeitsgöttin, die mit Meer und Mond zusammenhing - und eine hundeähnliche Gottheit für die frisch Verstorbenen. Die Taínos verstanden sich nicht nur auf Töpferei, Haus- und Schiffsbau, sondern waren auch begeisterte Ballspieler. Kolumbus und seinen Gefährten staunten nicht schlecht, als sie zusahen, wie Mannschaften von 10 - 30 Spielern auf jeder Seite sich eine Art Gummiball ohne Zuhilfenahme von Händen und Füßen zuspielten. Es wäre zu einfach, das Leben der präkolumbischen Bewohner Ayitis und anderer Karibikinseln zu verklären, doch mit Sicherheit war ihr Leben vor der Ankunft der Europäer eine Idylle, in Vergleich zu dem was folgen sollte. das verlorene Paradies Das Aufeinandertreffen von Eingeborenen und Kolonialmächte führte überall in der Neuen Welt zu folgeschweren Verlagerungen und unsagbarem menschlichem Leid, doch nirgendwo sonst sollte sich dieser Prozess so verheerend auswirken wie auf der Insel, die Kolumbus am 12. Dezember 1492 für Spanien in Besitz nahm. Als Kolumbus auf seiner Suche nach einer Alternativroute nach Asien die Bahamas erreichte, erzählten gastfreundlichen Taínos, dass die Quelle ihres Goldschmucks weiter südlich lag. Kolumbus, der dachte, er befände sich an einem entlegenen Außenposten Japans, war von der Einfachheit der Taíno-Kultur, in der er nur ein Sklavenpotential sah, und dem augenfälligem Mangel an Reichtum, enttäuscht. So segelte er mit seiner Flotte weiter und umrundete Kuba, wo die ersten Eindrücke auch nicht verheißungsvoller waren. Zwei Monate nach ihrer Landung auf den Bahamas tauchte schließlich die Küste Ayitis vor ihnen auf. Es war Ayitis Glück - oder Unglück - die erste europäische Ansiedlung in der Neuen Welt zu werden. Am Heiligabend 1492 lief die "Santa Maria" vor der Nordküste auf ein Riff auf und Kolumbus ließ aus den geborgenen Schiffstrümmern an Land ein Fort errichten. Die Taínos halfen sogar bei der Bergung der Trümmern und die Errichtung des Forts. Ihre Großzügigkeit schien grenzenlos, sodass 39 Europäer gerne freiwillig auf die Insel blieben, um alles Gold, das sie fanden, zusammen zu tragen und nach weiteren Goldminen zu suchen, während Kolumbus in der Zwischenzeit nach Spanien zurückkehrte, um eine neue Reise zu organisieren. Als er in November 1493 zurück kam, fand er das Fort abgebrannt und seine Männer tot oder vermisst vor. Ein anderer, mächtigerer Taíno-Stamm habe das Massaker als Vergeltung für das Vergreifen der Europäer an Nahrungsmitteln, Frauen und Gold angeordnet, hieß es. Kolumbus (der sich immer noch in Asien glaubte) war in Spanien auf Begeisterung gestoßen, als er von dem Gold und anderen Schätze erzählte. Mit königlicher Unterstützung bestand seine Flotte diesmal aus 17 Schiffen mit 1200 Mann und Vieh, Saatgut und Zuckerrohrschösslingen. Es war ein Vortrupp an Kolonisten, leicht bewaffnet und mit mehreren Priestern an Bord. Verlockt von der Aussicht auf schnellem Reichtum, schlossen sich etwa 200 spanische Edelmänner auf eigenen Kosten an. Kolumbus ließ sich durch das niedergebrannte Fort und die getrübten Beziehungen zu den Taínos nicht von seinen Kolonieplänen abbringen, gründete die Siedlung La Isabela und schickte Goldschürfer in das Landesinnere. Damit nahm der erste Goldrausch der Europäer in der Neuen Welt seinen Anfang und mit ihm auch der erste Genozid (Völkermord) der Neuzeit. Kolumbus hatte über die Taínos einst gesagt, es gäbe in de ganzen Welt kein besseres Volk. Genau dieses Volk sollte binnen eines halben Jahrhunderts ausgelöscht werden. in spanischer Hand Hispanola wird gern als "Kolumbus' liebstes Land" gepriesen. Doch dieses Land denkt an den Eroberer und Seefahrer eher mit Schaudern zurück. Noch heute wagen abergläubische Dominikaner nicht einmal seinen Namen auszusprechen, da für sie über ihm ein Fluch liegt. Nach der zweiten Entdeckungsreise 1493 diktierten Christoph Kolumbus und seine Brüder Diego und Bartholomé sieben Jahre lang das Leben auf der Insel. Interne Streitigkeiten und Gewalt gegen die Taínos kennzeichnen jene Zeit. Die erfolglose Suche der Spanier nach Gold heizte die angespannte Situation weiter auf. 1495 schlugen die Spanier einen Aufstand der Taínos nieder. 