Cerec Masterkurs 2017 Köln 17.07.2017 Digitalisierung erweitert das Spektrum 25. Masterkurs der DGCZ zeigt neue Behandlungsperspektiven. Die Deutsche Gesellschaft für Computergestützte Zahnheilkunde e.V. (DGCZ) hat sich innerhalb 25 Jahren zu einer der grössten, wissenschaftlich und anwendungstechnisch arbeitenden Gruppierungen für Digitaltechnik und computergestützte Verfahren in der Zahnheilkunde entwickelt. Als Fachgesellschaft der Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde e.V. (DGZMK) arbeitet die DGCZ eng mit der Akademie für Zahnärztliche Fortbildung, Karlsruhe, auf internationaler Ebene mit der International Society of Computerized Dentistry (ISCD) und anderen wissenschaftlichen Organisationen zusammen. Neben Kursen und Colloquien zum Cerec- Abb. 1: Referenten des 25. Masterkurses. 1. Reihe v.l.n.r.: Dres. Leo, Wiedhahn, Prof. Mörmann, Dres. Reiss, Schenk, Prof. Mehl. 2. Reihe: Dres. Neumann, Bindl, Prof. Fasbinder, Dres. Zaruba, Brausewetter, Prof. Reich, Dres. Dinahet, Schweppe. 3. Reihe: Dres. Rauscher, Fritzsche, Prof. Kordaß, Dres. Molinari, Stamnitz. (Nicht im Bild: Dr. Klitzschmüller, Philipp, Schneider, Wagner, Dr. Weiler). Quelle: DGCZ 1 System kommen Anwender aus vielen Ländern alljährlich auf dem Masterkurs zum Erfahrungsaustausch zusammen. Der diesjährige, 25. Masterkurs, der von ca. 500 Teilnehmern in Köln besucht und von Dr. Bernd Reiss, Malsch, Vorsitzender der DGCZ, geleitet wurde, entwickelte sich durch Beiträge international anerkannter Referenten aus Klinik und Praxis aus Deutschland, Frankreich, Holland, Kanada, Italien, Österreich, aus der Schweiz und den USA zu jener Synthese, die den Wert eines Symposiums auszeichnet (Abb. 1). Hierbei wurden wissenschaftliche Forschungsergebnisse, Erkenntnisse aus klinischen Studien, Updates der technischen Entwicklung und Anregungen aus dem Blickwinkel von Praktikern thematisiert. Live-Behandlungen mit Therapiekonzepten zur Implantatprothetik und Frontzahn-Ästhetik unter Nutzung des Cerec-Systems ergänzten das umfangreiche Vortragsprogramm. Rückblick und Ausblick Die Cerec-Historie kann inzwischen auf 37 Jahre zurückblicken. Prof. Werner Mörmann, Universität Zürich, erinnerte daran, dass die 1980 von ihm verfasste Patenschrift nur mit einem erheblichen Aufwand in einen Prototypen umgesetzt werden konnte. Auslöser der Entwicklung war, dass Mörmann mit heißpolymerisierten Kunststoff-Inlays als Amalgam-Alternative für die Kavitätenversorgung keine zufriedenstellende Ergebnisse erzielte. Ziel war die Substitution mit zahnfarbener, industriell gefertigter Keramik mit schmelzähnlichen Abrasionseigenschaften - und die Versorgung des Patienten in einer Sitzung. Für die Ausleuchtung des Bildfeldes mit dem Intraoralscanner gab es damals nur Dioden mit langwelligem Infrarotlicht, den CCDBildsensor gab es nur für den militärischen Einsatz, Personalcomputer und Software steckten noch in den Kinderschuhen, der Turbinenantrieb zum Ausschleifen der Keramik war seinerzeit nur mit Wasserstrahlkraft möglich. Die Beschaffung der Komponenten erforderte weltweite Kontakte; viele Detailprobleme mussten hierbei gelöst werden. Trotz aller Hindernisse konnte im September 1995 das erste Keramikinlay computergestützt konstruiert, gefertigt und eingegliedert werden. Pioniere in niedergelassenen Praxen, die seinerzeit in die Patientenversorgung mit Cerec 1 eingestiegen sind, können heute noch auf klinisch suffiziente Einlagefüllungen sowie Kronen aus Feldspatkeramik verweisen (Otto et al., 2015, 2008, 2003). Anfangs von der Zahnärzteschaft skeptisch beobachtet, hat sich das Cerec-System zum Schrittmacher der digitalgesteuerten Restaurationstechnik entwickelt. Die Perspektive hat weitere Initiativen ausgelöst, so dass heute weitere CAD/CAM-Systeme, basierend teilweise auch auf Video- und Laser-Aufnahmeverfahren, ergänzt mit Software für ausgedehnte Indikationen und mit mehrachsigen Schleifeinheiten, sich um einen Platz im wachsenden CAD/CAM-Markt bewerben. Entscheidend für die Verbreitung der computergestützten Restaurationstechnik ist, dass der gewonnene Datensatz in der Praxis sofort als vollkeramischer Zahnersatz ausgeschliffen werden – oder alternativ online weitergereicht und im ZT-Labor in CAM-Systeme eingespeist werden kann. Dazu kam, dass neue, oxidkeramische oder polymer-dotierte Werkstoffe nur noch computergestützt verarbeitet werden können. Der digitale Workflow hat sich gegenüber konventionellen Verfahren deutlich verkürzt. Ferner hat die Digitalisierung das Potential, dass intraoral generierte Datensätze in Zukunft die zentrale Drehscheibe für das gesamte „Healthcare Paket“ unserer 2 Patienten werden. Es ist deshalb nicht die Frage ob, sondern wann die digitale, intraorale Abformung für Befunderhebung, Diagnostik, Behandlungsplanung, Therapiedurchführung, Kontrolle und Prävention zur Basistechnologie in der Zahnarztpraxis wird. Standardisierung der Therapieverfahren Kliniker und Praktiker aus verschiedenen Ländern stellten auf dem Masterkurs ihre Behandlungshöhepunkte mit Cerec vor, auch Herausforderungen durch Misserfolge, aber auch zielführende Lösungswege. Die Beiträge fokussierten auf die klinische Bewährung von Restaurationsmaterialien, Einsatz von Endo-Kronen, auf ästhetische Frontzahnversorgungen mit semiinvasiven Kronen und Veneers, auf die digital geführte Implantatinsertion und Weichgewebsgestaltung, auf Implantatprothetik sowie auf die multizentrische Qualitätskontrolle in praxi. Die Beiträge der Referenten ließen