UID 1980 Nr. 9, Union in Deutschland - Konrad-Adenauer

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Z 8398 C
Informationsdienst der Christlich Demokratischen Union Deutschlands
Union in
Deutschland
Bonn, den 6. März 1980
Politik ohne
Illusionen
Der Frieden ist nicht sicherer geworden, wie
es die SPD/FDP-Koalition jahrelang behauptet
hat. Jetzt geht es darum, die Konsequenzen
zu ziehen. Helmut Kohl und Franz Josef
Strauß haben in der großen außenpolitischen
Debatte des Bundestages den Weg gezeigt.
M In den nächsten Wochen geht es darum, unserer Bevölkerung klarzumachen, wo die entscheidenden Unterschiede zwischen der bisherigen
falsch verstandenen Entspannungspolitik der Regierung Schmidt, die das Problembewußtsein
durch schöngefärbte, illusionäre Darstellung der
Zusammenhänge zerstört hat, und einer realistischen Entspannungspolitik liegen, wie sie von der
Union seit Jahr und Tag gefordert wird.
fc Wenn jetzt von Opfern gesprochen wird, die wir
n
ach der sowjetischen Aggression in Afghanistan
% unsere Sicherheit und damit für den Frieden in
der Welt leisten müssen, dann ist die Union bereit, dabei Mitverantwortung zu übernehmen.
Aber Gemeinsamkeit zwischen Regierung und
Opposition kann sich nicht darin erschöpfen, daß
Wir über die Opfer reden, bereit sind, Opfer zu
bringen, während zur gleichen Zeit SPD und FDP
Wahlgeschenke verteilen.
fc Der deutsche Beitrag für Frieden, Freiheit und
Sicherheit darf nicht über das süße Gift des Schul(Weiter auf Seite 2)
• BUNDESTAG
Auszüge aus den Reden von
Helmut Kohl und Franz Josef
Strauß in der außenpolitischen
Debatte
Seite 5
• KOALITION
Jusos gegen WahlkampfSeite 9
abkommen
• PROZESSKOSTEN
Mit dem Unionsentwurf
wurde das Gesetz erheblich
verbessert
Seite 11
• LANDWIRTSCHAFT
Alternative der CDU/CSU
zum Regierungsentwurf Seite 12
• ARGUMENTE
Leidensweg Steuerpolitik
Seite 13
• SPORT
Gute Gründe für OlympiaBoykott / Antwort von Helmut
Kohl an den Vorsitzenden des
Beirates der Aktiven Im
Bundesausschuß für Leistungssport des DSB
Seite 15
• DOKUMENTATION
Recht sichert die Freiheit /
Karlsruher Erklärung zur
Rechtspolitik der Union
Grüner Teil
UiD 9 • 6. März 1980 • Seite 2
INFORMATION
CDU und DAG einig:
Rückkehr zur
bruttolohnbezogenen Rente
Zu einem Spitzengespräch über aktuelle, wirtschafts- und gesellschaftspolitische Fragen trafen auf Einladung
der CDU der Bundesvorstand der
Deutschen
Angestellten-Gewerkschaft
(DAG) und das Präsidium der CDU
Deutschlands
im
Konrad-AdenauerHaus zusammen. Im Mittelpunkt des
Gesprächs standen die sozialpolitischen und steuerpolitischen Erfordernisse der 80er Jahre.
CDU und DAG sprachen sich übereinstimmend für die Rückkehr zur bruttolohnbezogenen
dynamischen
Rente
aus, die leistungsbezogen ist und vor
staatlicher Willkür schützt. Übereinstimmung bestand auch in der Forderung
nach einer ausreichenden Berücksichtigung der Zeiten der Kindererziehung im
Rahmen der 84er Reform und in der
Ablehnung einer Mindestrente mit Bedürftigkeitsprüfung.
Ausführlich diskutierten die Gesprächspartner die notwendigen steuerpolitischen Maßnahmen. Fragen der Vermögensbildung, der Betriebsverfassung
und der Ladenschlußgesetzgebung wa- i
ren weitere Themen. Beide Seiten sind
sich darin einig, daß keine Veranlassung besteht, die geltende Regelung
des Ladenschlußgesetzes zu verändern, i
Ehescheidungsrecht noch
unvollkommen
Zu den Entscheidungen des Bundesver- I
fassungsgerichts im Ehescheidungsrecht und zum Versorgungsausgleich
erklärte der Vorsitzende des innen- und
rechtspolitischen Arbeitskreises der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion,
Benno
Erhard, die Karlsruher Entscheidungen
hätten leider nur in wenigen, aber wichtigen Fragen des neuen Scheidungsund Scheidungsfolgenrechts zu einer
verfassungsrechtlichen Klarstellung ge- '
führt. Schon hierbei sei deutlich geworden, daß namentlich beim Versorgungsausgleich in einigen Einzelpunkten ergänzende gesetzgeberische Regelungen unausweichlich seien. Es bleibe
abzuwarten, ob nach den anhängigen,
jetzt noch nicht entschiedenen Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht .
weitere zusätzliche Änderungen verfassungsrechtlich geboten seien. Es sei zu
hoffen, daß das Bundesverfassungsgericht über die noch anhängigen Fragen
möglichst bald entscheidet.
Köpplers Kernmannschaft
Fortsetzung von Seite 1
denmachens geschehen, d. h. die Union
ist nicht dazu bereit, die höheren Ausgaben mit einer abermaligen Aufstokkung des Schuldenberges zu finanzieren
und damit die Stabilität unserer Währung zu gefährden. (Ausführliche Auszüge aus den Reden von Helmut Kohl
und Franz Josef Strauß auf den Seiten 5
bis 8 dieser Ausgabe.)
Mit einer sechsköpfigen „Kernmannschaft" zieht die nordrhein-westfälische
CDU in den Landtagswahlkampf. Neben
dem
Ministerpräsidenten-Kandidaten
Heinrich Köppler, unter dessen Führung die CDU in den 70er Jahren wieder zur wählerstärksten politischen
Kraft im größten Bundesland wurde,
und Kurt H. Biedenkopf, der sich bereit
erklärt hat, das Wirtschaftsministerium
zu übernehmen, gehören dem Füh-
UiD 9 • 6. März 1980 • Seite 3
rungsteam die erfahrenen Abgeordneten
Konrad
Grundmann,
Theodor
Schwefer, Hans-Ulrich Klose und Wolf9ang Brüggemann an. Auf der Listenkonferenz der CDU NRW am 23. Februar in Essen erhielt das Spitzensextett das einmütige Vertrauen der 120
rheinischen und westfälischen Delegierten, y.
