2 Güter- und Geldmarkt

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2. GÜTER- UND GELDMARKT
AVWL II 29
Abbildung 7: Privater Konsum und Investitionen in Deutschland
2
Güter- und Geldmarkt
Die Vernachlässigung der Entstehungsgründe der Investitionen für ein kurzfristiges Modell
erscheint problematisch, da sie für die konjunkturelle Entwicklung ungleich bedeutsamer
sind als der Konsum (vgl. Abbildung 7).
Aber was bestimmt die Schwankungen in der Investitionstätigkeit?
Im diesem Abschnitt befassen wir uns etwas genauer mit den Investitionen. Wie wir sehen
werden ist auch eine Auseindersetzung mit dem Geldmarkt erforderlich.
2. GÜTER- UND GELDMARKT
2.1
AVWL II 30
Investitionen
Warum wird investiert? Investitionen vergrößern den Bestand an Kapital, also Maschinen,
Bauten etc., die generell die Arbeitsproduktivität erhöhen. Zugleich beinhaltet die Investitionsentscheidung, dass nicht auf dem Niveau konsumiert wird, wie es technisch möglich
ist, es wird ein Kosumverzicht geleistet. Insofern sind mit der Bereitstellung von Kapital Kosten verbunden – ein Umstand, der über Jahrhunderte umstritten war (Zinsverbot)
und erst von der Volkswirtschaftslehre geklärt werden konnte. Zugleich gibt es auch einen
natürlichen Abnutzungsprozess beim Kapital, der in der Buchhaltung durch Abschreibungen erfasst wird. Eine Möglichkeit, die Investitionsnachfrage zu erklären liegt demnach
darin, den optimalen Kapitalbestand zu bestimmen, bei dem jede weitere Erhöhung nur
noch Erträge bringt, die unter den Kosten für Abschreibungen und entgangenen Konsum
liegen. In dieser Perspektive ergibt sich das Investitionsverhalten aus dem Unterschied
zwischen einem optimalen Kapitalbestand und dem tatsächlichen Bestand an Kapital.
Für die kurzfristige Perspektive der traditionellen keynesianischen Makroökonomik erscheint diese Sichtweise als wenig zweckmässig. Hier dominieren eher Fluktuationen, Unsicherheiten und insbesondere die Bedingungen auf dem Finanzmarkt. Die in der traditionellen keynesianischen Sichtweise propagierte Investitionsfunktion sieht eine inverse Beziehung zwischen Investitionen und dem Zinssatz vor. In der Fachliteratur wird dieser
Zusammenhang dadurch begründet, dass man unterstellt, dass das Investitionsvolumen in
einem Zusammenhang mit der sogenannten Grenzeffizienz der Investitionen steht (“Margi-
2. GÜTER- UND GELDMARKT
AVWL II 31
Abbildung 8: Grenzeffizienz der Investitionen
r∗
6
-
Investitionsvolumen
nal Efficiency of Investment”). Die Vorstellung ist dabei, dass für jedes Projekt ein Strom
von Erträgen erwartet wird π1 , π2 , π3 , .... Wenn nun kI die Kosten einer Investition sind,
können wir die interne Verzinsung des Projektes bestimmen, indem wir die Verzinsung
suchen, bei der sich Kosten und Barwert der Erträge gerade entsprechen.
!
kI =
∞
X
j=1
πj
.
(1 + r∗ )j
Wenn wir uns nun vorstellen, dass eine Vielzahl von Projekten in der Schublade liegt, die
sich alle im Hinblick auf die interne Verzinsung unterscheiden, dann würden wir annehmen,
dass der aktuelle Zinssatz bestimmt, welche Projekte durchgeführt werden.
Abbildung 8 liefert eine graphische Darstellung. Die vertikale misst die interne Verzinsung
der Investitionsprojekte. Wir nehmen an, alle haben die gleiche Größe. Dann kann das
2. GÜTER- UND GELDMARKT
AVWL II 32
kumulative Investitionsvolumen auf der horizontalen abgetragen werden. Zu jedem Zinssatz
auf der vertikalen ergibt sich somit ein Investitionsvolumen. Ein niedrigerer Zinssatz wird
mehr Projekte rentabel erscheinen lassen und zu höheren Investitionen führen. Insofern
erscheint es sinnvoll anzunehmen, dass die Investitionen eine Funktion des Zinssatzes sind:
I = I (r)
mit I 0 < 0
Da der Einnahmenstrom aus den Projekten auf Erwartungen beruht, ist zudem eine Rolle
für Optimismus und “Animal Spirits” mit dieser Sicht der Investitionen vereinbar.
