Wissenschaft und Fortbildung BZB Dezember 13 55 Spezialisten gefragt Kieferorthopädie und Prothetik im interdisziplinären Kontext E i n B e i t r a g v o n D r. We r n e r S c h u p p , D r. Wo l f g a n g B o i s s e r é e u n d D r. J u l i a H a u b r i c h , K ö l n Bedingt durch parodontal- und implantatchirurgische Möglichkeiten, neue Materialien und BondingVerfahren sowie dentalästhetische Behandlungsaufgaben nimmt die Komplexität restaurativ-prothetischer Behandlungen immer mehr zu. Umso wichtiger ist eine vom Behandlungsziel aus zurück geplante Therapiestrategie. Vor Beginn des ersten Schritts sollte eine gemeinsame interdisziplinäre Planung zwischen dem Pardontologen, dem Endodontologen, dem Kieferorthopäden, dem restaurativ-prothetisch tätigen Zahnarzt und dem Zahntechniker abgeschlossen sein. Die präprothetische Kieferorthopädie war schon immer ein wesentlicher Bestandteil in der kieferorthopädischen Praxis. Hieraus entwickelte sich die implantatchirurgische, prothetische sowie kieferorthopädische Vorbehandlung. Zur Allgemeinmedizin bestand hauptsächlich eine Verbindung zur HalsNasen-Ohrenheilkunde, vor allem bei Kindern mit Mundatmung. Lagen Sprachstörungen oder Zungenfehlfunktionen vor, wurden Sprachheilpädagoge und Logopäde einbezogen. Da die Erkenntnis, dass das craniomandibuläre System (CMS) eng mit dem muskuloskelettalen System (MSS) verbunden ist, sich mehr und mehr durchsetzt, nimmt neben der zahnärztlichen interdisziplinären Behandlung die Zusammenarbeit mit anderen medizinischen Fachgebieten zu. Erst durch die Kooperation der Kieferorthopäden und Zahnärzte mit Manualmedizinern, Orthopäden und Physiotherapeuten kann der Patient im Falle von craniomandibulären und muskuloskelettalen Dysfunktionen erfolgreich therapiert werden. Rheumatologische Untersuchungen können dabei ebenso wie psychologische Begleittherapien und spezielle Schmerzbehandlungen zusätzlich notwendig werden [1]. Durch die kieferorthopädische Vorbehandlung kann eine optimale Ausgangssituation für eine minimalinvasive restaurative Versorgung geschaffen werden [2]. Aufbau einer interdisziplinären Planungs- und Behandlungsstrategie Bei der interdisziplinären Behandlungsplanung beginnen wir in unserem Konzept mit funktionellen Abb. 1: Darstellung der Strategie der interdisziplinären Planung und Behandlung Überlegungen, gefolgt von der ästhetischen Analyse. Erst dann werden strukturelle und danach biologische Behandlungen geplant (Abb. 1). Planung und Behandlung der Funktion Für die funktionelle Planung wird zuerst die skelettale Unterkieferlage beziehungsweise die Kondylenposition bestimmt. „Think orthopedic first – then teeth“, so Harold Gelb. Solange die Unterkieferlage nicht sicher bestimmt werden kann, erfolgt streng nach der Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Funktionstherapie (DGFDT) [3] eine reversible Festlegung. Der erste Schritt ist eine herausnehmbare Aufbissschiene. In unserem Fall ist das eine Craniomandibuläre Orthopädische RepositionsApparatur (COPA), die als festsitzender Aufbiss eingesetzt werden kann (COPA-Onlay). COPA und COPA-Onlays werden aus Kunststoff hergestellt und die COPA-Onlays mit einem Bonding-System fest in den Patientenmund eingesetzt. Die Aufbissschienentherapie erfolgt meistens über drei bis fünf Monate und wird häufig interdisziplinär durch Manualmediziner und Physiotherapeuten begleitet. Die Diagnose und Therapie des CMS wird durch die Diagnose des MSS unterstützt. Für die Therapie des muskuloskelettalen Systems wird der Patient an den Manualmediziner überwiesen. Durch die 56 BZB Dezember 13 Wissenschaft und Fortbildung Abb. 2a bis e: Ästhetikformular a b Abb. 3a und b: Fotodokumentation der Lippenruhelage („Emma“-Bild) sowie der Lachästhetik Untersuchung können wir Aussagen über den Einfluss der Okklusion auf