Kurzbeschreibung des Vorhabens 1. Betreiber 2. Zweck der

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Kurzbeschreibung des Vorhabens
1. Betreiber
Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie (MPI-MP), Am Mühlenberg 1,
14476 Golm.
2. Zweck der Freisetzung
Zweck der Freisetzung ist es, durch Freilanduntersuchungen an gentechnisch veränderten
Pflanzen zum weiteren Verständnis des Sauerstoffhaushalts in kompakten Pflanzenorganen
und seiner Auswirkung auf den Kohlenhydratmetabolismus beizutragen. Dabei sollen
Veränderungen des Sauerstoffpartialdrucks und der Stärkegehalte in den Knollen
gentechnisch veränderter Kartoffelpflanzen, die im Gewächshaus beobachtet worden sind,
bestätigt und ihre Auswirkungen auf die Ertragsbildung geprüft werden.
Während der Wachstumsperiode einer Pflanze wird die von der Sonne eingestrahlte
Energie zunächst in Form von Kohlenhydraten fixiert. Dieser als Photosynthese bezeichnete
Prozess ermöglicht es der Pflanze, unabhängig von durch andere Organismen gespeicherten
oder chemisch fixierten Energieformen zu existieren. Pflanzen sind daher autotroph. Während
der Photosynthese, die hauptsächlich in den Blättern der Pflanze abläuft, wird von den
photosynthetisch aktiven Organen mehr Energie in Form von Kohlenhydraten chemisch
gebunden, als diese Organe für ihren eigenen Stoffwechsel benötigen. Diese ‚überschüssigen’
energiereichen Verbindungen werden über Leitungsbahnen aus den photosynthetisch aktiven
Organen exportiert und unter anderem in Speicherorgane aufgenommen und gespeichert. Die
Speicherung energiereicher Verbindungen erlaubt der Pflanze die Überdauerung von Phasen
mit negativen Energiebilanzen, insbesondere Ruheperioden unterirdischer Organe oder Samen
während Zeiten mit ungünstigen Umweltbedingungen. Typische Speichersubstanzen mit
hohem Energiegehalt sind Fette und Stärke. Diese Speichersubstanzen können von Tieren und
Menschen als Stoff- und Energiequelle für den eigenen Stoffwechsel sowie als technische
Rohstoffe genutzt werden. Die Pflanzenzüchtung zielt darauf hin, den Anteil dieser
Speichersubstanzen an der Gesamtpflanzenmasse zu erhöhen und ihre Eigenschaften im
Hinblick auf die geplante Verwendung zu optimieren. Bei der Kartoffel ist die Erhöhung der
Stärkemenge ein wesentliches Qualitätsmerkmal in der Züchtung.
In gentechnisch veränderten Kartoffelpflanzen, deren Freisetzung geplant ist, wurde eine
Veränderung des Stärkegehaltes durch gentechnische Beeinflussung der Transport- und
Speichersystem für Sauerstoff herbeigeführt. Wie in tierischen Zellen wird Sauerstoff in allen
pflanzlichen Zellen, die keine Photosynthese betreiben können, zur Aufrechterhaltung der
Energiegewinnung durch die zelluläre Atmung benötigt. Hierzu zählen alle Zellen, die kein
Chlorophyll enthalten, unter anderem die unterirdischen Knollen der Kartoffel.
Energieverbrauchende Prozesse in diesen Zellen werden über ein Regulationssystem der
Verfügbarkeit energiereicher, reduzierter Verbindungen angepasst. Dieses Regulationsprinzip
wird als Redoxregulation bezeichnet. Dieses Redoxregulationssystem verändert die Aktivität
des Enzyms ADP-Glucose-Pyrophosphorylase (AGPase), welches den ersten Schritt der
Stärkebiosynthese katalisiert und als entscheidende Kontrollstelle des Stärkestoffwechsels
funktioniert (Tiessen et al. 2002). Im Gegensatz zu höheren Tieren verfügen Pflanzen über
kein Transportsystem für Sauerstoff. Die Gasverteilung erfolgt über Diffusion von Öffnungen
in den Abschlussgeweben – Stomata und Lenticellen – durch gasgefüllte Zwischenräume
(Interzellularräume) zwischen den Pflanzenzellen zu den Orten des Verbrauchs. In Organen,
deren Oberflächen/Volumen-Verhältnis klein ist und die über englumige Interzellularräume
verfügen, kann die Sauerstoffversorgung tiefer liegender Organschichten unzureichend sein.