500 Mitglieder des Volksstammes wurden dabei gefangen genommen und als Sklaven nach Sevilla verschifft. Die meisten starben unterwegs oder wenige Wochen nach ihrer Ankunft in Europa. Unzufriedenheit und Frustration konnten nicht beseitigt werden, sodass die spanische Krone 1500 Francisco de Bobadilla entsandte, um die Lage zu prüfen. Er ließ die Kolumbus Brüder verhaften und sie in Ketten nach Sevilla zurück schicken. Kolumbus sollte Hispanola nur noch einmal - im Jahr 1504 - wiedersehen. Nach Bobadillas Einschreiten kamen 2.500 weitere Kolonisten sowie ein neuer Gouverneur, die die Taínos immer stärker und erbarmungsloser ausbeuteten. Der neue Gouverneur Ovando teilte ganze Stammesgemeinschaften den Siedlern als Sklaven bzw. Eigentum zu. Die "Gegenleistung" für sechs bis acht Monate Arbeitspflicht im Jahr bestand in der "Zusicherung", sie nicht abzuschlachten. Dieses System war vielleicht nicht ganz so schlimm, wie Kolumbus' Massenversklavung, trug jedoch wenig dazu bei, den Völkermord der Taínos abzuwenden. Am Ende von Ovandos Amtszeit 1509 gab es nur noch knapp 60.000 Taínos. Christoph Kolumbus Tod in 1506 bedeutete noch nicht das Ende der Kolumbus-Connection: Ovandos Nachfolger hieß Diego Kolumbus und war der älteste Sohn des Entdeckers. Er errichtete am Rand von Santa Domingo die erste Zuckerrohrplantage. Eine aufgeblähte militärische, administrative und kirchliche Reichsbürokratie richtete sich unter den neureichen, in den Adel eingeheirateten Diego Kolumbus - der spätere Vize-König West-Indiens - ein. Spanische Kirchenorden gründeten ihre eigenen Instutitionen und Lehrzentren und in Santa Domingo nahm auch das spanische Reich in Lateinamerika seinen Ausgang. Das Einschreiten der Kirche Um die steigende Sterberate bei den Taínos auf zu halten, zwang man die Indianer in eine Art Reservate. Die verheerende Pockenepidemie von 1519 reduzierte die Taínos auf 3.000 Überlebende. Der Indianerstamm war somit mehr denn je vom Aussterben bedroht. Inzwischen war auch die Kirche in die Kontroverse über die Behandlung der Taínos und den daraus resultierenden Arbeitskräftemängel verwickelt. Der spanischen Krone missfielen Diegos Machenschaften. Er wurde nach Spanien zurückgerufen, doch nach fünf Jahren hatte man ihm wohl wieder verziehen. Als er 1520 nach Hispanola zurückkehrte, fand er eine Kolonie vor, die nach dem nicht erfüllten Traum vom Gold, nur noch von Viehzucht lebte. Eine Hoffnung gab es allerdings noch: Zucker. Die Zuckerrohrschößlinge, die Kolumbus 1493 von den Kanaren einführte, gediehen prächtig auf Hispanolas fruchtbarem Boden und einige Kolonisten erkannten die Gunst der Stunde. Die Europäer konnten von dem süßen Rohstoff nicht genug bekommen und Zucker aus dem nahen Osten war knapp geworden. Da war nur noch ein Problem: es gab nicht mehr genügend Arbeitskräfte unter den Ureinwohnern. Theoretisch waren die Taínos Untertanen der spanischen Krone. Was ursprünglich als Missionierung dargestellt worden war, war in Wirklichkeit in ein regelrechtes Abschlachten ausgeartet. Zu jener Zeit wurden die Spanier auf den Dominikanermönch und Verfechter der Indianerrechte Bartolomé de las Casas, aufmerksam, denn dieser wusste für sie ungewollt eine Lösung. Die Versklavung spanischer Untertanen, so sagte er einmal, sei unvertretbar: jedoch könne die Christliche Lehre "Heiden“, insbesondere "afrikanische Neger“ als Sklaven zulassen. Die religiöse Rechtfertigung des Sklavenhandels mit Schwarzen war in der Geschichte nicht neu. Die Katholische Kirche duldete dieses System im Glauben, die Afrikaner damit zum Christentum bekehren zu können. So begann die spanische Krone mit Sklavenhändlern Verträge abzuschließen. Mit Sklaven zum Reichtum Zwischen 1518 und 1540 wurden nach Angaben von de las Casas 30.000 Schwarze auf die Insel gebracht. Sklavenaufstände auf den Zuckerrohrplantagen wurden regelmäßig blutig niedergeschlagen. Ab 1550 versank Hispanola langsam in Bedeutungslosigkeit. Viele Kolonisten waren auf der Suche nach Gold in Richtung Mexico und Peru weiter gezogen. 