Trendbericht Physikalische Chemie 2006 Wasser hält immer wieder Überraschungen bereit, sei es in molekularen Clustern, als Hydrationswasser an der Oberfläche von Proteinen und Zuckern oder als Eiskristalle in Wolken. Damit wird Wasser auch für die biochemische Forschung und für Klimastudien interessant. Immer vielfältiger werden die Einsatzfelder spektroskopischer Methoden (NMR, EPR, Raman). Physikalische Chemie des Wassers Der kleinste Eiswürfel der Welt Isolierte Aggregate von Wasser in der Gasphase sind Modellsysteme für eine Beschreibung der Eigenschaften von kondensiertem Wasser und Eis auf molekularem Niveau. Wassercluster (H2O)n können erzeugt werden, indem man ein Gemisch von wenig Wasser und einem Inertgas wie Helium im Überschuss durch eine kleine Öffnung in ein Hochvakuum expandiert. Die isolierten ultrakalten Aggregate lassen sich in Abhängigkeit von ihrer Größe spektroskopisch untersuchen. Abbildung 1 zeigt die beobachteten Strukturen solcher kleiner Wasseraggregate. Wasser ist hier noch nicht vollständig tetraedrisch koordiniert wie im Eis und kann als H-Donor und H-Acceptor wirken. Tunnelbewegungen der Wassereinheiten führen zu komplizierten spektralen Aufspaltungen und zeigen die hohe interne Beweglichkeit („floppy structure“) einiger Cluster – insbesondere die „freien“ (nicht über H-Brücken gebundenen) H-Atome sind sehr beweglich. Zum Beispiel führt das H-Acceptormonomer im Wasserdimer spektroskopisch nachweisbar eine Rotation um 180° um seine zweizählige Dreh- achse durch, die zum Austausch seiner beiden Wasserstoffatome führt.1) Trimer bis Pentamer des Wassers sind cyclisch.2) In der Ringform liegt eine maximale Zahl von H-Brückenbindungen vor, bei akzeptabler sterischer Spannung. Im Molekularstrahl bildet das Wasserhexamer eine Käfigstruktur (Struktur n = 6 in Abbildung 1 links),3) während in flüssigen Heliumtröpfchen ein quasiplanares ringförmiges Hexamer (Struktur n = 6 in Abbildung 1 rechts) vorliegt.4) Vermutlich wird Wasser zunächst in die kleineren cyclischen Komplexe sukzessiv eingebaut und die Umwandlung des Hexamers in die stabilere Käfigstruktur durch die sehr schnelle Stoßabkühlung in flüssigem Helium verhindert. Im Molekularstrahl führen dagegen relativ energiereiche Stöße am Anfang der Düsenstrahlexpansion zur Überwindung der Energiebarriere zwischen Ring- und Käfigstruktur. Das Wasseroctamer hat Würfelform mit acht unvollständig koordinierten Wassermolekülen an den Kanten.5–7) Hierbei handelt es sich gewissermaßen um den kleinsten vorstellbaren Eiswürfel. Durch Erweiterung einer Kante des Würfels um jeweils ein H2O-Molekül bilden sich das Wassernonamer und das -decamer. Zu den Strukturen größerer Wassercluster gibt es bisher nur Berechnungen. Sie bauen auf dem Octamerwürfel auf und haben erst in (H2O)12 mit zwei fusionierten Nachrichten aus der Chemie | 55 | März 2007 | www.gdch.de Abb. 1. Strukturen von Wasserclustern (H2O)n in der Gasphase. 