Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 149 - Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur 4.1 Grundzüge einer betriebswirt. Theorie der Börse Theorie effizienter Märkte Ein effizienter Kapitalmarkt wird liquide Mittel schnell und sicher in diejenige Verwendung leiten, in der sie der Gesellschaft den größten Nutzen stiften. 1. Allokationseffizienz 2. Informationseffizienz 3. Verfahrenseffizienz Allokationseffizienz Finanzmittel lassen sich über Effektenmärkte in die optimale Verwendung leiten. Voraussetzungen • Informationseffizienz • Verfahrenseffizienz Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 150 - Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur Informationseffizienz Ein Markt ist dann informationseffizient, wenn sich alle für die Entscheidungen der Marktteilnehmer relevanten Informationen unverzüglich und vollständig in den Preisen niederschlagen. Hinreichende Bedingungen für Informationseffizienz: 1) Keine Transaktionskosten beim Wertpapierhandel 2) Alle verfügbaren Informationen sind allen Marktteilnehmern kostenlos zugänglich 3) Alle Marktteilnehmer stimmen darin überein, wie die gegenwärtig vorliegenden Informationen den derzeitigen Kurs und die Wahrscheinlichkeitsverteilung zukünftiger Kurse beeinflussen. Notwendige Bedingungen (dafür, daß es bei Nichterfüllung der hinreichenden Bedingung nicht zu Marktineffizienzen kommt) 1) Eine ausreichende Anzahl von Anlegern muß Zugang zu Informationen haben. 2) Heterogene Erwartungen tragen nicht dazu bei, daß einige Anleger eine bessere Performance erzielen als andere. Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 151 - Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur Stufen der Informationseffizienz 1) Weak-form Efficient Market Hypothesis Die aktuellen Kurse spiegeln alle marktbezogenen Informationen der Vergangenheit wider. Strategien auf Basis von historischen marktbezogenen Informationen sind nicht in der Lage, überdurchschnittliche Renditen zu generieren. ⇒ technische Analyse ist nutzlos 2) Semi-strong-form Efficient Market Hypothesis Alle öffentlich zugänglichen Informationen sind bereits in den Kursen enthalten. Strategien, die auf Basis von öffentlich zugänglichen Informationen operieren, generieren keine überdurchschnittliche Rendite. ⇒ Fundamentalanalyse ist nutzlos 3) Strong-form Efficient Market Hypothesis Alle Informationen (öffentlich zugängliche wie auch nicht öffentlich zugängliche) sind bereits in den Kursen enthalten. Die starke Form der Efficient Market Hypothesis beinhaltet die mittelstarke und die schwache Form. Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 152 - Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur Empirische Überprüfung Ein Test der Informationseffizienz stellt gleichzeitig einen Test des zugrunde liegenden Preisbildungsmodells dar. Exkurs: Preisbildungsmodelle 1) Fair-Game-Modell xj,t+1 = Pj,t+1 - E (Pj,t+1θt) E (xj,t+1θt) = 0 zj,t+1 = rj,t+1 - E (rj,t+1θt) E (zj,t+1θt) = 0 mit ⇒ Pj,t+1 rj,t+1 θt Kurs des Titels j in der Periode t+1 Rendite des Titels j in der Periode t+1 Informationen zum Zeitpunkt t im Durchschnitt über eine große Stichprobe entspricht die erwartete Rendite der tatsächlichen Rendite Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 153 - Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur a) Submartingale-Modell E(Pj,t+1θt) ≥ Pj,t E(rj,t+1θt) ≥ 0 b) Martingale-Modell E(Pj,t+1θt) = Pj,t E(rj,t+1θt) = 0 2) Random-Walk-Modell Annahmen: Alle Preisänderungen sind voneinander statistisch unabhängig. Alle Parameter der Verteilung sind gleich, d.h. die sukzessiven Preisänderungen sind gleich verteilt. Das Fair-Game-Modell ist hingegen nicht so streng, da zum einen keine Verteilungsannahme getroffen wird und zum anderen statistisch signifikant von Null verschiedene Kovarianzen aufeinander folgender Kursänderungen nicht ausgeschlossen werden. Das Random-Walk-Modell impliziert, daß die schwache Form der Efficient Market Hypothesis gilt, aber nicht umgekehrt. Exkurs Ende Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 154 - Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur Tests verschiedener Formen der Informationseffizienz 1) Weak-form Efficient Market Hypothesis ⇒ Filter-Regel von Alexander oder Fama/Blume Vorgehensweise: • Kauf der Aktie, wenn sie um mind. x % gestiegen ist • Halten der Position, bis der Kurs vom vorangegangenen Höchstkurs aus um mind. x % gefallen ist • Verkauf der Aktie und Eingehen einer Short-Position • Halten der Position, bis der Kurs vom vorangegangenen Tiefstkurs aus um mind. x % gestiegen ist • Glattstellen der Short-Position und Kauf der Aktie • Durchführen der zuvor beschriebenen Strategie während eines zuvor bestimmten Zeitraumes Vergleich der Performance mit der einer Buy-and-Hold Strategie in der gleichen Aktie: - bei sehr kleinen Filtern ist die Erzielung einer überdurchschnittlichen Rendite möglich, allerdings nicht bei Einbeziehung von Transaktionskosten - bei größeren Filtern ist die Erzielung einer überdurchschnittlichen Rendite nicht möglich ⇒ schwache Form der Efficient Market Hypothesis gilt Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 155 - Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur 2) Semi-strong-form Efficient Market Hypothesis - Fama untersuchte Kursentwicklungen von Aktien an der NYSE in den Monaten vor und nach einem Aktiensplit - betrachtet werden 60 Monatsrenditen aus den 30 Monaten vor und den 30 Monaten nach dem Aktiensplit - Abschätzung der Rendite über folgende Regressionsgleichung: ri,t = ai + bi · rm,t + ei,t - Bedeutung des Residuums: ei,t > 0 überdurchschnittliche Rendite ei,t < 0 unterdurchschnittliche Rendite ei,t = 0 realisierte und prognostizierte Rendite stimmen überein - Ergebnis: • Die Residuen der Renditen waren in den Monaten vor dem Aktiensplit stets positiv, in den Monaten danach jedoch Null. dennoch: • Die Ankündigung eines Aktiensplit läßt sich nicht zur Generierung einer überdurchschnittlichen Rendite nutzen. ⇒ Die mittelstarke Form der Efficient Market Hypothesis gilt. Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 156 - Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur 3) Strong-form Efficient Market Hypothesis Niederhoffer und Osborne haben das Verhalten von Specialists an der NYSE untersucht. Ergebnis: Aufgrund ihres monopolistischen Zugangs zu Informationen waren die Specialists in der Lage, überdurchschnittliche Renditen zu erzielen. ⇒ Die starke Form der Efficient Market Hypothesis gilt nicht. Kritik an den Effizienzmodellen - Die Modelle unterstellen, daß das Publikum überwiegend rational handelt - Sie unterstellen eine unendlich hohe Anpassungsgeschwindigkeit der Kurse bei Auftreten neuer Informationen. Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 157 - Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur Anomalien 1. Anomalien der Informationswahrnehmung Selective Perception Antizipation dessen, was der Anleger erwartet, beeinflußt die Wahrnehmung dessen, was ist. Availability Tendenzielle Übergewichtung von Informationen, die beim Anleger einen noch frischen Eindruck hinterlassen haben. Framing Eine Entscheidung wird auch durch die Art der Präsentation von Informationen beeinflußt. - Reihenfolge - Mischung von Informationsarten - positive / negative Darstellung - mehrere Informationen zugleich oder nacheinander präsentieren Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 158 - Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur 2. Anomalien der Informationsverarbeitung Gambler’s Fallacy Aus der Beobachtung einer Anzahl gleichwahrscheinlicher, ähnlicher Ereignisse leitet das Subjekt ab, daß die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten eines anderen Ereignisses zunimmt. Overconfidence Subjekte überschätzen die Verläßlichkeit ihres Wissens. Information Sources Effect Die wahrgenommene oder empfundene Übereinstimmung von Informationen aus verschiedenen Quellen stärkt das Vertrauen in die Entscheidung, die ein Wirtschaftssubjekt auf Basis dieser Informationen traf. Dennoch muß sich die Entscheidungsgrundlage nicht verbessert haben (z.B. bei voneinander abhängigen Informationsquellen). Abweichende Informationen aus anderen Quellen werden der Tendenz nach ohne Prüfung der Verläßlichkeit außer acht gelassen. Loss Aversion Vielfach gewichten Wirtschaftssubjekte Verluste höher als Gewinne gleicher Höhe. Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 159 - Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur Mental Accounting Für jede Anlage wird gedanklich ein Konto geführt. Spätere Anlageentscheidungen werden möglicherweise dadurch erschwert, daß ältere Konten noch nicht (mit Gewinn) abgeschlossen werden konnten. Sunk Cost Effect Entscheider berücksichtigt bei seinen Entscheidungen historische Verluste bzw. Kosten. Regret, Responsibility, Prudence Nachträgliches Bedauern einer Entscheidung, die zu Verlusten führte. Da das Bedauern über unkonventionelle Entscheidungen mit negativen Folgen vielfach stärker ausfällt als bei konventionellen Entscheidungen mit ebenfalls verlustreichem Ausgang, zieht das Wirtschaftssubjekt im allgemeinen als konventionell angesehene Entscheidungen vor, auch wenn andere Alternativen objektiv betrachtet gleich risikobehaftet sind. Regret begünstigt auch die Verlagerung von Entscheidungskompetenz auf einen Agenten. Sofern die Entscheidungsqualität identisch bleibt und das Wirtschaftssubjekt bei Fehlentscheidungen des Agenten weniger Bedauern empfindet als bei eigenen Fehlentscheidungen, steigt sein erwarteter Nutzen. Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 160 - Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur Regret Avoidance Negative Konsequenzen infolge einer Aktivität werden als stärker enttäuschend empfunden als negative Konsequenzen infolge von Untätigkeit. ⇒ potentielle Verluste werden nicht realisiert Conservation Beharrungsvermögen bereits vorliegender Informationen/ Meinungen gegenüber neu eintreffenden Informationen. Weighting of Probabilities Überbewertung kleiner Wahrscheinlichkeit gegenüber der Unmöglichkeit (z.B. Lotto). Unterbewertung höherer Wahrscheinlichkeiten gegenüber der Sicherheit (z.B. Versicherung). Zusammenfassung - An Finanzmärkten tritt irrationales Verhalten auf. - Anomalien der Informationswahrnehmung und -verarbeitung können die rationale Auswertung von Informationen seitens der Anleger systematisch stören. - Es fehlen Anhaltspunkte, daß die Anomalien des Anlegerverhaltens bei der Aggregation eliminiert werden. Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 161 - Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur Bedeutung von Anomalien - Kurseinfluß von Anomalien korrekte Vorhersage des Einflusses von Anomalien generiert überdurch⇒ schnittliche Rendite - Analyse des Einflusses von Anomalien ist schwierig • Vielzahl von Anomalien • Kombinationsmöglichkeiten - mit gleichgerichteter Wirkung - mit entgegengerichteter Wirkung • Quantifizierung der Wirkung von Anomalien ist mit Blick auf die Vielzahl unerforschter Parameter mit Einfluß auf das Individualverhalten bislang nicht möglich - Einbeziehung von Anomalien in Preisbildungsmodelle ist bislang nicht möglich Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 162 - Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur Noise 1. Darstellung des Ansatzes Auf Aktienmärkten treten Anomalien auf, die unter den Annahmen der traditionellen Finanzmarkttheorie nicht auftreten dürften. Eine Erklärung hierfür bietet der Noise-Trading-Ansatz. Entgegen den Annahmen der Finanzmarkttheorie agieren auf den Märkten Anleger mit heterogenen Erwartungen, so daß mindestens zwei Anlegergruppen differenziert werden können: • Rational handelnde Informationshändler • Noisehändler • (Liquiditätsorientierte Händler) Noisehändler handeln auf Grundlage von Informationen, die bereits in den Kursen enthalten oder aber nicht kursrelevant sind. Unter Umständen haben sie den gleichen Informationsstand wie rationale Anleger, sie handeln jedoch nicht rational. Ihr Verhalten muß indes nicht bewußt irrational sein. Es kann auf einer abweichenden Informationswahrnehmung oder -verarbeitung beruhen. Treffen Informationshändler und Noisehändler auf Märkten zusammen, so enthalten die Kurse zwangsläufig sowohl Informationen als auch Noise. Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 163 - Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur 2. Markteinfluß von Noise • Auf streng informationseffizienten Märkten besteht nur ein geringer Handelsanreiz für die Marktteilnehmer. Informationsvorsprünge sind nicht vorhanden, es bestehen keine Arbitragemöglichkeiten. • Noise jedoch entfernt den Preis vom Wert eines Titels. • Noisehändler sind daher von elementarer Bedeutung, um den Märkten Liquidät zu verschaffen. • Da der Noise- bzw. Informationsgehalt der Kurse nicht sicher ermittelt werden kann, bleiben die Arbitragemöglichkeiten risikobehaftet und somit begrenzt. Der Preis eines Titels nähert sich nur der Tendenz nach seinem Wert an. • Die kurzfristige Volatilität eines Titels kann durch Noise bzw. durch die Verarbeitung neuer Informationen zustandekommen. • Da durch Noise beeinflußte Kurse gegen den Wert der Aktie tendieren, wird die langfristige Volatilität allein durch die Verabeitung neuer Informationen determiniert. • Märkte können bereits dann als effizient bezeichnet werden, wenn sich die Preise der an ihnen gehandelten Titel in einem bestimmten Intervall um ihre Werte bewegen. Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 164 - Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur 3. Beurteilung des Noise-Trading-Ansatzes • Der Noise-Ansatz berücksichtigt auch das Verhalten irrational handelnder Marktteilnehmer. • Durch die Erweiterung der Efficient Market Hypothesis um den Noise-Trading-Ansatz können Preisbildungsprozesse wirklichkeitsnäher modelliert werden. • Es ist kaum quantifizierbar, in welchem Maße Kurse durch Informationen oder durch Noise beeinflußt werden. • Zur Ermittlung von Ineffizienzen werden Preisbildungsmodelle verwandt. Festgestellte Ineffizienzen können sowohl auf Noise als auch auf Unzulänglichkeiten des Preisbildungsmodells hindeuten. Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur - 165 - E f f e k t e n m a r k t ⇓ ⇓ Emissionsmarkt Zirkulationsmarkt Zentrale Leistung Verringerung der Kosten einer Effektentransaktion Zü t P0 = ∑ (1 + r) t P0 = ∑ mit Zü t Kn − − K0 t n (1 + r) (1 + r) K0 Transaktionskosten zum Zeitpunkt t0 Kn Transaktionskosten zum Zeitpunkt tn Schlußfolgerungen: • Je kürzer die Halteperiode ist, desto stärker reduzieren die Transaktionskosten c.p. die Rendite. • Die Rendite ist c.p. umso niedriger, je höher die Transaktionskosten ausfallen. • Je niedriger die Transaktionskosten sind, desto geringer sind die Kapitalkosten für den Emittenten. Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 166 - Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur Idealfall: durchschnittliche Rendite der Anleger = durchschnittlicher Kapitalkostensatz des Emittenten < durchschnittlicher Kapitalkostensatz des Emittenten Realität: durchschnittliche Rendite der Anleger Grund: Marktorganisationsbestimmte Kosten 1. Emissionskosten 2. Kosten des Wertpapierdienstes (einschließlich Kosten fortlaufender Publizität) 3. Verwahr- und Verwaltungskosten 4. Kosten fortlaufender Information 5. Transaktionskosten ⇒ Maß für die Verfahrenseffizienz ⇒ Der Grad der Verfahrenseffizienz ist umso höher, je geringer die Summe der marktorganisationsbestimmten Kosten ist Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 167 - Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur ⇒ Regelungen, um die Verfahrenseffizienz zu erhöhen, sind nur dann sinnvoll, wenn durch sie die Summe der marktorganisationsbestimmten Kosten verringert wird. Auf die Verringerung einzelner Kostenkomponenten kommt es indes nicht an, da zwischen den einzelnen Kostenkomponenten teilweise gegenläufige Beziehungen bestehen. Transaktionskosten Differenz zwischen dem Bruttoeinstandspreis und dem Marktwert beim Kauf eines Titels. Differenz zwischen dem Marktwert und dem Nettoverkaufserlös beim Verkauf eines Titels. 1. Kosten des Transaktionsservice der Bank (Kosten der Auftragsannahme, des Suchens nach dem günstigsten Kontrahenten, Kosten des Abschlusses sowie der Erfüllung und Abrechnung des Geschäftes) 2. Transaktionsbedingte Informations- und Entscheidungskosten 3. Kosten der Sicherung gegen Transaktionsrisiken 4. Kosten des sofortigen Abschlusses Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 168 - Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur Kosten des Transaktionsservice Maßnahmen zur Verringerung der Kosten des Transaktionsservice der Bank • örtliche und zeitliche Konzentration des Handels - Vorteile der Händlerversammlung - Abschlußwahrscheinlichkeit wächst • Mustervertragsbedingungen für Börsengeschäfte • Standardisierung der Händlerbonität • Art des Handelsverfahrens Transaktionsbedingte Informations- und Entscheidungskosten Maßnahmen zur Verringerung der transaktionsbedingten Informations- und Entscheidungskosten • regelmäßige Kursberichterstattung • Informationen über kursbestimmende Faktoren • Verbesserung der Unternehmenspublizität Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur - 169 - Kosten der Sicherung gegen Transaktionsrisiken Transaktionsrisiken Informationsrisiken Realisationsrisiken mögliche Vermögensnachteile aufgrund von Transaktionsentscheidungen, die auf Basis unvollständiger oder falscher Informationen getroffen werden mögliche Vermögensnachteile, die darauf zurückzuführen sind, daß es bei der Verwirklichung der Transaktionsentscheidung des Anlegers zu unlauteren Machenschaften oder anderen Komplikationen kommt z.B. Kursschnitt, Mitlaufen, Gegendisposition Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 170 - Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur Realisationsrisiken 1. Kursschnitt einfacher intertemporaler Kursschnitt Kurs ändert sich im Laufe des Tages, Händler stellt z.B. bei einer Kauforder einen den tatsächlichen Abschlußkurs übersteigenden Kurs in Rechnung qualifizierter intertemporaler Kursschnitt Order wird gezwungenermaßen in Teilbeträgen über mehrere Tage verteilt ausgeführt interlokaler Kursschnitt Order wird gezwungenermaßen an mehreren Plätzen ausgeführt kursmanipulationsgekoppelter Kursschnitt Händler manipuliert zusätzlich die Kursentwicklung durch eigene Aufträge 2. Mitlaufen Ein Kunde hat einen Kaufauftrag erteilt, der so umfangreich ist, daß seine Ausführung den Kurs wahrscheinlich beeinflussen wird. Der beauftragte Händler versucht nun, an den erwarteten Kurssteigerungen zu partizipieren, indem er vor Erledigung der Kundenorder den betreffenden Titel selbst kauft bzw. verkauft. Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 171 - Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur 3. Gegendisposition Beispiel: Ein Kunde hat den Auftrag erteilt, eine Aktie zu DM 220 zu kaufen. Ein Händler ist bereit, der Marktlage entsprechend zu DM 218 zu verkaufen. Nachdem er von der Kundenorder Kenntnis erlangt hat, ändert er sein Limit auf DM 220. 