das MSS treffen. Zur Untersuchung eignen sich insbesondere die von Marx [4] angegebenen manualmedizinischen Tests: · Rotation Halswirbelsäule · Flexion Halswirbelsäule · Extension Halswirbelsäule · Seitneigung Halswirbelsäule · Rumpfrotation · Beinlängendifferenz · Variable Beinlänge · Leg-Turn-In Test · Priener Abduktionstest [5] Eine optische Rückvermessung lässt dagegen keine direkte Aussage zu [5]. Die Ergebnisse der vorgenommenen Untersuchungen werden in ein sogenanntes Funktionsblatt eingetragen. Planung und Behandlung der Ästhetik Die ästhetische Analyse beginnt mit der Beurteilung der Lage der oberen mittleren Inzisivi im Verhältnis zur Oberlippe (Abb. 2a). Idealerweise ist in der Ruhelage etwa 2 mm des Zahns zu sehen [6]. Das Verhältnis des sichtbaren Zahns zur Oberlippe kann dabei durch prothetische oder kieferorthopädische Maßnahmen beeinflusst werden [7,8]. Als weiterer Referenzpunkt dient die dentale obere Mittellinie (Abb. 2b), die sich an der Mitte der Oberlippe orientiert. Ab zirka 4 mm fällt eine Abweichung negativ auf [9]. Neben dem Verlauf der Zahnachse der Oberkieferfrontzähne ist die Beurteilung des Gingivalsaums ein essenzieller Bestandteil der ästhetischen Beurteilung. Dabei lässt sich häufig ein idealer Gingivalverlauf nur mithilfe von kieferorthopädischer In- oder Extrusion beziehungsweise parodontalchirurgischen Verfahren erreichen. Beim Lachen wird der vertikale Anteil der sichtbaren Oberkieferfrontzähne beziehungsweise der Anteil der sichtbaren Gingiva (Gummy Smile) bewertet (Abb. 2c). Erst nach Behandlungsplanung im Oberkiefer werden die unteren Frontzähne in die Planung integriert. Neben der Beurteilung der Lage der unteren Inzisalkanten im Verhältnis zu Gesicht und Unterlippe sowie in Bezug zur Okklusionsebene ist für ein optimales Ergebnis – außer der kieferorthopädischen Einstellung – häufig eine prothetische Versorgung notwendig. Des Weiteren muss der bukkale Korridor bewertet werden (Abb. 2d). Abschließend betrachtet man die Kurvatur der Unterlippe zum Inzisalkantenverlauf der Oberkieferzähne in der frontalen Ansicht (Abb. 2e). Die ästhetische Behandlungsplanung basiert auf der Fotodokumentation (Abb. 3a und b), dem diagnostischen Wax-up und Mock-up, dem Set-up beziehungsweise dem virtuellen Behandlungsziel (zum Beispiel mit dem ClinCheck) und der Überprüfung der funktionellen Beziehung anhand der einartikulierten Modelle [10]. Planung und Behandlung biologischer Aspekte Wenngleich die strukturelle Planung vom möglichen Ziel ausgeht, müssen vor der Behandlung (Kieferorthopädie, Implantatchirurgie, Prothetik und restaurative Zahnheilkunde) die biologischen Strukturen therapiert sein. Erkrankungen des Zahnhalte- Wissenschaft und Fortbildung apparats, des Endodonts und der Zahnhartsubstanz werden zu Beginn diagnostiziert und den Fachdisziplinen zugewiesen. Vom Parodontologen, Endodontologen und Konservisten benötigen wir die Information, ob und falls ja, welche Zähne nicht erhaltungswürdig sind. Dies muss in die strukturelle Analyse mit einbezogen werden. Bei einer CMD muss entschieden werden, ob eine Okklusionstherapie begleitend oder nach der biologischen Behandlung erfolgen soll. Grundsätzlich sollten apikale und parodontale Entzündungen vor der Funktionstherapie behandelt sein. Prothetischer Ersatz und Füllungen sollten langzeitprovisorisch hergestellt werden, wenn eine kieferorthopädische Behandlung geplant ist. Ansonsten kann die zahntechnisch aufwendig erarbeitete Okklusion durch die Behandlung der Zahn- und gegebenenfalls auch der Kieferfehlstellung wieder zerstört werden. Strukturelle Planung und Behandlung Eine strukturelle Analyse erfolgt, wenn eine stabile Zentrik vorliegt [11], eine ästhetische Analyse vorgenommen wurde und klar ist, welche Zähne dauerhaft erhalten werden können. Bei Zahn- und