Lehrstuhl für Ökologische Chemie und Umweltanalytik der Technischen Universität München Entwicklung von Online-Analyseverfahren auf der Basis von EinphotonenionisationsMassenspektrometrie Fabian Mühlberger Vollständiger Abdruck der von der Fakultät Wissenschaftszentrum Weihenstephan für Ernährung, Landnutzung und Umwelt der Technischen Universität München zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.) genehmigten Dissertation. Vorsitzender: Univ.-Prof. Dr.rer.nat., Dr.agr.habil. Harun Parlar Prüfer der Dissertation: 1. Univ.-Prof. Dr.rer.nat., Dr.h.c.(RO) Antonius Kettrup 2. Univ.-Prof. Dr.rer.nat. R. Zimmermann (Universität Augsburg) 3. Priv.-Doz. Dr. rer nat., Dr.rer.nat.habil. A. Ulrich Die Dissertation wurde am 23.06.2003 bei der Technischen Universität München eingereicht und durch die Fakultät Wissenschaftszentrum Weihenstephan für Ernährung, Landnutzung und Umwelt am 16.10.2003 angenommen. Den Kindern im Irak INHALTSANGABE DANKSAGUNG ............................................................................................................6 1 EINLEITUNG UND AUFGABENSTELLUNG.................................................8 2 FLUGZEITMASSENSPEKTROMETRIE.......................................................14 3 4 2.1 LINEARES FLUGZEITMASSENSPEKTROMETER ..................................................17 2.2 REFLEKTRON-FLUGZEITMASSENSPEKTROMETER ............................................19 IONISATIONSMECHANISMEN .....................................................................21 3.1 RESONANZVERSTÄRKTE MEHRPHOTONENIONISATION (REMPI) ....................21 3.2 EINPHOTONENIONISATION (SPI) .....................................................................25 3.3 ELEKTRONENSTOßIONISATION (EI) .................................................................27 ERZEUGUNG UND DETEKTION VON VUV-LICHT.................................30 4.1 GRUNDLAGEN DER ERZEUGUNG VON LASERINDUZIERTEM VUV-LICHT .........32 4.2 ERZEUGUNG VON VUV-LICHT DURCH DEN STRAHLENDEN ZERFALL VON EDELGASEXCIMEREN .....................................................................................40 4.2.1 Grundlagen der Excimerkinetik.............................................................41 4.2.2 Anregung durch Elektronenstrahl .........................................................47 4.3 5 DETEKTION VON VUV-LICHT .........................................................................50 4.3.1 Halbleiterdetektoren..............................................................................50 4.3.2 Ionisationsdetektoren.............................................................................51 4.3.3 Aufbau einer Zelle zum Nachweis von VUV-Strahlung.........................57 4.3.4 Anschluss und Ausleselektronik der Detektorzelle ................................58 4.3.5 Experimentelle Messungen von laserinduziertem VUV-Licht ...............60 MOBILES FLUGZEITMASSENSPEKTROMETER MIT DREI VERSCHIEDENEN IONISATIONSMECHANISMEN ..................................67 5.1 AUFBAU DES MASSENSPEKTROMETERS ..........................................................69 5.2 LASER .............................................................................................................71 5.2.1 OPO-Laser.............................................................................................71 5.3 ZELLE ZUR ERZEUGUNG DER VUV-STAHLUNG ..............................................75 5.4 FLUGZEITMASSENSPEKTROMETER ..................................................................81 5.5 IONENQUELLE ZUR ELEKTRONENSTOßIONISATION ..........................................83 5.6 KOMBINATION DER IONISATIONSMETHODEN ..................................................87 5.7 MASSENFILTER ...............................................................................................93 5.8 KÜHLUNG .......................................................................................................95 5.9 GASSTANDARD ...............................................................................................96 5.10 EXPERIMENTE ZUR SPEZIFIZIERUNG DES MASSENSPEKTROMETERS ..............103 5.10.1 VUV-Erzeugung in der Edelgaszelle ...................................................103 5.10.2 Einphotonenionisation (SPI) ...............................................................107 5.10.3 Resonanzverstärkte Mehrphotonenionisation (REMPI)......................110 5.10.4 Elektronenstoßionisation (EI)..............................................................112 5.10.5 Massenfilter .........................................................................................116 5.11 PROBENAHME ...............................................................................................119 5.12 HOCHTEMPERATURSONDE ............................................................................121 5.13 GASANALYSEN MIT DEM REMPI-SPI-EI-TOFMS .......................................126 5.13.1 Online–Analyse von Zigarettenrauch..................................................126 5.13.2 Analyse von Proben der Benzinsynthese vor und nach der Hydrierung...........................................................................................130 5.13.3 6 Online-Analyse von Rauchgas einer Müllverbrennungsanlage ..........135 MOBILES MASSENSPEKTROMETER MIT EXCIMERLICHTQUELLE ................................................................................................140 6.1 AUFBAU UND FUNKTION EINER EXCIMERLICHTQUELLE ................................140 6.2 KOMBINATION EINER EXCIMERLAMPE MIT EINEM TOFMS...........................145 6.3 MESSUNGEN ZUR SPEZIFIZIERUNG DER EXCIMER-TOFMS-KOMBINATION ..149 6.4 ERSTE GASANALYSEN MIT EINEM ELEKTRONENSTRAHL-GEPUMPTEN EXCIMER-TOFMS .......................................................................................155 7 KONZEPTE ZUR STEIGERUNG DER EMPFINDLICHKEIT SOWIE ZUR MODIFIKATION DES REMPI-SELEKTIVITÄTSPROFILS ...........159 7.1 ANREICHERUNG IN DER PROBENAHME .........................................................159 7.1.1 Modulator ............................................................................................160 7.1.2 Anreicherungskapillare .......................................................................163 7.1.3 Ultradicke Anreicherungskapillare .....................................................163 7.1.4 Online-Anreicherung ...........................................................................165 7.1.5 Offline-Anreicherung...........................................................................169 7.2 7.2.1 DERIVATISIERUNG ........................................................................................172 Vorversuche zur Derivatisierung.........................................................174 7.2.2 8 Derivatisieren in der Probenahme des TOFMS ..................................178 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK ...................................................185 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS .............................................................................192 LITERATURVERZEICHNIS .................................................................................193 VERZEICHNIS EIGENER VERÖFFENTLICHUNGEN ...................................207 6 Danksagung An dieser Stelle möchte ich mich bei allen bedanken, die zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben. Herrn Prof. Dr. Antonius Kettrup danke ich für die freundliche Aufnahme an seinem Institut. Herrn Prof. Dr. Ralf Zimmermann danke ich herzlich für die Aufnahme in seine Arbeitsgruppe, die freundschaftliche Betreuung und die interessante Themenstellung. Herrn Prof. Dr. Egmont Rohwer, vom Department of Chemistry der University of Pretoria, danke ich für die Betreuung während meines Aufenthalts in Südafrika. Insbesondere danke ich ihm für die Vermittlung von Kenntnissen in Chromatographie. Herrn Priv.-Doz. Dr. Andreas Ulrich vom Physik-Department der TU München danke ich für die überaus erfolgreichen Versuche, die wir gemeinsam durchgeführt haben. Herrn Prof. Dr. Ulrich Boesl-von Grafenstein danke ich für seine Diskussionsbeiträge. Ich danke meinen ehemaligen Kollegen Ralph Dorfner, Dr. Martin Blumenstock und Dr. Hans Jörg Heger für die Einarbeitung am Institut. Meinen Kollegen und Mitstreitern Klaus Hafner, Thomas Ferge, Stephane Gallavardin, Thomas Adam, Thorsten Hauler, Dr. Jürgen Mguhn, Dr. Maria Martinez, Katja Neuer-Etscheid und Dr. Thorsten Streibel danke ich für ihre Beiträge, das gute Arbeitsklima und ihre Hilfe bei den Messkampagnen. Frau Maria Fernandes-Whaley und Herrn Alexander Whaley von der University of Pretoria danke ich für die gute und freundschaftliche Zusammenarbeit während meines Besuches in Pretoria und während ihres Aufenthaltes in München. Ohne eine gute Werkstatt wäre der Aufbau des Gerätes nicht möglich gewesen. Daher danke ich dem Werkstattleiter, Herrn Dietz, seinem Vorgänger, Herrn Seif, und ihrem Team. Besonders loben möchte ich die Arbeiten von Herrn Lang, Herrn Huber, Herrn Stocker, Herrn Taubert und Herrn Streitenberger. Herrn Frisch danke ich für seine Hilfe bei all meinen Elektronik-Problemen. Für die Hilfe bei den Messkampagnen und für ihre Diskussionsbeiträge möchte ich nicht vergessen, den Kollegen vom Bayerischen Institut für Angewandte Umweltforschung und –technik GmbH zu danken. 7 Ich danke dem BMBF für die Finanzierung des HGF-Strategiefonds-Projektes zur Stickoxidminderung (99/11), in dessen Rahmen diese Arbeit entstehen konnte, und den Kooperationspartnern vom Forschungszentrum Karlsruhe GmbH, vom CUTEC-Institut GmbH, von der Fa. Martin GmbH und von der Fa. Lurgi Energie und Entsorgung GmbH. Herrn Prof. Dr. Seifert danke ich für die Projektleitung und Herrn Dr. Warnecke danke ich für die Zusammenarbeit bei Planung und Durchführung der Messkampagnen. Für die Unterstützung bei den Messkampagnen danke ich außerdem den Mitarbeitern des Müllheizkraftwerks in Coburg und den Angestellten des Gemeinschaftskraftwerks Schweinfurt. Großer Dank gebührt meinen Eltern, die mir das Studium ermöglicht und mich großzügig unterstützt haben, sowie meiner Freundin Michaela David und meinem Sohn Paul, die mir liebevoll bei meiner Arbeit zur Seite gestanden haben. 8 Kapitel 1 1 Einleitung und Aufgabenstellung Bisher werden in der Abfallwirtschaft, in der Petrochemie und in der Lebensmittelindustrie Spurenverbindungen in Prozessgasen mittels Offline-Analysenverfahren nachgewiesen. Dazu werden Proben genommen, zum Teil angereichert, nasschemisch vorbereitet (extrahiert, instrumentellen vorgereinigt, Analyse eingeengt unterzogen, wie etc.) z.B. und mit anschließend einer Gaschromatographie- Massenspektrometrie (GC-MS) [1]. Die Gaschromatographie trennt die Inhaltsstoffe einer Probe auf Grund von Flüchtigkeit oder Polarität zeitlich auf. Der Nachweis der getrennten Verbindungen erfolgt mittels Elektronenstoß-Massenspektrometrie (EI-MS). Die zeitlich aufeinanderfolgenden Massenspektren zeigen spezifische Fragmentmuster, die anschließend chemischen Substanzen zugeordnet werden. Aufgrund der aufwendigen und langwierigen Probenvorbereitung und der komplizierten Identifikation der Verbindungen aus den Fragmentmustern ist dieses analytische Verfahren für eine zeitnahe „Online“-Analytik nicht geeignet. Durch die Online-Erfassung organischer und anorganischer Verbindungen in Prozessgasen im Spurenbereich könnten bei industriellen Prozessen Störsubstanzen detektiert, Produkte überwacht und Prozesse gesteuert werden. In Müllverbrennungsanlagen wäre es z.B. möglich, mit Hilfe von Online-Methoden Schadstoffe in Echtzeit nachzuweisen und dadurch die Verbrennungsbedingungen entsprechend zu optimieren. Da ein schnelles analytisches Verfahren ohne Probenvorbereitung und Anreicherung auskommen sollte, sind die Anforderungen an die Selektivität und die Empfindlichkeit sehr hoch. Daher eignen sich für Online-Messungen besonders Massenspektrometer (MS) in Verbindung mit weichen Ionisationsverfahren. Um Verbindungen aus einem komplexen Gasgemisch mit einem Massenspektrometer zeitnah zu messen zu können, sollten die Zielverbindungen durch den Ionisationsschritt möglichst wenig fragmentiert werden. Ionisationsverfahren, die bei der Ionisation nur wenige Fragmente erzeugen, bezeichnet man als weiche Ionisationsverfahren. Nur mit solchen Verfahren können Informationen für eine Vielzahl von Verbindungen direkt aus den Massenspektren entnommen werden. Weiche Ionisationsverfahren sind z.B. die chemische Ionisation (CI) [2], die Einphotonenionisation (engl.: snigle-photon 9 ionization, SPI) [3], die Feldionisation (FI) [4] und die resonanzverstärkte Mehrphotonenionisation (engl.: resonance enhanced multiphoton ionization, REMPI) [5]. Aufgrund der physikalischen Vorgänge bei der Ionisation unterscheiden sich diese Ionisationsmechanismen in ihrer Selektivität. Um möglichst umfassende Informationen über eine Probe zu erhalten, können mehrere dieser weichen Ionisationsverfahren kombiniert werden. Im Hinblick auf eine möglichst umfassende Gasanalyse wurde ein mobiles Massenspektrometer entwickelt, das den parallelen Einsatz mehrerer Ionisationsmethoden ermöglicht. Das Konzept dieses Massenspektrometers sieht vor, sehr schnell aufeinanderfolgend bestimmte Bestandteile des Probengases durch unterschiedliche Ionisationsmechanismen zu ionisieren und die so erzeugten Ionen mit einem Flugzeitmassenspektrometer (engl.: time-of-flight mass spectrometer, TOFMS) massenselektiv nachzuweisen. Die in das Gerät integrierten Ionisationsmethoden sind die resonanzverstärkte Mehrphotonenionisation (REMPI), die Einphotonenionisation (SPI) und die Elektronenstoßionisation (engl.: electon-impact ionization, EI). 1. Die laserbasierende resonanzverstärkte Mehrphotonenionisation (REMPI) ist als selektive und sensitive analytische Methode bekannt [6-8]. Sie eignet sich für Online-Messungen von Spurenbestandteilen in komplexen Gasgemischen. Bei der REMPI-Technik werden Moleküle durch ein oder mehrere Photonen angeregt (UV-Spektroskopischer Schritt) und dann durch die weitere Absorption eines oder mehrerer Photonen ionisiert (Ionisierungsschritt). Aufgrund der resonanten Anregung eines optischen Zustandes bei der REMPI-Ionisation findet eine Ionisation nur unter Berücksichtigung der Lage und Art der Zwischenzustände statt. Je nach Temperatur des Analyten kann die REMPI-Technik substanzklassenselektiv oder sogar isomerenselektiv sein (siehe Abbildung 1). Die höchste Selektivität wird bei Verwendung der Überschalleinlasstechnik zur adiabatischen Kühlung erreicht [9-12]. Durch Anpassung der Laserpulsleistungsdichte kann nahezu fragmentfrei ionisiert werden. Aufgrund der Lage der Anregungszustände bei den aromatischen Verbindungen ist REMPI-TOFMS zum Online-Nachweis dieser Verbindungen in Spurenkonzentrationen aus komplexen Gasgemischen prädestiniert [11, 13, 14]. In den vergangenen Jahren wurde über den Einsatz von mobilen REMPI-TOFMS-Instrumenten für die Ana- 10 Kapitel 1 lyse von Müllverbrennungsrauchgasen [15-19], die Analyse von Kaffee-Röstgas [14] sowie über die Analyse von Autoabgasen [20-22] berichtet. 2. Verglichen mit der REMPI-Methode ist die Einphotonenionisation (SPI) weniger selektiv (vgl. Abbildung 1). Bei dieser Technik wird vakuum-ultraviolettes Licht (VUV-Licht) für die Einphotonenionisation verwendet [23]. Die Selektivität wird dabei durch die übertragene Ionisationsenergie bestimmt. Wird einem Molekül durch die Absorption eines Photons mehr Energie als das spezifische Ionisationspotential (IP) übertragen, so kommt es zur Ionisation. Eine typische, mit einem Laser erzeugbare VUV-Photonenenergie ist 10,5 eV (118 nm). Mit dieser Energie lassen sich viele organische und einige anorganische Moleküle ionisieren. Laser-VUV-Licht kann durch Frequenzverdreifachung von intensiven UV-Strahlen in einer Edelgaszelle erzeugt werden [24-26]. Eine stetig wachsende Zahl an Veröffentlichungen über die Erzeugung und Anwendung von laserinduzierter VUV-Strahlung für die Massenspektrometrie zeigt das steigende Interesse an dieser Methode [3, 23, 27-38]. 3. Neben der REMPI- und SPI-Technik zur selektiven Ionisation von Spurenbestandteilen aus einem Gasstrom können die Bestandteile eines Gasgemisches durch Elektronenstoß (EI) ionisiert werden. Das EI-Verfahren ist nicht geeignet, Spurenbestandteile online zu detektieren, da es kaum selektiv ist und eine Vielzahl von Fragmentionen erzeugt. EI stellt aber eine wichtige Methode dar, um die relativ stabilen Hauptbestandteile von Gasgemischen, wie z.B. N2, CO2, O2 und H2O, nachzuweisen. Wie aus Abbildung 1 entnommen werden kann, sind REMPI, SPI und EI bezüglich Selektivität sich ergänzende Techniken. Mit SPI sind je nach Intensität der Lichtquelle Nachweisgrenzen bis in den ppb- (engl.: parts per billion, 1 Volumenbestandteil aus 109 Teilen) und mit REMPI sogar bis in den ppt- (engl.: parts per trillion, 1 Volumenbestandteil aus 1012 Teilen) Bereich erreichbar. Die Nachweisgrenzen bei EI liegen einige Größenordungen höher. Bei einer Kombination dieser drei Ionisationsmethoden dient die EI-Methode dazu, die typischen Hauptbestandteile von Prozessgasen, wie z.B. H2O, N2 und CO2 nachzuweisen. Diese kleinen Moleküle haben hohe Ionisationspotentiale und lassen sich mit EI gut ionisieren. 11 Die Aufgabenstellung dieser Promotionsarbeit ist die Entwicklung einer kompakten, laserbasierenden Lichtquelle für VUV-Photonen. Die VUV-Lichtquelle soll so mit einem Flugzeitmassenspektrometer gekoppelt werden, dass das Analysegas in einem Massenspektrometer alternierend und innerhalb kürzester Zeit mittels VUV-Photonen durch den SPI-Prozess, mittels UV-Photonen durch den REMPI-Prozess und mittels eines Elektronenstrahls durch den EI-Prozess analysiert werden kann. Dieses neue Massenspektrometer soll mobil und für quantitative Online-Analysen von Verbrennungsgasen aus der Flammenzone von Müllverbrennungsanlagen geeignet sein. Des Weiteren soll in Hinblick auf die Entwicklung von industriell einsetzbaren Massenspektrometern untersucht werden, ob sich elektronenstrahlgepumpte Excimerlichtquellen anstelle von Lasern zum Bau kostengünstiger Flugzeitmassenspektrometer eignen. Die Aufgabenstellung dieser Promotionsarbeit ist die Entwicklung einer kompakten, laserbasierenden Lichtquelle für VUV-Photonen. Die VUV-Lichtquelle soll so mit einem Flugzeitmassenspektrometer gekoppelt werden, dass das Analysegas in einem Mas Abbildung 1: Drei Ionisationsmethoden für die Online-Massenspektrometrie, die sich bei gleichzeitigem oder kurz aufeinanderfolgendem Einsatz bezüglich Selektivität und Sensitivität gegenseitig ergänzen. Die Techniken sind nach steigender Selektivität der Ionisation aufgelistet [39]. Die vorliegende Arbeit beschreibt die Entwicklung des mobilen Flugzeit- Massenspektrometers, die Integration der Ionisationstechniken sowie die Erzeugung und Detektion des VUV-Lichts. Es werden Versuche zur Spezifikation des Gerätes und die daraus ermittelten Kenngrößen vorgestellt. Im Anschluss daran werden als Anwendungsbeispiele Messungen von Zigarettenrauch, von Mineralölfraktionen und vom Abgas einer großtechnischen Müllverbrennungsanlage (MVA) dargestellt. Für die Messung des Verbrennungsabgases einer MVA wurde das Instrument mehrere Wochen im Kesselhaus einer Müllverbrennungsanlage betrieben. Um das bis zu 12 Kapitel 1 1300 °C heiße Abgas aus der Flammenzone der Anlage zu messen, musste für die Probenahme, im Rahmen dieser Arbeit, eine spezielle gekühlte Hochtemperatursonde entwickelt werden. Die mit dem hier beschriebenem Spektrometer gewonnenen Ergebnisse der Messkampagne an einer MVA werden in [40] dargestellt und diskutiert. Mit Hilfe von Standardgasen können TOFMS-Messungen quantifiziert werden (externe Standardisierung). Für die Messungen an der MVA wurde ein Standardgas mit speziellen Verbindungen benötigt, das kommerziell nicht erhältlich war. Daher musste zur Erzeugung eines Standardgasgemisches ein Gerät entwickelt werden. Der hier vorgestellte Standardgasgenerator basiert auf der Permeation von Substanzen durch eine Membran oder Diffusion durch eine Kapillare und erzeugt einen konstanten Gasstrom, in dem relevante Verbindungen in geeigneten, konstanten Konzentrationen enthalten sind. Um das Einsatzfeld des entwickelten Spektrometers zu erweitern und zur Verbesserung der Nachweisgrenzen, wurden in Kooperation mit der Arbeitsgruppe von Prof. Rohwer (University of Pretoria) Versuche zu Anreicherungseinheiten durchgeführt. Basierend auf Kapillaranreicherungseinheiten mit absorptiven Innenbeschichtungen (stationäre Phase) werden erste Versuche zur Steigerung der Nachweisempfindlichkeit eines TOFMS-Systems vorgestellt und diskutiert. Weiterhin werden Konzepte zum Einsatz von Kapillaranreicherungseinheiten zur externen Offline-Porbenahme mit anschließender thermischen Desorption und REMPI/SPI-TOFMS Analyse getestet. Es wird über erste Tests der Kapillaranreicherungseinheiten, bei denen diese Einheiten zur In-situDerivatisierung von Aldehyden und Aminen verwendet werden, berichtet. Das In-SituDerivatisierungsverfahren ermöglicht es Amine und Aldehyde über entsprechende aromatische Derivate, die mit REMPI erfassbar sind, selektiv in einem komplexen Gasgemisch nachzuweisen. Unveränderte Amine und Aldehyde sind hingegen mit REMPI schwer nachzuweisen. Im Hinblick auf die Entwicklung eines industrietauglichen Gerätes, das kontinuierlich betrieben werden kann, einfach zu bedienen und wartungsarm ist, wurde während des Aufbaus des beschriebenen Kombigerätes nach monochromatischen, intensiven VUVLichtquellen gesucht, die robuster und kostengünstiger sind als die laserinduzierte VUV-Erzeugung. Eine mögliche Alternative stellt die elektronenstrahlgepumpte Excimer-Lampe dar. Ein Prototyp einer derartige Excimer-Lichtquelle wurde im Rahmen dieser Arbeit erstmalig mit einem Massenspektrometer kombiniert. Die Experimente in 13 Kooperation mit dem Institut für Experimentalphysik (E12) der TU München verliefen erfolgreich und lieferten vielversprechende Ergebnisse. Die VUV-Erzeugung durch den Excimer-Prozess, der Aufbau einer Excimer-Lichtquelle und die ersten Experimente mit der Kombination aus TOFMS und Excimer-Lampe sind ebenfalls Bestandteil dieser Arbeit. 14 Kapitel 2 2 Flugzeitmassenspektrometrie Die in dieser Arbeit beschriebenen Gasanalysegeräte, basieren auf der Flugzeitmassenspektrometrie. In diesem Abschnitt wird die Funktionsweise des linearen und des Reflektron-Flugzeitmassenspektrometers beschrieben. Werden z-fach geladene Ionen der Masse m im elektrostatischen Potenzialgradienten erzeugt, nehmen sie aus dem Feld kinetische Energie auf und werden beschleunigt. Ionen unterschiedlicher m/z-Verhältnisse erreichen im E-Feld verschiedene Endgeschwindigkeiten. Eine sich anschließende feldfreie Flugstrecke legen Ionen mit größerer Geschwindigkeit in einer kürzeren Zeit zurück als Ionen mit geringerer Geschwindigkeit. Folglich werden Ionen mit unterschiedlichen m/z-Verhältnissen getrennt. Im Flugzeitmassenspektrometer (engl.: time-of-flight mass spectrometer, TOFMS) wird das Detektorsignal zwischen der Erzeugung der Ionen und der Ankunft der voneinander getrennten Spezies mit hoher Genauigkeit, z.B. durch Oszilloskope aufgezeichnet. Die Ionensignale, über die Zeit aufgetragen, bilden die Flugzeitspektren, die durch Kalibrieren in Massenspektren umgewandelt werden können. Gerade die Flugzeitmassenspektrometrie eignet sich besonders gut, wenn viele unterschiedliche Ionen in einem sehr kurzen Zeitintervall, und nicht kontinuierlich, erzeugt werden und als Ionenverbände vom Entstehungsort extrahiert werden. Dieser Umstand prädestiniert das TOFMS zur Kombination mit Ionenerzeugung durch gepulste Laser. Bei der Laserionisation erzeugt ein ionisierender Laserstrahl im Zentrum der Ionenquelle in der Regel Ionen mit einfacher (z = 1) positiver Elementarladung (q). Alle Ionen werden in etwa durch dieselbe Potenzialdifferenz (U) beschleunigt und erhalten damit die gleiche kinetische Energie (E=1/2 mivi2). qU = 1 mi vi2 2 [2.1] Auf diese Weise erhält jedes Ion der Masse mi die spezifische Geschwindigkeit vi, vi = 2qU , mi [2.2] 15 mit der das Ion den Flug durch ein feldfreies Flugrohr antritt. Aufgrund der unterschiedlichen Geschwindigkeiten trennen sich die Ionen auf ihrem Flug entlang der feldfreien Strecke (d) und treffen schließlich nach ihrer Masse (m) getrennt auf dem Detektor auf. Durch Substitution von v durch d/t in der obigen Gleichung wird deutlich, dass die Flugzeit (t) der Ionen proportional zur Wurzel ihrer Masse ist ( t ~ m ). Wenn die Massenabhängigkeit der Flugzeiten der zu untersuchenden Ionen durch Ionen bekannter Masse kalibriert wird, lassen sich der gerätespezifische Parameter a und die Nachweisverzögerung b in Formel [2.3] durch lineare Regression bestimmen. t = a m +b [2.3] In die Steigung a fließen experimentelle Daten, wie z.B. Betriebsspannungen, die Geometrie der Abzugsfelder und die Länge der Driftstrecke ein, während b durch die Ansprechzeiten des Detektors und der Elektronik verursacht wird. Die Güte eines Massenspektrometers wird sowohl über sein oberes Massenlimit und über die Transmission, als auch durch das Massenauflösungsvermögen R beschrieben. Prinzipiell ist das obere Massenlimit nicht limitiert. Die Funktion des Detektors ist allerdings massenabhängig, kann aber experimentell bestimmt werden. Die Transmission ist der Anteil detektierter Ionen von den erzeugten Ionen. Das Auflösungsvermögen R beschreibt die Fähigkeit des Spektrometers, das Signal zweier Ionen mit kleinem Massenunterschied auch in Form voneinander getrennter Signalantworten zu detektieren. In der Massenspektrometrie werden zwei Peaks als voneinander getrennt bezeichnet, wenn das Signal zwischen den Peaks um 50% abfällt. Wenn der feinste Massenunterschied zwischen zwei Peaks der Wert Dm ist, definiert sich das Auflösungsvermögen zu R= m Dm [2.4] 16 Kapitel 2 In Flugzeitmassenspektrometern mit ausschließlich statischen elektrischen Feldern (für welche t ~ m erfüllt ist) wird die Halbwertsbreite Dt (auch: full width at half maximum, FWHM) eines Flugzeitsignals zur Bestimmung des Auflösungsvermögens herangezogen und es ergibt sich für die Massenauflösung R: R= m t = Dm 2Dt [2.5] 17 2.1 Lineares Flugzeitmassenspektrometer In Abbildung 2A ist ein lineares TOFMS mit zweistufiger Ionenextraktion nach Wiley und McLaren [41] skizziert. Bei einem linearen TOFMS [41, 42] gelangen die Ionen auf direktem Weg durch das Flugrohr zum Ionendetektor (vgl. Abbildung 2A). Die Spannungen der Ionenquelle können so eingestellt werden, dass Ionen mit gleicher Masse von verschiedenen Stellen des Ionisationsvolumens zur selben Zeit am Detektor ankommen. Dies ist gegeben, wenn der Detektor im 1. Ortsfokus liegt. Die Bedingungen hierfür können nach Walter [43] berechnet werden. Im Folgenden wird die Ionenfokussierung, die zu einer Erhöhung der Massenauflösung führt, beschrieben (vgl. Abbildung 2). Je nach Ionisationsort, durchlaufen die erzeugten Ionen eine größere oder kleinere Potenzialdifferenz. Demzufolge besitzen Ionen mit gleichem m/z-Verhältnis beim Eintritt in den feldfreien Raum, je nach Ionisationsort, eine größere oder kleinere kinetische Energie. Die Ionen mit gleichem m/z-Verhältnis, die aufgrund ihres Entstehungsortes einen weiteren Weg im Feld zurücklegten, sind schneller als die, die eine kürzere Strecke im Abzugsfeld zurückgelegt haben. Die schnelleren Ionen müssen aber zum Detektor einen längeren Weg zurücklegen als die langsameren Ionen. Genau im Ortsfokus werden die langsameren Ionen von den schnelleren Ionen eingeholt. Wenn der erste Ortsfokus so gewählt ist, dass er auf der Oberfläche des Detektors liegt, erhält man scharfe Signale mit guter Massenauflösung. Eine Besonderheit der von uns verwendeten TOFMS-Systeme ist, dass das Probengas kurz vor der Ionisationszone aus einer heizbaren Metalleinlassnadel austritt (vgl. Abbildung 2B). Damit das Abzugsfeld durch die geerdete Einlassnadel am Ionisationsort nicht gestört wird, muss der Ionisationsort, genau wie die Nadel, auf dem 0 VPotenzial liegen. Dies erreicht man, indem an die 1. und 2. Elektrode genau entgegengesetzte Potenziale anlegt (U1 = -U2). 18 Kapitel 2 Abbildung 2A: Schematischer Aufbau von linearen Flugzeit-Massenspektrometern nach Wiley und McLaren. Die Ionen werden zwischen der 1. und 2. Elektrode erzeugt und durch das elektrische Feld E abgezogen. Zwischen der 2. und 3. Elektrode (s2) werden die Ionen nachbeschleunigt und gelangen anschließend in den feldfreien Raum. Nach dem Durchlaufen der feldfreien Driftstrecke erreichen sie den Detektor und erzeugen das Detektorsignal. Die schwarzen Punkte stellen Ionen mit gleichem m/z-Verhältnis dar, die trotz unterschiedlicher Startpunkte den Detektor zur selben Zeit erreichen, da dieser im 1. Ortsfokus liegt. Wenn man das Analysegas durch eine Einlassnadel bis kurz vor die Ionisationszone leitet, müssen, wie in B dargestellt, die ersten beiden Elektroden auf entgegengesetzten Potenzialen liegen (U1 = -U2). 19 2.2 Reflektron-Flugzeitmassenspektrometer Die wahrscheinlich wichtigste Weiterentwicklung der Massenanalysatoren in der Flugzeitmassenspektrometrie geht auf die Arbeiten von Mamyrin [44] zurück. Zur Kompensation der Energiefehler der Ionen wurde vorgeschlagen, Ionen mit Hilfe elektrostatischer Felder abzubremsen, deren Flugrichtung umzukehren und sie unter einem bestimmten Winkel zum einfallenden Ionenstrahl auf einem Detektor zu fokussieren. Ein solcher Aufbau wird als Reflektron-Flugzeitmassenspektrometer bezeichnet und ist in der Abbildung 3 dargestellt. Das Reflektron korrigiert die kinetischen Energieverbreiterungen von Ionen gleicher m/z-Verhältnisse dadurch, dass höherenergetische Ionen tiefer in das Reflektronfeld eintauchen und sich aus diesem Grund länger im Reflektron aufhalten als Ionen mit geringerer kinetischer Energie. Gewöhnlich werden die Ionen im zweistufigen Reflektron zunächst durch ein Bremsfeld, das etwa zwei Drittel ihrer Energie kompensiert, stark abgebremst, wobei sich positive Ionen durch einen positiven elektrischen Feldgradienten abbremsen lassen. An das durch die Bremselektroden aufgebaute Feld schließt sich das Korrekturfeld an, welches von möglichst vielen scheibenförmigen Elektroden aufgespannt wird. In Abbildung 3 wird der Einfachheit halber das Korrekturfeld nur von 2 Elektroden erzeugt. In der Praxis werden relativ viele Elektroden benutzt, um das Korrekturfeld möglichst homogen zu gestalten. Die Elektroden werden über eine Widerstandskette verschaltet, so dass die Feldstärke zur Endplatte hin immer weiter zunimmt. Ist die kinetische Energie der Ionen in Vorwärtsrichtung kompensiert und die Geschwindigkeit folglich Null, wirkt das Reflektronfeld in Rückwärtsrichtung beschleunigend. Nach Reflektion durch den elektrostatischen Ionenspiegel treffen die Ionen auf den Detektor. In einem Reflektron wird der 1. Ortsfokus, der hier näher an der Ionenquelle liegt als beim linearen TOFMS, durch den Ionenspiegel auf den rückwärtigen Ionendetektor abgebildet (Abbildung 3). Mit einem Reflektron werden wesentlich höhere Massenauflösungen erreicht als mit einem linearen TOFMS. Allerdings ist die Sensitivität beim Reflektron etwas geringer, da durch die zusätzlichen implementierten Bauelemente Ionen verloren gehen. 20 Kapitel 2 Abbildung 3: Schematischer Aufbau eines gewinkelten Reflektrons mit Nadeleinlass. Die schwarzen Punkte stellen Ionen mit gleichem m/z-Verhältnis dar, die trotz unterschiedlicher Startpunkte den Detektor zur selben Zeit erreichen, da dieser im 2. Ortsfokus liegt. Der interessierte Leser sei auf die Veröffentlichungen von Boesl et al. verwiesen [8, 45], in denen die Entwicklung von Flugzeitmassenspektrometern detailliert beschrieben wird. 21 3 Ionisationsmechanismen In dieser Arbeit wird ein Flugzeitmassenspektrometer (TOFMS) vorgestellt, das in der Lage ist, Gasmoleküle mittels drei verschieder Ionisationsmechanismen zu ionisieren (siehe Kapitel 5). Die Ionisatismechanismen unterscheiden sich in den physikalischen Vorgängen und sind bezüglich Sensitivität und Selektivität verschieden (Abbildung 4). Nachfolgend werden die drei Ionisationsmechanismen beschrieben, durch die das im Rahmen dieser Arbeit entwickelte TOFMS Gasproben analysieren kann. 3.1 Resonanzverstärkte Mehrphotonenionisation (REMPI) Die resonanzverstärkte Mehrphotonenionisation (engl.: resonance enhanced multiphoton ionization, REMPI) ist eine Photoionisationsmethode, bei der die Atome oder Moleküle durch Absorption mehrerer Lichtquanten ionisiert werden [7, 11, 15, 18, 45-56]. Dabei ist die Energie des einzelnen Photons kleiner als das Ionisierungspotenzial des Moleküls oder Atoms. Um eine Ionisation zu erreichen, muss das Atom oder Molekül mehr als ein Photon absorbieren. Bei resonanzverstärkter Multiphotonenionisation (REMPI) ist die Photonenenergie in Resonanz mit einem angeregten Molekül- oder Atomzustand. Man klassifiziert daher den REMPI-Prozess nach der Zahl der benötigten Photonen und der angeregten Zustände. Allgemein wird ein Prozess bei dem x-Photonen zu einem Zwischenzustand und yPhotonen zur Überschreitung des IP führen, als (x + y)-REMPI-Prozess bezeichnet. Aromatische Verbindungen lassen sich z.B. mit dem (1 + 1)-REMPI-Prozess bei Wellenlängen zwischen 250 nm und 320 nm ionisieren. Aliphatische Verbindungen lassen sich mit (1 + 1)-REMPI bei Wellenlängen deutlich unter 250 nm oder mit (2 + 1)REMPI ionisieren. Viele anorganischen Spezies können nur mit (2 + 1) oder mit noch aufwendigeren REMPI-Prozessen erfasst werden. Zur Vertiefung sei auf die Veröffentlichungen [7, 55] hingewiesen. 22 Kapitel 3 Abbildung 4: Vergleich von REMPI, SPI und EI. Dargestellt sind von verschiedenen Molekülen, die mit A bis F bezeichnet sind, jeweils der Molekül-Grundzustand (X), ein Anregungszustand (X*) und der Molekül-Ion-Grundzustand (X+). Rechts ist als Beispiel je ein Massenspektrum dargestellt. Bei REMPI (oben) wird durch zwei Photonen (lUV) ionisiert. Das erste Photon bringt das Molekül in einen langlebigen angeregten Zustand. Durch Absorption eines 2. Photons wird das angeregte Molekül ionisiert. Nach der SPI-Methode (Mitte) wird ionisiert, wenn das IP eines Moleküls kleiner oder gleich der Photonenenergie ist. Bei der Elektronenstoß-Ionisation (unten) ist der Energieübertrag der Elektronen (e-) so groß, dass alle Moleküle ionisiert werden. Durch die hohe übertragene Energie kommt es zusätzlich zur Bildung von Fragmenten. Aufgrund des hohen Aufwandes, der bei Verwendung mehrere Laser erforderlich ist, wurde mit dem in dieser Arbeit beschriebenen System nur nach der (1 + 1)-REMPIMethode ionisiert. Die Abbildung 4 (oben) zeigt für das Molekül A das Energie/Termschema eines resonanzverstärkten (1 + 1)-Ionisationsprozesses. Eine effiziente 23 und weiche (1 + 1)-Multiphotonenionisation kann wie im Fall A der Abbildung 4 (oben) nur erfolgen, wenn die Laserwellenlänge in Resonanz mit der Anregungsenergie eines UV-spektroskopischen Übergangs des Zielmolekühls ist, die Summe der Energien zweier Photonen größer als das Ionisationspotenzial, d.h. eine Zweiphotonenionisation energetisch möglich ist, und die Lebensdauer der angeregten Zustände nicht wesentlich kürzer als die Laserpulsdauer (typischerweise 5 ns) ist. Da Ionisationspotenziale und UV-Übergänge für verschiedene Moleküle unterschiedlich sind, können bei einer bestimmten Laserwellenlänge jeweils nur einige bestimmte Verbindungen ionisiert werden. So absorbieren z.B. aromatische Verbindungen Photonen mit Energien zwischen 5,0 eV (250 nm) und 3,9 eV (320 nm). Durch zwei Photonen wird den Molekülen damit eine Energie zwischen 9,9 eV und 7,7 eV übertragen, welche bei dieser Substanzklasse zum Ionisieren ausreicht. Ein großer und oft entscheidender Vorteil dieser Ionisationsmethode gegenüber der Elektronenstoß-Ionisation (3.3) ist die weitaus geringere Überschussenergie, die die Analyten bei der Ionisation erhalten, was zu einem nahezu fragmentfreien Prozess führt [47]. Durch den selektiven Schritt über einen Anregungszustand ermöglicht das REMPIVerfahren den Nachweis von ausgewählten Spurenverbindungen aus komplex zusammengesetzten Proben. Aromatische, phenolische und heterozyklische Verbindungen können bis in den ppt-Konzentrationsbereich hinein direkt aus einer Gasprobe nachgewiesen werden. Diese Methode eignet sich hervorragend für zeitaufgelöste OnlineMessungen, da kein vorhergehender Aufkonzentrierungsschritt nötig ist. Die mit einem REMPI-TOFMS nachgewiesenen Ionen können durch zwei Kriterien identifiziert werden. Zum einen wird mit dem TOFMS die Masse des Ions bestimmt und zum anderen ist die Ionisation nur möglich, wenn die verwendete Laserwellenlänge auf einen passenden Anregungszustand trifft. Damit wird Massen- und Wellenlängenselektivität erreicht [46, 57, 58]. Die Wellenlängenselektivität lässt sich durch die Temperatur des Analyten beeinflussen. Wenn z.B. das Probengas vor der Ionisation stark abgekühlt wird, befinden sich die Moleküle statistisch verteilt öfter im rotatorischen Grundzustand und für den als REMPI-Zwischenschritt benutzten 1. vibratorischen Anregungszustand gibt es weniger rotatorische Entartungen. Dies macht die Absorptionslinien schmäler und bei gleicher Wellenlänge werden bei gekühltem Probengas weniger Verbindungen ionisiert. Ist von 24 Kapitel 3 einem Molekül die genaue Energie einer UV-Absorptionslinie bekannt, kann dieses mit Hilfe eines durchstimmbaren Lasers selektiv ionisiert werden. Ein Probengas kann durch eine Überschall-Einlassdüse gekühlt werden. Zu dieser Technik, die im hier beschriebenen Gerät nicht vorhanden ist, verweise ich auf die Literaturstellen [59-61]. Wie aus der Beschreibung des REMPI-Prozesses zu ersehen ist, ist für gezieltes Messen spektroskopisches Wissen erforderlich. Um die UV-Wellenlänge zu ermitteln, bei der mit REMPI ionisiert werden kann, wird im allgemeinen ein sehr schmalbandiger durchstimmbarer Laser verwendet. Mit diesem kann das REMPI-Ionisationsverhalten von Substanzen in Abhängigkeit von der UV-Wellenlänge bestimmt werden (Abbildung 45 rechts). Für den analytischen Nachweis von Spurensubstanzen wird möglichst die Wellenlänge verwendet, bei der in der REMPI-Spektroskopie die meisten Ionen erzeugt wurden. Damit steht die Photonenenergie fest, bei der die maximale Sensitivität für diese Substanz erreicht wird. Gibt es eine andere Verbindung mit der selben Masse, vergleicht man die spektroskopischen REMPI-Messungen dieser Substanzen und wählt nach Möglichkeit eine Wellenlänge, bei der sich nur das für die Messung interessante Molekül ionisieren lässt. 