V.7. H-R ¨AUME UND HOPF-ALGEBREN 255 ein Algebra

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V.7. H-RÄUME UND HOPF-ALGEBREN
255
ein Algebra Homomorphismus ist. Nach Proposition V.7.8 sind aber beide Abbildungen Algebrahomomorphismen, denn D : X → X × X ist eine Abbildung
von H-Räumen.
V.7.25. Lemma. Für n ≥ 1 gilt:
(i) Ist Rn eine Divisionsalgebra dann sind S n−1 und RPn−1 H-Räume.
(ii) Ist Cn eine Divisionsalgebra über C, dann ist CPn−1 ein H-Raum.
(iii) Ist S n−1 parallelisierbar70 dann ist S n−1 ein H-Raum.
Beweis. Ist Rn eine Divisionsalgebra, dann existiert auf Rn auch eine Divisionsalgebren Struktur mit Einselement. Wähle dazu 0 6= e ∈ Rn und einen linearen
Isomorphismus ϕ ∈ GL(R) mit ϕ(e2 ) = e. Beachte hier, dass e2 6= 0 wegen der
Nullteilerfreiheit einer Divisionsalgebra. Es ist nun auch µ̃(x, y) := ϕ(xy) eine Divisionsalgebrenstruktur auf Rn für die µ̃(e, e) = e gilt. Es bezeichne le ∈ GL(Rn ),
le (y) := µ̃(e, y), und re ∈ GL(Rn ), re (x) := µ̃(x, e). Definieren wir schließlich
µ(x, y) := µ(re−1(x), le−1 (y)), dann ist dies eine Divisionsalgebrenstruktur mit
Einselement e.
Ad (i): Nach obiger Bemerkung dürfen wir o.B.d.A. annehmen, dass die Divisionsalgebrenstruktur auf Rn ein Einselement besitzt. Es definiert nun (x, y) 7→
xy/kxyk eine H-Raumstruktur auf S n−1 , und ([x], [y]) 7→ [xy] eine H-Raumstruktur auf RPn−1 . Beachte, dass dies wegen der Nullteilerfreiheit der Multiplikation
tatsächlich wohldefiniert ist.
Ad (ii): Wie oben dürfen wir o.B.d.A. annehmen, dass die Divisionsalgebra Cn
ein Einselement besitzt. Es definiert dann ([x], [y]) 7→ [xy], eine H-Raum Struktur
auf CPn . Beachte, dass dies aufgrund der Nullteilerfreiheit und der komplexen
Linearität der Multiplikation auf Cn tatsächlich wohldefiniert ist.
Ad (iii): Seien also vi : S n−1 → Rn punktweise linear unabhängige stetig Vektorfelder, vi (x) ⊥ x. Für jedes x ∈ S n−1 ist dann die Matrix Ax :=
(x, v2 (x), . . . , vn (x)) invertierbar, dh. Ax ∈ GL(Rn ). Bezeichnet e := (1, 0, . . . , 0) ∈
S n−1 den ersten Einheitsvektor, dann definiert µ : S n−1 ×S n−1 → S n−1 , µ(x, y) :=
−1
n−1
Ax A−1
mit Einselement e, denn ofe y/kAx Ae yk, eine H-Raum Struktur auf S
fensichtlich µ(e, y) = y, aber auch µ(x, e) = x, denn es gilt Ax e = x und daher
auch A−1
e e = e.
