Macro Focus Macro Focus Economic & Strategy Research 13. Dezember 2011 EMU-Erfolge: Euro überdurchschnittlich stark und Inflationsdurchschnitt unter 2% 4.50 110 4.00 105 3.50 3.00 Was, wenn der Euro zerfällt? • • • Die Wahrscheinlichkeit ist minim, weil die Konsequenzen für alle verheerend wären Ungeachtet des Szenarios würde es für Anleger kein Versteck geben Das relevante Risiko ist ein Verschleppen der Lösung und eine tiefe Rezession 100 2.50 95 2.00 1.50 90 1.00 85 0.50 0 80 -0.50 -1.00 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 EMU CPI y oy EUR real ef f . exchange rate(R.H.SCALE) 09 10 11 75 Source: Thomson Reuters Datastream Quelle: Datastream Euro: Bond-Märkte in Panik 35 35 30 30 25 25 20 20 15 15 10 10 5 5 0 0 -5 92 93 94 95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 GR - DE benchmark y ield 10y IT - DE benchmark y ield 10y ES - DE benchmark y ield 10y PT - DE benchmark y ield 10y Source: Thomson Reuters Datastream -5 Quelle : Datastream Kontakt Dr. Jan Amrit Poser Chefökonom +41 44 213 9281 Email: [email protected] 1 | Macro Focus – Economic & Strategy Research Gescheiterte Gipfel schüren Ängste Nach jedem halbherzigen Euro-GipfelErgebnis, das die Erwartungen der Finanzmärkte nicht erfüllt, erreichen uns immer mehr drängende Fragen, was Investoren tun sollten, um sich bei einem Scheitern des Euros zu schützen. Die Sorgen sind verständlich, schliesslich sind es ja die Politiker selbst, die - wie die deutsche Kanzlerin mit beschwörenden Worten vom Ende Europas reden, falls der Euro scheitere. Doch wie wahrscheinlich ist ein Zerfall Eurolands? Wie sehen mögliche Szenarien aus? Und was sollen Anleger tun, um sich vor diesem «schwarzen Schwan» zu schützen? Euro-Kollaps gleich Meteor-Einschlag Auch wenn wir die Sorgen der Investoren ernst nehmen wollen, ist die Antwort - überspitzt gesagt - dieselbe wie die Antwort auf die Frage, was Anleger machen sollten, wenn ein gigantischer Meteor die Erde treffen würde. Erstens ist die Wahrscheinlichkeit, dass dies geschieht, momentan minim. Zweitens, hängt die Reaktion von dem Szenario ab, wo der Meteor auf die Erde trifft. Es gibt Tausende von möglichen Einflugschneisen, Tausende von denkbaren Szenarien eines Euro-Kollapses, welche die optimale Positionierung der Anleger grundsätzlich ändern. Drittens sind jedoch alle diese Überlegungen wenig zielführend, weil – die Dinosaurier wissen es – ein Meteoreinschlag einen thermonuklearen Winter auslöst und das meiste Leben auf dem Plane- ten auslöscht. So gibt es auch kein Versteck für Anleger vor einem Euro-Kollaps. Das Fazit lautet, dass die Folgen so gravierend sind, dass kein verantwortungsvoller Politiker diesen Pfad beschreiten wird. Natürlich ist es immer möglich, dass es «unverantwortliche» Politiker gibt, die die Wählerschaft zumindest eine Zeitlang verführen können. Bis diese Sorte von Politikern in einem oder mehreren Ländern an die Macht gekommen ist und den feindseligen Akt eines Euro-Austritts beschreitet, muss Europa jedoch in einer so tiefen diplomatischen Krise stecken, dass sich Anleger eher mit Dosennahrung und Handfeuerwaffen