1562 machte ein Erdbeben die wenigen Siedlungen an der Nordküste dem Erdboden gleich und beschleunigte damit die Abwanderung enttäuschter Siedler. In der Zwischenzeit kündigte sich eine noch größere Bedrohung für die Insel an: ab 1530 trieben Piraten und Freibeuter in der Karibik ihr Unwesen. Vor allem England widerstrebte das spanische Monopol in Süd-Amerika und Frankreich gelüstete es nicht minder nach den Schätzen der Karibik. Doch die ersten europäischen Eindringlinge waren nicht etwa Marineflotten, sondern Piraten, die mehr oder weniger mit stillschweigendem Einverständnis ihrer Regierung spanische Schiffe kaperten. 1560 plünderten englische Seeräuber alles, was an der Nordküste Hispanolas noch übrig war. Trotz der Versuche der Spanier, eine Verteidigungslinie um Santa Domingo zu ziehen, trat die Verwundbarkeit der Kolonie 1586 offen zutage, als der englische Admiral Sir Francis Drake mit 20 Schiffen ungehindert in den Hafen einlief. Drake wusste die protestantische Königin Elisabeth I. hinter sich, die es kaum erwarten konnte, dem katholischen Erzfeind Spanien den finanziellen wie religionspolitischen Todesstoß zu versetzen. Einen Monat lang zerstörten die Engländer Kirchen und Klöster, ließen die Hauptstadt in Ruinen zurück. Das spanische Monopol in der neuen Welt war nun durchbrochen und sogleich visierten Spaniens europäische Rivalen eigene Kolonien in der Karibik an. Der Zeitpunkt schien günstig: Spanien war durch die zahlreiche Kriege in Europa wirtschaftlich und militärisch angeschlagen und Piraten konnten dadurch ungeniert seine ungeschützten mit Gold und Silber aus Mexico und Peru beladenen Schiffe überfallen. Spaniens Einfluss auf der Insel ließ spürbar nach, während die englische und französische Präsenz an der Nordküste stetig zunahm. So wurde der Norden ein Stützpunkt der Freibeuter - Nachfahren der Piraten des vorangegangenen Jahrhunderts. Als sich diese englische Freibeuter in die "Piratenhauptstadt“ Port Royal auf Jamaika zurückzogen, ging praktisch die gesamte Nordküste an die Franzosen über. 1697 trat Spanien schließlich den Westteil der Insel offiziell an Frankreich ab. Die Insel war fortan in zwei ungleichen Teile geteilt, die Basis für eine angespannte Nachbarschaft. Die Perle der Antillen Unter den Franzosen erlebte Saint-Domingue (das frühere Ayiti) eine spektakuläre, in der Kolonialgeschichte des 18. Jhs, einzigartigen Aufstieg. Ein gesetzloses, vernachlässigtes Gebiet entwickelte sich binnen eines Jahrhunderts zur reichsten Kolonie der Welt. Während das spanische Inselteil 100 Jahre lang vor sich hin dümpelte, boomte es auf der französischen Seite, nicht zuletzt dank massiver staatlicher und privater Investitionen. Neben dem Zucker als Haupterzeugnis wurden weitere lukrative Exportprodukte wie Indigo, Kakao, Kaffee und Baumwolle angebaut. Eine kleine Elite weißer Grundbesitzer (Grand Blancs) schwelgte auf prunkvollen Gutshöfen oder in eleganten Stadthäusern in aristokratischem Luxus. Diese Elite führte ihren dekadenten Lebensstil auf dem Rücken einer riesigen Mehrheit von Negersklaven. Diese Sklaven wurden von einer Mittelschicht (Petit Blancs) brutal behandelt und ausgebeutet. Dann folgte eine Minderheit von gemischten Rassen und an unterste Stelle kamen die Negersklaven. Ein sicheres Rezept für spektakuläre Gewinne und sensationelles Wachstum – aber auch ein sicheres Rezept für den Untergang. Revolution Kurz vor der Französischen Revolution (1789 bis 1795) war Saint-Domingue der Inbegriff des europäischen Imperialismus, die reichste, prosperierendste Kolonie der Welt. 1789 zählte SaintDomingue eine halbe Million Sklaven, die unter unmenschlichen Bedingungen schufteten. Ihre Sterberate war sehr hoch, sodass jedes Jahr frische Arbeitskraft beschafft werden musste. Es gab auch freie Farbige, die Frucht verbotener, meist gewaltsam erzwungener Begegnungen zwischen weißen Männern und schwarzen Sklavinnen. Diese Mulatten beneideten die Weißen und verachteten die Schwarzen. Die Schwarzen warteten auf den Tag, in dem sie sich an ihren Unterdrückern rächen konnten. Sklavenaufstände, Flucht, Vergiftung von Tieren und manchmal auch Menschen waren an der Tagesordnung. Die Kolonialherren lebten in ständiger Furcht vor den Sklaven. Der Sturm bricht los Das spanische Santo Domingo (die heutige Dom. Rep) war weitaus ärmer, dafür aber insgesamt weniger