In der traditionellen Makro wird diese Investitionsfunktion vor allem im Rahmen des “ISLM” Modells genutzt. Die graphische Herleitung des ersten Teils dieses Modells, nämlich
der IS Kurve, findet sich in Abbildung 9. Im oberen Diagramm wird der Effekt eines niedrigeren Zinssatzes auf das Gleichgewicht gezeigt. Durch den niedrigeren Zinssatz steigt
die Investitionsnachfrage. Damit ist das gleichgewichtige Einkommen höher. Das untere
Diagramm zeigt den resultierenden Zusammenhang zwischen dem Zinssatz und den Investitionen.
2. GÜTER- UND GELDMARKT
AVWL II 33
Abbildung 9: Gleichgewicht auf dem Gütermarkt und IS Kurve
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Nachfrage
6
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Einkommen
-
Einkommen
Zinssatz
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Warum heisst die Kurve IS? IS steht für Investment and Saving. Ersparnisse sind in unserem Modell definiert durch
S ≡Y −C −T
Einsetzen der Gleichgewichtsbedingung (Y = C + I + G + X) bei ausgeglichenem Staats-
2. GÜTER- UND GELDMARKT
AVWL II 34
haushalt (G = T ) und einem Exportüberschuss von Null X = 0 liefert
S=I
Die Gleichgewichtsbedingung auf dem Gütermarkt impliziert von daher, dass sich Ersparnisse und Investitionen entsprechen. Wie wir weiter unten sehen werden, gilt das auch
für den Fall von Defiziten oder Überschüssen im Staatshaushalt oder im Außenhandel.
Allerdings erfordert deren Berücksichtigung eine Änderung des Sparbegriffs.
Die IS-Kurve ist in jedem Fall der geometrische Ort aller Kombinationen von Output und
Zinssatz, bei dem der Gütermarkt im Gleichgewicht ist. Formal gilt auf der IS Kurve:
Y =C +I +G+X
mit der Investitionsfunktion und der Konsumfunktion folgt
Y = c0 + c1 (Y − T ) + I (r) + G + X
und
I (r) = (1 − c1 ) Y − c0 − G + c1 T + X
Für die Steigung gilt:
I 0 (r) dr = (1 − c1 ) dY
2. GÜTER- UND GELDMARKT
AVWL II 35
1 − c1
dr
= 0
<0
dY
I (r)
Die Stärke des Zinseffektes hängt ab von der Konsumquote und der Zinsreagibilität der
Investitionen. Wenn der höhere Output einen starken Effekt auf die Ersparnisse hat müssen
die Investitionen stark steigen. Das können die nur, wenn die Zinsen entsprechend stark
fallen. Wenn die Zinsreagibilität hoch ist reicht ein kleinerer Zinsanstieg aus.
Dass wir die Investitionen auf die Zinsen zurückführen, verlagert die Frage nach den Determinanten der Investitionen zugleich in die finanzielle Sphäre: wir müssen uns die Frage
stellen, wie sich der Zinssatz bildet.
2.2
Geldnachfrage
Was bestimmt die Zinsen? Hier bemüht die traditionelle Makro die Finanzmärkte. Hier
werden zwei Märkte unterschieden. Das ist zum einen der Geldmarkt und zum anderen ein
Wertpapiermarkt, wo verbriefte Forderungen (Anleihen oder Bonds) gehandelt werden.
Zum Verständnis müssen wir zunächst das Konzept der Geldnachfrage erläutern. Geld ist
ein Vermögensgegenstand. Geld ist, wie wir alle wissen, nützlich als Zahlungsmittel und begrenzt auch als Wertaufbewahrungmittel. Es ist extrem liquide und kann für ganz beliebige
Zwecke eingesetzt werden. Insofern ist es naheliegend, anzunehmen, dass die Geldhaltung
proportional mit dem Transaktionsvolumen wächst.
2. GÜTER- UND GELDMARKT
AVWL II 36
Allerdings bringt Geld gegenüber den meisten anderen Finanzanlagen keinen Ertrag. Je
höher der Ertrag auf andere Finanzanlagen ist, desto teurer ist die Haltung von Geld.
Je nach den Notwendigkeiten des Zahlungsverkehrs und nach diesen Opportunitätskosten
halten wir also mehr oder weniger viel Vermögen in Form von Geld. Dies fassen wir in
einer Geldnachfragefunktion zusammen:
e (Y, r) .