eindecken sollten als mit Leerverkäufen des Euros. Eine Währung zerbröselt nicht einfach so Der Euro ist nicht das Problem, sondern das Design der Währungsunion, das übermässige Schulden ermöglicht hat. Eine Währung ist immer so viel wert, wie die Waren, die hinter ihr stehen. Der Euro selbst ist sogar eine sehr stabile Währung, sowohl im Innenverhältnis (die Inflation war seit 1999 tiefer als 2%) als auch im Aussenverhältnis (gegenüber der Noch-Leit-währung Dollar ist der Euro überbewertet). In den Medien wird der Eindruck geschürt, der Euro könnte eines Tages von selbst zerfallen. Eine Währung zerbröselt jedoch nicht einfach so. Der Austritt kann nur durch einen aktiven Regierungsentscheid erfolgen, gefolgt von einer langen Übergangszeit für die Umstellung von Computern und das Drucken von Noten. Macro Focus Bei Euro-Kollaps würden die Finanzierungskosten der Banken noch mehr steigen 900 800 700 600 500 400 300 200 100 0 Jun-00 Jun-02 Jun-04 Jun-06 Jun-08 Jun-10 Financials core Financials periphery Non-Fins core Non-Fins periphery Quelle: Datastream Target2: Nettopositionen der nationalen Zentralbanken gegenüber dem Eurosystem 600 500 Germany Greece Ireland Italy Portugal Spain 400 300 200 100 0 -100 2011-01 2010-01 2009-01 2008-01 2007-01 2006-01 2005-01 2004-01 2003-01 2002-01 -200 Quelle: Datastream Die neue D-Mark würde so stark aufwerten wie der Franken und Exporte verdrängen 1.70 1.60 1.50 1.40 1.30 1.20 1.10 1.00 2008 EUR-CHF 2009 2010 2011 Source: T homson Reuters Datastream Quelle: Datastream 2 | Macro Focus – Economic & Strategy Research Verheerende Kosten für die Peripherie Bevor aber eine neue Drachme oder Lira eingeführt ist, wird allein die Ankündigung das Finanzsystem in dem austretenden Peripherieland auslöschen. Ein Ansturm von Sparern, die ihr Geld in ein Kernland des Eurogebietes bringen wollen, würde die Banken des austretenden Landes über Nacht zu Fall bringen. Unternehmen und Privathaushalte würden keine Kredite und noch nicht einmal mehr Bargeld erhalten. Der Staat, der in diesem Fall die Banken stützen sollte, wäre ebenfalls bankrott. Die europäischen Partner würden ihn wie eine heisse Kartoffel fallenlassen und die Finanzmärkte würden ihm die Finanzierung verweigern. Denn sobald die neue Währung eingeführt wäre, würde sie 30 bis 50% abwerten, was die Staatsschulden vervielfachen würde. Die Abwertung würde zu einer importierten Inflation führen, Kompensationsforderungen der Gewerkschaften auslösen bis sich die Spirale der Hyperinflation dreht. Die Kosten eines Euro-Austritts wären für ein Peripherie-Land verheerend. Ansteckung ist die grösste Gefahr Auch wenn Griechenland keine Anreize hat selbst auszutreten, befürchten manche, dass seine Euro-Partner aus Frust über seine unzureichenden Strukturen und den mangelnden Reformwillen ein Exempel statuieren könnten. Doch der dadurch losgetretene Sturm würde ganz Euroland mitreissen. Die Infragestellung der für die Ewigkeit angelegten Union würde augenblicklich dazu führen, dass die Wahrscheinlichkeiten eines Euroaustritts eines jeden Staates geprüft werden. Derselbe Ansturm nervöser Sparer, der