SPEZIAL MITTELSTAND Abschied vom Aktenordner DOKUMENTENSYSTEME : Software zum Management von Dokumenten macht Papier im Büro überflüssig. Das schafft Ordnung und blitzschnellen Zugriff auf Informationen. Z u umständlich, zu unübersichtlich, zu anfällig für Fehler – Gunther Reinhard wollte Papier schon seit Langem möglichst komplett aus dem Unternehmen verbannen. Nun hat sich der Leiter des Prozessmanagements und der Informationstechnik bei der Baden-Badener Schöck Gruppe durchgesetzt. Der Spezialist für Bauteile im Wohnungs- und Gewerbebau hat das Management von Dokumenten mit einem System des Stuttgarter Anbieters Elo Digital Office digitalisiert. Einfach war das nicht, der Prozess hat insgesamt vier Monate gedauert. Angefangen hat Schöck mit dem Rechnungswesen. Papierrechnungen erfasst, prüft und zahlt das Unbereitsteht, meldet die Software dies selbstständig mit einem Signal. Derartige Lösungen werden für Mittelständler zunehmend unverzichtbar. „Auch bei ihnen drückt der Schuh, weil sie mit Informationen überflutet werden“, sagt Mirjana Stanisic-Petrovic, stellvertretende Leiterin des Zentrums für Dokumenten- und Workflow-Management am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation in Stuttgart. Auch sie empfiehlt, dass Unternehmen zunächst überlegen, in welchen Abteilungen und für welche Aufgaben sie eine Software einsetzen. Ebenso wichtig sei es, die digitalen Dokumente sinnvoll zu ordnen. Das gelingt am besten über eine möglichst kleine Zahl verbindlicher Schlagworte, die allen Mitarbeitern bekannt sind. ternehmen heute digital. Der Aufwand soll sich gelohnt haben: „Unser Rechnungswesen ist deutlich effizienter und sogar messbar schneller“, sagt Reinhard. „Vom Eingang einer Rechnung bis zu dem Punkt, an dem sie freigegeben in der Buchhaltung liegt, vergehen manchmal nur ein paar Minuten.“ Management von Dokumenten klingt unspektakulär und altbacken. In der Praxis aber sind die Softwaresysteme für diese Aufgabe das Herzstück der Digitalisierung. Denn die wichtigsten Abläufe in Unternehmen basieren auf Rechnungen, Aufträgen, Geschäftsbriefen, Bedienungsanleitungen oder Umsatzgrafiken – und damit auf den unterschiedlichsten Arten von Dokumenten. Zu viele Informationen, zu wenig Zeit Eine digitale Lösung kann Prozesse vereinheitlichen und verbessern: Sie beschleunigt Arbeitsabläufe, indem sie Routineaufgaben wie das Einsortieren von Belegen automatisiert sowie Aufträge und Rechnungen nach jedem Arbeitsschritt an den nächsten Kollegen weiterleitet. Zudem dient sie als unternehmensinterne Suchmaschine. Die Software sammelt alle auf Dokumenten enthaltenen Informationen und zaubert sie auf Knopfdruck auf den Bildschirm. 65 Der Bedarf dafür ist groß. Laut einer Studie des IT-Marktforschungsunternehmens IDC verschlingt die umständliche Suche nach Dokumenten und Informationen im Alltag zu viel Zeit, wie 42 Prozent der befragten Mitarbeiter angaben. Um mehr Übersicht zu schaffen, halten es mittlerweile sechs von zehn IT-Managern für wichtig, Prozesse zu vereinfachen, an denen viele Dokumente beteiligt sind. IDC-Experte Mark Alexander Schulte empfiehlt, die Digitalisierung „stufenweise voranzutreiben“. Ein Unternehmen könne sich zuerst die Auftragsbearbeitung vornehmen und im nächsten Schritt die interne Kommunikation angehen. So hat es zum Beispiel das Düsseldorfer Logistikunternehmen VCK Logistics SCS gemacht. Der Mittelständler entschied sich für ein Digitalkonzept von Canon und fing damit an, seine jährlich anfallenden rund 360 000 Lieferscheine und sämtliche Rechnungen digital zu erfassen und zu verarbeiten. Nach dem Einscannen analysiert eine Software automatisch den Inhalt der Dateien und erstellt so Datensätze, die die Informationen des Lieferscheins enthalten. Mithilfe der Auftragsnummer ordnet sie die Belege so, dass sie problemlos weiterbearbeitet werden können. Wenn ein Datensatz dafür E Schnell und strukturiert zugreifen Die Digitalisierung von Dokumenten kann mehr sein als die schlichte Umwandlung von Papier in digitale Akten. Das bestätigt Arthur Pape, geschäftsführender Partner von Pape & Co. Die Münchner Kanzlei für Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung hat eine Softwaree des Anbieters Lobo DMS eing führt. Sie soll den 70 Mitarbeitern der Kanzlei einen schnellen und strukturierten Zugriff auf Dokumente ermöglichen. Zusatzfunktionen sollen den Nutzen noch erhöhen. So lassen sich Änderungen an Dokumenten nachverfolgen. Die neueste Version des Dokuments liegt immer „oben“, vorangegangene Versionen werden darunter angezeigt. Papier ruck, zuck abzuschaffen und durch Digitaltechnik zu ersetzen funktioniert nicht. „Das Kunststück besteht darin, dass der digitale Prozess noch praktischer und schneller sein sollte als der Papierprozess“, sagt Pape. Wer da Fehler macht, merkt schnell, dass „ein gut organisierter Leitzordner mit farbigen Post-its oft viel effizienter ist als ein schlampig konfiguriertes Dokumentensystem“. Wer sich aber bei der Einführung jeden Arbeitsschritt ansieht und die Lösung dementsprechend konfiguriert, hat beste Chancen, dass sein digitales System auch den perfekt organisierten Aktenordnern mit Papier weit überlemehmet toprak | [email protected] gen ist. n WirtschaftsWoche 51/9.12.2016 © Handelsblatt GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Zum Erwerb weitergehender Rechte wenden Sie sich bitte an [email protected].