Prof. Dr. Thomas S. Eberle ist Ko-Leiter des Soziologischen Seminars an der Universität St. Gallen. Von 1998-2005 war er Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Soziologie. Forschungsschwerpunkte: Phänomenologie und Wissenssoziologie, Kommunikations- und Kultursoziologie, Methodologie und qualitative Methoden. Abstract Thomas S. Eberle Auf den Spuren von Emil Walter-Busch: Transdisziplinäre Studien zur Sozial- und Formengeschichte der Organisationsforschung "Dokumente eines Lebenswerks unter den Gesichtspunkten ,Kontinuität und Diskontinuität im Wandel' auszulegen, und ihnen so eine erzählbare Lebens- und Werkgeschichte abzugewinnen, scheint mir eine ganz und gar unentbehrliche Methode der Textinterpretation zu sein. " Emil Walter-Busch (2006: 23) Ziel des vorliegenden Beitrages ist es, einen Überblick über das Werk von Emil Walter-Busch zu geben. Dabei werden jene drei Bücher ins Zentrum gestellt, in denen Walter-Busch am Beispiel exemplarischer Studien des Organisations- und Managementwissens eine Topik sozialwissenschaftlicher Argumentationsformen bzw. eine Sozial- und Formengeschichte angewandter Sozialwissenschaften vorlegt. Die zentralen Leitmotive sind indes bereits in seinem Frühwerk angelegt: Im sozialempirischen Begründungsdefizit erblickt Walter-Busch die Ursache der Theorienvielfalt in den Humanwissenschaften sowie der Unmöglichkeit einer konsensualen Verständigung auf ein gemeinsames Paradigma. Im Unterschied zu den naturwissenschaftlichen Vorbilddisziplinen ist in den Sozialwissenschaften daher kein kumulativer Erkenntnisfortschritt möglich. Entsprechend inadäquat sind Überlegenheitsansprüche sozialwissenschaftlichen Fachwissens gegenüber dem Common Sense des Praktiker- und Laienwissens. Walter-Busch entwirft daher einen transdisziplinären Ansatz, der vom Prinzip der Gleichwertigkeit unterschiedlicher Wissensarten sowie unterschiedlicher Generationen des Wissens ausgeht und für echt dialogische, wechselseitige Kommunikations- und Lernprozesse eintritt. Diese Grundideen bleiben durch das gesamte Werk konstant, werden aber laufend weiterentwickelt. Seine Studien exemplarischer Beispiele der Organisationsforschung, die auf aufwändigen Archiv-Recherchen beruhen, versuchen überdauernde Denkfiguren und Motive (Topoi) aufzuspüren, die von den Anfängen der Sozialforschung bis heute von unverminderter Bedeutung sind. Seinem eigenen Forschungsansatz folgend, wird die Werkgeschichte mit der Lebensgeschichte Walter-Buschs verknüpft und damit auf den Sozialkontext bezogen. 22 Mit seiner Trilogie Das Auge der Firma (1989), Organisationstheorien von Weber bis Weick (1996) und Faktor Mensch (2006) hat Emil Walter-Busch Forschungsarbeiten zur Sozial- und Formengeschichte angewandter Sozialwissenschaften vorgelegt, die für das Selbstverständnis von Organisationsforschern und -forscherinnen ausserordentlich bedeutsam sind. Der vorliegende Beitrag setzt sich daher zum Ziel, einen Überblick über dieses Werk zu geben. Ein solches Vorhaben sieht sich allerdings - und im postmodernen Zeitalter mehr denn je mit der Frage konfrontiert, auf welchem theoretischen Rahmen und auf welchen methodologischen Prämissen eine solche Werkdarstellung basieren soll. Was liegt nun näher, als den Forschungsansatz von Walter-Busch gleich auf ihn selbst anzuwenden? Walter-Busch stellt in allen drei Büchern ins Zentrum, "was bedeutende Akteure angewandter Sozialforschung der Wirtschaft getan, vor allem aber, was sie gesagt und geschrieben haben" (Walter-Busch, 2006: 22). Er misstraut der modischen Rede vom "Tode des Autors" und findet es "ganz im Gegenteil ermutigend, wie man in der endlosen Flucht divergierender Textauslegungen meistens auf einen feststehenden Sachverhalt zurückkommen kann: ,Person X hat in der Situation Y dies hier, A gesagt bzw. geschrieben'" (ibid.: 23). Auch hält er es weder für theoretisch überholt noch für grundsätzlich fragwürdig, "die verschiedenen Texte, die eine Person im Laufe ihres Lebens produzierte, diachronisch so zu ordnen, dass sie werk- und lebensgeschichtlich, kurz biographisch ausgelegt werden können ( ... ) Vorläufer späterer Gedanken einer Autorin oder eines Autors lassen sich vielfach schon in ihrem Frühwerk finden - so wie Motive der ,Zauberflöte' in Mozarts ersten Kompositionen" (ibid.). Texte können jedoch nicht nur biographisch nach dem Zeitindex ihrer Entstehung geordnet werden, sondern auch bezüglich ihres weiteren ideengeschichtlichen Entwicklungszusammenhangs, der die Lebensspanne eines einzelnen Autors übergreift und kulturhistorisch meist weit zurückreicht. Schliesslich haben Texte auch immer ihren "Sitz im Leben" (Dilthey), sollten also nicht nur als Argumentationsgeschichte, sondern auch in ihrem jeweiligen sozialhistorischen Entstehungs- und Verwendungskontext betrachtet werden (Walter-Busch, 1989: 17 ff.). Im Folgenden versuche ich mich an diese Vorgaben zu halten: Die Werkdarstellung erfolgt allein aufgrund intersubjektiv überprüfbarer Textstellen, und auch bezüglich der Lebensgeschichte wird allein auf die (spärlichen) publizierten Daten abgestellt. Was den Sozialkontext 23 Thomas S. Eberle der Werkgenese anbelangt, kann ich nicht davon absehen, dass ich als ehemaliger Student und langjähriger Kollege von Emil Walter-Busch den institutionellen Rahmen, in dem sich sein Berufsleben abspielte, aus eigener Anschauung kenne. Im Gegensatz zu seinen Forschungsarbeiten kann ich mir den Gang in die Archive sparen, denn das Datenmaterial liegt mir als Schrifttum oder in elektronischer Form vor. Da ich mich allerdings mit dem Werk eines Lebenden befasse, läuft meine Darstellung - im Unterschied zu Walter-Buschs historischen Studien - Gefahr, vom Betroffenen selbst kritisiert zu werden, weil sie sich womöglich nicht mit seiner eigenen Sicht deckt, andere Schwerpunkte setzt oder vielleicht da und dort sogar eine kleine Unstimmigkeit enthält. Was zum Ausdruck bringt, dass Werkdarstellungen, auch wenn sie sich auf Selbstbeschreibungen stützen (Walter-Busch, 2006: 27), aufgrund der unvermeidbaren Selektionsprozesse stets Fremdbeschreibungen sind. Im Folgenden wird zunächst ein Überblick über den Sozialkontext gegeben. Anschliessend werden die zentralen Motive des Frühwerks rekonstruiert, die in den drei Büchern der Trilogie weiter ausgearbeitet werden. Ein Rück- und Ausblick rundet den Beitrag ab. 1 Der Sozialkontext: Von der Frankfurter Schule an die Hochschule St. Gallen Emil Walter-Busch wurde 1942 in Zürich geboren und trat insofern in die Fussstapfen seines Vaters, als er erstens Soziologie studierte und zweitens an derselben Institution landete. Emil J. Walter senior, der bei der Gründung der Schweizerischen Gesellschaft für Soziologie im Jahre 1955 als Präsident der Gründungsversammlung amtete, wurde 1957 als erster SoziologieProfessor an die Hochschule St. Gallen berufen (Honegger & Jurt, 2005: 26). Anfangs der 1960er Jahre nahm der Sohn das Studium der Soziologie, Philosophie und Geschichte auf, erst in Zürich, dann in Tübingen, Berlin und Frankfurt am Main. Dabei studierte er u. a. bei Ralf Dahrendorf und Renate Mayntz und promovierte 1969 bei Theodor W. Adorno und Jürgen Habermas.! Er war also genau zu der Zeit in Frankfurt, als die dortige Universität mit den 1968er Unruhen ihre turbulenteste Zeit durchlief. Vor diesem Hintergrund wirkt der Wechsel nach St. Gallen überraschend. Die Universität Frankfurt war von Studentenunruhen erschüttert, die vorherrschende Theorie war die Kritische Theorie der Frankfurter Schule. Die Hochschule St. Gallen war demgegenüber ein eher beschaulicher, von der 68er Bewegung kaum tangierter Ort wirtschaftswissenschaftlicher Ausbildung künftiger Führungskräfte in Wirtschaft und Verwaltung. Die hier dominierende Theorie war das soeben entwickelte St. Galler Managementmodell, das mit Hilfe eines systemtheoretischen Ansatzes das betriebswirtschaftliche Aufgabenspektrum neu ordnete, "ganzheitliches Denken" propagierte und die verschiedenen Teildisziplinen zu integrieren versuchte (Ulrich, 1970; Ulrich & Krieg, 1974). Management wurde als Lenkung und Gestaltung von sozialen Systemen definiert - das St. Galler