V.7.26. Satz. Für 0 ≤ i, j, i + j ≤ n sind die folgenden Komultiplikationen
Isomorphismen:
∼
=
→ Hi (RPn ; Z2 ) ⊗Z2 Hj (RPn ; Z2 )
(i) ∆i,j : Hi+j (RPn ; Z2 ) −
∼
=
→ H2i (CPn ; Z) ⊗ H2j (CPn ; Z)
(ii) ∆2i,2j : H2(i+j) (CPn ; Z) −
∼
=
→ H4i (HPn ; Z) ⊗ H4j (HPn ; Z)
(iii) ∆4i,4j : H4(i+j) (HPn ; Z) −
70dh.
es existieren n − 1 tangentiale Vektorfelder v2 , . . . , vn auf S n−1 , vi : S n−1 → Rn
stetig und vi (x) ⊥ x, x ∈ S n−1 , i = 2, . . . , n, die punktweise linear unabhängig sind, dh.
v2 (x), . . . , vn (x) linear unabhängig in Rn , für jedes x ∈ S n−1 . Dies bedeutet, dass das Tangentialbündel von S n−1 trivial ist, dh. T S n−1 ∼
= S n−1 × Rn−1 .
256
V. HOMOLOGIE MIT KOEFFIZIENTEN
Beweis. Wir folgen der Darstellung in [2, Chapter VII.9.3]. Wir beweisen alle
drei Ausagen gleichzeitig und setzen dazu P n := RPn , CPn , HPn , K = R, C, H
sowie d := 1, 2, 4 in den drei Fällen (i), (ii) bzw. (iii). Aufgrund der Natürlichkeit
von ∆ dürfen wir o.B.d.A. i + j = n annehmen, denn die Inklusion P i+j → P n
∼
=
→ Hq (P n ), für alle q ≤ d(i + j). Betrachte:
induziert Isomorphismen Hq (P i+j ) −
P i := [x0 : x1 : . . . : xn ] ∈ P n xi+1 = · · · = xn = 0 ⊆ P n
P̂ j := [x0 : x1 : . . . : xn ] ∈ P n x0 = · · · = xi−1 = 0 ⊆ P n
Offensichtlich gilt
P i ∩ P̂ j = {∗}
(V.88)
mit ∗ := [0 : · · · 0 : 1 : 0 : · · · : 0] ∈ P n . Die Inklusion P i−1 → P n \ P̂ j ist eine
Homotopieäquivalenz, denn [x0 : · · · : xn ] 7→ [x0 : · · · : xi−1 : txi : · · · : txn ]
definiert eine retrahierende Deformation von P n \ P̂ j auf P i−1. Die Inklusion
∼
=
→ H∗ (P n , P n \ P̂ j ). Aus der
induziert daher einen Isomorphismus H∗ (P n , P i−1) −
langen exakten Sequenz des Paares (P n , P i−1 ) folgt nun
Hq (P n , P n \ P̂ j ) = 0,
für q < di,
(V.89)
und die Inklusionen induzieren Isomorphismen
∼
=
Hq (P i, P i \ ∗) −
→ Hq (P n , P n \ P̂ j ),
sowie
für q ≤ di
(V.90)
∼
=
→ Hdi (P n , P n \ P̂ j ).
(V.91)
Hdi (P n ) −
Analog gilt Hq (P n , P n \ P i ) = 0 für q < dj, und die Inklusionen induziert Iso∼
∼
=
=
→
→ Hq (P n , P n \ P i ), für q ≤ dj, sowie Hdj (P n ) −
morphismen Hq (P̂ j , P̂ j \ ∗) −
Hdj (P n , P n \ P i ). Setze
K i := (x1 , . . . , xn ) ∈ K n xi+1 = · · · = xn = 0 ⊆ K n
K̂ j := (x1 , . . . , xn ) ∈ K n x1 = · · · = xi = 0 ⊆ K n
und betrachte die Karte
ϕ : K n → P n,
ϕ(x1 , . . . , xn ) := x1 : · · · : xi : 1 : xi+1 : · · · : xn .