explosiv. Man lebte hauptsächlich von Exporte landwirtschaftlicher Güter ins reiche Saint-Domingue. Soziologisch und ethnisch war es jedoch ganz anders geartet: weiße Zuwanderer von den Kanaren bildeten die Mehrheit, während die Negersklaven höchstens 30% der Bevölkerung ausmachten. Als die Nachricht von der Französischen Revolution nach Saint-Domingue sickerte, wertete jede Gesellschaftsgruppe die fernen Ereignisse nach ihren eigenen Interessen: Die Grand Blancs sahen in den Pariser Unruhen eine Gelegenheit für mehr Autonomie und weniger staatliche Kontrolle über den Kolonialhandel. Die freien Schwarzen hielten die Zeit für gekommen, Gleichberechtigung mit den Weißen zu fordern. Und die Sklaven nahmen die Botschaft von Freiheit und Gleichheit beim Wort. Am 22. August 1791 brach der Sturm schließlich los. Ein geheimes Treffen von Sklavenanführern löste den lang erwartenden Aufstand aus und leitete eine regelrechte Gewaltorgie ein. Binnen weniger Tage lagen die Plantagen im Norden in Schutt und Asche. Die Koloniemiliz schlug zurück und tötete nach Augenzeugenberichten innerhalb von zwei Monaten 2.000 Weiße und 10.000 Sklaven. Während die Lage im Norden immer verzweifelter wurde, erhoben sich im Süden die Mulatten. In diesen bürgerkriegsähnlichen Zustand platzte eine französische Flotte mit 6.000 Mann. Die Franzosen wollten die Anarchie verhindern, indem sie die Mulatten gleiche Rechte anboten. Die Sklaven gingen leer aus. Spanien und England hatten die Ereignisse aufmerksam verfolgt. Die reiche Kolonie hatte schon lange Englands Gelüste geweckt und Spaniens Truppen standen an der Grenze bereit, um das 1697 abgetretene Gebiet wieder zurückzufordern. In dieser kritischen Lage bewies der Sklavenanführer Toussaint L‘Ouverture strategisches Genie: mit seinen 4.000 Mann verbündete er sich mit der spanischen Armee und seine Rechnung ging auf: genötigt durch weiße Kontrarevolutionäre und die drohende ausländische Invasion, verkündigte der französische Republikaner Sonthonax im August 1793 einseitig die Abschaffung der Sklaverei. Kurz darauf wechselte Toussaint auf die Seite der Franzosen. Nachdem Spanien und Frankreich 1795 ihren Krieg beendeten, fiel Santa Domingo an die Franzosen. 1800 war Toussaint unangefochtener Herr über Saint Domingue und herrschte über ein unabhängiges Land. Er schloss Handelsabkommen mit den USA, förderte Bildungsinvestitionen über neue Steuern und drängte die ehemaligen Sklaven als freie Arbeitskräfte auf die Plantagen zurückzukehren. Er umwarb sogar die noch verbliebenen weißen Plantagenbesitzer (die meisten waren nach Kuba, Trinidad oder auf andere Insel geflüchtet) und lud sie ein, beim Wiederaufbau der Wirtschaft mitzuhelfen. Für Napoleon war Toussaints Autorität unerträglich. Er war weder bereit, die Abspaltung der wertvollsten französischen Kolonie hinzunehmen, noch sich von jenen herausfordern zu lassen, die er wegen ihrer Hautfarbe verachtete. War es Kaiserin Joséphine, Tochter einer weißen Sklavenhalterfamilie aus Martinique, die ihn dazu anstachelte, Ende 1801 eine 22.000 starke Truppe nach Saint-Dominigue zu entsenden, die Toussaint entfernen, die französische Herrschaft wiederherstellen und die Sklaverei wieder einführen sollte? Bevor er seinem Exil in Frankreich entgegen fuhr, sagte Toussaint: „indem ihr mich gestürzt habt, habt ihr lediglich den Stumpf des Baumes der Freiheit gefällt. Er wird jedoch wieder wachsen, denn seine Wurzeln sind zahlreich und tief.“ Der Vergeltungsschlag der Schwarzen führte schlussendlich dazu, dass von den 34.000 französischen Soldaten 24.000 gefallen sind. Der fanatische Weißenhasser Dessalines (einer der Nachfolger Toussaints) führte eine Kriegspolitik der verbrannten Erde, die die französischen Nachschubverbindungen abschnitt und die Kolonie in Schutt und Asche zurück ließ. Am 7. April 1803 trennte Dessalines den weißen Teil der französischen Trikolore ab und schuf damit die Flagge einer neuen Nation, symbolhaft gesäubert vom weißen Unterdrücker. Das war die Geburtsstunde für ein unabhängiges Haiti. Die Insel bekam auch ihren ursprünglichen Taíno- Namen Ayiti zurück. Es war eine auf Ruinen gebaute Nation, mit einem riesigen Heer