Managementmodell verkörperte also just das, wogegen die Kritische Theorie ankämpfte: die "instrumentelle Vernunft" (Horkheimer & Adorno, 1974). I 24 Auf den Spuren von Emil Walter-Busch Walter-Busch kam 1970 nach St. Gallen - sein Vater war bereits emeritiert - und zwar als Forschungsmitarbeiter in ein auf drei Jahre angelegtes, von Prof. Charles Lattmann geleitetes Forschungsprojekt über Arbeitszufriedenheit und Arbeitsmotive von Gastarbeitern. Damit war er nicht in der volkswirtschaftlichen Abteilung angesiedelt, wie die Soziologie, sondern in der betriebswirtschaftlichen, wo er bald auch als Dozent im Bereich Führung und Personalmanagement wirkte. Dieser Sozialkontext war für sein Werk zweifellos prägend. Erstens konnte Walter-Busch in seinem Umfeld rasch beobachten, dass die Betriebswirtschaftslehre sich nach wie vor denselben zwei Widerständen gegenübersah, auf die sie bereits in der Pionierphase der Handelshochschulbewegung zwischen 1895 und 1920 - aus der 1898 auch die Handelshochschule St. Gallen hervorging - gestossen war: Zum einen fanden die Praktiker, dass sich die Verwissenschaftlichung ihres praktischen Erfahrungswissens nicht lohne und die Erkenntnisse der schön klingenden Theorien in der Praxis nichts taugten. Zum andern hielten "manche Vertreter akademisch etablierter Vorbild- oder Konkurrenzdisziplinen (z. B. Volkswirtschaftler und Juristen) die neuen Möchte-gern-Fachwissenschaften ( ... ) für unwürdig, auf Hochschulniveau gepflegt zu werden" (Walter-Busch, 1996: 34). Betriebswirtschaftler befanden sich also immer noch im selben Clinch: Sie wurden entweder als zu theoretisch und praxisjern oder als zu praxisnah und unwissenschaftlich bezeichnet. Diese Problemlage, die sich in anderen angewandten Sozialwissenschaften in derselben Weise stellt, sollte zu einem Leitmotiv in Walter-Buschs Werk werden. Der Sozialkontext der Hochschule St. Gallen wirkte aber auch insofern prägend, als zweitens die Grenzen einer weiteren Verwissenschaftlichung der Praxis absehbar wurden. Das St. Galler Managementmodell hatte nochmals einen weiteren Verwissenschaftlichungsschub bewirkt, die Aufbruchstimmung war gross, und man erhoffte sich einen Durchbruch zu einer höheren Stufe von Wissenschaftlichkeit. Je abstrakter die Theorieentwicklung jedoch wurde, desto unbrauchbarer erwies sie sich für die Praxis. Vergleicht man die damaligen Ausflüge in kybernetische Abstraktionshöhen aus heutiger Sicht (Krieg, 1971; Gomez, Malik & Oeller, 1975), so fallt auf, wie Common Sense-nah die Schriften der Autoren inzwischen geworden sind (vgl. z. B. Krieg et al., 2005; Malik, 2006). In diesem Kontext entwickelte sich ein zweites Leitmotiv im Werk von Walter-Busch, nämlich seine Skepsis gegenüber dem sozialwissenschaftlichen Erkenntnisjortschritt. 2 Vorläufer I: Die Kernproblematik der Arbeitszufriedenheitsforschung Zweifellos wurden diese beiden Leitmotive nicht durch den Sozialkontext verursacht, doch zumindest durch ihn begünstigt. In substanzieller Form kristallisierten sie sich im Laufe von Walter-Buschs Auseinandersetzung mit Theorien der Arbeitsmotivation und Arbeitszufriedenheit heraus. Im Rahmen des erwähnten Forschungsprojekts von Professor Lattmann widmete sich Kollege Eckehart Hagen dem sozialempirischen Teil der Erforschung der Arbeitsmotive von Gastarbeitern (Hagen, 1973; Hagen & Walter-Busch, 1974), während sich Walter-Busch dem Projektleiter "das vertrauensvolle Zugeständnis vollkommener Forschungsfreiheit" verdankend (1977a: II) - mit den theoretischen, methodologischen und epistemologischen Aspekten beschäftigte (1975, 1977a, b). Die Ergebnisse dieser Studien verarbeitete Walter-Busch zu einer Habilitationsschrift, mit der er sich 1974 an der Universität Zürich zum Privatdozenten für Sozialpsychologie habilitierte. 1977 ernannte ihn die Hochschule St. Gallen zum Titular- Gefunden unter http://www.faa.unisg.ch/zum_InstitutiMitarbeiter/emil_walter-busch_ site.htm am 10. August 2007. 25 Thomas S. Eberle professor für Sozialpsychologie und angewandte Sozialforschung. Im selben Jahr erschien sein Buch ArbeitszuJriedenheit in der Wohlstandsgesellschaft (1977a), eine überarbeitete Fassung der Habilitationsschrift. Wie bei Mozart findet man Vorläufer und Motive zu Walter-Buschs späterem Werk bereits in seinen frühen Arbeiten. Seine Habilitationsschrift verfolgt drei Zielsetzungen: Erstens will sie einen Gesamtüberblick über sozialwissenschaftliche Forschungsbeiträge zum Thema "Arbeitszufriedenheit" geben. Zweitens schält sie anhand exemplarischer Analysen konkreter betriebspsychologischer sowie organisations- und industrie soziologischer Forschungsansätze die Hauptprobleme der themenrelevanten Forschungsliteratur heraus. Drittens versucht sie die Herkunft, Ursachen und Konsequenzen der unübersichtlichen Theoriesprachenvielfalt in der modemen Arbeitszufriedenheitsforschung zu klären (1977a: I). Damit nimmt Walter-Busch vom üblichen Verfahren Abstand, der Vielfalt bestehender Forschungsansätze einen weiteren, "besseren" Ansatz oder der Vielzahl empirischer Studien noch ein weiteres, "raffinierteres" Untersuchungsdesign hinzuzufügen. Vielmehr will er direkt zur Kernproblematik vordringen, die der gesamten Arbeitszufriedenheitsforschung zugrunde liegt: Warum bestehen nach jahrzehntelanger intensiver Forschung immer noch derart unterschiedliche Auffassungen darüber, was unter "Arbeitszufriedenheit" zu verstehen ist? Wie ist es möglich, dass dieselbe Theorie Herzbergs Theorie der Arbeitszufriedenheit - in über 60 empirischen Untersuchungen in etwa der Hälfte der Fälle bestätigt und zur andern Hälfte widerlegt wird? Warum findet man zu jedem wichtigen sozialen Problem immer unterschiedliche, oft völlig konträre sozialwissenschaftliche Aussagen? Warum können Sozialwissenschaftler nicht, wie es den Naturwissenschaftlern so oft zu gelingen scheint, einen Konsens erzielen und sich auf eindeutige Begriffe sowie auf ein Paradigma einigen, das einen kumulativen Erkenntnisfortschritt ermöglicht? Und schliesslich: Sind die sozialwissenschaftlichen Erkenntnisse zur Arbeitszufriedenheit den Alltagstheorien der Praktiker wirklich überlegen? Walter-Busch versucht diese Fragen zu beantworten, indem er die Entwicklungsgeschichte der Theorie- und Methodenprobleme in der ArbeitszuJriedenheitsforschung nachzeichnet (1977a: 170-274). Dabei erweitert er den Rahmen auf die Beschäftigung mit Arbeitsmotiven überhaupt: Jahrhunderte-, ja jahrtausendelang haben sich die Menschen mit Fragen der Arbeitsmotivation auseinandergesetzt, praktisches Erfahrungswissen gesammelt und Alltagstheorien entwickelt. Es gilt daher auch Common Sense-Interpretationen in die Betrachtung mit einzubeziehen. Menschliche Bedürfnisse und Handlungsorientierungen sind immer sprachlich interpretiert und damit kommunizierbar. Ihre Konsistenz bzw. Komplexität wird vor allem durch Wertsyndrombildung gefördert oder reduziert. Aussagen über Bedürfnisinterpretationen und Wertsyndrome können nun danach unterschieden werden, ob sie überwiegend 1. gelehrtesoterisch, 2. gelehrt-exoterisch, 3. populär-reflektiert oder 4. populär-konkret erfolgen. Gelehrt-esoterische Aussagen sind beispielsweise in philosophischen und wissenschaftlichen Abhandlungen enthalten, die sich an ein Fachpublikum richten, gelehrt-exoterische in Moraltraktaten und Predigten, in Bestsellern und praxisorientierter Managementliteratur, die sich an eine breitere Öffentlichkeit wenden. Populär-reflektierte Aussagen finden sich in Volksliedern, Sprichwörtern, Witzen, Kalendern, Wandsprüchen in Büros usw., während populär-konkrete Interpretationen in der Alltagskommunikation, in Erlebnisberichten, bei Befragungen usw. beobachtet werden können (1977a: 178). In seinen Unterrichtsunterlagen stellt Walter-Busch die vier Typen später als Pyramide dar, wobei die populär-konlaete Alltagsorientierung (die ja auch irgendwie am "realsten" erscheint) die unterste, gleichsam tragende Schicht bildet, von 26 Auf den Spuren von Emil Walter-Busch der sich die darüber liegenden Schichten durch "zunehmende Reflektiertheit und Alltagsfeme" unterscheiden. Anhand dieses einfachen heuristischen Schemas macht Walter-Busch