25 3.2 Einphotonenionisation (SPI) Bei der Einphotonenionisationsmethode (engl.: single-photon ionization, SPI), werden durch Absorption von nur einem Vakuum-Ultraviolet-Photon (VUV-Photon), Atome oder Moleküle ionisiert [62, 63] (Abbildung 4, Mitte). Bedingung für die SPI z.B. von einem Molekül ist, dass das Ionisationspotenzial (IP) des Moleküls unterhalb der Photonenenergie liegt (vgl. Abbildung 4). In der analytischen Massenspektrometrie werden die 118 nm-VUV-Photonen für den SPI-Prozess durch das Verdreifachen der dritten harmonischen Frequenz des Nd:YAGLasers (355nm) in einer Xenon Edelgaszelle durch einen nichtlinearen optischen Prozess erzeugt [24-26]. Diese Art der VUV-Erzeugung ist in Kapitel 4.1 beschrieben. Der Verdreifachungsprozess in einer Edelgaszelle ist vergleichsweise ineffizient, aber da im Vergleich zum REMPI-Prozess der Absorptionswirkungsquerschnitt für ein VUVPhoton sehr viel größer ist als der Absorptionswirkungsquerschnitt für zwei UVPhotonen bei REMPI, reicht eine relativ geringe Anzahl an VUV-Photonen, um ein nachweisbares Ionensignal zu erzeugen. Für die zeitauflösende Massenspektrometrie zur Untersuchung von chemischen Prozessen bietet sich die VUV-Einphotonenionisation an, da durch VUV-Ionisation aliphatische und aromatische Kohlenwasserstoffe, als auch anorganische Verbindungen wie Ammoniak und NO nachgewiesen werden können. Die Selektivität der SPI-Methode ist geringer als bei REMPI und besteht darin, dass Moleküle mit einem IP das höher liegt als die Photonenenergie nicht ionisiert werden. Bei komplexen Prozessgasen kann es daher sinnvoll sein, dieses Verfahren mit der selektiveren REMPI-Methode zu kombinieren. Die meisten Hintergrundgase, wie Stickstoff (IP = 15.58 eV), Sauerstoff (IP = 12.06 eV), Kohlendioxid (IP = 13.77 eV), und Wasserdampf (IP = 12.62 eV), haben ein höheres Ionisationspotenzial als 10.49 eV der 118 nm-Photonen aus der Nd:YAG-Laser–Xenonzellenkombination. Sie werden deshalb durch die 118 nm-VUVStrahlung nicht ionisiert. Dies ist ein Vorteil, da die in hohen Konzentrationen vorkommenden Hintergrundgase sonst zu Detektorsättigung führen würden, die auch die anderen Massenkanäle beeinflusst. Außerdem würde es wegen der hohen Ionendichte in der Ionenquelle und im Flugrohr des Massenspektrometers zu Raumladungseffekten 26 Kapitel 3 (Peakverbreiterung) kommen. Viele analytisch interessante Verbindungen hingegen, wie z.B. NO (IP = 9.25 eV) oder die meisten organischen Moleküle, haben ein deutlich kleineres IP als 10.5 eV und lassen sich somit bis in den unteren ppb-Bereich nachweisen. Aufgrund der Photonenenergie, die im Bereich der Molekül-IPs liegt, ist die SPIMethode mit laserinduziertem VUV-Licht eine sehr weiche Ionisationsmethode, die nur sehr wenig zusätzliche Energie auf das Ion überträgt und somit zu geringer Fragmentation führt. Die große Anzahl der Veröffentlichungen, bei denen die SPI Methode Anwendung findet, zeigt das Interesse der Analytiker an diesem Ionisationsverfahren [3, 23, 27-36, 38]. 27 3.3 Elektronenstoßionisation (EI) Die Elektronenstoßionisation (engl.: electron impact, EI) ist die Standardionisationstechnik für die organische Massenspektrometrie. Bei der EI werden Elektronen, die aus einer Glühkathode emittiert werden, auf eine kinetische Energie von typischerweise 70 eV beschleunigt. Diese Elektronen stoßen auf die Moleküle und übertragen einen Teil ihrer kinetischen Energie. Typischerweise werden – verglichen mit dem Ionisierungspotential (für organische Moleküle: IP ~ 6-11 eV) – relativ hohe Energien übertragen. Das führt zu einer Fragmentierung vor allem fragilerer organischer Moleküle (vgl. Abbildung 4, unten). Diese Eigenschaft macht die EI ungeeignet zur OnlineBestimmung organischer Verbindungen aus komplexen Mischungen. Für den OnlineNachweis kleiner anorganischer Moleküle im ppm-Konzentrationsbereich, wie z.B. von Schwefeldioxid (SO2), Blausäure (HCN) oder Schwefelwasserstoff (H2S), aber auch von stabileren kleinen organischen Molekülen, wie z.B. Acetylen oder Methan, ist EI jedoch sehr gut geeignet. Diese Spezies fragmentieren unter EI kaum und sind aufgrund ihrer relativ hoch liegenden IPs nicht über die Photoionisationsmethoden SPI und REMPI erfassbar. In Abbildung 5 sind als Beispiel die Elektronenstoßspektren von HCN (27 amu) und Benzol (78 amu) dargestellt. HCN fragmentiert kaum. Obwohl Benzol ein besonders stabiles organisches Molekül ist, bilden sich bei EI mit 70 eV-Elektronen schon eine Vielzahl an Fragmenten. Das 70 eV-EI-Spektrum in Abbildung 5 (rechts) zeigt für Ben- Abbildung 5: Elektronenstoßspektren von HCN und Benzol. Die HCN- und das BenzolSpektrum wurden mit 70 eV-Elektronen erzeugt. Beide Spektren stammen vom National Institute of Standards and Technology (NIST) [64]. 28 Kapitel 3 zol 23 Fragmentpeaks. Die Fragmentsignale erreichen dabei Höhen bis zu 20 % vom Hauptsignal bei 78 m/z. Da Verbrennungsabgase viele Verbindungen enthalten, die fragiler als Benzol sind, ist offensichtlich, dass eine sehr große Anzahl von Fragmentpeaks die Identifikation von Spurenbestandteilen erschwert oder sogar unmöglich macht. Im Vergleich zur Photoionisation ist die Fragmentierung bei der Verwendung von Elektronen mit 70 eV kinetischer Energie sehr viel stärker (vgl. Abbildung 6). In der Massenspektrometrie werden oft 70 eV-Elektronen verwendet, da sich mit dieser Energie effektiv ionisieren lässt und die Fragmente Aufschluss über die Struktur einer Verbindung geben. Außerdem gibt es zu dieser Elektronenenergie, für eine Vielzahl von Verbindungen, Vergleichsmassenspektren [64], die zur Identifizierung verwendet werden können. Verwendet man Elektronen mit niedrigerer kinetischer Energie, nimmt der Fragmentierungsgrad bei Annäherung an das Ionisationspotential der zu untersuchenden Verbindung ab (siehe Abbildung 6). Der Wirkungsquerschnitte von Molekühlen für Elektronenstoßionisation ist bei Energien nahe des IPs aber sehr klein und steigt in diesem Bereich nur langsam an. Aus diesem Grund eignen sich relativ langsame Elektronen schlecht für sensitive Messungen. Die Sensitivität bei EI wird durch die Intensität des verwendeten Elektronenstroms bestimmt. Der Elektronenstrom korreliert mit der Heizspannung der Glühkatode und kann daher in einem großen Bereich variiert werden. Da die EI-Ionisierung im Prinzip eine kontinuierliche Ionenquelle darstellt und das TOFMS ein gepulst arbeitender Massenanalysator ist, erwies sich die Implementierung der EI-Methode in ein Lasermassenspektrometer als eine diffizile Optimierungsaufgabe (siehe Kapitel 5.5). 29 Abbildung 6: Gemessene Elektronenstoß- und Photoionisations-Massenspektren von Diethylether [65]. Die Elektronenstoß-Massenspektren wurden mittels Elektronen mit einer kinetischen Energie von 70, 12 oder 10 eV erzeugt. 30 Kapitel 4 4 Erzeugung und Detektion von VUV-Licht Es ist in der Flugzeitmassenspektrometrie nicht möglich, Schadstoffe in ppmKonzentrationen oder weit darunter gleichzeitig mit N2, O2 und CO2, die in Konzentrationen von einigen Prozent vorhanden sind, zu detektieren. Für die Umweltanalytik wäre es daher gut, ein teilselektives Verfahren zu haben, das die Hauptbestandteile der Luft nicht ionisiert. Die Photoionisation mit Vakuum-UV-Licht (VUV-Licht) stellt solch eine teilselektive Methode dar. Verwendet man z.B. Licht mit einer Wellenlänge von 103 nm und somit mit einer Photonenenergie von 12 eV, würden aufgrund des Ionisationspotenzial (IP) von N2 (IP = 15,58), O2 (IP = 12,06), H2O (IP = 12,62) und CO2 (IP = 13,77) [64] diese Gasbestandteile nicht ionisiert werden. Andere Moleküle mit einem IP von höchstens 12 eV wären nachweisbar. In technischer Hinsicht ist zu beachten, dass unterhalb von 120 nm auch spezielle Optiken wie z.B. MgF2- und LiF-Kristalle eine relativ geringe Transmission zeigen (Abbildung 7). Unter 110 nm ist MgF2 praktisch nicht mehr durchlässig und LiF weist schon hohe Transmissionsverluste auf. Es ist zwar möglich, einen Photonenstrahl durch Reflexion zu formen und zu leiten, doch ist es oft notwendig, den Erzeugungsort der VUV-Strahlung durch eine Trennschicht vom Vakuum der Ionenquelle zu trennen. Dafür wird ein VUV-Licht-transmittierendes Material benötigt. Aufgrund der IPs der Luftbestandteile, der verfügbaren optischen Materialien und der Fortschritte in der Festkörperlasertechnik bietet sich in Verbindung mit einem TOFMS die laserindizierte 118,2 nm-Strahlung, die man durch das Summenfrequenzmischen der 3. harmonischen Wellenlänge (355 nm) eines Nd:Yag-Lasers erhält, an. Die 118,2 nmStrahlung mit einer Photonenergie von 10,49 eV nützt die Transmissionsgrenzen moderner Materialien optimal aus und besitzt, wie im Weiteren gezeigt wird, genügend Energie, um eine Vielzahl interessanter Moleküle zu ionisieren und damit der Flugzeitmassenspektrometrie zugänglich zu machen. Die ersten SPI-Massenspektrometer wurden in den 60er Jahren gebaut. Zur Massenbestimmung wurden damals Sektorfeldmassenanalysatoren verwendet [66, 67]. Bevor es möglich war laserinduzierteres VUV-Licht zu erzeugen, wurden Gasentladungslampen in unterschiedlichen Ausführungen und mit verschiedenen Gasen verwendet, die bis ins 31 tiefe VUV und darunter emittieren. Zum trennen der Lichtquelle vom Vakuum der Ionenquelle wurden schon damals die oben genannten Kristalle verwendet. Bei den Spektroskopieversuchen mit Wellenlängen unter 120 nm wurden dünnen Kapillaren (ähnlich Lichtleiter) in Verbindung mit differenziellen Druckstufen verwendet [68-70]. Die Wellenlängenselektion aus dem breitbandigen Emissionsspektren der Entladungslampen erfolgte über einen Monochromator [66, 67, 71]. Aufgrund der vergleichsweise geringen Photonendichten, die mit den Lampen am Ionisationsort erzeugt werden konnten, wurden nur Nachweisgrenzen bis 10 ppm erreicht [72]. Um Spurenbestanteile eines Gasstroms in der Ionenquelle eines TOFMS mittels SPI zu ionisieren, benötigt man intensive VUV-Strahlung. Lässt sich VUV-Strahlung fokussieren, so sind ausreichende Photonendichten am Ionisationort erzeugbar. Nicht nur mit Laser induzierter VUV-Strahlung könnten die erforderlichen Photonendichten erzeugt werden, sondern auch mit brillanten Excimer-Punktlichtquellen. Deren intensiver Leuchtpunkt lässt sich durch ein Linsensystem in die Ionisationszone abbilden. Im Folgenden werden die theoretischen Grundlagen der VUV-Lichtquellen beschrieben, die sich für den Einsatz in mobilen Flugzeitmassenspektrometern eignen. Anschließend wird die Detektion der VUV-Strahlung behandelt. Abbildung 7: Relative Transmission durch 2-3 mm MgF2 (links) und LiF (rechts) in Abhängigkeit von der Wellenlänge. [73] 32 Kapitel 4 4.1 Grundlagen der Erzeugung von laserinduziertem VUV-Licht v Wird von außen an ein Gas ein hochfrequentes elektromagnetisches Feld ( E ) angelegt, werden die quasifreinen Elektronen in Schwingung versetzt. Wird die Stärke des elektromagnetischen Feldes erhöht, kommt irgendwann der Punkt, bei dem die Elektronen v dem Feld nicht mehr folgen können. Damit ist eine Stärke des E -Feldes erreicht, bei der die Elektronen nicht mehr harmonisch, sondern unharmosch schwingen. Die v Reaktion eines Mediums auf ein angelegtes Feld wird Polarisation ( P ) genannt. Da das Verschieben der Elektronen gegenüber dem Atommittelpunkt selber wieder ein v elektrisches Feld erzeugt, das dem von außen angelegten Feld ( E ) entgegengerichtet ist und damit das gesamt Feld im Medium beeinflusst, ist v v v P = e 0 * c (E) * E . [4.1] v Dabei ist e 0 die elektrische Feldkonstante und c (E ) die elektrische Suszeptibilität. v Dadurch, dass die Elektronen dem E -Feld bei geringer Stärke harmonisch folgen könv nen, ist c (E ) in diesem Bereich eine Konstante. Erst wenn das im Medium erzeugte Gegenfeld nicht mehr proportional mit dem angelegten Feld steigt, ist c eine Funktion v von E . Abbildung 8: Schematische Darstellung des Aufbaus einer Xenonzelle mit zwei Linsen zur Erzeugung von 118 nm VUV-Strahlung aus einem 355 nm Laserstrahl. Die VUV-Strahlung entsteht durch Frequenzverdreifachung im Fokus des Pumplaserstrahls. Photonen sind elektromagnetische Wellen. Fokussiert man einen Laserstrahl in ein Gas (siehe Abbildung 8), so kann man im Fokalbereich so große Feldstärken erzeugen, dass die Elektronen dort unharmonisch schwingen. Für diesen Fall kann die Funktion [4.1] vereinfacht als Potenzreihe geschrieben werden. 33 v v v v P = e 0 * c 1 * E + c 2 * E 2 + c 3 * E 3 + ... ( ) [4.2] Aufgrund der relativ kleinen Werte von c2 , c3,... liefern die nichtlinearen Terme v v v c 2 * E 2 + c 3 * E 3 + ... erst bei sehr großen Feldstärken ( E ) einen relevanten Beitrag. Bei Festkörpern ergibt sich für die Größenordnung der Konstanten c1 » 1, c2 » 10−10 cm/V und c3 » 10-17 cm2/V2 [74]. Die höheren Ordnungen der Suszeptibilität werden sehr schnell kleiner und sehr große Feldstärken wären nötig, damit diese Terme zur Polarisation beitragen. Durch den Einfluß der Nachbaratome auf die Bewegung der quasifreien Elektronen sind die Suszeptibilitäten c1, c2 , c3, ... eigentlich Tensoren. In isotropen Medien wie Gläsern und Gasen, in denen alle physikalischen Vorgänge in alle Richtungen gleich ablaufen, ist c eine skalare Größe. Wird das elektromagnetische Feld im Medium durch Photonen erzeugt, deren Strahlung sich wie eine harmonische Welle ausbreitet, ist v v E = E 0 cos(wt). [4.3] Die resultierende elektrische Polarisation ist damit v v v P = e 0 c 1 E 0 cos(w t ) + e 0 c 2 E 02 cos 2 (w t ) + [4.4] v + e 0 c 3 E03 cos3 (w t ) + ... . Dies kann geschrieben werden als v v v P = e 0 c 1 E 0 sin(w t ) + 1 / 2e 0 c 2 E 02 [1 + cos(2w t )] + [4.5] v 1 / 4e 0 c 3 E 03 [3 cos(w t ) + cos(3w t )] + ... . Hätte man nur den linearen ersten Term von [4.5], würde die elektrische Polarisationswelle einem Wechselstrom entsprechen, der dem einfallenden Licht folgt. Die elektromagnetische Strahlung bzw. das Licht, welches vom Medium abgestrahlt werden würde, wäre die gebrochene Welle, die sich im allgemeinen mit geringerer Geschwindigkeit v fortpflanzt als die erzeugende Welle und dieselbe Frequenz wie das einfallende Licht hat. Im Gegensatz dazu liefern die Terme höherer Ordnung (n) in Gleichung [4.5] Polarisationswellen, die mit der Frequenz nw schwingen. 34 Kapitel 4 Aus der Maxwellgleichung für elektromagnetische Wellen [4.6] v v ¶2E DE - ee 0 m 0 2 = 0 ¶t und [4.7] r r r r r v D = P + e 0 E bzw. ee 0 E = e 0 E + P ergibt sich v v v 2 2 ¶ E ¶ E ¶ P m ( e + 2 )=0 0 0 ¶t 2 ¶t ¶z 2 [4.8] 2 und dann in mehreren Schritten aus [4.5] [4.9] v v ¶ E ¶2E - e 0 m0 2 = ¶z 2 ¶t 2 = m0 v v v ¶ 2 (e 0 c 1 E 0 cos(wt ) + 1 / 2e 0 c 2 E 02 [1 + cos(2wt )] + 1 / 4e 0 c 3 E 03 [3 cos(wt ) + cos(3wt )] + ...) ¶t 2 v v v v ¶ 2 PNL ¶2E ¶2E ¶2E und - e 0 m 0 2 = c 1e 0 m 0 2 + m 0 ¶z 2 ¶t ¶t ¶t 2 [4.10] die Wellengleichung v v v ¶ 2 PNL ¶2E ¶2E - ( c 1 + 1)e 0 m 0 2 = m 0 ¶z 2 ¶t ¶t 2 mit v v v ¶ 2 (1 / 2e 0 c 2 E 02 [1 + cos(2wt )] + 1 / 4e 0 c 3 E 03 [3 cos(wt ) + cos(3wt )] + ...) ¶ 2 PNL m0 = m0 ¶t 2 ¶t 2 [4.11] 35 bei der die nichtlineraren (NL) Glieder der Polarisation auf der rechten Seite zusammengefasst sind. Durchdringt eine elektromagnetische Welle ein isotropes Medium, wie in Abbildung 9 dargestellt, so kann aufgrund der Tatsache, dass alle materialspezifischen Vorgänge hier in allen Richtungen gleich ablaufen, eine Freuquenzverdopplung der Pumpstrahlung nicht stattfinden. Wie Abbildung 9A zu entnehmen ist, kann auf eine Welle mit doppelter Frequenz von der eingestrahlten Welle kein positiver Energiebetrag übertragen werden. In anisotropen Kristallen hingegen ist dies möglich. Abbildung 9B zeigt, dass auf eine Welle mit 3-facher Frequenz in einem isotropen Medium ein positiver Energiebetrag übertragen werden kann. Daher ist es möglich in isotropen Medien die 3. harmonische Wellenlänge zu erzeugen (Third Harmonic Generation, THG). Die geradzahligen Potenzen von [4.5], die eine geradzahlige Vervielfachung der Eingangswelle beschreiben, führen zu keinem Energieübertrag und sind somit zu ignorieren. Abbildung 9: Modell zur Erzeugung der 3. harmonischen Welle in einem isotropen Gas durch nichtlineare Polarisation der Atome. A: Frequenzverdopplung kann nicht stattfinden da bei einer Welle mit doppelter Frequenz in einem isotropen Medium kein positiver Energiebetrag in die verdoppelte Welle übergeht. Die Energie die kurzzeitig übertragen wird, wird während der nächsten Halbwelle wieder entzogen (ç+Eç = ç-Eç). B: Bei Frequenzverdreifachung hingegen ist der übertragene Energiebetrag (durch +/-E gekennzeichnet) positiv. Die 3. harmonische Wellenlänge kann also konstruktiv erzeugt werden. 36 Kapitel 4 Wird dies berücksichtigt, wird bei den relevanten Termen von [4.5] coswt durch ½ exp(iwt) ersetzt und die Ableitungen gleich dem Term für die nichtlinieare Polarisation aus Gleichung [4.11] gesetzt, ergibt sich r ¶ 2 PNL 1 = e 0 c 3w 2 E 03 [9 exp (i3wt ) + 3 exp (iwt )]. 2 8 ¶t [4.12] Dies in [4.11] eingesetzt ergibt die neue Funktion r r ¶2E ¶2E - ( c 1 + 1)e 0 m 0 2 = ¶z 2 ¶t [4.13] 1 e 0 c 3w 2 E 03 [9 exp(i3w t ) + 3 exp(iwt )] 8 und mit der Definition der Brechzahl n = c + 1 für die eingestrahlte Wellenlänge die Funktion n12e 0 m 0w 2 exp(iw t - ikz ) = [4.14] 1 e 0 c 3w 2 E02 [9 exp(i3w t - i3kz ) + 3 exp(iw t - ikz )] . 8 In diesem vereinfachten Modell erfährt die eingestrahlte Welle keine Dämpfung im Medium und daher liefert die zweifache Ortsableitung aus [4.11] hier keinen Beitrag. Der erste Term auf der rechten Seite von [4.14] oszilliert mit 3w und beschreibt damit die Erzeugung der 3. harmonischen Wellenlänge aus der Grundwellenlänge w. Stark vereinfacht betrachtet wird in Abhängigkeit von der vom Medium abhängigen Konstante c3, die Energie von drei Photonen mit der Frequenz w verwendet, um ein Photon der 3. harmonischen Wellenlänge mit der Frequenz 3w zu bilden. Die ausführliche Behandlung dieser VUV-Erzeugung ist in den Fachbücher [74-77] und Veröffentlichungen [25, 26, 78] zu finden. Der Brechungsindex (n) einer elektromagnetischen Welle in einem Medium hängt von deren Frequenz ab. Nach c = nw vv [4.15] ist auch die Ausbreitungsgeschwindigkeit (vw) einer elektromagnetischen Welle von ihrer Frequenz abhängig. Nach der normalen Dispersion breitet sich die von außen ein- 37 v v gestrahlte elektromagnetische Welle ( E w) schneller aus als die erzeugte E 3w-Welle mit dreifacher Frequenz. Dies hat zur Folge, dass nach einem bestimmten Weg die erzeugte v v E 3w-Welle nicht mehr in Phase ist mit der einige Millimeter zuvor erzeugten E 3wv Welle. Das Resultat ist, dass sich die E 3w-Wellen auf diese Weise selber schwächen oder sogar aufheben. Wenn man Laserstrahlung sehr stark fokussiert, muss dieser Effekt nicht berücksichtigt werden, da die 3. harmonische Wellenlänge quasi in einem Punkt erzeugt wird. Bei sanfterer Fokussierung, wie sie bei besonders starker Laserleistung v üblich ist, kann die E 3w-Welle in der Strahltaille über einige Millimeter erzeugt werden und daher muss dort dieser Effekt beachtet werden. Nimmt man vereinfacht an, dass das kurzwelligere Licht der 3. harmonischen Wellenlänge konstant über eine Länge (l) erzeugt wird, so ist die Intensität (I3) der 3. harmonischen Wellenlänge gegeben durch die Funktion é l ù sin2 ê(2p (nw - n3w ) ú l0 û ë I3 (l ) µ . 2 (nw - n3w ) [4.16] Sind die Brechungsindizes nw und n3w für die erzeugende und die 3. harmonische Wellenlänge bekannt, kann man mit Gleichung [4.16] und der magnetischen Feldkonstante l0 die Länge (l) ausrechnen, bei der die Intensität der 3. harmonischen Wellenlänge maximal ist. Diese Länge (lc) wird Kohärenzlänge genannt. 1 l0 lc = 4 n1 - n3 [4.17] Da ein fokussierter Laserstrahl, auf Grund von Beugung, im Fokus nicht spitz zusammen und danach wieder spitz auseinander läuft, sondern wie bei einer Taille in einer Kurve zusammen und auseinander geht, ist es schwer, mit obiger vereinfachter Methode die optimalen Fokusbedingungen einzustellen. Bei energiereichen Laserstrahlen fokussiert man eher weniger stark, um im Fokus durch die dann zu hohen Feldstärken keine Gasdurchbrüche (Gas geht durch starkes elektrisches Feld über in den Plasmazustand) zu erzeugen. Wenn man die 3. harmonische Wellenlänge auf einer Strecke erzeugt, die länger als die Kohärenzlänge ist, reduziert sich die Effektivität der VUV-Erzeugung. 38 Kapitel 4 Abbildung 10: Schematische Darstellung des Brechungsindex in Abhängigkeit von der Frequenz: Die Sprünge (schraffierte Bereiche) in diesen Dispersionskurven werden von optischen Übergänge hervorgerufen. Argon zeigt zwischen den Frequenzen w und 3w ein positives Dispersionsverhalten. Da bei Xenon zwischen w und 3w ein Bereich mit negativer Dispersion (schraffierter Bereich) liegt, ist hier nw > n3w.. Mischt man Xenon und Argon im richtigen Verhältnis, kann nw = n3w sein. Dieses Problem lässt sich durch Anpassung der Ausbreitungsgeschwindigkeiten der Grundwellenlänge vw und der 3. harmonischen v3w und damit auch die Brechungsindizes nw und n3w in dem Medium lösen. Zwischen zwei optischen Übergängen zeigt ein Gas normale Dispersion. Das bedeutet, dass in diesem Bereich nw < n3w und damit wegen Gleichung [4.15] vw > v3w ist (vgl. Abbildung 10). Liegt zwischen w und 3w ein optischer Übergang mit negativer Dispersion, so kann nw > n3w sein. Xenon, das man in der Praxis zur Erzeugung von 118 nmPhotonen aus 355 nm-Laserstahlung verwendet, hat eine relativ hohe Suszeptibilität c3 und einen wie in Abbildung 10 (unten) dargestellten Bereich negativer Dispersion zwischen 355 nm und 118 nm. Argon zeigt in diesem Bereich nur einen positiven Dispersionsverlauf. Für eine Mischung von Xenon und Argon, im Verhältnis 1 zu 10,5 39 [78, 79], ergibt die Dispersionsbeziehung nw = n3w. Das heißt: gleiche Ausbreitungsgeschwindigkeiten (vw = v3w) für die Strahlen, und damit kann die 3. harmonische Wellenlänge entlang eines beliebig langen Weges mit konstruktiver Überlagerung erzeugt werden. 40 Kapitel 4 4.2 Erzeugung von VUV-Licht durch den strahlenden Zerfall von Edelgasexcimeren Neben der zuvor beschriebenen laserindizierten VUV-Erzeugung, sind prinzipiell weitere VUV-Lichtquellen als Photonenquelle für den SPI-Prozess denkbar. Es gibt z.B. Deuterium-Gasentladungslampen, deren VUV-Spektrum aus einem schwachen breitbandigen Kontinuum, den Werner- und den Lyman-Molekühlbanden etwa zwischen 130 nm und 160 nm und der sehr schmalbandigen Lyman-a-Emission bei 121,567 nm besteht. Das breite Emissionsspektrum und die geringe Lichtausbeute schränken die Anwendung der Deuteriumlampe für die analytische Massenspektrometrie ein. Bei dem Zerfall von Edelgas-Excimeren (gebundene Edelgasatome) entsteht je nach Edelgas Strahlung im VUV-Bereich. Mit diesem weiter unten ausführlicher beschriebenen Prozess wurden, basierend auf den Arbeiten von Tanaka [80], verschiedene Excimer-Lichtquellen entwickelt. Eine schon länger bekannte Excimer-VUV-Lampe ist die Barriere-Entladungslampe [81]. Bei dieser werden Edelgasatome durch eine Gasentladung hoch angeregt. Dies führt zu einer effizienten, aber flächigen Excimer-Emission, die schlecht fokussierbar ist. Daher ist dieser Typ als VUV-Lichtquelle für die SPI-MS nicht geeignet. Die Entladung in Mikrohohlkathoden [82, 83], bei der unter hohem Druck in einem, durch die Hohlkathoden begrenzten, Bereich VUV-Licht emittierende Excimere erzeugt werden, ist wegen der Qualität und der geringen Stabilität des Spektrums ebenfalls nicht geeignet. Die Qualität der Emission wird hier beeinträchtigt, da in der ExcimerLeuchtzone das Excimer-Gas durch Elektrodenabbrand permanent verunreinigt wird. Ausgehend von den Arbeiten zur Ionenstrahlanregung von Edelgasen [80, 84-88] wurde eine mit einem Elektronenstrahl betriebene brillante VUV-Lichtquelle entwickelt (siehe Abbildung 11) [84, 89]. Solch eine Excimer-Lichtquelle wurde im Rahmen dieser Arbeit erstmalig erfolgreich zum Ionisieren eines Gases in der Ionenquelle eines TOFMS eingesetzt und wird daher nachfolgend genauer beschrieben. 41 Abbildung 11: Skizze einer elektronenstrahlgepumpten Excimerlichtquelle. Der Elektronenstrahl tritt durch eine spezielle Folie in ein dichtes Gas. Im Gas verlieren die Elektronen ihre kinetische Energie und erzeugen so Excimermolekühle, bei deren Zerfall die Excimerstahlung frei wird. 4.2.1 Grundlagen der Excimerkinetik Zum Bau einer effizienten Excimer-Lichtquelle müssen eine Vielzahl von Faktoren beachtet werden, die aus der Theorie der Excimer-Strahlung abgeleitet werden können. Deshalb folgt hier eine kurze Einführung in die Excimer-Vorgänge, wie sie bei allen reinen Edelgasen stattfinden. Angeregte Edelgasatome ( X * ), können mit nicht angeregten Edelgasatomen (X) eine Bindung eingehen und ein Edelgasmolekül bilden, das als Excimer bezeichnet wird. Solche diatomaren Moleküle sind nur in einem angeregten Zustand stabil und zerfallen aus dem gebundenen Molekülzustand in einen repulsiven Grundzustand (vgl. Abbildung 12). Bei dem Zerfall der Excimere wird die Anregungsenergie in Form von Photonen frei. Das Emissionsspektrum der reinen Edelgas-Excimere liegt im VUV-Spektralbereich und ist bestimmt durch zwei verschiedene Arten von Strahlungsübergängen. Die erste Art (1. Kontinuum) ist bestimmt durch den Zerfall von vibratorisch angeregten Zuständen und führt zu schmalen hochenergetischen Kontinua. Dieser Prozess findet überwiegend in Gasen mit geringer Dichte statt. Bei dichten Gasen kann sich das angeregte Excimer durch Stöße schnell abregen und es finden überwiegend Excimerzerfälle aus dem vibratorischen Grundzustand statt. Man spricht vom 2. Kontinuum [80]. Die Kinetik dieses Prozesses soll nun für reine Edelgase beschrieben werden. Das 2. Kontinuum der Excimer-Emission wird beim Übergang eines Edelgasmoleküls (X2*) aus den niedrigsten angeregten Zuständen 1 S u+ und 3 S u+ in den repulsiven Grund- 42 Kapitel 4 zustand 1 S +g emittiert (vgl. Abbildung 12). Dabei steht S für den elektronischen Bahndrehimpuls des Molekülzustandes und das Pluszeichen für die Spiegelsymmetrie an der Ebene, die die Molekülachse beinhaltet. Das Vorzeichenverhalten der Wellenfunktion bei einer Inversion am Molekülzentrum wird durch u bzw. g beschrieben. Dabei steht u für einen Vorzeichenwechsel und g für Inversionssymmetrie. Die hochgestellte Zahl vor dem Bahndrehimpuls gibt die Multiplizität des Zustandes an. Abbildung 12: Potenzialkurven der elektronischen Zustände des Xenonexcimers in Abhängigkeit vom intermolekularen Abstand nach Brodmann [90]. Eingezeichnet sind das 1. Kontinuum bei 147 nm, das 2. Kontinuum bei 172 nm und die dazugehörigen atomaren Energieniveaus mit dem ersten Grundzustandsübergang bei 146,96 nm. Abbildung 12 zeigt links bei kleinen Abständen zwischen zwei Atomen das Energieniveau-Schema des Xenon-Excimers und rechts bei größeren Abständen die dazugehörigen Atomniveaus. Der strahlende Übergang eines Excimermoleküls vom 1 S u+ - und 3 S u+ -Zustand in den repulsiven 1 S +g -Zustand führt zu breitbandiger Emission bei 172 nm. Dieser Zerfall aus dem 2. Kontinuum ist bei hohen Drücken (>100mbar) dominant. Bei niedrigeren Drücken tritt schmalbandige 147 nm -Emission in den Vordergrund, die dem Übergang aus dem höheren Vibrationsniveau des 1,3 S u+ -Zustands in 43 den repulsiven 1 S +g -Grundzustand des Excimers zugeordnet werden kann (1. Kontinuum). Wie aus Abbildung 12 ersichtlich ist, liegt das Emissionsmaximum des 2. Kontinuums bei einer niedrigeren Energie als das der niedrigsten Resonanzlinie des Atoms. Im Fall von Xe kann die Emission des 2. Kontinuums, bei 172 nm nicht durch die niedrigste ¾® 5 p 5 6 s ( 3 P1 , 3 P2 ) } bei 146,96 nm absorbiert werden. Xenon-Resonanz { 5 p 6 (1 S 0 ) ¾ Verluste durch Selbstabsorption können somit nicht auftreten. Bei der Erzeugung von Excimerlicht durch Anregung eines Edelgases mit einem Elektronenstrahl geben die Elektronen ihre kinetische Energie an die Atome ab und erzeugen so ionisierte Edelgasatome (X+) und angeregte Atome (X* und X**). ì X + + 2e - ü ï ï X + e- ¾ ¾® í X * + e - ý ï X ** + e - ï î þ [4.18] Die dabei entstehenden Ionen bilden mittels eines Dreiteilchenstoßes mit zwei Edelgasatomen im Grundzustand Molekülionen ( X 2+ ). Eines der Edelgasatome trägt dabei die überschüssige Energie fort (siehe Abbildung 13). X + + 2X ¾ ¾® X 2+ + X [4.19] Diese Molekülionen ( X 2+ ) zerfallen durch den Einfang von freien Elektronen zu hoch angeregten Atomen ( X ** ). X 2+ + e - ¾ ¾® X ** + X [4.20] Diese hoch angeregten Atome, die aus Edelgasionen hervorgingen und die direkt durch die eingestrahlten Elektronen erzeugten hochangeregten Atome gelangen durch Stöße mit Atomen im Grundzustand, wie in Abbildung 13 dargestellt, in den atomaren X * ( 3 P1 ) - oder den X * ( 3 P2 ) -Zustand. X ** + 2 X ¾ ¾® X 2** + X [4.21] 44 X 2** + X ¾ ¾® X ( 3 P1, 2 ) + 2 X Kapitel 4 [4.22] Aus den Atomen in den X * ( 3 P1 ) - bzw. X * ( 3 P2 ) -Zuständen entstehen wiederum durch Dreierstoß Excimer-Moleküle, durch deren strahlende Abregung in den repulsiven X 2 (1 S) -Zustand, wie oben diskutiert, die Strahlung (hn) des 2. Kontinuums entsteht. Der ungebundene X 2 (1 S) -Zustand zerfällt in zwei Atome. X * ( 3 P1, 2 ) + 2 X ¾ ¾® X 2* (1,3 S u+ ) + X [4.23] X 2* (1,3 S u+ ) ¾ ¾® X 2 (1 S ) + hu X 2 (1 S ) ¾ ¾® X + X Der steile Potenzialverlauf des repulsiven X 2 (1 S) -Zustandes unterhalb des Ausgangspunktes für die Excimer-Emission ist verantwortlich für die Breite der Excimerspektren von ca. 10 nm. Abbildung 13: Vereinfachtes Schema der Entstehung des 2. Kontinuums. Gültig für alle reinen Edelgasatome (X) außer Helium. 45 Tabelle 1: Edelgase und Gasgemische mit ihren bei Anregung emittierenden Spezies, die dazugehörigen Wellenlängen/Photonenenergien des Emissionsmaximums, der Bandbreite der Emission und die Energieumwandlungseffizienz bei Elektronenstoßanregung. Gas/Gasgemisch Emittierende Spezies Emissionsprozess He He2* Ne Ne2* Ar Ar2* Kr Kr2* Xe Xe2* Ne/H2 H* Ar/Xe Kr/Xe Xe* Ar/O2 O* Ne/Ar/Kr Kr* He/F2 Ne/F2 F2* Ar/F2 ArF* strahlende Excimerabregung strahlende Excimerabregung strahlende Excimerabregung strahlende Excimerabregung strahlende Excimerabregung atomare Emission (nach Energietransver) atomare Emission (nach Energietransver) atomare Emission (nach Energietransver) atomare Emission (nach Energietransver) strahlende Excimerabregung strahlende Excimerabregung a Zentrale Wellenlänge [nm] 60 nm /80 nm Effizienza Bandbreite [%] [nm] Photonenenergie des Emissionsmaximums [eV] 20,7 eV / 15,5 eV ~40 % 20 nm 14,9 eV ~40 % 4,5 nm 126 nm 9,8 eV ~40 % 9 nm 147 nm 8,4 eV ~40 % 11 nm 172 nm 7,2 eV ~40 % 14 nm 121,57 nm 10,20 eV ~10 % <0,1 nm 147 nm 8,4 eV ~10 % <0,1 nm 130 nm 9,5 eV ~10 % <0,1 nm 124 nm 10,0 eV ~10 % <0,1 nm 157 nm 7,9 eV ~10 % 2 nm 193 nm 6,4 eV ~10 % 2 nm 83 nm Prozentualer Anteil der kinetischen Elektronenenergie, die in VUV-Strahlung umgewandelt wird Die Bildung von hoch angeregten Edelgasatomen aus Ionen [4.20] erfolgt relativ langsam und trägt bei hohen Gasdichten wenig zur gesamten Excimer-Strahlung bei. Die angeregten X * ( 3 P1 ) - bzw. X * ( 3 P2 ) -Atomzustände werden nicht nur direkt durch Dreistoß über den X 2** -Molekülzustand aus hoch angeregten X ** -Atome, sondern auch durch strahlende Zerfälle der X ** -Atome besetzt. Dieser strahlende Übergang ist im Übrigen auch für das Leuchten im sichtbaren Bereich einer Excimer-Lichtquelle ver- 46 Kapitel 4 antwortlich. Durch den Zerfall, der sich aus einem Edelgasatom im Grundzustand und einem angeregten Atome ( X * ) bildenden Singlett-Excimere X 2* (1 S) und TriplettExcimere X 2* ( 3 S) , entsteht die Excimer-Strahlung. Die Geschwindigkeit, mit der sich die VUV emittierenden Excimere bilden, hängt wegen des Dreierstoßes stark vom Edelgasdruck ab. Die Zerfallszeiten dieser Zustände sind aus der Literatur bekannt [91]. Der Zerfall des Tripletts in den Grundzustand ist aufgrund der Quantenzahlen ein verbotener Zerfall und dauert daher länger. Der Xenon (1 S) -Zustand hat z.B. eine mittlere Zerfallszeit von 5,5 ns und der ( 3 S) -Zustand eine Zerfallszeit von ca. 100 ns [91]. Details zur Lebensdauer der beteiligten Spezies finden sich in der Literatur [91, 92]. In letzterer sind auch die Potenzialkurven des Argonexcimers zu finden. Anhand der Reaktionen durch die die zerfallenden Excimermoleküle entstehen, lässt sich erkennen, welchen Einfluss die Dichte des Edelgases auf die Strahlung des 2. Kontinuums hat. Bei hohen Drücken ist die Wahrscheinlichkeit für die Dreierstöße größer und die X 2 (1,3 S u+ ) -Zustände werden schneller besetzt. Dadurch reduziert sich die Strahlung des 1. Kontinuums und mehr der durch die Elektronen eingebrachten Energie führt zur Excimerstrahlung des 2. Kontinuums [84]. Excimer-Lichtquellen beschränken sind nicht nur auf das breitbandige 2. Kontinuum von Edelgasexcimeren. So ist z.B. die Emission der 2p-1s-Lyman-a-Linie (121,5 nm) von atomarem Wasserstoff bei einer Neon-Wasserstoff-Mischung möglich [87]. Dabei führt die Excimerbildung des Neons letztlich zur Anregung des Wasserstoffmoleküls und damit zur Emission der 1. Resonanzlinie des Wasserstoffatoms. Das Spektrum einer Lyman-a-Lampe zeigt eine um Größenordnungen schmalbandigere Emission als die Edelgas-Eximere (2. Kontinuum). Wie aus Tabelle 1 ersichtlich ist, lassen sich über einen derartigen Energietransfer und Beimischungen anderer Gase weitere schmalbandige Lichtquellen realisieren. Tabelle 1 zeigt für die bekannten Edelgase und Gasgemische durch welchen Prozess bei welcher Wellenlänge das Emissionsmaximum liegt und gibt Auskunft über die Effizienz bei Elektronenstoßanregung und die Bandbreite der Emission. Die Tabelle entspricht dem augenblicklichen Forschungsstand. Weitere Emissionswellenlängen durch Energietransfer sind denkbar. Die ExcimerEmissionsspektren der einzelnen reinen Edelgase sind in Abbildung 14 zu sehen. 47 Abbildung 14: Excimer-Emissionsspektren der reinen Edelgase [93]. 4.2.2 Anregung durch Elektronenstrahl Für die hier beschriebene intensive und brillante Excimerlichtquelle wird ein Elektronenstrahl zur Anregung benötigt (vgl. Abbildung 11). Dieser Elektronenstrahl soll in einem möglichst kleinen Volumen des Edelgases möglichst viel Energie in Form von Atomanregungen und Ionisationen deponieren. Dieser Energieverlust, den die Elektronen in einem Gas erleiden, kann durch die Bethe-Bloch-Formel beschrieben werden. Stellt man damit den Verlauf der Energiedeposition eines Elektronenstrahls mit einigen keV kinetischer Energie in einem Gas dar, so ergibt sich ein wie in Abbildung 15 dargestellter Verlauf ähnlich einer Gaußschen Kurve [94]. Zu sehen ist, dass der Energieverlust schnellerer Elektronen örtlich unschärfer ist als der von langsameren Elektronen. 48 Kapitel 4 Abbildung 15: Schematische Darstellung des Energieverlustes zweier Elektronenstrahlen mit unterschiedlicher Ausgangsenergie (E1 < E2) in Abhängigkeit von der Eindringtiefe in ein Gas. Durch die größere räumliche Verteilung der Energiedeponierung eines höherenergetischen Strahls im Excimergas (vgl. Abbildung 15) werden aus einem größeren Volumen Photonen emittiert. Da für die TOFMS-Anwendung der Leuchtpunkt mit Hilfe einer Linse in das Zentrum der Ionenquelle abgebildet werden muss und dort eine möglichst hohe Photonendichte benötigt wird, ist ein kleiner intensiver Leuchtpunkt vorteilhaft. Weiterhin ist diesbezüglich zu beachten, dass der Elektronenstrahl im Vakuum erzeugt werden muss und durch ein Eintrittsfenster in das Excimergas gelangt. Da dieses Fenster nur eine bestimmte thermische Last aufnehmen kann und langsamere Elektronen mehr Energie an das Fenster abgeben, bedarf es einer Optimierung, um möglichst viele relativ langsamere Elektronen in das Excimergas zu bringen, ohne das Eintrittsfenster thermisch zu zerstören. Der Abstand des Maximums (Xmax) der Energiedeposition vom Eintrittsort (X0 = 0) wird als Energiedepositionstiefe bezeichnet und errechnet sich, abgeleitet von der Bethe-Formel [85], aus Re = Vm 6,1 × 1017 1, 75 E . N AZ [4.24] 49 Vm ist hier das molare Normvolumen in cm3, Na die Avogadro-Konstante, Z die Ordnungszahl des Targetgases und E die kinetische Elektonenenergie in keV. Für 1 bar Argon ergibt sich daraus z.B. bei 10 keV Elektronenenergie eine mittlere Energiedepositionstiefe von 0,7 mm [95]. Die Anregungselektronen in unserer Anwendung mit einer kinetischen Energie von ca. 10 keV verlieren unmittelbar nach Eintritt in das Gas ihre Energie hauptsächlich durch unelastische Stöße und durch die Erzeugung von schnellen Sekundärelektronen mittels Ionisation. Dies führt zu einer deutlichen Aufweitung des Strahls und somit auch zu einem größeren Emissionsgebiet. Die Aufweitung hängt mit der Reichweite der Elektronen im Gas zusammen und vergrößert sich mit der Eindringtiefe der Elektronen [94]. Das Volumen (V), in dem die Leistung (P) des Pump-Elektronenstrahls deponiert wird, kann durch die starke Streuung angenähert als Kugel betrachtet werden, deren Radius von der Energiedepositionstiefe abhängt. Aus der Formel für die Energiedepositionstiefe ergibt sich, dass die deponierte Leistung eines Elektronenstrahls pro Volumen des Excimergases proportional zu P/V ~ r3/E4,25 (mit r: Gasdichte; E: Elektronenenergie) ist [85]. 50 Kapitel 4 4.3 Detektion von VUV-Licht Sowohl bei laserinduzierten als auch bei Excimer-VUV-Licht ist für den Anwender wichtig zu wissen, ob die zur VUV-Lichterzeugung notwendigen Betriebsparameter optimal gewählt sind. Die Effizienz, z.B. einer VUV-Edelgaszelle, hängt unter anderem von der Reinheit des Edelgases oder Gasgemisches, von den Fokusbedingungen und den Pumpstrahlparametern ab. Die emittierte Lichtintensität einer Excimerlampe hängt hauptsächlich von den Elektronenstrahlparametern und dem Füllgas ab. Zur Optimierung all dieser Parameter bei Prototypen, wie auch im täglichen Betrieb, ist ein VUVPhotonendetektor erforderlich. Mit ihm können alle Parameter auf maximale Photonenemission optimiert werden. 4.3.1 Halbleiterdetektoren Zur Detektion von VUV-Licht kann man Halbleiterdetektoren verwenden. Bei diesen wird im Halbleiter durch ein auftreffendes Photon ein Elektron/Loch-Paar erzeugt. Geschieht dies im Bereich des Überganges p-dotierter und n-dotierter Halbleiter, so werden diese Ladungsträger getrennt. Über einen externen Stromkreis fließt ein Strom, der proportional zu den erzeugen Elektron/Loch-Paaren ist (Abbildung 16A). Photonen ab einer Energie von 1,12 eV können in Silizium (Si) ein Elektron/Loch-Paar erzeugen. Photonen mit höherer Energie können entsprechend mehr Paare erzeugen. An der Eintrittsschicht zum Halbleiter wird je nach Wellenlänge ein bestimmter Anteil der Photonen reflektiert. Die Anzahl der Ladungen, die in einem Halbleiter pro auftreffendem Photon mit der Energie E erzeugt werden, nennt man Quanteneffizienz. Wie in Abbildung 16B zu sehen ist, liegt diese bei einem Siliziumdetektor im Bereich 100 nm – 200 nm in der Größenordnung um 1. Solch ein Detektor (Typ AXUV-100, IRD Inc., Torrance, USA) wurde bei den Messungen mit der Excimerlampe verwendet. Problematisch bei den Halbleiterphotodetektoren ist, dass Strahlung bis 1100 nm Ladungen erzeugt und somit z.B. auch Sonnenlicht und Licht von durch Elektronenstoß angeregten Atomen zum Photostrom beitragen. Es gibt zwar für Halbleiterphotodetektoren filtrierende Beschichtungen, die nur Strahlung aus einem bestimmten Wellenlängenfenster zum Halbleiter gelangen lassen. Es ist aber zu bedenken, dass die 51 erzeugte VUV-Strahlung oft sehr viel schwächer als die übrigen vorhandenen Strahlungen ist. Im Fall der laserinduzierten VUV-Strahlung ist die 355 nm-Pumpstrahlung um bis zu 5 Größenordnungen intensiver. Diese intensive Strahlung kann durch dünne Beschichtungen nicht vollständig separiert werden. Ein weiterer Nachteil dieser Detektoren ist, dass ihre aktive Fläche sehr klein ist und somit bei einem Punktstrahler nur ein kleiner Teil des Raumwinkels erfassbar ist. Außerdem muss bei einem parallelen VUV-Strahl dieser genau auf den Detektor justiert werden, was bei der schwachen, nicht sichtbaren VUV-Strahlung schwierig ist. Abbildung 16A: Schaltbild eines Halbleiterphotodetektors. B: Quanteneffizienzverlauf eines Silizium-Photodetektors [64]. 