erkennen, dass die computergestützte Behandlung, zusammen mit der Softwarekontrollierten CAM-Verarbeitung, eine international standardisierte Vorgehensweise in Praxis und ZT-Labor ausgelöst hat. Damit bildet der digital geführte Therapiekanon ein transparentes, qualitätssicherndes Verfahren ab, das viele Behandlungsergebnisse vergleichbar macht und den klinischen Langzeiterfolg unterstützt. Werkstoff-Eigenschaften unter der Lupe Prof. Dennis Fasbinder, Universität Ann Arbor/Michigan (USA), Cerec-Anwender seit 1992, berichtete über klinische Erfahrungen mit CAD/CAM-Werkstoffen. Untersuchungen von Kronen aus leuzitverstärkter Silikatkeramik (EmpressCAD), adhäsiv befestigt (Syntac), zeigten langfristig eine Überlebensrate von 96 Prozent. Zu 98 Prozent frakturfrei blieben Onlays und Teilkronen aus Keramikpartikel-gefülltem Hochleistungspolymer (Nano Ceramic Resin Composite, Lava Ultimate), adhäsiv eingegliedert (RelyX Ultimate). Selbst bei im Kausimulator provozierten Crashtests blieb die keramikdotierte Komposit-Krone trotz Dezementierung frakturfrei. Für den klinischen Langzeiterfolg beider Werkstoffe ist laut Fasbinder entscheidend, dass EModul und Abrasionseigenschaften dem Zahnschmelz entsprechen. Das Frakturverhalten von Kronen mit unterschiedlichen Wandstärken wurde von Fasbinder in-vitro untersucht. Zirkonverstärkte Silikatkeramik (ZLS, Celtra Duo) frakturierte bei einer Schichtdicke von 1,0 mm (okklusal) und 0,3 mm (marginal); deshalb sollten Wandstärken von 1,5 mm bzw. 0,5 mm nicht unterschritten werden. Kronen aus Lithiumdisilikat (e.max CAD) blieben bei 1,5 mm Schichtstärke frakturfrei; bei schrittweiser Reduzierung auf 1,0 mm und Verringerung der präparierten Hohlkehle stieg die Frakturrate an. Gesinterte Zirkonoxid-Kronen (inCoris TZI C, monolithisch) wurden mit Wandstärken von 1,5/1,0/0,5/0,3 mm in-vitro belastet. Mit zunehmender Reduzierung der Schichten kündigten sich bei einer geringen Kronenanzahl marginale Frakturen an. Fasbinder resümierte, dass ZLS-Kronen über eine gute Resistenz gegen Chipping verfügen. Bei Zirkonoxid-Kronen kann zahnsubstanzerhaltend eine verminderte Wandstärke gewählt werden, vorausgesetzt, dass eine ausreichende Abstützung des Kronenrandes gewährleistet ist. Glashaltige Silikatkeramik neigt eher zu Chipping am Kronenrand. Durch ein Update der Schleif-Software, z.B. Reduzierung des Blockvorschubs, kann das Frakturrisiko gesenkt werden. 3 Ein Glanzbrand füllt die Restaurations-Oberfläche mit ihren maschinierten Erhebungen und Vertiefungen auf und gleicht additiv die Niveauunterschiede aus. Die Politur hingegen trägt Störkontakte ab, Vertiefungen werden ausgeglichen. Berührungsfreie 3D-Messungen der Oberflächen belegen laut Fassbinder, dass z.B. polierte EmpressCAD-Kauflächen glatter sind als ein „Glazing“. Auch e.max CADOberflächen hatten nach Politur eine geringere Rauigkeit als die Glasur (0,02 µm poliert vs. 0,15 µm glasiert). Lediglich bei Celtra Duo (ZLS) lag die Rauigkeit von Politur und Glasur gleichauf (0,02 µm vs. 0,03 µm). CAM-Schleif- und Fräsautomaten hinterlassen unterschiedlich rauhe Oberflächen, abhängig vom verarbeiteten Werkstoff. Nano Ceramic Resin (Lava Ultimate) hinterließ mit der MCXL-Einheit (Cerec/inLab) einen Rauigkeitswert von 0,386 µm; Hybridkeramik (Enamic) 0,624 µm, Silikatkeramik (EmpressCAD) 0,804 µm, CAD/CAMKomposit (Brillant Crios) 0,237 µm. Nach Politur waren die Rauigkeiten deutlich geringer als nach dem Glasieren der Keramiken (Fasbinder et al., 2016). Grundsätzlich wirkt sich intensives Polieren mit geeigneten Poliermedien haltbarkeitssteigernd aus, deren langfristige Wirkung einen Glasurbrand übertreffen. Zweifel äußerte Fasbinder, ob superharte, unverblendete Oxidkeramik (ZrO2) für das Kauorgan sinnvoll ist und nicht längerfristig Substanzverluste auf Antagonisten ausgelöst werden. Der Referent resümierte, dass die Oberflächenglätte der Restauration entscheidend sei für die Ästhetik des Zahns, für den schmelzähnlichen Glanz und die Transmission des einfallenden Lichts. Die Oberflächengüte beeinflusst die Festigkeit und minimiert das Chipping- und Fraktur-Risiko. Die Trageeigenschaften sind abhängig von der Glätte der Oberflächen, nicht von deren Härte. Mikrofeine Restpartikel auf der Kaufläche haben auf Antagonisten kaum einen abrasiven Einfluss. Knochenerhalt und Implantat Die Nutzung der Digitaltechnik in der Implantologie thematisierte Dr. Bertrand Dinahet, Pacé Region Rennes (Frankreich). Cerec-Anwender seit 2011, nutzt er zur Befundung und Rückwärtsplanung das Digitalröntgen und Cerec-Software für Chirurgie und Prothetik. Die 3D-Bildgebung ermöglicht die Vorhersagbarkeit und einen geradlinigen Behandlungsablauf (Abb. 2-3). Die anatomischen Strukturen, z.B. der Verlauf des Nervus mandibularis, werden anhand von Querschnitt- und Axialbildern identifiziert sowie die vertikale und transversale Knochensituation evaluiert. Der Referent führte aus, dass eine geringe Weichgewebsdicke bei parodontologischen und implantologischen Eingriffen zu einer vermehrten WeichgewebsRezension führt. So kann bei dünner Gingiva auch von einem geringer dimensionierten Knochen ausgegangen werden. Für die diagnostische Sicherheit sind DVTAufnahmen angezeigt. Im Frontzahnbereich ist häufig eine dünne buccale Knochenlamelle mit geringer transversaler Dimension anzutreffen. Dafür sollten kleine Implantate ausgewählt und ggfs. Augmentationen durchgeführt werden. Die chirurgische Bohrschablone für die „geführte Enossal-Insertion“ wird in der Praxis Dinahet hergestellt (Abb. 4-5). Die Positionierung des Implantats und die Angulation von Mesiostrukturen mittels 3D-Planung sind laut Referent dem „Free-Hand“Verfahren überlegen. Die Schablone ermöglicht die reale Umsetzung des implantatprothetischen Konzepts und definiert die Bezugsebenen. 