Heinrich Köppler zeigte sich vor den
Delegierten der CDU zuversichtlich,
Jaß die Wahl am 11. Mai die politische
Wende in Düsseldorf bringen werde.
..Wenn wir noch einen Prozentpunkt im
Wahlkampf zulegen, ist uns die absolute Mehrheit der Mandate im neuen
Landtag sicher!" Der vorsichtige Optimismus der Union an Rhein und Ruhr
hat eine solide Basis. Auch nach 15monatiger Amtszeit ist es SPD-Ministerpräsident Johannes Rau noch nicht gelungen, die Bekanntheits- und BeliebtheitsWerte der CDU-Spitzenkandidaten zu
erreichen. Im Regierungslager von SPD
u
nd FDP wird immer noch fieberhaft
(und vergeblich) nach dem „Amtsbonus" des Kühn-Nachfolgers gefahndet...
Weiter Volksfrontpolitik
an den Hochschulen
ftund 110 000 Studenten haben sich in
d
en letzten Wochen an den Wahlen zu
lr
>ren Vertretungsorganen beteiligt. Vor
allem an nordrhein-westfälischen und
n
iedersächsischen Hochschulen wurden neue Studentenparlamente gewählt. Dabei entfielen auf die einzelnen
Studentengruppen folgende Stimmanteile:
*CDS
J
USOS
Gemäßigte Unabhängige
Sozialistische Basisgruppen
21,8%
18,0%
13,8 %
9,6 %
Sozialistischer
Hochschulbund (SHB)
MSB-Spartakus
Sozialliberaler
Hochschulverband (SLH)
Liberaler
Hochschulverband (LHV)
Unorganisierte Linke
„Gewerkschaftliche
Orientierung" (MSB-nah)
GRÜNE
Volksfrontlisten
(JUSOS mit DKP)
K-Gruppen (maoistisch)
R F S (rechts-außen)
9,0 %
7,4 %
4,7 %
4,5 %
2,8%
2,6%
2,5%
1,6%
1,0%
0,7 %
Besonders ins Auge fällt, daß es den
orthodoxen Kommunisten gelungen ist,
wieder einige Quoten gutzumachen,
stellte Stephan Eisel, Bundesvorsitzender des Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) fest. Dies ist
eine Folge der Volksfrontpolitik der
Jungsozialisten, die zwar mit den DKPGruppen MSB und SHB Koalitionen eingehen, mit dem RCDS aber jede Zusammenarbeit ablehnen.
Auffällig ist auch die Stärkung der Position des Sozialistischen Hochschulbundes (SHB), der — einst von der SPD
gegründet — an den Hochschulen die
Politik der DKP betreibt. Obwohl von
der Bundesregierung als verfassungsfeindlich eingestuft, gelingt es dem SHB
immer wieder, die mehr oder weniger
stillschweigende
Unterstützung
der
SPD und ihrer Untergliederungen zu
erhalten.
Bundesjugendring
bei der CDU
Zu einem Gespräch über aktuelle und
grundsätzliche jugendpolitische Fragen
kamen im Konrad-Adenauer-Haus in
UiD 9 • 6. März 1980 • Seite 4
Bonn der Vorstand des Deutschen Bundesjugendrings unter der Leitung seines Vorsitzenden Josef Hoberg und Generalsekretär Heiner Geißler zusammen. Im einzelnen diskutierten die Teilnehmer über die Reform des Jugendhilferechts, über die Bildungsplanung und
die Förderung der Jugendarbeit auf
Bundesebene.
der Polizei überprüfen und auswerten
zu lassen? 2. Was wird die Bundesregierung aufgrund der Feststellung der
Gewerkschaft ÖTV, die Fehlerquote
beim Alcotest liege bei 40% und das
Verfahren reiche zum Führerscheinentzug nicht aus, unternehmen?
Für die CDU betonte Heiner Geißler, es
müsse sichergestellt sein, daß das Jugendhilfegesetz Subsidiarität und Elternrecht gewährleiste. Die Vertreter
des Bundesjugendringes unterstrichen
nachdrücklich, daß durch das Jugendhilfegesetz ein partnerschaftliches Zusammenwirken zwischen freien und öffentlichen Trägern im Sinne der Gleichrangigkeit gewährleistet werden sollte.
Die vom ehemaligen NRW-Ministerpräsidenten Kühn gewünschte Einbürgerung von Ausländerkindern „per Postkarte" hat bei den unionsregierten Bundesländern wenig Gegenliebe gefunden. Nordrhein-Westfalen, das sich die
Anregung durch einen Gesetzesentwurf
im Bundesrat zu eigen gemacht hatte,
fand jetzt im Innenausschuß des Bundesrates nur die SPD-regierten Bundesländer auf seiner Seite. Der Gesetzentwurf hätte vom Bundesrat angenommen
werden müssen. Dann erst hätte der
Bundestag entscheiden können.
Die Jugendvertreter wiesen ferner darauf hin, daß die Zuwachsraten für die
allgemeine Förderung der Jugendarbeit
aus dem Bundesjugendplan in den letzten Jahren zu gering gewesen seien.
Der CDU-Generalsekretär sagte dem
Bundesjugendring Unterstützung bei
der Durchsetzung dieses Anliegens zu.
Klarheit für Kraftfahrer
Zu Pressemeldungen über skandalöse
Fehlerquoten beim Alcotest der Polizei
erklärt der verkehrspolitische Sprecher
der CDU/CSU, Dieter Schulte, beim Alcotest für Kraftfahrer durch die Polizei
liege eine unzumutbare Beweisunsicherheit, zumal an Ort und Stelle der
Führerschein sofort einbehalten werde.
Hier müsse im Interesse der Autofahrer
schleunigst Klarheit geschaffen werden.
Die CDU/CSU richtet folgende Fragen
an die Bundesregierung, die in der
kommenden Woche im Bundestag von
ihr zu beantworten sind: 1. Was hat die
Bundesregierung bisher getan, um
mögliche Fehlerquoten beim Alcotest
Nicht „per Postkarte"
Erhöhung der
Kilometerpauschale
Für eine Erhöhung der Kilometerpauschale angesichts der gestiegenen und
weiter steigenden Benzinpreise hat sich
der Unionsabgeordnete Stutzer ausgesprochen. Er hielt es aus sozialen Gründen für nicht vertretbar, daß von den
Berufspendlern, die „mit Sicherheit in
ihrer Mehrzahl nicht zu den sozial Starken in unserer Gesellschaft gehören".