Die Sauerstoffversorgung wird dann zum begrenzenden Faktor für die Intensität
energieverbrauchender Prozesse, u.a. der Stärkesynthese (Geigenberger et al. 2000). In
gentechnisch veränderten Pflanzen wurde versucht, die Sauerstoffversorgung durch
Expression des Gens für das pflanzliche Protein Leghämoglobin zu beeinflussen. Dieses
pflanzliche Gen stammt aus der Leguminose Lotus japonicus und kodiert für ein Protein,
welches den Proteinen ähnlich ist, die den Transport und die Speicherung von Sauerstoff in
Wirbeltiergeweben leisten. In Lotus japonicus wird dieses Protein in den Wurzelknöllchen
synthetisiert, wo es die Sauerstoffversorgung bei gleichzeitig minimalem Partialdruck an
freiem Sauerstoff im Gewebe sicherstellt. Bei Expression des Leghämoglobingens unter
einem knollenspezifischen Promotor in Kartoffelpflanzen wurde unter Gewächshausbedingungen eine Erhöhung des Stärkegehaltes in den Knollen beobachtet. Im Feldversuch
soll überprüft werden, ob dieser Phänotyp auch unter Feldbedingungen festgestellt werden
kann.
3. Kurze Beschreibung der freizusetzenden Organismen
Bei den freizusetzenden Organismen handelt es sich ausschließlich um genetisch
veränderte Kartoffelpflanzen (Solanum tuberosum L.) der Varietät Désirée.
Zur Transformation der Pflanzen wurde der "Agrobacterium-vermittelte Gentransfer"
eingesetzt. Bei dieser Art der Übertragung von Erbinformation auf Pflanzen wird die
natürliche Fähigkeit des Bodenbakteriums Agrobacterium tumefaciens genutzt, einen
bestimmten Bestandteil von Plasmiden, nämlich die sogenannte T-DNA (Transfer-DNA) der
Ti-Plasmide, stabil in das Erbgut von Pflanzen einzubauen. Diese stabil eingefügten DNASequenzen werden wie die pflanzeneigene Erbinformation vererbt. Beim
Transformationsprozeß werden nur wenige Zellen der Ausgangspflanze transformiert. Um
diese Zellen von den übrigen unterscheiden zu können, werden sie mit einem "Marker",
zumeist einem Antibiotika-Resistenzgen, transformiert. In Gegenwart des Antibiotikums
können nur die transformierten Zellen überleben.
Zur Herstellung der Kartoffelpflanzen mit verändertem Sauerstofftransport und
Kohlenhydratstoffwechsel wurde das Plasmid ‚B33-LegHg-3´OCS’ verwendet. Dieses
Plasmid trägt als Marker das Gen für eine Resistenz gegen das Antibiotikum Kanamycin. Die
Expression des Resistenzgens wird durch Nopalin-Synthase Promotor und -Terminator aus
Agrobacterium tumefaciens gesteuert. Das Genprodukt des Kanamycin-Resistenzgens, die
Neomycinphosphotransferase nptII, ist gut untersucht, es besteht kein Hinweis auf Toxizität.
Verschiedene transgene Pflanzen, die das Neomycinphosphotransferase-Gen tragen, wurden
von der Food and Drug Administration sowie der Environmental Protection Agency der USA
als ohne jegliches Gefährdungspotential eingestuft und sind in den USA in die normale
Landwirtschaft integriert. Von der ZKBS (Stellungnahme vom 06.07.99; Az: 6790-10-62)
wurde das nptII-Gen in die Gruppe I der Antibiotika-Resistenzgene eingestuft, deren
Vorhandensein im Genom transgener Pflanze ohne Bedeutung für die Verbreitung der
Resistenzgene in der Umwelt sei.
Neben dem Marker-Gen enthält der Vektor die Kodierregion des Leghämoglobingens
aus Lotus japonicus. Die Kodierregion befindet sich in „sense“ Orientierung hinter dem
Promotor des Patatin-B33-Gens aus Solanum tuberosum, der in Kartoffelpflanzen eine
bevorzugte Expression des Gens in Knollen bewirkt. Zur Steuerung der Transkriptionstermination befindet sich die Terminatorsequenz des Octopin-Synthasegens (OCS) aus
Agrobacterium tumefaciens am 3´-Ende der jeweiligen Kodierregion.