deutlich, worin das Innovative seines Forschungsansatzes bestehen wird: in der synoptischen Sicht auf die vier Wissenstypen. Wissenschaft und Alltagsleben wurden bis anhin weitgehend als zwei getrennte Sphären wahrgenommen. Entsprechend hat die Geistesgeschichte ihren Blick in der Regel auf die gelehrt-esoterischen Reflexionsprodukte des Menschen beschränkt, während sich die Sozialgeschichte dem Alltagsleben widmete. Die zwei dazwischen liegenden Reflexionsebenen bleiben dabei weitgehend unbeachtet. Nach Walter-Busch hat jedoch jede Wissensart ihre Entwicklungs- und auch Sozialgeschichte, und vor allem sollten sie als zusammengehörig und in ihrer Wechselbeziehung betrachtet werden. Daher setzt er dazu an, die vier Wissensarten in ihrem Gesamtzusammenhang und ihren Wandlungsprozess sowohl immanent-theoretisch als auch sozialhistorisch zu analysieren. Damit erweitert sich der Kreis der zu berücksichtigenden Quellen stark: "In den arbeits geschichtlich grösstenteils noch unerschlossenen Archiven von Firmen und Behörden gibt es ( ... ) zahlreiche Dokumente (Korrespondenzen, Visitationsberichte, Sitzungsprotokolle, Verträge, Fabrikordnungen, Personalakten etc.), die arbeitsmotivationstheoretisch oft sehr interessant sind. Eine originelle soziologisch-historische Entwicklungsgeschichte moderner Arbeitsmotive sollte sich eigentlich auch auf die Auswertung ausgewählter Beispiele solcher Dokumente stützen" (1977a: 180). Damit ist das Grundprogramm für das spätere Werk umrissen, das sich auf aufwändige Archivrecherchen stützt. Doch schon in der Habilitationsschrift entwirft Walter-Busch "eine historisch-soziologische Skizze der Entwicklung moderner Arbeitsmotive und ihrer vorwissenschaftlichen und wissenschaftlichen Interpretationen" (ibid.). Zunächst arbeitet er "die historisch wirksamsten neuzeitlichen Wertsyndrome" heraus, "um jenen Traditionshintergrund zu verstehen, der auch heute noch Spielräume arbeitsmotivationstheoretischer Argumentation festlegt" (l977a: 185). Darauf folgen eine kurze Sozialgeschichte der Entwicklung menschlicher Beziehungen in wichtigen neuzeitlichen Arbeitsinstitutionen und eine Beschreibung des neuzeitlichen Säkularisierungs- und Verwissenschaftlichungstrends, der immer weitere Denkbereiche erfasst. Damit sind die Grundlagen gelegt, um "die zentrale Frage nach den sozialen Voraussetzungen und Funktionen moderner betriebspsychologischer und industriesoziologischer Forschung" zu beantworten (1977a: 214). Der Autor beschreibt "die Entstehung der modemen Wertsyndromkonstellation in der Diskussion arbeitsbezogener Bedürfnisinterpretation im industriösen 18. und industriellen 19. Jahrhundert" (1977a: 228 ff.) anhand produktionsorientiert-liberaler, menschenorientiert-liberaler sowie antiliberaler, darunter konservativer, sozial-radikaler oder sozialistischer Positionen. Die definitive Verwissenschaftlichung der Diskussion arbeitsbezogener Bedürfnisinterpretation erfolgte dann im 20. Jh. Sie wurde begünstigt erstens durch den sich fortsetzenden allgemeinen Säkularisierungs- und Verwissenschaftlichungstrend, zweitens durch den Trend zur Bürokratisierung (bzw. Formalisierung) sowie Verwissenschaftlichung moderner Betriebsführung und drittens durch die allmähliche Entspannung der sozialen Frage infolge der Institutionalisierung der Sozialpartner-Beziehungen und sozialstaatlichen Ausgleichsmassnahmen. Wurden Fragen der Arbeitsmotivation und Arbeitszufriedenheit im 19. Jh. vor allem im Lichte gesellschaftspolitischer, insbesondere klassenkämpferischer Wertsyndrome thematisiert, wird die soziale Frage nun zunehmend psychologisiert. Die betriebspsychologische Verwissenschaftlichung von Problemlösungsprinzipien, verbunden mit dem szientifischen Selbstverständnis "un- 27 r Thomas S. Eberle parteiischer Wissenschaftlichkeit", scheinen im 20. Jh. die nicht-wissenschaftlichen Wissensarten immer mehr zu verdrängen respektive zu überformen. Wie die Analyse einiger zentraler betriebspsychologischer, organisationstheoretischer und industriesoziologischer Ansätze jedoch zeigte (1977a: 15-169), hat die zunehmende Verwissenschaftlichung des Diskurses zur Arbeitsmotivation und Arbeitszufriedenheit weder zu eindeutigen, unbestreitbaren Aussagen, noch zu einem kumulativen Erkenntnisfortschritt geführt. Der Hauptgrund liegt darin - so Walter-Buschs Fazit -, dass sozialwissenschaftliche Theorien und Modelle unter einem sozialempirischen Begrnndungsdejizit leiden, das auf drei Methodenprobleme zurückzuführen ist: auf das Mess-, das Erldärungs- und das Wertproblem. Das sozialwissenschaftliche Messproblem besteht darin, dass Validitäts fragen nicht ebenso befriedigend lösbar sind wie in den Naturwissenschaften, da der zu messende Eigensinn menschlichen Handelns ungemein vieldeutig sowie historisch variabel ist. Das sozialwissenschaftliehe Erklärungsproblem besteht darin, dass die Erklärungskraft sämtlicher Kausalmodelle der Sozialwissenschaften gering ist; ihre allgemeinsten Gesetze sind, wie schon Max Weber festhielt, die inhaltsleersten und wertlosesten: Sie bleiben im konkreten Anwendungsfall stets spezifizierungsbedürftig. Das sozialwissenschaftliche Wertproblem besteht darin, dass weltanschauliche Fragen nicht in derselben Weise ausgeklammert werden können wie in naturwissenschaftlichen Forschungsprozessen; in den Sozialwissenschaften treten Wert- als Sachaussagenprobleme auf, indem normative Prämissen die Inhalte sozialwissenschaftlicher Argumente mitbestimmen: über (wertsyndromkonforme) Problemauswahl und Forschungsdesigns, über die Auswahl des Erhebungsobjekts und der Variablen, über die gewählten Grundbegriffe und deren Operationalisierung, über das "weggelassene Übrige", usw. In ihrem gegenseitigen Zusammenhang wirken die drei Methodenprobleme problemverschärfend und erldären, warum in den Sozialwissenschaften kein kumulativer Erkenntnisfortschritt möglich ist und weiterhin eine Vielzahl oft inkompatibler Theoriesprachen koexistieren (Walter-Busch, 1977a: 278 fi). Walter-Busch hat damit nicht nur die Kernproblematik der Arbeitszujriedenheitsforschung, sondern der angewandten Sozialjorschung überhaupt beschrieben. In seinen zusammenfassenden Schlussfolgerungen skizziert er, welche Konsequenzen aus dieser Problemlage zu ziehen sind und wie er sich selbst positioniert (1977a: 276-285) - Überlegungen, die er im folgenden Buch weiterentwickelt und präzisiert. 3 Vorläufer 11: Ein Wegweiser durchs Labyrinth der Humanwissenschaften Gleichzeitig mit der Habilitationsschrift publiziert Walter-Busch einen Wegweiser durch das Labyrinth der Humanwissenschaften (1977b), einen Leitfaden für Studierende der Geistes- und Sozialwissenschaften. Im ersten Teil legt er einen "kommentierten Prospekt der modemen Humanwissenschaften" vor, indem er nach einem Überblick über das "Fächersystem moderner Gelehrsamkeit" in die Fragestellungen und Problemlagen zweier geisteswissenschaftlicher (Philosophie und Geschichte) und zweier sozialwissenschaftlicher Fachperspektiven (Soziologie und Psychologie) einführt und am Beispiel der Sozialpsychologie und der Literatursoziologie auf fruchtbare Verbindungen hinweist. Im zweiten Teil stellt er einige Kontroversen in der Theologie und den Sozialwissenschaften vor und zeigt Parallelen zwischen ihnen auf. Im dritten Teil erörtert er ausführlich die Ursachen des sozialempirischen Begründungsdefizits und 28 Auf den Spuren von Emil Walter-Busch der Theoriesprachenvielfalt in den Sozialwissenschaften. Im Unterschied zu zahlreichen anderen Lehrbüchern, die in eine Vielzahl theoretischer Ansätze einführen und den Leser meist etwas ratlos zurücklassen, weist Walter-Busch den Weg zu einem adäquaten Selbstverständnis als Sozialwissenschaftler(in). Dazu gehört der Abschied von einer szientifischen Forschungsstrategie, die das Ziel verfolgt, allgemeingültige, logisch-deduktive und wenn möglich mathematisierte Theorien zur Erklärung sozialwissenschaftlicher Tatbestände durch immer ausgeklügeltere Verfahren der Datenerhebung und Datenanalyse zu entwickeln. Aufgrund des sozialempirischen Begründungsdefizits enthalten sozialwissenschaftliehe Aussagen unvermeidlich einen