Opfer verlangt werden, die über das
normale Maß hinausgehen, ohne daß
ihnen von seiten der Regierung geholfen werde. Die Bundesregierung habe
eine Erhöhung der Pauschale sogar für
den Fall abgelehnt, daß die Benzinpreise noch weitersteigen sollten.
UiD 9 • 6. März 1980 • Seite 5
AUSSENPOLITISCHE DEBATTE
Schmidts Unentschlossenheit
schadete den deutschen Interessen
In der außenpolitischen Debatte im
Deutschen Bundestag sprach als
erster Parlamentarier Helmut Kohl.
Er warf dem Bundeskanzler vor,
er sei dem eigenen Anspruch,
Wonach der Westen mit einem
abgestimmten Krisenmanagement
auf die Ereignisse in Afghanistan
reagieren müsse, nicht gerecht
geworden. Statt dessen habe es
unter den Europäern Mißtrauen
und Irritationen gegeben.
Weiter stellte Helmut Kohl fest: Muß
sich der Bundeskanzler, wenn er
sich in einer ruhigen Stunde Rechenschaft gibt, nicht selber eingestehen,
daß die Politik, die er in diesen Wochen
Mitgetragen hat, die Sowjetunion ermutigt hat? Mußte die sowjetische Führung nicht den Eindruck gewinnen, daß
v
iele Europäer bereit sind, Afghanistan
zu vergessen, wenn die Sowjetunion
nur eine irgendwie geartete neue Entspannungsgeste anbietet?
Jeder von uns im Bundestag ist natürlich für Entspannung oder, wie Bundesa
ußenminister Genscher neuerdings
formuliert, für realistische Entspannung.
F
ür uns ging es immer um realistische
Entspannung. Aber wir können doch
nicht so tun, als sei die Welt im Februar
"•980 noch die gleiche wie im Februar
1
979 — obwohl wir im Blick auf die
sowjetische Rüstungspolitik die Bundesregierung schon damals auf diese
Entwicklung hingewiesen haben.
Ich gehe ein Stück weiter. Muß die
Sowjetunion aus ihrer Erfahrung und
ihrem Denken nicht einfach genügend
Zeit verstreichen lassen, um so mit neuen westlichen Vorleistungen rechnen zu
können, für die sie nur eine Gelegenheit erbringen muß, nämlich ihre Bereitschaft zu neuen Gesprächen?
Hat sich der Bundeskanzler unter diesem Gesichtspunkt die Frage vorgelegt,
welch hohen Preis wir für das weitere
Hinauszögern von Entscheidungen und
Gegenmaßnahmen einmal zahlen müssen? Hat er überlegt, was ein deutscher
Olympiaboykott im Mai noch wert ist —
im Vergleich zu dem Verlust an Vertrauen, an Verärgerung und Enttäuschung
in weiten Teilen der amerikanischen
Bevölkerung?
Die Politik dieser Bundesregierung ist
eine jämmerliche Antwort. Wir, die
CDU/CSU, sind der Auffassung, daß
eine solche Politik den deutschen Interessen schadet, daß sie unsere Sicherheit gefährdet, die Sowjetunion ermutigt und damit den Frieden gefährdet.
Die Gespräche des Kanzlers in Washington bieten die Chance, die
deutsch-amerikanische
Freundschaft
neu zu beleben, die westliche Allianz zu
stärken — durch Maßnahmen und nicht
durch Worte. Der Anfang muß hier im
Bundestag erfolgen. Helmut Schmidt
sollte dankbar sein, wenn ihm die stärkste politische Gruppierung in der Bundesrepublik Deutschland in dieser zen-
UID 9 • 6. März 1980 • Seite 6
tralen Frage ihre Unterstützung anbietet.
Wir erwarten von ihm eine überzeugende Aussage über das Gesamtkonzept
seiner Politik, Klarheit über Ziele, die er
gemeinsam mit den westlichen Bündnispartnern und vor allem mit den USA
verfolgen will. Wir erwarten eine unmißverständliche Aussage über den Beitrag, den er im Rahmen der Arbeitsteilung im westlichen Bündnis zu leisten
bereit ist.
Ich sprach über die Diskussion zum
Olympiaboykott und stelle mit Bedauern
fest, daß nach der Debatte im Bundestag die Diskussion über die Frage der
deutschen Haltung verwirrter sein wird
als vorher.
Wir verlangen eine Aussage über den
deutschen Beitrag zur Verbesserung
der Verteidigungsfähigkeit des westlichen Bündnisses und der Bundeswehr
im besonderen und über den deutschen
Anteil an steigenden Lasten, die die
USA auch für unsere Sicherheit weltweit tragen müssen. Ich hätte schon
begrüßt, wenn der Bundeskanzler uns
auch ganz offen gesagt hätte, in welch
eine Richtung wir etwa in wenigen Wochen beim Nachtragshaushalt Entwicklungen zu erwarten haben. Das, was
beispielsweise
Bundesfinanzminister
Matthöfer dazu sagt, kann doch sicherlich nicht das letzte Wort der Bundesregierung sein.
Wir erwarten und verlangen vom Bundeskanzler, daß in seinen Gesprächen
mit dem amerikanischen Präsidenten
verbindliche Zusagen für die Bereitschaft der Bundesrepublik getroffen
werden, auch unsere Außenhandelspolitik in dem von ihm immer wieder beschriebenen Ziel zu überprüfen, um die
Solidarität mit den USA auch in der
Beschränkung des Exports strategisch
wichtiger Güter und Waren mit beson-
derem technischem Know-how unter
Beweis zu stellen.
Ein Teil dessen, was wir erwarten —
dies will ich einräumen —, ist wenigstens andeutungsweise zu hören gewesen. Aber es genügt nicht. Wir erwarten
ein klares Wort über den deutschen
Beitrag zur politischen und wirtschaftlichen Stabilisierung im Nahen und Mittleren Osten und in anderen Regionen
der Dritten Welt.
Herr Bundeskanzler, jeder weiß, daß in
Washington klare Erwartungen auf die
Bundesrepublik Deutschland zukommen. Jeder weiß doch, daß wir für unsere Sicherheit und damit für den Frieden
in der Welt höhere Lasten bringen müssen, höhere Opfer bringen müssen.
Wir alle sprechen seit Wochen von den
notwendigen Opfern, die auf uns, auf
unsere Mitbürger zukommen. Wir —
Franz Josef Strauß und ich — haben
dem Kanzler im Gespräch und öffentlich wiederholt unsere Bereitschaft erklärt, dabei Mitverantwortung zu übernehmen. Aber Gemeinsamkeit zwischen
Regierung und Opposition kann sich
nicht darin erschöpfen, daß wir über die
Opfer reden, bereit sind, Opfer zu bringen, während SPD und FDP Wahlgeschenke verteilen.