4.3.2 Ionisationsdetektoren Besser geeignet zur Detektion von schwachem VUV-Licht sind gasgefüllte Ionisationszellen. Bei dieser Art von Detektoren wird ein spezielles Gas, das sich zwischen zwei Elektroden befindet, durch die VUV-Strahlung ionisiert. An den Elektroden liegt eine Spannung an, wodurch die freigesetzten Elektronen zur positiven Elektrode und die positiven Ionen zur negativen Elektrode hin beschleunigen. Die Ladungen, die auf den Elektroden auftreffen, können nachgewiesen werden und sind ein Maß für die eingestrahlte Lichtintensität. Die Wellenlängenselektivität wird bei dem Gasdetektor durch das Ionisationspotenzial (IP) des Füllgases bestimmt. Durch das gegebene Ionisationspotenzial trägt sämtliche 52 Kapitel 4 Strahlung von Photonen mit einer Energie unterhalb des IP nicht zur Ionenerzeugung bei. Dies gilt solang, wie bei Energiedichten gemessen wird, bei denen keine Mehrphotonenionisationen auftritt (vgl. REMPI Abschnitt 3.2). Liegt die Photonenenergie über dem IP und ist aufgrund des Absorptionswirkungsquerschnittes der Gasatome oder Moleküle bekannt, dass die gesamte eingestrahlte VUV-Strahlung auf dem Weg durch die Detektorzelle absorbiert wird, kann davon ausgegangen werden, dass jedes der eingestrahlten Photonen mit der Effektivität des spezifischen Ionisationsausbeutefaktors (Y) Elektron/Ion-Paare erzeugt. Der spezifische Ionisationsausbeutefaktor, der sich aus der Anzahl der erzeugten Ionen geteilt durch die Anzahl der absorbierten Photonen ergibt, wird bei Photonenenergien über dem IP größer als Null und nähert sich dann dem Wert 1. Der Anstieg rührt daher, dass bei Energien nahe dem IP noch Anregungen zu hochenergetischen Rydbergzuständen möglich sind [70, 96]. Als Füllgas für Detektorzellen ist NO besonders geeignet. NO hat ein IP von 9,26 eV [64], was einer Photonenwellenlänge von 134 nm entspricht. Es ist damit gut geeignet sowohl für laserinduziertes VUV-Licht mit 118 nm als auch für die Excimerstrahlung von Edelgasen und einigen Gasgemischen (vgl. Tabelle 1). Tabelle 2 stellt einige Ionisationsausbeutefaktoren und Absorptionswirkungsquerschnitte von NO [97] bei VUVWellenlängen dar, die mittels Nd:YAG-Laser oder Excimerlampe erzeugt werden können. Für die Werte in Tabelle 2 wurden die von Watanabe [97] gemessenen Absorptionskoeffizienten verwendet und umgerechnet. In seinen Versuchen stellte Watanabe fest, dass bei NO-Drücken über 4 mm Hg (ca. 5mbar) der Ionisationsausbeutefaktor (Y) wahrscheinlich aufgrund von Elektronenrekombinationen druckabhängig ist. Die Absorptionswirkungsquerschnitte von NO sind ab einer Wellenlänge von 58,43 nm bekannt [97]. Mit der Extinktionsformel [4.3.1] bei der I0 für die Anzahl der eingestrahlten Photonen, s für den Absorptionswirkungsquerschnitt, n für die Moleküldichte und l für die Eindringtiefe steht, lässt sich z.B. errechnen, nach welcher Eindringtiefe l(99%) 99% der eingestrahlten Photonen (I0) in Abhängigkeit von der Dichte absorbiert sind (Formel [4.3.3]). I = I 0 e -snl [4.3.1] I = I 0 0,01 = I 0 e -snl ( 99%) [4.3.2] 53 l (99 %) = ln 0,01 - sn [4.3.3] Die Moleküldichte n ergibt sich aus dem Quotienten aus der Anzahl der Gasmoleküle pro Mol und dem Molvolumen. Unter Annahme eines idealen Gases ist dies unter Normalbedingungen 1 mol = 2,69 × 1019 1 n= cm 3 cm 3 . 2,24 × 10 4 mol 6,02 × 10 23 [4.3.4] Für geringere Drücke (P) und andere Temperaturen (T) lässt sich mit der Zustandsgleichung von Clapeyron und der molaren Gaskonstante (R) das Molvolumen (V) im Nenner von Gleichung [4.3.4] errechnen. V = RT P [4.3.5] Mit Hilfe dieser Formeln und den Wirkungsquerschnitten von NO aus Tabelle 2 lässt sich somit die Zellenlänge berechnen, die notwendig ist, damit bei gegebenem Gasdruck innerhalb der Zelle 99% der Strahlung absorbiert wird und diese Strahlung aufgrund des Ionisationsausbeutefaktors (Y) die Ladungen (Q) erzeugt. Q = YI 0 [4.3.6] Somit lässt sich aus den Gleichungen [4.3.6] und [4.3.2] durch die gemessenen Ladungen Q in einer idealer Weise mindestens l = l(99%) langen Zelle die Anzahl an eingestrahlten Photonen (I0) bestimmen. Der Gasdruck in der Detektorzelle wird entsprechend Bedingung [4.3.3] so eingestellt, dass eine günstige Detektorlänge gewählt werden kann. Weiterhin muss beachtet werden, dass nicht alle Ionen direkt am Eingangsfenster zum Detektor erzeugt werden, da hier Ladungen verloren gehen können. Für einen geringen Arbeitsdruck in der Zelle spricht auch noch, dass die Driftzeit der Ladungen zu den Elektroden aufgrund von weniger Stoßpartnern kürzer ist. Wenn bei niedrigen Drücken die Elektroden nicht lang genug gemacht werden können, um den Großteil der Strahlung zwischen den Platten zu 54 Kapitel 4 absorbieren, kann dies über Gleichung [4.3.1] berücksichtigt werden. Wird ein einfacher und billiger Detektor benötigt, um z.B. die VUV-Erzeugung zu optimieren, so kann die Detektorzelle, die ohne Vakuumeinrichtung auskommt, verwendet werden. Um verschiedene Eindringtiefen zu erhalten, kann das Detektorgas mit einem im benötigten VUV-Bereich transparenten und inerten Gas (z.B. N2 oder He) verdünnt werden. Abbildung 17 stellt den nach [4.3.1] errechneten Intensitätsverlauf von 118 nmVUV-Strahlung in einer Detektorzelle bei verschiedenen NO-Konzentrationen unter Atmosphärendruck dar. Anhand der Abbildung 17 lässt sich erkennen, dass eine Konzentration von 2% NO einen günstigen Intensitätsverlauf ergibt, bei dem die Detektorlänge von ca. 4 cm gut ausgenützt ist. Ferner werden nicht alle Ionen, wie es bei 20% NO der Fall ist, direkt am Eintrittsfenster gebildet. Tabelle 2: Absorptionskoeffizienten und Ionisationsausbeutefaktoren von NO für VUVWellenlängen von verschiedenen Lichtquellen [97]. Lichtquelle Zentrale Emissions- Absorptionswellenlänge wirkungs-querschnitt (s) Laser VUV 118nm Ionisationsausbeutefaktor (Y) 2,41×10-18 cm2 @ 88% @ 118,05 nm 118,05 nm Excimerlampe mit 121,57 nm 2,45×10-18 cm2 @ 81% @ Ne/H2 121,57 nm 121,57 nm Excimerlampe mit 124 nm 1,91×10-18 cm2 @ 86% @ N2/Ar/Kr 123,96 nm 122,35 nm Excimerlampe mit 126 nm 2,14×10-18 cm2 @ 86% @ Ar2 125,99 nm 122,35 nm Excimerlampe mit 130 nm 2,15×10-18 cm2 @ 22% @ Ar/O2 130,18 nm 130,74 nm 55 Abbildung 17: Mit Gleichung [4.3.1] errechneter theoretischer Intensitätsverlauf von 118 nm-VUV-Strahlung in einer Detektorzelle mit verschiedenen Konzentrationen von NO in N2 bei Atmosphärendruck. Die durch das absorbierte Licht erzeugten Ladungen werden durch die angelegte Spannung (U) zu den Elektroden hin beschleunigt. Der resultierende Strom, der sich wie in Abbildung 18 dargestellt verhält, wächst zunächst mit der angelegten Spannung bis die Sättigungsstromstärke erreicht ist. In diesem 1. Bereich werden die Elektronen durch das elektrische Feld so schwach getrennt, dass sie wieder mit dem Molekülion rekombinieren können. Im Sättigungsbereich gelangen alle erzeugten Ladungen zu den Elektroden und der resultierende Strom ist gleich den erzeugten Ladungen. Bei weiterer Steigerung der Spannung nimmt der Strom dann wieder proportional zur Spannung zu. Dieser proportionale Zustand beginnt, wenn die erzeugten Ladungsträger im elektrischen Feld eine so hohe Geschwindigkeit zwischen den Stößen mit den Gasatomen oder Molekühlen erreichen, dass sie neutrale Gasmoleküle durch Stöße ionisieren. Auch diese sekundär erzeugten Ionen und Elektronen, deren Anzahl um so größer ist, je größer die Feldstärke ist, beteiligen sich am Ladungstransport. In diesem Zustand ist der Strom an den Platten proportional zur Spannung verstärkt. Bei noch größeren Feldern in der Kammer kommt es dann zur Gasentladung. Dieser Bereich wird Geiger-Müller-Bereich genannt. 56 Kapitel 4 Abbildung 18: Stromcharakteristik einer Ionisationskammer in Abhängigkeit von der Abzugsspannung bei konstanter Anzahl primär erzeugter Ionen. Der Proportional-Bereiche beginnt etwa bei einer Feldstärke von 104 V/cm [98] und ist Druck- und Gasabhängig. Folglich muss bei einer Detektorzelle mit zwei parallelen Elektroden im Abstand von 1 cm eine Spannung größer 10 kV angelegt werden, um in den verstärkenden Bereich zu gelangen. Beim Anlegen sehr hoher Spannungen an einen Detektor mit 1 cm getrennten Elektroden, ist zu beachten, dass ab einer Spannung ab 10 kV es zu einem spontanen Ladungsübersprung (aufgrund der hohen Feldstärke geht das Gas in den Plasmazustand über und wird leitend) kommen kann. Bei Plattengeometrie und Atmosphärendruck wird demzufolge der Detektor im Rekombinations- oder Sättigungs-Bereich betrieben. Anders verhält es sich, wenn die Detektorzelle im Bereich unter 100 Pa betrieben wird. Bei 100 Pa (1 mbar) ist die mittlere freie Weglänge der Elektronen zwischen den Stößen so groß, dass schon bei einigen 100 V der Detektor im Poroportional-Bereich arbeitet. Erwähnt seien an dieser Stelle zylindrisch aufgebaute Detektoren [98]. Bei diesen ist eine innere Elektrode, aus einem sehr dünnen Draht, umschlossen von einem Metallzylinder mit einem Durchmesser in der Größenordnung von einigen Zentimetern. Bei dieser Detektorgeometrie werden schon beim Anlegen einiger 100 V in der Nähe der inneren Elektrode Feldstärken erzeugt, bei denen eine Gasverstärkung bei hohen Drücken statt findet [98]. 57 4.3.3 Aufbau einer Zelle zum Nachweis von VUV-Strahlung Für die Versuche zum Nachweis von VUV-Licht wurde eine Zelle, wie in Abbildung 19 dargestellt, verwendet. Diese Zelle besteht aus einem Kunstoffzylinder, in dem zwei parallele Edelstahlplatten als Elektroden mit den Abmessungen 40 mm x 40 mm im Abstand von 1 cm angebracht sind. Das VUV-Licht gelangt durch ein geklebtes MgF2Fenster in die Zelle. Durch das Kleben erspart man sich den Fensterandrückring, der das E-Feld in der Zelle stört und zu einem Verlust an Ladungsträgern führen könnte. Außerdem können die Elektroden ohne diesen Ring näher am Fenster angebracht werden. Die Zelle kann durch zwei Gasanschlüsse mit je einem Nadelventil befüllt und gespült werden. Die Flanschplatte, an der das Eintrittsfenster angebracht wurde, ist aus Aluminium und wird an die jeweilige Lichtquelle angeflanscht. Damit liegt dieser Flansch, wie in Abbildung 19A und B zu sehen ist, auf dem 0 V-Potenzial. Liegt die Potenzialdifferenz von 0 V zu +500 V, wie in Abbildung 19A dargestellt, an den beiden Platten an, gelangen einige positive Kationen nicht zur Elektrode. Wenn hingegen zwei zum Nullpotenzial symmetrische Spannungen angelegt sind (Abbildung 19B), werden positive wie auch negative Ladungsträger vom Entstehungsort vor dem Fenster weg zu den Elektroden gezogen. Abbildung 19: Schematische Darstellung der Ionisationszelle mit Poterntialverlauf und Ionenflugbahn bei A mit den Elektrodenpotenzialen von 0 V und +500 V und bei B mit den Elektrodenpotenzialen +250 V und -250 V 58 Kapitel 4 4.3.4 Anschluss und Ausleselektronik der Detektorzelle Zum Auslesen des Gasdetektors kann, wie in Abbildung 20A dargestellt, ein Oszilloskop verwendet werden. Mit diesem können auf zwei unterschiedliche Arten die erzeugten Ladungen nachgewiesen werden. 1. Bei der einfachen Methode wird aus der Elektrodenfläche (A), dem Plattenabstand (s) und der elektrischen Feldkonstante (e) die Kapazität (C) der Detektorzelle berechnet. C= eA s [4.3.7] Wird der Widerstand R (vgl. Abbildung 20A) sehr groß gewählt, so ergibt sich mit der durch das Oszilloskop gemessenen Spannungsänderung DV mit Formel [4.3.8] die Anzahl (N) der Elementarladungen (q), die auf die Elektrode auftreffen. Nq = DV C [4.3.8] Diese Anzahl (N) dividiert durch den Ionisationsausbeutefaktor (Y) ergibt bei vollständiger Lichtabsorption und Sättigungsspannung ein Maß für den Photonstrom. Da der Widerstand allerdings sofort mit dem Nachladen der Kapazität (C) beginnt, ist diese Methode nur für sehr kurze Ionenpulse geeignet. Bei einer mittleren freien Weglänge (l) der Ladungen in der Detektorzelle von ca. 500 nm, wie sie in etwa bei 1 bar auftritt, und einem E-Feld von 500 V/cm ergibt sich mit [4.3.9] und der jeweiligen Teilchenmasse (m) eine mittlere Geschwindigkeit (v) der Elektronen von 4,7·104 m/s und eine mittlere Geschwindigkeit (v) der NO+ Moleküle von 2,0·102 m/s. v= qE 2 l m 2 [4.3.9] 59 Abbildung 20A: Schaltbild Photonendetektor mit Oszilloskop. B: Elektronensignal aus Detektorzelle mit 100 V Abzugsspannung und einem NO zu N2 Mischungsverhältnis von 9 zu 1 bei 1 bar Zellendruck. Für die 5 mm zu den Elektroden benötigen die Elektronen somit im Mittel 100 ns und die Kationen 25 µs. Bei den Elektronen ist daher auch die zeitliche Verteilung des Auftreffens geringer. Bei dieser ersten Methode sollten daher die Elektronen gemessen werden. Dazu musste wie in Abbildung 19A dargestellt, eine positive Hochspannung (HV) angelegt werden. Wenn hingegen bei negativer Hochspannung gemessen wird, ist nicht nur die schlechtere zeitlich Verteilung der Ionen, sondern auch noch einen Verlust an Ionen zu berücksichtigen (vgl. Abbildung 19A). 2. Bei der zweiten Methode wird wieder über einen Entkoppelkondensator die Spannung am Widerstand (R) gemessen. Wird bei bekanntem Widerstand (R) über den Spannungspeak (vgl. Abbildung 20B) integriert, so ergibt sich mit [4.3.10] die Anzahl der Ladungen (Nq), die durch den Widerstand (R) nachgeladen werden und auch ein Maß für die Photonen sind. V (t ) dt ò Nq = [4.3.10] R Der Vorteil dieser zweiten Methode besteht darin, dass die Kapazität (C) und somit die druck- und gasabhängige elektrische Feldkonstante (e) nicht bekannt 60 Kapitel 4 sein müssen. Ein länger andauernder Ladungsstrom ist hier unproblematisch. Allerdings muss bei dieser Methode ein elektronischer Integrator nachgeschaltet werden, damit ein Spannungswert erzeugt wird, der mit einer spezifischen Eichkonstante in direkte Relation mit der Photonenzahl gesetzt werden kann. Zum Messen von kontinuierlichen Lichtquellen muss der Koppelkondensator, der auch zum Schutz des Messgerätes dient, entfernt werden. Der Photonenfluss (IPh) ist dann gegeben durch I Ph = U YeR [4.3.11] 4.3.5 Experimentelle Messungen von laserinduziertem VUV-Licht Die nachfolgend beschriebenen Experimente sind beschränkt auf Versuche bei Umgebungsdruck in der Zelle, da das Ziel die Entwicklung einer billigen und einfachen Detektorzelle ist, die ohne Vakuumvorrichtung auskommt. Für die Experimente stand ein 20 %tiges NO-Gasgemisch (vorgemischte Druckflasche) zur Verfügung. Mittels zweier Flußregler konnte das NO-Gemisch mit reinem Stickstoff weiter verdünnt werden. Mit dem Gasgemisch aus NO und N2 wurde die Zelle bei sehr kleinem Durchfluss während der Messung ständig gespült. Abbildung 21: Relatives Ionensignal bei verschiedenen NO Konzentrationen in 1 bar Stickstoff. 61 Abbildung 21 zeigt den relativen Verlauf der Signalhöhen (vgl. Abbildung 20B) bei einer Ausleseelektronik wie in Abbildung 20A dargestellt und -100 V Abzugsspannung. Als einfache Näherung an die Fläche des Ionensignalpeaks und damit der Ionenzahl wurde hier die Peakhöhe verwendet. Ein Maximum des Ionensignals ergab sich bei einer NO-Konzentration von etwas unter 10 %. Dieses Maximum befindet sich im selben Bereich, wie durch Gleichung [4.3.2] für eine Zelle mit 4 cm langen Elektroden vorhergesagt. Theoretisch wurde das Maximum bei etwa 2 % NO erwartet. Messungen mit einer Zelle mit einem nachgeschalteten Elektrodenpaar, wie in Abbildung 22 dargestellt, ergaben bei 20 % NO schon gegenüber den vorderen Elektroden am zweiten Elektrodenpaar ein Ionensignal in Höhe von 3 %. Bei 6,2 % NO lag das Ionensignal schon bei 9 %. Damit liefert die obige Theorie für die Lichtabsorption in einem dichten Gasgemisch einen guten Anhaltspunkt und Ausgangswert für eine experimentelle Optimierung. Abbildung 22: Skizze eines Ionendetektors mit zwei Elektroden-Paaren für Messungen zur Eindringtiefe von VUV-Strahlung in ein Gas. Zielvorgabe für ein späteres Messinstrument ist ein Spannungswert, der über einen bekannten Zusammenhang mit den eingestrahlten VUV-Photonen korreliert. Bei der Auslesemethode, bei der die Fläche unter dem Spannungspeak ein Maß für die erzeugten Ionen ist, wird eine Integratorschaltung verwendet, die in der Lage ist, das Signal über die Dauer des Pulses zu integrieren. Diese Schaltung gibt dann eine Spannung aus, die proportional zur Peakfläche ist. Mit einer weiteren einfachen Schaltung, die auf einem Display jeweils den maximalen Spannungswert des Integrators anzeigt, ergibt sich 62 Kapitel 4 eine mit der VUV-Photonenzahl korrelierte Spannung. Abbildung 23A zeigt solch eine Integratorschaltung mit einem Operationsverstärker (LF 355) als zentralem Bauteil und einem Oszilloskop als Auslesegerät. Zum Test dieser Schaltung wurde ein Rechtecksignal aus einem Funktionsgenerator am Eingang des Integrators angelegt (Abbildung 23B). Der Integratorausgang zeigt einen linearen Anstieg bis zum Ende des Signals. Damit ist die am Integratorausgang anliegende Maximalspannung ein Maß für Abbildung 23A: Schaltbild der Detektorzelle mit Integrator. B: Oben ist das Rechtecksignal eines Funktionsgenerators dargestellt und darunter der daraus resultierende Spannungsverlauf des Integrators. C: Oben ist das Ionensignal dargestellt, welches der Integrator erhält und darunter der Integratorausgang. Zu beachten ist dabei, dass das RC-Glied der Integratorsschaltung dem Zeitverhalten des Signals angepasst sein muss. Für das Beispiel in C ist das RC-Glied nicht optimal gewählt. Das Integrationssignal fällt zu früh ab (vgl. gestrichelte Line), was zu einem Integrationsfehler führt. 63 die Rechteckfläche. Abbildung 23C zeigt unten das resultierende Integratorsignal eines typischen Ionensignals. Der Ionenzahl wird hier beispielsweise der Integratorspannungswert –0,24 V zugeordnet. Der benötigte Integrator-Kallibrationsfaktor für eine absolute Photonenmessung kann bei festen Integratoreinstellungen, wie in Abbildung 23B dargestellt, leicht errechnet werden. Ein weiterer Parameter einer Detektorzelle ist die Abzugsspannung. Das Ionensignal in Abhängigkeit von der Abzugsspannung sollte ein Verhalten, wie in Abbildung 18 dargestellt, zeigen. Wie in Absatz 4.3.2 erwähnt, ist der Proportional-Bereich bei Atmosphärendruck mit der Plattengeometrie nicht zu erreichen. Abbildung 24 zeigt den Verlauf des integrierten Ionensignals bei einer Gasfüllung mit 10 % NO in Abhängigkeit von der Abzugsspannung. Wird Abbildung 18 mit Abbildung 24, verglichen, so beginnt unter den gegebenen Umständen der Sättigungs-Bereich am Ende der Abzugsspannungsskala von Abbildung 24. Höheren Spannungen wurden aus technischen Gründen nicht verwendet. Abbildung 24: Verschieden Abzugsspannungen und die daraus resultierenden Ionensignale. 64 Kapitel 4 Geht man anhand von Abbildung 24 davon aus, dass bei etwa 1000 V der Sättigungsbereich beginnt (alle erzeugten Ladungen erreichen die Elektroden), so lässt sich mit Abbildung 24 abschätzen, dass bei 500 V Abzugsspannung etwa 80 % der Ladungsträger zu den Elektroden gelangen. In Abbildung 25 ist eine Messung von verschiedenen Strahlungsintensitäten bei 118 nm dargestellt. Für diese Messung wurde die Intensität der 355 nm-Pumpstrahlung, aus der in einer Xenon-Edelgaszelle ein kleiner Anteil in 118 nm-Strahlung umgewandelt wird, mittels mehrerer Quarzglasplättchen reduziert. Die Energie der 5 ns langen 355 nmPulse wurde mit einem herkömmlichen Energiemessegerät bestimmt. Die erzeugte VUV-Strahlung wurde durch eine MgF2-Linse und ein MgF2-Fenster in die Detektorzelle mit 6,4 % NO bei 500 V Abzugsspannung nachgewiesen. Anhand der angepassten Funktion, dargestellt durch die durchgezogene Linie in Abbildung 25, zeigt sich die kubische Abhängigkeit zwischen Pumpstrahlung und erzeugtem VUV-Licht bei der Konversion in einer Edelgaszelle. Die Konstanten A, B, und C dieser Funktion Y=(A + (B + X)^3) C, bei der X für die Intensität bei 355 nm und Y für das Ionensignal steht, sind begründet durch die Energieschwelle (B), ab der in einer Edelgaszelle VUVLicht erzeugt wird sowie durch Absorption oder Reflexion z.B. an den Fenstern, den Vorgängen in der Zelle und der Elektronik (A und c). Anhand dieser Funktion lässt sich abschätzen, wie sich die VUV-Erzeugung in einem kleinen Bereich oberhalb von 6,3 mJ 355 nm-Strahlung verhält. Zu der verwendeten Methode zur Energiereduzierung der 355 nm-Strahlung mit Glasplättchen, die in den Strahlengang gelegt werden, sei noch vermerkt, dass neben der Energie des Lichtpulses auch noch das Strahlprofil etwas verändert wird, indem die energiereicheren Bereiche des Strahls an den Glasplättchen prozentual stärker geschwächt werden. Da die Strahlbedingungen einen Einfluss auf die Umwandlungseffizienz haben, wird hier auch in einem kleinem Maß die Umwandlungseffizienz durch das veränderte Stralprofil beeinflusst und nicht nur durch die Energie. In der Literatur sind für die Verdreifachung von 355 nm-Strahlungenergie zu 118 nm Stahlungsenergie in einer Edelgaszelle Effizienzen von 10-5 zu finden [27, 99]. Bei 6,3 mJ 355 nm-Strahlung sollte daher in etwa 6,3·10-8 Joule 118 nm-Strahlung entstehen und somit ca. 3,7·1010 Photonen pro Laserschuss. Die Integratorspannung aus Abbildung 25 von 680 mV bei 6,3 mJ 355 nm-Strahlenergie steht für eine Signalfläche von 6,7·10-6 Vs und somit bei einem Widerstand (R) von 470 kW für 9·107 an der Anode gesammelter Elektronen (vgl. [4.3.10]). Berücksichtigt man dann das unvollständige 65 Einsammeln der Elektronen durch die geringe Abzugsspannung von +500 V mit dem Faktor 0,8, die Ionisationsausbeute mit dem Faktor 0,88 und die Verluste an der Linse und dem Fenster mit je Faktor 0,4, so ergibt sich aus dem Ionensignal eine VUVAusbeute von 7,9·108 Photonen. Damit beträgt das Detektorsignal nur etwa 1/50 vom theoretisch erwarteten Wert. Aufgrund dieser Diskrepanz zwischen erwarteten und nachgewiesenen Photonen, die in der Druckabhängigkeit des Ionisationsausbeutefaktors Y=Y(P) begründet ist, ist für eine Absolutmessung von VUV-Photonen eine Kalibrierung einer solchen Zelle notwendig. Dies könnte an einem Synchrotron oder mit einer geeichten Excimer-Lampe vorgenommen werden. Bei den Experimenten hat sich gezeigt, dass die Ergebnisse gut reproduzierbar sind. Die Detektorzelle eignet sich somit sehr gut für die tägliche Justierung der Laser- oder Excimer-Lampen-Parameter und zum relativen Photonenflussvergleich. Für die einfache Optimierung von Lichtquellen bietet sich an, ein kleines offenes Fläschchen mit z.B. Toluol (IP = 8,8 eV [64]) in die Zelle zu stellen und die Zelle dann gleichmäßig bei kleinem Fluss (einige ml/min) mit Stickstoff zu spülen. Nachdem sich Abbildung 25: 118 nm Photoionensignal bei verschiedenen 355 nm Pumpenergien und eine dazugehörige Kurvenanpassung um das Photoionisationssignal außerhalb der Messpunkte vorherzusagen. 66 Kapitel 4 dann auf diese Weise eine N2-Toluol-Gleichverteilung in der Zelle eingestellt hat, kann VUV-Strahlung unterhalb von 140 nm Wellenlänge reproduzierbar nachgewiesen werden. Mit Anilin (IP = 7,72 eV [64]), welches bei Raumtemperatur ausreichend flüchtig ist, sind dann sogar Photonen mit Wellenlängen kleiner als 160 nm nachzuweisen und damit auch ein Großteil der bis jetzt bekannten Excimer-Wellenlängen. In der NIST Datenbank [64] findet man auch noch eine Vielzahl von Molekülen mit einem IP von weniger als 7,0 eV, die somit geeignet sind für Licht mit einer Wellenlänge über 177 nm. Mit der hier beschriebenen Ionisationszelle, die mit bis zu einem bar mit dem Ionisationsgas gefüllt ist, lässt sich keine Aussage über die zeitliche Verteilung der eintreffenden Photoenen machen. Eine Messung der Strahlintensität ist daher nicht möglich. 67 5 Mobiles Flugzeitmassenspektrometer mit drei verschiedenen Ionisationsmechanismen Kernpunkt der vorliegenden Doktorarbeit ist die Entwicklung eines mobilen Flugzeitmassenspektrometers zur umfassenden Online-Analyse von Gasen. Das Gerät soll in der Lage sein, eine Vielzahl von Verbindungen unterschiedlicher Spezies online und quantitativ nachzuweisen. Das Massenspektrometer soll sich für Feldmessungen in industrieller Umgebung eignen. Mit dem Gerät sollte unter widrigen Bedingungen, wie sie an Müllverbrennungsanlagen vorherrschen, über einen längeren Zeitraum gemessen werden können. Zu den widrigen Bedingungen gehören Vibrationen, feinster Staub, hohe Umgebungstemperatur und geringer Platz an den Messstellen. Schon bei der Konzeptionierung des Laser-Massenspektrometers mussten einige grundlegende Dinge berücksichtigt werden. 1. Um aromatische, aliphatische und anorganische Verbindungen gleichzeitig und online zu messen, müssen die Ionisationsmethoden REMPI, SPI und EI so in das neue Gerät integriert werden, dass eine Gasprobe sehr schnell durch die verschiedenen Ionisationsmethoden mit ihren unterschiedlichen Selektivitäten analysiert werden kann. Dazu wird eine spezielle Ionenquelle benötigt. 2. Damit aromatische Verbindungen selektiv nachgewiesen werden können, muss für den REMPI-Prozess durchstimmbares UV-Licht zwischen 200 und 350 nm zur Verfügung stehen. 3. Für eine hohe Empfindlichkeit des Gerätes musste eine intensive VUVLichtquelle entwickelt und eingebaut werden. 4. Für die Quantifizierung muss ein geeignetes Standardgas zu Verfügung stehen. 5. Die Probenahme muss dafür ausgelegt sein, heiße und reaktive Gase zur Ionenquelle des TOFMS zu leiten. 6. Die äußeren Abmessungen müssen es erlauben, das vollständige Gerät durch eine Standardtür zu fahren. 7. Die einzelnen Komponenten sollten so angebracht sein, dass diese auch bei erhöhten Umgebungstemperaturen nicht ausfallen. Außerdem darf staubige 68 Kapitel 5 Umgebungsluft nicht zu sensiblen Komponenten gelangen, vor allem nicht zu den optischen Komponenten. 8. Das Gerät muss über einen längeren Zeitraum zuverlässig die Verbindungen nachweisen können, zu deren Nachweis es gebaut wurde. Unter Beachtung dieser Punkte wurde das in Abbildung 26 abgebildete Gerät entwickelt und gebaut. Es wird nachfolgend detailliert beschrieben und spezifiziert. Messungen von unterschiedlichen Proben am Ende dieses Kapitels zeigen, welche Ergebnisse mit dem Gerät gewonnen werden können und geben ein Bild von den vielfältigen Einsatzmöglichkeiten des Instrumentes. Abbildung 26: Mobiles TOFMS mit Beschriftung der Hauptkomponenten. 69 5.1 Aufbau des Massenspektrometers Abbildung 26 zeigt das fertige Massenspektrometer kurz vor einem 5-wöchigen Einsatz an einer Müllverbrennungsanlage. Anhand von Abbildung 26 werden kurz die Hauptkomponenten des Gerätes vorgestellt, aus denen es aufgebaut ist. Neu entwickelte Komponenten werden dann im Anschluss detailliert beschrieben. Ganz oben in der Abbildung sind der 2 m lange Heizschlauch der Probenahme-Einheit (vgl. Kapitel 7) und eine metallener Kasten zu erkennen. In dem Kasten befindet sich der Nd:YAG-Laser und das OPO-System (optischer parametrischer Oszillator) der Firma GWU Lasertechnik (Erftstadt, Deutschland). Diese beiden Laserkomponenten werden anschließend genauer beschrieben. Hinter der schwarzen Verkleidung befindet sich die Ionenquelle und das Flugrohr des TOFMS, die THG-Zelle mit Xenon-Druckflasche, ein Wellenlängen-Kalibriersystem (Typ LRL 005, Fa. Athos, Pfungstadt, Deutschland), ein steuerbarer Signalvorverstärker und die optischen Systeme zum Einkoppeln der 355 nm-Strahlung in die THG-Zelle und der UV-Strahlung für den REMPI-Prozess in die Ionenquelle. Darunter ist auf der linken Seite hinter einer Plexiglasscheibe ein 19“-Einschub mit der Vakuumkontrolleinheit und den Temperaturreglern für den Probeneinlass. Der schmale Einschub darunter versorgt die Elektronenkanone mit den nötigen Spannungen. Es folgt ein leerer Einschub (Reserve) und dann zwei 19“-Computer. Der erste steuert den OPO-Laser und die Wellenlängenkalibriereinheit. Der zweite Rechner übernimmt die gesamte Datenaufnahme. Im mittleren Teil des Gerätes befindet sich oben das Hochspannungsnetzteil für die Spannungen der Ionenquelle und des Flugrohrs, darunter der Einschub mit Druckmesser und Getterpumpennetzteil, ein Netzteil für den Signalvorverstärker und ein Notschalter. Weiter unten befindet sich ein 4-Kanal-Pulsgenerator, der den zeitlichen Ablauf bei Messungen mit alternierenden Ionisationsmethoden regelt. Darunter ist noch ein Steuergerät für die Laserstrahlsteuerung eingebaut und der Freiraum ganz unten ist für den Gasstandard. Unter dem Gerät ist die Vakuumvorpumpe federnd aufgehängt. Sie ist an dieser Stelle angebracht, damit ihre Abwärme nicht in das Innere des Gerätes gelangt. Außerdem befindet sich dort ein Pressluft-Entfeuchter, ein Ölabscheider und ein Feinpartikelfilter. 70 Kapitel 5 Nicht sichtbar ist die Bedieneinheit für die Computer, bestehend aus einem Flachbildschirm und einer 19“-Tastatur, mit welcher beide Rechner des Gerätes bedient werden. Diese kann an jeder Seite des Gerätes angebracht werden. Dies ist nötig, um auch bei rückwärtigen Einstellarbeiten freien Blick auf den Bildschirm zu haben. Bei Feldmessungen herrscht oftmals Platzmangel, so dass die Kontrolle des Gerätes nicht immer von der Frontseite des Gerätes aus möglich ist. 71 5.2 Laser Sowohl für die Erzeugung von 118 nm VUV-Strahlung als auch für die Erzeugung von durchstimmbarer UV-Strahlung mit einem OPO-System wird 355 nm-Strahlung benötigt. Diese Ausgangsstrahlung wird bereitgestellt von einem Surelite-III-Laser der Firma Continuum (Santa Clara, USA). Der Nd:YAG-Laser liefert mit 10 Hz 3 – 5 ns lange 355 nm-Lichtpulse mit 225 mJ. Die 355 nm-Strahlung wird durch einen Strahlteiler (vgl. Abbildung 32) in zwei Strahlen mit 11 % und 89 % der Ausgangsenergie aufgeteilt. 11 % werden zur VUVErzeugung verwendet, die restlichen 89 % pumpen den OPO-Laser. 5.2.1 OPO-Laser OPO ist die Abkürzung für optischer parametrischer Oszillator. Der dieser Methode zur Erzeugung von Laserlicht zugrundeliegende Prozess wird im folgenden stark vereinfacht dargestellt. Mit Hilfe von speziellen Kristallen ist es möglich, durchstimmbares Laserlicht in einem großen Wellenlängenbereich zu erzeugen [100]. Diese speziellen Kristalle sind doppelbrechend. Dies bedeutet, dass aufgrund der Kristallanisotropie die Brechungsindizes von Licht mit unterschiedlichen Polarisationsrichtungen, verschieden sind. Strahlt man in diese Kristalle intensives Laserlicht ein, so kommt es zu nichtlinearen Effekten. Für ein genaueres Studium sei auf die Veröffentlichung von Harris [101] verwiesen. Durch diese nichtlinearen Effekte im Kristall wird ein Teil des eingestrahlten Laserlichts in Licht mit zwei anderen Wellenlängen umgewandelt. Bei dieser Umwandlung, bei der die Energieerhaltung gilt, entstehen aus einem eingestrahlten Photon mit der Frequenz wp je ein Photon mit wS und ein Photon mit wI. wP = ws +wI [5.1] Diese resultierende Strahlung nennt man Signal- und Idlerstrahlung. Die beiden Strahlungen sind linear polarisiert. Die Polarisationsebenen dieser Strahlungen stehen senkrecht zueinander. 72 Kapitel 5 Neben der Energieerhaltung gilt für die Photonen auch der Impulserhaltungssatz r r r kP = ks + kI , [5.2] der sich bei kollinearen Strahlen mit den jeweiligen Brechungsindizes nS, nI und nP schreiben lässt als w P n p = w s nS + w I nI . [5.3] Abbildung 27: Abhängigkeit der Laserenergie von der Wellenlänge des GWU-Lasersystems. Oben ist die Energie der verdoppelten Signal-OPO-Strahlung dargestellt, unten der Verlauf am Ausgang der SFM-Einheit. Da in der Mitte der Verläufe der Kristall gewechselt werden muss, ergibt sich ein oben erkennbarer Sprung. 73 Die Bedingungen [4.15] und [5.3] können in einem OPO-Kristall bei bestimmter Kristallgitterausrichtung nur von einer Signal- bzw. Idlerwellenlänge erfüllt werden. Dreht man den Kristall gegenüber dem einfallendem Laserstrahl um eine bestimmte Achse, so verändern sich aufgrund der Anisotropie der Kristallstruktur die Brechungsindizes und wegen der Bedingungen [5.3] und [4.15] damit auch die Frequenzen von Signal- und Idlerstrahlung. Mit einem Beta-Bariumborat- (β-BaB2O4, BBO) Kristall können bei einer Pumpwellenlänge von 355 nm Wellenlängen von 412 nm bis 2250 nm erzeugt werden [102]. Wenn nach dem OPO-Kristall ein Verdopplerkristall angebracht ist, kann prinzipiell z.B. aus der Signalstrahlung (412 nm – 710 nm) durch Verdopplung UV-Licht von 206 nm bis 355 nm erzeugt werden. Unterhalb 220 nm nimmt die Effizienz das verwendeten OPO-Kristalls rapide ab, so dass mit diesem Prozess im blauen Spektralbereich nur bis 220 nm gemessen werden konnte. Die Linienbreite im UV lag bei 0,07 nm. Das OPO-System der Firma GWU erzeugt aus 190 mJ 355 nm-Strahlung 2 – 4 mJ UV-Licht (Abbildung 27). Zur Erweiterung des Wellenlängenbereichs in den blauen Bereich besitzt das GWULasersystem eine SFM-Einheit (Summen-Frequenz-Mischung). In dieser Einheit wird die 266 nm-Strahlung, die durch Verdoppeln der 532 nm-Strahlung erhalten wird, welche die verdoppelte 1064 nm-Nd:YAG-Strahlung (Nd:YAG-Grundwellenlänge) ist, mit der Idlerstrahlung des OPOs gemischt. Im Photonenbild wird aus einem 266 nm-Photon und einem Idler-Photon ein SFM-Photon. w SFM = w 266 + w I [5.4] bzw. 1 lSFM = 1 1 + l266 lI [5.5] Mit Hilfe des SFM-Prozesses kann der Laser UV-Licht von 230 – 198,5 nm erzeugen (Abbildung 27). Bei Annäherung an 198,5 nm fällt die Laserenergie allerdings auf 0,3 mJ ab. Beim SFM-Prozess ist die Polarisation der erzeugenden Strahlungen zu beachten. Durch den OPO-Prozess ist die Polarisationsebene der Idlerstrahlung gedreht 74 Kapitel 5 und muss für den SFM-Prozess mit einem Polarisator der 266 nm-Strahlung angepasst werden. Als problematisch erwiesen sich bei den Wellenlängen unter 220 nm die Optiken. Die Absorptionsverluste bei Optiken mit schlechter UV-Qualität stiegen sehr schnell an im Wellenlängenbereich unter 220 nm. Was die OPO-Strahlung betrifft, sollte nachfolgend mit so wenig optischen Bauteilen wie möglich gearbeitet werden, da es für den gesamten Wellenlängenbereich (189 nm - IR) eines OPO-Lasers keine geeigneten Antireflexbeschichtungen gibt und somit mit Verlusten von 10 % pro durchdrungener Oberfläche gerechnet werden muss. Nicht ganz optimal ist das längliche Strahlprofil des GWU-Lasersystems. Zur Ionisation im Massenspektrometer kann dieses Strahlprofil mit Hilfe eines Zylinderlinsenteleskop verbessern werden. Es ist aber auch möglich dieses Strahlprofil auszunützen, indem auf eine Weise in die Ionenquelle eingestrahlt wird, dass das Probengas entlang seiner Einlassrichtung bestrahlt wird. 75 5.3 Zelle zur Erzeugung der VUV-Stahlung Durch die vorgegebenen Außenabmessungen des mobilen TOFMS-Systems, in das die Zelle zur VUV-Erzeugung aus Laserstrahlung integriert werden musste, war die maximale Größe der Zelle vorgegeben. Damit das fertige Massenspektrometer durch eine Standardtür von 80 cm Breite passt, stand für die Zelle mit Verbindungsflansch und Optik eine Länge von etwas weniger als 55 cm zur Verfügung (vgl. Abbildung 30). Abbildung 28: Bildschirmanzeige des unter LabViewTM erstellten Programms zur Berechnung des Strahlengangs durch eine THG-Zelle mit anschließender Fokussierung. Von links kommt ein paralleler 355 nm-Strahl, der bei x = 20 mm von einer nicht dargestellten Linse mit f = 100 mm fokussiert wird. Nach dem Fokus gelangt der Strahl bei x = 200 mm zur MgF2-Linse. Durch die Verschiebung der Linse um 4 mm und die zwei unterschiedlichen Brechungsindizes wird der 118 nm-Strahl in den Punkt x = 340 mm, y = -11 mm fokussiert. Die 355 nm-Strahlung läuft divergent am Fokalpunkt vorbei. Durch die verschiedenen frei wählbaren Parameter konnte der Strahlengang der THG-Zelle veranschaulicht und optimiert werden. 