Bedeutungsüberschuss und sind auf der Basis anderer theoretischer oder methodologischer Prämissen immer bestreitbar. Die verbreitete Diagnose, dass die Sozialwissenschaften im Vergleich zu den (reifen) Naturwissenschaften ,jünger" und daher noch "unreif' seien, verfehlt daher den entscheidenden Punkt: Sie ignoriert, dass das sozialempirische Begründungsdefizit konstitutiv und nicht elirninierbar ist, und suggeriert stattdessen, die Sozialwissenschaften seien auf dem Wege zum Reifegrad der Naturwissenschaften und könnten diesen eines Tages erreichen. WalterBusch hält daher den Ruf nach einer (imperialen) Einheitswissenschaft für unangebracht und schlägt vor, in den Sozialwissenschaften lediglich von "Quasi-Paradigmen" zu sprechen, um den Unterschied zum Paradigmenbegriff Thomas Kuhns terminologisch zu kennzeichnen: Im Unterschied zum naturwissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt gibt es innerhalb der Sozialwissenschaften weder einen Konsens in Bezug auf ein einheitliches Paradigma, das eine "Normalwissenschaft" erlauben würde, noch fmden revolutionäre ErkenntnissprÜllge aufgrund von Paradigmenwechseln in dem Sinne statt, wie Kuhn dies in seiner historischen Analyse der Naturwissenschaften beschrieben hat. Die sog. "Unreife" der Sozialwissenschaften ist vielmehr konstitutiv, der Theorienpluralismus unvermeidlich und der Erkenntnisfortschritt nichtkumulativ. Walter-Busch rät daher zu mehr Bescheidenheit im Erkenntnisanspruch wissenschaftlicher Aussagen sowie entsprechend der skeptischen Methode von Kant dazu, sich stets die Grenzen der Aussagekraft sowie die Voraussetzungen sozialempirischer Argumente zu vergegenwärtigen, überschwängliche BegrÜlldungsansprüche zurückzuweisen und sich in normativen Kontroversen erst Mal des Urteils zu enthalten. Da stets eine Mehrzahl inkompatibler Wertsyndrome vernünftig begründbar sind, empfiehlt sich auch gegenüber dem sozialwissenschaftlichen Theorienpluralismus eine tolerante Haltung. Walter-Busch schliesst mit einem "Plädoyer für eine Demokratisierung der Humanwissenschaften" (1977b: 256-284). Er argumentiert, dass die Sozialwissenschaften andere Kommunikationsprobleme hätten als die Naturwissenschaften: Letztere sehen sich intern dem Problem der Wissensexplosion und extern dem Problem der Laien- und Schülerbelehrung gegenüber; stattdessen sind die Sozialwissenschaften intern mit dem Schulenstreit und extern mit der Aufgabe der pragmatischen Laien- und Gelehrten- sowie der Schüleraufklärung konfrontiert. Alle Überhöhungs- und Täuschungsstrategien sozialwissenschaftlicher Praxisberater können nicht darüber hinwegtäuschen, dass Humanwissenschaftier vom Erfahrungsschatz und den Alltagstheorien der Praktiker mindestens ebenso sehr profitieren wie die Praktiker vom menschenbezogenen Fachwissen der Gelehrten. Sozialwissenschaftliches Fachwissen und Praktikerwissen können also durchaus als gleichberechtigt angesehen werden, und längerfristig - so die Vermutung Walter-Buschs - dürften "aus den praxisorientierten Sozialwissenschaften allzu naive, unrealistische Vorstellungen vom humanwissenschaftlichen Theorie-Praxis-Verhältnis allmählich verschwinden" (1977b: 273). Mit dem sozialempirischen Begründungsdefizit und seinen Implikationen und Konsequenzen ist die Kernproblematik identifiziert, die alle 29 Auf den Spuren von Emil Walter-Busch Thomas S. Eberle Humanwissenschaften teilen. Sie begründet die viel beschworene und verloren geglaubte Einheit der Humanwissenschaften auf neue Weise: nicht durch einen Theorienmonismus, sondern durch das geteilte Verständnis einer gemeinsamen Grundproblematik. 4 Mitläufer: Empirische Studien zur regionalen Lebensqualität Walter-Buschs voraussetzungslaitische, skeptische Haltung gegenüber sozialwissenschaftlichen Erkenntnissen darf nicht mit einem forschungs lähmenden Skeptizismus verwechselt oder mit der Devise Feyerabends "alles ist möglich" gleichgesetzt werden. Einerseits zeigte er zwar anhand angesehener empirischer Studien immer wieder auf, wie die aus den präsentierten Daten gezogenen Schlussfolgerungen auch ganz anders gewendet und oft in ihr Gegenteil verkehrt werden können. Andererseits hielt ihn das Messproblem nicht davon ab, selbst im gros sen Stil empirische Daten zu erheben: Drei Mal fuhrte er Schweizerische Relautenbefragungen2 durch, in denen er in einem innovativen Forschungsdesign objektive Faktoren mit subjektiven Einschätzungen der örtlichen Lebensqualität kombinierte (Walter-Busch, 1980, 1988, 1997). Dank der Vollerhebung bei 21000 bis 33000 Befragten konnten 26 Kantons- und 106 Regionenprofile erstellt werden, die interessante Quer- und Längsschnittvergleiche ermöglichten. Auch bei diesen gross angelegten quantitativen Studien bleibt Walter-Busch seinem Grundprinzip einer vorsichtigen, voraussetzungslaitischen und skeptisch zurückhaltenden Dateninterpretation durchgehend treu. Bereits im Labyrinth hält er "philosophisch-wissenschaftstheoretischen Hinterfragungsstrategien" entgegen, "dass es unabhängig von normativen Beurteilungsfragen zunächst einmal einfach sehr wesentlich wäre, die harten Fakten als solche zu erheben" (1977b: 259). Anhand einer heuristischen Unterscheidung zwischen sozialwissenschaftlichen Grund-, Kern- und Faktenbegriffen argumentiert er, dass in Bezug auf Letztere keine prinzipiellen Gültigkeitsvorbehalte erhoben werden können. Faktenbegriffe sind solche, die eindeutige Sachverhalte bezeichnen, wie Geschlecht, Alter, monatliches Nettoeinkommen usw. Demgegenüber bezeichnen Kembegriffe komplexere Sachverhalte, wie Volkseinkommen, Intelligenz, Schichtzugehörigkeit, fUr die sich aber bestimmte Messverfahren durchgesetzt haben. Allerdings bleibt stets eine offene Frage, inwieweit die etablierten Messverfahren auch gültige Daten produzieren. Das grösste Problem stellen die Grundbegriffe dar, die ungefahre Sachverhalte bezeichnen, bei denen es aber schwer fallt, gültige Verfahren zu ihrer Operationalisierung festzulegen (1977b: 230 ff.). Das sozialempirische Begründungsdefizit bezieht sich primär auf sozialwissenschaftliche Aussagen, die mit theoretischen Grundbegriffen operieren, und sekundär auf solche mit Kembegriffen. Die Sozialwissenschaften haben aber gegenüber den Geisteswissenschaften gerade deshalb an Boden gewonnen, weil sie Daten zu konlaeten Sachverhalten produzieren und damit kognitiv handlungs orientierende Funktionen erfüllen (1977b: 258 ff.). 2 30 Die 1971 entstandene Tradition der "Pädagogischen Rekrutenprüfungen" steht externen Sozialwissenschaftlern offen, die Rekmten über ein allgemein interessierendes Thema befragen möchten. 5 Erstes Buch der Trilogie: Das Auge der Firma Die Studien zur regionalen Lebensqualität vermochten Walter-Busch zwar ebenfalls zu begeistern (1997: xli), doch sein Herzblut galt den sl~zzierte~ sozia~wissenscha:tshistoris~h.en Fragestellungen. Seine unermüdliche ForschungsarbeIt fand Ihren NIederschlag In den dreI 1m Folgenden beschriebenen Büchern seines Hauptwerks. Auch in Bezug auf die Organisationsforschung bildet die Frage nach dem sozialwissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt das Leitmotiv. So beginnt das Auge der Firma (1989), das erste Buch seiner Trilogie, mit der Erörterung der Kluft zwischen dem imaginierten (bzw. deklarierten) und realen Erkenntnisfortschritt der Sozialwissenschaften. Walter-Busch zeichnet ein "Abstandschema" zwischen Common Sense-Wissen (inkl. Alltagstheorien und Sprichwort-Wahrheiten), sozialwissenschaftlichen und naturwissenschaftlichen Theorien. Die Erklärungslaaft im Sinne des neuzeitlichen Methodenideals ist beim Common Sense-Wissen am geringsten, bei naturwissenschaftlichen Theorien am höchsten. Die Sozialwissenschaften - besonders ihre szientifischen Vertreter - verorten sich selbst gerne in der Nähe der Naturwissenschaften, mit deutlichem Abstand zum Common Sense. Nach der Einschätzung von Walter-Busch verhält es sich indes genau umgekehrt: Die Sozialwissenschaften befinden sich weit weg vom neuzeitlichen Methodenideal und nahe am Common Sense. Wie die Erkenntnisse des Common Sense sind auch sozialwissenschaftliche Erkenntnisse endoxa, bestehen I1lso aus bloss