an ehemaligen Sklaven ohne Land und Arbeit, wo den Weißen (blancs) das Recht auf Landbesitz oder sonstiges Eigentum per Verfassung abgesprochen wurde. Die Gründung der ersten schwarzen Republik der Welt löste in der Außenwelt weder Begeisterung noch Entsetzen aus. Für Liberale und Gegner der Sklaverei war damit erwiesen, dass die Unterdrückten über die Tyrannei siegen können und die Tage des Sklavenhandels gezählt waren. Doch für die Kolonialmächte und Sklavengesellschaften im gesamten Karibikraum war die erste erfolgreiche Sklavenrevolution beängstigend, denn sie zeigte auf, was anderswo genauso geschehen konnte. Der autokratische Machthaber Dessalines ernannte sich im Oktober 1804 selbst zum „Kaiser“ Haitis. Zwei Jahre später wurde er, nach einer kurzen, grausamen Herrschaft von meuternden Mulattenoffizieren erschossen. Sein Nachfolger, Henri Christophe, ein ehemaliger Kellner, der es beim Militär bis zum Befehlshaber gebracht hatte, wurde als Henri I. erster König der Neuen Welt. In einer Mischung aus Reformgeist und Größenwahn versuchte er, ein Bildungssystem und Hofleben im europäischen Stil einzuführen. Die alten Feindschaften zwischen Nord und Süd, den Schwarzen und den Mulatten waren erneut aufgeflackert. Unter Anführer Alexandre Pétion gelang es dem Süden, sich vom Christophes Reich abzuspalten und eine eigene Republik zu gründen. Diese seltsame Trennung hielt sich bis 1820, als Pétions Nachfolger, der Mulattengeneral Boyer (nach Christophes Selbstmord) das Land wieder vereinte. Ständig Machtkämpfen ausgeliefert, blieb Haiti ein Land mit der Hand an der Waffe. Die Unabhängigkeit war mit Waffengewalt erzwungen worden und die Generäle behielten ihren Einfluss bis weit ins 19. Jh. Geburt der Dominikanischen Republik In Haiti bröckelte das alte koloniale Plantagensystem langsam auseinander, der Grundbesitz wurde in Kleinlandbesitz aufgeteilt und machte Haiti zu einer Nation von Kleinbauern. Es entstanden zwei Welten: auf der eine Seite die schwarze, Kreolisch sprechende, meist ungebildete Landbevölkerung, auf der anderen die farbige, Französisch sprechende, gebildete Großstadt-Elite. Auf der Dominikanischen Seite herrschte das Chaos: - Bis 1809 blieben die aus Haiti vertriebenen Franzosen noch in Santa Domingo Während der Ostteil wieder mal an Spanien abgetreten wurde Weder Spanien noch Kolonialisten waren darüber besonders glücklich, während unfähige Gouverneure versuchten einer unruhigen Bevölkerung eine Kolonialherrschaft einschließlich Sklaverei auf zu zwingen. - 1821 proklamierte eine Gruppe angesehener Bürger die Unabhängigkeit des spanischen Inselteils und bat Simón Bolívar um den Beitritt zu der von ihm geplanten Konföderation. Es kam nie eine Antwort. Stattdessen ließ der Haitianische Präsident Boyer im Februar 1822 seine Soldaten in Santa Domingo einmarschieren. Noch heute wird den dominikanischen Schülern die 22-jährige haitianische Besatzung als brutaler Alptraum der Geschichte beigebracht. Die Wahrheit mag vielleicht etwas anders sein. Boyers Herrschaft war sicher streng, anderseits leiteten die Haitianer auch längst fällige Reformen ein, nicht zuletzt die Abschaffung der Sklaverei. Am Lautesten beklagten sich die mächtigen Großgrundbesitzer, vor allem die Kirche und nicht in Haiti lebende Spanier. Denn ihr Besitz wurde aufgelöst und neu verteilt. Bis zur Befreiung vom haitianischen Joch war es jedoch noch ein langer Weg. Die Plünderungen durch haitianische Truppen verschärften die Feindseligkeit der Bewohner, während sich in Haiti Splittergruppen gegen einen zusehends korrupten Boyer verschworen. Als Boyer 1843 nach Jamaika ins Exil ging, hielt la Trinitaria (ein in 1838 von Nationalisten gegründeter Geheimbund) die Zeit für gekommen. Am Morgen des 28. Februar 1844 wachten die Bewohner von Santa Domingo als Bürger eines neuen Landes auf. Wieder wurde die Insel geteilt, doch diesmal zwischen zwei unabhängigen Republiken. Es war mehr als nur eine geografische Teilung. Misstrauen und Hass waren tief verwurzelt. Jahrelange Instabilität und ausländische Einmischung machten die nachbarschaftlichen Beziehungen oft zu einer Zerreißprobe. Das Zeitalter der Diktatoren Haiti musste auf