4 Abb. 2: DVT-Planung zur Positionierung von Enossalpfeiler und Suprastruktur mit Einschubrichtung. Quelle: Dinahet Abb. 3: Virtuelle Gestaltung der implantatgetragenen Krone. Quelle: Dinahet 5 Abb. 4: Im 3D-Drucker gefertigte, chirurgische Bohrschablone aus Polymer vor dem Entfernen der Stützkonstruktion. Quelle: Dinahet Abb. 5: Enossalbohrung mit Bohrschablone und Führungshülse. Quelle: Dinahet 6 Langzeitprovisorien aus Polymer zur Weichgewebsumformung in der enossalen Einheilungsphase werden in praxi hergestellt. Der Referent informierte, dass in französischen Praxen vielfach ohne Assistenz behandelt wird. Insellösungen einzelner Applikationen wären in dieser Situation nicht zielführend. Deshalb müssen implantologische Handlungsabläufe lückenlos von der Software unterstützt werden – von der 3D-Vermessung bis zur prothetischen Fertigung. Erfahrungen mit Sofort- und Frühimplantation Dr. Gilbert Leo, Den Haag (Niederlande), Cerec-Anwender seit 1997, berichtete über seine Erfahrungen mit Sofort-Implantation und der verzögerten Insertion. Die Enossalplatzierung sowie die prothetischen Aufbauten und Provisorien werden stets mit Cerec-Software vorbereitet. Wenn therapeutisch angezeigt, kann nach einer Extraktion mit der Sofortimplantation buccale Alveolar-Knochenstruktur erhalten werden. Die Sofort-Implantation am Tage der Extraktion sollte nur bei idealen klinischen Verhältnissen gewählt werden; dies ist im Oberkiefer-Frontzahnbereich laut Leo nur selten der Fall. Beim Vorliegen hoher Risiken steigt die Gefahr für ästhetische Komplikationen deutlich an, besonders für eine Rezession der fazialen Mukosa. Das Auftreten von Weichteilrezessionen bei Sofort-Implantaten ist mittlerweile durch zahlreiche klinische Studien belegt. Wichtigste Ursache für eine Weichteilrezession sind Knochenresorptionen im Bereich der fazialen Knochenwand (Saito et al., 2016). Rezessionen können aber auch durch eine faziale Fehlposition des Implantats begünstigt werden. Deshalb ist für ein ästhetisches Behandlungsergebnis ein dreidimensional korrekt eingesetzter Enossalpfeiler Voraussetzung, kombiniert mit einer ausreichenden dicken und vertikal intakten fazialen Knochenwand. In den meisten Fällen kann diese durch eine Konturaugmentation mithilfe der GBR-Technik (Guided Bone Regeneration) aufgebaut werden kann (Chu et al., 2015). Die Frühimplantation vier bis acht Wochen nach der Extraktion ist laut Leo eine gute Alternative zur Sofort-Implantation, da sie ebenfalls eine kurze Behandlungszeit ermöglicht, gleichzeitig aber das Risiko für eine unerwünschte, ästhetische Komplikation wesentlich geringer ist. Aus chirurgischer Sicht wichtig ist die gewebeschonende Extraktion ohne Aufklappung, um eine zusätzliche Knochenresorption an der Oberfläche des Alveolarfortsatzes zu verhindern. Je nach Größe der Alveole ist eine Abheilphase von vier bis acht Wochen erforderlich. Damit gewinnt man eine intakte Weichteildecke und 3-6 Millimeter zusätzliche keratinisierte Mukosa. Beides ist bei der späteren Implantation von großem Vorteil, um einen spannungsfreien, primären Wundverschluss zu erzielen (Chu et al., 2015, 2014; Vela et al., 2012). In der Abheilphase nach der Extraktion kommt es zu einer leichten Abflachung der Papillen und der fazialen Kontur des Alveolarfortsatzes in der Mitte der Alveole, die durch die Resorption des Bündelknochens verursacht wird (Stimmelmayr et al., 2013). Am wichtigsten ist eine prothetisch orientierte Implantation; deshalb müssen die Implantate in der korrekten dreidimensionalen Position inseriert werden. Dabei soll das Implantat mit seiner Implantatschulter in mesio-distaler, in korono-apikaler und in orofazialer Richtung in den sogenannten Komfortzonen platziert werden (Tarnow et al., 2014). Die Frühimplantation nach Extraktion hat im fazialen Bereich in der Regel einen kleinen bis mittleren Knochendefekt zur Folge, der meist zweiwandig ist und der 7 simultan mit der Implantation augmentiert werden sollte, um ein langfristig stabiles, ästhetisches Ergebnis erzielen zu können (Chu et al., 2014). Endo-Kronen in der Praxis CAD/CAM-gefertigte Endo-Kronen erweitern die konventionelle „Monoblocktechnik“, die den traditionellen Schraubenaufbau aus Metall ersetzt. Klinische Studien mit adhäsiven Bondingoptionen mit geätzter Feldspatkeramik zeigen, dass adhäsiv befestigte Endo-Kronen auf Molaren mit guten Langzeitergebnissen rechnen können. PD Dr. Andreas Bindl, Zürich, Cerec-Nutzer seit 1994, hatte Endo-Kronen aus Feldspatkeramik mit Cerec gefertigt. Mit einem apikalen Zapfen gestaltet und adhäsiv im Dentin befestigt, sind diese noch nach 18 Jahren Liegezeit ohne Debondig klinisch suffizient. In einer anderen Studie wurden vollkeramische Endo-Kronen, adhäsiv im Dentin befestigt, auf Prämolaren und Molaren untersucht (Abb. 6-7). Die Überlebensrate auf Molaren lag nach 12 Jahren bei 90,5 Prozent. Auf Prämolaren erreichte die Überlebensrate nur 75 Prozent. Das Versagen trat nach einer Funktionszeit zwischen einem und 9 Jahren ein. Ursachen der Misserfolge waren Debonding, Retentionsverlust, Frakturen (Otto, Mörmann, 2015). Die Autoren präparierten am Prämolaren im Oberkiefer eine 5 mm tiefe