wahrscheinlichem, meinungsmässigem Wissen, das von den Gebildeten als richtig, d. h. vernünftig begründbar beurteilt wird. Walter-Busch erblickt nun eine reizvolle Aufgabe darin, die Zusammenhänge zwischen sozialwissenschaftlichen und ihnen entsprechenden nichtwissenschaftlichen endoxa sozialhistorisch zu rekonstruieren. Sein neues Forschungsziel ist eine Topik sozialwissenschajtlieh er Argumentationsformen. Orientiert an der Produktion und Verbreitung wissenschaftlichen Fachwissens von praxisorientierten Wissenschaften (wie Managementlehre, Psychotherapie, Theologie oder Ingenieurwissenschaften) unterscheidet Walter-Busch nun die vier folgenden Wissensarten, die ihrerseits in konlaete Sozialkontexte, d. h. in Handlungs- und Interessenzusammenhänge eingebunden sind: das Laien- und Betroffenenwissen (A), das Praktikerwissen (B), das wissenschaftliche Fachwissen (C) sowie das Wissen von Vorbild- und Konkurrenzdisziplinen (D). In Bezug auf die Sozialwissenschaften (bzw. "die historischen Traditionen") plädiert er dafür, die drei Wissensarten A-C als gleichberechtigt zu betrachten und daher echt dialogische, wechselseitige Kommunikations- und Lernprozesse zwischen allen Wissensarten zu pflegen, und zwar historisch, interdisziplinär wie transdisziplinär. Insbesondere favorisiert er das Prinzip der synoptischen Lektüre transdisziplinär zusammengehörender Texte, also beispielsweise der Texte sowohl von Fachwissenschaftlern, Praktikern als auch Laien und Betroffenen zu einem bestimmten Problernkomplex. Gleichzeitig soll eine Sozialkontextlektüre erfolgen, also eine Metakommunikation über die Sozialkontexte von Texten, damit in diesen argumentative Konsequenzen ihres sozialen Entstehungs- und Verwendungszusammenhangs identifiziert werden können. Vor diesem Hintergrund wird die Herausbildung der Diskursmacht der Sozialwissenschaften erkennbar - und laitisch überprüfbar: Prioritäts ansprüche sozialwissenschaftlicher Forschung erweisen sich oft als wissenschaftlich wie sozial problematische Ausgrenzungsentscheide mit entsprechenden kognitiven und sozialen Folgeproblemen. Als Untersuchungsobjekt eignet sich das System modemen Managementwissens besonders gut, weil hier das Praktikerwissen (B) und das wissenschaftliche Fachwissen (C) einander weder vollständig 31 Thomas S. Eberle ersetzen noch entbehren können und gleichermassen eigensinnige sowie ungefähr gleichrnächtige Wissensarten sind (1989: 1-26). Im Auge der Firma (1989) legt Walter-Busch daher eine sozialhistorische Rekonstruktion der Hawthorne-Studien, der Entstehung der Human-Relations-Bewegung sowie ihrer Einbettung in den Sozialkontext der Harvard Business School vor. Damit wählte er aus der Geschichte der angewandten Sozialforschung eine der berühmtesten Studien überhaupt, die nicht zu erwähnen sich noch heute kein Lehrbuch der Betriebs- und Organisationspsychologie und -soziologie leisten kann. Gleichzeitig gibt Walter-Busch auch seinen persönlichen Forscherhabitus zu erkennen: Er liebt es, in alten Archiven jene Originalquellen zu konsultieren, die den theoriegeleiteten Dateninterpretationen bekannter Forschungsberichte zugrunde liegen, und gleichzeitig auch Dokumente aufzuspüren, die bisher unbeachtet und unpubliziert blieben und ein neues Licht auf die empirischen Sachverhalte werfen. So durchforstete er von 1980 bis 1986 jedes Jahr amerikanische Archive, die gedruckte und ungedruckte Quellen zur Human-Relations-Bewegung enthielten, und zwar Texte von Sozialwissenschaftlern wie von Praktikern. Ergänzend suchte er in französischen und schweizerischen Archiven nach Materialien zu europäischen Parallelentwicldungen (1989: V). Als Resultat seiner aufwändigen Recherchen legt er die wohl detailgetreueste Rekonstruktion der Hawthorne-Experimente und ihrer theoretischen Interpretationen in den je spezifischen historischen Sozialkontexten vor (1989: 27-171). Hauptziel des Autors ist es zu lernen, wie in den anwendungsorientierten Sozialwissenschaften Forschungsfortschritte funktionieren. Sorgfältig zeichnet er nach, welche Rolle die Hawthorne-Experimente in der Erfolgsgeschichte der Harvard Business School spielten; welche Praktiken der Preisgabe und Zurückhaltung von Information die beforschten Arbeiterinnen verwendeten und wie diese Informationen von den Forschern interpretiert wurden; welche Gelehrten mit welchen Ideen welchen Einfluss hatten und der Human-Relations-Bewegung immer wieder eine neue Wendung gaben u.v.a.m. Walter-Busch entdeckt auch Topoi, die in der verhaltenswissenschaftlichen Organisationsforschung damals wie heute eine zentrale Rolle spielten und spielen. So können drei typische Entwicklungstendenzen der Organisationspsychologie und -soziologie der Achtziger Jahre als eine teilweise Wiederkehr zentraler Anliegen des Harvard Hawthorne-Ansatzes interpretiert werden: die Renaissance der qualitativen Organisationsforschung, die Betonung der symbolischen Sinndimension von Organisationsprozessen und das Konzept organismischer Selbstorganisationsmodelle. Walter-Busch sieht sich aufgrund seiner Ergebnisse im methodischen Entscheid bestätigt, in Abgrenzung zu Foucaults theoretisch grossformatiger Diskursanalyse auf einen theoretisch kleinformatigen, pluralistisch-offenen Ansatz mit grossem empirischen Fassungsvermögen zu setzen. Von einer derart angesetzten Topik sozialwissenschaftlicher Argumentationsformen verspricht er sich erstens einen Beitrag zur Klärung perennierender Theorie- und Methodenprobleme sozialwissenschaftlicher Forschung und zweitens eine Verbesserung unserer Fähigkeit, zeittypische Sozialkontextfragen und -antworten - das was man früher "Zeitgeist" nannte - im Denken der Sozialwissenschaftler zu beschreiben (1989: 172-203). 32 Auf den Spuren von Emil Walter-Busch 6 Zweites Buch der Trilogie: Organisationstheorien von Weber bis Weick Im zweiten Buch seiner Trilogie erstellt Walter-Busch einen Wegweiser durch die Organisationstheorien von Weber bis Weick (1996). Angesichts der verwirrenden Vielfalt des organisationstheoretischen Feldes verfolgt er das Ziel, jene Einsichten der Klassiker herauszuarbeiten, die trotz der sich heutzutage immer rascher ablösenden Modewellen der Managementpraxis Bestand haben. Orientiert am Originaltextprinzip will er darstellen, was Organisationsforscher unter welchen Umständen wann wirklich gesagt bzw. geschrieben haben. Wiederum bedient er sich einer transdisziplinären Perspektive, bezieht also neben organisationstheoretischem Fachwissen auch Common Sense-Erfahrungen und Praktikerwissen in seine Betrachtungen mit ein und beschreibt die Sozialkontextbezüge der einzelnen Diskurse. Bevor Walter-Busch konkrete Exempel der Organisationsforschung vorstellt, thematisiert er die Standorte und Standards verschiedener Arten des Wissens über Organisationen. Trotz der Verwissenschaftlichung des Organisations- und Managementwissens im 20. Jahrhundert sindso seine These - Common Sense und Praktikerwissen auch heutzutage von unverminderter Bedeutung. Seit Beginn der 1970er Jahre sind nämlich die Grenzen einer Verwissenschaftlichung der Management- und Organisationspraxis absehbar: Die zunehmende Elaboriertheit wissenschaftlicher Theorien mündet nicht in bessere Praxisempfehlungen, sondern in mehr Praxisferne Theoretiker schreiben für Theoretiker und orientieren sich nicht an den Bedürfnissen der Praktiker, sondern an den relevanten Kriterien der Scientific Community. Praktiker stehen abstrakten Theorien zu Recht skeptisch gegenüber und orientieren sich an eigenen und tradierten Erfahrungswissensbeständen, die aus pragmatischem Rezeptwissen und Regeln der prudentia bestehen. Das Textgenre populärwissenschaftlicher Literatur, z. B. in Form von Management-Ratgebern, das die Brücke zwischen Theorie und Praxis schlagen will, hat nur begrenzten Verrnittlungserfolg, entpuppen sich doch die jeweiligen Zuordnungen von theoretischen Konzepten zu praktischen Orientierungsregeln bei genauerem Hinsehen als unbestimmt, vage und oft willkürlich. Walter-Busch empfiehlt wiederum, die beiden Wissensarten als gleichwertig zu betrachten und sie miteinander in einen dialogischen Austausch zu bringen: Wissenschaftler können von den Praktikern genauso lernen wie Praktiker von den Wissenschaftlern. Dem Prinzip Gleichwertigkeit verschiedener Arten des Wissens stellt Walter-Busch nun auch das Prinzip Gleichwertigkeit verschiedener Generationen des Wissens zur Seite. Trotz der irreversiblen Langfristtrends der Modernisierung, welche die Gesellschaft laufend verändern, gibt es konstante oder wiederkehrende Motive im Nachdenken über Organisationen; man kann daher von klassischen Texten, originaltextnah ausgelegt, ebenso viel über die gegenwärtigen Probleme der Organisationsforschung lernen wie von den neuesten Publikationen. WalterBusch versucht zunächst, die überdauernden Hauptaufgaben der Organisations- und Managementpraxis zu identifizieren: Trotz der unüberschaubaren Vielfalt verschiedenartigster Organisationspraktiken und -theorien habe sich auch das Gedankenschema bewährt, dass die organisationspraktischen Grundprobleme relativ konstant seien. Nach einem Überblick über Methoden und Ansätze der Organisationswissenschaften versucht er dreizehn organisationstheoretische Ansätze anhand der Fragen zu charakterisieren, um deren Beantwortung sie sich primär bemühen (1996: 93-301). 