seine ersten freien Wahlen bis Dezember 1990 fast 200 Jahre lang warten. Die Dominikanische Republik wählte zwar schon 1962 demokratisch, ihre Regierung wurde jedoch gleich darauf vom Militär wieder gestürzt. In beiden Regionen hatte das Militär rasch die politische Macht und die damit verbundenen Reichtümer an sich gerissen. Diese labile Situation wurde durch ständige ausländische Einmischung noch verschärft und führte schließlich zu zwei der längsten und grausamsten Diktaturen in der Karibik: - 1847 - 1859 Faustin Soulouque (selbsternannter Kaiser Faustin I. von Haiti) 1848 - 1878 (mit Unterbrechungen) Buenaventura Báez in der Dom. Rep Es gab im 19. Jh. auch einige Mulattenpräsidenten, doch weitaus mehr Staatsoberhäupter waren Schwarze und stammten meistens aus dem von Schwarzen dominierten Militär. Die meisten Präsidenten waren sowieso nur an ihrer eigenen Bereicherung interessiert und scherten sich nicht um das Wohlergehen der Bevölkerung. Die Beziehungen zwischen Haiti und der Dominikanischen Republik waren recht abgekühlt, vor allem unter Soulouques Terrorregime. Dies führte zu einer der ungewöhnlichsten Episoden der karibischen Geschichte des 19. Jus. Die politischen Führer der Dominikanischen Republik suchten schon lange nach einem Weg, ihr Territorium über ein ausländisches Protektorat gegen die Expansionsabsichten Haitis abzusichern. Dies war die erste und einzige freiwillige Rekolonialisierung in der Geschichte Südamerikas. 1861 erklärte Spanien den dominikanischen Inselteil zum Protektorat. Eine unglückselige Wende für die Dominikaner: die Spanier waren arrogant und unfähig wie zuvor, benachteiligten die Dominikaner und ließen sie bei der Verteilung öffentlicher Ämter leer ausgehen. Dies führte 1864 zu einem zweiten Unabhängigkeitskrieg, den vor allem schwarze Bauern aus Angst vor der Wiedereinführung der Sklaverei führten. Amerikanische Besatzung Das wirtschaftliche Chaos in Haiti und der Dominikanischen Republik wütete noch mehrere Jahrzehnte, bevor die USA erstmals eingriffen. 1823 hatten die Amerikaner klar gemacht, dass eine europäische Einmischung in dieser Region unerwünscht sei. Als aber beide Länder immer tiefer in Schulden versanken, begannen europäische Nationen wie Deutschland, die Innenpolitik zu beeinflussen. Haitianischer Kaffee und dominikanische Zigarren wurden in großen Mengen nach Hamburg verschifft. Der florierende Handel lockte zahlreiche Deutsche auf die Insel. Wurden deutsche Staatsbürger dort schlecht behandelt oder Schulden nicht beglichen, drohte Berlin gleich mit Kanonenbooten. Die kaiserliche Marine erschien zwischen 1897 und 1911 mehrmals in haitianischen Gewässern. All dies musste den Amerikanern missfallen und so verfolgten sie besorgt die politischen Unruhen auf beiden Seiten Hispanolas, fest entschlossen, keine potenziell feindlichen Nationen wie Deutschland in der Karibik Fuß fassen zu lassen. 1905 übernahmen die Amerikaner die dominikanische Zollhoheit. Sie befriedigten zuerst die Gläubiger und gaben den Rest an die dominikanische Regierung weiter. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs sowie die Öffnung des Panamakanals 1914 verschärften das amerikanische Misstrauen gegenüber Deutschland. Als Haiti ab 1911 immer mehr in die Anarchie abglitt, wurde das Land für Washington zu einem unannehmbaren regionalen Sicherheitsrisiko. Nach der Ermordung von Präsident Guillaume Sam in Port-au-Prince landeten im Juli 1915 US-Marinetruppen in der Hauptstadt Haitis und knapp ein Jahr später marschierten US-Soldaten in Santa Domingo ein, um die Ordnung in der Dominikanischen Republik wiederherzustellen und „amerikanische Staatsbürger zu beschützen“. Bauernwiderstand Die Amerikaner sollten in der Dominikanischen Republik neun Jahre lang bleiben, in Haiti sogar bis 1934. In dieser Zeit waren sie auch um einige Reformen bemüht. Mit humanitären Absichten hatte dies jedoch nichts zu tun. Hauptmotiv war vielmehr, die beiden Länder zu Vasallenstaaten zu machen: geeignet für amerikanische Investitionen und politisch ungefährlich. Die politische Elite in Port-au-Prince begrüßte die „Modernisierung“, anders die arme Landbevölkerung. In beiden Staaten rotteten