Retentionskavität in der Pulpakammer. Das erzielte Ergebnis weist darauf hin, dass die Tiefe der Retentionskammer eine wichtige Rolle für das Überleben der Endo-Krone spielt. Ursache des Debondings war eine unzureichende Stabilisierung des Retentionsteils mit 2 mm Tiefe. Die Kavität sollte mindestens 3 mm tief sein. Ein weiterer Grund für das Debonding ist, dass der EModul der Keramik Kaubelastungen ungedämpft auf die Schnittstelle zwischen Befestigungszement und Dentin überträgt; dies führt dort zu Spannungen. Abb. 6: Präparation der Pulpen-Retentionskammer für eine Endo-Krone. Quelle: Otto 8 Abb. 7: Endo-Krone aus Feldspatkeramik auf einem Molar bei der Nachkontrolle nach 10 Jahren. Quelle: Otto Eine Laborstudie zeigte, dass die Bruchfestigkeit von Endo-Kronen auf Molaren unter schräger Belastung höher war als bei konventionellen Kronen mit Glasfaserstift (Biacchi et al., 2012). Hierbei betrug die Wandhöhe der Pulpenkammerkavität 3,7 bis 5 mm. Der Stiftaufbau als Alternative auf nicht vitalen Zähnen wurde in der Literatur wiederholt kritisch analysiert (Heydecke et al., 2002; Soares et al., 2012). Wegen des Risikos von Wurzelfrakturen scheint das direkte Bonding von Vollkeramik auf die verbliebenen Strukturen non-vitaler Zähne vorteilhaft zu sein (Bindl et al., 2005; Krejci et al., 2003). Ästhetik trifft Harmonie Ästhetisch angezeigte Interventionen und Frontzahnrestaurationen sind sensiblel zu lösen und zählen zur Königsdisziplin in der Zahnheilkunde. Dr. Roberto Molinari, Mantua (Italien), bewies mit mehreren vorgetragenen Fällen eine hohe Empathie für die natürlich wirkende, „rote und weiße Ästhetik“. Parameter wie Form und Stellung der Zähne, Helligkeit und Farbe spielen eine wichtige Rolle. Es reicht nicht, einen stereotypen Zahnersatz anzufertigen oder einen natürlichen Zahn zu kopieren. Keine noch so schöne geschichtete Krone wird die Erwartung „Ästhetik“ erfüllen, wenn das gingivale Umfeld defizitär ist. „Symmetrie“ ist laut Molinari ein Trugschluss; vielmehr ist die „Harmonie“ anzustreben. Harmonie erreichen wir nur, wenn ein gesundes Weichgewebe den „roten“ Rahmen für das Zahnbild vorgibt. Die „weiße“ Ästhetik wird neben der Helligkeit weitgehend von der Form der Zähne beeinflusst. Das Verhältnis von Höhe zur Breite, besonders im Frontzahnbereich, wird dann als harmonisch empfunden, wenn die Ausdehnung der bukkalen Zahnfläche durch die Zahn 9 Abb. 8: Die Gesetzmäßigkeiten der Zahnformen bestimmen unser ästhetisches Empfinden. Quelle: Molinari länge zu ihrem größeren Teil der Breite der Inzisalkante entspricht und somit vom „Goldenen Schnitt“ bestimmt wird (Fradeani, 2004) (Abb. 8). Die Maßnahmen des Referenten beginnen stets mit Symmetrievermessungen der facialen Anatomie, umfassen dentogingivale Weichgewebsveränderungen, orthodontische Eingriffe bei Stellungsanomalien, Bisserhöhung, Kronenverlängerung, Veränderung von Zahnformen mittels Einsatz von Wax-up und Moke-up, um das angestrebte Ergebnis für Behandler und Patient zu definieren. Ziel ist die Erlangung eines harmonischen Zahnbildes unter Einbeziehung von Gingiva und Lippen (Abb. 9). Um die passende Zahnform und Harmonie heraus zu finden, sind Simulationen wie Waxup, Imaging oder Mockup hilfreich, um festzustellen, ob es Diskrepanzen zwischen Anspruch und Wirklichkeit beim Patienten gibt – und ob das Gewünschte überhaupt technisch umsetzbar ist. Die mittleren, oberen Schneidezähne sind, wegen ihrer prominenten Position, neben der Form der Lippen und des Kieferbogens die wichtigsten Elemente bei der nonverbalen Kommunikation. Bei der Planung einer Rekonstruktion müssen laut Molinari Bezugslinien berücksichtigt werden – wie etwa die Verbindung der Gingiva-Scheitelpunkte, die Zahnachsen, die inzisalen Einziehungen (Dreiecke), die Gingiva-Papillen, die inzisale Ebene sowie die Proportion der Zahnformen (Abb. 10). Alle Änderungen an Zähnen und Weichgewebe sollten in Studienmodelle überführt und fotografisch dokumentiert werden. Dies umfasst Aufnahmen des Lächelns bei entspanntem Gesicht, bei halb geöffnetem Mund, im Profil, des Kiefers in Okklusionsstellung, des OK-Frontzahnbogens ohne die UK-Zähne, und der okklusalen Ansicht von OK und UK. Ein digitales Imaging (Vorher/NachherSituation) mittels einer CAD-Software (Smile Design) kann hilfreich sein (Reich et al., 2016). Modelle und Bilddokumente müssen mit dem Patienten besprochen werden, um darüber zu entscheiden, welche anatomische und ästhetische Charakteristika realisiert oder verstärkt werden sollten. Bei der digitalen Erfassung des Mock-up und des Lippenbildes können die Datensätze von der Software deckungsgleich übereinandergelegt werden. Damit lässt sich der Gesamteindruck von Lippenverlauf, die Morphologie der Zahnformen in verschiedenen Ausprägungen simulieren und damit das „neue Lächeln“ durch den Patienten 10 bewerten lassen. Wenn die Lösung gefunden ist, werden Langzeitprovisorien hergestellt, um die funktionelle Umformung der Okklusion und die Umgewöhnung der Kaumuskulatur einzuleiten sowie die Umwelt des Patienten mit der ästhetischen Veränderung vertraut zu machen. Die definitive Ästhetik-Versorgung kann mittels dünnwandiger Veneers, Teilkronen, Table Tops ausgeführt werden. Molinari bevorzugt zur Zahngestaltung dünnwandige Veneers und Veneer-Kronen, gepresst aus leuzitverstärkter Silikatkeramik mit Individualisierung von Textur und Mamelons. In diesem Rahmen werden Inzisalkanten von Frontzahn-Kronen im Cutback-Verfahren verblendkeramisch aufgebrannt. Abb. 9: Virtuelle Planung zur Rekonstruktion von abradierten Frontzähnen und Prämolaren. Quelle: Molinari/Paolucci Abb. 10: Grundformen von OK-Frontzähnen. Quelle: Molinari/Paolucci 11 Biokiefer nach dem Vorbild der Natur Ziel der konservierenden und prothetischen Rekonstruktion ist, die fehlenden Aussenflächen und insbesondere die Kauflächen der verloren gegangenen Zahnsubstanz wieder so herzustellen, dass sich der Zahnersatz nach statischen und funktionellen Gesichtspunkten harmonisch in die vorhandene Gebisssituation einfügt. Dafür hatte Prof. Albert Mehl, Universität Zürich, das Biogenerische Zahnmodell entwickelt, das aufgrund weniger Parameter mittels einer Datenbank eine passende Zahnform berechnet und an die Morphologie der Nachbarzähne und Antagonisten angleicht. Damit war es gelungen, bei fehlender Zahnsubstanz natürliche Zahnformen in die Konstruktions-Software einzufügen. Mit dem wissensbasierten Ansatz der Biogenerik war es möglich, jede klinische Defektsituation nachzubilden (Litzenburger et al., 2013; Ender et al., 2011). Inzwischen zum Cerec-Standard gehörend, wurde darauf aufbauend, das „Biokiefer“Konzept entwickelt. Dieser Prozessschritt innerhalb der Software nutzt den noch vorhandenen Restzahnbestand als Referenz für den virtuellen Erstvorschlag. Hierbei wird der gesamte Kieferverlauf in die Berechnung einbezogen. Mit diesem Verfahren können ganze Zahngruppen und Zahnstellungen individuell rekonstruiert werden (Abb. 11). Hierfür wurden laut dem Referenten 400 verschiedene, natürliche Zahnmodelle in die Analyse und Auswertung für das wissensbasierte Biokiefer-Modell einbezogen. Mit dem Biokiefer-Schritt können über die Zuordnung der Zähne die Nachbarschaftstrukturen und Zahnstellungen sowie Morphologien ermittelt werden. Wichtig ist, dass die Nachbarzähne zusammen mit den Präparationen in der Messaufnahme erfasst werden. Dadurch werden die Vorschläge deutlich verbessert und die Nachbearbeitungszeit für das Design und auch im Mund deutlich reduziert oder kann sogar teilweise entfallen (Maggetti et al., 2015). Auch Suprakonstruktionen für implantatgetragene Zähne können mit dem Biokiefer und der Biogenerik gestaltet werden. Emergenzprofil und die Morphologie des Aufbaus werden vom System berechnet und vorgeschlagen. Abb. 11: Der Prozessschritt „Biokiefer“ nutzt den Restzahnbestand des gescannten Areals als Referenz für den Erstvorschlag. Quelle: Mehl 12 In klassischen Okklusionskonzepten wird darauf geachtet, dass die einzelnen Kontaktpunkte so zueinander liegen, dass keine Scheer- und Schubkräfte auf die restaurierten Zähne einwirken können. Okklusale Vorkontakte lösen punktuell wirkende Kraftspitzen aus, die Keramikabplatzungen zur Folge haben können. Durch Kauflächengestaltungen ist es möglich, statisch und dynamisch auftretende Störkontakte zu vermeiden. Bei Patienten, die unter Bruxismus leiden und ein erhöhtes Risiko für Komplikationen bieten, ist eine optimierte statische und dynamische Okklusion angezeigt (Nothdurft et al., 2009). Aufgrund der Belastung implantatgetragener Restaurationen ist erforderlich, im Gegensatz zu zahngetragenen Versorgungen auf Balanceund Laterotrusionskontakte zu verzichten. Eckzähne sind maßgeblich für die Entlastung der Seitenzähne verantwortlich. Durch die große Wurzeloberfläche, die mit einer höheren Rezeptorendichte ausgestattet ist, sind Eckzähne zuständig für die muskulär gesteuerte Unterkieferbewegung. Liegt eine Überlastung der Eckzahnführung vor, wird diese durch Attritionen zu einer Gruppenführung „umfunktioniert“ (Wolfart, 2017; Naert et al., 2012). Artikulation und dynamische Funktion – nun digital Die Diskussion um Präzision, technische Umsetzbarkeit und Wirtschaftlichkeit der digital gesteuerten Restauration gehört inzwischen der Vergangenheit an. Aktuelle Entwicklungen zielten laut Mehl z.B. auf die computergestützte Funktionsdiagnostik und auf Verfahren, die es ermöglichen, die dynamische Okklusion in die prothetische Rekonstruktion einzubeziehen. Studien belegen, dass ausschließlich statisch berechnete und gestaltete Restaurationen im Patientenmund zusätzliche, zeitintensive Einschleifmaßnahmen erfordern und dadurch die Festigkeit des Restaurationswerkstoffs sowie die Ästhetik beeinträchtigen. Durch das Übersehen funktioneller Störkontakte können Überbelastungen und Materialfrakturen sowie iatrogen verursachte Folgeerscheinungen auftreten. Bei umfangreichen CAD/CAM-Restaurationen übernimmt heute die Software die Justierung der Funktion. Dazu sind Algorithmen erforderlich, die die Statik und Dynamik sinnvoll integrieren. Mit dem virtuellen FGP (functional generated pathway) lassen sich aus der Überlagerung vom statischen und funktionellen Registrat die Berührungspunkte bestimmen, die als mögliche Kandidaten für die okklusalen Kontaktpunkte bei der Konstruktionsberechnung in Frage kommen. Bei grösseren Restaurationen, Bisshebungen oder funktionellen Analysen und Änderungen bietet sich an, möglichst exakt das Bewegungsmuster des Patienten zu erfassen. Dabei kann mit Software jegliche Einschränkung von mechanischen Artikulatoren, seien es teil- oder volljustierbare, umgangen werden und direkt die individuelle Bewegung aufgenommen werden. Gerade in Kombination mit der intraoralen Messtechnik lassen sich mittels elektronischer Bewegungsaufzeichnung direkt die Bewegungen auf das virtuelle Kiefermodell übertragen. Entscheidend dabei ist nur der Schritt, die Koordinaten der Bewegungssensoren dem Kiefermodell zuzuordnen. Dies kann