285 286 Magazin Physikalische Chemie Abb. 2. Lactose beeinflusst das Wasser in ihrer direkten Umgebung, das sich in seinen kollektiven Schwingungen von normalem Wasser unterscheidet. (H2O)8-Würfeln tetraedrisch koordinierte Wassermoleküle wie im Eis. Spektroskopische Untersuchungen zeigen, dass an der Oberfläche von Eis-Nanokristallen würfelähnliche Strukturen wie die Cluster n = 7 bis 10 oder größere Würfel als Untereinheiten eine Rolle spielen.8) Auch amorphes Eis mit einem hohen Anteil an Mikroporen hat eine signifikante Zahl von unterkoordinierten Wassermolekülen.9) Würfelförmige und cyclische (H2O)8-Cluster konnten fixiert in supramolekularen Komplexen nachgewiesen werden.10) „Nanowasser“ zeigt also verblüffende neuartige Strukturen, die mit den Strukturen von hexagonalem Eis Ih und kubischem Eis Ic zunächst einmal nicht in Zusammenhang stehen. Möglicherweise sind aber die Ringform des n = 6-Clusters (Abbildung 1) und die cyclischen bzw. würfelförmigen Strukturen der n = 4- Abb. 3. In Zirruswolken beobachtete Kristalle von hexagonalem Eis Ih und vermutete oktaedrische Kristalle von kubischem Eis Ic. und n = 8-Cluster Kristallisationskeime für die Bildung von Eis in seinen Strukturmodifikationen. Der Picosekunden-Tanz des Wassers Die vielen ungewöhnlichen Eigenschaften von Wasser sowie seine herausragende Bedeutung für das Leben haben Anlass zu zahlreichen experimentellen und theoretischen Studien gegeben. Wasser spielt eine zentrale Rolle bei der Faltung und Funktion von Proteinen. Eine seit langem diskutierte Frage ist, ob Wasser nur ein passiver Zuschauer oder ein aktiver Mitspieler bei biologischen Funktionen ist. Ältere Studien zeigen, dass die Geschwindigkeit dieser Prozesse, d. h. ihre Kinetik, an die Geschwindigkeit der Solvensfluktuationen gekoppelt ist.11) Neuere theoretische Studien ergaben Hinweise auf die Bedeutung des Wassernetzwerkes in der Umgebung von Biomolekülen für ihre Dynamik.12) Mit Modellierungen wurden z. B Hinweise auf eine Änderung in der PeptidWasser-Kopplung während der Faltung gefunden.13) Während zahlreiche Techniken existieren, die Hydrationswasser auf einer Zeitskala von Mikrosekundenund Nanosekunden untersuchen, sind experimentelle Untersuchungen auf der Zeitskala von Picosekunden immer noch nicht trivial. Simulationen der Molekulardynamik zeigen, dass sich viele wichtige dynamische Änderungen des Hydrationswassers im ps- und sub-psBereich abspielen. Experimentelle Untersuchungen von Hydrationswasser mit fs-Zeitauflösung basieren auf der Verwendung von lokalen Sonden. Mit einem fluoreszierenden Chromophor können Änderungen in der Dynamik des Hydrationswassers in Abhängigkeit vom Abstand vom Protein gemessen werden.14) Dabei setzt man voraus, dass die Sonde die Dynamik des Proteins und des umgebenden Hydratwassers unverändert lässt. In diesem Fall würden die gemessenen Veränderungen der Dynamik tatsächlich den Einfluss des Hydratwassers widerspiegeln. Letzteres wird durchaus kontrovers diskutiert.15) 2D-IR-Techniken weisen die spektrale Diffusion und die Phasenverschiebung einer Vibrationsbande nach, woraus man ebenfalls neue Informationen über Protein- und Wasserdynamik in der Nähe der untersuchten Bindung ableiten kann.16) Die Zugabe von Mono-und Disacchariden stabilisiert Proteine und Membranen im dehydrierten oder gefrorenen Zustand. Der zugrunde liegende molekulare Mechanismus ist Gegenstand von Spekulationen. Rechnungen und IR-spektroskopische Untersuchungen legen nahe, dass Trehalose die Beweglichkeit von Wassermolekülen der Umgebung einschränkt