33 Thomas S. Eberle Das Reifestadium der Verwissenschaftlichung der Organisationspraxis, das nach der Pionierphase (bis 1910) und der Aufbauphase um ca. 1970 als dritte Phase einsetzte, beschreibt er als geprägt durch Karl Weicks prozesstheoretische Wende, qualitative Konzepte der Organisationsforschung und der Systementwicklung, die postmodernistische Verkehrung und Vermehrung organisationstheoretischer Perspektiven, konstruktivistische Alternativen sowie die neue Institutionenökonomie. Walter-Busch hält paradigmenmonistische Forschungsstrategien (beispielsweise von ökonomischen Einheitswissenschaftlern) zwar durchaus für vernünftig begründbar, zieht aus seinen Analysen aber das Fazit, dass es auch in Zukunft eine Vielzahl sozialwissenschaftlicher Organisations- und Managementtheorien geben wird und dass diese Theorienvielfalt höchstens vermehrt, jedoch nicht reduziert werden kann. Diesem Sachverhalt sind postmoderne, transversale Verständigungskonzepte angemessener als Integrationsstrategien und Erkenntnisfortschrittsillusionen. Es würde dem organisationstheoretischen Diskurs der Zukunft daher gut tun - so die Empfehlung des Autors wenn er sich nicht an traditionellen Wissenschaftskriterien, sondern mehr an den Grundsätzen einer dialogisch interpretierenden Vernunft orientieren würde (1996: 243-301). 7 Drittes Buch der Trilogie: Faktor Mensch Im dritten Buch seiner Trilogie, Faktor Mensch (2006), beschreibt Walter-Busch Formen angewandter SozialJorschung der Wirtschaft in Europa und den USA, 1890-1950, für deren Materialrecherche er wiederum "viele beglückende Arbeitstage in Archiven der Vereinigten Staaten, Grossbritanniens, Frankreichs, Deutschlands und der Schweiz" (2006: 10) verbrachte. Ziel ist es, am Material denkwürdiger Sozialforschungsexempel erstens zu rekonstruieren, wie Praktiker und Wissenschaftler in der Anfangsphase der Sozialwissenschaften den "Faktor Mensch" in der Wirtschaft thematisiert haben, und zweitens die relativ konstanten Formen der Sozialforschung zu identifizieren, die aktuelle Probleme der Organisations- und Managementforschung ideenhistorisch besser zu reflektieren erlauben. Von "Topik" mag er nicht mehr sprechen, da der Begriff eine Systematik impliziert, die in Bezug auf sozialwissenschaftliche Topoi nicht zu leisten ist. Wiederum verwendet er das Originaltextprinzip, entscheidet sich im Dilemma seichter Breite und schmaler Tiefe zugunsten einer lieber einseitigen, ihre Fälle aber sorgfältig dokumentierenden Fallauswahl und präferiert im Zweifelsfall die unbekannteren (aber nicht unbedeutenderen) Pioniere, darunter typischerweise vor allem Frauen. So entsteht eine reichhaltige Dokumentation, in der die Sozialforschungsformen anhand konkreter Texte von rund 20 herausragenden Persönlichkeiten herauskristallisiert werden, deren sechs als Unternehmer und Topmanager, deren vier als Gründer und Leiter gemeinnütziger Organisationen, deren zwei als Spitzenpolitiker und deren zwölf als Sozialwissenschaftler und Philosophen (und teils in mehreren Funktionen) tätig waren. Dabei wird die Einbettung der einzelnen Texte in den Sozialkontext - insbesondere in die involvierten gesellschaftlichen Institutionen - einerseits und in die Lebens- und Werkgeschichte der Autorinnen und Autoren andererseits wiederum sorgfältig herausgearbeitet. Das Prinzip Gleichwertigkeit verschiedener Wissensarten wird zugespitzt auf das Diktum, in sozialwissenschaftlichen Texten speziell darauf zu achten, wo nicht fachwissenschaftlich (also theoretisch oder empirisch), sondern lediglich mit Alltagstheorien des Common Sense argumentiert wird. Des Weiteren sollen auch vermehrt die Präsentationsformen von Forschungsbefunden beachtet werden, etwa die von Sozialwissenschaftlern verwendeten Rhetoriken wissenschaftlicher Objektivität. 34 Auf den Spuren von EmU Walter-Busch Auch dieses Buch beeindruckt durch den Detailreichtum der materialen Analysen, in denen die einzelnen Diskurse stets sorgfältig kontextualisiert werden, und bildet eine wahre Fundgrube für personen-, werk- und institutionsbezogene Informationen. Als Fazit legt WalterBusch eine differenziertere Version seiner Theorie des sozialwissenschaftlichen Erkenntnisfortschritts vor. Die Basis bildet dabei Musils Unterscheidung zwischen ratioIden und nichtratioIden Gegenständen der Erkenntnis: Ratiolde Tatsachen lassen sich eindeutig beschreiben und vermitteln, ratioldes Erkennen konvergiert daher zur Eindeutigkeit und erlaubt kumulative Erkenntnisfortschritte mit Objektivitätsanspruch (Beispiel Naturwissenschaften). Nicht-ratiolde Tatsachen, wie z. B. der Sinn menschlicher Handlungen, haben unendliche Verweisungszusammenhänge und bestehen in Geschichten, die ihrerseits in viele weitere Geschichten verstrickt sind (Wilhelm Schapp). Nicht-ratioldes Erkennen bleibt daher notgedrungen vage, da jede noch so präzise Aussage auf weitere Sinnschichten verweist. Während vage Aussagen über ratiolde Fakten verbesserungsfähig sind, erlauben präzise Aussagen über nicht-ratiolde Sachverhalte keinen kumulativen Erkenntnisfortschritt, der jenem der Naturwissenschaften ähnlich wäre; vielmehr funktionieren sie entsprechend der Gleichung "Weniges genau + Weniges genau + Weniges genau + (... ) = Vieles, aber ungenau". Wie Walter-Busch am Beispiel von Lazarsfelds Variatentheorie anschaulich zeigen kann, lässt sich ein szientifischer Erkenntnisfortschritt in den Sozialwissenschaften nicht realisieren. Ebenso wenig gelang es der Kritischen Theorie Horkheimers und Pollocks, einen überzeugenden Nachweis der Überlegenheit dialektisch erarbeiteter Erkenntnisfortschritte zu erbringen. Während solche strengen Ansprüche an Erkenntnisfortschritte auf dem Gebiet des Nicht-Ratiolden schwer einlösbar scheinen, kann man allerdings in einem anderen Sinn von Erkenntnisfortschritt sprechen: nämlich wenn sozialwissenschaftliche Forschung innovativ ist oder wenn sie der Gesellschaft wertvolle Dienste leistet. Wenn in den Sozialwissenschaften von Erkenntnisfortschritten die Rede ist, sind meistens (konsensfähige) Fortschritte dieser Art gemeint (2006: 431 ff.). Allerdings führt die Versozialwissenschaftlichung unserer Lebensverhältnisse so auch die immer elaborierteren Methoden und Theorien der Organisations- und Managementforschung nach der Einschätzung von Walter-Busch "enttäuschend selten zu wirldich neu anmutenden Erkenntnissen" (2006: 9). Die im Faktor Mensch vorgelegten exemplarischen Analysen versuchen, "durch die Doppelbewegung der Expansion von Alltagswissen und der Reduktion sozialwissenschaftlichen Fachwissens ( ... ) die Motive des Common Sense herauszuarbeiten, die sozialwissenschaftliches Fachwissen mit dem Alltagswissen von Praktikern und Laien verbinden" (2006: 449). Sie zeigen anschaulich, dass sozialwissenschaftliche Theorien und Methoden mit Alltagstheorien eng verschränkt sind und als akademisch verfeinerte Äquivalente und Ergänzungen des Common Sense betrachtet werden können. So schliesst WalterBusch denn mit der These (und deren Begründung), die angewandten Sozialwissenschaften würden derart viele Ähnlichkeiten zur Argumentation vormoderner Commonplace-Books aufweisen, dass man sie generell die "Commonplace-Books der Modeme" nennen könne. Er illustriert dies anhand einiger "weltanschaulicher Orientierungsfiguren von Raymundus Lullus bis McKinsey" (2006: 443) und findet in Bezug auf deren Formen und Funktionen auffallende Parallelen. Die gegenwarts- und zukunftsorientiert forschenden Sozialwissenschaften liefern Orientierungsbedürftigen die loei communes, die man in der Vormoderne noch vergangenheitsorientiert antiken Klassikerschriften entnahm. Bei all dem bleibt der Common Sense das Sprachrohr der Vernunft, nicht nur im Alltagsleben, sondern auch gegenüber den Verführungen unseres Verstandes durch sozialwissenschaftliche Forschung (2006: 437-450). 