4. Abschluß in Situationen, in denen der Handel hätte ausgesetzt werden müssen 5. Erfüllung durch Falsifikate, abhanden gekommene Stücke oder beschränkt verwendungsfähige Stücke 6. Verzögerung in der Erfüllung eines Geschäftes 7. Nachlässige Ausführung eines Auftrages am Markt 8. Risiko der ungetreuen Verwahrung 9. Insolvenz der beauftragten Bank etc. Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 172 - Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur Maßnahmen der Börsen gegen Transaktionsrisiken • Anforderungen bei der Zulassung von Börsenmitgliedern • Publizität über die gesetzlichen Anforderungen hinaus • Kursberichterstattung erlaubt gewisse Kontrolle der Abrechnung von Transaktionen • Überwachung des Börsenhandels • Ausgestaltung des Handelsverfahrens - Auktionsprinzip bei Einzelkursen - Auktionsprinzip bei Gesamtkursen - Market-Maker-Prinzip Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 173 - Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur Kosten des sofortigen Abschlusses Die Kosten des sofortigen Abschlusses entsprechen derjenigen Differenz zwischen Abschlußkurs und Gleichgewichtskurs, die ausreicht, um andere Marktteilnehmer auf der Stelle als Kontrahenten zu mobilisieren. Die Kosten des sofortigen Abschlusses trägt derjenige, der sofort kaufen oder verkaufen will. Die o.g. Differenz ist positiv, wenn ein sofortiger Kauf gewünscht wird, d.h. der Kaufpreis erhöht sich; beim Verkauf ist die Differenz negativ, d.h. der Verkaufserlös reduziert sich entsprechend. Market-Maker Händler, der während der Geschäftszeit bereit ist, bestimmte Titel auf Anfrage entweder zu einem von ihm genannten Kurs zu kaufen oder zu verkaufen, ohne zu wissen, ob der Anfragende kaufen oder verkaufen möchte. Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 174 - Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur Maßnahmen der Börsen zur Verringerung der Kosten des sofortigen Abschlusses - hohe Kapitalanforderungen an Market-Maker - Börsenzwang - Zulassung konkurrierender Market-Maker und konkurrierender Gebote anderer Börsenmitglieder - zentrale Erfassung und Veröffentlichung aller vorliegenden Kauf- und Verkaufsaufträge Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 175 - Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur Aufgliederung der marktorganisationsbestimmten Kosten in drei voneinander unabhängige Teilsummen 1. Informations- und Entscheidungsbereich - Kosten des Anlegers für fortlaufende Information - Kosten periodischer Publizität des Emittenten - Kosten der Sicherung gegen Nachweisrisiken - transaktionsbedingte Informations- und Entscheidungskosten 2. Ausführungsbereich - Kosten der Annahme und Weiterleitung des Auftrages - Kosten der Suche nach dem günstigsten Kontrahenten - Kosten des Abschlusses - Kosten der Abrechnung - Kosten der Sicherung gegen Realisationsrisiken - Kosten des sofortigen Abschlusses 3. Erfüllungs- und Verwahrungsbereich - Kosten des Wertpapierdienstes - Verwahr- und Bestandshaltekosten Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 176 - Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur Liquidität Definition: Ein Wertpapier weist dann die Eigenschaft „Liquidität“ auf, wenn es jederzeit sofort in kleinen und großen Mengen ohne nennenswerten Aufschlag oder Abschlag vom marktgerechten Kurs gekauft oder verkauft werden kann. 1. Möglichkeit zum Handeln muß immer bestehen („jederzeit“). 2. Aufträge müssen unverzüglich ausgeführt werden können („sofort“). 3. Es lassen sich unterschiedliche Auftraggrößen handeln („in kleinen und großen Mengen“). 4. Es herrscht Preiskontinuität, d.h. jede Transaktion hat nur geringen Einfluß auf den Kurs („ohne nennenswerten Aufschlag oder Abschlag vom marktgerechten Kurs“). Dimensionen der Liquidität • Weite • Tiefe • Zeit • Erneuerungskraft Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 177 - Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur 1) Die Weite bezieht sich bei gegebener Anzahl von Wertpapieren auf die Kosten des sofortigen Abschlusses, die sich beispielsweise in der Höhe der Geld-Brief-Spanne widerspiegeln. 2) Tiefe a) Die Tiefe bezieht sich auf die Anzahl der Aktien, die bei gegebener Geld-Brief-Spanne jeweils verkauft oder gekauft werden können. b) Man kann die Tiefe auch mit Hilfe von Spannendifferenzen messen. Dazu zu stellt man auf die Frage ab, inwieweit sich die Spanne weitet, wenn ein Anleger statt der Aktienanzahl, für die der eingegebene Quote gut ist, eine größere Zahl handeln will. 3) Zeit Die Dimension Zeit beinhaltet, wie schnell man bei gegebenem Volumen und gegebenen Kosten einen Partner findet, mit dem man das gewünschte Geschäft abschließen kann. 4) Erneuerungskraft Die Markterneuerungskraft gibt an, wie schnell nicht marktgerechte Kurse, die durch zeitweilige Auftragsungleichgewichte entstanden sind, wieder auf ein marktgerechtes Niveau zurückkehren. Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 178 - Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur Liquiditätsmaße 1) Gestellte Spannen SGi, j BK ij − GK ij = BK ij + GK ij 2 BKij GKij Briefkurs für den Titel i zum Zeitpunkt j Geldkurs für den Titel i zum Zeitpunkt j Die Spanne entspricht den Kosten, die einem Anleger dann entstünden, wenn er ein Wertpapier zu einem bestimmten Zeitpunkt kaufte und im selben Zeitpunkt wieder verkaufte (oder umgekehrt). Die Kosten des sofortigen Abschlusses spiegeln sich beim Kauf bzw. beim Verkauf in den Zuschlägen zum bzw. den Abschlägen vom aktuellen Gleichgewichtskurs wider. Die Liquidität eines Wertpapiers ist umso höher, je geringer diese Zu- und Abschläge sind. Problem: Stellen mehrere Marktteilnehmer Spannen für den selben Titel, so existieren zu einem Zeitpunkt verschiedene gestellte Spannen. Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 179 - Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur 2) Marktspanne BK ij − GK ij * BK ij + GK ij * * SMi, j = * 2 BKij∗ GKij∗ Bester Briefkurs für den Titel i zum Zeitpunkt j Bester Geldkurs für den Titel i zum Zeitpunkt j Bei Wettbewerb unter den Market Makern ist die Marktspanne i.a.R. geringer sein als die kleinste gestellte Spanne. Problem: Vielfach ist ein Abschluß auch zu anderen Kursen als den jeweils besten Geld- und Briefkursen zu einem bestimmten Zeitpunkt möglich, d.h. ein Abschluß ist zu einem innerhalb der Marktspanne liegenden Kurs möglich. Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 180 - Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur 3) Tatsächliche Spanne / Effektive Spanne - Gegenüberstellung von Transaktionskurs und Gleichgewichtskurs zu einem bestimmten Zeitpunkt - als Gleichgewichtskurs verwendet man i.a.R. den Mittelwert zwischen bestem Geld- und Briefkurs S Ei, j = 2 TK ij − M ij M ij Problem: keine zeitgleichen Transaktionen, daher 2x ... Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 181 - Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur Vergleich der Kosten sofortigen Abschlusses zweier Handelssysteme ⇒ ASV (Abschlußkurs-Spannenverhältnis) 2 TK ij − M ij ASVij = M ij BK *ij − GK *ij M ij ASVij = Parkett Ibis 2 TK ij − M ij BK *ij − GK *ij Das ASV gibt die Lage des Abschlußkurses im Verhältnis zur IBIS-Spanne an. ASV > 1 Transaktionskurs liegt außerhalb der IBIS-Spanne. ASV < 1 Transaktionskurs liegt innerhalb der IBIS-Spanne. ASV = 1 Transaktionskurs entspricht der Mitte zwischen dem besten Geld- und dem besten Briefkurs in IBIS. Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur - 182 - Spannenkonzept auf Basis von Geboten Geld-Brief-Spanne u ein Anbieter ð gestellte Spanne u mehrere Anbieter ð Marktspanne u Ø Geldkurs für X Aktien Ø Briefkurs für X Aktien ð Geld- und Brief-Halbspanne ð X-Stück-Spanne Differenz zum Gleichgewichtskurs Kurs Händler C: 107 Händler B: 105 Händler A: 102 100 Händler C: 98 Händler A: 96 104,67 gestellte Spanne Händler A Marktspanne 95,33 Händler B: 92 Gebote jeweils für 100 Stück 300-Stück-Spanne Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 183 - Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur Spannenkonzepte auf der Basis von Transaktionen Kauf-Verkaufs-Spanne u (gewichteter Ø) Kaufkurs - (gewichteter Ø) Verkaufskurs Kauf- und Verkaufs-Halbspanne ð Differenz zum Gleichgewichtskurs u Abschluß nur zu Geld- oder Briefgeboten ð Kauf-/ Verkaufshalbspannen = Brief-/ Geld-Halbspannen u Abschluß innerhalb Geld- Briefspanne ð Kauf-/ Verkaufshalbspannen < Brief-/ Geld-Halbspanne u Beurteilung tatsächlich durchgeführter Transaktionen hinsichtlich effektiv gezahlten Sofortigkeitszuschlages bzw. -abschlages ð effektive Halbspanne Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 184 - Spannenkonzepte – Anwendung - Liquiditätsmaß - Transaktionskostenmaß - ex ante Betrachtung - ex post Betrachtung - Vergleich verschiedener Wertpapiere - Vergleich verschiedener Märkte Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 185 - Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur Pre-trade-/ Post-trade-Maße Pre-trade-Maße u Vergleich einer durchgeführten Transaktion mit Kursen vor dem Transaktionszeitpunkt u Vorteil • Vergleich mit Situation vor dem Handel zeigt, in welchem Umfang Kurse aufgrund der Transaktionsentscheidung beeinflußt werden u Nachteile • Kursentwicklung nach Transaktion wird nicht berücksichtigt ð Transaktionsentscheidung “richtig oder falsch”? ð Wahl des Handelszeitpunktes • Maßstab kann ausgespielt werden, da bereits vor dem Transaktionszeitpunkt bekannt Post-trade-Maße u Vergleich einer durchgeführten Transaktion mit Kursen nach dem Transaktionszeitpunkt u Vorteile u Nachteile ð ð siehe Nachteile der Pre-trade-Maße siehe Vorteil der Pre-trade-Maße Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 186 - Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur Pre-and-post-trade-Maße Vergleich einer durchgeführten Transaktion mit Durchschnitt aus Höchst- und Tiefstkurs des Bewertungszeitraumes u Gefahr von Verzerrungen aufgrund von Kursausreißern (mit kleinem) Volumen u Maßstab kann ausgespielt werden, indem Händler fortlaufend Durchschnitt errechnet und nur zu besseren Kursen abschließt Vergleich einer durchgeführten Transaktion mit volumengewichtetem Durchschnitt der Kurse des Bewertungszeitraumes u sämtliche Transaktionen gehen in Vergleichsmaßstab ein u Gefahr von Verzerrungen aufgrund von Kursausreißern u Maßstab kann ausgespielt werden, indem Händler fortlaufend gewichteten Durchschnitt errechnet und nur zu besseren Kursen abschließt Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 187 - Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur Implementation Shortfall Zwei Portefeuilles werden auf Basis derselben Transaktionsentscheidungen parallel geführt u “Reales” Portefeuille • Berücksichtigung von Provisionen, Gebühren, Steuern etc. u Portefeuille “auf dem Papier” • sofortige, kostenlose Umsetzung der Entscheidungen in beliebigem Umfang • Kurs: Mitte der Geld-Brief-Spanne zum Entscheidungszeitpunkt Differenz zwischen Wertentwicklung von realem und Papierportefeuille stellt “implementation shortfall” dar (ð Transaktionskosten) Implementation Shortfall beeinhaltet u Kosten für ausgeführte Transaktionen u Kosten für nicht ausgeführte Transaktionsentscheidungen (Opportunitätskosten) Implementation Shortfall ist u nicht beeinflußbar u aufwendig zu ermitteln Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 188 - Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur Literatur Robert D. Arnott; Wayne H. Wagner, The Measurement and Control of Trading Costs. In: Financial Analysts Journal, Vol. 46 (1990), Nr. 6, S. 73-80. Thomas E. Copeland; J. Fred Weston, Financial Theory and Corporate Policy, 3. Aufl., Reading et. al. 1988, S. 346-352 u. S. 380-392. Eugene F. Fama, Efficient Capital Markets: A Review of Theory and Empirical Work. In: Journal of Finance, Vol. 25 (1970), Nr. 2, S. 383-423. Ders., Efficient Capital Markets II. In: Journal of Finance, Vol. 46 (1991), Nr. 5, S. 1575-1617. André F. Perold, The Implementation Shortfall – Paper versus Reality. In: Journal of Portfolio Management, Vol. 14 (1988), Nr. 2, S. 4-9. Hartmut Schmidt, Wer braucht heute eigentlich noch die kleineren Börsen? In: Sparkasse, 112. Jg. (1995), Heft 3, S. 102-106. Ders., Marktorganisationsbestimmte Kosten und Transaktionskosten als börsenpolitische Kategorien. In: Kredit und Kapital, 16. Jg. (1983), Nr. 2, S. 184-204. Ders., Vorteile und Nachteile eines integrierten Zirkulationsmarktes für Wertpapiere gegenüber einem gespalteten Effektenmarkt. Luxemburg 1977, S. 20-30, 393-400. Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 189 - Examenskurs BBL 4.1 Mikrostruktur Hartmut Schmidt, Peter Iversen, Kai Treske, Parkett oder Computer? - Die Kosten sofortigen Abschlusses an der Hanseatischen Wertpapierbörse Hamburg und im elektronischen Handelssystem IBIS. In: Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft, 5. Jg. (1993), Nr. 4, S. 209-221. Hartmut Schmidt, Olaf Oesterhelweg, Kai Treske, Deutsche Börsen im Leistungsvergleich. In: Kredit und Kapital, 29. Jg. (1996), Heft 1, S. 90-122. Kai Treske; Olaf Oesterhelweg, Spannenkonzepte am Kapitalmarkt. In: Die Sparkasse, 113. Jg. (1996), Nr. 5, S. 206-209. Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 190 - Examenskurs BBL 4.2 Finanzmarktförderungsgesetz 4.2 Finanzmarktförderungsgesetz Kernstück: • Wertpapierhandelsgesetz Änderungen von: • Börsengesetz • Kapitalanlagegesellschaftengesetz • Auslandsinvestmentgesetz • Aktiengesetz • Depotgesetz Das Finanzmarktförderungsgesetz diente u.a. der Umsetzung der EG-Insider-Richtlinie, der EG-Transparenzrichtlinie sowie der Umsetzung von Teilen der EG-Wertpapierdienstleistungsrichtlinie. Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 191 - Examenskurs BBL 4.2 Finanzmarktförderungsgesetz Ziele: 1) Verbesserung des Anlegerschutzes - Einführung einer Marktaufsicht für den Wertpapierhandel in der Bundesrepublik Deutschland - Verhinderung des Mißbrauchs von Informationsvorsprüngen im Wertpapiergeschäft - Transparenz bei bedeutenden Beteiligungen an börsennotierten Aktiengesellschaften 2) Schaffung von Voraussetzungen für eine effektive und internationale Zusammenarbeit bei der Beaufsichtigung des Wertpapierhandels 3) Erweiterung der Geschäftsmöglichkeiten von Kapitalanlagegesellschaften 4) Abbau von diversen Beschränkungen im Depot- und Aktiengesetz mit dem Ziel der Belebung des Wertpapierhandels Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 192 - Examenskurs BBL 4.2 Finanzmarktförderungsgesetz Finanzmarktförderungsgesetz im Detail 1. Wertpapierhandelsgesetz a) Dreistufiges Aufsichtskonzept Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel - Verfolgung von Insidergeschäften und entsprechende vorbeugende Maßnahmen - Überwachung von Veröffentlichungspflichten der Emittenten - Überwachung der Verhaltensregeln für Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Kundenverkehr - internationale Zusammenarbeit bei der Beaufsichtigung des Wertpapierhandels Börsenaufsichtsbehörden der Länder - Rechtsaufsicht über die Börsen - Solvenzaufsicht über die Maklerschaft - Mißstandsaufsicht im Vorfeld von Rechtsverletzungen und eigene Überwachung des Handelsgeschehens an der Börse (Handelsüberwachungsstellen) - Durchführung von eilbedürftigen Maßnahmen zur Insiderverfolgung Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 193 - Examenskurs BBL 4.2 Finanzmarktförderungsgesetz Handelsüberwachungsstellen an den Börsen (vgl. Börsengesetz) - systematische und lückenlose Erfassung und Auswertung von Daten des Börsenhandels und der Börsengeschäftsabwicklung sowie Durchführung notwendiger Ermittlungen - Informationspflicht gegenüber Börsenaufsichtsbehörde und Börsengeschäftsführung bei festgestellten Mißständen oder Verstößen Kostentragung - Kosten für das Bundesaufsichtsamt tragen überwiegend die Marktteilnehmer 75 % 5% 10 % 10 % Kreditinstitute Makler Emittenten Staat - Kostentragung für die Börsenaufsichtsbehörden der Länder ist von den gesetzlichen Regelungen in den Ländern abhängig - Kosten für die Handelsüberwachungsstellen tragen die Börsen Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 194 - Examenskurs BBL 4.2 Finanzmarktförderungsgesetz b) Insiderüberwachung § 12 Abs. 1 WpHG Insiderpapiere sind Wertpapiere, die - an einer inländischen Börse zum Handel zugelassen oder in den Freiverkehr einbezogen sind - in einem anderen EU-Staat zum Handel an einem Markt zugelassen sind, der • von staatlichen Stellen geregelt und überwacht wird, • regelmäßig stattfindet, • für das Publikum (un)mittelbar zugänglich ist. Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 195 - Examenskurs BBL 4.2 Finanzmarktförderungsgesetz § 12 Abs. 2 WpHG Insiderpapiere sind ferner: - Rechte auf Zeichnung, Erwerb, Veräußerung von Wertpapieren, - Rechte auf Zahlung eines Differenzbetrages, der sich an der Wertentwicklung von Wertpapieren bemißt, - Terminkontrakte auf einen Aktien- oder Rentenindex oder Zinsterminkontrakte sowie Rechte auf Zeichnung, Erwerb oder Veräußerung derartiger Kontrakte, - sonstige Terminkontrakte, die zum Erwerb oder zur Veräußerung von Wertpapieren verpflichten, sofern sie gleichzeitig zum Handel an einem Markt i.S.d. § 12 Abs. 1 WpHG zugelassen sind oder aber Antrag auf Zulassung zum/Einbeziehung in den Handel an einem derartigen Markt gestellt wurde. Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 196 - Examenskurs BBL 4.2 Finanzmarktförderungsgesetz § 13 WpHG Insidertatsache Tatsache, die - nicht öffentlich bekannt ist, Eine Tatsache ist öffentlich bekannt, wenn eine unbestimmte Zahl von Personen von ihr Kenntnis nehmen kann; Bereichsöffentlichkeit reicht aus. - geeignet ist, im Falle ihres Bekanntwerdens den Kurs eines Insiderpapiers erheblich zu beeinflussen, - sich auf einen oder mehrere Emittenten von Insiderpapieren oder auf Insiderpapiere selbst bezieht. Anm.: Gerüchte, Werturteile in Form von Meinungsäußerungen, Rechtsauffassungen, Auffassungen persönlicher Art und andere subjektive Wertungen sind keine Tatsachen i.S.d. Wertpapierhandelsgesetzes. Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 197 - Examenskurs BBL 4.2 Finanzmarktförderungsgesetz § 13 WpHG Primärinsider Weiterhin definiert § 13 WpHG die sog. Primärinsider. Dies sind beispielsweise die Mitglieder der Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane, persönlich haftende Gesellschafter, Großaktionäre (sofern ihre Beteiligung für die Erlangung der Insiderkenntnis ursächlich gewesen ist) sowie, wer aufgrund seines Berufes, seiner Tätigkeit oder seiner Aufgabe bestimmungsgemäß Kenntnis von einer Insidertatsache hat (z.B. Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Unternehmensberater etc.). Entscheidende Eingrenzungsmerkmale sind die Ursächlichkeit und die Bestimmungsgemäßheit. Problem: Journalisten, Analysten - erhalten bestimmungsgemäß Kenntnis; sie sind daher Insider - gelten indes bei Weitergabe der Insiderinformation nicht als Primärinsider - gleichwohl sind die nutznießenden Dritten Sekundärinsider Problem: Emittenten Primärinsider ohne jeglichen Bezug zum - z.B. Parlamentarier, Bundesbankangehörige, wenn sie an der Schaffung von Informationen und Entscheidungen, die Insiderinformationen darstellen, beteiligt sind und sie über diese nur kraft ihrer Berufspflichten, nicht aber auch privat verfügen dürfen - es handelt sich hierbei ebenfalls um Primärinsider Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 198 - Examenskurs BBL 4.2 Finanzmarktförderungsgesetz § 14 WpHG Sekundärinsider Ein Sekundärinsider ist ein Dritter, der Kenntnis von einer Insidertatsache erlangt hat. Anm.: Der Dritte muß sich dabei keine Vorstellung über die Qualität der Information als Insidertatsache gemacht haben. Auch wenn der Dritte nicht erkennen konnte, daß die Information von einem Insider stammt, wirkt das für ihn nicht entlastend. Wer indes auf Grundlage eines Tips handelt, ohne die informelle Grundlage der Empfehlung zu kennen, ist kein Sekundärinsider. § 14 WpHG Verbot von Insidergeschäften • Primär- und Sekundärinsidern ist es verboten, die Kenntnis einer Insidertatsache zum eigenen wirtschaftlichen Vorteil auszunutzen. Dabei reicht der Versuch aus, die tatsächliche Erlangung eines wirtschaftlichen Vorteils ist für die Erfüllung des Tatbestandes nicht erforderlich. • Primärinsidern ist es darüber hinaus verboten, eine Insidertatsache Unbefugten mitzuteilen oder zugänglich zu machen sowie Empfehlungen auf Grundlage der Kenntnis einer Insidertatsache abzugeben. Auffallend ist, daß sich das Verbot der Weitergabe von Insiderkenntnissen nicht auch auf Sekundärinsider erstreckt. Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 199 - Examenskurs BBL 4.2 Finanzmarktförderungsgesetz Die Insidervorschriften sind gem. § 20 WpHG nicht auf Geschäfte anzuwenden, die aus geld- oder währungspolitischen Gründen oder im Rahmen der öffentlichen Schuldenverwaltung vom Bund und von von diesem damit beauftragten Personen getätigt werden. Der Verbotstatbestand findet nicht nur Anwendung auf die Weitergabe von Insidertatsachen nach außen, sondern auch auf innerbetriebliche Abläufe. Die Weitergabe einer Insiderinformation im Unternehmen ist indes zulässig, sofern und soweit dies aus betrieblichen Gründen erforderlich ist. Überwachung des Insiderverbotes u.a. • dadurch, daß Kreditinstitute und sonstige an einer inländischen Börse zur Teilnahme am Handel zugelassene Unternehmen dem Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel ihre Transaktionen in Wertpapieren und derivativen Finanzinstrumenten melden müssen (§ 9 WpHG) • durch Auskunftspflichten für die o.g. Unternehmen über Geschäfte in Insiderpapieren für eigene und für fremde Rechnung. Bei begründetem Verdacht auf einen Insiderverstoß müssen sie die Identität ihrer Auftraggeber offenlegen. Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 200 - Examenskurs BBL 4.2 Finanzmarktförderungsgesetz Strafvorschrift (§ 38 WpHG) Mit Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen einem Verbot nach § 14 WpHG • ein Insiderpapier erwirbt oder veräußert, • eine Insidertatsache mitteilt oder zugänglich macht, • den Erwerb oder die Veräußerung eines Insiderpapiers empfiehlt. Verbotene Handlungen von Primär- und Sekundärinsidern werden gleichbehandelt. Aus rechtswidrigen Insidergeschäften erlangte Gewinne fallen an den Staat. Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 201 - Examenskurs BBL 4.2 Finanzmarktförderungsgesetz c) Publizität bei Transaktionen über bedeutende Beteiligungen an börsennotierten Unternehmen § 15 WpHG Ad-hoc-Publizität ⇒ Veröffentlichung kursbeeinflussender Tatsachen • Emittenten von Wertpapieren, die an einer inländischen Börse gehandelt werden, • müssen unverzüglich eine neue Tatsache veröffentlichen, die im Tätigkeitsbereich des Emittenten eingetreten ist. • Die Tatsache sollte noch nicht öffentlich bekannt sein. • Eine Veröffentlichung ist nur dann erforderlich, wenn zu erwarten ist, daß der Kurs des Wertpapiers erheblich beeinflußt wird, oder wenn der Emittent aufgrund der Tatsache seinen Verpflichtungen aus zum Handel zugelassenen Schuldverschreibungen nicht mehr nachkommen kann. Ausnahme: Das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel kann den Emittenten auf Antrag von der Verpflichtung zur Veröffentlichung befreien, wenn die Veröffentlichung berechtigten Interessen des Emittenten schadet. Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 202 - Examenskurs BBL 4.2 Finanzmarktförderungsgesetz Vor der Veröffentlichung der Tatsache muß • die Geschäftsführung der Börsen, an denen das Wertpapier bzw. das Derivat auf dieses Wertpapier gehandelt wird, • das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel informiert werden. Die Geschäftsführung der Börse entscheidet dann, ob der Kurs des Wertpapieres ausgesetzt werden muß. Die Veröffentlichung kann über ein Börsenpflichtblatt und/oder ein elektronisches Informationssystem erfolgen. Ziele der Ad-hoc-Publizität - dem Mißbrauch von Insiderkenntnissen präventiv entgegenwirken, - einen gleichberechtigten, schnellen Zugang der Öffentlichkeit zu neuen kursrelevanten Unternehmensnachrichten gewährleisten Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 203 - Examenskurs BBL 4.2 Finanzmarktförderungsgesetz Beispiele für Ad-hoc-Publizität 1) Veränderungen der Vermögens- und Liquiditätslage z.B. bei - Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsverträgen Erwerb oder Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung Kapitalmaßnahmen (Kapitalerhöhung / -schnitt) Änderungen des Dividendensatzes (hier: Prüfung des Einzelfalls in besonderem Maße erforderlich) 2) Veränderungen im allgemeinen Geschäftsverlauf - Rückzug aus alten oder Aufnahme von neuen Kerngeschäftsfeldern - maßgebliche Produkthaftungs- oder Umweltschadensfälle - personelle oder organisatorische Veränderungen in Schlüsselpositionen des Unternehmens Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 204 - Examenskurs BBL 4.2 Finanzmarktförderungsgesetz Publizitätspflichten • Meldepflicht seitens des Aktionärs bei Beteiligung am stimmberechtigten Kapital mit mind. 5%, 10%, 25%, 50% oder 75% • Meldepflicht besteht gegenüber - der Aktiengesellschaft - dem Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel • die betroffene Gesellschaft ist ihrerseits verpflichtet, die ihr zugegangene Meldung unverzüglich zu veröffentlichen (Adhoc-Publizität) • Ausnahme: Nicht betroffen von dem zuvor geschilderten Procedere sind die Handelsbestände von Banken und Versicherungen. Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 205 - Examenskurs BBL 4.2 Finanzmarktförderungsgesetz d) Verhaltensregeln für Wertpapierdienstleitungsunternehmen Allgemeine Verhaltensregeln - anlegergerechte Beratung • Wissenstand des Kunden ist zu berücksichtigen • Beachtung der Risikobereitschaft des Kunden • Einbeziehung seiner derzeitigen Portefeuillestruktur in das Beratungsgespräch - objektgerechte Beratung - Erbringung von Wertpapierdienstleistungen mit der erforderlichen Sorgfalt, Sachkenntnis und Gewissenhaftigkeit - Bemühen um die Vermeidung von Interessenkonflikten - bei unvermeidbaren Interessenkonflikten ist der Kundenauftrag unter der gebotenen Wahrung des Kundeninteresses auszuführen Besondere Verhaltensregeln ... sollen das Schlagendwerden von Realisationsrisiken verhindern. Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 206 - Examenskurs BBL 4.2 Finanzmarktförderungsgesetz 2. Änderung des Börsengesetzes • Einrichtung von Handelsüberwachungsstellen • Legaldefinition des Begriffes „Börsenpreis“ • Einrichtung eines Börsenrates, der die Kontrolle der Börsengeschäftsführung übernimmt • Auftraggeber bestimmt den Ausführungsplatz für seine Aufträge und entscheidet darüber, ob ein Auftrag im Parketthandel oder im elektronischen Handel ausgeführt wird • zur Erhöhung der Marktliquidität dürfen die Kursmakler in größerem Umfang Eigen- und Aufgabengeschäfte tätigen • Handelsverbund zwischen Börsenmaklern, die an verschiedenen Börsen dieselben Aktien betreuen, wird ermöglicht ⇒ zwischen den einzelnen Börsen kann auf diese Weise ein Ausgleich von Angebot und Nachfrage im Parketthandel stattfinden • um wachsenden Kapitalanforderungen gerecht zu werden, dürfen sich Kursmakler künftig in Kursmaklergesellschaften zusammenschließen • Beteiligung von Privatpersonen an Warentermingeschäften wird ermöglicht Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 207 - Examenskurs BBL 4.2 Finanzmarktförderungsgesetz 3. KAGG-Novelle • Zulassung von Geldmarktfonds • Wertpapierleihe zulässig • Anlagemöglichkeiten im derivativen Bereich werden erweitert 4. Änderungen im Aktiengesetz • Mindestnennbetrag für Aktien wurde von DM 50,-- auf DM 5,-- herabgesetzt (inzwischen Stückaktien möglich) Ziel: - Aktienerwerb für Privatanleger erleichtern - Eigenkapitalausstattung börsennotierter Gesellschaften verbessern - Belebung des Aktienhandels am Finanzplatz Deutschland • Schaffung einer rechtlichen Grundlage dafür, daß Kreditinstitute eigene Aktien im Handelsbestand halten können Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 208 - Examenskurs BBL 4.2 Finanzmarktförderungsgesetz 5. UBGG-Novelle ⇒ Schaffung zusätzlicher Handlungsspielräume • Erweiterung des Kreises der jungen Unternehmen, an denen sich Unternehmensbeteiligungsgesellschaften beteiligen können • Ermöglichung vorübergehender Beteiligung auch an älteren Gesellschaften • Erweiterung der Anlagegrenzen (Maßstab ist nunmehr die Bilanzsumme, bislang war es das Eigenkapital der Unternehmensbeteiligungsgesellschaft) • Begebung von Schuldverschreibungen durch Unternehmensbeteiligungsgesellschaften nunmehr erlaubt • Fremdkapital-Aufnahme bis max. 50% des Eigenkapitals der Unternehmensbeteiligungsgesellschaft • Verringerung der Haftungsrisiken für Gründungsgesellschafter einer Unternehmensbeteiligungsgesellschaft • Zwang zur Offenlegung der Gewinnanteile aus einzelnen Beteiligungen, die ihrerseits vielfach nicht zu derartiger Publizität verpflichtet sind, entfällt Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 209 - Examenskurs BBL 4.2 Finanzmarktförderungsgesetz Drittes Finanzmarktförderungsgesetz Ziele: • Verbesserung der Risikokapitalbeschaffung des Mittelstands • Erhöhung des Kapitalangebots auf den Terminmärkten • Erhöhung des börslichen Eigenkapitalangebots • Ausweitung des Kapitalangebots für nicht-börsennotierte Unternehmen Schwerpunkte: • Börsen- und Wertpapierhandelsrecht - Modernisierung der Haftung für fehlerhafte Börsenzulassungsprospekte - Erleichterung des Börsenzugangs für Emittenten - gesetzliche Regelung des Rückzugs eines Emittenten von der Börse - Berücksichtigung moderner Emissionsverfahren der Marktteilnehmer - umfangreiche Rechtsbereinigung Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 210 - Examenskurs BBL 4.2 Finanzmarktförderungsgesetz • Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) - Zulassung neuer Fondstypen § Altersvorsorge-Sondervermögen § Dachfonds § gemischte Wertpapier- u. Grundstücks-SV § geschlossene Fonds in der Rechtsform AG - Erweiterung der Geschäftsmöglichkeiten für bereits zugelassene Investmentfondstypen - Verbesserung des Anlegerschutzes und des aufsichtsrechtlichen Instrumentariums • Gesetz über Unternehmensbeteiligungsges. (UBGG) - Steuerliche Begünstigung der UBGs - Zulassung weiterer Rechtsformen für eine UBG - Erweiterung der Anlage- und Refinanzierungsregeln für UBGs Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 211 - Examenskurs BBL 4.2 Finanzmarktförderungsgesetz Gesetz über die Zulassung von Stückaktien (StückAG) Inkrafttreten: 1. April 1998 Ziele: • Anpassung des deutschen Aktienrechts an den EURO • Vermeidung von Dezimalbeträgen bei Nennbeträgen und Grundkapital durch Zulassung nennbetragsloser Aktien ⇒ Währungsumstellung ohne größere Kapitaländerungen möglich Drei Varianten nennwertloser Aktien 1. Verzicht auf festes Grundkapital 2. Festhalten an festem Grundkapital, aber Aktien repräsentieren keinen festen Teilbetrag des Grundkapitals 3. Festhalten an festem Grundkapital; Aktien verkörpern einen festen Anteil am Grundkapital Grundkapital = " fiktiver Nennbetrag" Zahl der Aktien unechte nennwertlose Aktie Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg - 212 - Examenskurs BBL 4.2 Finanzmarktförderungsgesetz Literatur Heinz-Dieter Assmann, Rechtsanwendungsprobleme des Insiderrechts. In: Die Aktiengesellschaft, Februar 1997, S. 50-58. Deutsche Börse AG (Hrsg.), Insiderverbote und Ad-hoc-Publizität nach dem Wertpapierhandelsgesetz. Frankfurt 1994. Drittes Finanzmarktförderungsgesetz, Bundesgesetzblatt, Jg. 1998, Teil I, Nr. 18, S. 529-579. (zum herunterladen) Landeszentralbank Hessen (Hrsg.), Bedeutung des Zweiten Finanzmarktförderungsgesetzes für den Finanzplatz Frankfurt. In: Frankfurter Finanzmarktbericht, o.Jg. (1994), Nr. 19, S. 110. Siegfried Kümpel, Zum Begriff der Insidertatsache. In: Wertpapier-Mitteilungen, 48. Jg. (1994), Heft 48, S. 2137-2143. Ders., Die allgemeinen Verhaltensregeln des Wertpapierhandelsgesetzes. In: Wertpapier-Mitteilungen, 49. Jg. (1995), Heft 16, S. 689-694. Hartmut Schmidt, Olaf Oesterhelweg, Kai Treske, Erkennen deutsche Anleger die Vorzüge sog. Call Markets?. In: Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft (ZBB), 8. Jg. (1996), S. 10-19. Stückaktiengesetz, Bundesgesetzblatt, Jg. 1998, Teil I, Nr. 19, S. 590-595.