76 Kapitel 5 Außerdem musste es möglich sein, die THG-Zelle so an der Ionenquelle anzubringen, dass auch ein UV-Strahl für die REMPI-Ionisation durch das Zentrum der Ionenquelle geführt werden kann. In Abbildung 30 ist dieser Strahl als OPO-Strahl gekennzeichnet. Um den Strahlverlauf durch die THG-Zelle mit ihren beiden Linsen darstellen und vorab simulieren zu können, wurde ein LabVIEWTM-Programm geschrieben. Das Programm arbeitet mit der Abhängigkeit sin a / sin b = n2 / n1, wobei a der Einfallswinkel ins Medium mit n1 zum Lot der optischen Fläche und b der Ausfallswinkel zum Lot auf der anderen Seite im Medium mit n2 ist. Mit dieser Formel wird der Strahlengang durch jede der optischen Flächen errechnet. Mit der Steigung, der Position des Durchtritts durch die Grenzfläche und dem Abstand der Grenzflächen, kann das Programm nach mehreren Durchläufen einer Routine den Strahlenverlauf darstellen. Das LabVIEW-Programm ist außerdem in der Lage, den Entstehungsort und die Richtung der erzeugten 118 nm-Strahlung zu simulieren und durch Beachtung der verschiedenen Brechzahlen bei verschiedenen Wellenlängen den Strahlverlauf durch die Ionenquelle darzustellen. Sämtliche Abstände, Krümmungsradien, Brechzahlen und Positionen können mit dem Programm kontinuierlich getestet werden. Mit dieser Software, deren Oberfläche in Abbildung 28 wiedergegeben ist, konnte simuliert werden, wie die Optiken gewählt werden müssen, um unter den gegebenen geometrischen Randbedingungen den VUV-Strahl zu erzeugen, ihn in die Ionenquelle zu leiten und ihn von der 355 nm-Strahlung zu trennen. Getestet wurde das Programm mittels einiger ausgewählter Optiken. Die errechneten Strahlwege wurden mit denen des Programms Beams 2.4 (Simulation Gauß'sche Optik) [103] erfolgreich verglichen. Die VUV-Ionisation ist eine sehr weiche Ionisationsmethode, bei der es zu relativ geringer Fragmentierung der Ionen kommt. Problematisch bei dieser Art der VUVErzeugung ist, dass von der eingestrahlten 355 nm-Primärstrahlung nur ca. 0.001 % [27] in VUV-Strahlung umgewandelt wird. Dies bedeutet, dass ein Strahl in die Ionenquelle geschickt wird, der zu 99.999 % aus der 355 nm-Primärstrahlung und nur zu 0.001 % aus der VUV-Strahlung besteht. Einerseits ist der Wirkungsquerschnitt für die VUVIonisation sehr viel größer als bei der Mehrphotonenionisation, andererseits ist die Intensität der 355 nm-Primärstrahlung, die zu einer Mehrphotonenionisation führen kann, um Größenordnungen größer. Dies kann sogar zur Ionisation von Substanzen wie Stickstoff, Sauerstoff und Wasser führen, deren IP über 10.5 eV liegt [62]. Die 355 nm- 77 Primärstrahlung ist darüber hinaus in der Lage, einem durch SPI erzeugten Ion, dessen Anregungsniveaus niedriger als beim neutralen Molekül liegen, Energie resonant zu übertragen. Dies kann eine Fragmentierung des Ions bewirken. All diese durch die Fundamentale hervorgerufenen Effekte wirken sich negativ auf die Selektivität des Spektrums aus. In der Literatur findet man unterschiedliche Methoden, um den negativen Auswirkungen der 355 nm-Strahlung entgegenzuwirken. Die meisten nutzen den Unterschied im Brechungsindex der 118 nm- und 355 nm-Strahlung für MgF2 oder LiF aus, um die Strahlen zu trennen. In einigen Arbeiten [30, 31, 37, 62, 99, 104-107] wird dabei wie in Abbildung 29 auf der linken Seite dargestellt verfahren. Dabei wird die Krümmung der Linse zur Fokussierung des VUV-Lichts so wählen, dass der VUV-Strahl fokussiert wird, der 355 nm-Strahl aber divergent bleibt. Damit ist die Energiedichte am Ionisationsort der Fundamentalen relativ gering und nur wenig Ionen können durch Mehrphotonenabsorption gebildet werden. In anderen Arbeiten [23, 27, 33, 38, 108] hingegen wurde die Apparatur so aufgebaut, dass der gemischte Strahl aus 118 nm und 355 nm die fokussierende Linse, wie auf der rechten Seite von Abbildung 29 dargestellt, außermittig trifft. Dieser Aufbau hat den Vorteil, dass beide Strahle am Ionisationsort getrennt verlaufen und die Ionen nicht mit der Fundamentalen in Berührung kommen. Bei diesem Verfahren besteht darüber hinaus die Möglichkeit, die Fundamentale vor der Ionisationszone abzuschatten. Neben einer Linse zur Strahltrennung kann auch ein Prisma aus LiF oder MgF2 zur Strahltrennung verwendet werden [78, 109]. Da die VUV-Strahlung in einem Strahlfokus entsteht und danach divergent verläuft, ist allerdings auch hier eine fokussierende Linse notwendig. Indes ist zu Beachten, dass für 2-3 mm dicke Kristalle aus LiF die Transmission von 118 nm-Strahlung nur ca. 55 % und durch MgF2 nur ca. 40% beträgt [73]. Bei Strahltrennung mit Hilfe eines Prismas sind daher große Transmissionsverluste zu erwarten. Es konnten keine effektiven Beschichtungen gefunden werden, die 118 nm-Strahlung reflektieren und 355 nm-Strahlung durchlassen. Bei Beschichtungen, die dagegen die UV-Strahlung reflektieren und die VUV-Strahlung durchlassen, besteht wieder das Problem, dass ein Glas oder Kristall mit hoher VUV-Absorption passiert werden muss. Der hier beschriebene Aufbau verfolgt das Konzept der Strahltrennung durch eine außermittig bestrahlte Linse wie in Abbildung 29 (links) dargestellt. Das Besondere des verwirklichten Aufbaus besteht darin, dass durch eine vakuumdichte Verschiebeeinrich- 78 Kapitel 5 tung die VUV-Linse, die das VUV-Licht nach der Entstehung fokussiert, auch zentral angestrahlt werden kann. Damit sind Versuche zur Auswirkung der UV-Strahlung ermöglicht. Die oben beschriebene Software wurde so programmiert, dass das Verschieben der VUV-Linse im rechten Winkel zu den einfallenden Strahlen simuliert werden kann. Abbildung 29: Darstellung der mögliche Strahlführungen zur Separation der 355 nmStrahlung von der 118 nm-Strahlung. Links trifft der gemischte 355 nm- und 118 nm-Strahl mittig auf die MgF2-Linse. Durch die Linse wird der 118 nm-Strahl in das Zentrum der Ionenquelle fokussiert. Der divergente 355 nm-Strahl passiert hier auch die Ionisationszone. Rechts durchdringt der gemischte Strahl die Linse dezentral. Die 118 nm-Strahlung wird wiederum in das Zentrum der Ionenquelle fokussiert. Der 355 nm-Strahl läuft aus dem 118 nm-Strahl heraus und kann mit einer Blende vor der Ionenquelle abgeblockt werden. 79 Abbildung 30: Schematische Darstellung der VUV-Zelle in Verbindung mit der Ionenquelle eines TOFMS. Senkrecht von oben wird der 355 nm-Strahl in die Zelle fokussiert, wo im Zentrum (THG-Zone) 118 nm-Photonen erzeugt werden. Von der THG-Zone aus gelangen die 355 nm- und die 118 nm-Strahlung zur MgF2-Linse, die auch gleichzeitig das Austrittsfenster der Zelle ist. Aufgrund der unterschiedlichen Brechungsindizes wird die 118 nmStrahlung in das Zentrum der Ionenquelle fokussiert, wohingegen die 355 nm-Strahlung divergent am Zentrum vorbeistrahlt. Die THG-Zelle ist so konstruiert und angebracht, dass ein weiterer Strahl (OPO-Strahl) für den REMPI-Prozess in das Zentrum der Ionenquelle gelenkt werden kann. 80 Kapitel 5 Die Zelle, wie sie letztendlich nach allen Überlegungen und Simulationen gebaut wurde, ist in Abbildung 30 dargestellt. Von oben kommt 355 nm-Strahlung und wird durch eine bewegliche Linse mit f = 100 bei 355 nm durch ein Fenster in das Zentrum der Zelle fokussiert, wo die VUV-Strahlung entsteht. Nach dem Fokus (THG-Zone) gelangt die divergente VUV- und UV-Strahlung zu einer MgF2-Linse, die den VUV-Strahl in das Zentrum der Ionenquelle fokussiert. Bei der Einstellung, wie sie in Abbildung 30 dargestellt ist, gelangt das UV-Licht nicht in die Ionisationszone sondern wird durch eine vorgeschaltete Blende abgefangen. Die Zelle wurde so schlank gebaut, dass durch denselben Flansch, an dem die THGZelle angeschlossen ist, ein UV-Strahl (OPO-Strahlung) eingestrahlt werden kann, um in der Ionisationszone alternativ Probenmolekühle auch durch den REMPI-Prozess zu ionisieren. In Abbildung 30 sind noch die weiter unten beschriebene Getterpumpe zum Reinigen des Edelgases sowie die benötigten Anschlüsse der THG-Zelle dargestellt. Durch die Einlassnadel im unteren Teil der Abbildung gelang das Probengas in die Ionisationszone, wo es durch die UV- oder die VUV-Strahlung ionisiert wird. Die Ionen werden von dort durch ein elektrisches Feld in des Flugrohr beschleunigt, dort massenspezifisch getrennt und dann nachgewiesen. 81 5.4 Flugzeitmassenspektrometer Das Flugzeitmassenspektrometer mit Ionenquelle wurde nach vorgegebenem Konzepten gebaut und geliefert (Fa. Stefan Kaesdorf, München, Deutschland). Das verwendete Flugzeitmassenspektrometer besitzt eine zweistufige Ionenquelle nach Wiley und McLaren [41]. Im Anschluss an die Ionenquelle folgt eine elektrostatische Ionenlinse, um den Ionenstrahl zu kollimieren und eine ebenfalls elektrostatische X-Y-Ablenkeinheit, um den Ionenstrahl auf den MCP–Detektor (multi-channel plates) hin auszurichten. Nach diesen Ionenoptiken und einem durchlaufenen Potenzialgefälle von maximal 3 kV gelangt der Ionenstrahl in den feldfreien Raum des Flugrohres. Das TOFMS kann als lineares TOFMS und als Reflektron betrieben werden. Wird das TOFMS in linearer Betriebsweise [41, 42] betrieben, so gelangen die Ionen auf direktem Weg durch das Flugrohr auf den Ionendetektor am anderen Ende des Massenspektrometers. Im Reflektron-Betrieb ist der Ionenspiegel, der sich vor dem Detektor, der bei linearem Betrieb die Ionen detektiert, aktiv und lenkt die Ionen zurück auf einen 2. Detektor am vorderen Ende des Flugrohrs (vgl. Abbildung 3). Die Spannungsversorgung der Abzugselektroden ist so ausgelegt, dass wie in Abbildung 2B die Ionisationszone auf 0 V-Potenzial liegt. Damit kann mit Hilfe eines Nadeleinlasses am Ionisationsort eine hohe Gasdichte erzeugt werden, was die Sensitivität das Aufbaus positiv beeinflusst. Tabelle 3: Technische Daten des verwendeten Flugzeitmassenspektrometers. freie Driftstrecke des Reflektrons 801 mm Länge des Ionenreflektors 95 mm Winkel zwischen ein- und auslaufendem Ionenstrahl im 6,1° Ionenreflektor Durchmesser der Eintrittsblende 6 mm maximales Feld in der Ionisationszone 2000 V / 14 mm Maximale Beschleunigungsspannung 3000 V (2 stufig) Ionendetektoren (multi channel plates) CHEVRON, S304-10-D Typ 82 Kapitel 5 Die Ionenquelle des verwendeten Flugzeitmassenspektrometers ist mit einer Elektronenkanone ausgestattet. Diese Elektronenkanone ist so angeordnet, dass in die Ionisationszone sowohl Laserlicht als auch Elektronen aus der Elektronenkanone eingestrahlt werden können. Dadurch kann das Probengas in der Ionisationszone sowohl mit Hilfe von Photonen als auch mit Elektronen ionisiert werden. Technische Kenndaten des Flugzeitmassenspektrometers mit integrierter Elektronenstoßionenquelle sind in Tabelle 3 zusammengefasst. 83 5.5 Ionenquelle zur Elektronenstoßionisation Bei den TOFMS-Messungen mit effusivem Einlasssystem wurden Ionen bis zu einer Masse von maximal 350 m/z detektiert. Diese schweren Ionen benötigen bei den üblichen Beschleunigungsspannungen in etwa 20 ms vom Ionisationsort bis zum Detektor. Bei Verwendung eines 10 Hz-Lasersystems bedeutet dies, dass nach Auftreffen der schwersten Ionen auf dem Detektor im TOFMS für die nächsten 99980 ms nichts geschieht. Selbst mit modernen Nd:YAG-Lasern sind nur Pulsrate bis 50 Hz möglich. Daher wurde von der Fa. Käsdorf eine Elektronenkanone in der Ionenquelle so angebracht, dass die Ionisationszone neben den VUV- und UV-Strahlen auch von einem variierbaren Elektronenstrahl getroffen werden kann. Der Elektronenstrahl dieser Kanone kann mit bis zu 20 kHz gepulst werden. Da die Elektronen, mit denen das Probengas in der Ionisationszone beschossen wird, geladene Teilchen sind, muss das Abzugsfeld, das zwischen Repeller und 1. Extraktionsplatte bei Laserionisation anliegt, während der Elektroneneinstrahlung abgeschaltet sein. Bei anliegendem Feld würden die leichten Elektronen von der Elektronenkanone direkt zum positiven Repeller gezogen werden. Mit Hilfe zweier Hochspannungspulser (Fa. Stefan Kaesdorf, München, Deutschland) über die Repeller und 1. Extraktionsblende mit der Hochspannungsversorgung verbunden sind, kann das Abzugsfeld zwischen Repeller und 1. Extraktionsblende innerhalb einiger ns an- und ausgeschaltet werden. Abbildung 31 zeigt das Trigger-Signal für die Elektronenextraktion der Elektronenkanone und das Trigger-Signal, das die Hochspannungspulser steuert. Gibt ein Funktionsgenerator (z.B. Typ DG 535, Fa. Stanford Research Instruments Inc., Sunnyvale, USA oder Typ PDG 204, Fa. Scientific Instruments, Gilching, Deutschland) Trigger-Signale vor, wie in Abbildung 31 dargestellt, so wird das Probengas in der Ionisationszone für 1 ms mit Elektronen beschossen und anschließend werden die erzeugten Ionen nach einer Pause von 50 ns durch das angeschaltete Abzugsfeld beschleunigt. Geht man davon aus, dass die Gasatome bei effusivem Gaseinlass langsamer als die Schallgeschwindigkeit (320 m/s) sind [110], so legen die Gasatome in 1 ms weniger als 0,3 mm zurück. Bezogen auf das Abzugsvolumen der Ionenquelle von einigen Kubikmillimetern gehen damit durch die schnelle zeitliche Abfolge von Ionenerzeugung und Extraktion kaum Ionen verloren. 84 Kapitel 5 Abbildung 31: Trigger-Signale zur Steuerung des Elektronenstrahls (oben) und der Abzugsspannungen (unten) bei EI-Betrieb. Durch den Heizstom der Elektronenkanone lässt sich die Intensität des Elektronenstrahls und damit auch die Anzahl der erzeugten Ionen regulieren. Die Elektronenbeschleunigungsspannung lässt sich durch das Netzteil stufenlos einstellen. Somit können Elektronen mit verschiedenen kinetischen Energien zur Ionisation verwendet werden. Dies ist besonders interessant, weil damit auch 70 eV-Elektronenstoßspektren aufgenommen werden können, deren Fagmentmuster mit den Spektren der NIST-Datenbank [64] vergleichbar sind. Außerdem können z.B. Spektren mit 20 eV-Elektronen erzeugt werden, für die Stickstoff einen kleinen Wirkungsquerschnitt zeigt als andere Verbindungen. Damit lässt sich die Anzahl der Stickstoffionen relativ zu den Ionenzahlen anderer Verbindungen etwas reduzieren. Aufgrund der hohen möglichen Repetitionsrate und wegen der vergleichbar geringeren Empfindlichkeit wird bei der Elektronenstoßionisation eine andere Signalerfassung als bei der Laserionisation verwendet. Zur Aufnahme der Spektren wird eine Zählkarte eingesetzt, die den Zeitbereich eines Spektrums, in dem Ionensignale vom Detektor erwartet werden, in lauter gleiche Zeitfenster (Zeitkanäle) aufteilt. Bei der verwendeten Zählkarte (Typ P7886, Fa. Fast ComTec, München, Deutschland) beträgt die Kanalbreite mindestens 500 ps. Die 20 ms, in denen Ionen am Detektor pro Schuss erwartet werden, sind somit in 40.000 Kanäle unterteilt. Jeder Kanal zählt nur den Wert 0 oder 1. Kommt vom Detektor ein Signal, während ein bestimmter Kanal aktiv ist, und überschreitet dieses Signal eine vorgegebene Diskriminatorschwelle, so wird für diesen Kanal im Speicher der Wert 1 addiert. Wenn das Signal unter der Diskriminatorschwelle 85 liegt, wird dem Speicher nichts hinzugefügt. Die Diskriminatorschwelle wird so gewählt, dass das Signal eines einzigen Ions diese gerade übersteigt. Nach einer vorgegebenen Anzahl von Durchläufen bzw. Schüssen der Elektronenkanone werden die Werte aus den Kanälen als Spektrum abgespeichert und die Kanalspeicher für eine neue Messung gelöscht. Wird die Elektronenkanone mit 20 kHz betrieben und nimmt man 20.000 Durchgänge auf, so erhält man 1 Spektrum pro Sekunde. Dieses Verfahren funktioniert sehr gut und ist Stand der Technik bei Ionenquellen, in denen sich das Analysengas am Ionisationsort unter Drücken bis 10-5 mbar befindet. Beim verwendeten Aufbau gelangt das Probengas durch die Einlassnadel direkt zum Ionisationsort, wo es ins Vakuum entlassen wird. In der Ionisationszone herrschen damit sehr viel höhere Drücke. Damit kann es leicht zur gleichzeitigen Erzeugung mehrerer gleich schwerer Ionen kommen. Diese Ionen, die den Detektor zur selben Zeit erreichen, erzeugen ein ihrer Anzahl proportionales Signal. Der Kanal dieser Ionen addiert aber nur 1. Durch diese Nichtbeachtung des Mehrionensignals können die Gesamtspektren in diesem Fall nicht für quantitative Aussagen gebraucht werden. Für quantitative Messungen ist daher z.B. der Elektronenstrom über die Heizspannung der Elektronenkanone so weit zu reduzieren, dass mit großer statistischer Wahrscheinlichkeit höchstens ein Ion pro Sorte und Schuss erzeugt wird. Bei einer dynamischen Online-Messung muss dies auch noch für die höchste zu erwartende Konzentration einer Substanz erfüllt sein. Ist man an Substanzen im ppm-Bereich interessiert und stellt den Elektronenstrom auf diese ein, so werden Substanzen in Prozentkonzentrationen zwar auch detektiert, ihr Signalverlauf ist aber nicht mit ihrem Konzentrationsverlauf korreliert. Zur Einstellung des optimalen Elektronenstroms bei ausreichend kleiner Koinzidenz mehrerer Ionen in einem Zeitkanal, wird wie folgt verfahren. Zum Erreichen der maximalen Nachweisgrenze ist ein Probenstandard nötig, der die zu analysierende Substanz in der maximal vorkommenden Konzentration enthält und das NIST-EI- Referenzspektrum [64] bei gleicher Elektronenenergie. Zeigt sich beim Vergleich des Referenzspektrums mit dem aufgenommenen Spektrum, dass die relativen Signalhöhen der Fragmente übereinstimmen, ist der Elektronenstrom noch nicht zu groß. Das Signal eines Ion beträgt je nach Detektorspannung etwa 5 - 10 mV. Gleich nach der Vakuumdurchführung des Signalkabels wird das Detektorsignal durch einen Vorverstärker (Fa. Stefan Kaesdorf, München, Deutschland) um den Faktor 15 verstärkt. Die 86 Kapitel 5 Diskriminatorschwelle kann damit bei ca. 50 mV liegen. Damit verursachen Störungen, die nach dem Vorverstärker eingefangen werden und viel kleiner als 50 mV sind, kein Rauschen auf der Grundlinie des EI-Spektrums. 87 5.6 Kombination der Ionisationsmethoden Ziel dieser Arbeit ist die Entwicklung eines Flugzeitmassenspektrometers, das nahezu gleichzeitig ein Probengas mit drei unterschiedlichen Ionisationsmechanismen ionisieren kann und es dadurch möglich ist ein Gas umfassend und mit hoher Zeitauflösung zu analysieren. Das hier vorgestellten TOFMS-Systems kann ein Probengas, gewissermaßen gleichzeitig mit dem REMPI-, SPI- und EI-Verfahren analysieren. Dadurch, dass der OPO-Laser und die VUV-Zelle vom selben Nd:YAG-Laser mit 355 nm-Strahlung versorgt werden, stehen 118 nm-VUV-Licht für den SPI-Prozess und UV-Licht für den REMPI-Prozess zur selben Zeit zur Verfügung. Setzt man in den 355 nm-Strahlengang zur VUV-Zelle und in den UV-Strahlweg vom OPO-Laser zur Ionenquelle je einen Hubmagneten mit Teflonplättchen zur Strahlabblockung (vgl. Abbildung 32), so kann je nach freigegebenem Strahl mit dem SPI- oder REMPIProzess ionisiert werden. Werden diese Magneten mit den vom Laser vorgegebenen 10 Hz gesteuert, so kann abwechselnd je ein SPI- und ein REMPI-Spektrum aufgenommen werden. Da der verwendete Rechner (400 MHz, 128 MByte RAM, NT4) nicht schnell genug war, um mit 10 Hz einzelne Spektren zu speichern, wurden in der Regel 5 Spektren zu einem gemittelt und dieses gespeichert. Bei der parallelen Aufnahme von REMPI- und SPI-Spektren geben die Hubmagneten (Fa. Bürklin, München, Deutschland) mit 10 mm Hub z.B. alle 0,5 s einen anderen Strahl frei. Damit die erfassten Daten der jeweiligen Ionisationsart exakt zugeordnet werden, wurde das Datenerfassungsprogramm dahingehend erweitert, dass die Magneten über die serielle Schnittstelle (RS 232) gesteuert werden. So ist die Software in der Lage während einer Messung z.B. ein aus 5 Einzelspektren gemitteltes SPI-Spektrum in ein Verzeichnis zu speichern und das gemittelte REMPI-Spektrum in ein anderes. Auf diese Weise können pro Sekunde je ein REMPI- und ein SPI-Spektrum abgespeichert werden. Aufgrund der verschiedenen Parameter des VUV- und UV-Strahls und der verschiedenen Strahlenwege durch die Ionenquelle (siehe Abbildung 30) existiert für jede Ionisationsmethode ein optimaler Satz an Hochspannungen für das Massenspektrometer. Da dieser Satz Spannungen für REMPI und SPI nicht gleich ist und in dieser Ausführung nicht mit der erforderlichen Frequenz umgeschaltet werden konnte, sind unter Verwendung eines Spannungssatzes bei Messungen mit alternierender Ionisationsmethode Verluste bei einer der Ionisationsmethoden in Kauf zu nehmen. In der 88 Kapitel 5 Regel wurde der Spannungssatz derjenigen Ionisationsmethode verwendet, von der die interessantesten Ergebnisse zu erwarten waren. Bei Laser-Massenspektrometern, bei denen der Pumplaser nicht genügend Energie liefert, die durch einen Strahlteiler auf VUV-Zelle und OPO-Laser verteilt werden kann, kann mittels eines schnellen, präzisen Klapp- oder Drehspiegels der ganze 355 nmStrahl umgeleitet werden. Damit erübrigen sich die alternierenden Hubmagnete. Begnügt man sich damit, den REMPI-Prozess nur mit 266 nm durchzuführen, um sich den teuren OPO-Laser zu sparen, so kann durch einen steuerbaren Spiegel abwechselnd 355 nm für die VUV-Erzeugung und 266 nm für den REMPI-Prozess bereitgestellt werden. Dieses Verfahren wird in [20] beschrieben und wurde patentiert [111]. Es funktioniert, weil die 266 nm-Strahlung für REMPI durch zweimaliges Verdoppeln der 1064 nm-Strahlung des Nd:YAG-Lasers in je einem Kristall erzeugt wird. Die 355 nmStrahlung entsteht hingegen, wie in Abbildung 33 dargestellt, durch die einmalige Ver- Abbildung 32: Skizze der Laserstrahlen zwischen Nd:YAG-Laser und VUV-Zelle sowie zwischen OPO-Laser und Ionenquelle. In beiden Strahlwegen befindet sich je ein Hubmagnet mit Strahlblocker zum alternierenden Unterbrechen der Strahlen. Dadurch ist es möglich, zwischen der SPI- und der REMPI-Methode zu wechseln. Gesteuert werden die Elektromagnete durch den Messrechner. 89 dopplung der Fundamentalen (532 nm) und Mischung der 532 nm-Strahlung mit der Fundamentalen zur 355 nm-Strahlung. Montiert man, wie in Abbildung 33 zu sehen ist, einen steuerbaren Spiegel in den 1064 nm- und 532 nm-Strahlengang und lenkt damit die Strahlen über einen 532 nm reflektierenden dicroiden Spiegel zu einem weiteren Verdopplerkristall, so kann 266 nm-Strahlung für den REMPI-Prozess erzeugt werden. Lässt man die 1064 nm- und die 532 nm-Strahlung ungehindert zu einem Kristall, der aus einem 1064 nm-Photon und einem 532 nm-Photon ein 355 nm-Photon generiert, so erhält man die zur VUV-Erzeugung notwendige 355 nm-Strahlung. Abbildung 33: Laseraufbau mit Mischkristall, Verdopplungskristallen, dicroiden Spiegeln und Klappspiegel zur abwechselnden Erzeugung von 266 nm-Strahlung für REMPI und 355 nm-Strahlung für die Vakuum-UV-Erzeugung. 90 Kapitel 5 Wie oben erwähnt, liegt es nahe, das Gerät so zu betreiben, dass zwischen den 10 HzLaserschüssen für REMPI und SPI mit 20 kHz EI-Transienten erzeugt werden. Will man EI, SPI und REMPI quasi gleichzeitig in einem TOFMS betreiben, so sind einige zeitliche Abläufe aufeinander abzustimmen und das Signal ist je nach Ionisationsart der entsprechenden Datenerfassung zuzuführen. Um das Signal zwischen Transientenrekorder-Karte und Vielkanalanlysator hin und her zu schalten, besitzt der Vorverstärker eine Signalweiche, die mittels eines einfachen Trigger-Signals angesteuert werden kann. Bei „high“ gelangt das Signal zum Vielkanalanalysator, sonst zur Transientenrekorderkarte. Da ein Nd:YAG-Laser schlecht zu triggern ist, wird das Trigger-Signal des Lasers als Mastertrigger verwendet und alle anderen Vorgänge werden darauf abgestimmt. Der Lasertrigger wird verwendet zum Starten der Transientenrekorderkarte (Datenaufnahme bei Laserionisation) und zum Triggern eines Funktionsgenerators (siehe Abbildung 34). Für diese Art des Betriebes benötigt man einen Funktionsgenerator (Typ PDG 204, Fa. Scientific Instruments, Gilching, Deutschland) mit mindestens 3 unabhängigen Kanälen, Signalzählfunktion und Signalunterdrückungsfunktion. Der Funktionsgenerator muss so programmiert werden, dass er nach dem Startsignal des Lasers (in Abbildung 34 die negative Flanke von A) z.B. mit 10 kHz oder 20 kHz beginnt, eine vorgegebene Anzahl von Sequenzen abzuarbeiten. Nach dem Lasertrigger findet je nach Laserstrahlfreigabe durch den Magnetschalter in der Ionenquelle SPI oder REMPI statt. Die Elektronenkanone darf jetzt keine Elektronen freisetzen. Es wird aber ein Abzugsfeld benötigt. Daher geht das Trigger-Signal B in Abbildung 34 in der ersten Sequenz nicht auf „an“ (high), wohl aber der Trigger C für das Abzugsfeld. Das Signal D für die Signalweiche bleibt auf „aus“ (low) für die Tansientenrekorder-Karte. Bei der Laserionisation ist es günstiger, wenn das Abzugsfeld schon während der kurzen Ionenerzeugung eingeschaltet ist. Die Hochspannungspulser so anzusteuern, dass sowohl für Laserionisation (LI) als auch für EI ein optimales Feld anliegt, wäre sehr aufwendig. Daher werden hier bei der LI kleine Verluste in Kauf genommen. Der verwendete Funktionsgenerator PDG 204 bietet die Möglichkeit, am Anfang oder Ende einer vorgegebenen Anzahl von Sequenzen (bursts) 2 oder mehr Sequenzen eines bestimmten Kanals zu unterdrücken (burst-suppress-mode). Mit dieser Möglichkeit werden Kanal B und D nach dem Lasertrigger erst einmal für 2 Sequenzen in den Ruhe- 91 stand versetzt. Nach der 1. Sequenz ist das LI-Massenspektrum aufgenommen und da mindestens 2 Sequenzen unterdrückt werden, geschieht in der 2. Sequenz nichts. Von der 3. bis zur 1000. Sequenz wird durch das Trigger-Signal B der Elektronenstrahl und durch C das benötigte gepulste Abzugsfeld erzeugt. Das Signal D für die Signalweiche steht während dieser Zeit permanent auf „an“. Mit der in Abbildung 34 dargestellten Zeitsteuerung kann das TOFMS-System ein Probengas 10 mal in der Sekunde mit LI und 9920 mal mit EI analysieren. Da bei vielen Messungen auch noch der weiter unten beschriebene Massenfilter aktiv war, der nur bis maximal 10 kHz betrieben werden kann, arbeitet der Funktionsgenerator im Beispielschema der Abbildung 34 nur mit 10 kHz anstelle der möglichen 20 kHz. Bei gleichzeitiger EI, SPI und REMPI war die Einstellung der TOF-Spannungen noch etwas kritischer. Auf die Signalhöhe bei EI brauchte nicht geachtet zu werden. Sie konnte durch die Heizspannung immer getrennt von den anderen Ionisationsformen eingestellt werden. Wegen der unterschiedlichen Ausbreitung von Elektronenstrahl und Abbildung 34: Triggerpulse die bei quasi gleichzeitiger Elektronenstoß- und Laserionisation benötigt werden. A ist die Spur das Mastertriggers vom Nd:YAG-Laser, auf den alle anderen Trigger synchronisiert sind. B ist der Trigger für die Elektronenextraktion, C der Trigger für die Hochspannungspulser der Ionenextrakionsplatten und D sind die Pulse für den Vorverstärker mit Signalweiche. 92 Kapitel 5 Laserstrahlen am Ionisationsort ist es viel schwieriger, bei EI in Kombination mit LI in die Nähe der Massenauflösung (siehe Seite 109) zu kommen als bei EI allein. Auch hier ist zu empfehlen, den Satz TOF-Spannungen zu verwenden, der den interessantesten Prozess begünstigt. Außerdem gibt es die Möglichkeit, von außen einen Permanentmagneten zu verschieben, der die Elektronenflugbahn beeinflusst. Damit kann der Elektronenstrahl etwas auf einen Laserspannungssatz hin optimiert werden. 93 5.7 Massenfilter Die im TOFMS verwendeten MCP-Detektoren haben nur einen begrenzten dynamischen Bereich. Ist z.B. in einem Analysengas eine Substanz in einer Konzentration von 10 ppm enthalten und eine etwas schwerere Substanz mit 0,1 ppm und beide Substanzen haben für das verwendete Laserlicht in etwa denselben Wirkungsquerschnitt, so unterscheiden sich die Signalspannungen am Detektor um den Faktor 100. Verursacht die schwere Substanz 10 mV, so sind es bei der anderen schon 1 V. Da ein MCP-Detektor nach Überschreiten einer bestimmten Signalhöhe etwas Zeit benötigt, um sich nachzuladen, fällt seine normalerweise konstante Verstärkung für einige Zeit etwas ab. Bei den verwendeten Detektoren (Typ Chevron S304-10-D, Fa. Burle, Lancaster, USA) hat sich herausgestellt, dass nach einem Signalpeak, der höher als 1 V ist, die Signalpeaks der schwereren Ionen durch den Verstärkungsabfall kleiner bzw. unterdrückt werden. Aufgrund dieser technisch bedingten Signalbeeinflussung ist es in manchen Fällen erforderlich, Ionen einer Substanz, die in verhältnismäßig hoher Konzentration vorhanden ist, vom Detektor fernzuhalten. Dies kann man dadurch erreichen, dass auf der Flugbahn der Ionen zum Detektor an einer Stelle, an der die verschieden schweren Ionen bereits örtlich getrennt fliegen, kurzzeitig ein in der Ausdehnung begrenztes Ablenkfeld erzeugt wird. Bei einem Reflektron-TOFMS eignet sich als Ort der Bereich des 1. Ortsfokus besonders, weil hier die gleich schweren Ionen zeitlich fokussiert fliegen. Ein räumlich begrenztes Ablenkfeld kann durch ein enges Gitter erzeugen werden, bei dem die benachbarten Gitterdrähte immer genau auf dem entgegengesetzten Potenzial liegen. Zwischen den Gitterdrähten herrscht damit ein sehr starkes Feld. Etwas davor und dahinter kompensieren sich aber diese Poteniale. Wie man in der Simulation von Abbildung 35 sieht [112], werden Ionen daher nur zwischen den Gitterdrähten abgelenkt. Davor oder dahinter bleibt ihre Flugbahn unbeeinflusst. Schaltet man mit schnellen Hochspannungsschaltern die Spannungen der sonst neutralen Gitterdrähte kurz an, während sich die Ionen der störenden Masse zwischen den Drähten befindet, und danach gleich wieder aus, so bleibt der Flug der leichteren Ionen davor und der schwereren dahinter unbeeinflusst. Die abgelenkten Ionen gelangen nicht zum Detektor. 94 Kapitel 5 Auf den Massenspektren an der Stelle des störenden Massenpeaks ist nach Ablenken der Störionen lediglich eine etwas unruhigere Grundlinie zu sehen. Durch die Abzugsspannungen der Ionen lässt sich die Position des 1. Ortsfokus bestimmen. Optimiert man damit die Positon des 1. Ortsfokus auf den Massenfilter, so können mit dem Massenfilter des TOFMS (Fa. Stefan Kaesdorf, München, Deutschland) einzelne Massen eliminiert werden, ohne die Nachbarmassen zu beeinflussen. Abbildung 35: Potenziallinienverlauf um ein dünnes, abwechselnd positiv und negativ geladenes Massenfiltergitter. Von links nach rechts sind Flugbahnen von Ionen zu sehen, die durch das Nahfeld des Massenfilters bei angelegten Potenzialen vom Weg zum Detektor abgelenkt werden. 95 5.8 Kühlung Für die optischen und einige andere Komponenten des TOFMS stellt der feine Staub im Kesselhaus von Müllverbrennungsanlagen, ein Problem dar. Zum Schutz gegen den Staub, müsste das gesamte TOFMS idealerweise luftdicht gekapselt sein. Da sich aber im Gerät viele Komponenten befinden, die bis zu 2 kW Abwärme produzieren, wie die Turbomolekularpumpen, die Rechner mit der 60°C heißen Transientenrekorderkarte, das Lasernetzteil und einige weitere Netzteile, würde eine Kapselung zu einem Hitzestau und damit zum Ausfall der Komponenten führen. Bei der Konstruktion des Gerätes wurden mehrere Methoden eingesetzt, um diese Probleme zu lösen. Der Bereich des Nd:YAG-Laserkopfes und der gesamte OPO-Laser, die am empfindlichsten auf Staub reagieren, wurden komplett gekapselt und werden durch einen Wärmetauscher, der am Kühlwasserkreislauf des Lasers angeschlossen ist, temperiert. Die sehr viel Wärme produzierende, aber staubunempfindliche Vakuumvorpumpe wurde von allen anderen Komponenten getrennt außerhalb des Gerätes angebracht (siehe Abbildung 26). Das restliche Gerät wird mit gereinigter Pressluft gekühlt. Dazu wird Pressluft, die an Industrieverbrennungsanlagen reichlich zur Verfügung steht, erst mit einem Membrantrockner (Drypoint, Fa. BEKO, Neuss, Deutschland) entfeuchtet und mit zwei Filterelementen von Öl und Feinpartikeln befreit. Die so gereinigte Pressluft gelangt über zwei Schalldämpfer in den rechten und linken Teil des Gerätes. Durch Luftauslässe mit Filtermatten gelangt die erwärmte Luft wieder nach außen. Bei dieser Anordnung fließt permanent gereinigte Luft vom Inneren des Gerätes nach außen. Staubpartikel können dadurch nicht in das Gerät gelangen. Auch bei Wartungsarbeiten am offenen Gerät wirkt sich dieser Luftfluss positiv aus. Im Rahmen einer fünf Wochen andauernden Messkampagne im Kesselhaus einer Müllverbrennungsanlage war das Innere des Gerätes nahezu staubfrei. Die Pressluftmenge, die notwendig ist, um bei Laserbetrieb die Laserwärme abzuführen, ist beträchtlich, es sind mehr als 10 l / s notwendig. 96 Kapitel 5 5.9 Gasstandard Quantifizieren und Kalibrieren sind wichtige Vorgänge bei der analytischen Lasermassenspektrometrie. Die Anzahl der nachgewiesenen Ionen einer Sorte bei gleicher Konzentration im Analysengas hängt von einer Vielzahl von Geräteparametern ab. Da sich die Geräteparameter des hoch komplexen Messsystems im Laufe einer Messkampagne oder sogar innerhalb eines Tages ändern können, sollte vor jeder Messsequenz ein Standardgas mit relevanten Substanzen in bekannten Konzentrationen analysiert werden. Ähnlich wie schon in anderen Arbeiten [15, 18] beschrieben, wurde Standardgas mit relevanten Substanzen im unteren ppm- bis ppb-Bereich zur externen Massenkalibration und Quantifikation der Photoionisationsmassenspektren verwendet. Gasstandards in Druckflaschen können als Sondergase kommerziell gekauft werden. Aufgrund von Wandeffekten (z.B. Adsorption) können diese Gase allerdings altern und sind nur in Konzentrationen im ppm-Bereich und höher erhältlich. Ein weiteres Problem dieser statischen Gasstandards ist, dass nicht beliebig viele verschiedene Substanzen gemischt werden können und sich auch nicht alle Substanzen miteinander kombinieren lassen. Umfangreichere Standardgemische müssen daher selbst hergestellt werden. Hierzu wurde ein kompakter Standardgasgenerator in 19“-Bauweise entwickelt (Abbildung 37). Abbildung 36: Schematische Darstellung des Standardgenerators. Eine Membranpumpe saugt durch einen Flussregler Luft und bläst diese durch einen Glasbehälter in dem sich die speziell eingeschlossenen Standardsubstanzen befinden. Der Behälter mit den Standardsubstanzen wird durch Peltiertechnik temperiert. 97 Abbildung 37: 19“-Gasstandardgenerator In diesem Standardgenerator mischen sich Substanzen aus definiert ausgasenden Behältern mit einem definierten Gasstrom zum Standardgas. Je nach Flüchtigkeit der Substanz werden aus ihnen Permeationsstandards oder Diffusionsstandards hergestellt [15, 113-116]. Solche Diffussions- und Permeationsstandardröhrchen wurden mit relevanten Substanzen gefüllt. Lagert man die Standardröhrchen bei konstanter Temperatur und unter konstantem Luftfluss (f), so kann man durch den gewogenen Gewichtsverlust (Dm) der Substanz mit dem Molgewicht (M), bekannter Zeitspanne (Dt) zwischen den Wägungen und dem molaren Normvolumen (Vmn = 22,4 l/mol) die Konzentration (c) der einzelnen Substanzen im austretenden Gas errechnen. c=( Dm / D t Vmn ) / f M [5.6] Um konstante Umgebungsbedingungen für die Standards herzustellen, wurde in einem 19“-Gehäuse eine kleine elektrische Membranpumpe an der Saugseite mit einem Durchflusskontroller verbunden (vgl. Abbildung 36). Es erwies sich im Hinblick auf die 98 Kapitel 5 Lebensdauer der Pumpe als sinnvoll, die Luftflussrestriktion und Kontrolle auf dieser Seite der Pumpe vorzunehmen. Der konstante Luftstrom gelangt dann in einen Aluminiumquader (150x60x60mm), an dessen vier langen Seiten je ein Peltierelement (40x40mm) zur Temperierung sitzt und nach außen hin mit einem Kühlkörper verbunden ist. Die Luft wird in dem Quader einige Male hin und her geführt, um dessen Temperatur anzunehmen. Der Aluminiumkörper besitzt eine große Bohrung (Æ 51mm), in die ein Glasbehälter mit einem Glasschliff am einen Ende und einer kleinen Öffnung am anderen Ende passend eingelassen ist. Die temperierte Luft gelangt durch die kleine Öffnung in das Innere des Glasrohres, in dem sich die Standardröhrchen befinden. Am Ausgang des Glasrohres erhält man so einen konstant temperierten und gleichmäßigen Luftstrom mit konstanten Anteilen der Standardsubstanzen im Konzentrationsbereich von 10 ppb aufwärts. Im Aluminiumkörper steckt ein Temperatursensor, durch den das Peltierregelgerät (Typ PRG 400, Fa. Peltron, Furth, Deutschland) die Temperatur überwacht und durch Umpolung der Versorgungsspannung für die Peltierelemente den Körper sowohl kühlen als auch heizen kann. Die Konzentrationen der Standards kann durch Erhöhung der Temperatur etwas gesteigert werden. Abbildung 38: Aufbau eines Permeations- und eines Diffusionsstandard 99 Abbildung 39: Gewichtsabnahme verschiedener Permeations- und Diffusionsstandards (vgl. Tabelle 4) in einem Standardgenerator bei 25 °C (A) und 30 °C (B). 100 Kapitel 5 Die verwendeten Permeationsstandards bestehen aus kleinen Glasröhrchen, die mit einer festen oder flüssigen reinen Substanz gefüllt und mit einer Teflonmembran verschlossen sind. Durch den Konzentrationsunterschied der eingeschlossenen Substanz zu seiner Umgebung erhält man einen ständigen Permeationsfluss aus dem Standard nach außen. Substanzen mit einem niedrigeren Dampfdruck wurden in kleine Glasröhrchen mit einer kleinen Öffnung eingeschmolzen. Diese kleine Öffnung kann ein sehr kleines Loch (Æ < 0,5 mm) oder eine eingeklebte Kapillare sein (1 – 2 cm lang, ID 0,2 mm). Diese verschiedenen Standardbauweisen (Abbildung 38) werden benötigt, um die Konzentration der einzelnen Komponenten im Standardgas der Nachweisempfindlichkeit des Gerätes anzupassen. In Abbildung 39 ist der Gewichtsverlust von einigen Permeationsstandards (Abbildung 38) dargestellt. Diese Standardsubstanzen befanden sich in kleinen Glasröhrchen mit einem Innendurchmesser von etwa 2 mm. An einem Ende war das Röhrchen zugeschmolzen, am anderen Ende wurde es mit einem Teflonschrumpfschlauch (Wanddicke ca. 0,15 mm) und einem weiteren kurzen Stück zugeschmolzenen Glasrohrs verschlossen. Für flüssige Sandardsubstanzen wurde das Glasröhrchen an einer Stelle mit einem feinen Bunsenbrenner erwärmt und durch blasen erweitert (Flaschenbauch). Die befüllten Röhrchen lagerten über 2 Jahre bei 25 °C in einem Luftstrom von 10 ml/min. Aus Gleichung [5.6] ergibt sich z.B. für Benzol aus den Werten von Abbildung 39 eine Konzentration von 1,1 ppm und für Naphthalin eine Konzentration von 150 ppb. Phenanthren, Butanal, Phenol, Pyren, Dibenzofuran und Biphenyl verlieren als Permeationsstandards durch die Teflonmembran zu wenig Gewicht, als dass ein gleichmäßiger Gewichtsverlust gemessen werden konnte. Außerdem sind von diesen Substanzen Konzentrationen im 100 ppb-Bereich erwünscht. Von diesen Substanzen sollten daher in Zukunft Diffusionsstandards hergestellt werden. Von einigen Substanzen, die bei einer Neubestückung des Standardgenerator verwendet wurden, sind daher Diffusionsstandards (Abbildung 38) erstellt worden. Diese Standards besaßen anstatt eines verschlossenen Teflonschlauchs eine ca. 1 cm lange Kapillare (ID 0,2 mm), die mit UHU Endfest eingeklebt war. Ein Vorversuch hatte gezeigt, das UHU Endfest nach dem Aushärten nicht weiter ausgast und daher im späteren Verlauf kein Gewicht verliert. Das Glasröhrchen mit Anilin wurde sogar unverschlossen mit den anderen in den Generator bei 30 °C und 20 ml/min Luftfluss gestellt. 101 In Tabelle 4 sind die mittleren Konzentrationen der Substanzen im Standardgas in Abhängigkeit von den Umgebungsbedingungen aufgetragen, um künftig einen Anhaltspunkt zu haben, welche Konzentration in diesem Standardgenerator unter den selben Bedingungen zu erwarten sind. Die Stoffe, die trotz Diffusionsstandard nicht merklich an Gewicht verloren, könnten wie Anilin in einem offenen Röhrchen bei erhöhter Temperatur gelagert werden. Dazu muss allerdings untersucht werden ob sich diese Stoffe dann hygroskopisch verhalten. Bei dieser Art eines dynamischen Standards müssen sich die Standards über mehrere Wochen hinweg im temperierten Glasrohr befinden, damit die Konzentrationen der Substanzen in der austretenden Luft verlässlich bestimmt werden können. Die Behälter mit den Standardsubstanzen sollten zum Wiegen nur kurzzeitig aus dem temperierten Lagerbehälter genommen werden. Es empfiehlt sich, ein leeres Standardröhrchen mit im Generator zu lagern, an dessen unverändertem Gewicht sich die Waage (min. 0,1 mg Genauigkeit) und das Wiegen überprüfen lässt. 102 Kapitel 5 Tabelle 4: Konzentrationen von Permeations- und Diffusion-Standards bei verschiedenen Umgebungsbedingungen. Leck Temp Fluss Permeation Permeation Permeation Diffussion Permeation Permeation Permeation Permeation Diffusion Permeation Permeation Diffusion Permeation Permeation Diffusion Permeation Diffusion Diffusion Teflon Teflon Teflon Kapillare Teflon Teflon Teflon Teflon Kapillare Teflon Teflon Loch Teflon Teflon Kapillare Teflon Kapillare Kapillare 30 °C 25 °C 25 °C 30 °C 25 °C 30 °C 25 °C 25 °C 30 °C 30 °C 25 °C 30 °C 25 °C 30 °C 30 °C 25 °C 30 °C 30 °C 20 ml/min 10 ml/min 10 ml/min 20 ml/min 10 ml/min 20 ml/min 10 ml/min 10 ml/min 20 ml/min 20 ml/min 10 ml/min 20 ml/min 10 ml/min 20 ml/min 20 ml/min 10 ml/min 20 ml/min 20 ml/min Mittlere Konzentration 5 ppm 4 ppm 0,8 ppm 2 ppm nicht messbar 1 ppm 1 ppm 1 ppm 0,5 ppm 0,3 ppm 0,5 ppm 0,8 ppm 0,02 ppm 0,1 ppm 4 ppm 0,3 ppm 0,03 ppm nicht messbar Diffusion Kapillare 30 °C 20 ml/min nicht messbar Permeation Permeation Diffusion Permeation Permeation Permeation Permeation Teflon Teflon Kapillare Teflon Teflon Teflon Teflon 30 °C 25 °C 30 °C 25 °C 25 °C 25 °C 25 °C 20 ml/min 0,02 ppm 10 ml/min 0,15 ppm 20 ml/min 0,04 ppm 10 ml/min nicht messbar 10 ml/min nicht messbar 10 ml/min nicht messbar 10 ml/min nicht messbar Substanz Masse Standard [amu] Typ Ammoniak 17 Acetaldehyd Pyrrol Butanal Benzol 44 67 72 Benzol Pyridin 78 79 Toluol 92 Anilin Phenol Benzonitril 93 94 103 MCB 112 78 6-Caprolactam 113 Indol 117 Pyrimidin 123 2-Amino 4,6 Naphthalin 128 Chinolin Biphenyl Dibenzofuran Phenanthren Pyren 129 154 168 178 202 103 5.10 Experimente zur Spezifizierung des Massenspektrometers Nachfolgend beschriebene Experimente wurden durchgeführt, um das Massenspektrometer und seine neu entwickelten Komponenten zu spezifizieren. Es werden die Experimente beschrieben und die ermittelten Spezifikationsdaten aufgeführt. 