LD ≡ L
Der Einfluss des Zinssatzes ist dabei i.d.R. negativ, der des Einkommens positiv. Unterstellt
man, wie Blanchard, dass die Geldhaltung proportional mit dem Einkommen wächst, kann
man auch schreiben
LD ≡ Y L (r) .
2.3
Geldangebot
Auf der Anbieterseite des Geldes steht zunächst die Zentralbank, für Deutschland ist das
die EZB. Es ist klar, dass sie Banknoten und Münzen ausgibt. Aber wie macht sie das
eigentlich? Sie wird das Geld doch nicht verschenken? Um das Geldangebot zu verstehen,
werfen wir einen Blick auf die Zentralbankbilanz (vgl. Tabelle 1).
Die Münzen, Banknoten und Einlagen von Banken sind im Prinzip eine Art Verschuldung. Die Zentralbank gibt hier Zahlungsversprechen aus. Bis zum 1.Weltkrieg war das in
Deutschland verbunden mit dem Versprechen, jederzeit die Zahlungsversprechen in Gold
2. GÜTER- UND GELDMARKT
AVWL II 37
Tabelle 1: Vereinfachte Zentralbankbilanz
Aktiva
Passiva
Gold und Devisen
Münzen und Banknoten
Wertpapiere
Einlagen von Geschäftsbanken
Kredite an Geschäftsbanken
Tabelle 2: Geschäftsbankbilanz
Aktiva
Passiva
Einlagen bei der Zentralbank Eigenkapital
Sichteinlagen
Wertpapiere
Kredite
einzulösen. Die Vorstellung dabei war, dass das Versprechen zur Einlösung in Gold ausreicht, um dem Geld einen Wert zu verleihen.
Noch immer hält die Zentralbank Gold und Devisen als Reserven, aber die strenge Golddeckung wurde aufgegeben. Dies reflektiert die Erkenntnis, dass die Verbreitung und Akzeptanz des Geldes allein dem Geld einen Wert verleiht. Dies gibt der Zentralbank erhebliche
Steuerungsmöglichkeiten im Bereich der Finanzmärkte.
Insbesondere hat die Zentralbank einen Einfluss auf die Politik der Geschäftsbanken, die im
Kreditgeschäft tätig sind. Geben die Geschäftsbanken Kredite aus, müssen sie ihrerseits
Geldreserven halten. Indem die Zentralbank die Versorgung mit Geldreserven ausweitet
oder einengt hat sie einen Einfluss auf die Refinanzierungskosten der Banken und damit auf den Zinssatz auf Geschäftskredite. Werfen wir einen Blick auf die Bilanz einer
Geschäftsbank (vgl. Tabelle 2).
2. GÜTER- UND GELDMARKT
AVWL II 38
Die Einlagen der Bankkunden bilden die Sichteinlagen. Sie stellen für den Bankkunden eine
Form von Geld dar, für die Geschäftsbank aber Verbindlichkeiten. Sie können im Prinzip
zur Kreditvergabe genutzt werden, vorausgesetzt, es sind stets genug liquide Mittel da,
um das Abheben von Einlagen zu finanzieren. Zudem gibt es für Geschäftsbanken eine gesetzliche Reserveverpflichtung, wonach die Einlagen bei der Zentralbank einen bestimmten
Anteil der Sichtguthaben ausmachen müssen.
Im Ergebnis haben wir zwei miteinander verbundene Ebenen, die Geschäftsbanken und
die Zentralbank, die zusammen zwei Formen von Geld bereitstellen: Bargeld (Münzen
und Banknoten) und Sichteinlagen. Die Zentralbank schafft Geld durch den Ankauf von
Wertpapieren (Offenmarktgeschäfte) oder die Vergabe von Krediten an Geschäftsbanken.
Die Geschäftsbanken schaffen Geld durch die Bereitstellung von Krediten an Unternehmen,
private Haushalte und den Staat. In allen Fällen verlängert sich die jeweilige Bilanz. Durch
die Festlegung der Bedingungen für die Reserverhaltung kann die Zentralbank dabei auch
die Geldschöpfung der Banken beeinflussen. So setzten die meisten Zentralbank fest, dass
je nach der Höhe der Sichteinlagen Reserven bei der Zentralbank gehalten werden müssen.
In der Regel ist die Mindestreserveverpflichtung ein bestimmter Anteil θ der Sichteinlagen
D (für “deposits”) so dass die Reserververpflichtung einen Wert von R = θD annimmt.