Das Leghämoglobingen aus der Fabaceae (= Leguminose, Schmetterlingsblüter) Lotus
japonicus kodiert für ein Protein, welches den Proteinen ähnlich ist, die den Transport und die
Speicherung von Sauerstoff in Wirbeltiergeweben leisten. In Lotus japonicus wird dieses
Protein in den Wurzelknöllchen synthetisiert. Dort soll das Protein die Sauerstoffversorgung
sauerstoffabhängiger Prozesse in einem Gewebe sicherstellen, in dem die freien
Sauerstoffkonzentrationen zugunsten des Stickstofffixierungsprozesses sehr niedrig gehalten
werden. Bei Expression des Leghämoglobingens in Kartoffeln unter dem Promotor des
Patatin-B33-Gens wurden die folgenden Effekte beobachtet.
Im Sprossphänotyp sind die Pflanzen von den unveränderten Ausgangslinien der
Sorte Désirée nicht unterscheidbar.
Die Lentizellen (= mit Korkzellen gefüllte Öffnungen in Abschlussgeweben von
Pflanzen, welche dem Gasaustausch dienen) sind bei den Knollen der transgenen
Linien größer als bei den Knollen der unveränderten Ausgangslinie.
Bei den transgenen Linien wurde in einer Tiefe von 2 mm unter der Knollenschale
ein höherer Sauerstoffgehalt als bei den Knollen der unveränderten Ausgangslinie
festgestellt.
Der Stärkegehalt der Knollen ist bei den transgenen Linien höher als bei den
unveränderten Ausgangslinien.
3.1 Ort und Zeitraum der Freisetzung, Größe der Freisetzungsfläche
Die Freisetzung soll auf einer ca. 7.7 ha großen, ehemals landwirtschaftlich genutzten
Fläche in 14476 Golm, Flur 1, Flurstück-Nr. 955 (ehemals 576, nach der Zusammenlegung:
alte Bezeichnung 160/6 tlw., 162/3 tlw., 163/2 tlw., 164/2 tlw., 165/3, 170/3 tlw., 166/2 und
169/3) erfolgen, die vom MPI für Molekulare Pflanzenphysiologie für Feldversuche genutzt
wird und in direkter Nachbarschaft des Institutes Am Mühlenberg liegt. Die Freisetzung ist
für die Vegetationsperioden der Jahre 2004 – 2008 geplant.
Auf der angegebenen Fläche werden bereits weitere Freisetzungsexperimente mit
veränderten Kartoffeln durchgeführt (Geschäftszeichen: FB 5-6786-01-102/103). Es wird
gewährleistet, dass Kartoffeln nur in einem Umfang angebaut werden, der eine zweijährige
Anbaupause auf den jeweiligen Flächen ermöglicht.
3.2 Anzahl der freizusetzenden Organismen
Mit dem oben beschriebenen Plasmid wurde eine Kartoffeltransformation durchgeführt
und Pflanzen mit erhöhter Expression des Zielgens selektiert. In mehreren Gewächshausversuchen wurden Veränderungen des Stärkegehaltes der Knollen nachgewiesen. Pro
Transformation sollen vier unabhängigen Linien zur Freisetzung kommen, die sich in der
Menge der Leghämoglobin-RNA unterscheiden. Hieraus ergeben sich graduelle Unterschiede
zwischen den veränderten Linien einer Transformation.
Es werden pro Jahr und pro Linie bis zu 200 Pflanzen ausgebracht, insgesamt maximal
800 transgene Kartoffelpflanzen pro Jahr. Die Pflanzdichte beträgt maximal fünf
Kartoffelpflanzen pro m_.
3.3 Kurze Beschreibung der Versuchsdurchführung
Die Kartoffelpflanzen werden entsprechend den in der Landwirtschaft üblichen Methoden
angebaut. Die Knollen werden maschinell oder manuell gepflanzt. Sollten einzelne Linien als
Stecklinge ausgebracht werden, erfolgt die Pflanzung manuell.
Es wird eine Fruchtfolge auf den Flächen eingehalten, die gewährleistet, dass Kartoffeln
sowohl aus sicherheitsrelevanten als auch aus phytosanitären Gründen heraus nur alle drei
Jahre zum Anbau kommen. Während der auf den Anbau folgenden zwei Jahre können
auflaufende Kartoffeln, die während der Ernte nicht beseitigt wurden, erkannt und beseitigt
werden. Bis zur Grenze des Versuchsgeländes wird ein Abstand von mindestens 20 m
eingehalten.
Um eine erfolgreiche Durchführung des Versuchs zu sichern und auswertbare
Ergebnisse zu erhalten, werden phytosanitäre Maßnahmen durchgeführt, die maximale
Ernteerträge gewährleisten. Bei Trockenheit in der Vegetationsperiode wird eine
Bewässerung der Fläche vorgenommen.
