Inhalt Vorwort _________________________________________________________7 Einleitung _______________________________________________________10 Zur Einführung Gernot Hahn und Helmut Pauls Bezugspunkte Klinischer Sozialarbeit ________________________________22 Albert Mühlum und Silke Birgitta Gahleitner Klinische Sozialarbeit als Fachsozialarbeit – Professionstheoretische Annäherung und professionspolitische Folgerungen ____________________44 Perspektiven und Querschnittsaufgaben Klinischer Sozialarbeit Albert Mühlum Klinische Sozialarbeit und Gesundheitsförderung ______________________62 Heidrun Schulze Interkulturelle Fallarbeit – Einlassen auf plurale Realitäten ______________75 Silke Birgitta Gahleitner, Uwe Hinze, Katharina Weil und Ursula Senn Klinische Sozialarbeit als »Enthinderung« – Erfahrungen aus der Arbeit mit Menschen mit erworbener schwerer Beeinträchtigung _________94 Wolf Ortiz-Müller Psychosoziale Krisenintervention – Systemische Perspektiven ___________110 Arbeitsfelder und Zielgruppen Klinischer Sozialarbeit Helmut Pauls Aufgabenstellungen und Bedarf an Klinischer Sozialarbeit in der Kinder- und Jugendhilfe _____________________________________126 Günter Zurhorst Klinische Sozialarbeit in der Schule _________________________________137 Marianne Bosshard Soziale Arbeit und Psychiatrie _____________________________________151 Gernot Hahn und Michael Stiels-Glenn Klinische Aspekte der Straftäterbehandlung __________________________163 Kirsten Becker-Bikowski Psychosoziale Arbeit in der Klinik ___________________________________176 Norbert Gödecker-Geenen Klinische Sozialarbeit in der Rehabilitation ___________________________187 Heike Dech Gerontologie – ein wachsendes Arbeitsfeld in der Klinischen Sozialarbeit ______________________________________207 Marion Laging Klinische Sozialarbeit in der Suchthilfe ______________________________222 Autorinnen und Autoren __________________________________________243 Vorwort Dieses Buch wird sich als ein Meilenstein in der Geschichte der Sozialarbeitswissenschaft erweisen. Eine Subdisziplin begründend, deren Gegenstand die Methodik psychosozialer Fallarbeit ist, wird es dazu beitragen, zu der fortgeschrittenen amerikanischen Clinical Social Work aufzuschließen. Es war Wolf Rainer Wendt, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Soziale Arbeit, der erstmals 1995 auf die Erfolgsgeschichte der amerikanischen Clinical Social Workers hingewiesen hat. Ein Symposium zur psychosozialen Beratung in verschiedenen Arbeitsfeldern und ein Schwerpunktheft der Blätter der Wohlfahrtspflege folgten. Und es war Helmut Pauls, Leiter des Instituts für Psycho-Soziale Gesundheit an der Fachhochschule Coburg, der auf der Basis seiner Kontakte mit der amerikanischen Clinical Social Work den ersten Masterstudiengang für Klinische Sozialarbeit entwickelt und erstmals in deutscher Sprache die Grundlagen Klinischer Sozialarbeit beschrieben hat. Klinische Sozialarbeit sieht sich in der Tradition der Pionierinnen der »sozialen Diagnose« und »sozialen Therapie« Mary Richmonds und Alice Salomons. Es ging beiden Frauen um den Anspruch der beruflichen Sozialarbeit auf ein eigenständiges methodisches Inventar zur Ermittlung persönlichen Hilfebedarfs und zu wirksamer sozialer Einzelhilfe in den verschiedensten psychosozialen Problemlagen. Seit den 1930er-Jahren entwickelten dann amerikanische Sozialarbeitswissenschaftler/-innen wie Gordon Hamilton, Florence Hollis, Virginia Satir, Naomi Golan und Carel B. Germain daraus eine zunächst an der Psychoanalyse anknüpfende Methodenwissenschaft für die Case Work mit Menschen in prekären psychosozialen Lebenslagen. In den 1970er-Jahren formierten sich in den USA die Sozialarbeiter, die ihre berufliche Aufgabe vor allem in der psychosozialen Arbeit und Therapie sahen, unter der neuen Bezeichnung Clinical Social Workers. Neben den Universitätslehrstühlen für die Case Work entstanden jetzt eine eigene Fachgesellschaft und eigene Publikationsorgane wie die Clinical Social Work Journal. Heute erwirbt man sich die Qualifikation zum Klinischen Sozialarbeiter nach einem Master Studium in Social Work durch eine mehrjährige Weiterbildung bei einer dafür anerkannten Institution. Die Dauer dieses Qualifikationsprozesses für eine selbstständige Tätigkeit als Clinical Social Worker entspricht dabei ungefähr der für eine Approbation nach dem deutschen Psychotherapeutengesetz (vgl. www.abecsw.org, www.cswf.org). 