Kieferfehlstellung in Verbindung mit Zahn- und Zahnhartsubstanzverlust sollte diese Planung immer im Team erfolgen. Anhand von zentrisch montierten Modellen, Röntgenbildern, intraoralen, extraoralen sowie „Emma-“ und Lachfotos wird in Verbindung mit den Untersuchungsblättern (Anamnese, Funktionsstatus, Ästhetikformular) ein gemeinsames Ziel definiert. Das kieferorthopädische Behandlungsziel sowie die einzelne, detaillierte Zahnbewegung inklusive der approximalen Schmelzreduktion (wenn erforderlich) werden vor Beginn der Behandlung mit dem Invisalign-System beziehungsweise der zugehörigen Software dargestellt. Dafür scannen wir die Zähne in beiden Kiefern in einer exakten Volumendarstellung sowie die statische Okklusionsbeziehung, die exakt in die Software übernommen wird. So kann ein eindeutiges Ziel dreidimensional virtuell analysiert und im Team über „Software-Sharing“ diskutiert werden. Auch können mittels „Datenmatching“ der Scan mit der DVT-Aufnahme der Kiefer verknüpft und somit die Kronen volumenexakt mit Wurzel und Knochen dreidimensional dargestellt werden. Anhand dieser Darstellung können die kieferorthopädische Behandlung, die Implantatinsertion und das Wax-/Mock-up vor Therapiebeginn geplant werden. In Absprache zwischen Kieferorthopäden, Implantologen, Parodontologen und Prothetiker wird der BZB Dezember 13 Therapieweg festgelegt. In nahezu allen Fällen beginnt die Behandlung mit der Kieferorthopädie. In Einzelfällen werden zuvor parodontalchirurgische Verfahren wie die Rezessionsdeckung vorgenommen. Die Implantate werden – wenn möglich – bereits am Ende der kieferorthopädischen Behandlung inseriert, sodass die prothetische Phase zirka vier Monate danach beginnen kann. In dieser erfolgt die Retention vorzugsweise mit Lingualretainern im Ober- und Unterkiefer, wobei der obere festsitzende Retainer nach der prothetischen Behandlung entfernt und für die weitere Retention eine Aufbissschiene eingesetzt wird. Dadurch wird eine Verblockung vermieden und die aufwendige prothetische Keramikversorgung bei nächtlichem Knirschen und Pressen geschützt. Kokich konstatierte 2006: „Erst im engen Zusammenspiel der genannten Teildisziplinen mit einer interdisziplinären, engen Absprache und gemeinsamen Planung können Therapieerfolge erzielt werden. Jeder Praktiker muss ein grundlegendes Verständnis für die unterschiedlichen Abläufe und Aufgaben der verschiedenen zahnärztlichen Disziplinen bei der Veränderung der Ästhetik mithilfe einer äußerst konservativen und an biologischen Grundlagen ausgerichteten Behandlungsplanung haben“ [10]. Patientenfall Die Patientin stellte sich aufgrund starker Kiefergelenkschmerzen in unserer kieferorthopädischen Praxis vor. Die Diagnose ergab eine beidseitige Kiefergelenkentzündung mit Schwellungen im Bereich der Kiefergelenke, anteriore Diskusverlagerung mit retraler Kondylenverlagerung (CT-Befund), Hörverminderung links sowie Gesichts- und Nackenschmerzen. Reihenfolge der Planung 1. Funktion: Die Patientin zeigte eine beidseitige posteriore Infraokklusion mit vorzeitigem Frontzahnkontakt. Um die Schmerzsymptomatik der vorliegenden craniomandibulären Dysfunktion zu lindern und die fehlende posteriore Höhe auszugleichen, wurden festsitzende COPA-Onlays eingesetzt. Eine manualmedizinische Begleitbehandlung erfolgte ebenso wie die OhrAkkupunktur des Kiefergelenkpunkts nach Gumbiller. 2. Ästhetik: Die ästhetische Analyse zeigte lediglich schwarze Dreiecke im gingivalen Frontzahnbereich. 57 58 BZB Dezember 13 Wissenschaft und Fortbildung b Abb. 4a und b: Extraorale Situation bei Behandlungsbeginn mit festsitzenden COPA-Onlays auf den Zähnen 34 bis 37 sowie 44 bis 47 und provisorischen Langzeitfüllungen im Ober- und Unterkiefer sit versorgt. So ist eine gute langfristige Versorgung gewährleistet und das Material kann bei der restaurativen Therapie als Unterfüllungsmaterial verbleiben. a 3. Biologische Planung: Langzeitprovisorische Versorgung der aktiven Karies mit dentinadhäsivem Komposit vor der Schienentherapie. 