z.B. durch eine Zusatzaufnahme mit einer Bissgabel oder einer Vorrichtung mit Markern erfolgen. Nach Bewegungsmessung lassen sich dann die Bewegungen direkt abspielen oder bestimmte Parameter berechnen. Artikulation und Funktion können inzwischen mit der Cerec-Software in den CAD/CAM-Prozess integriert und in der morphologischen Berechnung berücksichtigt 13 werden. Quadranten und Kiefer einschließlich Gegenbezahnung werden direkt am Patienten dreidimensional vermessen. Hierbei kann die statische Relation von Oberkiefer und Unterkiefer über Bukkalaufnahmen intraoral erfasst werden. Der integrierte, virtuelle Artikulator erlaubt die Eingabe verschiedenster Kiefergelenksparameter, die aus den genannten Messungen ermittelt werden und bis zur individuellen, freien Bewegung reichen können. Diese Information bildet die Ausgangsbasis, um die Kauflächengestaltung und die Oberflächenrekonstruktion digital durchzuführen. Für Situationen mit Einzelzahnrestaurationen und kleineren Brücken im Seitenzahnbereich ist die mittelwertige Artikulation ausreichend und kann automatisch in der Restaurationsberechnung berücksichtigt werden. Computergestützte Verfahren ermöglichen heute zusammen mit neuen Algorithmen die Nachbildung jedes beliebigen Artikulationskonzeptes. Mit virtuellen Artikulationen können nicht nur Restaurationsberechnungen optimiert, sondern mit der Simulation von Bewegungen, zusammen mit Kiefergelenkparametern, der Einfluss der Artikulkation auf die Kauflächengestaltung analysiert werden (Abb. 12). Gegenüber der statischen Berechnung können dadurch Einschleifmaßnahmen entfallen oder zumindest reduziert werden. Zusammen mit den Applikationen Biogenerik und Biokiefer erhält man damit in den meisten Fällen eine Zahnrestauration, die alle Kriterien einer funktionellen und morphologischen Gestaltung erfüllt. Da dies nahezu automatisch und ohne zusätzlichen Aufwand standardmäßig chairside mit CAD/CAM- Abb. 12: Darstellung der Dynamik im virtuellen Bissregistrat. Kontakt- und Gleitflächen aus verschiedenen Bewegungen werden erkennbar, Interferenzen als Störstellen können reduziert werden. Quelle: Mehl 14 Technologie durchgeführt werden kann, ist dies gleichzeitig eine Qualitätskontrolle, die die Langlebigkeit von Restaurationen verbessert. Qualitätssicherungsstudie in der Praxis Neue Maßstäbe für die klinische Sicherheit im Praxisalltag setzt die Qualitätssicherungsstudie „Ceramic Success Analysis“ (CSA), das dem Praktiker ein Feedback auf die Frage „Habe ich alles richtig gemacht?“ gibt. Vor 20 Jahren von der DGCZ und der AG Keramik aufgesetzt, bietet diese klinische Feldstudie in der Praxis den Vorteil, dass die dokumentierten Fälle sich aufgrund der Patiententreue über einen langen Zeitraum verfolgen lassen (Reiss, 2011). Dr. Bernd Reiss, Vorsitzender der DGCZ und AG Keramik, stellte die Ergebnisse der multizentrischen Feldstudie vor, in der ca. 250 Praxen die Befunde und Nachuntersuchungen ihrer vollkeramischen Restaurationen auswerten lassen. Der Referent erklärte die Struktur der Studie, bei der der teilnehmende Zahnarzt nach Registrierung seine Befunde online auf der Plattform www.csa-online.de eingibt. Darauf wird sofort und anonym ein individuelles, grafisches Behandlungsprofil dargestellt, das das klinische Vorgehen und die Ergebnisse mit jenen aller anderen Studienteilnehmer vergleicht (Abb. 13). Derzeit sind mehr als 10.000 Einsetzprotokolle und ca. 8.000 Nachuntersuchungen Grundlage der Datenauswertung. Riskante Indikationsstellungen, techniksensitive Vorgehensweisen und Materialbesonderheiten werden vom Teilnehmer auf diesem Weg erkannt - nicht nur aus „dem Bauch heraus“ oder spekulativ, sondern belegbar und mit direkter praktischer und klinischer Konsequenz. Ein aktuelles Beispiel hierfür ist die Langzeitüberlegenheit der 2-FlaschenDentinadhäsiv-Systeme („etch and rinse“) gegenüber „single bottles“ für die adhäsive Befestigung vollkeramischer Restaurationen. Der Gesamtverlauf der teilnehmenden Abb. 13: Vergleich des individuellen Einsetzprotokolls mit der Gesamtheit aller Studienteilnehmer. Quelle: Reiss 15 Praxen weist mit einer longitudinalen Erfolgsrate bis zu 86 Prozent ein gutes Ergebnis auf und liegt damit auf jenem Wert, der in der Literatur auch Gussrestaurationen zugeschrieben wird. Restaurationen aus präfabrizierter, CAD/CAM-ausgeschliffener Industriekeramik wiesen doppelt so hohe Überlebensraten auf als laborgeschichtete Versorgungen. Die meisten Misserfolge sind Frakturen, gefolgt von endodontischen Komplikationen. Als Konsequenz für die Frakturresistenz ergibt sich die Empfehlung, die Mindestschichtstärken der Keramik zu beachten, Okklusion und Artikulation zu prüfen, evtl. die Politur zu optimieren. Ferner weisen endodonisch behandelte Zähne ein höheres Frakturrisiko auf. Die tendenziell sehr guten Ergebnisse der CerecRestaurationen, in einer Sitzung versorgt, basieren auf dem Procedere, dass das einzeitige Vorgehen eine mögliche Kontamination der Dentinflächen sowie Schmelzdefekte verhindert, während andere Restaurationsmethoden eine Provisoriumsphase verlangen, die Ausbrüche am Kavitätenrand verursachen können. Abb. 14: Live-Behandlung mit Grossbildprojektion. Quelle: Fabry/DGCZ Implantat-Prothetik coram publico Wie alljährlich auf dem Cerec Masterkurs bildete die Live-Behandlung wieder einen Höhepunkt (Abb. 14). Diesmal wurde ein Implantat, regio 36, von Dr. Klaus Wiedhahn, Buchholz, mit einer Abutmentkrone versorgt. Die Einheilphase des Implantates war