Nach unserer Verfassung ist es die Aufgabe des Kanzlers der Bundesrepublik
Deutschland, die Richtlinien der Politik
zu bestimmen, d. h. auch, uns und den
Bürgern dieses Landes zu sagen, worauf es ankommt und was auf sie zukommt. Wann wird Helmut Schmidt dies
endlich tun?
Es liegt in unserem gemeinsamen Interesse und im Interesse aller Bürger der
Bundesrepublik Deutschland, daß seine
Gespräche mit dem amerikanischen
Präsidenten erfolgreich verlaufen. Er
muß in diesem Sinne handeln. Wir wünschen ihm und damit uns Erfolg.
UiD 9 • 6. März 1980 • Seite 7
Die Folgen falsch
verstandener
Entspannungspolitik
Franz Josef Strauß sagte in der Debatte u. a.:
Natürlich steht die Rote Armee jetzt
500 km vom Indischen Ozean weg. Ein
Teil ihrer Pazifikflotte ist von Wladiwostok in die jetzt wiederhergestellten
amerikanischen Marinebasen in Südvietnam verlegt worden. Im Süden der
arabischen Halbinsel finden heute beträchtliche militärische Vorgänge statt:
Einige tausend Kubaner, einige tausend Soldaten der Nationalen Volksarmee, einige tausend Sowjetrussen in
Südjemen. Dort fließt etwas anderes
Zusammen, als zwei Haltungen zur
Olympiade. Hier fließen nämlich zwei
9roße Krisenherde zusammen, der Krisenherd Ferner Osten und der Krisenherd Mittlerer Osten und Afrika.
N'er ist zu berücksichtigen, daß unsere
Militärische Sicherheit von unserer wirtschaftlichen Sicherheit nicht getrennt
w
erden kann. Sicherlich sind wir durch
den Einmarsch der Russen in Afghanistan in unserer militärischen Sicherheit
nicht akut bedroht. Das hat auch niemand behauptet. Trotzdem möchte ich
tür uns hier nochmals festhalten, daß
Entspannung geographisch unteilbar
sein muß, auch wenn der Spannungs9rad in verschiedenen geographischen
Legionen verschieden hoch sein mag.
^er Spannungsgrad im Mittleren Osten
Um Iran herum ist natürlich wesentlich
höher als der in Europa. Die Problematik der Entspannung ist aber geographisch unteilbar. Deshalb können wir
u
ns den Inhalt des Begriffes „Entspannungspolitik" auch nicht von der anderen Seite vorschreiben lassen. Der Ge-
genstand der Entspannungspolitik darf
nur das sein, was beide Seiten einvernehmlich festgelegt haben.
Wir würden sicherlich den höchsten Orden für vorbildliche Entspannungspolitik bekommen, wenn wir z. B. aus der
NATO austräten oder wenn wir unseren
Grund und unseren Boden amerikanischen Truppen nicht mehr für die Verteidigung Europas zur Verfügung stellten. Das wäre in der Moskauer Propaganda sicherlich ein die Entspannung
ungeheuer fördernder Akt. Dann ginge
aber natürlich die Rechnung nicht mehr
auf, daß Entspannung auch Sicherheit
gewährleisten muß.
Dazu kommt auch, daß Entspannung
automatisch aufhört, wenn man einen
Prozeß der politisch-psychologischen
Selbstneutralisierung mit Abbau der
moralischen und materiellen Verteidigungsbereitschaft einführte. Hierzu sage ich — und zwar nicht aus Gründen
der Rechthaberei — dies:
Was die Entspannungspolitik falsch verstandener Art leider angerichtet hat, ist
die Zerstörung des Problembewußtseins durch schöngefärbte, rosarotillusionär malende Darstellung der Zusammenhänge aus den Reihen der Regierungsparteien und der Bundesregierungen der letzten zehn Jahre.
Wie sehr man sich täuschen kann, will
ich an folgendem verdeutlichen. Der
Herr Bundesaußenminister hat im Oktober eine Rede vor einem großen Wirtschaftsverband gehalten. Er sagte:
„Die zukünftige Entwicklung wird deshalb auch davon bestimmt sein, daß die
Sowjetunion und die anderen osteuropäischen Staaten immer stärker in die
weltwirtschaftliche Interdependenz hineingezogen werden. Deshalb werden
sich auch die sozialistischen Länder
auf lange Sicht der Einsicht nicht ver-
UiD 9 • 6. März 1980 • Seite 8
schließen, daß eine auf stabile Verhältnisse gerichtete Entwicklung eher Vorteile bringt als expansive und in ihrer
Substanz und Beständigkeit zweifelhafte Zugewinne in der Dritten Welt, die
zunehmend noch mit hohen militärischen Kosten und mit politischen Risiken erkauft werden."
Hier hat der Außenminister Genscher
eine Bewertung der sowjetischen Politik vorgenommen, wie er sie gerne hätte, aber nicht so, wie sie in Wirklichkeit
ist. Dieser sowjetischen Politik liegen
nämlich andere Motive als etwa der
Wunsch zugrunde, in die weltwirtschaftlichen Interdependenzen möglichst eng
verflochten zu werden. Das Hauptmotiv
ist vielmehr, möglichst viel machtpolitische Vorteile aus der Entspannung herauszuholen.
In diesem Zusammenhang habe ich noch
die Bitte, daß von seiten der Mitglieder
der Bundesregierung auch einmal ein
Wort gesagt wird, wie sie die zur Zeit in
Mittelosteuropa und Südosteuropa ablaufenden militärischen Verlegungen
beurteilen. Es gibt darüber doch eine
Fülle von echten Erkenntnissen. Es
spricht alles dafür, daß die Sowjetunion
zumindest die Vorbereitungen dafür
trifft, dann, wenn die politische Führung
es für richtig hält, in Südosteuropa, im
Balkanraum tätig zu werden. Ich behaupte nicht, daß sie diesen Beschluß
gefaßt hat. Ich behaupte nicht, daß es
so kommen wird. Aber die militärischen
Vorbereitungen werden so getroffen,
daß eine solche Aktion innerhalb kürzester Zeit unternommen werden kann.