4. Strukturelle Planung: a) Kieferorthopädische Vorbehandlung. b) Konservierende und prothetische Weiterversorgung mit Keramikonlays im Seitenzahnbereich, Versorgung der aktiven und passiven Kariesläsionen sowie Herstellung einer optimierten Okklusion im Seitenzahnbereich. Zahnärztliche Vorbehandlung Alle insuffizienten Füllungen und aktiven Kariesläsionen wurden ausgetauscht beziehungsweise entfernt und mit dentinadhäsivem Aufbaukompo- Kieferorthopädische Behandlung Zur Therapie der Kiefergelenkproblematik wurden bei der Patientin festsitzende COPA-Onlays im Unterkiefer auf die Zähne 34 bis 37 und 44 bis 47 gebondet (Abb. 4a bis 5c). Die Patientin erschien regelmäßig zu Kontrollen. Bei diesen Sitzungen wurden die Onlays (je nach Bedarf) okklusal eingeschliffen, um ein gleichmäßiges Okklusionsmuster zu erhalten. Gleichzeitig erfolgte eine manualmedizinische Begleitbehandlung, ebenso wie die Ohr-Akkupunktur des Kiefergelenkpunkts nach Gumbiller. Drei Monate später war die Patientin schmerzfrei und die kieferorthopädische Behandlung konnte begonnen werden. Um mit gering dosierten Kräften zu arbeiten und dem ästhetischen Wunsch der Patientin nach wenig sichtbaren Apparaturen ent- a b c d e f Abb. 5a bis f: Intraorale Situation und analoge Darstellung in der Software bei Behandlungsbeginn mit COPA-Onlays auf den unteren Molaren sowie Attachments auf allen Eckzähnen und Prämolaren Wissenschaft und Fortbildung a BZB Dezember 13 59 b c Abb. 6a bis c: Simulation nach Behandlungsende der ersten Phase mit Extrusion der Eckzähne und Prämolaren in okklusalem Kontakt unter Beibehaltung der therapeutischen Bisssituation über die COPA-Onlays auf den Molaren a b c Abb. 7a bis c: Intraorale Situation nach Behandlungsende der ersten Phase mit okklusalem Kontakt auf allen Prämolaren. Die COPAs auf den Molaren sind entfernt und rechteckige vertikale Attachments auf den Zähnen 36, 37, 46 und 47 ergänzt. Die intraorale Situation entspricht exakt der Planung in der Computersimulation (s. Abb. 6a bis c). a b c Abb. 8a bis c: Simulation des Behandlungsergebnisses der zweiten Behandlungsphase mit okklusalem Kontakt auf allen Molaren und Prämolaren durch Extrusion der Molaren a b c Abb. 9a bis c: Intraorale Situation bei Behandlungsende. Alle Prämolaren und Molaren befinden sich in okklusalem Kontakt, analog der therapeutischen Situation. Auf den Bildern sind die Attachments noch in situ. gegenzukommen, beinhaltete die kieferorthopädische Planung die Behandlung mit dem InvisalignSystem und festsitzenden COPA-Onlays in zwei Phasen [11]. In der ersten Phase wurden die Onlays mesial der Zähne 36 und 46 gekürzt und die therapeutische Unterkieferlage damit gehalten. Um eine Extrusion der Prämolaren und Eckzähne in die vorgegebene therapeutische Situation in vertikaler Richtung zu erreichen, wurden auf die Zähne 13, 14, 15, 23, 24, 25, 33, 34, 35, 43, 44 und 45 rechteckige vertikale Attachments geklebt (Abb. 5a bis f). In der ersten Phase der Behandlung erfolgte die Extrusion der oberen und unteren Eckzähne und Prämolaren in okklusalem Kontakt. Die Software zeigt das geplante Behandlungsergebnis nach der Extrusion (Abb. 6a bis c). Die erste Phase der Behandlung umfasste elf Aligner im Ober- und Unterkiefer. Nach einem halben Jahr konnten die Aufbisse auf den Molaren entfernt, die Attachments auf den Molaren ergänzt und mit den Abformungen beziehungsweise den Scans für die zweite Phase begonnen werden (Abb. 6a bis 7c). Die exakte Unterkieferlage wurde nun durch die Prämolaren gehalten. Die zweite Phase der Behandlung erfolgte zur Extrusion der Molaren in okklusalem Kontakt und damit wurde die