Betrachte das kommutative Diagramm
Hq (K n , K n \ K̂ j )
ϕ∗
/
O
Hq (P n , P n \ P̂ j )
O
∼
=
Hq (K i , K i \ 0)
(ϕ|K i )∗
∼
=
/
Hq (P i , P i \ ∗)
Der linke vertikale Pfeil ist ein Isomorphismus, denn die Inklusion (K i , K i \ 0) →
(K n , K n \ K̂ j ) ist eine Homotopieäquivalenz. Mittels Excision folgt, dass auch
der untere horizontale Pfeil ein Isomorphismus ist. Für q ≤ di ist auch der rechte
V.7. H-RÄUME UND HOPF-ALGEBREN
257
vertikale Pfeil ein Isomorphismus, siehe (V.90). Wir erhalten daher Isomorphismen
∼
=
ϕ∗ : Hq (K n , K n \ K̂ j ) −
→ Hq (P n , P n \ P̂ j ),
für q ≤ di.
(V.92)
∼
=
→ Hq (P n , P n \ P i), falls q ≤ dj. Betrachte
Analog gilt auch ϕ∗ : Hq (K n , K n \ K i ) −
nun folgendes Diagramm:
∆di,dj
D∗
Hdn (P n )
/
Hdn (P n × P n )
o
*
×
Hdi (P n ) ⊗ Hdj (P n )
∼
=
∼
=
D∗
Hdn (P n , P n \ ∗)
O
/
∼
=
`
´
Hdn P n × P n , (P n \ P̂ j ) × P n ∪ P n × (P n \ P i )
ϕ∗
O
×
o
∼
=
O
(ϕ×ϕ)∗
D∗
Hdn (K n , K n \ 0)
/
Hdi (P n , P n \ P̂ j )
⊗
Hdj (P n , P n \ P i )
ϕ∗ ⊗ϕ∗
`
´
Hdn K n × K n , (K n \ K̂ j ) × K n ∪ K n × (K n \ K i )
O
o
×
∼
=
∼
=
Hdi (K n , K n \ K̂ j )
⊗
Hdj (K n , K n \ K i )
∼
=
∼
=
*
`
´
Hdn K i × K̂ j , (K i \ 0) × K̂ j ∪ K i × (K̂ j \ 0)
Der rechte Teil des Diagramms kommutiert wegen der Natürlichkeit des Kreuzproduktes. Nach Korollar V.6.17 bzw. Korollar V.6.18 und (V.89) sind die beiden
Kreuzprodukte tatsächlich Isomorphismen. Nach (V.91) und (V.92) sind die beiden vertikalen Pfeile rechts Isomorphismen. Der linke untere diagonale Pfeil wird
von der Identifikation (K n , K n \ 0) = (K i × K̂ j , (K i \ 0) × K̂ j ∪ K i × (K̂ j \ 0))
induziert und ist daher ein Isomorphismus. Der linke untere Teil des Diagramms
kommutiert, denn
(x1 , . . . , xn ) 7→ x1 , . . . , xi , txi+1 , . . . , txn ; tx1 , . . . , txi , xi+1 , . . . , xn
ist eine Homotopie von D zu der Komposition der beiden anderen Pfeile. Der
mittlere vertikale Pfeil unten ist von einer Homotopieäquivalenz induziert und
daher ein Isomorphismus. Der verbleibende Teil des Diagramms kommutiert aus
trivialen Gründen, alle unbeschrifteten Pfeile sind von Inkusionen induziert. Beachte, dass wegen (V.88) die Diagonalabbildungen wirklich Homomorphismen
relativer Homologiegruppen wie angegeben induzieren. Der vertikale Pfeil links
oben ist wegen (V.91) mit j = 0 und i = n ein Isomorpshimus. Auch der mittlere
vertikale Pfeil links ist ein Isomorphismus, dies folgt aus (V.92) mit j = 0 und
i = n, oder mittels Excision. Wir sehen also, dass alle als Isomorphismen gekennzeichneten Pfeile tatsächlich Isomorphismen sind. Aus der Kommutativität des
Diagramms folgt nun, dass auch ∆di,dj ein Isomorphismus sein muss.