35 Thomas S. Eberle 8 Rück- und Ausblick Wie in der Wissenschaftsgeschichte, gibt es auch in der Werkentwicklung von Emil WalterBusch bemerkenswert konstante Leitmotive. Im Zentrum steht die wissenschaflshistorische Suche nach sozialwissenschafllichen Argumentationsformen, die vom Prinzip der Gleichwertigkeit verschiedener Arten und Generationen von Wissen ausgeht und die wiederkehrenden Motive und Denlifiguren (Topoi) herausarbeitet, die auch heute noch Gültigkeit haben. Sein Ansatz ist transdisziplinär, setzt also auf Dialog und gegenseitige Lernprozesse zwischen Laien, Praktikern, Sozialwissenschaftlern und Vertretern von Konkurrenzdisziplinen. Die Sozialwissenschaften befassen sich vorwiegend mit nicht-ratioi'den Gegenständen, welche nicht isolierbar, sondern in zahllose narrative Sinnverweisungen verstrickt sind. Sozialwissenschaftliche Erkenntnisse leiden aufgrund des Mess-, Erklärungs- und Wertproblems unter einem sozialempirischen Begründungsdefizit bzw. unter einem Bedeutungsüberschuss, der konstitutiv, also nicht eliminierbar ist. Darin liegt die Ursache der unvermeidlichen Theorienvielfalt sowie der Tatsache, dass sozialwissenschaftliche Aussagen jenseits reiner Faktenfeststellungen immer bestreitbar sind und in den Sozialwissenschaften im Unterschied zu den naturwissenschaftlichen Vorbilddisziplinen kein kumulativer Erkenntnisfortschritt möglich ist. Sozialwissenschaftliche Erkenntnisse sind auch von zahlreichen, oft übersehenen Motiven des Common Sense durchwoben. Obwohl die Leitmotive im Werk von Walter-Busch eine grosse Konstanz aufweisen, sind die Argumente nicht einfach repetitiv, sondern werden in jeder neuen Publikation weiterentwickelt. Die vorliegende Beschreibung solcher Kernaussagen kann dem Werk Walter-Buschs allerdings nicht gerecht werden; sie stellt vielmehr eine Umschreibung (gloss) im Sinne Garfinkels (1967) dar, welche die konstitutiven Details, also das, was das Werk eigentlich ausmacht, erst gar nicht in den Blick kriegt. Die Relevanz und Ergiebigkeit von Walter-Buschs wissenssoziologischen, wissenschafts- und sozialhistorischen Analysen zeigen sich erst anhand konkreter Beispiele: Etwa wenn man bei den Hawthorne-Experimenten mitverfolgt, wie sich die Diskursmacht der Sozialwissenschaft durch Prozesse der Wissensüberschichtung und der Wissensverdrängung etabliert, indem die Aussagen der Arbeiterinnen aus dem Relay Assembly Testraum durch die Forscher ganz anders interpretiert werden als durch die Arbeiterinnen selbst (1989: 99-122). Oder wenn sich im selben Beispiel zeigt, dass Elton Mayo bestimmte Verhaltensweisen einer Arbeiterin öffentlich anders bezeichnet als privat ("unruhig" vs. "bolschewistisch") (ibid.). Oder wenn man sich beispielsweise in Walter-Buschs Erörterungen von Max Webers Bürokratiemodell (1996: 93-118) oder der "Organisationstheorien im Reifestadium der Verwissenschaftlichung der Organisationspraxis" (1996: 243-302) vertieft. Oder wenn man sich mit den Ausführungen über einen gemeinnützigen Unternehmer (2006: 57-81), einen konlaeten Managementpionier (2006: 83-175) oder einer der Pionierinnen angewandter Sozialforschung, sei es Beatrice Webb oder Mary P. Follett (2006: 178-247) auseinandersetzt. Oder wenn man sich die Anstrengungen Lazarsfelds minutiös vor Augen führt, wie er versucht, den sozialwissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt zu dokumentieren und zu sichern. Dies bedingt eine Lektüre der Originaltexte. Wie die Forschungsergebnisse qualitativer Sozialforschung bestehen auch Walter-Buschs Arbeiten gerade im Detailreichtum ihrer Recherchen und Analysen, und diese konnten hier nicht nachgezeichnet werden. Das Verfahren, Texte biographisch nach dem Zeitindex ihrer Entstehung zu ordnen, hat sich auch im vorliegenden Fall als geeignet erwiesen, um die Werkgenese und -entwicklung zu Auf den Spuren von Emil Walter-Busch rekonstruieren. Selbstverständlich könnte nun auch hier der weitere ideengeschichtliche Entwicklungszusammenhang, in den die Leitmotive von Walter-Busch eingebettet sind, näher untersucht werden. Die Prägung durch die Kritische Theorie beispielsweise ist offensichtlich wenn ~an sich etwa an die Stellungsbezüge im Positivismusstreit (Adorno et al., 1972) er~ innert, msbesondere an Habermas' Aufforderung, die sozialwissenschaftliche Methode durch die Dimension der praktischen Vernunft zu ergänzen und sozialwissenschaftliche Aussagen auf ihre historischen und gesellschaftlichen Voraussetzungen zu prüfen (Habermas, 1972a, b). Auch der Einfluss Dahrendorfs ist spürbar, der mit nüchternem Blick die ideologisch verfestigten Positionen im Methodenstreit analysierte. So hat Walter-Busch berechtigte Anliegen der Frankfurter Schule wohl aufgenommen, auf den abstrakten Theorie-Jargon jedoch vollumfanglich verzichtet; stattdessen hat er sie anschaulich anhand konkreten empirischen Datenmaterials umgesetzt. Seine skeptische Haltung bezog sich alsbald nicht nur auf szientifische Forschungsstrategien, sondern im selben Masse auch auf die Überlegenheitsansprüche der Kritischen Theorie (vgl. 2006: 347-387). Er nahm daher zahlreiche weitere Diskurse auf und spann deren Fäden weiter. Auf diese Rekonstruktion soll hier jedoch verzichtet werden. Au~fallend an Emil Walter-Buschs Werk ist der ausgeprägte Realismus und Pragmatismus, der seme Argumentation durchzieht, und die dominante Stellung, die er dem Common Sense einräumt. Zwar ist seine Belesenheit enorm und wird in seinen Erörterungen auch immer wieder dokumentiert, doch lässt er sich durch philosophische und wissenschaftstheoretische Hinterfragungsstrategien nicht leicht aus der Fassung bringen. So operiert er laufend mit heuristischen Schemata, die für den Alltagsverstand ungemein einleuchtend sind, von diversen modisch-aktuellen Diskursen indes erbarmungslos dekonstruiert würden. Desgleichen fuhrt er sich pompöse Theoriekonstruktionen zwar zu Gemüte, lässt sich punkto Erklärungskraft aber nicht besonders beeindrucken. Sind es einfach weitere narrative Wolken, die über den Elfenbein~rmen der Wissenschaft ~~n Himmel steigen, oder haben sie irgendwelche alltagspraktIsche oder gesellschaftspohtIsche Relevanz? Man mag diese Grundhaltung, die im Werk eher implizit als explizit zutage tritt, wiederum mit den Prämissen der Kritischen Theorie in Verbindung bringen, oder auch etwa mit der in der Soziologie der frühen 1970er Jahre entdeckten Bedeutung des Common Sense. Ebenso prägend dürfte jedoch der familiäre Sozialkontext gewesen sein. Das von der Herkunftsfamilie tradierte Wertsyndrom war konsequent sozialdemokratischen Ideen verpflichtet, also konkreten Praktiken gesellschaftlicher Gestaltung. Die alltägliche Lebenswelt mit den Wissensbeständen und Motiven von Praktikern und Laien scheint für Walter-Busch gleichsam die primäre Wirklichkeit zu bilden während die Theorien und Forschungsprodukte der Sozialwissenschaften eher eine sekund~re Wirklichkeitsschicht bilden. Prägend dürfte auch der Sozialkontext der Fortpflanzungsfamilie gewesen sein. So schreibt Walter-Busch in seiner Habilitationsschrift: "Wie nebensächlich wissenschaftliche Bemühungen am Ende sind, lehrte mich immer wieder meine Frau" (1977a: 11). Ihr widmet er denn auch das Buch, wie später auch weitere Bücher (1989, 2006). Regine Walter ist Künst3 lerin • Sie hat ihren Gatten nicht nur mit der Alltagswelt des Common Sense nachhaltig verbunden, sondern auch mit der die Alltagspraxis transzendierenden Wirklichkeit der Kunst. ~azu pas~t, dass Emil Walter-Busch sich auch sehr für Literatur interessierte. So zeigte er sich Immer WIeder beeindruckt, wie viel treffender sich literarische Darstellungen sozialer Wirk- 3 36 V gl. den Papercut auf dem Buchumschlag dieses Bandes. 