Wenn nun z.B. ein Offenmarktgeschäft durchgeführt wird, so dass die Einlagen bei der
Zentralbank steigen, dann können die Banken im Rahmen von Kreditgeschäften höhere
Sichteinlagen einräumen.
Die tatsächliche Geldmenge kann damit um ein Vielfaches höher liegen als die Summe der
2. GÜTER- UND GELDMARKT
AVWL II 39
Verbindlichkeiten der Zentralbank. Bezeichnen wir diese Summe mit H (“high-powered
money”) und unterstellen wir, dass ein Anteil c der Geldmenge in Bargeld CU gehalten
wird, können wir folgende Beziehung zwischen der Geldmenge M und der Summe der
Verbindlichkeiten der Zentralbank H herstellen.
H = CU + R
CU = cM
R = θD = θ (1 − c) M
ergibt
H = cM + θ (1 − c) M
bzw.
M=
1
H
c + θ (1 − c)
Der Bruch auf der rechten Seite ist der Geldschöpfungsmultiplikator. Die starke Stellung
der Zentralbank kommt in den einfachen Modellen der Makro dadurch zum Ausdruck, dass
unterstellt wird, dass die Zentralbank direkt die Geldmenge kontrolliert. Deswegen wird in
der Regel M als Politikvariable aufgefasst. Dabei werden je nach Liquidität verschiedene
Konzepte der Geldmenge unterschieden. Banknoten, Münzen und Girokonten sind hochgradig liquide und bilden die engste Definition des Geldes. Breitere Definitionen umfassen
auch Spareinlagen.
2. GÜTER- UND GELDMARKT
Abbildung 10: Ein Blick in die Statistik der ECB
AVWL II 40
2. GÜTER- UND GELDMARKT
2.4
AVWL II 41
Geldmarktgleichgewicht
Der Geldnachfrage stellen wir die Geldmenge auf der Angebotsseite gegenüber und erhalten
die Gleichgewichtsbedingung für den Geldmarkt:
M = pY L (r) .
Hier haben wir die rechte Seite mit dem Preisnivau p multipliziert, um den realen Vermögenswert der Geldhaltung in Geldeinheiten auszudrücken. p ist also kein Relativpreis zweier
Güter sondern eine Größe zur Bestimmung der Differenz zwischen monetären und realen
Größen.
Oft wählt man die äquivalente Darstellung
M
= Y L (r) .
p
Die nominale Geldmenge dividiert durch das Preisniveau wird dann als reale Geldmenge
bezeichnet, sie bestimmt die Kaukraft der Geldmenge.
Die Gleichgewichtsbedingung wird nun in der LM Kurve zusammengefasst. Die Steigung
ermitteln wir durch das totale Differential:
0 = dY L (r) + Y L0 dr
2. GÜTER- UND GELDMARKT
AVWL II 42
liefert
L 1
dr
=−
>0
dY
Y L0
Über den Verlauf wissen wir also, dass die Steigung positiv ist. In der Abbildung 11 ist
sie linear dargestellt. Die Steigung hängt ab von der Bedeutung der Kassenhaltung für
Transaktionszwecke und der Zinsreagibilität der Kassenhaltung. Wird relativ viel Geld für
Transaktionszwecke benötigt ist der Effekt stärker, die LM Kurve wird dann steiler. Ist
die Zinsreagibilität hoch ist die LM Kurve flacher, dann reicht ein kleiner Zinsanstieg um
die Geldhaltung zurückzudrängen. Ist der Zinssatz aber bei Null angelangt, dann sind die
Agenten bereit, jede Menge Geld zu halten. Ein Veränderung des Geldangebotes hat dann
keinen Effekt auf den Zinssatz, |L0 | → ∞, die Geldnachfrage wird flach und die LM Kurve
wird flach.
Zusätzlich können wir berücksichtigen, dass die Geldnachfrage vom Zinssatz unabhängig
wird, wenn der Zinssatz gegen Null geht. Dann sind die Opportunitätskosten Null und
die Agenten werden das gesamte (liquide) Vermögen in Geld halten. Dies ist allerdings
ein umstrittener Grenzfall, den wir zunächst vernachlässigen wollen. Wir kommen darauf
zurück.
Warum heisst die Kurve LM? L steht für Liquidity und M für Money...