258
V. HOMOLOGIE MIT KOEFFIZIENTEN
V.7.27. Beispiel. Betrachte die Räume CP2 und S 2 ∨ S 4 . Für jede abelsche
Gruppe G gilt Hq (CP2 ; G) ∼
= Hq (S 2 ∨ S 4 ; G), die additive Struktur der Homologiegruppen erlaubt es daher nicht diese beiden Räume zu unterscheiden. Nach
Satz V.7.26(ii) ist jedoch
∼
=
→ H2 (CP2 ) ⊗ H2 (CP2 )
∆2,2 : H4 (CP2 ) −
ein Isomorphismus, während
0 = ∆2,2 : H4 (S 2 ∨ S 4 ) → H2 (S 2 ∨ S 4 ) ⊗ H2 (S 2 ∨ S 4 )
verschwindet. Die letzte Aussage folgt aus der Existenz einer Retraktion r : S 2 ∨
S 4 → S 2 , denn für x ∈ H4 (S 2 ∨ S 4 ) erhalten wir r∗ x = 0, also 0 = ∆2,2 (r∗ x) =
(r∗ ⊗ r∗ )∆2,2 (x) und damit ∆2,2 (x) = 0 da ja r∗ : H2 (S 2 ∨ S 4 ) → H2 (S 2 ) aufgrund
der Retraktionseigenschaft von r ein Isomorphismus ist. Die Räume CP2 und
S 2 ∨ S 4 können daher nicht homotopieäquivalent sein. Analog lässt sich CPn 6≃
S 2 ∨ S 4 ∨ · · · ∨ S 2n zeigen, obwohl additiv Hq (CPn ; G) ∼
= Hq (S 2 ∨ · · · ∨ S 2n ; G)
für alle q gilt.
V.7.28. Proposition. Es sei A ein graduierter R-Modul sodass Aq = 0 für
q < 0, und sodass Aq ∼
= Rnq für q ≥ 0. Weiters bezeichne HomR (A, R) den
graduierten R-Modul HomR (A, R)q := HomR (Aq , R).
Ist (A, µ) eine graduierte Algebra dann wird HomR (A, R) durch
µ∗
HomR (A, R) −→ HomR (A ⊗R A, R) = HomR (A, R) ⊗R HomR (A, R)
zu einer graduierten Koalgebra. Ist A graduiert kommutativ dann ist HomR (A, R)
graduiert kokommutativ. Ist A assotiativ dann ist HomR (A, R) koassotiativ.
Ist (A, ∆) eine graduierte Koalgebra dann wird HomR (A, R) durch
∆∗
HomR (A, R) ⊗R HomR (A, R) = HomR (A ⊗R A, R) −→ HomR (A, R)
zu einer graduierten Algebra. Ist A graduiert kokommutativ dann ist HomR (A, R)
graduiert kommutativ. Ist A koassotiativ dann ist HomR (A, R) assotiativ.
Ist A eine Hopf-Algebra dann ist auch HomR (A, R) eine Hopf-Algebra.
Beweis. Die Voraussetzungen an A stellen sicher, dass der kanonische Homomorphismus
∼
=
HomR (A, R) ⊗ HomR (A, R) −
→ Hom(A ⊗R A, R)
ein Isomorphismus ist. Sei nun etwa ∆ eine koassotiative Komultiplikation auf A,
dh. das Diagramm
A
∆
/
A ⊗R A
idA ⊗∆
∆
A ⊗R A
∆⊗idA
/
A ⊗R A ⊗R A
V.7. H-RÄUME UND HOPF-ALGEBREN
259
kommutiert. Durch Anwenden des Funktors HomR (−, R) sehen wir, dass auch
HomR (A, R)
O
∆∗
o
O
id ⊗∆∗
∆∗
HomR (A, R) ⊗R HomR (A, R)
HomR (A, R) ⊗R HomR (A, R)
o
∗
∆ ⊗id
HomR (A, R) ⊗R HomR (A, R) ⊗R HomR (A, R)
kommutiert, also ist die Multiplikation ∆∗ auf HomR (A, R) assotiativ. Die anderen Aussagen lassen sich analog zeigen.