37 Thomas S. Eberle lichkeit oft ausnehmen konnten gegenüber den vergleichsweise schalen und sterilen sozialwissenschaftlichen Beschreibungen. Immer mehr beschäftigte er sich denn auch mit Vergleichsstudien von Literatur und Sozialwissenschaft (Walter-Busch, 2005). Wenn nun Emil Walter-Busch die Universität St. Gallen4 verlässt und auch vom Institut für Arbeit und Arbeitsrecht (FAA), dessen Direktor er von 1983-1992 war sowie seit 2000 ist, Abschied nimmt, wechselt er den Sozialkontext. Wird er nun einem genüsslichen Rentnerleben frönen? Wer ihn kennt nimmt an, dass er seine wissenschaftshistorischen Forschungen, die er mit grosser Leidenschaft betrieben hat, mit unerloschener Passion fortsetzen wird. Dabei dürften die Schlusspassagen seines neuesten Buchs, Faktor Mensch (2006), die Anschlussstellen für die weitere Forschungsarbeit bilden. Angekündigt und bislang erst kursorisch durchgeführt ist beispielsweise eine vertiefte Analyse der Präsentationsformen von Forschungs- und Common Sense-Befunden. Nach einer Vertiefung ruft aber auch die Analyse der Topoi und Funktionen des Common Sense, beispielsweise unter Bezugnahme auf die Common Sense-Philosophie. Hatte Walter-Busch zuvor innerhalb des Spektrums der Wissensarten vor allem die Beziehung und Wechselwirkung von wissenschaftlichem Fachwissen und Praktikerwissen thematisiert, widmet sich seine neueste Analyse wesentlich deutlicher dem Common Sense und damit jener Schicht, die gleichsam den Boden seiner ursprünglichen Pyramide verschiedener Wissensschichten bildet. Welchen Fortgang sein weiteres Werk auch immer nehmen wird - man darf nicht nur gespannt sein, man darf sich auch darauf freuen! Literatur Auf den Spuren von Emil Walter-Busch Malik, F. (2006). Führen - Leisten - Leben: Wirksames Managementfür eine neue Zeit (Vol1st. überarb. Neuausg.). Frankfurt am Main: Campus. U1rich, H. & Krieg, W. (1974). St. Galler Management-Modell (3., verb. Aufl.). Bern, Stuttgart: Haupt. Ulrich, H. (1970). Die Unternehmung als produktives soziales System: Grundlagen der allgemeinen Unternehmungslehre (2., überarb. Aufl.). Bern, Stuttgart: Haupt. Walter, E. (1975). Probleme der Wissenschaftstheorie in der Methodenlehre der empirischen Sozialforschung. Zeitschrift für Soziologie, 4, 46-69. Walter-Busch, E. (1977a). Arbeitszujriedenheit in der Wohlstandsgesellschaft. Bern, Stuttgart: Haupt. Walter-Busch, E. (1977b). Labyrinth der Humanwissenschaften. Bern, Stuttgart: Haupt. Walter-Busch, E. (1980). Schweizer Regionenspiegel. Aarau, Frankfurt am Main: Sauerländer. Walter-Busch, E. (1988). Entwicklung der Lebensqualität in der Schweiz, 1978-1987. Aarau, Frankfurt am Main: Sauerländer. 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Kybernetische Grundlagen der Unternehmungsgestaltung. Bern, Stuttgart: Haupt. Krieg, W., Galler, K. & Stadelmann, P. (Eds.) (2005). Richtiges und gutes Management - vom System zur Praxis. Festschrift für Fredmund Malik, mit einem Vorw. von Peter Drucker. Bern, Stuttgart: Haupt. 4 38 Die "Hochschule St. Gallen" wurde in den 1990er Jahren in "Universität St. Gallen" umbenannt, um sie gegen die nun auch in der Schweiz entstandenen Fachhochschulen abzugrenzen. 39 Thomas S. Eberle, Sabine Hoidn, Katarina Sikavica (Hg.) Fokus Organisation Sozialwissenschaftliche Perspektiven und Analysen UVK Verlagsgesellschaft mbH Gedruckt mit fteundlicher Unterstützung des Dr.h.c. Emil Zaugg-Fonds der Universität St. Gallen (HSGj. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-86764-017-6 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. © UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz 2007 Coverabbildung: Regine Walter, Papercut 42x29,5 cm, 2005 Einband: Susanne Fuellhaas, Konstanz Foto von Emil Walter-Busch auf Seite 5: Chris Mansfield, 2007 Druck: Bookstation GmbH, Sipplingen UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz Schützenstr. 24 . D-78462 Konstanz Tel. 07531-9053-0 . Fax 07531-9053-98 www.uvkde Prof Dr. EmU Walter-Busch Inhalt Thomas S. Eberle, Sabine Hoidn und Katarina Sikavica Multiple Perspektiven auf Organisation ....................................................................................... 9 I Theorien von Organisationen Thomas S. Eberle Auf den Spuren von Emil Walter-Busch: Transdisziplinäre Studien zur Sozial- und Formengeschichte der Organisationsforschung ................................................ 23 Chris Steyaert and Pascal Dey Post-Weickian Organization Theory: Notes on the Aesthetics and Politics ofTheorizing ........ 41 TimonBeyes Organisationstheorien von Agamben bis Zizek: Auf dem Basar der Organization Studies ....... 65 Kenneth J. Gergen and Mary M Gergen From Knowledge-Based to Dialogue-Based Management Practice .......................................... 87 Achim Brosziewski Die Wahrheit der Organisation: Zur kommunikativen Funktion von Organisationsbeschreibungen ............................................................................ 10 1 11 Management von Organisationen Katarina Sikavica Useless for Practice? Die Inkommensurabilität in der Corporate Governance-Forschung und ihre Konsequenzen in Bezug auf Wissenschaft und Praxis ............................................... 119 Martin Hilb Der Entwicklungsstand der Corporate Governance in der Schweiz ......................................... 143 Moritz Leuenberger Die Organisation wirtschaftlicher Unternehmen durch die Politik am Beispiel des UVEK: Von der schwierigen Erziehung liebenswerter Töchter aus politischem Hause ....................... 157 Andreas Georg Scherer and William McKinley The Affinity between Free Trade Theory and Postmodernism: Implications for Multinational Enterprises .............................................................................. 167 Johannes Rüegg-Stürm und Simon Grand Handlung und Reflexion in Managementpraxis und Managementforschung: Konturen einer kreativen Beziehung ........................................................................................ 189 7 Inhalt III Organisationen im Wandel Sabine Hoidn Wandel beginnt in den Köpfen - denn sie tun nicht, was sie sollen ........................................ 209 Tina Kiefer and Werner Müller Towards Understanding Identity and Emotions in Ongoing Organizational Change .............. 233 Hans Schmid Kirche im Wandel: Beiträge und Grenzen der Ökonomik ....................................................... 253 Evelyne Angehrn und Revital Ludewig-Kedmi Laienrichter im Spiegel der Zeit: Der "Common Sense" in der Rechtsprechung .................... 269 Thomas Geiser Common Sense, Arbeitspausen und die Vernunft .................................................................... 287 IV Facetten sozialwissenschaftlichen Erkenntnisfortschritts Peter Ulrich Sozialökonomische Bildung für mündige OrganisationsbÜfger: Zur gesellschaftlichen Rekontextualisierung des Wirtschaftsverständnisses ........................... 301 Margit Osterloh Bad for Practice - Good For Practice: Vom Wandel des homo oeconomicus zum Individuum mit prosozialen Präferenzen ............. 319 . Simon Gächter und Christian Thöni Experimente als Methode der empirischen Sozialforschung: Die Untersuchung von Vertrauen und Reziprozität als Beispiel.. ............................................ 339 Alfonso Sousa-Poza and Andres A. Sousa-Poza Job Satisfaction in Organizations and What We Can Learn from the Gender Job-Satisfaction Paradox ............................................................................... 355 Timo Meynhardt Standortbestimmung im "Sturm" des (Erkenntnis-)Fortschritts: Common Sense und informierte Heiterkeit .............................................................................. 365 8