2. GÜTER- UND GELDMARKT
AVWL II 43
Abbildung 11: Gleichgewicht auf dem Geldmarkt und LM Kurve
Zinssatz
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Geldmenge
2.5
Einkommen
Gleichgewicht im IS-LM Modell
Lassen Sie uns nun das IS-LM Modell in Gänze diskutieren.
Wir haben ein Modell mit 4 Gleichungen:
1.
Konsum (C)
Konsumfunktion
C = c0 + c1 (Y − G)
2.
Output (Y )
Budgetidentität
Y =C +I +G+X
3.
Zinssatz (r)
Geldmarktgleichgewicht M/p = Y L (r)
4.
Investition (I)
Investitionsfunktion
I = I (r)
Bestimmt werden: C, Y , r, und I. Mit den beiden zusätzlichen Gleichungen können wir
nun die vier Variablen bestimmen. Um den Effekt beispielsweise eines spontanen Anstiegs
2. GÜTER- UND GELDMARKT
AVWL II 44
des Konsums zu bestimmen, können wir nun nach der formalen Analyse vorgehen und die
Gleichungen total differenzieren. Wir können aber ebenso wie oben die graphische Analyse
heranziehen.
Betrachten wir zunächst formal eine Änderung der Nachfrage, beispielsweise durch einen
Anstieg der Exporte X. Um den Effekt auf die endogenen Variablen abzuleiten, bilden wir
das totale Differential des Modells:
dC = c1 dY
dY = dC + dI + dX
0 = dY L (r) + Y L0 dr
dI = I 0 dr
In dieser Darstellung wird deutlich, dass wir den Effekt der Änderung von dX auf alle
endogenen Variablen dC, dY , dr, dC bestimmen wollen. Einsetzen liefert:
dY = c1 dY + I 0 dr + dX
dr = −
L (r)
dY
Y L0
und so:
dY = c1 dY − I 0
L (r)
dY + dX
Y L0
2. GÜTER- UND GELDMARKT
AVWL II 45
bzw.:
dY
=
dX
!
1
1 − c1 +
I 0 L(r)
L0 Y
Hier findet sich eine typische Form des Multiplikators mit der Konsumquote im Nenner.
Zusätzlich sehen wir im Nenner einen weiteren positiven Term. Er ist positiv, da sowohl
I 0 und L0 negativ sind. Hier zeigt sich eine Art Bremseffekt, der den Umstand reflektiert,
dass ein outputinduzierter Anstieg in der Nachfrage nach Geldhaltung einen Zinsanstieg
herbeiführt, der die Investitionen verdrängt. In der traditionellen Literatur spricht man
auch von “Sickerverlusten,” oder auch von einem “Crowding-Out” der Investitionen. Die
Stärke hängt ab, von den Reaktionen der Geldnachfrage und von der Reaktion der Investitionen. Wenn die Investitionen stark auf die Zinsen reagieren ist der Bremseffekt stärker.
Wenn die Geldnachfrage stark auf die Zinsen reagiert ist der Bremseffekt schwächer und
der Multiplikator ist größer. Im Extremfall, wenn |L0 | → ∞ dann ist der Outputeffekt
wieder so stark, wie im Modell des vorangegangen Abschnitts.
Die Zinsveränderung ergibt sich mit
− L10 L(r)
dr
Y
.
=
0
dX
1 − c1 + LI 0 L(r)
Y
Auch dieser Term ist positiv, da L0 < 0. Wenn |L0 | → ∞ dann ist der Zinseffekt Null.
Dass Zinsniveau und Output steigen, zeigt sich auch in der graphischen Analyse. Abbildung
12 zeigt zunächst die Bestimmung des Gleichgewichts.
2. GÜTER- UND GELDMARKT
AVWL II 46
Abbildung 12: IS-LM: Gleichgewicht auf dem Geld- und Gütermarkt
Zinssatz
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Einkommen
Abbildung 13 zeigt den Effekt der Nachfragveränderung. Wir wir sehen, steigen Output
und Zinsniveau an. Wie stark der Outputeffekt ist
Ein Anwendungsfall des Modells ist der Fall der Wiedervereinigung. Die Vereinigung löste
einen kräftigen Nachfrageschub aus, der sich im Rahmen des IS-LM Modell als Rechtsverschiebung der IS Kurve darstellen lässt. In der Folge kam es zu einem kräftigen Zinsanstieg.
Beim Einbruch des Wiedervereinigungsbooms zeigte sich dann ein deutlicher Rückgang der
Zinsen (vgl. Abbildung 14).