Da die transgenen Test- und die Kontrollpflanzen im Verlauf des Versuchs zur Blüte
kommen, ist ein Ansatz von Beeren möglich. Die Sorte Desireé ist zur Bildung keimfähiger
Samen fähig. Da die Pflanzen vor dem Abreifen mit dem Kartoffelkrautschläger oder
chemisch abgetötet werden, ist die Bildung keimfähiger Samen weitestgehend
ausgeschlossen. Darüber hinaus bleibt das Kartoffelkraut nach Beendigung des Versuchs zur
Verrottung auf den Freilandflächen liegen.
Die Ernte der Kartoffelknollen erfolgt maschinell oder manuell. Sofern Knollen im
Acker verbleiben sollten, ist eine Überwinterung dennoch wenig wahrscheinlich. In der
folgenden Vegetationsperiode folgt entweder Brache oder Anbau einer Pflanzenart, die die
Überwachung evtl. auflaufender Kartoffelpflanzen erlaubt. Auflaufende Durchwuchskartoffelpflanzen werden vernichtet.
Die geernteten Knollen der transgenen Pflanzen werden in eine gentechnische Anlage
überführt, nicht mehr benötigtes Knollenmaterial wird vernichtet.
3.4 Zusammenfassung der Risikobewertung
Die Kartoffel wird in Europa seit 1570 angebaut und hat in dieser Zeit keine Tendenz
zur Verwilderung gezeigt. Nach milden Wintern ohne längere Frostperiode können
Kartoffelknollen im Boden überwintern und in den nachfolgenden Kulturen als Unkraut
auflaufen. Die Pflanze ist jedoch in Europa nicht in der Lage, sich außerhalb der
landwirtschaftlichen Anbaufläche zu etablieren. Studien zur Überlebensfähigkeit nicht
veränderter und solcher Kartoffellinien, die durch gentechnische Veränderung Resistenz
gegen das Antibiotikum Kanamycin erworben haben, zeigen, dass die gentechnische
Veränderung keinen Selektionsvorteil verschafft, der die Kolonisierungskapazität des GVO
gegenüber dem Wildtyp ändert (Crawley et al., 1991). Die gentechnisch veränderten
Kartoffelpflanzen, die das Leghämoglobingen in den Knollen exprimieren, waren der
unveränderten Ausgangslinie unter Gewächshausbedingungen hinsichtlich Spross-, Wurzelund Knollenwachstum nicht erkennbar überlegen. Dies gilt sowohl für Kulturen unter
klimakontrollierten Bedingungen als auch für Pflanzen, die im Foliengewächshaus unter
Klimabedingungen kultiviert wurden, die dem Freiland sehr ähnlich sind. Eine erhöhte
Invasivität oder Konkurrenzfähigkeit gegenüber Wildpflanzen ist bei den transgenen Pflanzen
im Vergleich zum Wildtyp nicht zu erwarten.
Bei den gentechnisch veränderten Kartoffelpflanzen, die das Leghämoglobingen exprimieren,
wird angenommen, dass die Redoxregulation der Stärkesynthese in den Knollen durch das
Leghämoglobinprotein beeinflusst wird. Redoxregulation hat einen Einfluss auf zahlreiche
Prozesse in der Pflanze. Es wird postuliert, dass Redoxregulation am Erwerb der Frosttoleranz
im Rahmen der Frosthärtung u. a. bei frosttoleranten Wildkartoffel-Arten beteiligt ist (Kocsy
et al 2001, Seppanen & Coleman 2003). Bei den im Freisetzungsversuch verwendeten
Kulturkartoffeln der Art Solanum tuberosum ssp. tuberosum sind jedoch im Gegensatz zu den
Wildkartoffelarten die Zielgene, die zum Erwerb der Frosttoleranz im Rahmen der Härtung
exprimiert werden müssen, nicht vorhanden. Es ist daher unwahrscheinlich, dass die
Beeinflussung des Redoxregulationssystems in den gentechnisch veränderten Kartoffeln zu
einer Beeinflussung der Frosttoleranz führt.