sich Bauern zu Guerillatruppen zusammen und kämpften gegen die Besatzungsmacht. Doch gegen deren waffentechnische Überlegenheit waren sie machtlos. Die mit Rassismus und Menschenrechtsverletzungen behaftete Erfahrung mit der amerikanischen Besatzung förderte einen ausgeprägten Nationalismus, vor allem in Haiti, wo die Besatzungszeit sehr viel länger dauerte. Papa Doc und „der Chef“ Die Amerikaner hinterließen auf beiden Inselteilen speziell ausgebildete Truppen , die für Stabilität sorgen sollten. In Wirklichkeit boten sie den Nährboden für spätere Diktatoren wie z.B. Rafael Leónidas Trujillo, einen ehemaligen Kleinkriminellen, der mit Hilfe der Guardia Nacional 1930 an die Macht gelangte. Als erster totalitärer Diktator in der Karibik regierte er das Land 30 Jahre lang wie ein privates Lehnsgut und häufte mit den Einnahmen aus den Zuckerrohrplantagen und Ranches für sich und seinen Klüngel ein Vermögen an. Mit Rückendeckung der Amerikaner ließ El Jefe (der Chef) Opponenten ermorden oder foltern. 1937 befahl er 15.000 Haitianer in einer „Säuberungsaktion“ zu töten, um die Einwanderung einzudämmen. Nach dem Abzug der Marinetruppen folgte ein Präsident dem anderen, bis das Militär 1957 den kurzsichtigen Landarzt Francois Duvalier als Staatsoberhaupt einsetzte. „Papa Doc“, so sein Spitzname, zeigte jedoch bald, dass er niemands Marionette war. Unter Papa Doc wurde Haiti der Inbegriff von Armut und Unterdrückung. Kurz vor seinem Tod 1971 übergab er die Macht seinem übergewichtigen, etwas begriffsstutzigen Sohn Jean-Claude, bekannt als „Baby Doc“. Trügerischer Schein von Demokratie Den Exzessen Trujillos wurde 1961 ein Ende gesetzt, als die CIA und das dominikanische Militär den alternden, unbequem gewordenen Diktator aus dem Weg räumen ließ. Nach einer Reihe kurzlebiger Interimsregierungen wurde im Dezember 1962 der populäre Sozialdemokrat Juan Bosch in erstmals freien Wahlen zum Staatspräsidenten gewählt. Er versprach Landreformen und mehr Gleichheit, womit er sich rasch Feinde in der Armee und in der Kirche machte und infolgedessen bereits nach einem knappen Jahr entmachtet wurde. Als Pro- und Anti-Bosch-Splitterparteien auf die Straßen gingen, befürchtete Washington ein „zweites Kuba“ und so erschien 1965 erneut die US-Marine, um die Streitparteien auseinander zu halten und sicherzustellen, dass ein ungefährlicher Politiker die anschließenden Wahlen gewann. Die Wahl fiel auf Joaquín Balaguer, einen ehemaligen TrujilloVertrauten und politischen Überlebenskünstler. 35 Jahre lang beherrschte Balaguer die Dominikanische Republik. Jedesmal war von Wahlbetrug die Rede und echte Demokratie schien ferner als je zuvor. Mitte der 80er Jahre erreichte Baby Docs Regime in Haiti seinen Krisenhöhepunkt. 1985 wuchs der Unmut und im Februar 1986 wurde Duvalier ins Exil nach Frankreich geflogen. Er hinterließ dem Militär ein ausgeblutetes, erwartungsvolles Land. Als Baby Doc 1986 Haiti verließ, nahm er noch 50 Millionen Dollar zur Aufrundung seines auf mehreren ausländischen Bankkonten geparkten Vermögens mit. Seine Pläne für eine komfortable Zukunft in einer Luxusvilla an de Côte d’Azur wurden jedoch zunichte gemacht, als seine Gattin Michèle mit dem gemeinsamen Anwalt und einem Großteil des Vermögens durchbrannte. Der Rest des unterschlagenen Staatsvermögens wurde eingefroren. Baby Doc musste in ein kleineres Haus umziehen und es hieß, es suche eine Arbeit als Gärtner. In Haiti dachten die Generäle, sie könnten das Machtvakuum füllen. Der Druck des Volkes, das einen echten Wandel forderte, machte jedoch ein vom Militär beherrschtes Haiti schlichtweg unregierbar. In den folgenden fünf Jahren wechselten sich Militärjunta und zivile Marionettenpräsidenten ab. In Dezember 1990 fanden endlich freie Wahlen statt, die Jean-Bertrand Aristide, ein radikaler katholischer Priester, dessen Lavalas-Bewegung das Land von Unterdrückung und Ungerechtigkeit befreien wollte, mit großer Mehrheit gewann. Als Aristide immer unverblümter die Missstände anprangerte, marschierten die Streitkräfte ein und schickten „Tidid“ ins Exil. Es folgte eines der dunkelsten Kapitel in der Geschichte Haitis. Eine brutale Junta, unterstützt von Terroristengruppen, hielt das Land als Geisel und schikanierte in Missachtung der internationalen Öffentlichkeit die Anhänger Aristides. Erst im Oktober 1994 sollte durch einen militärischen US-Einsatz Aristide wieder das Präsidentenamt erlangen. Alarmiert von der drohenden massiven Einwanderung von Haitianern nach Florida, blieb der Clinton-Regierung nichts anderes übrig, als den radikalen Politiker wieder an die Macht zu setzen und die Generäle zu stürzen. 