in Griechenland die Banken in den Abgrund reisst, würde die Banken in anderen Krisenstaaten ebenfalls zu Fall bringen. Ein Bankrott der Banken Südeuropas würde die Banken Nordeuropas ebenfalls kollabieren lassen, weil diese im Glauben an die Ewigkeit der Währungsunion erhebliche Kreditvolumen an Südeuropa vergeben haben. Der Rauswurf eines Eurostaates würde zum Boomerang für ganz Euroland. Deutschland vor der Katastrophe Einige Anleger befürchten, dass Deutschland nicht mehr länger Zahlmeister Europas sein möchte und den Stecker ziehen könnte. Ein deutscher Austritt würde jedoch Deutschland am meisten treffen. In Erwartung einer Aufwertung würden gewaltige Kapitalströme die neue D-Mark aufwerten. Nimmt man die Erfahrung der heftigen Aufwertung des Frankens im August 2011 als Massstab, verlören viele mittelständische Unternehmen über Nacht ihre Konkurrenzfähigkeit. Die deutschen Banken würden aufgrund der Währungsinkongruenz in ihren Bilanzen ins Schlingern geraten. Der Staat könnte ihnen jedoch nicht mehr helfen, weil er überschuldet wäre. Der Grund ist, dass die Bundesbank gegenüber dem Eurozahlungssystem (Target2) eine Nettoforderung von EUR 480 Mrd. hat, die im Falle eines Euro-Austritts von Deutschland übernommen werden müsste. Anstatt geringerer Schulden hätten Deutschlands Steuerzahler bei einem Austritt höhere Lasten zu tragen. Weltweite Ramifikationen Es ist nur schwer vorstellbar, wie andere europäische Länder wie die Schweiz oder Schweden nach einem Bankrott und einer tiefen Rezession der Euroländer solvent bleiben könnten. Die durch einen EuroKollaps ausgelöste Kreditklemme würde sich weltweit auswirken und insbesondere die US-Banken treffen. Wie nach dem Bankrott der Investmentbank Lehman würden die Handelskredite einfrieren und die Schwellenländer in den Abgrund reissen. Es darf nicht vergessen werden, dass damals nicht der US-Markt, sondern die Schwellenländeraktien am meisten unter der steigenden Risikoaversion und dem akuten Deleveraging litten. Rohstoffe würden folgen. Es gibt kein Versteck vor der globalen Kreditklemme. Euroland ist eine Schicksalsgemeinschaft Wie man es auch dreht und wendet: Euroland ist und bleibt eine Schicksalsgemeinschaft. Die Euroländer stehen gemeinsam oder sie fallen zusammen. Angesichts der schrecklichen Folgen, die ein Scheitern des Euros mit sich brächte, wird am Ende irgendwer bereit sein, sich zu bewegen um ein Stress-Szenario abzuwenden. Entweder geben die Kernländer geführt von Deutschland nach, oder der IMF springt ein, womöglich mit Hilfe von Geldern aus den USA und den Schwellenländer. Wenn alle Stricke reissen, wird es die EZB sein, die einschreitet, weil sie am meisten zu verlieren hätte. Somit ist das grösste Risiko, auf das sich Anleger vorbereiten müssen, ein zu langes Verschleppen der Lösung, das eine lange und tiefe Rezession in Euroland mit sich zieht. Das einzig denkbare Tail-RiskSzenario, ist, dass sich die Eurokrise auf die USA und die Schwellenländer überträgt. 