Ich glaube, wir müssen uns deshalb
auch von zwei liebgewordenen Vorstellungen weitgehend freimachen. Das
eine ist die Vorstellung, daß die Sowjetunion eine solche Aktion bei der
Schwerfälligkeit militärischer Planwirt-
schaft nur nach einer langfristigen,
gründlichen Vorbereitung unternehmen
kann. Die Erfahrungen in Afghanistan
zeigen, daß sie in einer wesentlich kürzeren Zeit Verbände über große Entfernungen hinweg verlegen kann. Eine
weitere Vorstellung müssen wir zumindest kritisch überprüfen, nämlich die
Vorstellung, daß die Sowjetunion ein
militärisches Risiko scheue.
Ich bin nicht der Meinung, daß die
Sowjetunion den dritten Weltkrieg willIch bin auch nicht der Meinung, daß sie
eine Politik betreibt, die bewußt darauf
angelegt ist, diesen Weltkrieg herbeizuführen. Aber sie scheut angesichts des
Versagens des Westens — Stichwort
Angola Mitte der 70er Jahre — heute
vor Aktionen weniger zurück als noch
vor fünf oder zehn Jahren.
Sie hat die Frage, ob der Westen reagiert — in dem Fall beschränkt sich das
auf die Amerikaner — immer mit großer
Behutsamkeit geprüft. Die Erfahrungen
der letzten zehn Jahre haben die Führung der Sowjetunion offensichtlich zu
der Überzeugung gebracht, daß sie in
der Lage ist, Aktionen zu unternehmen,
die früher mit größeren Risiken verbunden waren. Dagegen glaubt sie heute,
daß diese Risiken in diesem Umfange
nicht mehr vorhanden sind.
Erfolgreiche
CDU-Anzeigenwerbung
Die Mitte Januar von der CDU in verschiedenen Zeitschriften und Tageszei'
tungen gestartete Anzeigenaktion im
Vorfeld des Bundestagswahlkampfes
findet reges Interesse. Bisher haben
6 000 Bürger Coupons mit der Bitte um
weiteres Informationsmaterial an die
Bundesgeschäftsstelle in Bonn zurückgeschickt. 430 bekundeten, Mitglied der
CDU werden zu wollen.
UID 9 • 6. März 1980 • Seite 9
KOALITION
Jusos setzen weiter
auf Verleumdung
Die Jungsozialisten fürchten einen fairen Wahlkampf, erklärt Bundesgeschäftsführer Ulf Fink. Sie setzen weiterhin auf persönliche Verleumdung des
politischen Gegners. Nur so kann die
Erklärung des stellvertretenden JusoBundesvorsitzenden Piecyk verstanden
werden, der sich gegen das unterschriftsreife Wahlkampfabkommen der
Bundestagsparteien ausgesprochen hat.
Die Jusos erblicken offenbar in der
demokratischen Gemeinsamkeit kein
erhaltenswertes Prinzip. Wer in den
Kommunisten den „politischen Gegner", in der CDU/CSU jedoch den „politischen Feind" sieht, will die Auseinandersetzung nicht mehr als demokratischen Streit führen. Es ist noch keine
vierzehn Tage her, seit die Jusos in
Schleswig-Holstein ihre ungeheuerliche
„Büsumer Erklärung" von 1975 bekräftigt haben, in der es heißt, Politiker wie
Bundespräsident Karl Carstens und
Franz Josef Strauß seien für die Demokratie gefährlicher als eine Handvoll
wildgewordener Terroristen. Die Erklärung des stellvertretenden Juso-Vorsitzenden unterstreicht, wie notwendig es
ist, daß die demokratischen Parteien
ein Wahlkampfabkommen schließen.
Krasser Verstoß
gegen Fairneßgebot
In einer vom BMF mit 400 000 Exemplaren auf den Markt gebrachten, aus
Steuermitteln finanzierten Broschüre
„Bundeshaushalt 1980" wird die finanzpolitische Haltung der Opposition verdreht und falsch wiedergegeben. Hierzu
erklärt der finanzpolitische Sprecher
der CDU/CSU-Fraktion Hansjörg Häfele, gewiß sei es der Regierung erlaubt,
in ihrer Öffentlichkeitsarbeit ihre Meinung darzulegen. Das dürfe indessen
nicht in eine polemische Auseinandersetzung mit der Opposition ausarten.
Insbesondere dürfe die Regierung nicht
— wie es in dieser Schrift geschehe —
unter Verdrehung der Aussagen der
Opposition den Eindruck zu erwecken
versuchen, die Opposition betreibe auf
dem Feld der Finanzpolitik lediglich
Obstruktion. Ein solch krasser Verstoß
gegen das Fairneßgebot im Umgang
der Bundesregierung mit den politischen Parteien, insbesondere mit der
Opposition, sei mit größtem Nachdruck
zurückzuweisen.
Wieder dilettantische
Gesetzesarbeit der Regierung
Anläßlich der Anhörung von Sachverständigen zu dem arbeitsrechtlichen
EG-Anpassungsgesetz der Bundesregierung kritisieren der Obmann der
Fraktion der CDU/CSU im Ausschuß für
Arbeit und Sozialordnung, Otto Zink,
und das Mitglied des Ausschusses für
Arbeit und Sozialordnung, Haimo George, daß die Regierungskoalition das
sog. arbeitsrechtliche EG-Anpassungsgesetz jetzt „in gestrecktem Galopp"
über die Runden zu bringen versuche.
Die Union habe frühzeitig erkannt, daß
der Gesetzentwurf, der darauf abziele,
den verfassungsrechtlichen Gleichberechtigungs- und Gleichbehandlungsgrundsatz im Arbeitsleben zu verstärken
und zu sichern, in dieser Form nichts
bringe, am allerwenigsten den Frauen
im Erwerbs- und Arbeitsleben. Sie habe
daher eine öffentliche Anhörung beantragt.
Wie recht sie damit hatte, zeigt der
bisherige Verlauf: Der Gesetzentwurf
UiD 9 • 6. März 1980 • Seite 10
stieß — aus sehr unterschiedlichen
Gründen — auf einhellige Ablehnung.
Dennoch wird die Unionsfraktion an der
Verbesserung des Gesetzentwurfes der
Bundesregierung weiter mitarbeiten,
um doch noch eine Lösung zu erreichen, die den Frauen zu ihrem Recht
verhilft.
Energiesparen: Schlechtes
Beispiel der Regierung
Auf Antrag der Haushaltsgruppe der
CDU/CSU-Fraktion hat sich der Haushaltsausschuß des Bundestages mit der
unglaublichen Absicht der Bundesregierung befaßt, für sich selbst gerade
zu dem Zeitpunkt PS-stärkere Dienstkraftwagen zu beschaffen, in dem sie
die Bevölkerung zu einem verbrauchsbewußteren Verhalten bei der Fahrzeugbeschaffung und der Fahrweise
auffordert. Der Haushaltsausschuß hat
die Bundesregierung aufgefordert, die
neuen Höchstgrenzen für PS-Stärken
nicht auszuschöpfen und durch die Beschaffung von Dienstkraftwagen mit
sparsamerem Verbrauch ihrerseits der
Bevölkerung ein Beispiel zum Energiesparen zu geben. Der Haushaltsausschuß wird die Beschaffungspraxis der
Bundesregierung weiter beobachten.