V.7.29. Beispiel. Es sei wieder |x| gerade oder 1 = −1 ∈ R. Dann existiert
ein Isomorphismus von Hopf-Algebren
(V.93)
HomR (R[x], R) ∼
= ΓR [x].
Bezeichne dazu αk ∈ HomR (R[x], R)k|x| jenen Erzeuger für den αk (xk ) = 1R gilt.
k
k+l
l
Da ∆k,l (xk+l ) = k+l
x
⊗
x
,
erhalten
wir
α
α
=
αk+l , und aus xk xl = xk+l
k
l
k
k
k
folgt ∆k,l (αk+l ) = αk ⊗ αl . Die Zuordnung αk ↔ x liefert daher den gewünschten
Isomorphismus (V.93). Ebenso existiert ein Isomorphismus von Hopf-Algebren
HomR (ΓR [x], R) ∼
= R[x].
V.7.30. Korollar. Für n ≥ 0 gilt:
(i) Es existiert eine Basis xk ∈ Hk (RPn ; Z2 ), 0 ≤ k ≤ n, mit ∆(xk ) =
Pk
i=0 xi ⊗ xk−i .
(ii) Es existiert eine Basis yk ∈ H2k (CPn ), 0 ≤ k ≤ n, mit ∆(yk ) =
Pk
i=0 yi ⊗ yk−i .
(iii) Es existiert eine Basis zk ∈ H4k (HPn ), 0 ≤ k ≤ n, mit ∆(zk ) =
Pk
i=0 zi ⊗ zk−i .
Beweis. Behauptung (i) folgt sofort aus Satz V.7.26(i), denn Hk (RPn ; Z2 ) ∼
=
Z2 , 0 ≤ k ≤ n, besitzt nur eine Basis. Behauptung (ii) folgt aus Satz V.7.26(ii)
und der Koassotiativität von H∗ (CPn ). Nach Proposition V.7.28 induziert die
Komultiplikation auf B := Hom(H∗ (CPn ), Z) die Struktur einer (graduiert) kommutativen und assotiativen Algebra. Nach Satz V.7.26(ii) ist die Multiplikation
Bi ⊗ Bk−i → Bk ein Isomorphismus. Bezeichnet β ∈ B2 ∼
= Z einen Erzeuger,
i
∼
dann ist also auch βi := β ∈ B2i = Z ein Erzeuger, 0 ≤ i ≤ n. Aus der Assotiativität von B folgt βi βk−i = βk . Bezeichnet nun yi ∈ H2i (CPn ) den Erzeuger mit
βi (yi ) = 1R , 0 ≤ i ≤ n, dann erhalten wir ∆i,k−i (yk ) = yi ⊗ yk−i. Dies zeigt (ii),
Behauptung (iii) lässt sich analog aus Satz V.7.26(iii) herleiten.
V.7.31. Korollar. Für n ≥ 0 gilt:
(i) Ist f : RPn → RPn stetig dann existiert λ ∈ Z2 , sodass für 1 ≤ q ≤ n
gilt f∗ = λ : Hq (RPn ; Z2 ) → Hq (RPn ; Z2 ).
(ii) Ist f : CPn → CPn stetig dann existiert λ ∈ Z, sodass für 1 ≤ q ≤ n
gilt f∗ = λq : H2q (CPn ) → H2q (CPn ).
260
V. HOMOLOGIE MIT KOEFFIZIENTEN
(iii) Ist f : HPn → HPn stetig dann existiert λ ∈ Z, sodass für 1 ≤ q ≤ n
gilt f∗ = λq : H4q (HPn ) → H4q (HPn ).