und dadurch die Proteindynamik verlangsamt.16) Im Gegensatz zum statischen Hydrationsradius, der bei Mittelung über längere Zeiträume (z. B. bei Streuexperimenten) gemessen wird, gibt der dynamische Hydrationsradius, der bei Teraherz(THz)-Messungen relevant ist, Aufschluss über die Beeinflussung der Wasserdynamik im Bereich der sub-ps- bis ps-Bewegungen. Dies umfasst TranslationsLbrations- und lokale Netzwerkbewegungen. Kürzlich konnte gezeigt werden, dass THz-Spektroskopie in der Lage ist, die kollektiven Netzwerkschwingungen des Wassers auf der psecund sub-ps-Zeitskala zu messen.17) Nachrichten aus der Chemie | 55 | März 2007 | www.gdch.de Physikalische Chemie Magazin Damit ist es möglich, sehr empfindlich die Veränderungen des Wassers in der Umgebung von Biomolekülen zu bestimmen. Als erstes Beispiel wurde die Beeinflussung der Dynamik am Beispiel von gelöstem Zucker untersucht (Abbildung 2). Ein Lactosemolekül führt zur Verlangsamung von Wasserbewegungen bis zu einem mittleren Abstand von (5,13 ± 0,24) Å von der Oberfläche der Zuckers, das entspricht 123 Wassermolekülen.16) THz-Messungen an gelösten Proteinen zeigen, dass der dynamische Hydrationsradius bei Proteinen eine noch wesentlich längere Reichweite aufweist. Die These, dass die Wasserdynamik in ihrer Umgebung die Funktion von Proteinen entscheidend beeinflusst, bekommt damit aus theoretischer und experimenteller Sicht wieder neuen Auftrieb. Die Quadratur des Eises Die thermodynamisch stabile kristalline Form von Wasser bei Umgebungsdruck ist hexagonales Eis Ih. Auch unter natürlichen Bedingungen in der Atmosphäre findet man vornehmlich Eisteilchen mit hexagonaler Symmetrie, beispielsweise in Form hexagonaler Plättchen oder Säulen in Wolken. Es ist noch eine weitere Modifikation von Eis I bekannt, die kubische Form Ic, die bei Umgebungsdruck metastabil bezüglich der hexagonalen Form Ih ist (Abbildung 3). Bisher gab es nur indirekte Hinweise auf ein Vorkom- Karl men von Eis Ic in der Atmosphäre. Diesen schenkte man keine große Beachtung, da die bis dahin aus dem Labor bekannten Bildungswege für Eis Ic in der Atmosphäre nicht vorkamen. Im Jahr 2005 wurde dann aber in Laboruntersuchungen gezeigt, dass sich bei homogener Keimbildung von Eis in unterkühlten Mikrometer-großen wässrigen Lösungströpfchen tatsächlich vornehmlich kubisches Eis bildet, und zwar bei Temperaturen von 180 bis 200 K, welche in der oberen Atmosphäre durchaus häufig vorkommen (Abbildung 4a). Diese bahnbrechende Entdeckung löste weitere Fragen nach den Eigenschaften und der Lebensdauer von Eis Ic unter atmosphärischen Bedingungen aus. Im vergangenen Jahr konnten nun Shilling et al.18) erstmals mit direkten Messungen zeigen, dass der Dampfdruck von kubischem Eis bei 180 bis 190 K etwa 10 % höher ist als der von hexagonalem Eis (Abbildung 4b). Dieses Ergebnis könnte dazu beitragen, die unerwartet hohen Wasserpartialdrücke zu erklären, die in letzter Zeit innerhalb von Zirruswolken häufig beobachtetet wurden.19) Bisher ist aber noch nicht exakt geklärt, wie schnell sich das metastabile Eis Ic in das stabile Eis Ih umwandelt. Die beschriebenen Umwandlungszeiten variieren abhängig von der Präparationsmethode und den Versuchsbedingungen zwischen wenigen