Bis zur Sommerpause muß die Bundesregierung dem Haushaltsausschuß berichten, in welchen Fällen bis zu diesem
Zeitpunkt für wen Dienstkraftwagen mit
welchen PS-Stärken angeschafft worden sind.
Mittelstandsfeindliche SPD
Günter Jansen, SPD-Landesvorsitzender von Schleswig-Holstein, der im
Wahlkreis Ostholstein kandidiert, erklärte wörtlich: „Die SPD muß zusammen mit den Gewerkschaften den steinigen Weg einer konkreten Umvertei-
lungspolitik gehen. Da geht es an die
Privilegien nicht nur der Unternehmer.
Da gilt es denn auch, den Widerstand
von Ärzten, von Bodenspekulanten, von
Bankiers, von leitenden Angestellten,
vom Beamtenbund und von all jenen zu
brechen, die bei einer gerechten Umverteilung zuerst zur Kasse gebeten
werden."
SPD-Massenaustritt
in Gelsenkirchen
Innerparteiliche Streitigkeiten haben in
Gelsenkirchen offenbar zu einem Massenaustritt von SPD-Mitgliedern geführt.
Wie die Deutsche Presse-Agentur aus
dem SPD-Ortsverein Horst Süd erfuhr,
haben in dieser Woche 94 Sozialdemokraten aus Protest gegen die Leitung
ihres Unterbezirks ihre Mitgliedsbücher
zurückgegeben. Rund weitere 100 SPDMitglieder wollen sich angeblich diesem Schritt anschließen.
Wiedervereinigung ist
Verfassungsauftrag
Zu den deutschlandpolitischen Vorstellungen der deutschen Jungdemokraten
erklärte der stellvertretende Sprecher
der CDU, Christoph Müllerleile: Die
deutschen Jungdemokraten schlagen
ihre Partei, die FDP, wo immer sie sie
treffen können. Die Forderung nach
einer eigenen Staatsbürgerschaft für
die Bevölkerung in der DDR kommt
einer Anerkennung der deutschen Teilung und damit einem Vorstoß gegen
das Grundgesetz gleich. Es ist abwegig,
wenn sich die FDP-Jugendorganisation
in diesem Zusammenhang Gedanken
über eine entsprechende Grundgesetzänderung macht. Die Verfassungsväter
haben festgelegt, daß das Wiedervereinigungsgebot des Grundgesetzes unabänderlich ist.
UID 9 • 6. März 1980 • Seite 11
PROZESSKOSTEN
Mit dem Unionsentwurf wurde
das Gesetz erheblich verbessert
Der Deutsche Bundestag behandelte
in der 2. und 3. Lesung den
Regierungsentwurf eines Gesetzes
über die Prozeßkostenhilfe sowie
den CDU/CSU-Gesetzentwurf
über die außergerichtliche Rechtsberatung und Vertretung für Bürger
mit geringem Einkommen und das
Beratungshilfegesetz.
CDU-MdB Manfred Langner qualifizierte
die zur zweiten und dritten Lesung vorliegenden Entwürfe als wesentlich einfacher, verständlicher und kostensparender gegenüber den seinerzeitigen
Regierungsvorlagen. Er begrüßte, daß
sich die Koalition nach der ersten Lesung bereitgefunden hat, bürgerfreundlichere Gesetze zu gestalten, die die
Betroffenen
und
Gesetzesanwender
auch verstehen und handhaben können.
In der ersten Lesung zur Prozeßkostenhilfe hatten die Koalitionsvertreter Kritik
an den zu komplizierten Regelungen
des Regierungsentwurfs noch abgewehrt, jetzt konnte die Grundkonzeption des Unionsentwurfs durchgesetzt
werden.
Folgende Vereinfachungen wurden erzielt:
1. Die anstelle des bisherigen Armenrechts in die Zivilprozeßordnung eingearbeitete Prozeßkostenhilfe beschränkt
sich auf die bisherige Zahl der Paragraphen, während der Regierungsentwurf
viel mehr und längere Vorschriften vorsah. Die Bestimmungen sind größten-
teils sprachlich verständlicher gestaltet
worden, Überflüssiges ist weggelassen,
Verweisungen beschränkt worden.
2. Das Verfahren ist einfacher und bürgerfreundlicher gestaltet. Dem Antragsteller werden Gänge zu weiteren Behörden (z. B. Sozialamt, Finanzamt, Gemeindeverwaltung) erspart.
3. Prozeßkostenhilfe und die außergerichtliche Rechtsberatung für Bürger
mit geringem Einkommen sind aufeinander abgestimmt worden.
4. Bürger mit geringem Einkommen
können, anders als es der Regierungsentwurf vorsah, entsprechend dem
Unionsentwurf unmittelbar einen Anwalt
aufsuchen ohne Umweg über das Gericht.
Damit ist das Prozeß- und Beratungsrecht behutsam verbessert und ergänzt
worden. Klar festgehalten und gegenüber dem geltenden Recht durch die
Selbstbeteiligung durch Raten oder
Schutzgebühr sogar unterstrichen ist
der Grundsatz, daß Rechtsberatung und
gerichtliche Streitentscheidung justizielle Dienstleistungen sind, die Kosten
verursachen, die der Bürger aufzubringen hat oder an denen er sich angemessen zu beteiligen hat.
Aber ebenso klar und unmißverständlich normieren die neuen oder veränderten Vorschriften des Prozeß- und
Beratungsrechts, daß derjenige, der in
Not geraten ist oder der mit geringem
Einkommen auskommen muß, nicht gehindert sein darf, sein Recht zu suchen.
UiD 9 • 6. März 1980 • Seite 12
• LANDWIRTSCHAFT
Alternative der
CDU/CSU zum
Regierungsentwurf
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion
hat den von der Bundesregierung
vorgelegten Gesetzentwurf zur
Änderung der Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirtschaft abgelehnt.