abgeschlossen, so dass der Gingivaformer abgenommen werden konnte. Um Position und Ausrichtung des Implantats exakt im Intraoralscan darzustellen, wurde ein Scanpost in das Enossalteil eingeschraubt. Der Implantatquadrant sowie sein Pendant im Oberkiefer und der Schlussbiss wurden mit der Kamera (Cerec Omnicam) puderfrei aufgenommen. Im virtuellen Modell wurde das Implantat sowie das umgebende Emergenzprofil klar angezeigt, so dass eine verlässliche Konstruktion der direkt verschraubten Implantatkrone möglich war. Im virtuellen Modell 16 wurde die Angulation geringfügig nach bukkal verlagert, um eine perfekte Passung zum Antagonisten zu erzielen. Für die Herstellung der Abutmentkrone wurde ein vorgesinterter und voreingefärbter Zirkoniumdioxid-Block, Farbe A3,5 (Cerec Zirconia Meso S), verwendet, der bereits eine Bohrung für die spätere Verschraubung enthält. Nach dem Trockenfräsen wurde zur farblichen Charakterisierung Hals und Fissurenbereich der verblendfreien Krone vor dem Sintern mit Färbelösung (Vita YZ HT Shade Liquid) mit wenigen Pinselstrichen infiltriert. Im Sinterofen (Cerec Speedfire) erfolgte die Sinterung innerhalb von 24 Minuten. Auf die übliche Einprobe wurde aus Zeitmangel verzichtet. Der anschließende Glasurbrand (Cerec Speedglaze) dauerte weitere 9 Minuten. Als Bindeglied zum Implantat und zur Stabilisierung des prothetischen Aufbaus wurde die Krone mit einer konfektionierten Titanhülse (TiBase) verklebt. Die Implantatkrone wurde anschließend mit dem Implantat direkt verschraubt. Dieses Verfahren vermeidet unerwünschte subgingivale Zementüberschüsse. Der konische Schraubensitz der Abutment-Schraube in der TiBase verringert das Risiko von Schraubenlockerungen. Der perfekte Sitz der direkt verschraubten Abutmentkrone aus Zirkoniumdioxid ließ sich nach einer leichten Korrektur des mesialen Kontaktpunktes erreichen. Die Krone fügte sich optisch gut in die umgebenden Zähne ein. Der Zeitaufwand für diese Behandlung betrug gut zwei Stunden. Zahnarzt Peter Neumann, Berlin, versorgte in der Live-Behandlung einen Tetracylin verfärbten Frontzahn, regio 21, mit einem substanzschonenden Veneer aus Lithiumdisilikatkeramik (e.max CAD). Die Konstruktion nach digitaler Intraloral-Messaufnahme erfolgte mit Software (Cerec SW 4.4.4) unter Verwendung der Bio-Referenz, die Form und Zahnstellung des kontralateralen Zahns spiegelt. Beim geringinvasiven Substanzabtrag mit Überkuppelung der Inzisalkante wurde mit einem DiamantRillenschleifer die Präparationstiefe definiert. Die vestibuläre Wandstärke von ca. 1 mm war notwendig, um eine ausreichende Abdeckung der Verfärbung zu erzielen. Eine Individualisierung der Keramik erfolgte zusammen mit der Kristallisation und Glasur. Entsprechend dem bewährten Adhäsiv-Protokoll wurde das Veneer mit einem dualhärtendem Komposit befestigt. Expertenerfahrung aus der Praxis Die Gestaltung und Herstellung von implantat-getragenen, prothetischen Suprastrukturen auf ungünstig angulierten Implantaten demonstrierte Zahnarzt Lutz Brausewetter, Berlin. Nach der Freilegung des eingeheilten Enossalpfeilers wurde ein temporäres Abutment zur individuellen Gingiaformung mit der Cerec Premium-Software angefertigt und eingesetzt. Anschließend wurde zur Herstellung der definitiven Versorgung derselbe Datensatz vestibulär reduziert (Abb. 15). Nach dem Ausschleifen der definitiven Abutmentkrone aus Zirkoniumdioxid wurde diese zur Stabilisierung mit einer Titanhülse (TiBase) verklebt und mit dem Enossalpfeiler verschraubt. Dadurch wird eine spannungsfreie, stabile Verbindung zwischen Implantat, Abutment und Krone erzielt. Nach Verschluss des vestibulär gelegenen Schraubkanals wurde ein Veneer konstruiert, aus Lithiumdisilikat ausgeschliffen, finalisiert und zum Verschließen des vestibulären Schraubkanals auf das Abutment geklebt. Den arbeitsteiligen Weg bei mehrgliedrigen Implantatversorgungen wählte Dr. Otmar Rauscher, München. Für eine implantatgetragene, verblendete Brücke aus 17 Zirkoniumdioxid nutzte er für die Planung und Konstruktion die Software, für die Ausarbeitung im ZT-Labor die konventionelle Abformung mit Modell (Abb. 16). Abb. 15: Abutment-Konstruktion mit vestibulär gelegtem Schraubkanal. Quelle: Brausewetter Abb. 16: Individualisierte Abutments aus Zirkoniumdioxid. Im Innenlumen stabilisiert die TiBase, verschraubt mit dem Enossalpfeiler und verklebt mit dem Abutment, spannungsfrei den prothetischen Aufbau. Die supragingivale Lage des Kronenrandes vermeidet Zementüberschuss in der periimplantären Zone. Quelle: Rauscher 18 Die Rückwärtsplanung und die Vorbereitung der Insertion von Implantaten thematisierte der Oralchirurg, Priv.-Doz. Dr. Lutz Ritter, Honnef. Die 3D-Bildgebung mit dem DVT vereinfacht die Befundung und Planung der OP sowie die Positionierung sowie Ausrichtung der prothetischen Suprastrukur. Mittels Software (Cerec Guide 2, Sicat Digital Guide) kann die Herstellung der chirurgischen Bohrschablone vorbereitet werden (Ritter 2017; Ritter et al., 2014). Künftig werden 3D-Drucker in der Lage sein, Bohrschablonen und Modelle in praxi auszudrucken. Wenn die dynamische Okklusion (Artikulation) bereits in die virtuelle Konstruktion aufgenommen wird, können Störkontakte bzw. Interferenzen entfernt und intraorale Einschleifmaßnahmen nach der Eingliederung zumindest auf ein Minimum reduziert werden. Dr. Bernd Reiss und Prof. Sven Reich, RWTH Aachen, demonstrierten die Registrierung von Funktionsbewegungen und überführten die Daten in die Konstruktionssoftware