Eine Auswirkung der Expression des Leghämoglobingens auf den Schädlings- und Krankheitsbefall kann nicht ausgeschlossen werden. Die erhöhten Stärkegehalte der gentechnisch
veränderten Leghämoglobin-Kartoffeln könnten zu einer veränderten Nahrungsqualität für
Schädlinge und Pathogene der Kartoffelknolle führen. In bisherigen Feldversuchen mit
gentechnisch veränderten Kartoffeln, die sich von der Ausgangslinie im Stärkegehalt
unterschieden, wurde dies jedoch nicht beobachtet. Ferner können über die RedoxRegulationssysteme weitere Stoffwechselprozesse verändert werden, die eine veränderte
Attraktivität der Kartoffel für Schädlinge und Pathogene zur Folge haben. Unter den
Bedingungen des Gewächshauses und des Foliengewächshauses wurde keine Veränderung
des Schädlings- und Pathogenbefalls bei den gentechnisch veränderten LeghämoglobinKartoffeln relativ zur unveränderten Ausgangslinie festgestellt. Ein erhöhter Pestizideinsatz
im Feldversuch ist nicht vorgesehen.
Eine Veränderung der transgenen Kartoffelpflanzen gegenüber den nicht genetisch
veränderten Kartoffelpflanzen in bezug auf mögliche toxische oder gesundheitsschädliche
Inhaltsstoffe ist nicht zu erwarten, da die auf dem Plasmid enthaltenen Gene bzw. deren
Genprodukte kein entsprechendes Potential besitzen. Leghämoglobin ist in den Knöllchen
wild vorkommender Fabaceaen (Lotus-, Melilotus-, Medicago- und Trifolium-Arten) sowie
landwirtschaftlich genutzter Fabaceaen (Luzerne, Weißklee) vorhanden und gelangt beim
Abbau der Knöllchen nach dem Absterben der Pflanze in den Boden. Nachteilige Effekte auf
Bodenleben oder unterirdische Fraßschädlinge sind daher nicht zu erwarten. In den
Ernteprodukten landwirtschaftlicher Nutzpflanzen sind die leghämoglobinhaltigen
Wurzelknöllchen nicht enthalten. In den gentechnisch veränderten Leghämoglobin-Kartoffeln
ist das Leghämoglobin hingegen im Ernteprodukt enthalten. Direkte toxische Wirkungen des
Leghämoglobins sind nicht bekannt. Pflanzen produzieren im Verlauf des
Sekundärmetabolismus zahlreiche Inhaltsstoffe, die toxische oder mutagene Wirkungen
entfalten können. Solanaceen enthalten das Alkaloid Solanidin und die daraus abgeleiteten
Glycoalkaloide α−Chaconin und α−Solanin. Infolge der postulierten Beeinflussung des
pflanzlichen Stoffwechsels über die Redoxregulationssysteme ist es möglich, dass die
Leghämoglobin-Kartoffeln in den Knollen einen veränderten Gehalt dieser toxischen
Alkaloide der Kartoffelpflanze aufweisen. Über eine Interaktion zwischen der Expression des
Transgens und der Bildung kartoffeleigener Toxine liegen keine Daten vor. Es wird jedoch
nicht erwartet, dass der Alkaloidgehalt der Knollen über dem von ergrünten Knollen liegt.
Ferner liegt das Feld auf einem umzäunten Versuchsgelände, so dass der Verzehr der Knollen
durch größere Wildtiere oder den Menschen so gut wie ausgeschlossen ist. Damit ergibt sich
aus dem Anbau der Kartoffeln, die mit dem Leghämoglobingen transformiert sind,
voraussichtlich keine Gefährdung des Menschen und der Umwelt.
Kartoffel ist hauptsächlich windbestäubt und sowohl selbst- als auch fremdbefruchtend.
Viele Linien zeigen eine geringe Fertilität bzw. sind steril. Die Vermehrung von Kartoffel
erfolgt daher in der Regel vegetativ über die Knollen. Insbesondere in der Züchtung kann
jedoch auch eine sexuelle Reproduktion herbeigeführt werden. Die Reichweite des Pollens
von Kartoffel beträgt weniger als 20 Meter (Dale et al, 1992). Daher ist auch bei einer
erhöhten Pollenproduktion, etwa bei vermehrter Blütenbildung, kein erhöhtes Risikopotential
zu erwarten. Durch Einhaltung eines Sicherheitsabstandes von 20 m zur Grenze der
Versuchsfläche wird daher eine Pollenübertragung auf Kartoffelfelder außerhalb des
Versuchsgeländes vermieden.
Eine Übertragung von Fremdgenen auf mit Kartoffel kreuzbare Wildarten ist in den
Ursprungsgebieten der Kartoffel (Bolivien, Peru) möglich. Die in unseren Breiten
vorkommenden Wildspezies Solanum dulcamara (Bittersüßer Nachtschatten) und Solanum
nigrum (Schwarzer Nachtschatten) bilden mit Solanum tuberosum keine lebensfähigen
Hybride (Dale et al., 1992).