Die Fraktion hält den von SPD und
FDP unterstützten Gesetzentwurf
für ungenügend, weil
— nicht mehr Steuergerechtigkeit und
Transparenz, sondern lediglich eine erhebliche steuerliche Mehrbelastung für
die Bauern herbeigeführt wird;
— nicht mehr Steuervereinfachung und
weniger Bürokratie, sondern bedenkliche Komplizierungen des Steuerrechts
und erhebliche Mehrkosten für die Finanzverwaltung und die Steuerpflichtigen bewirkt wird;
— nicht mehr steuerliche Gerechtigkeit
erzielt wird, sondern eine stärkere Belastung vor allem der kleinen landwirtschaftlichen Betriebe;
— innerhalb der Europäischen Gemeinschaft zu Lasten der deutschen
Bauern neue Wettbewerbsverzerrungen
errichtet werden.
Dazu MdB Reinhard Meyer zu Bentrup:
Die steuerliche Mehrbelastung und die
zusätzlich entstehenden Belastungen
aus Buchführungsauflagen werden zusammen rund 1,5 Mrd. DM ausmachen.
Das sind 70—75% des Nettoinvestitionsvolumens der deutschen Landwirtschaft. Die Mehrbelastung trifft die Bauern besonders hart, weil ihre Einkommenssituation ohnehin schlecht ist. Am
Ende der 8. Legislaturperiode sind ihre
durchschnittlichen Einkommen niedriger als am Anfang.
Die von SPD und FDP befürworteten Steuerpläne der Bundesregierung
erfordern zusätzlich 400 Finanzbeamte
mit einem durchschnittlichen Aufwand
von 32 Mill. DM jährlich.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat
den Plänen der Bundesregierung ihr
eigenes Konzept entgegengestellt. Dieses Konzept baut auf folgenden Grundsätzen auf:
1. Im Sinne der Steuergerechtigkeit
muß es zu einer ausgewogenen Besteuerung zwischen den landwirtschaftlichen Betrieben entsprechend ihrer
wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit
kommen. Die Lösung muß verfassungskonform im Verhältnis von Landwirten
und Nichtlandwirten sein.
2. Entsprechend dem Auftrag des
Landwirtschaftsgesetzes ist die Steuerpolitik auch Mittel der Einkommenspolitik..
3. Durch die Steuerpolitik dürfen keine
neuen Wettbewerbsverzerrungen in der
EG bewirkt werden.
4. Einer zusätzlichen
Gewinnermittlungsart bedarf es nicht; Steueraufkommen und Verwaltungsaufwand müssen
in einem vertretbaren Verhältnis zueinander stehen.
5. Die Investitionskraft der Landwirtschaft darf nicht geschwächt werden.
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ARGUMENTE
Leidensweg Steuerpolitik
Fragen Sie doch einmal:
Was habe ich bisher von der Steuerpolitik der Regierung gehabt?
Sind meine Steuern
—• weniger geworden?
*- geblieben oder
— gestiegen?
Wie fing es einst an?
..Unser Ziel ist es, ein gerechtes, einfaches und überschaubares Steuersystem zu
schaffen" (Bundeskanzler Brandt, Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969).
Dann wurde geschwärmt:
..Historische Aufgabe für die SPD" (Bundesfinanzminister Alex Möller, SPD,
..Vorwärts", 14. Mai 1971).
eines der bedeutendsten und umfassendsten Reformvorhaben nicht nur dieser
Legislaturperiode, sondern der deutschen Nachkriegsgeschichte..." (Doppelminister Professor Schiller, Bulletin der Bundesregierung, 23. Juni 1971.)
Und heute? Nun, nach zehn Jahren gibt es mehr Unzufriedene als damals. Wie
kam es dazu?
Plötzlich: Für einen Augenblick zerriß der Nebel — die wahren Ziele wurden
sichtbar
»Wenn wir unter diesen gegebenen Umständen strukturverändernde Politik machen wollen — was ja gestern zur Genüge beschworen wurde —, dann müssen wir
auch den Mut haben, die Grenzen der Belastbarkeit zu erproben." (Jochen Steffen,
SPD-Parteitag, 18. bis 20. November 1971.)
Der Parteitag folgte Steffen und beschloß massive Steuererhöhungen. Das war der
Wendepunkt. Jetzt sollen die Steuern die Gesellschaftsordnung verändern helfen.
Gleichzeitig soll der Staatsanteil am Sozialprodukt kräftig erweitert werden.
Und die Folgen?
1
10 Jahre SPD/FDP-Regierung haben eine Ausdehnung der Staatstätigkeit
gebracht, wie es sie in Deutschland im Frieden noch nie gab: zwischen 45 und
47 % vom Bruttosozialprodukt.
WD 9 - 6. März 1980 • Seite 14
•
In nur 10 Jahren wurde ein Berg von 400 Mrd. DM Schulden aufgebaut. Trotz
häufiger Steuererhöhungen (Steuern auf Umsatz, Mineralöl, Tabak, Branntwein usw.) stiegen die Ausgaben schneller als die Einnahmen. Heute tickt die
Zeitbombe von Zinsen und Tilgungen. Sie werden bald zu den größten
Ausgaben des Bundes gehören.
•
In 10 Jahren wurde das Geld für die Herausforderungen der 80er Jahre vertan
— auch für mehr Sicherheit — und den produktiven Kräften bürokratische
Fesseln angelegt.
•
In 10 Jahren ist die Lohnsteuer zur drückendsten aller Steuern geworden.
•
In 10 Jahren wurde das Steuerrecht durch ständige Änderungen zum Steuerdschungel. Nicht einmal Fachleute finden sich zurecht.
Wütende Proteste der Leidtragenden halfen nichts.
Auch von Steuervereinfachung ist keine Spur zu sehen. Im Gegenteil:
Die sinnlose Mehrarbeit für Bürger und Wirtschaft nimmt immer mehr zu. Das
zeigt: Bürokratie und (demokratischer) Sozialismus sind untrennbar.
Diese Ruhmestaten haben vier SPD-Finanzminister zuwege gebracht. Möller,
Schiller, Helmut Schmidt (jetzt Bundeskanzler), Hans Apel. Also, was haben wir
von der Steuerpolitik? Höhere Steuern, weniger Gerechtigkeit, keine Vereinfachung.
Wie geht es weiter?
Weil der Staat seine kranken Finanzen immer noch nicht saniert hat, aber nicht
ewig auf Pump leben kann, hängen immer höhere Steuern wie ein Damoklesschwert über uns:
1980 wird wieder ein Rekordjahr der heimlichen Steuererhöhungen. Jeder Arbeitende wird es spüren. Vorschläge der CDU/CSU, die das verhindern sollten, haben
SPD und FDP brüsk zurückgewiesen. Scheinheilig und falsch sind die Gründe der
Regierung. Nicht die Überschuldung wird abgebaut — wie behauptet —, sondern
erneut wird mehr Geld ausgegeben. Fast 10 Mrd. DM heimlicher Steuererhöhungen
werden dafür dem Steuerzahler aufgebürdet.