5.10.1 VUV-Erzeugung in der Edelgaszelle Entscheidend für die Umwandlung der 355 nm-Pumpstrahlung in 118 nm-VUVStrahlung in der Edelgaszelle ist der Xenon-Druck in der Zelle. Nur in einem kleinen Xe-Druckbereich lässt sich VUV-Strahlung effektiv erzeugen. Neben dem Xe-Druck spielt die Reinheit des Xenons eine bedeutende Rolle. Verunreinigungen können schon bei relativ niedrigen Energiedichten im 355 nm-Fokus Gasdurchbrüche hervorrufen. Ein weiterer Grund für die Verwendung besonders reinen Xenons ist die Absorption von VUV-Licht durch Verunreinigungen, wie z.B. Sauerstoff. Trotz Adsorptionsgetter (siehe Kapitel 6.1), gereinigtem Edelstahl, Metalldichtungen und wenig ausgasenden Dichtungen aus Perfluorelastomer (Kalrezâ) für die Fenster, muss die Zelle alle paar Monate neu mit Xenon der Reinheit 5.0 oder höher befüllt werden. Das verwendete Xenon (Fa. Messer Griesheim, Krefeld, Deutschland) wurde in einer 10 bar-Druckdose mit 1 l Inhalt geliefert. Bei einem Zellenvolumen von ca. 1 l und einem Xe-Arbeitsdruck von einigen mbar reicht diese Menge für ca. 100 Befüllungen. Um nicht schon beim Befüllen die Zelle zu kontaminieren, wurde ein spezielles Ventilund Rohrleitungssystem aufgebaut, bei dem alle Volumina evakuiert werden können, bevor sie mit Xe gefüllt werden (siehe Abbildung 40). Dieses System besteht aus 4 Ventilen (A, C, D und E), wobei das Ventil A einen großen Rohrleitungsquerschnitt hat, um die THG-Zelle möglichst gut durch das Vakuum der Ionenquelle abpumpen zu können. Ventil B ist ein Absperr- und Reduzierventil, mit dem dosiert werden kann. Zum Abpumpen der Zelle öffnet man die Ventile A und B und senkt langsam den Druck in der Zelle. Bei einem Druck von unter 10-1 mbar kann das große Absperrventil A geöffnet werden, ohne eine große Druckwelle in der Ionenquelle zu erzeugen. Noch 104 Kapitel 5 Abbildung 40: Rohrleitungs- und Ventil-Plan zum Befüllen und Evakuieren der THG-Zelle. günstigere Bedingungen für das Befüllen mit Xenon werden dadurch geschaffen, dass während Ventil A offen ist, die THG-Zelle mit einem Heizband erwärmt wird. Zum Befüllen vergewissert man sich, ob alle Ventile geschlossen sind. Dann werden Ventil A und E geöffnet, um das Leitungssystem zu evakuieren. Danach werden beide Ventile wieder geschlossen. Öffnet man anschließend Ventil D, gelangt eine kleine Menge Xenon in die Leitung zwischen Ventil D und E. Dann wird D wieder geschlossen und durch Ventil E und B das Xenon in die Zelle gelassen. Diese kleine Menge an Xenon reicht aus, um die Zelle zwischen 50 mbar und 100 mbar zu füllen. Alle Ventile werden anschließend wieder geschlossen. Während der Versuche zeigte es sich, dass es am günstigsten ist, den optimalen XeDruck in der Zelle nicht beim Befüllen sondern durch Abpumpen einzustellen. Wenn Ventil C und das Regulierventil B etwas geöffnet werden, kann das Xenon langsam und kontrolliert entweichen. Ist der ideale Druck erreicht, werden alle Ventile geschlossen. Der optimale Xe-Druck für die THG-Zelle wurde durch Messungen an einem Standardgemisches aus 10 ppm Benzol, Toluol und p-Xylol (BTX) ermittelt. Das Standardgas wurde permanent eingelassen und mittels VUV-SPI analysiert. Da die Ionenzahl proportional zur Fläche unter den Signalpeaks des SPI-Spektrums ist, wurde die Peakfläche und damit die Ionenzahl über dem Xe-Druck aufgetragen. Der Druck wurde mit einer gasartunabhängigen Druckmessröhre (Typ CMR 261, Fa. Pfeiffer, Asslar, Deutschland) 105 Abbildung 41: SPI-Ionenausbeute in Abhängigkeit vom Xe-Druck in der THG-Zelle. Bei den zwei Messungen wurden jeweils 10 ppm Benzol, Toluol und p-Xylol in die Ionenquelle eingelassen. Um die Anzahl der erzeugten Ionen zu ermitteln, wurde über die Fläche unter den Signalpeaks integriert. aufgenommen. Die Ergebnisse sind in Abbildung 41 dargestellt. Aufgrund der Ergebnisse dieser Messungen sollte die THG-Zelle mit ca. 8 mbar Xenon betrieben werden. Es ist zu erwähnen, dass bei einer ähnlichen Edelgaszelle mit einem Laser mit weniger Energie und einem anderen Strahlprofil die maximale VUV-Erzeugung bei einem XeDruck von 12 – 14 mbar erreicht wurde. Daraus ist zu schließen, dass aufgrund der unterschiedlichen Fokusbedingungen der Xe-Druck an jeden Pumpstrahl angepasst werden muss. Außerdem sei noch vermerkt, dass durch Heizen der Getterpumpe zum Zwecke der Adsorption die Temperatur in der Zelle langsam ansteigt und sich damit auch der Xe-Druck erhöht. Während des Laserbetriebes sollte daher die Getterpumpe nicht beheizt werden. Neben dem Xe-Druck spielt die 355 nm-Pumpenergie eine entscheidende Rolle. In Abbildung 42 ist die relative Zahl der mit SPI erzeugten 10 ppm-BTX-Ionen gegenüber der eingestrahlten 355 nm-Energie dargestellt. Dem Verlauf der Ionenzahl von Toluol und Xylol ist eine links oben in der Abbildung dargestellte Funktion mit einer speziellen 106 Kapitel 5 Software angepasst worden (Originâ, Fa. Microcalä, Northampton, USA). Das diese Funktion eine kubische Abhängigkeit der Ionenzahl und damit auch der VUVPhotonenzahl beschreibt, wird nach Gleichung 4,12 erwartet. Mit dieser Formel lässt sich in etwa vorhersagen, wie sich die Ionenausbeute bei höherer 355 nm-Energie verhält. Zu bedenken ist jedoch, dass die 355 nm-Energie nicht beliebig erhöht werden kann. Ab einer bestimmten Energiedichte finden auch bei reinem Xenon im Fokalbereich Gasdurchbrüche statt. Abbildung 42: SPI-Ionensignal von 10 ppm Benzol, Toluol und p-Xylol in Abhängigkeit von der Intensität der 355 nm-Pumpstrahlung. Die gepunktete Linie ist mit Hilfe einer Fitfunktion erstellt worden und zeigt die kubische Abhängigkeit der VUV-Erzeugung von der Pumpenergie. Bei der Messung in Abbildung 42 ist zu beachten, dass die Energieänderung durch Glasplättchen, wie sie für Mikroskope verwendet werden, erzeugt wurde. Für die Messung stand ein 14 mJ 355 nm-Laserstrahl zu Verfügung, der durch Einlegen der Glasplättchen geschwächt wurde. Durch Reflexion beim Eindringen in jedes Plättchen verliert der Strahl schrittweise an Energie. Da das Reflexionsverhalten auch etwas energieabhängig ist, verändert man durch diese Methode das Strahlprofil eines Strahls mit gaussförmiger Energieverteilung. Durch ein verändertes Strahlprofil ändern sich auch die Fokusbedingungen in der Zelle und damit auch die VUV-Erzeugung. Wieviel VUV-Photonen in der Zelle bei den verschiedenen 355 nm-Energien erzeugt wurden, kann nicht genau angegeben werden. In der Literatur wird von EnergieumUm- 107 wandlungseffizienzen von 10-4 bis 10-5 gesprochen [27, 99]. Bei 20 mJ/Puls 355 nmStrahlung -soviel stand für die VUV-Erzeugung bei dem hier beschriebenen Gerät maximal zur Verfügung- ergibt dies 200 nJ/Puls bis 2 mJ/Puls und damit 1011 bis 1012 118 nm-Photonen pro Puls. Der Versuch, die VUV-Strahlung mit einem Halbleiterdetektor (siehe Kapitel 4.3.1) hinter der Ionisationszone zu messen, scheiterte an der um Größenordnungen höheren Intensität an 355 nm-Strahlung in der Nähe des VUV-Strahls. Trotz Trennung der 355 nm- und 118 nm-Strahlen war es aufgrund von diffuser 355 nm-Strahlung nicht möglich, die VUV-Strahlung zu quantifizieren. Mit einer geeichten Ionisationszelle (Kapitel 4.3.5) sollte dieses in Zukunft jedoch möglich sein. 5.10.2 Einphotonenionisation (SPI) Zur Spezifikation eines neuen TOFMS-Systems gehören z.B. die erreichbaren Nachweisgrenzen und die Massenauflösung. In dieser Arbeit wird die Nachweisgrenze (d) nach der Formel [5.7] von Williams et al. [50] berechnet. Es wird auch davon ausgegangen, dass eine Substanz nachgewiesen werden kann, wenn ihr Signalpeak 3 mal größer als das Rauschen auf der Grundlinie ist (S/N > 3). Das Rauschen wird dabei über die Standardabweichung (s) in einen Bereich neben dem Massenpeak ermittelt, in dem sich kein Massenpeak befindet (siehe Abbildung 43). Der Mittelwert (m) des Signals in diesem Bereich liefert das Grundlinienniveau, das von der Signalpeakhöhe (p) subtrahiert werden muss, um die absolute Höhe des Signals zu erhalten. 3s d= c. p-m [5.7] Für die Messungen zur Bestimmung der Nachweisgrenzen stand zum einen ein Standardgas aus der Flasche mit 10 ppm-Benzol, Toluol und p-Xylol (BTX), später auch noch mit 10 ppm Dekan, zur Verfügung und zum anderen ein in einem Standardgasgenerator (siehe Kapitel 5.9) erzeugtes Gasgemisch mit mehreren Komponenten in niedrigerer Konzentration (vgl. Tabelle 5). Abbildung 43 zeigt ein 118 nm-SPI-Massenspektrum des 10 ppm-BTX-Standards. Die Grundlinie liegt hier bei –0,67 mV und die Streuung bzw. das Rauschen bei 1,2 mV. Aus den Signalhöhen und der Formel [5.7] ergeben sich die in Abbildung 43 und in 108 Kapitel 5 Abbildung 43: SPI-Massenspektrum eines 10 ppm-BTX-Standardgases. Angegeben ist die Signalhöhe und die aus der Standardabweichung und Grundlinienhöhe errechnete Nachweisgrenze (NWG) bei einer Mindestsignalhöhe von 3 mal dem Grundlinienrauschen. Tabelle 5 dargestellten Nachweisgrenzen (NWG). Für das Spektrum in Abbildung 43 wurden 5 Einzelspektren zusammengefasst. Da die Einzelspektren mit 10 Hz erzeugt werden, benötigt man für diese Nachweisgrenzen eine Aufnahmezeit von 0,5 s. In Abbildung 44 ist das Massenspektrum abgebildet, mit dem der überwiegende Rest der NWGs von Tabelle 5 ermittelt wurde. Etwas schwierig erwies sich die Ermittlung der NWG von Pyridin. Benzol mit einem 13C-Atom (6,6 % aller Benzol-Moleküle), wie auch Pyridin haben die Masse 79 m/z. Aus dem Spektrum in Abbildung 44 kann der Pyridin-Anteil des 79 m/z-Peaks abgeschätzt werden, indem man das Peakverhältnis (78 m/z / 79 m/z) von Benzol aus Abbildung 43 nimmt und danach den Pyridinanteil des 79 m/z-Peaks in Abbildung 44 abschätzt. Abbildung 44: SPI-Massenspektrum einer Standardgasmischung zur Bestimmung einzelner Nachweisgrenzen. 109 Tabelle 5: SPI-Nachweisgrenzen (NWG) einiger Substanzen, die in bekannter Konzentration zur Verfügung standen. Aufgelistet ist auch die Konzentration der Substanzen im Standardgas bei der Messung und die Anzahl der Spektren, die zusammengefasst wurden, um die NWG zu ermitteln. Substanz Masse IP Konzentration im gemittelte Nachweisgrenze Standard Spektren bei S/N > 3 Ammoniak 17 amu 10,2 eV 2,2 ppm 100 100 ppb Pyrrol 67 amu 8,20 eV 1,0 ppm 100 4 ppb Benzol 78 amu 9,24 eV 10,0 ppm 5 45 ppb 1,4 ppm 100 2 ppb Pyridin 79 amu 9,26 eV 0,5 ppm 100 ~ 3* ppb Toluol 92 amu 8,5 eV 10,0 ppm 5 60 ppb 0,4 ppm 100 3 ppb 7,72 eV 0,9 ppm 100 3 ppb Anilin 93 amu Benzonitril 103 amu 9,73 eV 0,02 ppm 100 1 ppb p-Xylol 106 amu 8,4 eV 5 60 ppb MCB 112 amu 9,07 eV 4,0 ppm 100 10 ppb Indol 117 amu 7,76 eV < 0,02 ppm 100 < 5 ppb Naphthalin 128 amu 8,12 eV 0,03 ppm 100 5 ppb Chinolin 129 amu 8,63 eV 0,03 ppm 100 4 ppb Dekan 142 amu 9,65 eV 10,0 ppm 5 40 ppb * 10,0 ppm Die Nachweisgrenze von Pyridin wurde nach Substraktion des 13C-Anteils von Benzol ermittelt. Das Spektrum der Abbildung 44 stellt den Mittelwert von 100 Einzelspektren dar. Um die damit erhaltenen NWGs zu erzielen, muss also mindestens 10 s lang gemessen werden. Geht man davon aus, dass das Rauschen auf der Grundlinie statistischen Ursprungs ist, so verbessert sich die NWG mit der Wurzel der Anzahl von gemittelten Spektren. Verwendet man 100 Spektren anstelle von 5 Spektren, verbessert sich damit die Nachweisgrenze um den Faktor 4,5. Würde man in Abbildung 43 die Ionensignale nicht über der Massenachse sondern über der Flugzeitachse darstellen, so würde der p-Xylol Peak bei t = 16,23 ms liegen und auf halber Höhe eine Breite von DtFWHM = 4,5 ns haben. Errechnet man damit die Massenauflösung (R50%) mit [5.8], ergibt sich eine R50% von ca. 1800 m/z. R50% = t 2Dt FWHM [5.8] 110 Kapitel 5 Ermittelt man die Massenauflösung mit Hilfe eines schwächeren Ionensignals, wie z.B. mit dem MBC-Peak in Abbildung 44, so erhält man das vergleichbare Ergebnis R50% = 1900. 5.10.3 Resonanzverstärkte Mehrphotonenionisation (REMPI) Um die REMPI-Nachweisgrenzen der verschiedenen Substanzen in einem Standardgas zu bestimmen, bedarf es mehrerer Messungen. Schließlich hat jede Substanz ihren maximalen REMPI-Wirkungsquerschnitt bei einer anderen Wellenlänge (vgl. Abbildung 45 rechts). Bezüglich des REMPI-Wirkungsquerschnitts ist aber noch zu beachten, dass der Laser bei verschiedenen Wellenlängen verschiedene Energien liefert. Da beim REMPI-Prozess zwei Photonen benötigt werden, hängt die Ionisationsausbeute quadratisch von der Energiedichte am Ionisationsort ab. Die an der GSF mit einem besonders schmalbandigen durchstimmbaren Laser aufgenommenen Wellenlängenspektren in Abbildung 45 (rechts) [40] wurden daher auf eine Laserenergie normiert. Will man die Nachweisgrenze (NWG) [5.8] des Geräts für eine bestimmte Substanz ermitteln, kann es sinnvoll sein, nicht mit der Wellenlänge zu ionisieren, für die das Molekül den größten REMPI-Wirkungsquerschnitt hat, sondern bei einer Wellenlänge mit einem Optimum an Energie und Wirkungsquerschnitt. In Abbildung 45 (links) sind zwei Massenspektren desselben Standardgases bei zwei verschiedenen Wellenlängen des Ionisationslasers dargestellt. In den Wellenlängenspektren von Abbildung 45 (rechts) sind die zwei verschiedenen Wellenlängen, bei denen das Standardgas gemessen wurde, mit gepunkteten Linien eingezeichnet. Die scharfen Massenpeaks in Abbildung 45 (links) unterhalb von 70 m/z sind Fragmente von Anilin und haben eine maximale Signalhöhe von 1,2 % des Hauptsignals bei 93 m/z. Zum Vergleich: Bei 70 eV-EI hätte der Peak bei 66 m/z eine relative Höhe gegenüber dem Hauptpeak von 32 % [64]. Bei Verringerung der Energiedichte am Ionisationsort, würden auch die Signale bei 65 m/z und 66 m/z verschwinden. Kann dies durch Aufweiten des Strahls und damit größerem Strahldurchmesser in der Ionisationszone und demzufolge größerem Ionisationsvolumen erreicht werden, so ist kein Verlust an Signalhöhe beim Hauptpeak zu erwarten. 111 Abbildung 45: Zwei REMPI-Spektren des Gasstandards bei zwei verschiedenen Wellenlängen (links). Je nach Wellenlänge erhält man eine andere Sensitivität für das im Standard enthaltenen Benzol (78 m/z), Toluol (92 m/z), Anilin (93 m/z), Indol (117 m/z) und Naphthalin (128 m/z). Rechts sind die Wellenlängenspektren von einigen der Substanzen dargestellt, die die relative REMPI-Ionisierbarkeit in Abhängigkeit von der Wellenlänge zeigen. Die leichteste Substanz im Standard war Benzol in einer Konzentration von 1,4 ppm (vgl. Tabelle 6). Wie man am Benzol-Wellenlängenspektrum in Abbildung 45 (rechts) sieht, kann Benzol besonders gut bei 259 nm mit REMPI ionisiert werden. Aus diesem Grund ist Benzol auch nur im Massenspektrum mit 259 nm-Strahlung sichtbar. Toluol lässt sich auch mit 259 nm-Strahlung gut ionisieren. Im 290 nm-Spektrum resultiert das Signal bei 92 m/z (~1 % von 93 m/z) aus der Wasserstoffabspaltung des Anilins (93 m/z). Wie aus dem Wellenlängenspektrum ersichtlich ist, wird Anilin bei 290 nm gut ionisiert. Bei einer Messung mit 283 nm-Licht wäre die NWG von Anilin, wie in 112 Kapitel 5 Tabelle 6: REMPI-Nachweisgrenzen (NWG) einiger Substanzen, die in bekannter Konzentration zur Verfügung standen. In der Tabelle sind außerdem die Konzentration der Substanz im Standardgas, die Wellenlänge, bei der die NWGs ermittelt wurden, und die Anzahl der Spektren aufgelistet, die zur Ermittlung der NWG zusammengefasst wurden. Substanz Masse gemessen bei Konzentration im gemittelte Nachweisgrenze Benzol 78 amu Wellenlänge Standard Spektren bei S/N > 3 259 nm 1,4 ppm 100 3 ppb Toluol 92 amu 259 nm 0,3 ppm 100 4 ppb Anilin 93 amu 290 nm 0,8 ppm 100 350 ppt p-Xylol 106 amu 266 nm 10 ppm 20 25 ppb Indol 117 amu 280 nm < 0,03 ppm 100 < 600 ppt Naphthalin 128 amu 290 nm 0,02 ppm 100 2 ppb Tabelle 6 angegeben, noch besser. Bei Indol (117 m/z) ist das Signal erwartungsgemäß bei 259 nm größer. Naphthalin (128 m/z) verhält sich auch entsprechend seines Wellenlängenspektrums und ist im 290 nm-Spektrum nicht zu erkennen. Sämtliche REMPI-NWGs, die mit dem hier beschriebenen Gerät ermittelt werden konnten, sind in Tabelle 6 aufgeführt. Diese NWGs können bei anderen Wellenlängen, bei denen das Verhältnis zwischen Laserenergie und Wirkungsquerschnitt günstiger ist, durchaus noch niedriger liegen. Es sei angemerkt, dass diese NWGs unter günstigen Umständen im Labor ermittelt wurden. Bei weniger günstigen Umgebungsbedingungen, wie bei den Messungen an einer Müllverbrennungsanlage, waren die erzielten NWGs bis zu einer Größenordnung schlechter. Dies betraf besonders den REMPI-Prozess, da hier die Laserenergie quadratisch in die Ionenausbeute eingeht und der Laser unter solchen Feldbedingungen schwer zu justieren ist. 5.10.4 Elektronenstoßionisation (EI) Für die Elektronenstoßionisation befindet sich an der Ionenquelle des Massenspektrometers eine Elektronenkanone in der durch Glühemission Elektronen frei gesetzt werden. Die Elektronen werden in einem elektrostatischen Feld auf eine bestimmte kinetische Energie beschleunigt und glangen anschließend zur Ionisationszone. Durch 113 Stöße mit den Gasmolekülen wird kinetische Energie der Elektronen auf die Moleküle übertragen, wodurch es zur Ionisatation kommen kann (vgl. Kapitel 3.3). Das Einstellen der Elektronenstoßionisation gestaltet sich bei diesem Kombi-Gerät besonders schwierig. Grund dafür ist, wie zuvor beschrieben, der hohe Gasdruck am Ionisationsort in Kombination mit einem Vielkanal-Analysator. Der hohe Gasdruck wird von der Einlassnadel verursacht, die das Probengas kurz vor der Ionisationszone ins Vakuum entlässt. Der Vielkanal-Analysator ist notwendig zur Aufnahme der Spektren, die mit bis zu 20 kHz erzeugt werden. Bei kurzen Messzyklen, wie man sie zur Bestimmung von dynamischen Prozessen benötigt, wird der Elektronenfluss aus der Elektronenkanone mit dem Heizstrom so eingestellt, dass z.B. eine Substanz in einer Konzentration von 100 ppb relativ häufig ein Einionensignal, aber keine Mehrionensignale erzeugt. Eine Substanz in einer Konzentration von 10 % und einem ähnlichen EI-Wirkungsquerschnitt verursacht bei denselben Einstellungen ein 106-fach so intensives Signal, das aber im entsprechenden Kanal des Vielkanalanalysators genauso als ein Ereignis gezählt wird wie ein einzelnes Ion. Der Wert, den der Vielkanalanalysator für eine konzentrierte Substanz ausgibt, ist daher ohne quantitativen Wert. Diese hohen Signale können durch ihre steilen Flanken zu elektrischen Schwingungen in den Signalkabeln führen, deren Amplituden als schwerere Moleküle von der Datenerfassung erkannt und gewertet werden. In Abbildung 47 B verursacht der Stickstoff bei 28 m/z ein so starkes Signal, dass es bis 31 m/z noch zu elektronischen Störungen kommt. Tabelle 7: Hauptbestandteile der Luft mit deren Konzentrationen Gas Molare Masse Volumenanteil Stickstoff (N2) 28 amu 78,1 % Sauerstoff (O2) 32 amu 21,0 % Argon (Ar) 40 amu 0,9 % Kohlendioxid (CO2) 44 amu 340 ppm Neon (Ne) 20 amu 18 ppm Zum Einstellen der Heizspannung der Elektronenkanone und damit des Elektronenstroms eignet sich Luft sehr gut. Wie in Tabelle 7 dargestellt, enthält Luft eine Reihe von Substanzen in unterschiedlichen Konzentrationen. Zur Messung einer Substanz im 100 ppm-Konzentrationsbereich, ist es z.B. sinnvoll, die Parameter des Gerätes so zu setzen, dass CO2 mit einer Konzentration von 340 ppm in Luft gut detektiert wird. In 114 Kapitel 5 den EI-Spektren der Abbildung 46 A und Abbildung 47 A, die jeweils Summenspektren von 100.000 Einzelspektren sind, ist Argon (40 m/z) und CO2 (44 m/z) gut zu erkennen, in Abbildung 47 A sogar schwach das Neon (20 m/z). Ob die vom Vielkanalanalysator ausgegebenen Werte auf Ein- oder MehrionenEreignissen beruhen, ist nicht ohne weiteres zu erkennen. Zur Überprüfung kann die Anzahl von Ereignissen, aus denen sich ein Massenpeak zusammensetzt, bestimmt werden. Setzt sich ein Massenpeak aus einer Anzahl von Ereignissen zusammen, die größer ist als 70 % der Anzahl der für das Spektrum verwendeten Einzelspektren, so kann mit einer gewissen statistischen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass zumindest in einigen Fällen mehr als ein Ion einer Sorte den Ionendetektor während der Aufnahme für ein Einzelspektrum erreicht hat. Aus diesem Grund ist dann ein quantitativer Vergleich zwischen zwei Messungen nicht möglich. Abbildung 46: 70 eV-EI-Massenspektrum von Benzol in Luft (A). Zum Vergleich dazu das 70 eV-EI-Massenspektrum von NIST (B). Wenn die Fragmentmuster identisch sind, sind der Elektronenstrom und die Vielkanalanalysator-Karte richtig eingestellt und die Massenpeaks von (A) werden durch Aufaddieren von Einzelionen erzeugt. Bei der Messung des Spektrums (A) wurde N2 durch den Massenfilter unterdrückt. Das starke Rauschen in (A) von 0 bis 10 m/z resultiert aus den Hochspannungspulsern des Massenfilters. Neben der Kontrolle der Höhe der Massenpeaks kann man das Fragmentmuster einer Substanz auch dazu verwenden, die Einstellungen der Elektronenkanone zu kontrollieren. Wenn das Fragmentmuster einer Substanz z.B. mit dem Fragmentmuster der Substanz vom National Institute of Standards and Technology (NIST) [64] bei gleicher Elektronenenergie vergleichbar ist, sind die Einstellungen der Ionenquelle günstig. In Abbildung 46 ist das Ergebnis einer 70 eV-EI-Benzolmessung dargestellt (links) und mit dem 70 eV-Fragmentmuster von NIST (rechts) verglichen. Da bei dieser Messung Benzol in Luft gemessen wurde, können auch die Bestandteile von Luft, wie H2O, O2, 115 Abbildung 47: 23 eV-EI-Massenspektren von Luft (A) und 1000 ppm HCN in N2 (B). Die Signale im Massenbereich von 28 bis 31 m/z werden durch den hohen N2-Anteil hervorgerufen. Ar und CO2 erkannt werden. Stickstoff wurde bei dieser Messung mit Hilfe eines Massenfilters unterdrückt. Die Elektronenstoßionisation wurde für die Messungen an einer industriellen Müllverbrennungsanlage sehr wichtig, weil mit ihr Cyanwasserstoff (HCN) bis in den unteren ppm-Bereich nachgewiesen werden konnte. Mit SPI konnte HCN wegen des hohen Ionisationspotenzials von 13,60 eV nicht ionisiert werden. Auch wurde keine UV-Wellenlänge gefunden, um HCN mit Einfarben-REMPI zu ionisieren. Aus der in Abbildung 47 B dargestellten Messung von 1000 ppm HCN in N2 ergab sich aus 100.000 Einzelspektren eine NWG von 5 ppm. Die Elektronen hatten bei dieser Messung eine kinetische Energie von 23 eV. Für die Analyse von HCN ist diese niedrige Elektronenenergie vorteilhaft, da der EI-Wirkungsquerschnitt von N2 gegenüber z.B. HCN unterhalb von 30 eV überproportional abfällt. Bei allen vorangegangenen EI-Messungen wurde die Elektronenkanone mit relativ geringer Heizspannung betrieben, um nicht zu viele Ionen pro Schuss der Elektronenkanone (pro Transient) zu erzeugen. Bei Reduktion der Repetitionsrate der Elektronenkanone auf etwa 100 Hz und gleichzeitig maximalem Elektronenstrom können die Ionensignale auch mit einem Transientenrekorder oder Oszilloskop aufgenommen werden. Für die in Abbildung 48 dargestellten Transientenrekorder-Messungen wurde wieder ein Massenfilter verwendet, um Stickstoff bei 28 m/z zu unterdrücken. Trotz des Massenfil- 116 Kapitel 5 ters gelangt noch eine große Anzahl von N2-Ionen zum Detektor. Dennoch war es möglich, HCN auch mit dieser Methode zu messen (siehe Abbildung 48 A). Die NWG für HCN lag bei 50 ppm und wurde bei einer Messdauer von 1 s erreicht. Die Spektren in Abbildung 48 sind das Resultat von 100 Einzelspektren. Abbildung 48 B stellt zum Vergleich die Messung von reiner Luft unter denselben Bedingungen dar. Abbildung 48: 20 eV-EI-Massenspektren von Stickstoff mit 1000 ppm HCN (A) und ohne HCN (B). Die Spektren wurden nicht mit dem Vielkanalanalysator, sondern mit der Transientenrekorder-Karte aufgenommen. Die Anzahl der Stickstoffionen (28 m/z) ist durch den Massenfilter reduziert. 5.10.5 Massenfilter Typischerweise werden für den zeitaufgelösten Nachweis von Ionen im TOFMS-System MCPs (engl.: multi-channel plates) verwendet. Diese Detektoren verstärken intern durch einen Sekundäreffekt die Ionensignale. Der Verstärkungsfaktor eines MCPDetektors ist abhängig von der angelegten Betriebsspannung. Beim Nachweis von Ionen fließt kurzzeitig ein Strom im MCP-Detektor. Wenn eine sehr große Anzahl von Ionen gleichzeitig auf den Detektor trifft, wie dies für die Benzol-Ionen (78 m/z) bei der Messung für Abbildung 49 A1 der Fall war, sinkt durch den Stromfluss im Detektor die anliegende Spannung kurzzeitig ab. Dies bewirkt, dass für nachfolgende schwerere Ionen der Detektor mit einem unbekannten, geringerem Verstärkungsfaktor arbeitet. Wenn man Abbildung 49 A1 mit A2 vergleicht, sieht man, dass durch das große BenzolIonensignal in A1 höhere Massen kaum mehr nachgewiesen werden können. In Abbildung 49 A2 wurde durch den Massenfilter verhindert, dass die Benzol-Ionen zum 117 Detektor gelangen, was zu einem besseren Nachweis der schwereren Substanzen dieser Öldestillationsprobe führte. Beim Vergleich der Messung in Abbildung 49 B1, in der das Benzol nur ein Signal von 1 V verursachte, mit der Messung in B2, bei der Benzol nicht zum Detektor gelangte, wird deutlich, dass die schwereren Ionen in beiden Fällen gleich effektiv nachgewiesen werden. Abbildung 49: Messung eines Rohöl-Destillationsproduktes mit sehr hohem Benzolanteil. Bei Messung A1 verursacht das Benzol ein Ionensignal von 3,5 V. Wird die Probe unter denselben Bedingungen gemessen, aber mit Unterdrückung der Benzol-Ionen durch den Ionenfilter, erkennt man in A2 den negativen Einfluss des hohen Signals auf die Detektion der schwereren Ionen. Wenn das maximale Ionensignal nur eine Höhe von 1 V (B1) erreicht, werden die nachfolgenden Massen nicht beeinflusst (B2). Bei den von der Firma Kaesdorf in das TOFMS eingebauten MCP-Detektoren (Typ CHEVRON S3040-10-D, Fa. Burle, Lancaster, USA) musste dafür gesorgt werden, dass einzelne Ionensignale nicht über 1 V anstiegen, um nachfolgende Massen nicht undefiniert zu beeinflussen. Mit Hilfe des Massenfilters kann somit der dynamische Bereich des TOFMS erhöht werden. Dies ist besonders dann vorteilhaft, wenn trotz geeignetem Ionisationsmechanismus andere, ebenfalls vorkommende Substanzen um Größenord- 118 Kapitel 5 nungen höhere Signale verursachen als die Substanzen, die im Zentrum des Interesses liegen. Theoretisch wäre es auch denkbar, mit dem Massenfilter nur einen konstanten Anteil von Ionen einer Sorte vom Detektor fern zu halten und damit das Signal von Ionen selektiv und definiert zu schwächen. Versuche zu dieser Art der Anwendung eines Massenfilters, speziell zum linearen Intensitätsverhalten, stehen noch aus. Abbildung 50: EI-Spektren von Luft mit Wasserdampf. Durch die Elektronenenergie von 70 eV fragmentieren N2 und O2 in der Ionisationszone zu N und O. Durch den Massenfilter kann man die atomaren Sauerstoffionen in Messung B vom Detektor fernhalten, ohne die Nachbarmassen zu beeinflussen. Messung A wurde zum Vergleich ohne Massenfilter durchgeführt. Bei Messung C wurden die Wasserionen vom Detektor ferngehalten. Wie in Abschnitt 5.7 beschrieben, lassen sich mit dem Massenfilter einzelne Ionen einer Masse besonders scharf ausblenden, wenn der 1. Ortsfokus (siehe 5.7) der Ionen im Massenfilter liegt. Bei der EI-Ionisation fragmentieren N2 (28 amu) und O2 (32 amu) in der Ionisationszone zu 2N (14 amu) und 2O (16 amu). Außerdem lässt sich H2OWasserdampf (18 amu) mit EI nachweisen. In Abbildung 50 A sind die Massenpeaks von N, O, und H2O bei 14, 16 und 18 m/z zu erkennen. Mit dem Massenfilter konnte nach Optimierung der Abzugsspannungen in der Ionenquelle das O-Signal bei 16 m/z unterdrückt werden, ohne die beiden Nachbarsignale bei 14 und 18 m/z zu beeinflussen (siehe Abbildung 50 B). In Abbildung 50 C wurde H2O eliminiert, ohne Einfluss auf die anderen Signale zu nehmen. 119 5.11 Probenahme Zur Probenahme gehören alle Teile, die benötigt werden, um das Analysengas vom Entnahmeort zum Massenspektrometer zu transportieren. In der Regel werden eine Probenahmesonde, eine Partikelfiltereinheit und eine Verbindungsleitung benötigt. Es ist sicherzustellen, dass das Messgas möglichst schnell und ohne chemische Veränderungen zum Analysator gelangt. Zur Messung komplexer und korrosiver Gase stark unterschiedlicher Flüchtigkeit, wie sie z.B. im Feuerraum einer Müllverbrennungsanlage vorkommen, unter Vermeidung von Memory-Effekten, sollte die Probenahmestrecke vollständig aus inertem Quarzglas aufgebaut und mindestens auf 250 °C beheizbar sein. Es hat sich gezeigt, dass bei Temperaturen unterhalb von 250 °C schwerflüchtige teerartige Substanzen im Probenahmesystem kondensieren. Dieses Kondensat würde über einen längeren Zeitraum Substanzen freisetzen, so dass es zu Interferenzen kommen könnte. Zur kontinuierlichen Entnahme einer Gasprobe aus einem Feuerraum oder Reaktor wird eine Probenahmesonde verwendet. Diese Sonde, die nachfolgend detailliert beschrieben wird, übergibt das Gas an eine Partikelfiltereinheit. Das Abtrennen der Partikel ist notwendig, da das Gas anschließend durch eine biegsame dünne Quarzglaskapillare zum Massenspektrometer strömt, die sonst verstopfen würde. Der Ort und das Temperaturniveau des Filters muss geschickt gewählt werden, damit sich nach dem Filter keine neuen Partikel bilden und bei der relativ niedrigen Temperatur der Probenahmestrecke Zielsubstanzen nicht von Partikeln adsorbiert werden. Der Partikelfilter besteht aus gepresster Quarzglas-Wolle und ist zur Oberflächenvergrößerung zylindrisch geformt. Das Probengas wird mit Hilfe einer Saugpumpe mit einem Volumenstrom von 2 − 5 l/min durch den Filter gezogen. Dieser relativ hohe Fluss ist notwendig, um das Gasvolumen des Filtergehäuses und der Glasteile der Sonde möglichst schnell auszutauschen. Der geringe Teilstrom durch die unbelegte Quarzkapillare zum Massenspektrometer reicht dazu nicht aus. Der Fluss durch die Kapillare wird bedingt durch das Vakuum des Massenspektrometers am anderen Ende der Probnahme. Mit dem Durchmesser der Kapillare wird der Fluss zum TOFMS festgelegt. Der Fluss in das Massenspektrometer betrug bei einer 2 m langen Kapillare mit Innendurchmesser (ID) 120 Kapitel 5 0,32 mm bei 250 °C 6,7 ml/min. Er verhält sich aufgrund der Brownschen Bewegung der Gasmolekühle in Abhängigkeit von der Temperatur wie in Abbildung 51 dargestellt und beeinflusst damit auch die Güte des Vakuums in der Ionenquelle. Geschützt und temperiert wird die Transferkapillare durch einen Heizschlauch (Fa. Horst, Lorsch, Deutschland). Zwischen Filter und Massenspektrometer kann zur Steigerung der Empfindlichkeit je nach Bedarf noch ein Thermodesorber eingefügt werden. Ein solch InlineThermodesorber zum Anreichern und schnellen Desorbieren ist nachfolgend beschrieben (Kapitel 7.1). Abbildung 51: Fluss des Probengases durch eine 2 m lange Kapillare (ID 0,32 mm) bei verschiedenen Temperaturen und die sich dadurch ergebenden Drücke in der Ionenquelle 121 5.12 Hochtemperatursonde Ein Einsatzgebiet des beschriebenen Laser-TOFMS sind Messungen von Müllverbrennungsrauchgasen (siehe Kapitel 5.13.3). Für die Entnahme von heißen Verbrennungsgasen aus dem Feuerraum einer Müllverbrennungsanlage (MVA) wurde eine spezielle Probenahmesonde entwickelt und erfolgreich getestet (Abbildung 52). Eine derartige Sonde wird benötigt, um die Probe bei Temperaturen von über 1300 °C in ausreichender Entfernung von der Kesselwand zu entnehmen. Im Bereich nahe der Kesselwand unterscheidet sich die Abgaszusammensetztung von der in der Mitte des Kessels. Gas, das an der Wand entlang aufsteigt, erreicht nicht dieselben Temperaturen wie das Gas direkt über dem Feuer, was zu unterschiedlichen Reaktionsverläufen führt. Außerdem kommt das „Randgas“ mit der Wand in Kontakt und kann dort katalytisch verändert werden. Des weiteren verteilt sich der Müll auf dem Brennbett so, dass im mittleren Bereich mehr brennender Müll liegt als direkt an den Wänden. Von unten im Randbereich des Brennbetts eingeblasene Luft steigt daher mit einem relativ hohen Sauerstoffgehalt an den Wänden auf. Um nicht Randeffekte zu untersuchen, muss das Probengas in einigem Abstand von der Wand entnommen werden. Da das heiße Probengas auf dem Weg zum Analysator nur mit inerten Oberflächen in Berührung kommen darf, hat die Sonde die weitere Aufgabe, ein dünnes Quarzglasrohr zu stützen und zu schützen. Des Weiteren muss die Sonde so aufgebaut sein, dass das Gas auf dem Weg durch die Kesselwand nach außen nicht so stark abkühlt, dass es zu Kondensationen kommt. Weiterhin sollte das Probengas möglichst schnell auf eine Temperatur zwischen 250 °C und 300 °C gekühlt werden, um schnellen Reaktionen im Gas und an der Propenahmeoberfläche nur ein kleines Zeitfenster zu geben. Das entscheidende Problem beim Bau von Hochtemperatursonden stellen die Materialien dar. Bei normalen Edelstählen beginnt bereits zwischen 300 °C und 400 °C die Verzunderung. Das heißt, zwischen der Stahloberfläche und der Gasatmosphäre kommt es zu Reaktionen, bei denen sich chemische Verbindungen bilden, die man als Zunderschicht bezeichnet. Die Zunderschicht wächst durch die Diffusion von Eisen aus dem Stahl an die Oberfläche, wodurch sich das Metall zersetzt. Werden dem Stahl Elemente zulegiert, die leichter als Eisen oxidieren und außerdem eine diffusionshemmende Oxidschicht bilden, wie das bei Chrom und Silizium der Fall ist, kann die 122 Kapitel 5 Zunderbeständigkeit wesentlich erhöht werden. Der austenitische Chromnickelstahl 1.4841 (nach DIN 17007) hat eine Zundergrenztemperatur von 1150 °C in Luft und behält seine Zugfestigkeit bis zu hohen Temperaturen. Dieser Stahl ist daher trotz seiner hohen Kosten das Material der Wahl für die tragenden Rohre der in Abbildung 52 I dargestellten Sonde. Die in Abbildung 52 dargestellte Sonde zeigt die 3. Generation von Sonden, die für MVAs entwickelt und getestet wurden. Damit sich die bis zu einem Meter frei und waagrecht in das Feuer ragende Sonde aus hitzebeständigem Stahl, der bei 1450 °C schmilzt, bei 1200 °C nicht verbiegt, wurde eine Sonde mit Luftkühlung entwickelt. Bei dieser Sonde gelangt kalte Pressluft durch einen Anschluss (A) in die Lanze. Gleich nach dem Eintritt in die Sonde wird die kalte Luft auf 8 Röhrchen (B) mit einem Durchmesser von 5 mm verteilt und gelangt durch diese an die Spitze der Sonde. Dort strömt die kalte Luft aus den Röhrchen in den Hohlraum der Doppelrohrsonde. Dass die kalte Luft an der Spitze der Lanze den Ring anbläst, durch den die zwei Hauptrohre dicht miteinander verschweißt sind, ist besonders günstig, da diese Schweißnähte eine Schwachstelle sein können. Beim Schweißen kann es zu Legierungsentmischungen und Gefügeveränderungen kommen und somit zu Veränderungen der Materialeigenschaften. Von der Spitze der Sonde strömt die Luft zwischen den Röhrchen zurück und kühlt die hitzebeständigen Hauptrohre (D und C). Die Lanze ist so konstruiert, dass die heiße Luft ohne sich mit der kalten zu vermischen zum hinteren Ende der Lanze gelangt, wo sie aus der Sonde austritt (A). Diese Konstruktion ist vorteilhaft, weil durch die Luftführung die Wärme, die hauptsächlich am vorderen Teil der Sonde aufgenommen wird, den hinteren Teil der Lanze temperiert. An Vorgängertypen dieser Lanze hat sich gezeigt, dass die heiße Luft hinter dem Zutritt der kalten Luft ganz am Ende der Lanze austreten muss, damit ihr hinterstes Ende nicht zu kalt wird. Das innere (D) und das äußere Hauptrohr (C) sind am hinteren Ende, das in das Kesselhaus ragt, nicht miteinander verschweißt, sondern mit einem konischen Graphitring (E) und der Anzugsmutter (F) zentrisch und dicht verbunden. Dies ist notwendig, weil vor allem beim Einführen der Lanze in den Feuerraum die Temperaturdifferenz zwischen innerem und äußerem Rohr beträchtlich ist und damit auch die Differenz der Längendehnung. Eine starre Schweißverbindung an beiden Enden würden die Schweißnähte nicht aushalten. Die gezeigte Konstruktion erlaubt es dem inneren Rohr, durch den Graphitring zu gleiten und seine Länge unabhängig vom äußeren Rohr zu verändern. Hierzu sei noch erwähnt, dass sich beim schnellen Einbringen der Lanze ohne Wärmeisolier- 123 Abbildung 52 I: Foto der Hochtemperatursonde mit eingezeichneter Kühlluftführung vor dem Verschweißen. II, Verschraubtes Ende der Sonde mit Wärmeisolierung. 124 Kapitel 5 schicht das äußere Rohr um 6,8 mm mehr als das innere Rohr ausdehnte. Bei einem Wärmeausdehnungskoeffizienten von 10-6 1/K [117] für Nickelstahl ergibt dies bei einer Länge von 1 m einen mittleren Temperaturunterschied von 680 °C zwischen dem inneren und dem äußeren Rohr. Es zeigte sich, dass sich wegen der geringen Wärmekapazität von Luft nicht genügend Wärme abführen lässt, um die Lanze kühl genug zu halten. Aus diesem Grund wurde die Sonde, wie in Abbildung 52 II dargestellt, mit einer Wärmeisolierung (G) aus 3,2 mm dickem Keramik-Papier der Firma KAGER GmbH (Dietzenbach, Deutschland) versehen. Das einlagige, bis 1260 °C verwendbare Isoliermaterial wurde mit einem Edelstahlrohr (H) fixiert und geschützt. Aufgrund der langen Lieferzeiten für Hochtemperaturstähle konnte für den fünfwöchigen Dauertest der Lanze kein Spezialstahl verwendet werden. Nach der Testzeit war dieser Schutzmantel so korrodiert, dass er seine Aufgaben gerade noch erfüllen konnte. Ansonsten war die Lanze, die zur Kühlung an eine 8 bar-Druckluftversorgung angeschlossen war, unversehrt. Die Druckluft für die Lanze, die bei bis zu 1300 °C 90 cm frei von der Kesselwand ins Feuer ragte (vgl. Abbildung 53), musste mit einem Absperrhahn reduziert werden, damit sich das Probengas in dem 50 cm langen Stück der Lanze, das sich in der Kesselwand befand, nicht unter 250 °C abkühlte. In der Metallsonde befindet sich ein Quarzglasrohr (Schmelztemperatur 1710 °C) mit 6 mm Innendurchmesser, durch das das Probengas aus dem Kessel zum Filter gelangt. Das Quarzrohr ragt vorne einige Zentimeter aus der Sonde heraus, um keine Falschluft aus dem Innenrohr der Lanze zu ziehen. Weiterhin wird, um das Ansaugen von Falschluft zu verhindern, am hinteren Ende der Sonde der Raum zwischen Quarzrohr und Stahlrohr möglichst dicht mit Glaswolle verpresst, damit durch den Unterdruck im Kessel nicht Kesselhausluft (Falschluft) durch die Lanze zur Spitze gelangt, dort in das Quarzrohr eingesaugt wird und das Messergebnis verfälscht. Vorne kann das Quarzrohr nur ein kurzes Stück ins Feuer ragen, da Quarz (b-Quarz) bei diesen Temperaturen seine Kristallstruktur langsam erst zu a-Quarz (ab 573 °C) und dann zu b-Tridymit (ab 870 °C) ändert und dabei durch das unterschiedliche Ausdehnungsverhalten der Gefüge milchig und sehr porös wird. Das Innenrohr, in dem das Quarzrohr frei liegt, zeigte bei einer Messung im Feuerraum einer MVA das in Abbildung 53A dargestellte Temperaturverhalten, das mit einem 2 m langen NiCr/Ni-Thermoelement ermittelt wurde. Die Temperatur des Metallrohrs fiel 125 Abbildung 53: Darstellung der Hochtemperatursonde bei der Probenahme im Brennraum einer MVA. A: Temperatur des hitzebeständigen inneren Stahlrohrs in Abhängigkeit von der Position in der Lanze. B: Temperaturverlauf im inneren Quarzrohr bei der Probenahme. hier sogar knapp unter 200 °C. Das Quarzglas, durch das die heißen Gase gesaugt werden und das keinen guten Kontakt zum Stahlrohr hat, kühlt beim Ansaugen des Gases nur auf 250 °C ab. Dieses in Abbildung 53B dargestellte Temperaturverhalten wurde im Quarzrohr bei einer Saugvolumenstrom von 5 l/min ermittelt. Bei diesem Volumenstrom und einem Quarzrohr-Innendurchmesser von 6 mm wird das Probengas innerhalb von 0,4 Sekunden auf eine Temperatur von unter 300 °C abgekühlt, bei der das Gas weitgehend nicht mehr reaktiv ist. Die Lanze passt mit einem Außendurchmesser von 50 mm gut durch die an MVAs üblichen 2,5’’-Stutzen. Die bis zu 250 °C heiße Kühlabluft kann entweder durch einen weiteren freien Stutzen an anderer Stelle zurück in den Feuerraum geblasen, oder durch einen Schalldämpfer in das Kesselhaus entlassen werden. 