therapeutische Bisssituation – vorgegeben durch die COPAOnlays – umgesetzt (Abb. 8a bis c). Hierfür dienten erneut Abformungen sowie eine sogenannte Midcourse-Correction. Diese zweite Phase der Behandlung umfasste zehn Aligner. Die Abbildungsserie 9a bis c zeigt den intraoralen Befund 60 BZB Dezember 13 Wissenschaft und Fortbildung b a Abb. 10a und b: Zahntechnische Arbeit zur funktionsgerechten Abstützung der Seitenzahnbereiche. Wegen einer Kariestherapie wurden nicht nur die Molaren, sondern auch die betreffenden Prämolaren mit okklusalen Vollkeramikrestaurationen, sogenannten Tabletops, rekonstruiert (zahntechnische Arbeit: Dentallabor Manfred Läkamp, Ostbevern). a b Abb. 11a bis c: Eingliederung der Keramikrestaurationen in einem Quadranten. Gleichzeitig erfolgte eine Kariestherapie. nach dem Ende der kieferorthopädischen Behandlung. Die Patientin war zu diesem Zeitpunkt schmerzfrei und wurde zur restaurativen Weiterbehandlung an den behandelnden Zahnarzt Dr. Wolfgang Boisserée zurücküberwiesen. Konservierende/restaurative Folgebehandlung Die kieferorthopädisch funktionell regelrecht eingestellte Unterkieferposition erforderte eine abschließende restaurative Behandlung der Seitenzähne sowie der Zähne, die durch alte, nicht mehr aktive Karies größere Schäden erlitten hatten. Die Grundlage für den funktionsgerechten restaurativen Abschluss ist der Erhalt der therapeutisch wirksamen Unterkiefer- und Kondylenposition. Dies erfordert ein strenges Behandlungsregime, in dem jeder Quadrant für sich alleine nach der Präparation sorgfältig mit einem stabilen Provisorium rekonstruiert wird. Dieses stellt die therapeutische Ausgangslage präzise wieder her. Während der Kieferrelationsbestimmung bleibt eine Kieferseite in der therapeutischen Ausgangssituation bestehen. Diese wird durch die entsprechenden, mit Provisorien versorgten Quadranten repräsen- tiert. Unterstützt wird das Verfahren durch einen frontalen Referenzbiss [12], der über die unbehandelte Frontsituation eine zusätzliche Orientierung für die therapeutische Ausgangssituation gibt. Die okklusale Rehabilitation erfolgte zahnsubstanzschonend mit adhäsiv befestigten Vollkeramikrestaurationen, sogenannten Tabletops (Abb. 10a bis 11c). So konnte in statischer Okklusion ein gleichzeitiges und gleichmäßiges Auftreffen aller Seitenzähne in der therapeutisch wirksamen Unterkieferposition erreicht werden (Abb. 12a bis d), während in der Dynamik eine Front-Eckzahn-Führung zu sofortiger Disklusion im Seitenzahnbereich führte. Fazit Durch die kieferorthopädische Vorbehandlung kann eine optimale Ausgangssituation für eine minimalinvasive restaurative Versorgung geschaffen werden [2] (Abb. 13a bis c). Bedingt durch parodontal- und implantatchirurgische Möglichkeiten, neue Materialien und Bonding-Verfahren sowie dentalästhetische Behandlungsaufgaben nimmt die Komplexität restaurativ-prothetischer Behandlungen im- c Wissenschaft und Fortbildung BZB Dezember 13 61 a b c d Abb. 12a bis d: Abschluss der interdisziplinären Funktionstherapie. In statischer Okklusion besteht gleichmäßiger und gleichzeitiger Kontakt aller Seitenzähne in der physiologischen Unterkiefer- und Kondylenposition. In der dynamischen Okklusion führt eine Front-Eckzahn-Führung zu sofortiger Disklusion der Seitenzähne. a b Abb. 13a bis c: Die Patientin nach der interdisziplinären Behandlung mer mehr zu. In komplexen Behandlungsfällen ist es für nur einen Behandler unmöglich, den Patienten adäquat und nach aktuellem Kenntnissstand zu therapieren. Interdisziplinäre Konzepte werden sich weiter durchsetzen. Im Sinne des Patienten: Vertrauen Sie der Kompetenz Ihres Kollegen. Korrespondenzadresse: Dr. Werner Schupp Praxis für Kieferorthopädie Hauptstraße 50, 50996 Köln-Rodenkirchen [email protected], www.schupp-ortho.de Literatur bei den Verfassern c