1981 werden die heimlichen Steuererhöhungen 20 Mrd. DM betragen. Aber SPD
und FDP wollen davon nur einen Teil (17,4 Mrd. DM) zurückgeben.
Also: echte Steuersenkungen hat die Regierung überhaupt nicht vor. Was kommt,
ist ein verspäteter und nur teilweiser Abbau von Steuererhöhungen.
Aber: wieder wird nur Flickwerk angeboten. Die Ungerechtigkeiten eines zu steilen
Einkommensteuertarifs bleiben. Die hohe Progression wird weiterhin Leistung und
Investitionen bestrafen.
Die CDU/CSU hat dagegen Vorschläge, die leistungs-, familien- und investitionsfreundlich sind. Nur das ist der Weg, die drückende Steuerlast schrittweise zu
mindern und unsere Wirtschaft auf vollen Touren zu halten.
UiD 9 • 6. März 1980 • Seite 15
SPORT
Gute Gründe für Olympia-Boykott
'n einem an den Parteivorsitzenden
Helmut Kohl gerichteten offenen
Brief hat der Vorsitzende des
Beirates der Aktiven im Bundesausschuß für Leistungssport
des Deutschen Sportbundes,
Thomas Bach, den Beschluß der
Sprecher der Olympischen SommerF
achverbände, der sich gegen
einen Boykott der Olympischen
Spiele 1980 in Moskau wendet, er•äutert und unterstützt. Helmut Kohl
hat dem Vorsitzenden des Beirates
jetzt u. a. geantwortet:
Oehr geehrter Herr Bach, die CDU
^ hat großes Verständnis für die Motive, insbesondere der betroffenen Sport's'-, und wir haben allen Respekt für
'hren Wunsch, nach jahrelangen intensiven Vorbereitungen an Olympischen
Spielen teilzunehmen. Gleichwohl sind
w
"r der Überzeugung, daß unter den
9egenwärtigen Umständen eine Teilnahme an Olympischen Spielen in Moskau nicht empfehlenswert ist, und wir
sj
nd uns dabei bewußt, daß wir damit
d
©n Aktiven ein großes Opfer auferlegen.
y*1 Gegensatz zu der von Ihnen angegebnen Begründung deuten alle aus der
Sowjetunion vorliegenden Informatione
n darauf hin, daß eine Nichtteilnahme
Jter Sportler aus den Ländern des freien
bestens an den Olympischen Spielen
ln
Moskau für die Führung im Kreml
außerordentlich unangenehm wäre, weil
d
amit der Wert der Spiele in Moskau
auch in den Augen der Bevölkerung der
Sowjetunion entscheidend herabgemindert würde.
Die Sowjetunion muß begreifen, daß sie
nicht gleichzeitig Krieg führen und
Olympische Spiele des Friedens veranstalten kann. Wenn wir — auch durch
die Teilnahme an den Olympischen
Spielen in Moskau — mehr oder weniger resignierend über Afghanistan hinweg zur Tagesordnung übergehen —
machen wir die nächste sowjetische
Aggression wahrscheinlicher. Deshalb
muß der Westen energisch und solidarisch auf Afghanistan reagieren.
Dabei versteht sich, daß ein Boykott der
Olympischen Spiele allein eine unzureichende und dann ungeeignete Reaktion
wäre; eingebettet in ein Bündel von
weiteren politischen und wirtschaftlichen Maßnahmen gewinnt indes auch
eine Nichtteilnahme an Olympischen
Spielen in Moskau eine wesentliche Bedeutung zur Sicherung des Friedens.
Wir hoffen noch immer, daß die Sowjetunion durch einen Rückzug ihrer Truppen aus Afghanistan die Voraussetzung
für eine Teilnahme auch unserer Sportler an den Olympischen Spielen in Moskau schafft. Wir hoffen außerdem, daß
die für die olympische Bewegung Verantwortlichen andernfalls sich für eine
Verlegung der Spiele von Moskau in
eine andere Stadt in einem Land, das
nicht Krieg führt, entscheiden.
UID 9 - 6. März 1980 • Seite 16
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POSTVERTRIEBSSTOCK
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GEBOHR BEZAHLT
ZITAT
Wolken im Bundestag
Helmut Schmidt war die Bundestagsdebatte über Afghanistan und die Folgen
lästig, er ließ es sich anmerken. Schwerer wiegt, daß er offenbar am liebsten
das ganze Thema beiseite schieben
würde. Wer seine Regierungserklärung
hörte, konnte sich am Ende fragen, ob
es überhaupt eine Weltkrise gebe. Die
sowjetische Intervention müsse beendet werden, sagte er. Doch was dafür
zu tun sei, damit beschäftigt er sich
ungern. Wenn die Rede auf Sanktionen
kommt, legt er lieber dar, was alles
nicht gehe. Allerdings, der Teilnahme
an einem Olympia-Boykott will er sich
später nicht verschließen; jedoch überließ er es Außenminister Genscher, das
dem Volk verständlich auszudrücken.
Von der Gefahr des „Appeasement"
sprach er in normalem Ton. Vor Überreaktionen hingegen warnte er mit erhobener Stimme — warum? Es fehlt ja
sogar an einfachen Reaktionen. Was
soll der beschwörende Aufruf zu „fried-
UiD
lichen" Mitteln der Krisenlösung, da
doch an kriegerische im Westen niemand denkt? Der Kanzler sprach viel
vom Frieden, der zu bewahren sei. Gut,
aber bewahren? Herrscht in Afghanistan etwa Friede, oder führt dort nicht
die Sowjetunion einen grausamen Eroberungskrieg?
Seltsam unwirkliche Züge hat die Welt,
die der Bundeskanzler in seiner Rede
zeichnete. Genscher zog einige realisti'
schere Striche. Aber auch er hielt sich
zu sehr an papierene Scheintatsachen.
Die deutsch-französische Deklaration
rühmte er — sie gehört zu dem unerschöpflichen Vorrat an Wortkunststük'
ken, mit denen sich die Westeuropäer
Taten ersparen wollen. Es bestätigt sich
immer mehr: Die Bundesregierung
denkt und wünscht sich über Afghani'
stan hinweg; der Sowjetunion soll eine
Schranke erst vor das nächste Afghani'
stan gesetzt werden. Aber wie, wenn
gerade das die Sowjetunion darin bestärkte, bei ihr passender Gelegenheit
den nächsten Streich zu führen?
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29. 2. 1980
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