126 Kapitel 5 5.13 Gasanalysen mit dem REMPI-SPI-EI-TOFMS Im folgenden Kapitel werden die Ergebnisse der ersten Messungen mit dem hier beschriebenen REMPI-SPI-EI-TOFMS-Instrument vorgestellt. Bis Ende 2002 wurden Messungen an Fischer-Tropsch-Destillationsproben einer Ölraffinerie und an Zigarettenrauch durchgeführt. Finanziert wurde der Aufbau des Kombigeräts durch ein Forschungsprojekt mit dem Ziel, an Müllverbrennungsanlagen im Brennraum online stickstoffhaltige Substanzen messen zu können. Das TOFMS-Gerät wurde in einem 5-wöchigen Dauereinsatz an einer großen deutschen Hausmüllverbrennungsanlage getestet. Hierzu werden am Ende dieses Kapitels einige exemplarische Messung vorgestellt. Weitere Messungen und eine detaillierte Analyse der Ergebnisse sind an anderer Stelle zu finden [40]. 5.13.1 Online–Analyse von Zigarettenrauch Etwa 21 Millionen Menschen in Deutschland rauchen. Nach Angaben der WHO verringert jahrelanges Rauchen die Lebenserwartung. Das Krebsrisiko wird durch Rauchen erhöht und eine Reihe weiterer Krankheiten können begünstigt oder hervorgerufen werden. Die Wahrscheinlichkeit, durch Zigarettenrauchen zu erkranken, ist um ein Vielfaches höher, als durch Luftschadstoffe in einem Ballungsgebiet. Zigarettenrauch enthält unter anderem Teer, Nikotin, Kohlenmonoxid, Blausäure, Phenole, Schwefelwasserstoff, Ammoniak, Stickoxide, Kohlenwasserstoffe und Aldehyde. Durch moderne Analysetechniken konnte nachgewiesen werden, dass im Zigarettenrauch einige tausend Verbindungen enthalten sind [118-121]. Viele der Verbindungen sind krebserregend oder stehen im Verdacht kanzerogen zu sein. Viele weitere Stoffe im Zigarettenrauch sind als giftig oder reizend einzustufen. Durch Variation der Tabaksorten, Tabakmischungen, des Zigarettenpapiers und durch den Einsatz von Filtern kann auf die Konzentration einiger Substanzen Einfluss genommen werden. Verbesserungen in der Rauchzusammensetzung stellen daher ein weites Forschungsgebiet dar. 127 Ein TOFMS-System, wie es in dieser Arbeit entwickelt wurde, kann für die OnlineAnalyse von Zigarettenrauch eingesetzt werden. Es lässt sich damit vor allem die Veränderung des Rauches von vor dem Filter bis in den Mundraum und bis zum Ausatmen darstellen. Die Online-Analyse des Rauches ist vor allem deshalb interessant, weil sich von Zug zu Zug eine Reihe von Parametern bei der Zigarette ändert [53]. Je nachdem wie der Raucher an seiner Zigarette zieht, ändert sich z.B. die Glühtemperatur, je näher die Glutzone zum Filter rückt, desto mehr vom Tabak zuvor absorbierter Substanzen werden wieder desorbiert und auch der Filter ändert sein Verhalten. Nachfolgend ist eine exemplarische Messung von Zigarettenrauch dargestellt. In der Glutzone der Zigarette findet bei sehr hoher Temperatur von etwa 900 °C die Verbrennung und Pyrolyse von Tabak, Zusatzstoffen und Papier statt [122]. Zieht der Raucher an der Zigarette, wird der sog. Hauptstromrauch gebildet. Zwischen den Zügen, wenn die Zigarette im Aschenbecher liegt, entsteht Nebenstromrauch. Dieser Nebenstrom wurde in den nachfolgend beschriebenen Messungen analysiert. Zwei Nebenstrom-Massenspektren, aufgenommen mit SPI (118 nm) und REMPI (266 nm), zeigt Abbildung 54. Eine mögliche Zuordnung der Peaks ist in Tabelle 8 zu finden. Die Verbindungen sind dort nach aufsteigender Masse aufgelistet. Die Art der Ionisation ist in der letzten Spalte aufgeführt. Die Zuordnung der einzelnen Massen zu bestimmten Verbindungen ist nur selten eindeutig. So sitzen z.B. bei den Kohlenwasserstoffen auf den Massen der Alkine auch die Diene und durch Kettenverzweigungen sind Massen mehrfach besetzt. Die Spektren in Abbildung 54 zeigen die gemessenen Pyrolyse- und VerbrennungsProdukte der Zigarette. Bei der Ionisation mit VUV-Photonen (Abbildung 54 oben) sind die Signale von Furan (68 m/z) und Phenol (94 m/z) dominant. Phenol ist ein typisches Pyrolyseprodukt. Weiterhin werden Kohlenwasserstoffketten ab 3 Kohlenstoffatomen, Cyclohexan und Benzolderivate nachgewiesen. Von den kurzen Kohlenwasserstoffketten können einige wegen ihres IPs von mehr als 10,5 eV nicht nachgewiesen werden. Das REMPI-Spektrum (Abbildung 54 unten) zeigt mono- und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe. Dies sind typische Verbrennungsprodukte. Die Hauptpeaks werden hier Toluol (92 m/z), Phenol (94 m/z), Xylol (106 m/z) Indol (117 m/z), Indan (118 m/z), den Alkyl-Indenen, Alkyl-Indolen und den Alkyl-Styrolen zugeordnet. Insgesamt ergibt sich in den Massenspektren ein Ensemble aus Verbindungen, die überwiegend zu einem der oben genannten Grundgerüste gehören und einer Progression 128 Kapitel 5 mit dem Intervall 14 m/z folgen. Das Vorkommen von Indol (117 m/z), das das stärkste Signal verursacht, ist typisch für Rauchgas von Pflanzenmaterial mit einem hohen Gehalt an Alkaloiden. Die dargestellte Messung zeigt, dass sich ein Massenspektrometer mit REMPI und SPI für die Studie von Verbrennungs- und Pyrolyse-Prozessen eignet. Da bis zu 10 komplette Massenspektren in der Sekunde aufgenommen werden können, ist diese Technik besonders geeignet für das Untersuchen von dynamischen Prozessen, wie das Rauchen einer Zigarette. Abbildung 54: SPI und REMPI-(266 nm) Massenspektrum von Nebenstromrauch einer Zigarette. Beide Spektren wurden mit demselben TOFMS innerhalb von 2 Sekunden aufgenommen. 129 Tabelle 8: Mögliche Verbindungen für die in Abbildung 54 dargestellten Zigarettenrauchpeaks. Aufgrund der Vielzahl der Verbindungen ist eine genaue Zuordnung nicht möglich. Es ist der Name der Verbindung, die atomare Masse und das Ionisationpotenzial aufgelistet. In der letzten Spalte ist angegeben, ob die Masse mit SPI (118 nm) oder mit REMPI (266 nm) nachgewiesen wurde. Bezeichnung Propen Ethylamin Acetaldehyd 1,3-Butadien Buten Acrolein Aceton Propanal Furan Penten Crotonaldehyd Methylvinylketon Benzol Cyclohexan Cyclopentanon Toluol Phenol Heptadien Styrol m-Xylol Benzaldehyd Cresol (o,m,p) Indol Methyl-Benzonitril Indan 1,3,5-Alkylbenzol Methylindol Alkylstyrol Methylnaphthalin Alkyl-Inden Alkyl-Indol Alkyl-Styrol 4-Vinylguaiacol Alkyl-Naphthalin Alkyl-Inden Alkyl-Indol Alkyl-Styrol Nikotin Anabasin Dibenzofuran Alkyl-Naphthalin Alkyl-Inden Phenanthren Anthranzen Alkyl-Biphenyl Alkyl-Inden Formel C3H6 C2H7N C2H4O C4H6 C4H8 C3H4O C3H6O C3H6O C4H4O C5H10 C4H6O C4H6O C6H6 C6H12 C5H8O C7H8 C6H6O C7H12 C8H8 C8H10 C8H10 C7H8O C8H7N C8H7N C9H10 C9H12 C8H7N C10H12 C11H10 C11H12 C10H11N C11H14 C9H10O2 C12H12 C12H14 C11H13N C12H16 C10H14N2 C10H14N2 C12H8O C13H14 C13H16 C14H10 C14H10 C14H14 C14H18 Masse (m/z) 42 43 44 54 56 56 58 58 68 70 70 70 78 84 84 92 94 96 104 106 106 108 117 117 118 120 131 132 142 144 145 146 150 156 158 159 160 162 162 168 170 172 178 178 182 186 IP (eV) 9,7 8,9 10,2 9,0 9,6 10,1 9,7 10,0 9,6 9,5 9,7 9,65 9,2 9,9 9,26 8,5 8,5 9,5 8,47 8,55 9,5 8,3 7,76 9,32-9,58 8,6 8,40 7,5–7,7 8,0-8,1 7,91-7,96 8,77 7,89 7,44 Ionisationsverfahren SPI SPI SPI SPI SPI SPI SPI SPI SPI SPI SPI SPI SPI / REMPI SPI SPI SPI / REMPI SPI / REMPI SPI REMPI SPI / REMPI SPI / REMPI REMPI REMPI REMPI REMPI REMPI REMPI REMPI REMPI REMPI REMPI REMPI REMPI REMPI REMPI REMPI REMPI SPI SPI REMPI REMPI REMPI REMPI REMPI REMPI REMPI 130 Kapitel 5 5.13.2 Analyse von Proben der Benzinsynthese vor und nach der Hydrierung In Südafrika wird ein großer Teil des benötigten Öls und Benzins aus Kohle gewonnen. Gründe dafür sind unter anderem die billige Förderung von Kohle im Tagebau, eine größere Unabhängigkeit von Ölimporten und das Einsparen von Devisen. Bei diesem großindustriellen Prozess wird Kohle unter hohem Druck und bei hoher Temperatur mit Sauerstoff und Wasserdampf in ein Rohgas umgewandelt, das Pyrolyseprodukte der Kohle, Wasserdampf, Methan, Kohlendioxid, Kohlenmonoxid, Wasserstoff und einige Stickstoff- und Schwefelverbindungen enthält. Dieses Rohgases wird anschließend gereinigt, wobei unter anderem Pech anfällt, das weiter zu Koks verarbeitet wird. In Reaktoren reagieren das Kohlenmonoxid und der Wasserstoff des gereinigten Gases unter hohem Druck nach dem Fischer-Tropsch Verfahren katalytisch zu Kohlenwasserstoffen mit bis zu 20 Kohlenstoffatomen (C 20). Dieses Verfahren wurde zwischen 1923 und 1925 von Fischer und Tropsch entwickelt, um großtechnisch Kohlenwasserstoffe für die Benzin-, Paraffin- und Motorenölherstellung zu erzeugen. Damals sollte es helfen, Deutschland von Ölimporten unabhängig zu machen. Das gereinigte Rohgas mit den Pyrolyse-Kohlenwasserstoffen und dem erhöhten Kohlenwasserstoffanteil aus der Fischer-Tropsch-Synthese wird stufenweise abgekühlt. Durch die unterschiedlichen Dampfdrücke der Kohlenwasserstoffe erhält man je nach Abkühltemperatur verschiedene Fraktionen, die unterschiedliche Anteile an verschieden schweren Kohlenwasserstoffen haben. In einem bestimmten Temperaturbereich kondensiert die Fraktion, die reich an Kohlenwasserstoffen mit 6 bis 12 Kohlenstoffatomen ist. Diese Fraktion ist Ausgangsprodukt für die Benzinherstellung. Die nächstschwere Fraktion wird zur Herstellung von Kerosin und die noch schwerere zur Herstellung von Ölen und Dieselkraftstoffen verwendet. Damit die Benzin-Fraktion die Ansprüche der Autoindustrie erfüllt, muss der Gehalt an ungesättigten aliphatischen Kohlenwasserstoffen mit 2 Doppelbindungen (Diene) durch Hydrieren reduziert werden. Die katalytische Hydrierung ist ein wichtiger Prozess und beeinflusst die Oktanzahl des Kraftstoffs. Hydriert man zu stark, so werden auch die aromatischen Verbindungen hydriert, was zu einer Verringerung der Oktanzahl führt mit 131 der Folge, dass dem Destillat wieder teure Zusatzstoffe beigemischt werden müssen, um die geforderte Oktanzahl zu erreichen. Die Oktanzahl ist eine charakteristische Kerngröße für die Selbstzündeigenschaft (Klopffestigkeit) eines Kraftstoffes. Ein Kraftstoff mit einer Oktanzahl von z.B. 87 hat dieselben Selbstzündeigenschaften wie ein Gemisch aus 87 % Oktan und 13 % Heptan. Zur Steuerung der chemischen Prozesse sind Online-Messverfahren notwendig, die innerhalb von Sekunden Aufschluss über die Gaszusammensetzung geben. Auf diese Weise kann es ermöglicht werden, die Prozesse optimal zu steuern und den Wirkungsgrad möglichst hoch zu halten. Wie aus der kurzen Prozessbeschreibung zu entnehmen ist, spielen sich die wichtigsten Reaktionen in der Gasphase ab. Darüber hinaus können viele der interessanten organischen Verbindungen mit REMPI oder SPI selektiv nachgewiesen werden. Aus diesen Gründen würde sich das in dieser Arbeit vorgestellte Massenspektrometer hervorragend zur Steuerung der beschriebenen Prozesse eignen. Einige Vorversuche, für die Kondensatproben von einer Raffinerie zur Verfügung gestellt wurden, sind im folgenden Abschnitt dargestellt. Kondensatproben, die einem laufenden Syntheseprozess entnommen wurden, werden in diesem Abschnitt mit REMPI bei 248 nm und SPI analysiert. Im Gegensatz zur Analyse von Schadstoffen in Luft befinden sich bei den Messungen der unterschiedlich flüchtigen Kondensate in ihnen Anteile von Substanzen in Prozent-Konzentrationen, die mit REMPI oder SPI ionisiert werden. Benzol, Toluol und Xylol sind in der Regel in Konzentrationen von einigen Prozenten enthalten und liefern, auch wenn man eine für diese Substanzen ungünstige REMPI-Wellenlänge wählt, ein sehr intensives Signal. Deshalb ist es schwierig, Substanzen in geringen Konzentrationen daneben nachzuweisen. Um bei den Messungen nicht den Detektor und den Signalvorverstärker zu schädigen, wurden einige der nachfolgenden Messungen mit verringerter Detektorspannung und damit geringerer Detektorverstärkung durchgeführt. Dies hat allerdings zur Folge, dass sich die Nachweisempfindlichkeit für alle Substanzen dieser Messungen verringert. Da nicht direkt an den Anlagen in der Gasphase gemessen werden konnte, sondern mit flüssigen Kondensatproben gearbeitet wurde, musste berücksichtigt werden, dass zuerst überwiegend die flüchtigeren Bestandteile aus dem Kondensat austreten und später relativ stärker die schwerer flüchtigen Anteile. Um dem Rechnung zu tragen und um Spektren zu erhalten, die die Konzentrationsverteilung im Kondensat wiedergeben, wurde jeweils 1 ml des Kondensats in einem Fläschchen verdampft und so lange gemes- 132 Kapitel 5 Abbildung 55: SPI-TOFMS-Headspace-Messung eines Kondensats vor der Hydrierung. Das untere Spektrum ist eine Vergrößerung (andere Ordinate) vom unteren Bereichs des oberen Spektrums. Abbildung 56: SPI-TOFMS-Headspace-Messung eines Kondensats nach der Hydrierung. Das untere Spektrum ist eine Vergrößerung (andere Ordinate) vom unteren Bereichs des oberen Spektrums. 133 sen, bis es vollständig verdampft war. Dann wurde aus den Einzelspektren ein Summenspektrum errechnet, das die Konzentrationsverhältnisse der Kondensatprobe wiedergibt. Messungen der flüchtigen Bestanteile über dem flüssigen Kondensat werden hier als Headspace-Messungen bezeichnet. Abbildung 55 zeigt die Messung der Probe, die vor dem Hydrierungsreaktor gezogen wurde. Deutlich sind im oberen Teil der Abbildung die Benzolderivate Benzol (78 m/z), Toluol (92 m/z) und Xylol (106 m/z) (BTX) zu erkennen. In der darunterliegenden, vergrößerten Darstellung findet man aus der Reihe der Benzolderivate noch Alkyl-Benzol. In der Vergrößerung sind außerdem noch die Reihen der Alkyl-Styrole (C8+nH8+2n), Alkane (CnH2n+2), Alkene (CnH2n), Alkine (CnH2n-2) und Phenole (C6+nH6+2nO) zu erkennen. Die Massenpeaks bei (54 + n 14) m/z werden durch Alkine und Diene hervorgerufen. Beide Substanzgruppen können mit 10.5 eV-VUV-Photonen ionisiert werden. Beim Vergleich der in Abbildung 55 dargestellten Messung mit der in Abbildung 56, bei der die Probe nach der Hydrierung entnommen wurde, erkennt man bei genauerer Betrachtung, dass die Phenole bei der 2. Messung nicht mehr detektiert werden und die Alkine bzw. Diene sehr stark abgenommen haben. Die Abnahme der Diene und Alkine entspricht genau dem, was durch den Prozess der Hydrierung erreicht werden soll. Um zu erfahren, zu welchen Teilen das SPI-Signal auf der Masse 54 m/z durch Butin bzw. Butadien hervorgerufen wird, könnte in Zukunft mit Hilfe der Excimerlampe mit den 130 nm-Photonen des Ar/O2-Gemisches ionisiert werden. 1-Butin und 2-Butin haben ein IP von 10,20 eV und 9,58 eV, 1,3-Butadien und 1,2-Butadien hingegen ein IP von 9,07 eV und 9,03 eV. Mit der 130 nm-Strahlung mit 9,5 eV kann daher nur das Dien ionisieren werden. N2 und O2 können nicht durch den SPI-Prozess ionisiert werden. Diese beiden Moleküle werden durch Elektronen ionisiert, die durch Streulicht, das die Einlassnadel trifft, aus dem Metall austreten und im Abzugsfeld so viel kinetische Energie erhalten, dass sie ineffektiv ionisieren können. Für die hier beschriebenen Untersuchungen an Proben mit hohem BTX-Anteil ist die Verwendung des Massenfilters besonders hilfreich. Abbildung 57 oben zeigt die Messung eines Kondensats der Kohlepyrolyse vor der Hydrierung ohne Massenfilter. Um nicht zu hohe Signale zu erhalten, musste dabei der Ionendetektor in seiner Verstärkung 134 Kapitel 5 stark reduziert werden. Abbildung 57 unten zeigt eine Messung derselben Probe, aber mit Massenfilter. Der Massenfilter war so eingestellt, dass Moleküle bis 106 m/z den Ionendetektor nicht erreichten. Da damit die Hauptbestandteile eliminiert wurden, konnte mit einer sehr viel höheren Detektorverstärkung gearbeitet werden. Die Nachweisgrenzen der Moleküle mit Massen über 106 m/z wurden dadurch deutlich erhöht. Abbildung 57: SPI-TOFMS-Headspace-Messung eines Kondensats vor der Hydrierung mit und ohne Massenfilter. Durch die Verwendung des Massenfilters konnte der Ionendetektor mit einer höheren Verstärkungsspannung betrieben werden. Abbildung 58: REMPI-TOFMS-Headspace-Messung eines Kondensats vor der Hydrierung mit 248 nm-UV-Licht. Im Gegensatz zu den oberen SPI-Messungen sind hier nur die aromatischen Verbindungen zu sehen. 135 Untersucht man die Probe des Pyrolysegases vor der Hydrierung mit REMPI z.B. bei 248 nm, so lassen sich die aromatischen Verbindungen sehr gut nachweisen (siehe Abbildung 58). Die Messungen zu diesem Kapitel zeigen, dass sich SPI-TOFMS und REMPI-TOFMS mit Ionenmassenfilter eignen, um komplexe Mischungen petrochemischen Ursprungs zu analysieren. Es müsste daher mit diesem Verfahren möglich sein, die Zusammensetzung des Endprodukts konstant zu halten und somit die Produktion kostengünstiger zu gestalten. 5.13.3 Online-Analyse von Rauchgas einer Müllverbrennungsanlage Die Entsorgung von Siedlungs- und Industrieabfällen wird weltweit zum wachsenden Problem. Während die Müllproduktion auch in Europa kontinuierlich steigt, werden zunehmend restriktive Gesetze über die zur Deponierung zugelassene Abfallmenge verabschiedet. Gleichzeitig wurden in den letzten Jahren viele Müllverbrennungsanlagen (MVAs) aufgrund neuer, strengerer Bestimmungen über deren Emissionsbegrenzung geschlossen. Zur Einhaltung der hohen Umweltanforderungen ist bei Abfallverbrennungsanlagen eine aufwändige und kostenintensive Rauchgasreinigung notwendig. Komplexe und Rauchgasreinigungssysteme sind erforderlich, um aus einer Vielzahl an Verbindungen, die bei der Verbrennung von Müll freigesetzt werden, Schadstoffe wie z.B. Dioxine, Quecksilber, aber auch Stickoxide (NOx) zurückzuhalten. Zur primärseitigen Reduktion der NOx-Emission industrieller Müllverbrennungsanlagen soll von Abfallverbrennungsanlagen ein reaktionskinetisches Modell erstellt werden. Zur Entwicklung und Validierung dieses Modells ist neben der Kenntnis der NO2- und NO-Konzentrationen auch die der Konzentrationen der möglichen Vorläuferverbindungen wie z.B. NH3, HCN und organischer Stickstoffverbindungen in Abhängigkeit von ihrer Verteilung im Brennraum unter realen und wechselnden Verbrennungsbedingungen notwendig. Auf der Suche nach einer Zielsubstanz oder Leitgröße für eine geplante Prozesssteuerung ist es erforderlich, relevante chemische Substanzen online zu messen. Veränderungen von Betriebsbedingungen und deren Einfluss auf die chemische Signatur 136 Kapitel 5 des Rauchgases spielen dabei eine wichtige Rolle und müssen mit hoher Zeitauflösung erfasst werden. Verbrennungsrauchgas enthält mehrere hundert Substanzen im Spurenbereich. Die Messung einer Substanz oder Substanzklasse in einem derart komplexen Abgasgemisch erfordert eine hochselektive Messtechnik. Während der Messungen, die in diesem Abschnitt beschrieben sind, befand sich das TOFMS-System (Abbildung 26) im Kesselhaus einer industriellen Müllverbrennungsanlage unterhalb der Sekundärlufteindüsung. Um das ca. 800 kg schwere Gerät dort aufzustellen, mussten im Kesselhaus einige Gitterböden entfernt werden, damit es mit einer Winde auf die gewünschte Eben gebracht werden konnte. Das Gerät wurde in ca. 1,5 m Entfernung vom Messstutzen, in dem sich die in Kapitel [5.12] beschriebene Hochtemperatursonde befand, aufgebaut. Zum Betrieb musste es nur mit einphasigem Netzstrom und mit Pressluft zur Kühlung versorgt werden. Bei der in Abbildung 59 und Abbildung 60 dargestellten Messung wurde das Rauchgas, welches aus dem Bereich der Flammenspitzen entnommen wurde, im 10 s-Rhythmus abwechselnd mit SPI und REMPI (224 nm) ionisiert. Zwischen den Laserpulsen wurde das Rauchgas mit einem 10 kHz- 23 eV-Elektronenstrahl ionisiert. Jedes REMPI- und SPI-Spektrum ist der Mittelwert aus 100 Einzelspektren. Das EI-Spektrum entstand aus 100.000 EI-Transienten. Damit benötigte das Gerät für jedes gespeicherte Spektrum 10 s. Wie man anhand des SPI-Spektrums der Abbildung 59 (A) erkennt, konnten mit der VUV-Ionisation Alkane, Alkene und Alkine analysiert werden. Benzolderivate, Cyclohexan (84 m/z), Phenol (94 m/z) und Naphthalin (128 m/z) werden ebenfalls sehr empfindlich nachgewiesen. Besonders wichtig für das oben erwähnte Projekt zur Stickoxidminderung ist der Nachweis von Ammoniak (17 m/z) und Benzonitril (103 m/z). Abbildung 59 (B) zeigt, dass sich mit REMPI bei 224 nm vor allem die polyzyklischen Aromaten wie Alkyl-Naphthaline, Acenaphthylen, Alkyl-Biphenyle, Phenanthren und Pyren gut detektieren lassen. Sehr gut konnte bei dieser Wellenlänge der Konzentrationsverlauf von Naphthalincarbonitril verfolgt werden. 137 Abbildung 59: Online-SPI (118 nm) (A), REMPI (224 nm) (B) und EI-(23 eV)-Messung (C) von Rauchgas einer MVA aus der Flammzone. Das Massenspektrometer befand sich für diese Messung im Kesselhaus. Alle drei Spektren wurden innerhalb von 10 s aufgenommen. Dargestellt sind die unterschiedlichen Substanzen und Substanzklassen, die mit den unterschiedlichen Ionisationsverfahren gemessen wurden. Abbildung 59 (C) zeigt das 23 eV-Elektronenstoß-Spektrum. Hier ist HCN (27 m/z) gut zu erkennen. Das bei dieser Darstellung abgeschnittene Signal bei 36 m/z stammt von Salzsäure (HCl). Das Signal bei 64 m/z wird durch Schwefeldioxid und das bei 26 m/z von Acetylen hervorgerufen. C2H2, HCN, HCl und SO2 können aufgrund ihrer IPs von 11,4; 13,6; 12,7 und 12,3 mit 118 nm-SPI nicht nachgewiesen werden. Wie auch bei den 70 eV-EI-Referenzspektren des NIST [64] ist für SO2 ein Fragmentsignal bei 48 m/z und für C2H2 bei 25 m/z zu finden. Durch das Chlor-37-Isotop (24,2 %) erscheint für HCl auch ein Signal bei 38 m/z. Benzol bei 78 m/z wird ebenfalls nachgewiesen. Die 138 Kapitel 5 starken Signale bei 28, 32, 40 und 44 m/z stammen von Stickstoff, Sauerstoff, Argon und Kohlendioxid. Während der Messung, aus der die Spektren von Abbildung 59 9 min nach Messbeginn erhalten wurden, wurde 20 min lang mehrt als 1200 °C heißes Rauchgas analysiert. In Abbildung 60 ist der Konzentrationsverlauf einiger ausgewählter Substanzen dargestellt. Die Verläufe sind nach der Masse der Verbindungen geordnet und nicht nach der Art ihrer Ionisierung. Bei den Substanzen, die bei der Messung an der MVA als quantifizierter Gasstandard zu Verfügung standen, ist der Konzentrationsverlauf in ppm angegeben. Bei den anderen Substanzen ist der relative Konzentrationsverlauf dargestellt. Man erkennt, dass nicht alle Verbindungen einen gleich großen Konzentrationsanstieg bei 5 min zeigen. Das SPI-Benzolsignal bei 5 min überschreitet den zu dieser Zeit eingestellten Messbereich der Transientenrekorder-Karte von 50 mV. Um dennoch den Benzolverlauf komplett quantifizieren zu können, wurde die Benzolkonzentration über die Masse 79 m/z ermittelt. Bei 6 Kohlenstoffatomen beträgt das Verhältnis vom 78 m/z- zum 79 m/z-Signal 14,6 : 1. Dies resultiert aus der Isotopenverteilung von 98,9 % 12 C zu 1,1 % 13C. Das gegenüber 78 m/z 14,6 mal kleinere 79 m/z-Signal überschritt nicht den Messbereich der Messkarte. Da auch bei der Messung des 10 ppm-BTX-Gasstandards der 79 m/z-Peak deutlich zu erkennen war, konnte durch den linearen Vergleich der Peakflächen Benzol direkt quantifiziert werden. Die hier präsentierten Messergebnisse und die Art ihrer Darstellung, für die eine spezielle Software entwickelt wurde, sind insbesondere geeignet, Reaktionsmechanismen zu erkennen und zu validieren. Mit dem TOFMS-System in Verbindung mit der hier beschriebenen Hochtemperatursonde konnten viele neue Erkenntnisse über die Zusammensetzung des Rauchgases einer MVA in der Flammzone gewonnen werden [40]. 139 Abbildung 60: Konzentrationsverläufe einer 20 min-Messung. Die ausgewählten Verbindungen wurden mit REMPI (224 nm), SPI (118 nm) und EI (23 eV) gemessen. Die Substanzen, für die ein Probenstandard zur Verfügung stand, wurden quantifiziert und hier in ppmKonzentrationen dargestellt. Die durch die gestrichelte Linie bei 9 min gekennzeichnete Zeit stellt die Zeit dar, bei der die in Abbildung 59 dargestellten Spektren aufgenommen wurden. 140 Kapitel 6 6 Mobiles Massenspektrometer mit Excimer-Lichtquelle Die Entwicklung von Flugzeitmassenspektrometern soll dahin führen, dass TOFMSSysteme zu einem kostengünstigen Preis hergestellt werden können. Solch ein kommerzielles Gerät sollte bezüglich der Selektivität einstellbar sein. Es müsste von einem Laien zu bedienen und wartungsarm sein. Ein großer Schritt in diese Richtung gelang mit der anschließend beschriebenen und getesteten Kombination aus TOFMS und Excimer-Lichtquelle. Nachfolgend ist der Aufbau einer Excimer-Lichtquelle und die Adaption mit einem TOFMS beschrieben. Im Anschluss an die Gerätebeschreibung werden erste Online-Messungen gezeigt. 6.1 Aufbau und Funktion einer Excimerlichtquelle Bei der verwendeten Excimerlichtquelle werden durch einen kollminierten Elektronenstrahl in einem Punkt eines Gasraums Excimeratome erzeugt. Beim Zerfall der Excimeratome wird von diesem Punkt aus VUV-Strahlung emittiert. Der Schlüssel zum Bau einer intensiven und brillanten Lichtquelle liegt im Eintrittsfenster, durch das ein Elektronenstrahl in das Volumen mit dichtem Edelgas oder Gasgemischen gelangt. In dem Gasvolumen verlieren die Elektronen durch Stöße ihre kinetische Energie und regen damit Edelgasatome an. Angeregte Edelgasatome können Excimere bilden, bei deren Zerfall die Excimerstrahlung frei wird (vgl. 4.2). Es musste daher ein Fenster entwickelt werden, welches Elektronen mit einigen keV an kinetischer Energie möglichst ungehindert passieren können. Außerdem muss dieses Fenster den Vakuumbereich der Elektronenerzeugung von der Excimerkammer, in der sich Gase mit bis zu einigen bar Druck befinden, gasdicht trennen. Es ist gelungen ein Fenster aus Siliziumnitrid herzustellen [84], das den obigen Ansprüchen genügt. Technologien aus der Halbleiterfertigung ermöglichten es, 300 nm dünne Folien aus diesem Material zu fertigen. Hierzu wird ein Siliziumwaver auf einer Seite mit einer Nitridschicht versehen und die Rückseite photolithographisch strukturiert. Anschließend wird dann das Silizium von der Rückseite her bis zur Nitridschicht durch ein Ätzverfahren abgetragen. Zurück bleibt eine durch die Photolithographie definierte 141 Nitridfolie auf einem Siliziumträger. Ein 10 keV-Elektronenstrahl verliert in solch einer Folie etwa 5-10 % seiner Energie. Die bisher verwendeten SiN-Folien mit einem Schmelzpunkt bei 1900 °C und einer Dimension von 1 mm x 1 mm halten thermisch bis zu 0,1 W/mm2 bei 4 bar Druckdifferenz aus. Demnach kann durch dieses Fenster ein bis zu 1 W intensiver 10 keV-Elektronenstrahl in ein Excimergas einkoppeln. Bei höheren Elektronenstrahlleistungen führen thermische Spannungen zum Reißen der Folie. Damit ist die Folie das limitierende Teil für den Elektronenstrom und den Gasdruck solch einer Excimerlichtquelle. Solange diese Technologie der Folienherstellung noch unbekannt war, mussten wegen der Gasdichtigkeit 10 mal dickere Metallfolien verwendet werden und damit auch schnellere Elektronen, was ab 15 keV zu Isolations- und Röntgenstrahlproblemen führt. Mit den neuen Folien können jetzt kompakte und brillante VUV-Lichtquellen, wie in Abbildung 61 dargestellt, gebaut werden. Von einer elektronenstrahl-gepumpten Excimerlampe, bei der das Excimergas nicht durch erodierende Prozesse, wie z.B. bei der Mikrohohlkathodenlampe, verunreinigt wird, erhält man saubere Emissionsspektren über einen sehr langen Zeitraum (siehe Abbildung 64 links). Eine Excimerlampe, die wie in Abbildung 61A mit einem Flugzeitmassenspektrometer verbunden ist, besteht aus einer Elektronenkanone, die unter Vakuum einen Elektronenstrahl erzeugt. Dieser Strahl muss an der Stelle der Spezialfolie eine dem Fenster entsprechende Ausdehnung haben. Dies wird durch eine elektromagnetische Ablenkund Kollimations-Einheit erreicht. Diese besteht aus einer Fokussierelektrode und vier Elektromagneten zwischen der Elektronenkanone und der Folie (Abbildung 63B). Wie in Abbildung 61B ist der Siliziumträger mit der Durchtrittsfolie über ein Loch im Trennflansch zwischen Elektronenerzeugungsvakuum und Excimergas geklebt. In Zukunft wird gelötet statt geklebt. Auf der Excimergasseite wird nun durch den Elektronenstrahl direkt hinter der Folie ein etwa 1 mm3 großes Volumen zur Emission von VUV-Photonen angeregt. Um den Leuchtpunkt ist ein Parabolspiegel mit einer speziellen AlMgF2 -Beschichtung zur Reflexion des Lichts angebracht. Die Position und Krümmung des Parabolspiegels wurde so gewählt, dass der Leuchtpunkt im Ortsfokus des Parabolspiegels liegt und so das auf den Spiegel auftreffende Licht parallelisiert wird. Die Excimergaszelle kann durch zwei Ventile befüllt und gespült werden (siehe auch Abbildung 63B). Als Austrittsfenster für das Licht aus der Excimerzelle dient eine plankonvexe MgF2-Linse mit einer Brennweite von 79 mm bei 121 nm Wellenlänge. Diese Linse ist so ausgelegt, dass sie das parallele Licht vom Parabolspiegel auf das 142 Kapitel 6 Zentrum der Ionenquelle eines TOFMS fokussiert. Die Linse trennt gasdicht das Volumen des Excimergases vom Vakuum der Ionenquelle. Auf diese Weise wird kein weiteres VUV -durchlässiges Fenster benötigt. Dies ist vorteilhaft, da im VUV-Bereich auch der Lichtdurchgang durch spezielle Materialien mit hohen Verlusten verbunden ist. Die Effizienz, mit der aus der Elektronenenergie Lichtenergie erzeugt wird, beträgt in etwa 40 % (vgl. Tabelle 1) und kann theoretisch bis zu 60 % erreichen [123]. Die Lichtquelle kann kontinuierlich und mit einer geeigneten Elektronenkanone auch gepulst betrieben werden [88]. Bei gleicher mittlerer thermischer Last für die Eintrittsfolie können damit kurzzeitig, entsprechend der Pulslänge, auch höhere Elektronenströme eingestrahlt und damit auch die Lichtintensität erhöht werden. Die minimale Pulsdauer des Lichtes ist, wie in Kapitel 4.2 beschrieben, druckabhängig und reicht bei den reinen Edelgasen von einigen hundert Nanosekunden bei 1 bar Edelgasdruck bis unter hundert Nanosekunden bei 8 bar. Um für den kurzen Ionisationsprozess ein Maximum an VUVPhotonen zur Verfügung zu haben, wurde in den nachfolgend beschriebenen Experimenten die Lichtquelle ausschließlich gepulst betrieben. Dazu wurde die Extraktion einer Elektronenkanone, wie sie früher bei Fernsehgeräten benutzt wurde, gepulst. Durch eine für ein übliches Flugzeitmassenspektrometer üblicherweise günstige Lichtpulsrepetitionsrate von 20 kHz (maximale Ionenflugzeit 50 ms) und eine Elektronenstrahldauer von 100 ns könnte der Elektronenstrom und die Lichtausbeute theoretisch gegenüber dem kontinuierlichen Betrieb um das 500-fache erhöht werden. Da die Folie kurzzeitig aber nicht so viel Wärme abführen kann, werden weitere Experimente zeigen müssen, wo die Grenzen des Fensters liegen. Während der Experimente, für die nur eine Folie zur Verfügung stand, wurde die Lampe sehr vorsichtig mit einem 1 mA 10 keV-Elektronenstrahl gepulst betrieben. Die Repetitionsrate des Elektronenstrahls lag bei 120 Hz. Bei Strömen von 1 mA bei 10 keV Elektronen wurde somit das Gas mit einem 10 W-Elektronenstrahl gepumpt, was bei den reinen Edelgasen zu einer VUV-Lichtemission von 4 W führte. Relative Lichtintensitäten und Lichtpulslängen konnten mittels eines VUV-sensitiven Halbleiterdetektors gemessen werden, der nahe der Lichtquelle angebracht war. Das Edelgas, das zur Erzeugung von VUV-Licht verwendet wird, muss wesentlich reiner als 99,999 % (Qualität 5.0) sein und ist nicht in Flaschen erhältlich. Während der Versuche zirkulierte daher das Edelgas durch einen externen 800 °C heißen TitanGasreiniger. Diese Aufgabe des Gasreinigens, für eine lange Standzeit einer Gasfüllung, 143 Abbildung 61: (A) Schematische Zeichnung von einer elektronenstrahl-gepumpten Excimerlichtquelle kombiniert mit einem Flugzeitmassenspektrometer. (B) Vergrößerung des Bereichs der Lichtquelle, in dem das VUV-Licht vor einer 300 nm dicken SiN-Folie durch den Elektronenstrahl erzeugt wird. 144 Kapitel 6 wird in Zukunft eine kleine Getterpumpe übernehmen (siehe Abbildung 61A und Abbildung 63B). Ein Getter ist eine gasbindende Vakuumpumpe [124]. Das Gettermaterial reinigt das Edelgas von Verunreinigungen. Es gibt zwei Mechanismen, die für das Festhalten der Moleküle verantwortlich sind: die Chemiesorption, bei der die angelagerten Moleküle eine chemische Bindung mit den Getteratomen der Oberfläche eingehen und die Physisorption, bei der die Gasmoleküle durch physikalische Wechselwirkung an das Gettermaterial schwach gebunden werden. Bei der Chemisorption ist durch Zuführung von Energie ein Wandern der Moleküle vom Ort des Einfangens zu einem anderen Ort auf der Oberfläche oder ins Innere des Getters möglich. Hat sich auf der Getteroberfläche, beispielsweise bei 20 °C, durch chemische Adsorption eine Monolage aus aktiven Gasen gebildet, ist die Oberfläche gegen weitere Gasanlagerung geschützt. Sie kann aber durch Reaktivierung wieder adsorptionsfähig gemacht werden. Bei der Reaktivierung durch „Tempern“ gelangen die oxidierenden Verbindungen in tiefere Atomlagen des Getters. Reduzierende Verbindungen, wie zum Beispiel Wasserstoffverbindungen, neigen dazu, bei hohen Temperaturen in die Gasphase überzugehen. Nach jeder Reaktivierung steigt die Konzentration der verunreinigenden Atome im Inneren des Getters. Durch die höhere Konzentration der Verunreinigungen im Getter wird deren Konzentrationsgradient geringer und verringert damit die Aufnahmefähigkeit des Getters. Die verwendeten Getterpumpen (Fa. SAES getters, Mailand, Italien) sind im Neuzustand mit einer Oxidschutzschicht belegt. Diese ermöglicht den Einbau des Getters unter Atmosphäre. Zur Aktivierung des Getters muss dieser dann kurz bis 900 °C erhitzt werden. Dadurch gelangt die Schutzschicht in tiefere Atomlagen und der Getter ist in der Lage, schon bei Zimmertemperatur H2 sowie H2O, CO, CO2, N2 und O2 gut zu adsorbieren. Außer zum Reinigen des Edelgases sorgt eine weitere Getterpumpe dafür, dass die Güte des Vakuums im Bereich der Elektronenkanone erhalten bleibt (vgl. Abbildung 61A und Abbildung 63B). 145 6.2 Kombination einer Excimerlampe mit einem TOFMS Für die TOFMS-Experimente mit elektronenstrahl-gepumpter Excimerlampe wurde ein TOFMS-System verwendet, das ursprünglich für die Ionisation mit ca. 5 ns langen Laserpulsen konzipiert wurde. Mittels eines Spezielflansches wurde die oben beschriebene Excimerlampe, wie in Abbildung 61 dargestellt, mit dem TOFMS verbunden. Die MgF2-Linse der Excimergaszelle wurde so gewählt, dass der Ortsfokus der ExcimerVUV-Strahlung im Zentrum der Ionenquelle liegt. Die Strahlung der Lampe kann aufgrund der Excimerkinetik bei weniger als 1 bar Edelgasdruck nicht so kurz wie ein Laser gepulst werden. Bei den Versuchen hatten die Excimerlichtpulse eine Länge von ca. 8 ms (vgl. Abbildung 62A). Bei Laserionisation definiert der kurze Laserstrahl, während dessen Dauer die Ionen erzeugt werden, die Startzeit für den Flug der Ionen durch das Flugzeitmassenspektrometer. Um bei den langen Excimerlichtpulsen akkurate Startbedingungen zu erhalten, ist es notwendig, die Hochspannung (HV) an den Abzugsbzw. Beschleunigungsplatten zu pulsen (Abbildung 61A). Die Abzugsplatten wurden mittels schneller Hochspannungsschalter („push-pull“-Schalter Typ HTS 31-GSM mit einer Schaltzeit von 15 ns / 3 kV, Fa. Behlke Elektronik, Germany), die wegen der von ihnen ausgehenden elektromagnetischen Strahlung mit möglichst kurzen, geschirmten Kabeln mit den Vakuumdurchführungen verbunden wurden, mit HV versorgt. Trotz solcher Vorkehrungen konnte nicht verhindert werden, dass der Multi-Channel-Plate (MCP) -Detektor, wie in Abbildung 62C sichtbar, einen Teil dieser Strahlung einfing. Allerdings verursacht die Störstrahlung ein starkes Rauschen am Detektor zu einer Zeit, in der kein Ionensignal erwartet wird. Sogar Wasserstoff würde aufgrund seiner kurzen Flugzeit erst nach dem Rauschen am Detektor ein Signal verursachen. Es hat sich als günstig erwiesen, das Beschleunigungsfeld, wie in Abbildung 62B dargestellt, erst nach dem Abklingen der Lichtemission anzulegen. Dadurch werden in der Ionenqelle während des Lichtstrahls Ionen erzeugt und dann bei eingeschaltetem Abzugsfeld gesammelt auf die Flugstrecke geschickt. Das gesamte Zusammenspiel von Zeit und Dauer des Lichtpulses, des Abzugpulses und des resultierenden Detektor-Signals, hier am Beispiel von Piperidin und Toluol, ist in Abbildung 62A-C dargestellt. Durch die unterschiedliche Masse von Piperidin und Toluol erreicht Piperidin (amu 85) den Detektor nach 13 ms und Toluol (amu 92) nach 14 ms. 146 Kapitel 6 Abbildung 62: (A) VUV-Excimerlichtpuls aufgezeichnet mit einem Photodetektor. (B) Triggerpuls für die schnellen „push-pull“-Hochspannungsschalter, die den Repeller und den Extraktor des TOFMS mit Spannung versorgen. (C) Excimerlampen-TOFMS Signal von Piperidin und Toluol, wobei die elektromagnetische Strahlung der Hochspannungspulse durch den Detektor eingefangen wurde. Die Spannungsversorgung der Elektronenkanone, die HV-Pulser, wie auch die Datenerfassungskarte (250 MHz, 1 Gs/s Transientenrekorderkarte, Typ DP 110, Fa. acqiris, Genf, Schweiz), mit der das Detektorsignal aufgezeichnet wird, werden durch zwei Pulsgeneratoren (Typ DG535, Stanford Research Instruments Inc., Sunnyvale, USA) zeitlich gesteuert. Aus dem Kathodenfilament, das kontinuierlich mit 6 V und 20 mA versorgt wurde, wurden mit 120 Hz 12 ms lang Elektronen extrahiert. Nach der Extraktion der Elektronen und damit der Lichterzeugung wurde für 350 ns das Abzugsfeld in der Ionenquelle angeschaltet. Die Datenerfassungskarte bekommt zur selben Zeit einen Puls und zeichnet von dieser Zeit an das Detektorsignal auf. Durch die Pulsgeneratoren konnten alle zeitlichen Abläufe optimiert werden. Es wurden auch unterschiedliche Zeiten für die positive HV des Repellers und die negative HV der Extraktorplatte getestet. Es erwies sich dann 147 aber als optimal, beide für das Abzugsfeld verantwortlichen Platten gleichzeitig zu pulsen. Das verwendete TOFMS ist ein kompaktes Reflektron-TOFMS mit einer feldfreien Flugstrecke von 634 mm. Die Ionenquelle des TOFMS wird mit einer 210 l/s und das Flugrohr mit einer 60 l/s Turbomolekularpumpe unter Vakuum gehalten. Der Einfachheit halber wird dieses TOFMS in Abbildung 61A als lineares TOFMS dargestellt. Die Betriebsspannungen des Flugzeitmassenspektrometers mit Wiley-McLarenIonenquelle [41] waren für den Repeller +400 V (gepulst), für den Extraktor -400 V (gepulst) und für die Linerspannung des Reflektrons –2500 V (statisch). Der zweistufige Ionenspiegel besteht aus 13 Ringelektroden über eine Länge von 117 mm. Darin werden die Ionen vom Linerpotenzial (-2500 V) zum Potenzial der 1. Elektrode (-500 V) in einer ersten Stufe abgebremst und dann zwischen den 13 Elektroden, in denen das Potenzial von -500 V auf +450 V ansteigt, reflektiert. Der Repeller und die Extraktorplatte liegen auf dem gleichen Potenzial, nur mit unterschiedlichem Vorzeichen (vgl. Abbildung 61A). Wie schon früher beschrieben, [18] befindet sich dadurch die Ionisationszone am Ende der auf 0 Potenzial liegenden Einlassnadel, auch auf 0-Potenzial. Auf diese Weise wird das Abzugsfeld in der Umgebung der Einlassnadel am wenigsten gestört und die Ionen werden von dort aus gerade zum Flugrohr beschleunigt. Nach einer zweiten Extraktionsblende fliegen die Ionen durch eine in Abbildung 61A nicht dargestellten elektrostatische Einzellinse und eine y-x-Ablenkeinheit. Der Detektor des Reflektrons ist ringförmig mit einem 1,57“Innenloch, durch das die Ionen aus der Ionenquelle in das Flugrohr gelangen, bevor sie nach Spiegelung im Ionenspiegel auf selbigen Ringdetektor treffen (nicht in Abbildung 61A dargestellt). Das verwendete Nadeleinlassystem ist in Veröffentlichungen bereits detailliert beschrieben [18, 59] worden. Es besteht aus einer Edelstahlnadel, in der eine Quarzglaskapillare verläuft. Die Kapillare endet bündig mit der Nadel, wo das Probengas aus der Kapillare etwa 2 mm vor dem Zentrum der Ionenquelle effusiv in das Vakuum strömt. Im Zentrum der Ionenquelle findet dann die Ionisation durch das VUVLicht statt. Für den Weg vom Probenahmeort zur Einlassnadel sei auf Kapitel 5.11 verwiesen. Allerdings konnte bei den hier präsentierten ersten Versuchen weder die Probenahmestrecke noch die Einlassnadel geheizt werden. 