Minuten und vielen Stunden. Man nimmt an, dass verschiedene Umwandlungsmechanismen beteiligt sind, etwa eine Fest-festUmwandlung in kondensierter Phase oder ein über die Gasphase verlaufender Prozess, bei dem Wassermoleküle von kubischen Eiskristallen sublimieren, um auf vorhandenen hexagonalen Eispartikeln zu resublimieren (Abbildung 4a). Kürzlich konnte mit in einer Ölmatrix dispergierten kubischen Eiskristallen gezeigt werden, dass die Festfest-Umwandlung bei Temperaturen von ~230 bis 240 K auf einer Zeitskala von Stunden abläuft.20) Diese Zeiten repräsentieren wahrscheinlich den langsameren von zwei beteiligten Prozessen, wobei in früheren Messungen gezeigt wurde, dass Kleinermanns, Martina Havenith-Ne- Thomas Koop, Jahr- Jahrgang 1950, stu- wen, Jahrgang 1963, gang 1967, studierte dierte in Aachen Che- studierte in Chemie in Duisburg mie und promovierte Bonn und promovier- und promovierte 1996 1978 Göttingen. te 1991 nach Aus- am MPI für Chemie in Nach einem Aufent- landsaufenthalten in Mainz. Nach einem halt bei IBM, San Jose, Berkeley und in Nijme- zweijährigen Postdoc- habilitierte er 1987 in Heidelberg und über- gen. 1997 habilitierte sie sich in Bonn. Seit Aufenthalt am MIT habilitierte er sich nahm 1989 den Lehrstuhl für Physikalische 1998 hat sie den Lehrstuhl für Physika- 2004 an der ETH Zürich. Seit 2004 ist er Chemie an der Universität Düsseldorf. Er be- lische Chemie an der Ruhr-Universität Bo- Professor für Physikalische Chemie an der fasst sich mit Infrarot- und UV-Laserspektro- chum inne. Ihre Hauptarbeitsgebiete um- Universität Bielefeld. Seine Hauptarbeits- skopie an biologischen H-Brücken-gebun- fassen die Infrarotspektroskopie an mole- gebiete sind die Thermodynamik und denen Aggregaten, untersucht ihre Photo- kularen Aggregaten, die Infrarotnanosko- Keimbildungskinetik von Wasser, wäss- chemie sowie Struktur und Funktion von pie an Grenzflächen und die Terahertz- rigen Lösungen und Eis mit Anwendungen Metall-Polymer-Nanoverbundsystemen. Spektroskopie. auf Prozesse in Wolken. in Nachrichten aus der Chemie | 55 | März 2007 | www.gdch.de Physik Abb. 4. a) Verlauf der Bildung einer Eiswolke in einem aufsteigenden Luftpaket, schematische Darstellung. b) Dampfdruck von kubischem Eis18) und hexagonalem Eis in Abhängigkeit von der Temperatur. 287 288 Magazin Physikalische Chemie die hauptsächlichen Strukturänderungen bereits unterhalb von ~205 K stattfinden. Für den Sublimations-Resublimations-Prozess existieren allerdings noch keine genauen Daten. Die Kinetik dieses Prozesses wird unter anderem von der Geschwindigkeit abhängen, mit der Wassermoleküle, die auf die Eisoberfläche treffen, in den Kristall eingebaut werden. Hier deuten erste Labormessungen darauf hin, dass diese Rate bei kubischem Eis größer sein könnte als bei hexagonalem Eis.21) Es ist immer wieder faszinierend, dass eine so gut untersuchte Substanz wie Wasser noch mit Überraschungen aufwartet und die Möglichkeit bietet, mit Hilfe von klassischen physikalisch-chemischen Methoden neue thermodynamische und kinetische Parameter zu gewinnen. Im hier geschilderten Fall können sie von enormer Bedeutung für die Wolkenforschung sein und damit auch eine Rolle bei Klimastudien spielen. Karl Kleinermanns Institut für Physikalische Chemie Universität Düsseldorf [email protected] Martina Havenith Universität Bochum Lehrstuhl für physikalische Chemie II, martina.havenith @ruhr-uni-bochum.de Thomas Koop Fakultät für Chemie Universität Bielefeld [email protected]; 1) J. A. Odutola, T. R. Dyke, J. Chem. Phys. 1977, 72, 5062; zit. Lit. 2) K. L. Busarow, R. C. Cohen, G .A. Blake, K. B. Laughlin, Y.T. Lee, R.J. Saykally, J. Chem. 