1996 konnte Aristide erstmalig in der Geschichte Haitis die Regierung einem demokratisch gewählten Nachfolger übergeben. Im gleichen Jahr wurde in der Dominikanischen Republik der 89-jährige Balaguer unter dem Druck im eigenen Lande und der USA endlich von der Macht verdrängt. Der vielversprechende Leonel Fernandez übernahm die Regierung. Die Dominikanische Republik heute In der Dominikanischen Republik ist Parteipolitik eine Manie, eine Angelegenheit auf Leben und Tod. Die Loyalität reicht tief, denn ein Wahlsieg bringt Chancen. Das Land scheint in einem ständigen Wahlkampf. Seit der Unabhängigkeit wurde von den Politikern stets Charisma und Kampfgeist erwartet, aber die Meisten nutzten die Partei für ihre persönlichen Ambitionen und schufen dabei eine Art Personenkult. Schmutzige Tricks sind in der dominikanischen Politik an der Tagesordnung. Sind sie nicht gerade damit beschäftigt, Rivalen durch Rufmord auszuschalten, schließen die Politiker seelenruhig die widersprüchlichsten, opportunistischen Allianzen. Privatisierung und Korruption Ein markantes Erbe der Trujillo-Diktatur ist die Reichweite des staatlichen Einflusses. Trujillo besaß praktisch das gesamte Land. Nach seiner Ermordung gingen Land, Beteiligungen und Vermögen an den Staat über. Diese Zentralisierung der Wirtschaftsmacht kam Politiker wie Balanguer sehr gelegen, da sie ungenierte Vetternwirtschaft erlaubte. Während bei Balanguer die Forderungen nach Privatisierung der Schlüsselindustrien (Zucker, Elektrizität, Banken, Versicherungen) auf taube Ohren stießen, schien Fernández gegenüber der Idee, die Wirtschaft zu modernisieren und den Staat von seinen größten Verlustbetrieben zu befreien, aufgeschlossener. Doch hier zog er sich den Zorn der Oppositionsmehrheit im Kongress zu, die ihm vorwarf, das staatliche Vermögen wegen kurzfristiger Gewinne, verscherbeln zu wollen. So kam die Privatisierung nur sehr schleppend voran. Der riesige, obgleich bankrotte Staatssektor wirkte wie ein Magnet auf gewissenlose Politiker und Geschäftsleute. Geschenke und Schmiergelder waren auf jeder Gesellschaftsstufe üblich. Den Militäroffizieren hing wie immer der Ruf nach, im lukrativen Drogenhandel mitzumischen. Von der Plantage zur Urlaubsidylle Trotz der persönlichen Interessen der Politiker vollzog sich in den 1960er Jahren in der dominikanischen Wirtschaft ein tief greifender Wandel. Damals hing das Land fast ausschließlich vom Zuckerexport ab, es gab nur wenig produzierendes Gewerbe und kaum Tourismus. Heute weichen die Zuckerrohrfelder mehr und mehr Golfplätzen und Hotelanlagen. Ehemals einsame Naturidyllen, wie die Halbinsel Samaná oder Punta Cana zählen heute jährlich zehntausende von Gästen. Landwirtschaft spielt immer noch eine große Rolle. Das Land besitzt außerdem große Goldvorkommen (Kolumbus hatte richtig geraten) und zählt zu den größten Eisennickel-Exporteure. Am ertragreichsten ist jedoch der Tourismus, der alljährlich über zwei Milliarden Dollar einbringt und mehr als 150.000 Menschen beschäftigt. Pro Jahr kommen rund zweieinhalb Millionen Urlauber. Die meisten bleiben in den all-inklusive Anlagen multinationaler Hotelketten, doch viele haben inzwischen auch die kleineren, über das Land verstreuten Hotels schätzen gelernt. Die Touristeninvasion hat das Landschaftsbild komplett verändert, vor allem an der Nordküste um Puerto Plata, wo der intensive Ausbau des Fremdenverkehrs ökologische und soziologische Probleme mit sich brachte. Die Touristen klagen über steigende Kriminalität, während einigen Dominikanern die Monopolisierung von Land und dem ohnehin knappen Trinkwasser missfällt. Freilich sind die Vorteile insgesamt so offenkundig, dass die Kritiker eine kleine Minderheit bleiben.