Beweis. Es existieren λq ∈ Z2 , sodass f∗ xq = λq xq , q = 0, . . . , n, wobei xq ∈
Hq (RPn ; Z2 ) eine Basis wie in Korollar V.7.30(i) bezeichnet. Aus der Natürlichkeit
von ∆ und Korollar V.7.30(i) folgt nun
λq x1 ⊗ xq−1 = λq ∆1,q−1 (xq ) = ∆1,q−1 (f∗ xq ) = (f∗ ⊗ f∗ )∆1,q−1 (xq )
= (f∗ ⊗ f∗ )x1 ⊗ xq−1 = λ1 λq−1 x1 ⊗ xq−1
und daher λq = λ1 λq−1 , q ≥ 1. Mittels Induktion erhalten wir λq = λq1 , q ≥ 1.
Da λq1 = λ1 ∈ Z2 folgt Behauptung (i) mit λ := λ1 . Behauptung (ii) lässt sich
analog beweisen. Zunächst existieren λq ∈ Z mit f∗ yq = λq yq , q = 0, 1, . . . , n,
wobei yq ∈ H2q (CPn ) eine Basis wie in Korollar V.7.30(ii) bezeichnet. Aus einer
Rechnung wie oben folgt λq = λ1 λq−1 , q ≥ 1, und daher λq = λq mit λ := λ1 .
Damit ist (ii) bewiesen, dasselbe Argument zeigt auch (iii).
V.7.32. Korollar. Für 0 < k < n gilt:
(i) RPk ist nicht Retrakt von RPn .
(ii) CPk ist nicht Retrakt von CPn .
(iii) HPk ist nicht Retrakt von HPn .
Beweis. Wir gehen indirekt vor und nehmen an r : RPn → RPk ⊆ RPn wäre
eine Retraktion, r|RPk = idRPk . Da die Inklusion RPk → RPn einen Isomorphis∼
=
mus H1 (RPk ; Z2 ) −
→ H1 (RPn ; Z2 ) induziert, gilt also
r∗ = id : H1 (RPn ; Z2 ) → H1 (RPn ; Z2 ).
Aus Korollar V.7.31(i) folgt nun
r∗ = id : Hn (RPn ; Z2 ) → Hn (RPn ; Z2 ),
ein Widerspruch, denn Hn (RPk ; Z2 ) = 0. Damit ist (V.7.32) gezeigt, die verbleibenden Aussagen lassen sich analog beweisen.
V.7.33. Korollar. Es sei n ≥ 1:
(i) Ist RPn−1 ein H-Raum dann gilt n = 2s für ein s ∈ N0 .71
(ii) Ist CPn−1 ein H-Raum dann gilt n = 1.
(iii) Ist HPn−1 ein H-Raum dann gilt n = 1.
Beweis. Ad Behauptung (i): Wie in Beispiel V.7.29 folgt aus Satz V.7.30(i)
HomZ2 (H∗ (RPn−1 ; Z2 ), Z2 ) ∼
= Z2 [x]/xn , als graduierte Algebren, |x| = 1. Ist
n−1
RP
ein H-Raum, dann ist dies eine Hopf-Algebra, siehe Proposition V.7.28.
Nach Bemerkung V.7.22 muss daher n = 2s gelten. Ad Behauptung (ii): Wie
in Beispiel V.7.29 folgt aus Satz V.7.30(ii) Hom(H∗ (CPn−1 ), Z) ∼
= Z[y]/y n, als
71Tatsächlich
folgt n = 1, 2, 4 oder 8 nach einem Resultat von Adams.
V.7. H-RÄUME UND HOPF-ALGEBREN
261
graduierte Algebren, |y| = 2. Ist CPn−1 ein H-Raum, dann ist dies eine HopfAlgebra, siehe Proposition V.7.28. Nach Bemerkung V.7.20 muss daher n = 1
gelten. Behauptung (iii) lässt sich analog beweisen.