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Schreiner, A. Kohlmeyer, R. Rousseau, D. Marx, J. Phys. Chem. B 2006, 110, 3576. 14) S. K. Pal, J. Peon, A. H. Zewail, Proc. Natl. Acad. Sci. USA 2002, 99, 1763. 15) L. Nilsson, B. Halle, Proc. Natl. Acad. Sci. USA 2005, 102, 13867. 16) A. M. Massari, I. J. Finkelstein, B. L. McClain, A. Goj, X. Wen, K. L. Bren, R. F. Loring, M. D. Fayer, J. Am. Chem. Soc. 2005, 127, 14279. 17) U. Heugen, G. Schwaab, E. Bründermann, M. Heyden, X. Yu, D.M. Leitner, M. Havenith, Proc. Natl. Acad. Sci. USA 2006, 103, 12301. 18) J. E. Shilling, M. A. Tolbert, O. B. Toon, E. J. Jensen, B. J. Murray, A. K. Bertram, Geophys. Res. Lett. 2006, 33, L17801, doi:10.1029/2006GL026671. 19) T. Peter, C. Marcolli, P. Spichtinger, T. Corti, M. B. Baker, T. Koop; Science 2006, 314, 1399. 20) B. J. Murray, A. K. Bertram, PCCP 2006, 8, 186. 21) P. Pratte, H. van den Bergh, M. J. Rossi, J. Phys.Chem. A 2006, 110, 3042. WISSENSCHAFTSFORUM CHEMIE 2007 ENERGIE MATERIALIEN SYNTHESE 16.–19. September 2007 Universität Ulm www.gdch.de Magnetische Resonanzspektroskopie Die Magnetische Resonanzspektroskopie (NMR und EPR) ist heute eine der wichtigsten analytischen Methoden der Chemie. Dies gilt insbesondere für die hochauflösende NMR in Lösung und ihre Anwendung auf Biomoleküle. Darüber hinaus gibt es seit Jahren eine stürmische methodische Entwicklung in der Festkörper-NMR und der gepulsten EPR, die das Einsatzfeld der Magnetischen Resonanz (MR) für eine Fülle physikalisch-chemischer Fragen ständig erweitert. Hardware-Entwicklungen und innovative Konzepte haben in den letzten Jahren zu einer deutlichen Steigerung der Empfindlichkeit in der MRSpektroskopie geführt. Heute konzentriert man sich auf die Verkürzung der Messzeit bei biomolekularen Anwendungen und die Verknüpfung der MR mit anderen experimentellen und theoretischen Methoden: • Die Empfindlichkeitssteigerung durch hyperpolarisierte Gase, z. B. 3 He, 129Xe ist bereits etabliert. Solche Verfahren können nun zur Untersuchung von supramolekularen Strukturen1a) und Biomolekülen1b) eingesetzt werden. • Durch Kombination von EPR und NMR lässt sich die erheblich höhere Elektronenpolarisation auf die Kerne übertragen. Nach langer Entwicklungszeit sind heute Anwendungen auf Segmente von Prion-Proteinen erfolgreich.2) •· Durch Detektion von MR-Signalen mit einem Kraftmikroskop ist heute ortsaufgelöste NMR im lm-Bereich möglich.3) • Für Feldforschungseinsätze wurde ein tragbares Ex-situ-NMRGerät mit Auflösung der chemischen Verschiebung realisiert.4) • Außerdem sind Steigerungen der Empfindlichkeit durch effiziente Pulssequenzen5a), der spektralen Auflösung durch Deuterierung5b) und der Aussagekraft der NMR durch verbesserte Spektrenanalyse5c) zu verzeichnen. Nachrichten aus der Chemie | 55 | März 2007 | www.gdch.de