AKTUELL Lichtblick OPERATION TOGO ♦ Grauer Star In Westafrika erkranken viele Menschen an dieser Augenkrankheit. Die Sehkraft wiederherzustellen ist möglich, den bitterarmen Menschen fehlt aber das Geld und den Ärzten das Know-how. Ein Schweizer trägt dazu bei, dies zu ändern. MARKUS KOHLER 80 Coopzeitung · Nr. 47 vom 22. November 2016 Fotos: zvg Bereits zum dritten Mal besuchte Augenarzt Armin Junghardt Togo. Dieses Mal brachte er neben medizinischem Gerät und Verbandsmaterial auch Möbel mit. Beim Abladen und Auspacken halfen alle tatkräftig mit. W enn am Morgen der Wecker klingelt, öffnen wir unsere Augen und – sehen. Über dieses Wunder der Natur verlieren wir keinen Gedanken, müssen wir doch erst einmal in die Gänge kommen. Was für uns selbstverständlich ist, ist es für viele Menschen in Westafrika nicht. Dort liegt Togo – ein schmaler Landstreifen zwischen Ghana und Benin, der vom Golf von Guinea landeinwärts führt. Der etwa sieben Millionen Einwohner zählende Staat liegt derzeit auf dem Human Development Index, einem Wohlstandsindikator der Vereinten Nationen, auf Platz 162 von insgesamt 187 erfassten Ländern. Togo gehört also zu den ärmsten Ländern der Welt. Zur Armut gesellen sich weitere Probleme: Wegen starker Sonneneinstrahlung, schlechter Ernährung sowie einem erhöhten Phosphatgehalt in den Böden, tritt gehäuft der Graue Star auf, der sogenannte Katarakt. «Dabei trübt sich die Augenlinse milchig ein», sagt Augenarzt Armin Junghardt. «Erst sehen die Menschen die Dinge verschwommen, dann werden sie blind», so der 55-Jährige. «Während bei uns vorwiegend ältere Menschen daran erkranken, trifft es in Togo alle Altersschichten.» Die Krankheit ist heilbar: «Die Augenlinse kann durch eine künstliche Linse ersetzt werden», weiss Junghardt, der selbst eine Praxis in Baden AG unterhält. Alle Altersschichten betroffen Es war reiner Zufall, dass der Augenarzt im Jahr 2013 auf diese Tragödie in Westafrika aufmerksam wurde. «Patienten berichteten in meiner Sprechstunde von einem togolesischen Pater, der wegen einer Grauen-Star-Operation dreimal nach Europa hätte kommen müssen», erzählt er. «Doch der Mann hatte nur das Geld für eine Reise nach Italien zusammengekratzt, für weitere fehlten ihm schlichtweg die Mittel.» Armin Junghardt überlegte nicht lange, holte den Mann nach Baden und führte in seiner Praxis die Voruntersuchung und OP an beiden Augen durch – an einem Tag. Erst dadurch erfuhr der Arzt von den vielen Augenkranken in Togo. «Da müssen wir unbedingt helfen können», dachte er sich damals. Vor allem, weil ein solcher Eingriff massiv weniger koste, wenn man auf ein freiwillig arbeitendes Team und grosszügige Spenden sowie Materialien zurückgreifen könne. Kurzentschlossen gründete Junghardt noch im gleichen Jahr die Stiftung «ToGo – Opening Eyes». Und im darauffolgenden Jahr plante der umtriebige Augenarzt einen ersten zweiwöchigen Aufenthalt in Togo mit einem kleinen Operationsteam bestehend aus freiwilligen Kräften wie einem Anästhesiearzt und Krankenschwestern. «Unser Ziel war und ist es, die Leute in Togo in unserer modernen Technik auszu●●● Coopzeitung · Nr. 47 vom 22. November 2016 81 AKTUELL bilden und mit den entsprechenden Geräten und Linsen zu versorgen, damit sie diese Operation selbständig ausführen können – aber mit funktionstüchtigen, modernen und vor allem ungebrauchten Apparaten», sagt er, der auch nach drei Jahren noch Feuer und Flamme ist für sein soziales Engagement. ●●● Augenstation in Spital gegründet Schon der erste Einsatz war ein voller Erfolg: In einem Spital ca. 60 Kilometer nördlich der Hauptstadt Lomé richtete Junghardt mit seinem Team eine moderne Augenstation ein. «So konnten wir im ersten Jahr notwendiges Material wie Verbände oder Medikamente mitbringen sowie Spezialgeräte wie Mikroskope oder einen Augenlaser», sagt der Augenarzt. «Wir lehrten dortigen Ärzten und Schwestern den Umgang mit diesen Apparaten und konnten schon im ersten Jahr gemeinsam über 100 Menschen das Augenlicht wieder zurückgeben.» Auch in 2015 und ganz aktuell in diesem September fanden solche Operationsreisen statt – mit ähnlichen Ergebnissen. Besser sogar: «Mittlerweile müssen wir nur noch assistieren, die Ärzte und Schwestern machen einen super Job», meint Junghardt anerkennend. «Unser Ziel war, dass die Augenabteilung auch ohne uns bestehen kann, das haben wir Der Andrang im Wartezimmer der Augenstation ist gross. Denn es hat sich herumgesprochen, dass die Ärzte und Schwestern einen guten Job machen. bereits nach drei Jahren erreicht.» Dennoch und auch wenn nächstes Jahr kein Besuch mit Operationsteam geplant ist, braucht es dringend Verbrauchsmaterial, das in Togo nicht erhältlich ist. Auch soll im nächsten Jahr ein Techniker entsendet werden, der sich um die Wartung der Spezialgeräte kümmert. Voraussichtlich im Jahr 2018, wenn die finanziellen Mittel bereitstehen, soll eine spezialisierte Augenklinik in Togo mit landesweiter Ausstrahlung entstehen. Grosse Pläne also. Für die Patienten sind sie ein Segen. Denn sind sie geheilt, werden sie ganz sicher eins nie tun: morgens die Augen öffnen und das Augenlicht als selbstverständlich ansehen. ● Fotos: zvg SACHSPENDE VON COOP: MÖBEL UND FARBEN In diesem Jahr befanden sich in den Containern, die nach Togo verschifft wurden, auch Tische, Regale und Matratzen von Toptip, dem Einrichtungshaus der CoopGruppe. Da die Einwohner das Land fast ganz abgeholzt haben und es kaum mehr Wälder gibt, sind Regale und Tische Mangelware. Mit den Tischen und Regalen konnte die Augenstation ausgerüstet werden, die Matratzen sollen dem schweizerischen Operationsteam helfen, den Einsatz ohne Würmer und Maden im Bett zu überstehen. Um die «Herzen zu gewinnen», wurde mit Farben von Coop Bau + Hobby ein Kunstprojekt durchgeführt, an dem sich 21 ausgewählte Kinder aus der Region beteiligten. Gemeinsam wurde eine Geschichte erarbeitet, deren einzelne Kapitel dann auf die Wand des Eingangsbereiches der Augenstation gemalt wurden. Coopzeitung · Nr. 47 vom 22. 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