Was sich allerdings im Rahmen des Modells nicht erklären lässt, ist, warum die Zentralbank den Anstieg der Zinsen nicht abgefedert hat. In der Tat hat die Bundesbank nichts
unternommen, die erhöhte Geldnachfrage zu decken man sagt auch “zu akkomodieren”. Ab-
2. GÜTER- UND GELDMARKT
AVWL II 47
Abbildung 13: IS-LM: Effekt eines Anstiegs der Exportnachfrage
Zinssatz
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Einkommen
bildung 15 zeigt die Entwicklung des Lombardsatzes. Das ist der Preis der Ausnutzung der
“Spitzenrefinanzierungsfazilität” der Bundesbank. Mit anderen Worten, gibt dieser Satz
an, zu welchem Zinssatz sich Banken bei der Bundesbank kurzfristig Reserven oder Bargeld beschaffen konnten. Wir sehen einen deutlichen Anstieg: die Bundesbank hat demnach
eine sehr restriktive Politik gefahren.
Im IS-LM Diagramm können wir die Wirkung dieser Geldpolitik nachvollziehen (vgl. Abbildung 16). Würde die Zentralbank in einer Situation gestiegener Nachfrage die Geldmenge
ausweiten, könnte sie sicherstellen, dass das Zinsniveau konstant bleibt. Als Folge würde
der Outputanstieg stärker ausfallen.
Warum hat dann die Zentralbank nicht das zusätzliche Geld bereitgestellt? Der Grund
2. GÜTER- UND GELDMARKT
Abbildung 14: Vereinigungsboom und Zinsniveau
AVWL II 48
2. GÜTER- UND GELDMARKT
Abbildung 15: Vereinigungsboom und Geldpolitik
AVWL II 49
2. GÜTER- UND GELDMARKT
AVWL II 50
Abbildung 16: IS-LM: Effekt einer akkomodierenden Geldpolitik
Zinssatz
6
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Einkommen
dafür liegt in einem Phänomen, das wir in dem kurzfristigen Modell nicht diskutieren
können: in der Preisentwicklung.
Bevor wir uns mit der Preisentwicklung befassen, wollen wir aber noch kurz über eine andere Form von Politikmaßnahmen sprechen, die im Rahmen der traditionellen Makroökonomik diskutiert wird: die sogenannte Fiskalpolitik. Sie bezieht sich auf den nicht unerheblichen Anteil staatlichen Nachfrage am BIP. Was passiert bei einer Nachfrageausweitung
des Staates?
Betrachten wir zunächst den Fall des ausgeglichen Staatshaushalts G = T . Bei der formalen
Analyse müssen wir entsprechend das totale Differential des Systems unter Berücksichtigung von dT und dG bilden.
2. GÜTER- UND GELDMARKT
AVWL II 51
dC = c1 dY − c1 dT
dY = dC + dI + dG
0 = dY L (r) + Y L0 dr
dI = I 0 dr
Dann
dY = c1 dY − I 0
L (r)
dY + dG − c1 dT
Y L0
und so:
dY
=
dG
!
1
1 − c1 +
dT
1 − c1
dG
I 0 L(r)
L0 Y
Ist die staatliche Nachfrageausweitung durch Steuern finanziert (dG = dT ) wird der letzte
Term zu
dY
=
dG
!
1
1 − c1 +
I 0 L(r)
L0 Y
(1 − c1 ) .
Da 1 − c1 die Sparquote ist, gilt offenbar, dass es in dem Ausmaße, in dem Haushalte die
zusätzliche Steuerbelastung aus den Ersparnissen finanzieren, zu einem Nachfrageanstieg
kommt, der allerdings kleiner ist, als der Anstieg der Staatsausgaben. Entsprechend sinkt
das verfügbare Einkommen dY − dT < 0 und der private Konsum geht zurück. Man kann
2. GÜTER- UND GELDMARKT
AVWL II 52
sagen, es kommt zu einem “Crowding Out” des privaten Konsums.
Erfolgt aber die staatliche Nachfrageausweitung auf Pump, vereinfacht sich der Differenzialquotient zu
dY
=
dG
!
1
1 − c1 +
I 0 L(r)
L0 Y
.
Im Rahmen der Annahmen des Modells steigt dann, das verfügbare Einkommen, und es
kommt zu einem Anstieg auch des privaten Konsums (“Crowding-In”). In der Folge ist
der Outputeffekt stärker. Allerdings bleibt ungeklärt, wer die Staatsausgabenausweitung
finanziert, dies ist, wie wir sehen werden, ein anderer problematischer Aspekt des Modells.
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