Eine Übertragung in Pflanzen eingeführter Gene auf Organismen anderer Reiche,
insbesondere auf Bodenmikroorganismen kann nicht ausgeschlossen werden, ist aber
unwahrscheinlich. Das Leghämoglobingen ist in Pflanzen, die in Mitteleuropa angebaut
werden und wild vorkommen, vorhanden und gelangt an den Standorten dieser Pflanzen in
den Boden. Durch den Anbau der Leghämoglobin-Kartoffeln wird diese Situation nicht
wesentlich verändert. Für das nptII-Gen ist die Wahrscheinlichkeit einer Genübertragung von
der Pflanze auf Bodenbakterien klein gegenüber der Wahrscheinlichkeit der Übertragung von
bereits vorhandenen resistenten Bodenbakterien zu nicht resistenten Bodenbakterien.
Das ausserhalb der T-DNA gelegende aadA-Gen (innerhalb des Tn7-transposons) verleiht
Resistenz gegen die Antibiotika Streptomycin und Spectinomycin (Fling et al. 1985). Dieses
Gen ist fast identisch zum aadA(Strep/SpecR)-Gen aus dem Escherichia coli-Plasmid R538-1
und weit verbreitet in Gram-negativen und –postiven Bakterien (Fling et al. 1985). Das aadAGen aus R538-1 wurde von der ZKBS (AZ: 6790-10-62) in die Gruppe II der
‚Antibiotika_Resistenzgene eingestuft, die (a) in Mikroorganismen verbreitet sind und (b)
deren relevante Antibiotika nur noch in Teilbereichen der Human- bzw. Veterinärmedizin
therapeutische Anwendung finden, so dass davon ausgegangen werden kann, dass – wenn
überhaupt – das Vorhandensein dieser Antibiotika-Resistenzgene im Genom transgener
Pflanzen nur sehr geringe Auswirkungen auf die Verbreitung dieser AntibiotikaResistenzgene in der Umwelt zur Folge hat.’ Es kann daher davon ausgegangen werden, dass
die Anwesenheit des Gens in den gentechnisch veränderten Kartoffelpflanzen zu keiner
signifikanten Erhöhung der Gesamtfrequenz dieses Resistenzgens bei Mikroorganismen
führen wird.
Das ausserhalb der T-DNA gelegene tetA Gen kodiert ein Membranprotein, welches
Antibiotika der Tetracylin-Gruppe aus der Zelle ausschleust und so die Zelle resistent gegen
diese Antibiotika macht. Tetracycline haben ein breites Wirkungsspektrum und werden in der
Humanmedizin gegen eine große Zahl bedeutender Krankheitserreger eingesetzt. Die ZKBS
hat daher das tetA-Gen in die Gruppe III der Antibiotika-Resistenzgene eingestuft, deren
relevante Antibiotika in der Humanmedizin von therapeutischer Bedeutung sind, und deshalb
im Genom transgener Pflanzen – einem hohen Maß an Vorsorge folgend –vermieden werden
sollten.’ (Stellungnahme der ZKBS vom 06.07.1999, Az.: 6790-10-62). Eine Integration des
tetA-Gen in das pflanzliche Genom ist möglich. Alle zur Freisetzung beantragten GVOs
sollen nur auf einer begrenzten Fläche für einen sehr begrenzten Zeitraum ausschließlich zu
Forschungszwecken freigesetzt werden. Eine Verwendung der Pflanzen als Tierfutter oder
menschliche Nahrung ist ausgeschlossen, ein In-Verkehrbringen ist nicht vorgesehen. Das
tetA -Gen ist in Pflanzen nicht aktiv.
Das Freilandexperiment wird durch den Projektleiter überwacht. Am Standort ist eine
regelmäßige und fachkundige Betreuung unter der Verantwortung des Projektleiters
gewährleistet. Die Erfassung unerwarteter Ereignisse wird durch regelmäßige Beobachtung
des Versuchsfeldes gesichert. Bei Eintreten unvorhergesehener Entwicklungen kann der
Versuch jederzeit durch eine Vernichtung der Pflanzen abgebrochen werden. Hierzu eignen
sich bewährte pflanzenbauliche Maßnahmen.
Es gibt keinerlei Hinweis darauf, dass der Freilandversuch mit ökologischen Risiken behaftet
ist.
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