8 Vorwort Das Tätigkeitsspektrum der Clinical Social Worker beschreibt Rachelle DORFMAN (1996) in ihrem Lehrbuch so: Sie hätten überall dort Aufgaben, wo Menschen missbraucht, verwahrlost, krank, misshandelt, behindert, altersgebrechlich, in Krisensituationen oder in anderer Weise in psychosozialer Not sind. Sie arbeiten in sozialen und medizinischen Institutionen und freiberuflichen Praxen. In Diensten und Einrichtungen des Gesundheitswesen sind sie therapeutisch und rehabilitativ tätig. Dort sind ihre Patienten z. B. psychisch Kranke und Menschen mit psychosomatischen Störungen, Drogen- und Alkoholabhängige, chronisch körperlich Kranke, geriatrisch und gerontopsychiatrisch behandlungs- und pflegebedürftige sowie behinderte Menschen. Klinische Sozialarbeiter arbeiten aber auch in Kinderschutzzentren, Gefängnissen, gemeindepsychiatrischen Zentren, heilpädagogischen Einrichtungen und psychosozialen Diensten der Jugend- und Familienhilfe. Sie arbeiten mit Aidskranken und deren Familien, mit Gewaltopfern und Gewalttätern, mit dissozialen und straffälligen Menschen, mit nach Gewalterfahrung oder Missbrauch traumatisierten Personen, mit Unfall- und Katastrophenopfern und deren Helfern und mit Menschen in entwicklungs- und ereignisbedingten Krisen. In Deutschland sei die Kunst qualifizierter psychosozialer Beratung und Unterstützung nach 1970 zeitweise, wie WENDT (1988) einmal kritisch formulierte, schlecht gemacht und aus der Fachdiskussion gestrichen worden. Dabei hatte es zunächst große Erwartungen gegeben, dass eine akademisch verfasste Sozialarbeit gerade auch in der Gesundheitsversorgung neue Impulse setzen würde. Renommierte Kritiker des Medizinbetriebes wie der Internist Fritz Hartmann, der Physiologe Hans Schäfer, der Psychiater Klaus Peter Kisker und der Medizinsoziologe Christian von Ferber forderten eine psychosozial denkende und handelnde Medizin. Sie kritisierten ein auf pathologisch-physiologische Prozesse fixiertes Denken, das den Patienten allein zum Objekt ärztlichen Expertentums werden lasse. Bei der Krankenbehandlung müsse der Bedeutung psychosozialer Faktoren für die Entstehung und den Verlauf menschlichen Krankseins angemessener Rechnung getragen werden. Daran anknüpfend veröffentlichte der Bochumer Sozialmediziner Herbert Viefhues seine Utopie einer solchen psychosozial orientierten Medizin. Mit einem Verweis auf die methodologischen Fortschritte in der amerikanischen Case Work forderte er, die Sozialarbeit solle »die aufgewiesenen Lücken im Etat der praktischen Medizin – in Diagnose und Therapie – füllen«. In der heutigen Spezialistenmedizin brauche der Patient »einen Spezialisten, der sich auf ihn spezialisiert«: »Auf seine Biographie, seine Familie, seine Arbeitswelt, seine Freunde und Feinde und, last but not least, seine Krankheiten«. Sozialarbeiter als »Fachleute für die verschiedenen Arten von Beziehungen« sollten in gleichberechtigter Zusammenarbeit am Therapieprozess mitwirken (VIEFHUES 1969, S. 304; Hervorhebungen W. C.). Vorwort Nahezu vierzig Jahre später bietet nun die Klinische Sozialarbeit eine Chance, dass eine heute wesentlich multiprofessioneller agierende Medizin diese immer noch aktuelle Utopie doch noch verwirklicht wird. Gerade auch in der psychiatrischen Versorgung könnten von der Klinischen Sozialarbeit wesentliche methodologische und theoretische Impulse für eine alltags- und lebensweltorientierte Therapie und Rehabilitation ausgehen. Wolf Crefeld Januar 2008 Literatur DORFMAN, R. A. (1996): Clinicial Social Work. Definition, practice and vision. New York. WENDT, W. R. (1988): Soziale Einzelhilfe. Von der Falldiagnose zum Unterstützungsmanagement. In: Mühlfeld, C. u. a. (Hg): Brennpunkte sozialer Arbeit. Soziale Einzelhilfe. Neuwied, S. 9-30. VIEFHUES, H. (1969): Methodische Sozialarbeit und Medizin. In: Nachrichtendienst des Deutschen Vereins, 49, S. 303-308. 9