für eine Bisslageänderung sowie für die Gestaltung einer Gruppenführung posterior. Die erweiterten Möglichkeiten des Intraoral-Scans zeigten Prof. Albert Mehl, Zürich, und Dr. Markus Zaruba, Holzkirchen. Mit der Cerec Omnicam und der Software OraCheck können Differenzialanalysen durchgeführt werden. Mittels zeitversetzter Messaufnahmen (Baseline und Follow-up) können Abrasionsverluste, Erosionen, Gingiva-Rezessionen, Zahnrotationen und Zahnwanderungen detektiert und in der Patientenberatung für Therapieempfehlungen genutzt werden (Zaruba et al., 2014). Der Frontzahn-Restauration widmete sich Dr. Klaus Wiedhahn, Buchholz, und bot eine aktualisierte Werkstoffübersicht. Waren bisher bei vollkeramischen Kronen und Brücken im anterioren Bereich eine Verblendung aus ästhetischen Gründen meist unverzichtbar, dominieren inzwischen die monolithischen, d.h. verblendfreien Rekonstruktionen aus Zirkoniumdioxid und Lithiumdisilikat. Durch industriell voreingefärbte Blocks wurde die mühsame, manuelle Tauchfärbung ersetzt; multi-geschichtete und damit die Transluzenz von Schmelz und Dentin imitierende Keramiken haben sich dem natürlichen Zahnbild sehr stark angenähert. Für besondere Ästhetikansprüche und spezielle Effekte bietet sich immer noch die Cut-Back-Technik an; hier werden Verblend- und Effektmassen auf den hauchdünn abgetragenen Schmelz aufgebrannt. Malfarben, Tints für das Internal Shading, Glasuren – das Repertoire für die Charakterisierung und Individualisierung lässt keine Wünsche offen. Vor der Eingliederung hat sich die Reinigung des Kronenlumens von phosphathaltigen Rückständen bewährt (z.B. Ivoclean, Ivoclar). Wiedhahn empfahl, vor der definitiven Befestigung eine Einprobe durchzuführen. Falls ein Einschleifen der Kaufläche (nur mit Feinstkorndiamant) erforderlich ist, muss gründlich nachpoliert werden. Idealerweise sollte der Glanzbrand wiederholt werden, um die Oberflächen zu verschließen. Viele Materialien, kompatibel mit dem Cerec-System, haben laut Wiedhahn die „Frontzahntauglichkeit“ bewiesen. Brücken aus Zirkonoxid und Lithiumdisilikat: Die einflügelige, vollkeramische Freiend-Adhäsivbrücke ist eine wenig invasive Therapieform, um eine Lücke im Frontzahnbereich zu schließen. Diese Versorgungsart ermöglicht, dass mit einem Klebeflügel eine hoch belastbare, extrakoronale Restauration adhäsiv am kariesfreien Pfeilerzahn befestigt wird. Dipl.-Stom. Oliver Schneider, Zwickau, zeigte Beispiele und erklärte, dass mit dieser Alternative ein Einzel19 zahn-Implantat im Frontzahnbereich vermieden werden kann – z.B. bei Kindern und Jugendlichen vor Abschluss des transversalen Kieferwachstums. Auch eine Verblocklung von Pfeilerzähnen kann vermieden werden. Kontraindikation sind Bruxismus, Gebissanomalien und Fehlstellungen. Monolithische, d.h. verblendfreie Kronen und Brücken aus Lithiumdisilikat und Zirkoniumdioxid sind heute bewährte Alternativen zu verblendeten Restaurationen. Laut Schneider beeinflusst das zur Verfügung stehende Platzangebot im bukkalen Bereich oder der Verfärbungsgrad der Zahnstümpfe die Werkstoffentscheidung. Der generelle Vorteil der Monolithen ist, dass substanzschonder präpariert oder der Raumgewinn für die Kronen-Wandstärke genutzt werden kann, weil kein Platz für Verblendschichten eingeplant werden muss. Verbinderquerschnitte können voluminöser dimensioniert werden. Ein Chippingrisiko entfällt. Brücken aus Lithiumdisilikat haben sich anterior bis zum 2. Prämolar bewährt (Kern et al., 2015). Semitransparentes Zirkoniumdioxid für Monolithen, deutlich weniger opak als das Gerüstmaterial, ist inzwischen als eingefärbte Blocks verfügbar und erspart das bisherige manuelle Einfärben mit Tauchlösung. Wenn monolithische Rekonstruktionen noch ästhetische Defizite aufweisen, kann mit dem gezielten Ergänzen mittels transluzenter Verblendmassen – z.B. auf den Labial-Flächen – die Ästhetik gesteigert werden (Abb. 17). Abb. 17: Monolithische, 3gliedrige ZrO2-Brücke mit Labial-Verblendung. Quelle: Schneider Auf die Erfahrungen mit der neuen GOZ gingen Dr. Olaf Schenk, Köln, und Dr. Wilhelm Schweppe, Fröndenberg, ein. Die Referenten erläuterten, dass die dentinadhäsive Füllungstechnik mengenmäßig deutlich zugelegt hat, obwohl die fallweise Honorierung zurückging. Ferner wiesen sie darauf hin, dass selbständige 20 zahnärztliche Leistungen, die nicht im Gebührenverzeichnis zu finden sind, entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses abgerechnet werden können. Eine Umfrage unter den Teilnehmern des Masterkurses förderte zutage, dass die Themenwahl einen ausgewogenen Mix aus klinischer Forschung und praktischer Umsetzung bot, gepaart mit ausreichendem Raum für den so wichtigen, multiplen Erfahrungsaustausch. Damit löste der Masterkurs seit 1992 erneut sein Versprechen ein, Anwendern der computergestützten Restauration und dispositiv Interessierten eine Plattform zu bieten, um praktischen Nutzen aus der „stillen, digitalen Revolution“ zu ziehen. Weitere Referentenbeiträge konnten in diesem Bericht nicht abgebildet werden; jedoch sie alle unterstützten mit ihren Ergebnissen den Trend zur weiteren Digitalisierung zahnärztlicher Therapieverfahren. Manfred Kern – Deutsche Gesellschaft für Computergestützte Zahnheilkunde e.V. Karl-Marx-Straße 124, 12043 Berlin E-Mail: [email protected] Literatur: Biacchi GR, Basting RT: Comparison of fracture strenght of endocrowns and glass fiber post-retained conventional crowns. 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