148 Kapitel 6 In Abbildung 63A ist das gesamte, etwa 1,5 m hohe kompakte TOFMS mit Excimerlampe zu sehen. Die zu diesem Zeitpunkt noch nicht integrierten Spannungsversorgungen für die Elektronenkanone können ohne weiteres in den freien 19“-Einschubplatz integriert werden. Mit den Getterpumpen benötigt das Gerät auch für längere Messungen nur einen normalen 220 V-Stromanschluss mit 16 AmperAbsicherung. Abbildung 63B zeigt ein Foto der für diese ersten Versuche verwendeten Excimerlampe. Vor Abgabe dieser Arbeit konnte aufgrund eines im Rahmen der Bayerischen Forschungsstiftung geförderten Projekts die Größe der Lampe bereits halbiert werden. Abbildung 63: (A) Foto des mobilen 19“ TOFMS mit elektronenstrahl-gepumpter Excimerlichtquelle. (B) Vergrößerter Ausschnitt der Excimerlampe. 149 6.3 Messungen zur Spezifizierung der Excimer-TOFMS-Kombination Während der nachfolgend beschriebenen Messungen zur Spezifizierung der ExcimerTOFMS-Kombination und bei der Messung von Motorradabgas wurde mit der in Abbildung 63 dargestellten Excimerlampe bei 120 Hz Repetitionsrate 4 W VUV-Licht erzeugt. Um das neue, noch nicht getestete Fenster, durch das der Elektronenstrahl zur Excimererzeugung in das Edelgas gelangt, nicht zu zerstören, wurde die Excimerkammer nur bis etwa 500 mbar mit Edelgas gefüllt. Das Fenster kann theoretisch Drücken bis über 1 bar standhalten. Mangels Ersatz wurde hier aber sehr vorsichtig vorgegangen. Bei einem Druck von 1 bar wäre die Lichtausbeute viel höher gewesen. Auch die Brillanz und damit die Strahleigenschaften sind bei höherem Druck besser. Bei den nachfolgend beschriebenen Messungen wurden mit der Excimerlampe bei 120 Hz VUV-Lichtimpulse erzeugt. Da die Datenerfassungskarte aber nicht mit 120 Hz ganze Massenspektren auf die Festplatte des Messrechners schreiben kann, wurden zur Reduzierung der Datenmenge immer eine größere Anzahl von Einzelspektren gemittelt und das daraus resultierende gemittelte Spektrum gespeichert. Ein großer Vorteil der elektronenstrahl-gepumpten Excimerlichtquelle gegenüber einem VUV-Laser ist, dass die VUV-Wellenlänge durch Austausch des Excimergases verändert werden kann. Dadurch kann, wie in Abbildung 64 dargestellt, die Selektivität verändert werden. Für den in Abbildung 64 dargestellten Versuch wurde eine Excimerlampe einmal mit Argon (Ar) und einmal mit Krypton (Kr) befüllt und mit dem erzeugten Excimerlicht ein Gasgemisch mit Benzol und Toluol untersucht. Durch das unterschiedliche Emissionsspektrum von Ar bzw. Kr mit einem Emissionsmaximum bei lcent = 126 nm bzw. lcent = 147 nm und dementsprechend mit einem Maximum in der Photonenenergie bei 9,8 eV bzw. 8,4 eV (vgl. Tabelle 1), konnte aus dem Probengas mit Benzol und Toluol, deren IP bei 9,2 eV bzw. 8,5 eV liegt, Benzol selektiv ausgeblendet werden. Auf diese Art und Weise ist es bedingt möglich, sich bei den Massenspektren auf interessante Verbindungen zu konzentrieren und das Massenspektrum von uninteressanten Verbindungen frei zu halten. Durch Variation des Excimerlichts können auf Grund der verschiedenen Ionisationspotenziale der Verbindungen Massensignale identifiziert werden. Die bei der Analyse von Spurenbestandteilen störenden Bestandteile von Luft wie, z.B. N2, O2 und H2O, werden bei keiner der VUV-Wellenlängen aus Tabelle 1 ionisiert und damit nicht nachgewiesen. 150 Kapitel 6 Abbildung 64: (A) Excimer Emissionsspektrum von Argon (Ar2*, oben) und und Krypton (Kr2*, unten). Zusätzlich eingezeichnet sind die Ionisationspotenziale (IP) von Benzol und Toluol. (B) TOF-Massenspektrum von Benzol und Toluol ionisiert mit Argon- (Ar2*, lcent = 126 nm, oben) und Krypton- (Kr2*, lcent = 147 nm, unten) Excimerlicht. Mit Kryptonexcimerlicht ist in diesem Fall eine selektive Ionisation von Toluol möglich (rechts, unten). Für die in Abbildung 64B dargestellten Massenspektren von Benzol und Toluol wurden je 500 Einzelspektren zu einem gemittelt. Solch ein gemitteltes Spektrum ist hier dargestellt. Zum Test, wie weich man mit VUV-Licht ionisiert, wurde Luft mit Piperidin direkt in die Ionenquelle des TOFMS eingelassen und dort mittels VUV-Licht ionisiert. Das SPIMassenspektrum von Piperidin ist in Abbildung 65A dargestellt. Die Ionisation erfolgte hier mittels 126 nm-Licht des Argon-Excimers. Abbildung 65 zeigt einen Piperidin- und einen Toluol-Peak. Bei diesem Spektrum wird der Peak bei der Masse 92 m/z durch eine Verunreinigung der Probenamestrecke mit Toluol hervorgerufen, welches zuvor in hohen Konzentrationen eingelassen wurde. Zum Vergleich sind in Tabelle 9 die Massen aufgeführt, bei denen bei einer Elektronenstoßionisation mit 70 eV-Elektronen Fragmente auftreten. Dabei zeigt sich, dass bei der Elektronenstoßionisation zum einen der größte Peak nicht bei der ursprünglichen Molekülmasse von 85 m/z, sondern bei der 151 Fragmentmasse 84 m/z auftritt und zum anderen, dass 6 Fragmente vorkommen, die gegenüber dem dominierenden Peak bei 84 m/z eine relative Signalstärke von mehr als 20 % haben. Bei der SPI von Piperidin mit Excimerlicht ist kein Fragment zu erkennen. Der einzige Peak ist bei der Piperidinmasse 85 m/z. Die Nachweisempfindlichkeit der VUV-Lampen-TOFMS-Kombination wurde mittels eines Gasstandards ermittelt. Das Standardgas aus der Flasche (10 l, 200 bar, Fa. Messer Griesheim, Krefeld, Deutschland) enthielt 10 ppm Benzol, Toluol und p-Xylol (BTX) in Stickstoff. Dieses Gas wurde auch mit 126 nm-Argon-Excimerlicht ionisiert. 500 Einzelspektren wurden für das Spektrum in Abbildung 65B gemittelt, welches zur Bestimmung der Nachweisgrenzen in Tabelle 10 diente. Um das Spektrum vom hochfrequenten Rauschen zu befreien, wurde es zusätzlich noch gleitend über 0,25 m/z geglättet. Die Nachweisgrenzen werden hier nach der von Williams et al [50] vorgeschlagenen Methode ermittelt. Danach ist die Nachweisgrenze das Verhältnis von Signal (S) zum Rauschen (R). Es gibt verschiedene Meinungen darüber, in welchem Verhältnis das Signal zum Rauschen (S/N) mindestens stehen muss, damit ein echter Massenpeak erkannt wird. In dieser Arbeit soll S/N mindestens 3 sein. Die Nachweisgrenze (d) kann mittels [6.1] berechnet werden. Dabei ist s die Standardabweichung des Signals zwischen zwei echten Peaks, c die Konzentration der Substanz im Analysegas, m das Grundlinienniveau des Spektrums und p die Signalhöhe. 3s d= c. p-m [6.1] Da dieses Spektrum eine Mittelung von 500 Einzelspektren ist und die Nachweisgrenze mit der Wurzel aus der Anzahl der gemittelten Spektren korreliert, ist die Nachweisgrenze für ein einzelnes Massenspektrum in diesem Fall 22 mal schlechter. Zu bedenken ist allerdings, dass bei 120 Hz solch ein gemitteltes Spektrum in 4,1 s erzeugt wird. Der Grund für die schlechte Massenauflösung von R50% = 88 (bei 85 m/z) ist die mangelnde Erfahrung mit einer Excimerlampen-TOFMS-Kombination. Zudem war die Ionenquelle den Excimerstrahlgegebenheiten nicht angepasst. Vor allem das Pulsen der Abzugsplatten bereitete Schwierigkeiten. Um in Zukunft bessere Massenauflösungen zu erzielen, sollten spezielle Ionenquellen eingesetzt werden. Z.B. könnte die Lampe in Verbindung mit einem Orthogonal- 152 Kapitel 6 TOFMS [125-128] betrieben werden. In Verbindung mit einem Orthogonale-TOFMS kann die Excimerlampe sogar kontinuierlich betrieben werden. Daneben gibt es noch die Möglichkeit, die erzeugten Ionen kurzzeitig in der Ionenquelle zu speichern und erst danach zu beschleunigen. Solche Konzepte mit Ionenspeicher, in einer statischen Potenzialmulde [129, 130], oder in einem elektromagnetischen Hochfrequenzfeld [131] wurden für ähnliche Problematik bereits verwendet. Zukünftige Arbeiten werden hier ansetzen. Es ist auch geplant, die Excimerlampe mit einem FT-ICR MS (engl.: Fourier Transform - Ion Cyclotron Resonance Mass Spectrometer), einem IMS (engl.: Ion Mobility Spectrometer) und einem Quadrupolmassenspektrometer zu koppeln. Das Konzept mit einem Quadrupolmassenspektrometer bietet sich an, da hier die Lampe nicht gepulst werden muss. Für ein TOFMS-System mit Ionenquellen ohne Ionenanreicherungsschritt ist eine geringe zeitliche Lichtpulsbreite wichtig, um eine hohe Massenauflösung zu erreichen. Abbildung 65: (A) Excimerlampen (Ar2*, lcent = 126 nm) TOFMS-Massenspektrum einer Piperidinprobe mit Toluolverunreinigung. (B) Massenspektrum eines 10 ppm-Benzol-, Toluol- und p-Xylol (BTX)-Standards. 153 Entscheidend für die Lichtpulsbreite einer Excimerlampe, ist der Gasdruck in der Edelgaszelle [92]. Wie sich schon jetzt abzeichnet, wird der ungünstige zeitliche Verlauf der Excimerlichtemission (Abbildung 62A) durch neue Folien, die bis 8 bar Druckdifferenz aushalten, sehr verbessert werden können. Es wird erwartet, dass sich mit solchen Folien Lichtpulse von unter 100 ns erzeugen lassen. Durch Messungen mit einem Halbleiterphotodetektor für VUV-Photonen (Typ AXUV20. IRD Inc., Torrance, USA) am Ionisationsort hat sich gezeigt, dass von den 2,6·1018Photonen/s, die bei 4 W VUV-Lichtleistung entstehen, nur 2,6·1014 Photonen/s am Detektor, mit 20 mm2 aktiver Fläche, nachgewiesen werden. Daraus ergab sich ein enttäuschender Lichtsammelfaktor von 8,8·10-5. Verglichen mit der Photonenzahl, die man bei selbem Abstand in der Ionenquelle ohne optische Komponenten, also durch die 4 P Strahlung, erhalten würde, ist diese Anzahl nur um den Faktor 10 kleiner als die nachgewiesene Anzahl. Da es theoretisch möglich sein sollte, einen Lichtsammelfaktor von 10-2 zu erreichen, könnte mit Verbesserungen in diesem Bereich noch viel Nachweisempfindlichkeit gewonnen werden. Insbesondere müsste dann die Beschichtung des Parabolspiegels verbessert werden. Es ist aber auch eine Methode denkbar, bei der eine Linse sehr nahe vor den Leuchtpunkt gesetzt wird, um damit einen möglichst großen Anteil der 4 P-Strahlung zu sammeln und den Leuchtpunkt in das Zentrum der Ionenquelle abzubilden. Tabelle 9: Fragmentliste von Piperidin ionisiert mit VUV-Licht der Excimerlampe (SPI, Ar2*, λcent. = 126 nm) und durch 70 eV-Elektronen [64]. Verglichen werden die Massenpeaks (> 20 % rel. Grösse) relativ zum größten vorkommenden Peak. Bei SPI tritt keine Fragmentation auf. Massenpeaks von Piperidin [m/z] 42 43 44 56 57 84 85 (M+) Relatives SPI-Signal (Ar2*, λcent. = 126 nm) [%] - - - - - - 100 Relatives EI-Signal (70 eV) [%] 25 22 33 44 44 100 53 154 Kapitel 6 Tabelle 10: Mit VUV-Licht einer Excimerlampe (Ar2*, λcent. = 126 nm) erreichte Nachweisempfindlichkeiten für Benzol, Toluol und Xylol (BTX). Substanz S/N für 10 ppm Standard Nachweisgrenze (S/N > 3) Benzol 10 3 ppm Toluol 9 3 ppm 1,4-Xylen 7 4 ppm 155 6.4 Erste Gasanalysen mit einem elektronenstrahl-gepumpten Excimer-TOFMS Der Einsatzbereich des beschriebenen TOFMS mit Excimerlampe wird zweifelsohne im Bereich der Online-Messungen und Online-Überwachung von industriellen Prozessen liegen, wie sie z.B. in Raffinerien stattfinden. Weiterhin sind Anwendungen in der Umweltanalytik, in der medizinischen Diagnostik und der Chemiewaffenaufspürung denkbar. Um die Möglichkeiten dieses einfach zu bedienenden, stabil laufenden und wartungsfreundlichen Systems aufzuzeigen, wurden aus Platzgründen Messungen an einem Motorrad (Yamaha, Typ 43F) im Labor durchgeführt. Dabei wurde das Abgas am Ende des Auspuffs entnommen (vgl. Kapitel 5.11). Abbildung 66A zeigt ein Motorradabgasspektrum, das kurz nach dem Motorstart aufgenommen wurde. Zum Ionisieren wurde wieder Argon-Excimerlicht (126 nm) verwendet. Um Änderungen in der Zusammensetzung besser verfolgen zu können, wurden nur 60 Einzelspektren zu einem Spektrum gemittelt. Dazu wurden zwei Spektren in der Sekunde gespeichert. Trotz der schlechten Massenauflösung ist die Reihe der ethylierten Benzole von Benzol (78 m/z) über Toluol (92 m/z) und Xylol/Ethylbenzol (106 m/z) bis Trimethylbenzol (120 m/z) gut zu erkennen. Weiterhin wurden bei 70 m/z und 84 m/z Massenpeaks sichtbar, die wahrscheinlich aufgrund der Verbrennungsbedingungen im Motor, Krotonaldehyd [28] und Pentenal zugeschrieben werden können. In Abbildung 66B (unten) ist eine kontinuierliche Motorradabgasmessung über 60 s in 3D-Ansicht dargestellt. Die Messung begann vor dem Start des Motors und dauerte bis nach dem Abstellen des Motors. Dazwischen wurde die Drehzahl des Motors ohne Last zweimal kurzzeitig erhöht. Diese Messung ist Teil einer längeren Messung, bei der drei Startzyklen aufgenommen wurden. Diese drei Zyklen sind in Abbildung 66B (oben) in Konturdarstellung zu sehen. Dabei entspricht die Grauskalierung zu helleren Tönen einem zunehmenden Signal. Man erhält diese Art von Konturdarstellung, wenn man senkrecht von oben auf eine 3D-Darstellung, wie in Abbildung 66B (unten) dargestellt, fotografiert. Trotz der nicht geheizten Probenahmestrecke sind die zwei Drehzahlerhöhungen in beiden Darstellungen gut zu erkennen. 156 Kapitel 6 Abbildung 66: (A) Excimerlampen (Ar2*, lcent = 126 nm) SPI-Massenspektrum von Motorradabgas kurz nach dem Start des Motors. (B) 3D Darstellung einer Excimerlampen-(Ar2*, lcent = 126 nm) SPI-TOFMS-Motorradabgasmessung. Bei ca. 60 s wird das Motorrad gestartet, dann wird der Motor im Stand zweimal auf Touren gebracht und bei etwa 90 s wieder abgestellt. Man erkennt das Emissionsverhalten bezüglich Benzol, Toluol und Xylol (BTX). Rechts darüber sind in der Konturdarstellung drei Motorstartzyklen dargestellt. 157 Erstellt wurden diese Spektren durch das Aneinanderreihen der gespeicherten Spektren. Bei dieser Messung wurden 2 Spektren pro Sekunde gespeichert. Ein großer Teil dieser auf LabView basierenden Daten Erfassungs- und Auswertesoftware wurden schon früher an der GSF entwickelt [18] und dieser Anwendung angepasst. Abbildung 67: Kalibrierte Konzentrations-Zeitprofile von Benzol, Toluol, Xylol und Trimethylbenzol einer Excimerlampen-TOFMS (Ar2*, lcent = 126 nm) Motorradabgasmessung. Die Kalibration wurde mit Hilfe eines externen Gasstandards vorgenommen. In Abbildung 67 werden von derselben Messung, wie in Abbildung 66B (unten) dargestellt, 4 Konzentrationsverläufe gezeigt. Diese Konzentrationsverläufe wurden durch Integration der einzelnen Massenpeakts aller gespeicherten Spektren gewonnen. Stellt man die Werte der Flächen (Integral der Massenpeaks) im zeitlichen Verlauf dar, so ergeben sich wie in Abbildung 67 dargestellte Konzentrationsverläufe. Misst man davor oder danach den Probenstandard, der diese Substanzen in bekannter Konzentration enthält, unter denselben Gerätebedingungen, so kann durch den Vergleich der Flächen unter den Peaks die Konzentration der Substanz im Motorradabgas bestimmt werden (vgl. Tabelle 10). Auf diese Weise konnten die Verläufe von Benzol und Toluol quantifiziert werden. Die Xylol- bzw. Ethylbenzol-Spur wurde näherungsweise durch das p−Xylol im Gasstandard quantifiziert, da die Photoabsorptionswirkungsquerschnitte der 158 Kapitel 6 Xylol-Isomeren und des Ethylbenzols als vergleichbar angenommen werden können. Da Trimethylbenzol nicht im Standard enthalten war, zeigt dieser Verlauf nur relative Änderungen. 159 7 Konzepte zur Steigerung der Empfindlichkeit sowie zur Modifikation des REMPI-Selektivitätsprofils Zur Steigerung der Empfindlichkeit eines TOFMS-Systems wird in diesem Abschnitt untersucht, ob mit einem Modulator, ähnlich wie er zur GC/GC-Kopplung verwendet wird, sich Bestandteile eines Probengases kurzzeitig anreichern, diese konzentriert frei setzen lassen und sich damit die Empfindlichkeit eines TOFMS erhöhen lässt. Weiterhin wird untersucht, ob sich mit einem Modulator in situ gesundheitsrelevante Luftschadstoffe wie Aldehyde und Amine mit einem geeigneten aromatischen Reagenz derivatisieren lassen, um sie so der selektiven laserinduzierten resonanzverstärkten Multiphotonenionisations-Massenspektrometrie zugänglich zu machen. 7.1 Anreicherung in der Probenahme Um die Nachweisempfindlichkeit eines REMPI-TOFMS-System für Gasphasenmessungen zu erhöhen, ist es möglich, die Probe vor der massenspektrometrischen Untersuchung über einen kurzen Zeitraum anzureichern und dann thermisch zu desorbieren. Dazu ist ein Verfahren gefragt, bei welchem das Aufkonzentrieren der Probe möglichst schnell geht, um die hohe Zeitauflösung eines Massenspektrometers weiterhin nutzen zu können. Silikongummi z.B. ist geeignet zum Anreichern von Proben. Durch die Struktur von Silikon gelangen Substanzen wie bei einer Flüssigkeit in das Material und können dort stoffspezifisch gespeichert werden. Ein geeignetes Verfahren, die Substanzen schnell und konzentriert aus dem Silikon freizusetzen, ist die Thermodesorption (TD). Um die Möglichkeiten zu untersuchen, mit dieser Methode die Empfindlichkeit eines TOFMSSystems zu steigern, wurde eine kleine Thermodesorptionseinheit in die Probenahme des beschriebenen Laser-TOFMS eingefügt. Die Thermodesorptionseinheit besteht aus einem Modulator und einer Kapillare mit stationärer Silikonphase. 160 Kapitel 7 7.1.1 Modulator Bei dem verwendeten Modulator handelte es sich um den von Burger et al. beschriebenen Typ [132]. Der Modulator (Abbildung 68) besteht aus einem dünnen Edelstahlröhrchen (1), das durch seinen elektrischen Widerstand mit Strom geheizt wird. Das Heizen erfolgt segmentweise. Die Temperatur und die Heizdauer jedes Segmentes kann durch das von einem Mikroprozessor gesteuerte Netzgerät eingestellt werden. Der Heizstrom wird dem ca. 10 cm langen Röhrchen (1) durch 11 Stege (2) zugeführt. Die Stege bestehen aus dem selben Material wie das Hauptröhrchen (1). Dadurch heizen sich die Stege selber genau so auf wie das Hauptröhrchen und es entstehen keine kalten Stellen an den Stromzuführungen. Durch das Modulatorröhrchen (1) verläuft eng anliegend eine GC-Kapillare mit stationärer Phase. Die stationäre Phase, die in der Regel aus einer Silikonschicht auf der Innenseite der Kapillare besteht, absorbiert im kalten Zustand Bestandteile des Probengases. Durch Heizen der Kapillare werden die aufgenommenen Bestandteile wieder frei gesetzt. Da mit dem Modulator ein Segment nach dem anderen geheizt werden kann, schiebt man beim Heizen die desorbierten Substanzen durch den Modulator und bekommt nach dem Abbildung 68: Schematische Darstellung des Modulators mit Anreicherungskapillare. Der Modulator besteht aus 10 Segmenten, die nacheinander geheizt werden können. Das Heizen der Segmente geschieht nach dem Prinzip des elektrischen Widerstands. Die Ströme zum Heizen liefert ein durch einen Mikroprozessor gesteuertes Netzgerät. Das Edelstahlröhrchen (1) hat 11 Stege (2), über die der Strom durch die Leitungen (3) zugeführt wird. In dem Modulator steckt eine Kapillare (4) mit örtlich begrenzter stationärer Phase (5). 161 Heizen des letzten Segmentes einen konzentrierten Puls der angereicherten Substanzen. Der Puls mit den angereicherten Substanzen wird vom Modulator zur Ionenquelle des TOFMS gezogen und bewirkt dort kurzzeitig einen Signalanstieg und damit auch eine Verbesserung der Nachweisgrenze für Substanzen, die vom Silikon absorbiert wurden. In gewissen Grenzen kann durch längere Anreicherung im Modulator die Nachweisempfindlichkeit erhöht werden. Andererseits verliert man an Zeitauflösung bei langen Absorptionsphasen. Der Modulator wurde nach dem Konzept von Burger aufgebaut [132] und ist geeignet Kapillaranreicherungseinheiten bis zu einem Außendurchmesser von 0,53 mm zu desorbieren. Besonders schwierig bei der Herstellung des neuen Modulators war die leitende Befestigung der Stege (2) an das Hauptröhrchen (1). Weichlot konnte aufgrund seiner niedrigen Schmelztemperatur nicht verwendet werden. Daher wurde Hartlot aus Silber eingesetzt. Das Hartlöten von Röhrchen mit sehr dünnen Wandstärke mit einer Mikrobunsenbrennerflamme erfordert Fingerspitzengefühl, da die Röhrchen schnell verglühen. Außerdem darf nur sehr wenig Silberlot verwendet werden, um nicht durch eine dicke Silberschicht an den Verbindungsstellen der Röhrchen den elektrischen Widerstand zu erniedrigen. Ein niedrigere Widerstand an der Lötstelle hätte zu Folge, dass sich bei der Erwärmung durch elektrischen Strom, diese Stelle weniger erwärmt als der Rest der Röhrchen. Mit dem maximalen Strom von 10 A bei 5 V ließ sich mit dem neuen Modulator innerhalb von 2-3 Sekunden eine Segmenttemperatur von 200 °C erreichen. Die Temperatur in der Anreicherungskapillare im Modulator konnte mit einem selbstgebauten NiCrNi-Thermoelement gemessen werden. Das Thermoelement wurde aus einem Ni- und einem CrNi-Draht mit je 0,025 mm Durchmesser gefertigt. Verbindet man die beiden Drähte durch eine Punktschweißung, so erhält man ein NiCrNiThermoelement und damit temperaturabhängige Spannungen. Die Drähte wurden in eine Kapillare mit ca. 0,3 mm Außendurchmesser gefädelt. Die Kapillare mit dem Thermoelement konnte in die Kapillare mit der stationären Phase gesteckt werden. So konnte die Temperatur an verschiedenen Stellen im Modulator gemessen werden. Bei Kopplung des Modulators mit einem TOFMS-System kann die Anreicherungskapillare durch permanentes Heizen über die gesamte Länge deaktiviert werden. Bei heißer stationärer Phase werden Gasbestandteile vom Silikongummi absorbiert und treten gleich wieder zurück in den Gasstrom. Dadurch ist die Wirkung des Modulators aufge- 162 Kapitel 7 hoben. Es ist also möglich, wie in Abbildung 69 dargestellt, den Modulator und seine Wirkung ein und aus zu schalten. Beim Heizen des Modulators über die ganze Länge misst das TOFMS die Verbindungen mit sehr hoher Zeitauflösung, wie sie von der Probenahme aufgenommen werden (Abbildung 69A). Ist der Modulator aktiv, indem er z.B. permanent segmentweise von vorne nach hinten geheizt wird, so werden im Modulator Substanzen angereichert und je nach Zykluslänge des Modulators konzentrierte Pulse in Richtung der Ionenquelle geschickt (Abbildung 69B). Die Zeitauflösung solch einer Messung hängt in diesem Fall von der Zykluslänge des Modulators ab. Hinsichtlich des Anschlusses des Modulators an die Probenahme des TOFMS ist es sehr wichtig, dass die permanente Heizung der Probenahme bis ganz zum Modulator reicht. Eine kalte Stelle zwischen Anreicherung und Analysator bewirkt eine zeitliche Verschmierung der Konzentrierung. Abbildung 69: Konzept zur Kopplung eines Modulators mit einem REMPI-TOFMS zur Steigerung der Empfindlichkeit. Wird der Modulator während der Probenahme permanent über die gesamte Länge geheizt, wird ohne Anreicherung der Probe mit hoher Zeitauflösung gemessen (A). Wird der Modulator sequenziell beheizt, so findet eine Anreicherung in den kalten Segmenten statt und nach jedem Heizdurchgang gelangen die angereicherten Substanzen gepulst zum TOFMS. 163 In dem verwendeten Modulator wurden Kapillaren mit verschiedenen Schichtstärken der stationären Phase eingesetzt. Die Kapillaren basierten auf herkömmlichen GCKapillaren und wurden von uns für den Einsatz als Anreicherungseinheit modifiziert. 7.1.2 Anreicherungskapillare Anreicherungskapillaren für den Modulator können aus belegten GC-Kapillaren gefertigt werden. Im Modulator kamen Anreicherungskapillare mit einem ID von ca. 0,5 mm und einer Dicke der inneren Silikonbeschichtung von 0,35 mm oder 2,65 mm (z.B. SE 30 mit 100 % Polydimethylsiloxan-Phase) zum Einsatz (siehe Abbildung 70). Zur Vorbereitung der Kapillaren für den Modulatoreinsatz wird die stationäre Phase an den Enden der Kapillare entfernt. Die im Modulator eingebrachte Kapillare darf nur innerhalb des Modulators eine Phase haben, damit außerhalb an den nicht modulierten Stellen keine Substanzen absorbiert werden. Taucht man die etwa 20 cm lange Kapillare für den Modulator in eine Mischung aus 30 % Azeton und 70 % Hexan, so steigt die Flüssigkeit durch den Kapillareffekt in der Kapillare bis zu einer bestimmten Höhe über die Flüssigkeit. Lässt man die Flüssigkeit bis zu der Stelle steigen, bis zu der man die Phase auswaschen möchte, so bricht das Azeton bis dort hin die Silikonstruktur auf. Lässt man die Kapillare etwa 10 min in der Mischung, kann man anschließend die stätionäre Phase durch mehrmaliges Aufsteigenlassen von reinem Hexan entfernen. Dies macht man auf beiden Seiten der Kapillare. Hält man die Kapillare gegen das Licht und betrachtet die Stelle bis zu der die Phase entfernt wurde, so erkennt man bei vollständiger Auswaschung der Phase den Übergang. Bevor die Kapillaren eingesetzt werden können, müssen sie jetzt nur noch gereinigt werden. Dies geschieht, indem man unter Edelgasfluss die Anreicherungskapillaren bei ca. 250 °C einige Stunden lang ausheizt. 7.1.3 Ultradicke Anreicherungskapillare Zur Herstellung von Anreicherungskapillaren mit ultradicker stationärer Phase verwendet man unbelegte Kapillaren, in die man einen Silikongummischlauch einfädelt. Das Herstellungsverfahren dieser Anreicherungskapillaren stammt von Burger [133]. 164 Kapitel 7 Der Silikongummischlauch hat im Normalzustand einem Außendurchmesser (AD) von 0,65 mm und einem ID von 0,3 mm und wird für medizinische Zwecke von der Firma Technical Products Inc. (Georgia, USA) vertrieben. Um den weichen Silikongummischlauch in die Kapillare mit einem ID von 0,53 mm zu bekommen, muss der Schlauch etwa bis zu seiner doppelten Länge gedehnt und dann in flüssigem Stickstoff steif gefroren werden. Die gefrorenen Enden des Schlauches müssen unter flüssigem Stickstoff entfernt werden, da sie durch die Pinzetten, mit denen der Schlauch gehalten wurde, verformt sind. Der steife und durch das Dehnen jetzt etwas dünnere Schlauch lässt sich untergetaucht in den flüssigen Stickstoff in die Kapillare schieben. Mit einer weiteren dünneren Kapillare, lässt sich das hintere Ende des gefrorenen Schlauches in die Kapillare schieben. Nimmt man die Kapillare mit dem Schlauch aus dem flüssigen Stickstoff heraus, so wird das Silikon wieder weich und der Schlauch zieht sich zusammen. Das Resultat ist eine Kapillare, in der ein Silikongummischlauch überall eng anliegt. Die Dicke der stationären Phase beträgt hier etwas mehr als 100 mm. Da die Länge des Silikonschlauchs nicht genau der Länge vor dem Dehnen entspricht, sind einige Versuche nötig um die Länge des Silikongummischlauchs in der Kapillare zu erhalten, die der Länge des Modulators entspricht. Der Transfer der angereicherten Probe in das Flugzeitmassenspektrometer wird über eine unbelegte Kapillare mit ID 0,32 mm realisiert. Zu beachten ist, dass diese Anreicherungskapillare mit ultradicker stationärer Phase einen freien ID von unter 0,3 mm hat (vgl. Abbildung 70B). Damit stellt diese Anreicherungskapillare eine kleine Flussre- Abbildung 70: Querschnitt durch ein Quarzkapillare mit 2,65 mm dicker stationärer Phase (A). Im Vergleich dazu der Querschnitt durch eine Kapillare mit 100 mm dicker Silikongummiphase (B). Beide Querschnitte sind etwa um den Faktor 100 vergrößert dargestellt. 165 striktion dar. Ein geringerer Gaseinlass in das TOFMS hat eine negative Auswirkung auf die Nachweisgrenzen. Auch diese Anreicherungskapillare muß wie oben beschrieben gereinigt werden. 7.1.4 Online-Anreicherung Eine wichtige Voraussetzung für den Einsatz des Modulators mit Anreicherungskapillare ist, dass das Modulatorsystem sich gegenüber unterschiedlichen Konzentrationen von Substanzen im Analysengas linear verhält. Die Konzentration einer im Modulator desorbierten Substanz soll in einem möglichst weiten Konzentrationsbereich linear von der eingebrachten Konzentration abhängen. Dieses Verhalten ist erforderlich, um über eine Probenstandard quantifizieren zu können. Abbildung 71: Darstellung der linearen Beziehung zwischen der auf die Anreicherungseinheit injizierte Menge Formaldehyd-Oxim (HCHO-Oxim) und dem anschließend nachgewiesenen Gesamtionensignal. Ab einem bestimmten durchstömten Volumen kann eine Substanz je nach Modulatorlänge und stationärer Phase nicht mehr vollständig von der kalten Phase gehalten werden. Es kommt dann zum so genannten Durchbruch der Substanz durch die Anreicherungseinheit. Das Durchbruchsvolumen, nach dem eine Substanz auch ohne heizen 166 Kapitel 7 aus der Anreicherungseinheit gelangt, ist für jede Verbindung unterschiedlich und hängt von ihrer Flüchtigkeit und Polarität ab. Für quantitative Messungen mit dem Modulator ist es erforderlich, dieses Volumen zu kennen, da sich die Absorption des Modulators bei Volumen über dem Durchbruchsvolumen nicht mehr linear verhält. Um die Linearität der Trap unterhalb des Durchbruchsvolumen nachzuweisen, wurden verschiedene Mengen in unterschiedlichen Konzentrationen des für spätere Messungen interessanten O−Benzyloximformaldehyde (HCHO-Oxim) mit einer Spritze in den Modulator mit Anreicherungskapillare injiziert. Nach Einbringen der Substanz wurde der Modulator gestartet und die desorbierte Verbindung mit REMPI bei 266 nm nachgewiesen. Der Modulator machte solange einen Desorptionszyklus nach dem anderen, bis die Anreicherungskapillare vollkommen frei vom HCHO-Oxim war. Nach dem ersten Modulatorzyklus wird das meiste HCHO-Oxim detektiert. Danach nimmt das Ionensignal von Zyklus zu Zyklus stark ab. Für die Untersuchung zum linearen Verhalten der Modulatorsystems muss das gesamte HCHO-Signal verwendet werden. Dazu wurde das Ionensignal vom ersten bis zum letzten Modulatorzyklus zusammenaddiert und mit den Gesamt-Ionensignalen der anderen injizierten Mengen HCHO-Oxim verglichen (Abbildung 71). Das Gesamt-REMPI-Signal in Abhängigkeit der Injizierung von 3,3 ng bis 67 ng HCHO-Oxim in den 10 cm langen Modulator mit 10 Segmenten und einer präparierten SE 30 Kapillare (2,65 nm stationäre Phase) ist in Abbildung 71 zu sehen. Es zeigt sich ein lineares Desorptionsverhalten der Anreicherungskapillare gegenüber der injizierten Mengen HCHO-Oxim. Auch bei Injizierung verschiedener Verdünnungen des HCHOOxims mit Hexan zeigte sich das lineare Verhalten gegenüber der injizierten HCHOOxim Menge. Bei Online-Messungen wird das Analysengas permanent durch den Modulator zur Ionenquelle des TOFMS gesaugt. Solange die Segmente des Modulators nicht geheizt werden, werden Substanzen in der stationären Phase des Segments angereichert. Verschiedenen Substanzen lassen sich aufgrund ihrer unterschiedlichen Flüchtigkeit und Polarität unterschiedlich gut anreichern. Um die Online-Messeigenschaften des Modulators mit verschiedenen Substanzen zu untersuchen, wurde das TOFMS mit dem Modulator und einen Probenstandard verbunden. Der Probestandard enthielt unter anderem 0,8 ppm Anilin (93 amu), einige ppb Indol (117 amu) und 0,03 ppm Naphthalin (128 amu). 167 Abbildung 72 zeigt eine Messung bei der 5 Minuten lang bei einem Fluss von 10 ml/min das Standardgas durch den kalten Modulator gezogen wurde. Anschließend wurde der Modulator gestartet. Zum Zeitpunkt t = 0 s begann der Modulator seinen ersten von 15 Heizzyklen. Während der ganzen Messung war der Modulator auf der Eingangsseite mit dem Standardgas verbunden. Der Modulator wurde somit permanent mit Standardgas versorgt. Die Segmente wurden jeweils 2,5 s mit 10 A bis 200 °C aufgeheizt. Abbildung 72: Zeitlicher SPI-Signalverlauf einer Messung von Anilin, Indol und Naphthalin nach Anreicherung der Substanzen im Modulatur über 5 Minuten. Die einzelnen Peaks stammen von je einem Desorptionsdurchlauf des Modulators. Während der ganzen Messung gelangen die Substanzen kontinuierlich aus einem Standardgasgemisch zum Modulator. Aus diesem Grund bleiben die Signalerhöhungen im hinteren Verlauf der Messung konstant. Aufgrund der langen Probenahmezeit vor dem Modulationsbeginn sind die ersten Signalpeaks von Abbildung 72 am höchsten. Die Überhöhung des ersten Anilin-Peaks ist sehr gering. Anilin ist sehr flüchtig und bricht selbst bei einer Konzentration von 0,8 ppm innerhalb von Sekunden durch die Anreicherungskapillare mit einer 2,65 mmSilikonphase. Erkennbar ist dies auch daran, dass das Signal zwischen den Modulatorzyklen nicht bis zur Grundlinie zurück geht. Aufgrund dieser schlechten Retention des Anilins lässt sich die Nachweisgrenze mit der verwendeten Anreicherungskapillare nicht sehr erhöhen. Durch die schwache Wechselwirkung zwischen Anilin und der stati- 168 Kapitel 7 onären Phase lässt sich am Konzentrationsverhalten in Abbildung 72 (oben) bei genauer Betrachtung der Temperaturanstieg in den einzelnen Segmenten erkennen. Beim Heizen jedes Segments kann etwas Anilin den Modulator verlassen. Daher stammen die scharfen Spikes auf den Signalanstiegen. Die Konzentration von Indol im Standardgas war bei weitem am geringsten. Aus diesem Grund und aufgrund seiner Flüchtigkeit ist die Signalüberhöhung des ersten Peaks am größten. Bei Anreicherung von Substanzen unterhalb des spezifischen Durchbruchvolumens erwartet man bei einer Probenahmezeit von 5 Min gegenüber einer Probenahmezeit von 30 s eine Signalvergrößerung um den Faktor 10. Bei der in Abbildung 72 dargestellten Messung hatten die Modulatorzyklen eine Länge von 30 s. Das erste Signal sollte daher etwa 10 mal so groß sein wie die weiteren Signalpeaks im Abstand von 30 s. Dass der erste Signalpeak nicht die 10-fache Fläche der folgenden Peaks hat, liegt wahrscheinlich daran, dass das Durchbruchsvolumen für die Substanzen überschritten wurde. Denkbar ist auch, dass die Substanzen nich vollsändig desorbiert werden mit einem Heizzyklus. Hierzu sind künftig weitere Versuche notwendig. Mit Naphthalin verhält es sich ähnlich wie mit Indol. Hier ist jedoch auffällig, dass die Peaks etwas schärfer sind und ca. 4 s früher auftreten als die von Indol. Grund dafür kann entweder die etwa 2 m lange, unbelegte 250 °C heiße Transferkapillare zwischen Modulator und TOFMS sein, die trotz fehlender Beschichtung für verschiede Substanzen verschiedene Retentionszeiten zeigt, oder eine kalte Stelle an der Verbindung zwischen Modulator und Transferkapillare. Aufgrund von Adsorptions- und Kondensationseffekten verursacht eine kalte Stelle in der Probenahme zwischen Modulator und Ionenquelle in Abhängigkeit von der Flüchtigkeit der Substanzen eine Verzögerung und Verbreiterung der Pulse. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich durch das 5-minütige Vorkonzentrieren die Nachweisempfindlichkeit gegenüber einer Messung ohne Modulator für Anilin um den Faktor 1,6 verbessern lies. Für Indol und Naphthalin war es hingegen schon das 23bzw. 22-fache. Bei einer Modulator-Zykluszeit von 30 s verbesserte sich die Nachweisempfindlichkeit für Anilin um das 1,5-fache. Für Indol und Naphthalin um das 3,5- und 7,1-fache. Mit der Anreicherungskapillare mit 0,35 mm dicker stationärer Phase wurden schlechtere Ergebnisse erzielt. Die Anreicherungskapillare mit ultradicker Phase brachte keine Verbesserung, da durch sie der Gasfluss geringer ist und damit die Gasdichte am Ionisationsort niedriger ist, was die Empfindlichkeit vermindert. In Zukunft sollten da- 169 her dickere Anreicherungseinheiten mit mehreren parallelen Silikonschläuchen getestet werden [134, 135]. Diese würden den Fluß nur gering beeinflussen, das Gas hätte eine relativ geringe Geschwindigkeit in der Anreicherungseinheit und könnte damit gut mit der dicken Silikongummiphase wechselwirken. 7.1.5 Offline-Anreicherung Mit einem TOFMS-Systems dauert die Analyse einer Gasprobe nur wenige Sekunden. Aus diesem Grund sind die TOFMS-Systeme zum Online-Messen von dynamischen Prozessgasen gut geeignet. Manchmal ist es allerdings, z.B. aus Platzgründen, nicht möglich, das Massenspektrometer nahe genug am Messpunkt aufzubauen. In diesem Fall ist es hilfreich, wenn das Massenspektrometer auch für die Analyse von offline gesammelten Proben geeignet ist. Um dies mit Hilfe des Modulators zu testen, wurden Anreicherungskapillaren auf Basis einer SE 30-Kapillare extern mit Autoabgas beladen. Mit Hilfe einer kleinen Saugpumpe wurden bei einem Fluss von 1 l / min Abgas vom Kaltstart eines Ottomotor 1 Minute lang durch die Anreicherungskapillare gesaugt. Anschließend wurden die Anreicherungskapillaren in den Modulator gesteckt und die Desorptionssequenz gestartet. Abbildung 73 zeigt das REMPI-Messergebnis bei 266 nm von zwei desorbierten Anreicherungskapillaren. Das untere Spektrum ist ein wenig schwächer als das obere. Dies liegt daran, daß der Aromatenausstoß eines Benzinmotors beim Erwärmen stark zurück geht und zuerst die Anreicherungskapillare der oberen Messung mit Abgas beladen wurde und erst danach die Kapillare für die untere Messung. Abbildung 74 zeigt eine Online-REMPI-Messung vom Abgas eines kalten Benzinmotors. Für diese Messung wurde mit einem REMPI-TOFMS Abgas eines Autos direkt vom Auspuff entnommen und online analysiert [20]. Zu beachten ist hier, dass die Online-Messung von Abbildung 74 und die Probenentnahme für die Offline-Messung nicht am selben Tag und am selben Auto stattfanden. Beim Vergleich von Abbildung 73 mit Abbildung 74 erkennt man aber, dass sich die sehr flüchtigen Bestandteile wie Benzol und Toluol nur schlecht auf den Anreicherungskapillaren festhalten ließen. Diese beiden Substanzen sind bei der Offline-Messung kaum zu sehen. Schwere flüchtige Substanzen wie die methylierten Naphthaline, lassen sich hingegen gut auf der Anreicherungskapil- 170 Kapitel 7 lare speichern und erzeugen bei der Offline-Messung ein im Vergleich zu den anderen Substanzen stärkeres Signal als bei der Online-Messung. Abbildung 73: Offline-REMPI-Messungen (@266 nm) von kaltem Benzinmotorenabgas eines Autos. Für die Messungen wurde Abgas durch zwei Anreicherungskapillaren gesaugt. Danach wurden die Kapillaren in den Modulator gesteckt und so lange sequenziell beheizt, bis die Anreicherungskapillaren wieder frei von den Bestandteilen des Autoabgases waren. Das dargestellte REMPI-Signal entspricht dem Summensignal über die ganze Desorptionszeit. Die zwei Messungen zeigen die Reproduzierbarkeit dieser Methode. Abbildung 74: Online-REMPI-Messungen (@266 nm) von kaltem Benzinmotorenabgas eines Autos. 