2008 2009 2010 2011f 2012f forecasts US 1Q0 5 3Q0 5 1Q0 6 3Q0 6 1Q0 7 3Q0 7 1Q0 8 3Q0 8 1Q0 9 3Q0 9 1Q1 0 3Q1 0 1Q1 1 3Q1 1 1Q1 2 3Q1 2 Macro Focus Makroökonomische Prognosen BIP (% yoy) Staatsbudget (% BIP) Leistungsbilanz (% BIP) Arbeitslosenquote (%) Inflation (LIK, % yoy Mittel) -0.3 -6.6 -4.8 5.8 3.8 -3.5 -11.6 -2.7 9.3 -0.3 3.0 -10.7 -3.2 9.6 1.6 1.7 -10.0 -3.1 9.1 3.1 2.1 -8.0 -2.7 9.1 2.3 EU BIP (% yoy) Staatsbudget (% BIP) Leistungsbilanz (% BIP) Arbeitslosenquote (%) Inflation (LIK, % yoy Mittel) 0.3 -2.0 -0.6 7.7 3.3 -4.2 -6.2 0.2 9.6 0.3 1.8 -6.3 -0.2 10.1 1.6 1.5 -4.6 -0.1 10.1 2.7 -0.1 -3.0 0.3 10.3 1.9 JP BIP (% yoy) Staatsbudget (% BIP) Leistungsbilanz (% BIP) Arbeitslosenquote (%) Inflation (LIK, % yoy Mittel) -1.2 -2.2 3.3 4.0 1.4 -6.3 -8.7 2.8 5.0 -1.3 4.1 -7.8 3.6 5.0 -0.7 -0.2 -8.9 2.5 4.7 -0.2 1.6 -8.9 2.9 5.0 -0.4 UK BIP (% yoy) Staatsbudget (% BIP) Leistungsbilanz (% BIP) Arbeitslosenquote (%) Inflation (LIK, % yoy Mittel) -1.1 -5.0 -1.4 2.8 3.6 -4.4 -11.0 -1.5 4.7 2.2 1.8 -10.4 -2.5 4.7 3.3 0.9 -9.4 -1.4 4.8 4.5 0.7 -8.7 -1.7 5.2 2.8 CH BIP (% yoy) Staatsbudget (% BIP) Leistungsbilanz (% BIP) Arbeitslosenquote (%) Inflation (LIK, % yoy Mittel) 2.1 0.6 2.3 2.6 2.4 -1.9 2.0 11.4 3.7 -0.5 2.7 0.7 15.6 3.9 0.7 1.7 0.3 12.6 3.1 0.4 0.5 -0.5 9.1 3.5 0.3 12/12 1Q12 2Q12 3Q12 4Q12 USA und Euroland: BIP 4 3 2 1 0 -1 -2 -3 -4 -5 -6 USA Euroland Quelle : Datastream USA und Euroland: Inflation forecasts 1Q0 5 3Q0 5 1Q0 6 3Q0 6 1Q0 7 3Q0 7 1Q0 8 3Q0 8 1Q0 9 3Q0 9 1Q1 0 3Q1 0 1Q1 1 3Q1 1 1Q1 2 3Q1 2 6 5 4 3 2 1 0 -1 -2 USA Euroland Quelle : Datastream USD-Zinsstrukturkurve 4.5 4.0 3.5 3.0 2.5 2.0 1.5 1.0 0.5 0.0 Zinsprognosen Fed Fu nds 3m LIB OR 12/12 2y B ond 1Q12 10y Bond USD Leitzinsen 3M LIBOR 2J Obligationen 10J Obligationen 0.25 0.54 0.27 2.01 0.25 0.35 0.50 2.50 0.25 0.30 0.50 2.75 0.25 0.30 0.50 3.00 0.25 0.30 0.50 3.00 EUR Leitzinsen 3M LIBOR 2J Obligationen 10J Obligationen 1.25 1.36 0.28 2.00 0.50 0.80 0.60 2.25 0.50 0.80 0.80 2.50 0.50 0.80 1.00 2.75 0.50 0.80 1.20 3.00 JPY Leitzinsen 3M LIBOR 2J Obligationen 10J Obligationen 0.08 0.20 0.14 1.02 0.10 0.17 0.30 1.25 0.10 0.17 0.20 1.25 0.10 0.17 0.30 1.50 0.10 0.17 0.30 1.50 GBP Leitzinsen 3M LIBOR 2J Obligationen 10J Obligationen 0.50 1.05 0.39 2.10 0.50 0.90 0.60 2.75 0.50 0.80 0.70 3.00 0.50 0.80 0.80 3.25 0.50 0.80 0.90 3.50 CHF Leitzinsen 3M LIBOR 2J Obligationen 10J Obligationen 0.13 0.05 0.02 0.81 0.00 0.10 0.30 1.25 0.00 0.10 0.50 1.50 0.00 0.10 0.50 1.75 0.00 0.10 0.60 2.00 12/12 1Q12 2Q12 3Q12 4Q12 1.3187 77.90 0.8460 102.72 1.2356 0.9370 1.28 77 0.88 99 1.25 0.98 1.30 80 0.86 104 1.28 0.99 1.33 82 0.84 109 1.30 0.98 1.35 80 0.82 108 1.28 0.95 4Q12 Quelle : Datastream EUR-Zinsstrukturkurve 4.5 4.0 3.5 3.0 2.5 2.0 1.5 1.0 0.5 0.0 12/12 1Q12 4Q12 Repo 3m EURIBOR 2y Bond 10y Bond Quelle : Datastream USD – CHF 1.40 1.30 1.20 1.10 1.00 0.90 0.80 0.70 Jan 04 Wechselkursprognosen Jan 06 Jan 08 Jan 10 Jan 12 Quelle : Datastream 3 | Macro Focus – Economic & Strategy Research EUR-USD USD-JPY EUR-GBP EUR-JPY EUR-CHF USD-CHF Macro Focus Wichtiger Hinweis Diese Publikation der Bank Sarasin & Cie AG (Schweiz) (nachfolgend «BSC») dient ausschliesslich zu Informationszwecken. 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