171 Vor einer routinemäßigen Verwendung der TD-REMPI-TOFMS-Methode sind noch weitere Versuche notwendig. Man erkennt, dass durch das unterschiedliche Absorptionsverhalten der Anreicherungskapillare gegenüber unterschiedlichen Substanzen die Quantifizierung auch nur über eine Vergleichsmessung mit Modulator und identischer Anreicherungskapillare vorgenommen werden kann. Zu beachten ist dabei, dass die Quantifizierung nur in dem Bereich stattfinden kann, in dem das spezifische Durchbruchsvolumen der Anreicherungskapillare für die zu quantifizierende Substanz nicht überschritten wird. 172 Kapitel 7 7.2 Derivatisierung Die laserinduzierte resonanzverstärkte Multiphotonenionisations-Massenspektrometrie (REMPI-MS) eignet sich besonders für den selektiven Nachweis aromatischer Kohlenwasserstoffe. Durch die hohe Selektivität und Empfindlichkeit können relevante aromatische Spurensubstanzen aus Prozeßgasen oder Umweltproben online und in Echtzeit nachgewiesen werden. Um die selektive REMPI-MS-Methode auch für einen Nachweis anderer gesundheitsrelevanter Luftschadstoffe anwendbar zu machen, sind spezielle Derivatisierungsreaktionen erforderlich, die Tracermoleküle, welche gut mittels REMPI ionisiert werden können, an die Analytmoleküle koppeln. Diese Reaktionen sollen ohne Wechsel in die flüssige Phase realisiert werden (dies ist der Fall bei den klassischen Derivatisierungsreaktionen für die organische Spurenanalytik), um langwierige Aufkonzentrierungs-Prozeduren, sowie Kontaminationen und Probenverluste zu vermeiden. Sinnvoll ist daher die Integration einer Anreicherungs- und Derivatisierungs-Einheit in die Probenahmestrecke. Die im Arbeitskreis von Prof. Burger (Universität von Stellenbosch, RSA) und Prof. Rohwer (Universität von Pretoria, RSA) entwickelten Anreicherungs- und Derivatisierungstechniken auf der Basis der sog. Silikon-Channeltraps sind ideal für diese Aufgabenstellung. Im Rahmen eines Projektes vom BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung, Deutschland) und der NRF (National Research Foundation, Südafrika) zur wissenschaftlichen und technischen Zusammenarbeit (WTZ) wurde in Kooperation mit der Gruppe von Prof. Rohwer die Anreicherungs- und Derivatisierungstechnik weiterentwickelt und dem schnellen Spurennachweis von Aldehyden und Aminen mit der REMPI-MS-Methode angepasst. Um aliphatische Verbindungen nach dem REMPI-Prozess zu ionisieren, wird entweder Laserstrahlung unter 200 nm benötigt, oder die Verbindungen müssen gleichzeitig von Laserstrahlen mit unterschiedlichen Wellenlängen bestrahlt werden (z.B. 2 + 1-REMPI). Aliphatische Verbindungen können mit REMPI bei Verwendung nur einer Wellenlänge nicht ionisiert werden. 173 Derivatisierungsreaktionen können angewandt werden, um die Flüchtigkeit von Molekühlen, die thermische Stabilität von instabilen Verbindungen und die Sensitivität von Nachweisverfahren zu erhöhen. Außerdem kann durch Derivatisierung die Komplexität einer Probe reduziert werden. Im Prinzip können spezifischen Substanzklassen durch Derivatisierungsreaktionen ein mit (1 + 1)-REMPI ionisierbares Chromophor angehängt werden [111, 136]. Mit einer geeigneten Derivatisierungsreaktion lässt sich z.B. Aldehyden und Aminen ein aromatischer Ring anhängen. Das mit einem „REMPI-Label“ (aromatischer Ring) versehene Derivat kann mit (1 + 1)-REMPI bei geeigneter Wellenlänge selektiv ionisiert werden. Eine Derivatisierungsverbindung lässt sich in zwei Teile unterteilen. Dies sind der organische Hauptbestandteil, z.B. ein aromatischer Ring, und der reaktive Substituent. Der organische Hauptteil verringert die Flüchtigkeit und ist verantwortlich für die chemische und thermische Stabilität des Produkts. Zu beachten ist, dass auch dieser Hauptbestandteil die Derivatisierungsreaktion beeinflusst. Der reaktive Substituent bestimmt die Selektivität der Derivatisierungreaktion. Dies geschieht, indem funktionelle Gruppen nur mit bestimmten anderen Gruppen reagieren [137]. Wir wählten Benzylhydroxylamin (BHA), um Aldehyde zu derivatisieren und Benzaldehyd (BD) für die Reaktion mit den Aminen. Beide Verbindungen verleihen dem Derivat thermische Stabilität und einen aromatischen Ring. Abbildung 75: Derivatisierungsreaktion von Aldehyden mit Benzylhydroxylamin (A) und von Aminen mit Benzaldehyd (B). Der mit R gekennzeichnete Rest ist eine CxH2x+1-Gruppe (x D 0): 174 Kapitel 7 Die Reaktion der Derivatisierung eines Aldehyds mit BHA ist in Abbildung 75 (oben) zu sehen. Der von BD mit einem Amin im unteren Teil der Abbildung 75. Der mit R gekennzeichnete Rest kann ein Wasserstoffatom oder eine CxH2x+1-Gruppe sein. Für die TOFMS-Anwendung soll die Derivatisierung in der Probenahme in der stationären Phase einer Kapillare stattfinden. Aus mehreren Gründen eignet sich eine Phase aus Silikongummi (Polydimethylsiloxan) für das Anreichern und Derivatisieren von Umweltgiften. Silikongummi ist inert, beeinflusst nicht die Derivatisierungsreaktion und freigesetzte Bestandteile des Silikons werden durch den REMPI-Prozess nicht nachgewiesen. Der oben vorgestellte Modulator mit den Anreicherungskapillaren sollte daher auch für die Derivatisierung von Aminen und Aldehyden geeignet sein. Diesbezüglich wurden im Rahmen der Kooperation mit Südafrika mit Hilfe eines Gaschromatographen (GC) nachfolgend beschriebene Vorversuche unternommen und anschließend mit dem hier beschriebenen TOFMS und Modulator erste Online-Derivatisierungsversuche durchgeführt. 7.2.1 Vorversuche zur Derivatisierung Die ersten Derivatisierungsversuche wurden mit Anreicherungskapillaren mit ultradicker Phase (wie oben beschrieben) in Verbindung mit einem GC-Massenspektrometer (GC-MS) unternommen. Für diese Versuche wurde ein spezielles gewinkeltes Glasrohr mit einem Durchmesser von ca. 2 cm angefertigt (vgl. Abbildung 76). Durch dieses wurde eine Anreicherungskapillare gesteckt. Die Anreicherungskapillare enthielt einen 27 cm langen Silikonschlauch als stationäre Phase. In dem Glasrohr konnte die Anreicherungskapillare zum Desorbieren durch heiße Luft erwärmt werden. Mit einem kalten Luftstrom wurde die Anreicherungskapillare nach dem Desorbieren wieder abgekühlt. Die Anreicherungskapillare mit ultradicker Phase in dem Glasreaktor bestand, wie oben beschrieben, aus einer unbelegten Kapillare (ID 0,53 mm) mit einem Silikonschlauch im Inneren (vgl. Kapitel 7.1.3). 175 Abbildung 76: Versuchsaufbau zur Derivatisierung mit Anreicherungs- und Derivatisierungseinheit (Anreicherungskapillare), 6-Wege-Ventil, Saugpumpe und Gebläse für kalte und heiße Luft. Mit diesem Aufbau und einem GC-MS wurden die ersten Versuche zur Derivatisierung von Aminen und Aldehyden in der stationären Phase der oben beschriebenen Anreicherungskapillaren durchgeführt. In der in Abbildung 76 dargestellten Position des 6-Wege-Ventils befindet sich der Versuchsaufbau in dem Mode, in dem die Anreicherungskapillare kalt ist und beladen werden kann. Dabei saugt die Saugpumpe mit 5 ml / min die Substanzen durch die Anreicherungskapillare. Gleichzeitig wird das GC-MS mit Helium gespült, um die Kapillare des GC-MS zu reinigen und die Elektronenquelle zu schützen. Um die Substanzen in der Anreicherungskapillare zu desorbieren, dreht man das 6−Wege-Ventil um 60° in die andere Position und lässt heiße Luft durch den Reaktor strömen. Dadurch kann das Helium die von der Anreicherungskapillare thermisch desorbierten Substanzen in das GC drücken. Der Temperaturverlauf in der Anreicherungskapillare beim Desorbieren wurde zuvor mittels eines oben erwähnten sehr dünnen Thermoelementes ermittelt. Es zeigte sich, dass bei diesem Aufbau die Anreicherungskapillare innerhalb von ca. 5 s eine Temperatur von 100 °C erreicht und sich dann innerhalb der nächsten 300 s auf 160 °C erwärmt. 176 Kapitel 7 Abbildung 77A: Chromatogramm der Desorption einer Anreicherungseinheit, die zuvor mit Benzylhydroxylamin (BHA) und dann mit Formaldehyd beladen wurde. Das Signal bei 1,1 min stammt vom flüchtigen Formaldehyd. Das Signal bei 3,9 min vom FormaldehydOxim und das Signal bei 5,2 min vom BHA. B: 70 eV-EI-Massenspektrum aufgenommen bei 3,9 min (gepunktete Linie). Durch das EI-Massenspektrum lässt sich das Signal des Chromatogramms bei 3,9 min dem Derivat Formaldehyd-Oxim zuordnen. Mehrere verschiedene Verbindungen wurden mit diesem Aufbau getestet. Zum Derivatisieren der Aldehyde verwendeten wir BHA, welches wir als erstes in die Anreicherungskapillare gebracht haben. Aus einem Fläschchen wurde verdampftes BHA eine bestimmte Zeit lang durch die Anreicherungskapillare gesaugt. Danach wurde z.B. Formaldehyd, welches von Paraformaldehyd freigesetzt wurde, durch die Anreicherungskapillare gesaugt. Anschließend wurde das 6-Wege-Ventil auf Desorption gestellt und Heißluft durch den Reaktor geblasen. Die Substanzen in der Anreicherungskapillare wurden dadurch desorbiert und gelangten durch geheizte Transverkapillaren zum GC, 177 wo die Substanzen auf einer 30 m langen Kapillare mit einer dünnen Innenbeschichtung von 95 % Dimethylsiloxan und 5 % Phenylmethylsiloxan und einem GC-OfenTemperaturprogramm getrennt wurden. Das so gewonnene Chromatogramm ist in Abbildung 77A zu sehen. Das Chromatogramm (Abbildung 77A) zeigt, dass das Gas von der Desorption überwiegend aus 3 Verbindungen bestand. Durch das MS, welches dem GC nachgeschaltet war, konnten diese drei Hauptbestandteile identifiziert werden. Durch den Vergleich der 70 eV-EI-Spektren mit Vergleichsspektren zeigte sich, dass das Formaldehyd die erste der drei Verbindungen ist. Auf Grund seiner Flüchtigkeit kommt es schon nach 1,1 min aus der GC-Kapillare. BHA verlässt das GC 5,2 min nach Beginn der Desorption. Durch die EI-Messung konnte die dritte Verbindung bei 3,9 min dem Formaldehyd-Oxim zugeordnet werden. Abbildung 77B zeigt das EI-Massenspektrum des Gases, welches nach 3,9 min das GC verließ. Aufgrund des Fragmentmusters lässt sich im Vergleich mit dem FormaldehydOxim-Referenzspektrum von NIST [64] erkennen, dass das Signal des Chromatogramms bei 3,9 min vom Formaldehyd-Oxim stammt (gepunktete Linie in Abbildung 77A). Dies zeigt, dass in der Anreicherungskapillare Formaldehyd mit BHA reagierte und zu einem beträchtlichen Teil, als Produkt (vgl. Abbildung 75 oben) das Derivat Formaldehyd-Oxim entstand. Zur Derivatisierung der Amine wurde Benzaldehyd (BD) verwendet. Bei den in Abbildung 75 gezeigten Reaktionen werden die verschieden großen Amine und Aldehyde durch das R für Rest dargestellt. Dieser Rest kann auch eine OH-Gruppe enthalten, wie z.B. bei Ethanolamin. Ethanolamin derivatisierten wir mit BD in der Anreicherungskapillare, indem wir zuerst BD und dann das Ethanolamine in die Anreicherungskapillare gebracht haben. Anschließend wurden die bei 220 °C desorbierten Substanzen wieder mit dem GC-MS analysiert. Das Chromatogramm dieser Messung ist in Abbildung 78A zu sehn. Die Messung wies Ethanolamin bei 0,8 min, BD bei 1,5 min und das Derivat Benzylpropan-Oxim nach 4,4 min nach. Das EIMassenspektrum, welches das Derivat bei 4,4 min identifiziert, ist in Abbildung 78B zu sehen. 178 Kapitel 7 Abbildung 78 A: Chromatogramm der Desorption einer Anreicherungseinheit, die zuvor mit Benzaldehyd (BD) und dann mit Propylamin beladen wurde. Das Signal bei 0,8 min stammt vom flüchtigen Propylamin, das bei 1,5 min vom BD und das bei 4,4 min vom BenzylpropanOxim. B: 70 eV-EI-Massenspektrum aufgenommen bei 4,4 min (gepunktete Linie). Durch das EI-Massenspektrum lässt sich das Signal des Chromatogramms bei 4,4 min dem Derivat Benzylpropan-Oxim zuordnen. Mit diesen ersten Derivatisierungstests, die mit relativ hohen Konzentrationen der Edukte durchgeführt wurden, konnte gezeigt werden, dass in der stationären Phase einer Kapillare die Derivatisierungsreaktion stattfindet. Es zeigte sich, dass die Derivatisierung mit den gewählten Derivatisierungsreagenzien BHA und BD effizient in der Silikonphase abläuft und dass die erwarteten Derivate entstehen. Anhand dieser Ergebnisse ist zu erwarten, dass mit einer Kombination aus TOFMS-System und Modulator mit Anreicherungskapillare, Amine und Aldehyde effektiv zu derivatisieren sind und diese damit selektiv mit dem REMPI-Prozess in einem komplexen Probengas nachgewiesen werden können. 7.2.2 Derivatisieren in der Probenahme des TOFMS Aliphatische Aldehyde und Amine werden mit REMPI unter Verwendung nur einer Wellenlänge schlecht ionisiert. Mit SPI bei 118 nm können sie hingegen ionisiert werden. In komplexen Gasen gibt es allerdings oft mehrere Verbindungen mit der Masse 179 der Amine und Aldehyde, die mit 118 nm VUV-Licht ionisiert werden, was den Nachweis mit diesem Verfahren oft verhindert. Durch geeignete Derivatisierungsreaktion können Aldehyde und Amine mit (1 + 1)-REMPI nachgewiesen werden. Dadurch, dass diese Verbindungen über ihre Derivate nachgewiesen werden können, kann die Derivatisierungsreaktion so gewählt werden, dass das Derivatisierungsprodukt eine Masse besitzt, bei der es nicht zu Überlagerungen mit anderen Verbindungen kommt. Der SPIMS-Nachweis dieser Verbindungen ist dann möglich. Ein Gasanalysegerät sollte in der Lage sein, Amine und Aldehyde in einem komplexen Gas mit großen Konzentrationsunterschieden nachzuweisen. Massenspektrometer mit Elektonenstoßionisation sind in diesem Fall ungeeignet, weil die Fragmentierung der Molekühle bei der Ionisierung es sehr schwer macht, die einzelnen Massenpeaks den Molekülen zuzuordnen. Gelingt es den Aminen oder Aldehyden einen aromatischen Ring innerhalb der Probenahme anzuheften, ist es möglich, diese Substanzen über die Derivate selektiv und online mit einem REMPI-TOFMS zu messen. Benutzt man Benzylhydroxylamin (BHA, 123 amu) zum derivatisieren von Formaldehyd (30 amu) bzw. Acethaldehyd (44 amu), so erhält man ein aromatisches Derivat mit der Masse 135 amu bzw. 149 amu. Das Derivat lässt sich mit REMPI durch die Wellenlänge, bei der es ionisiert werden kann, und durch seine Masse identifizieren. Steht dem Aldehyd in ausreichendem Maß BHA zur Verfügung, so ist die nachgewiesene Menge des Derivates direkt proportional zur aufgenommenen Menge des Aldehyds. Für die nachfolgenden Versuche wurde das TOFMS über eine 2 m lange geheizte Transferkapillare mit dem Modulator verbunden. Die Verbindung zwischen Transferkapillare und Anreicherungskapillare erfolgte mit einem Pressfit-Kapillarverbinder. Wie in Abbildung 79 zu sehen ist, befand sich auf der Eingangsseite der Anreicherungskapillare ein T-Pressfit. Über diesen konnte gleichzeitig Derivatisierungssubstanz und Analysengas durch den Modulator in Richtung des Massenspektrometers gesaugt werden. Die Verwendung von Anreicherungskapillaren, basierend auf SE 30 Kapillaren mit 2,65 mm stationärer Phase, brachte die besten Ergebnisse. Die Derivatisierungssubstanz befand sich in einem Fläschchen, welches mit einem Septum verschlossen war. In das Fläschchen wurden zwei Kapillaren gesteckt. Die eine wurde mit einem Ende des TPressfits verbunden, durch die zweite wurde mit ca. 5 ml / min Stickstoff geblasen. So gelangte kontinuierlich eine konstante Menge an Derivatisierungssubstanz zum Modulator. 180 Kapitel 7 Abbildung 79: Probenahmeaufbau zur Online-, In-situ-Derivatisierung. Von links kann gleichzeitig eine Gasprobe und die Derivatisierungssubstanz (BHA oer BD) auf die Anreicherungskapillare im Modulator geladen werden. Die Derivatisierung findet in der stationären Phase der Anreicherungskapillare im Modulator statt. Bei der Desorption der Anreicherungskapillare durch den Modulator gelangt das in der stationären Phase gebildete Derivatisierungsprodukt zum TOFMS. Die Transferwege zu dem Modulator und vom Modulator zur Ionenquelle werden permanent geheizt. Für die in Abbildung 80 dargestellten Messungen wurde der zweite Arm des T-Pressfits mit einem Probenstandard verbunden, der 1,3 ppm Propylamin und 0,3 ppm Butylamin in Stickstoff lieferte. Somit gelangten Amine und BD gleichzeitig auf die Anreicherungskapillare und konnten dort reagieren. Nach Desorption durch den Modulator gelangten die restlichen nicht derivatisierten Amine, das BD und die Produkte der Derivatisation etwas zeitlich versetzt zum TOFMS (vgl. Abbildung 81). Für die in Abbildung 80 und Abbildung 81 dargestellte Messung wurde für 10 s BD gleichzeitig mit Propylamin und Butylamin aufgenommen. Anschließend wurde der Modulator gestartet. Mit dem Start des Modulators begann auch die Analyse des Gases vom Modulator mit dem TOFMS im SPI-Mode. 56 s nach Start des Modulators erhielt man das in Abbildung 80A dargestellte Massenspektrum. Hier erkennt man bei 147 m/z das derivatisierte Propylamin. Die Peaks bei 118, 119 und 146 m/z sind Fragmente des Derivates (vgl. 70 eV-Reverenzspektrum von NIST [64]). Da man mit SPI (@ 118 nm) auch Propylamin und Butylamin ionisieren kann, sind diese auch in Abbildung 80A zu sehen. Die maximal Konzentration der Butylamin-Derivates (161 amu) erreicht das TOFMS 7 s später, zu sehen in Abbildung 80B. 181 Der zeitliche Signalverlauf der Amine, des BD und der Derivate ist in Abbildung 81 dargestellt. Die Messung beginnt mit Beginn der Desorption im 1. Modulatorsegment. In Abbildung 81 A ist der Konzentrationsverlauf von Propyl- und Butylamin dargestellt. Die Verläufe beginnen mit hohen Signalen, die gleich zu Beginn abfallen. Das wird von den Aminen, die vor der Modulation beim Ziehen der Probe durch die Anreicherungskapillare durchbrechen, verursacht. Da mit Beginn der Modulation der Probenstandard und das BD (106 amu) abgehängt werden, fällt dieses Signal sofort ab. Während der Modulation wird permanent eine große Menge des zuvor hoch konzentriert eingebrachten BD freigesetzt. Da dabei auch Fragmente der Masse 59 amu entstehen, steigt die Konzentration von Propylamin (59 amu) parallel zu BD, dessen Verlauf in Abbildung 81 B dargestellt ist, an. Der grau/schwarz dargestellte Abschnitt des Propylaminverlaufes wird daher vom BD hervorgerufen. Die höchste Konzentration der nicht derivatisierten Amine erreichten das TOFMS nach 54 s. Abbildung 80: SPI-Massenspektren des Desorptionsgases einer Anreicherungskapillare, die zuvor mit Propyl-, Butylamine und Benzaldehyd (BD) beladen wurde. Das Massenspektrum von A zeigt das Produkt der Derivatisierung von Propylamin und BD bei 147 m/z. Da das Derivat von Butylamin und BD 7 s später das TOFMS erreicht, wird dieses Derivat (161 m/z) etwas später nachgewiesen (Spektrum B). Das SPI-Signal/Zeit-Verhalten der beteiligten Substanzen ist in Abbildung 81 zu sehen. 182 Kapitel 7 Abbildung 81: SPI-Signal/Zeit-Verläufe bei der Desorptionsmessung einer Anreicherungskapillare auf die Propyl-, Butylamine und Benzaldehyd aufgebracht wurden. Zum Zeitpunkt t = 0 beginnt der Modulator mit der Desorption. Der Signalverlauf der desorbierten, nicht derivatisierten Amine ist in Teil A zu sehen. B zeigt das Verhalten von BD. Das Verhalten der Derivate ist in Teil C zu sehen. Zum Zeitpung t = 56 s und t = 63 s (gepunktete Linie) wurden die in Abbildung 80 dargestellten Spektren gewonnen. Aus den Ionensignalen 80 solcher Einzelspektren wurden diese Verläufe ermittelt. Wie schon erwähnt, gelangt ein Teil des BD beim Heizen jedes Modulatorsegments aus der Anreicherungskapillare. Daher rührt die lang andauernde sehr hohe BDKonzentration. Während des Nachweises der hohen BD-Konzentration von 5 bis 45 s wird durch das hohe Signal die Grundlinie der Massenspektren, aus deren Ionensignalen die Verläufe erstellt wurden, auf der Seite der schwereren Massen beeinflusst. Darin liegt der Abfall der Verläufe der Derivate (Abbildung 81 C) im Bereich 5 bis 45 s begründet. Die höchsten Konzentrationen der Derivate werden bei 56 und 63 s nachgewiesen. Die Massenspektren zu diesen Zeitpunkten sind in Abbildung 80 dargestellt. 183 Aus den Massenspektren bei 56 und 63 s, bei denen die Signale der jeweiligen Derivate am höchsten waren, wurde die Nachweisgrenze für Propyl- und Butylamin über deren Derivate errechnet. Bei einen Verhältnis Signal zu Rauschen von 1 zu 3 ergibt sich aus den eingebrachten Konzentrationen der Amine für Propylamin eine Nachweisempfindlichkeit von 60 ppb und für Butylamin von 80 ppb. Die In-situ-Derivatisierung von Aminen mit Benzaldehyd war erfolgreich. Die verschiedenen Parameter der Derivatisierung müssen noch optimiert werden. Außerdem muss dieses Verfahren noch mit kleineren Aminen getestet werden. Derivatisierte Aldehyde konnten bis zum Zeitpunkt der Fertigstellung dieser Arbeit noch nicht in situ und online nachgewiesen werden. Hier stehen in Zukunft noch Tests mit anderen Derivatisierungsverbindungen wie Anilin an. Eine aktive Kühlung des Modulators während der Absorption der Verbindungen zur Verbesserung der Aufnahmefähigkeit der Anreicherungskapillare sollte untersucht werden. Es sollte getestet werden, ob für diese Anwendung Anreicherungskapillaren mit mehreren parallelen Silikonschläuchen [134, 135] von Vorteil sind, da mit diesen dem Reaktionspartner mehr Volumen der stationären Phase zur Verfügung steht. Abbildung 82: Einfarben-REMPI-Spektrum von Formaldehyd-Oxim. Demnach lässt sich Formaldehyd-Oxim, das bei der Derivatisierungsreaktion aus Formaldehyd und Benzylhydroxylamin entsteht, am besten mit REMPI bei 266 nm ionisieren. Die scharfen Spikes bei 259 nm und 272 nm stammen von Verunreinigungen in der Probe (z.B. Benzol) Um gleiche oder bessere Empfindlichkeiten mit REMPI zu erhalten, wie sie hier mit SPI gezeigt wurden, ist es notwendig, den REMPI-Wirkungsquerschnitt der Derivate in Abhängigkeit von der Wellenlänge zu kennen. Mit Hilfe von Wellenlängenspektren wird dann eine günstige UV-Wellenlänge gewählt, bei der das Derivat effektiv ionisiert wird [40]. 184 Kapitel 7 In Abbildung 82 ist das REMPI-Wellenlängen-Spektrum des Derivates von Formaldehyd und Benzylhydroxylamin (BHA) dargestellt. Demnach würde man versuchen, das Derivat Formaldehyd-Oxim mit REMPI bei 266,3 nm nachzuweisen. Für die restlichen Derivate der Amine und Aldehyde mit BHA oder BD liegen die REMPIWellenlängenspektren noch nicht vor. Aus diesem Grunde können noch keine REMPI Messungen präsentiert werden, wie es ursprünglich geplant war. Die hier dargestellten Versuche zur Anreicherung und Derivatisierung gehören zu einer noch nicht abgeschlossenen Versuchsreihe, die in Zusammenarbeit mit Herrn Prof. Rohwer von der Universität von Pretoria in Südafrika durchgeführt wird. Gefördert wird dieses Vorhaben durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung in Deutschland und der National Resurch Foundation in Südafrika. Schon zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich an den ersten Ergebnissen erkennen, dass die Anreicherungs- und Derivatisierungs-Technik mit einem Modulator bei bestimmten Anforderungen eine sinnvolle Ergänzung für ein TOFMS ist und damit seine Einsatzmöglichkeiten erweitert. 185 8 Zusammenfassung und Ausblick In der vorliegenden Arbeit wurde das Konzept eines Flugzeitmassenspektrometers vorgestellt, mit dem durch den Einsatz verschiedener Ionisationsmethoden eine Gasprobe umfassend analysiert werden kann. Es wurde ein mobiles TOFMS-System, mit dem das zu untersuchende Gas (quasi) gleichzeitig durch die Ionisationsmethoden REMPI, SPI und EI analysiert werden kann, aufgebaut und an einer Müllverbrennungsanlage (MVA) erfolgreich getestet. Messungen verschiedener Proben aus unterschiedlichen Prozessen (Tabakrauch, Benzinherstellung, Müllverbrennung) zeigen die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten des neuen Systems. In Zusammenhang mit den Messungen an einer MVA werden ein neu entwickelter Standardgasgenerator und eine Hochtemperatursonde vorgestellt. Zum Nachweis der VUV-Photonen, die für das SPI-Verfahren benötigt werden, wurde ein simpler VUV-Detektor, basierend auf einer NO-Gaszelle, aufgebaut. In der Arbeit wird weiterhin gezeigt, dass mit einer thermischen Modulatoreinheit, wie sie bei der GC/GC-Kopplung Verwendung findet, die Nachweisempfindlichkeit des TOFMS gesteigert werden kann. Außerdem können mit einem thermischen Modulator Verbindungen derivatisiert und so der selektiven REMPI-Technik zugänglich gemacht werden. Im Hinblick auf die Entwicklung eines kommerziellen Prozessgasanalysegerätes wird das erste TOFMS-Gerät mit elektronenstrahlgepumpter Excimer-Lampe vorgestellt. Es werden die Kopplung der Excimer-Lichtquelle mit einem TOFMS beschrieben und erste Online-Messungen gezeigt. Im Folgenden werden die in dieser Arbeit beschriebenen Konzepte und Entwicklungen im Einzelnen zusammengefasst dargestellt. Flugzeitmassenspektrometer mit drei verschiedenen Ionisationsmechanismen Es wurde ein Flugzeitmassenspektrometersystem entwickelt, mit dem die Zusammensetzung eines Probengases quasi gleichzeitig mittels VUV-Photonen durch die Einphotonenionisation (SPI), mittels UV-Photonen durch die resonanzverstärkte Mehrphotonenionisation (REMPI) und mittels eines Elektronenstrahls durch die Elektronenstoßionisation (EI-Ionisation) analysiert werden kann. Mit dem Instrument ist es möglich, je Sekunde 1 vollständiges REMPI-Massenspektrum (Summenspektrum aus 5 Einzelspektren), 1 SPI-Massenspektrum (Summenspektrum aus 5 Einzelspektren) und 1 EI-Massenspektrum (Summenspektrum aus 9900 Einzelspektren) eines Gases aufzu- 186 Kapitel 8 nehmen. Die UV-Wellenlänge für den REMPI-Prozess kann dabei zwischen 200 nm und 340 nm betragen. Für den SPI-Prozess steht VUV-Licht mit einer Wellenlänge von 118 nm (10.5 eV) zur Verfügung. SPI und REMPI können mit einer Repetitionsrate von 10 Hz durchgeführt werden. Die Elektronenstrahlpulse stammen von einer Elektronenkanone und können mit bis zu 20 kHz aufeinander folgen. Die kinetische Energie der Elektronen kann in einem großen Bereich von 6 bis 90 eV variiert werden. Mit Hilfe neu entwickelter Elektronik und Software werden REMPI-, SPI- und EIMassenspektren getrennt gespeichert. Die Auswertungssoftware erlaubt es, Konzentrationen von Verbindungen, die mit unterschiedlichen Ionisationsprozessen nachgewiesen wurden, zu vergleichen. Das Massenspektrometer ist mobil und sehr robust, was während einer 5-wöchigen Messkampagne an einer MVA unter Beweis gestellt worden ist. Mit der speziell entwickelten Edelgaszelle zur Erzeugung von Laser-VUV-Licht konnte über die gesamte Zeit der Messkampagne mit nur einer Xe-Gasfüllung effektiv VUV erzeugt werden. Die mit Hilfe dieses Gerätes erzielten Messergebnisse zeigen, dass mit SPI Spurengasbestandteile effektiv und weich ionisiert werden können. Mit SPI wurden aliphatische, aromatische und anorganische Verbindungen, wie Ammoniak und NO, nachgewiesen. Somit ließ sich mit SPI das spezifische massenspektrometrische 118 nm-SPI-Muster einer Probe aufnehmen. Die erzielten Nachweisgrenzen reichen bis in den unteren ppbBereich. Mit REMPI konnten bei beliebiger UV-Wellenlänge gezielt aromatische Verbindungen nachgewiesen werden. Je nach REMPI-Wellenlänge konnten von einem komplexen Analysengas spezifische REMPI-Spektren aufgenommen werden. Im REMPI-Mode des Massenspektrometers wurden Nachweisgrenzen bis in den oberen ppt-Bereich erzielt. Vor allem Verbindungen mit mehr als einem aromatischen Ring ließen sich im Vergleich zu SPI mit REMPI sensitiver nachweisen. Mit EI lassen sich die zur Charakterisierung eines Prozesses wichtigen Hauptbestandteile eines Gases messen. Bei Verbrennungsprozessen können dies H2O, CO, O2 und CO2 sein. In dieser Arbeit wurde EI aber hauptsächlich dazu verwendet, Verbindungen zu detektieren, die mit REMPI oder SPI nicht erfasst werden konnten. Im Abgas einer MVA konnten mit EI Acetylen, HCN, HCl und SO2 nachgewiesen werden. Die Nach- 187 weisgrenze für HCN konnte mittels eines Gasstandards bestimmt werden und betrug 5 ppm (S/N = 3). Aufgrund der TOFMS-Einstellungen im Kombi-Betrieb reduziert sich die Sensitivität bei gleichzeitiger Untersuchung eines Gases mit REMPI, SPI und EI um einige Prozent. Dasselbe gilt für die maximale Massenauflösung von 1800 m/z (gemessen im SPIMode). Im Rahmen dieser Arbeit wurden zum ersten Mal quasi gleichzeitige (innerhalb einer Sekunde) Online-Analysen eines Gases mit REMPI, SPI und EI durchgeführt. Die präsentierten Messungen eines Standardgases und die Anwendungsbeispiele Tabakrauch, Kohlevergasungsdestillat (Fischer-Tropsch-Verfahren) und Müllverbrennungsabgas zeigen eine Vielzahl an Verbindungen, die sich mit dem TOFMS-System nachweisen ließen. Bei der Messung des Müllverbrennungsabgases wurde gezeigt, dass mit dem TOFMS-System mehrere Verbindungen gleichzeitig online mit einer Zeitauflösung im Sekundenbereich und quantitativ gemessen werden können, obwohl mit unterschiedlichen Verfahren ionisiert wird. Denkbar ist auch der Einsatz das entwickelten Messgerätes in der Lebensmittelindustrie zur Überwachung und Steuerung des Kaffeeröstprozesses. Bei der Motoren- und Katalysatorenentwicklung könnte mit dem Massenspektrometer eine Vielzahl der Abgasbestandteile mit hoher Zeitauflösung gleichzeitig gemessen werden; sogar die Integration in ein Fahrzeug zur Messung unter Realbedingungen scheint möglich. In der Halbleiterherstellung könnten mit Hilfe des Gerätes Prozessräume auf kleinste Verunreinigungen hin überwacht werden. Auch die Überwachung von Lüftungsanlagen bezüglich gesundheitsschädlicher Verbindungen wurde angedacht. In der chemischen Industrie ist eine Vielzahl von Prozessen zu finden, die durch die schnelle Messung mit dem TOFMS-System optimiert und gesteuert werden könnten. Als Beispiele sind petrochemische Prozesse und spezifische Synthesen z.B. in der Arzneimittelherstellung zu nennen. Im Bereich des Umweltschutzes können mit dem Gerät Belastungen ermittelt und durch die umfassende Analyse auch Hinweise auf den Verursacher gewonnen werden. Gasstandard Das zur Quantifizierung der MVA-Messungen verwendete Standardgas wurde mit einem eigens entwickelten Standardgasgenerator erzeugt. In dem Generator wird einem 188 Kapitel 8 konstanten Luftstrom eine konstante Menge an Substanzen zugemischt. Die Substanzen befinden sich in Glasröhrchen, die mit einer Teflonmembran oder einer dünnen Kapillare verschlossen sind. Durch Permeation oder Diffusion gelangen geringe Mengen der Verbindungen in den Luftstrom. Damit über einen langen Zeitraum die Konzentrationen der Verbindungen konstant bleiben, muss neben dem Luftstrom auch die Temperatur der Röhrchen konstant gehalten werden. Der entwickelte Standardgasgenerator besteht daher im Wesentlichen aus einer Membranpumpe, einem Gasflussregler und einer sehr genau temperierbaren Kammer mit den Standardsubstanzen. Mit dem beschriebenen Gasstandard konnte über 1 Jahr lang ein Luftstrom (20 ml/min) erzeugt werden, in dem bis zu 20 für die Messungen an der MVA relevante Verbindungen in konstanten Konzentrationen von 20 ppb – 5 ppm enthalten waren. Hochtemperatursonde Bei Abgasmessungen in der Flammenzone einer MVA kann das Probengas nicht mit einem einfachen Rohr entnommen werden. · Das Probengas muss auch bei 1300 °C mindestens 50 cm entfernt von der Kesselwand entnommen werden. · Da das Probengas zur Vermeidung von Kondensationen in der Probenahme nicht unter 250 °C abkühlen darf, muss die Probenahme in der bis zu 60 cm dicken Kesselwand aktiv geheizt werden. · Das reaktive Probengas soll möglichst nur mit inerten Oberflächen in Berührung kommen und möglichst schnell auf eine Temperatur abgekühlt werden, bei der Reaktionen im Analysengas stark verlangsamt werden. Die im Rahmen dieser Arbeit entwickelte Hochtemperatursonde kann bei 1300 °C mehrere Wochen lang bis zu 1 m waagrecht ins Feuer ragen. In ihr verläuft ein inertes Quarzglasrohr, in dem das Probengas schnell auf ca. 250 °C abgekühlt wird. Die Lanze ist durch Druckluft gekühlt. Die Wärme, die die Kühlluft an der Spitze der Sonde aufnimmt, wird dazu verwendet, die Lanze in der Kesselwand auf Temperatur zu halten. Durch Verändern des Kühlluftstroms kann die Lanze an verschiedene Kesseltemperaturen und Wanddicken angepasst werden. Da das Konzept der neu entwickelten Lanze 189 gegenüber herkömmlichen wassergekühlten Lanzen viele Vorteile bietet, wird es zum Patent angemeldet. Während der Messkampagne an einer großen Müllverbrennungsanlage konnte mit Hilfe dieser Lanze für mehrere verschiedene Gasanalysengeräte Probengas in ausreichender Entfernung von der Kesselwand entnommen werden. VUV-Detektor Bei der VUV-Erzeugung aus einem intensiven 355 nm-Laserstrahl wird nur ein geringer Anteil der Pumpstrahlung in 118 nm-VUV-Strahlung umgewandelt. Der Strahl, der die frequenzverdreifachende Edelgaszelle verlässt, besteht deshalb nur zu einem kleinen Teil aus VUV-Photonen. Der überwiegende Anteil besteht aus 355 nm-Photonen. Bei der Excimer-Erzeugung entsteht neben den VUV-Photonen durch Atomabregungen Licht im sichtbaren Bereich. Das intensive UV-Licht, das bei der VUV-Erzeugung durch Laserstrahlung beteiligt ist, und das sichtbare Licht, das der Excimer-Prozess emittiert, machen für den selektiven Nachweis von VUV-Photonen einen Detektor erforderlich, der gegenüber sichtbarem und UV-Licht unempfindlich ist. Halbleiterdetektoren, auch mit speziellen Beschichtungen zur Wellenlängenfilterung, erwiesen sich wegen der relativ geringen VUV-Photonenzahl in einem intensiven UVStrahl als ungeeignet. Die Versuche mit einer NO gefüllten Ionisationszelle haben gezeigt, dass sich VUVStrahlung mit einer Wellenlänge kürzer als 134 nm aufgrund des Ionisationspotenzials (IP) von NO (9,26 eV) unbeeinflusst von sichtbarem und von UV-Licht nachweisen lässt. Bei Verwendung von Gasen mit einem niedrigeren IP lässt sich diese Technik auch für längerwelliges VUV-Licht verwenden. Die Ionisationszelle erwies sich als ein wichtiges Hilfsmittel zur Optimierung der VUV-Erzeugung. Mit ihrer Hilfe ist es möglich, die vielen Parameter der VUV-Erzeugung mit direktem Feedback auf eine maximale VUV-Photonenausbeute einzustellen. Die beschriebene Ionisationszelle ist einfach und billig herzustellen. Da die mit der NO-Zelle erzielten Messergebnisse reproduzierbar waren, ist eine Kalibrierung der Zelle möglich. Quantitativ konnte VUV-Strahlung mit der Ionisationszelle noch nicht gemessen werden, da hierzu erst Messungen an einer Referenzlichtquelle erfolgen müssen. 190 Kapitel 8 Anreicherung und Derivatisierung In Kooperation mit der Arbeitsgruppe von Prof. Rohwer in Pretoria wurden Versuche zur Anreicherung von Gasbestandteilen in der Probenahmestrecke des TOFMS vorgenommen. Mit Hilfe von kurzen Anreicherungseinheiten, basierend auf GC-Kapillaren mit dicker stationärer Phase, und einem sogenannten Modulator zur thermischen Desorption dieser Traps konnten je nach Flüchtigkeit einer Substanz deren Nachweisgrenze um bis zu einer Größenordnung gesteigert werden. Anhand von Abgasproben eines Otto-Motors zeigte sich, dass die Traps geeignet sind, um extern (offline) Proben zu nehmen, die dann in der Probenahme des TOFMS desorbiert und mit dem TOFMS analysiert werden. Es wurde gezeigt, dass Amine und Aldehyde in den Traps in situ derivatisiert werden können. Zur Derivatisierung der Amine wurde Benzaldehyd und für die Aldehyde Benzylhydroxylamin verwendet. Durch die Derivatisierung der Amine und Aldehyde mit den genannten Substanzen werden diese mit einem aromatischen Ring verknüpft, wodurch sie sich prinzipiell mittels REMPI selektiv in einem komplexen Gasgemisch nachweisen lassen. Die effektive in-situ-Derivatisierung von Aldehyden mit Benzylhydroxylamin in den Traps konnte mit Hilfe von SPI-Messungen gezeigt werden. Die Derivatisierung von Aminen mit Benzaldehyd in den Traps wurde mit GC-MS nachgewiesen. Excimer-TOFMS Das präsentierte TOFMS mit Excimerlampe und die damit vorgenommenen Messungen zeigen, dass das neu entwickelte und zum Patent angemeldete System, bestehend aus elektronenstrahlgepumpter Excimerlampe und TOFMS ein vielseitig einsetzbares und sehr kompaktes Gerät zur Analyse von komplexen Gasgemischen ist. Selbst mit dem hier beschriebenen Prototyp konnten nach kürzester Zeit aromatische Verbindungen quantitativ im unteren ppm-Bereich nachgewiesen werden. Die Ionisation mit VUVLicht ist sehr weich und damit fragmentarm. Durch den Wechsel des Excimergases ist es möglich, verschiedene Lichtwellenlängen bzw. Photonenenergien zu erhalten und damit verschiedene SPI-Selektivitäten einzustellen. Die niedrigen Kosten und die geringe Wartungsanfälligkeit der Excimerlampe verhelfen diesem System gegenüber TOFMS-Systemen, die mit laserinduziertem VUV-Licht ar- 191 beiten, zu einem großen Vorteil. Auch gegenüber Systemen mit chemischer Ionisierung (CI) dürfte das Excimer-Konzept aufgrund der geringen Kosten und der hohen Selektivität Vorteile haben. Mit den präsentierten Versuchen konnte erstmalig das Potenzial dieser Lichtquelle für die Massenspektrometrie gezeigt werden. Für die Ecximer-TOFMS-Anwendung haben die Versuche gezeigt, wie die Nachweisgrenzen und die Massenauflösung dieses Konzepts verbessert werden können. Die Entwicklung von Excimer-TOFMS-Systemen wird in einem von der Bayerischen Forschungsstiftung finanzierten Projekt fortgesetzt. 192 Abkürzungsverzeichnis AD Außenduchmesser amu atomare Masseneinheit arb. Units willkürliche Einheiten BD Benzaldehyd BHA Benzylhydroxylamin BTX Benzol, Toluol und p-Xylol EI Elektronenstoß-Ionisation GC Gaschromathograph GC-MS Gaschromatographie-Massenspektrometrie HCHO-Oxim Formaldehyd-Oxim HGF Helmholz Forschungsgemeinschaft ID Innenduchmesser IP Ionisationspotenzial LI Laser-Ionisation MCB Monochlorbenzol MCP multi-channel-plate MS Massenspektrometrie MVA Müllverbrennungsanlage m/z Masse pro Ladung NWG Nachweisgrenze OPO Optischer Parametrischer Oszillator ppb 1 Volumenbestandteil aus 10E9 Teilen ppm 1 Volumenbestandteil aus 10E6 Teilen ppt 1 Volumenbestandteil aus 10E12 Teilen REMPI Resonanzverstärkte Mehrphotonen-Ionisation SFM Summen Frequenz-Mischung SPI Einphotonen-Ionisation TD Thermodesorption TOFMS Flugzeitmassenspektrometer UV ultravioletes Licht VUV Vakuum ultravioletes Licht (100 nm < VUV < 200 nm) WHO Welt Gesundheitsorganisation 193 Literaturverzeichnis 1. Bjørseht, A., ed. 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Mühlberger, A. Peters, R. Steinhübl, J. Wieser, R. Zimmermann, Plasma parameters and radiative properties of low-energy electron beam excited gases, International Conference on Phenomenia in ionized Gases (ICPIG), 2003 Greifswald, Deutschland 11. Zimmermann, R., F. Mühlberger, K. Hafner, Ein TOF-Massenspektrometer mit paralleler VUV-Einphotonenionisation, 36. Tagung der deutschen Gesellschaft für Massenspektrometrie, 2003 Münster, Deutschland 12. F. Mühlberger, A. Ulrich, P. Wallenta, Moleküle im Anflug: Anwendung inkohärenter Vakuum-Ultraviolett-Lichtquellen zur Fotoionisation in der Massenspektrometrie. Laser + Photonik, 2003. 3: 12-13. 13. L. Cao, F. Mühlberger, T. Adam, T. Streibel, H. Z. Wang, A. Kettrup, R. 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