V.7.34. Korollar.
(i) Die Dimension einer endlich-dimensionale Divisionsalgebra über R ist
von der Form 2s , für ein s ∈ N0 .72
(ii) C ist die einzige endlich-dimensionale komplexe Divisionsalgebra.
Beweis. Dies folgt aus Korollar V.7.33 und Lemma V.7.25.
0
1
2
V.7.35. Beispiel.
S n Wir betrachten die Inklusionen R ⊆ R ⊆ R ⊆ · · · und
∞
versehen R := n R mit der schwachen Topologie dh. eine Teilemenge U ⊆ R∞
ist genau dann offen, wenn U ∩ Rn offen in Rn ist, für jedes n. Wir schreiben auch
R∞ = lim Rn . Diese Topologie auf R∞ ist durch folgende universelle Eigenschaft
−→
charakterisiert. Sind fn : Rn → X stetig mit fn |Rm = fm , m ≤ n, dann existiert
genau eine stetige Abbildung f : R∞ → X, sodass f |Rn = fn für alle n. Etwa
ist jede lineare Abbildung R∞ → R stetig. Ist S
K ⊆ R∞ kompakt, dann existiert
73
n ∈ N, sodass K ⊆ Rn . Die Sphäre S ∞ := n S n = {x ∈ R∞ : kxk = 1} ist
ein abgeschlossener Teilraum von R∞ , und es gilt S ∞ = lim S n , dh. U ⊆ S ∞ ist
−→
genau dann offen wenn U ∩ S n offen in S n ist, für jedes n. Wieder muss jede
kompakte Teilmenge K ⊆ S ∞ schon zur Gänze in einer endlich dimensionalen
Sphäre S n liegen. Zusammen mit der Berechnung der Homologiegruppen von S n
folgt nun H̃∗ (S ∞ ) = 0, dh. S ∞ ist azyklisch. Tatsächlich ist S ∞ kontrahierbar.
Bezeichnet s : S ∞ → S ∞ die Abbildung s(x1 , x2 , . . . ) := (0, x1 , x2 , . . . ) dann gilt
nämlich idS ∞ ≃ s via der Homotopie
F : S ∞ × I → S ∞,
Ft (x) :=
ts(x) + (1 − t)x
kts(x) + (1 − t)xk
Gt (x) :=
(1 − t)s(x) + te
k(1 − t)s(x) + tek
und s ≃ const via der Homotopie
G : S ∞ × I → S ∞,
wobei e = (1, 0, 0, . . . ) ∈ S ∞ , also idS ∞ ≃ const. Die Stetigkeit dieser Homotopien
folgt aus S ∞ × I = lim(S n × I). Polynommultiplikation (Faltung) liefert eine
−→
72Tatsächlich
kann die Dimension nur 1, 2, 4 oder 8 sein, siehe oben. Die Beispiele R, C, H
und O zeigen, dass alle diese Dimensionen auch auftreten.
73Sei dazu M := {m ∈ N | K ∩ (Rm \ Rm−1 ) 6= ∅}. Wähle nun x ∈ K ∩ (Rm \ Rm−1 ),
m
m ∈ M , und betrachte X := {xm | m ∈ M }. Es ist dann X abgeschlossen in R∞ , denn
offensichtlich ist X ∩ Rn abgeschlossen in Rn , für jedes n. Das selbe Argument zeigt, dass
auch X \ {xm } abgeschlossen in R∞ ist, für jedes m ∈ M . Also ist X eine abgeschlossene,
diskrete Teilmenge von K. Aufgrund der Kompaktheit von K muss X daher endlich sein. Nach
Konstruktion ist dann auch M endlich, also gilt K ⊆ Rn mit n := max(M ).
262
V. HOMOLOGIE MIT KOEFFIZIENTEN
Abbildung m : R∞ × R∞ → R∞ ,
X
X
m (x0 , x1 , . . . ), (y0, y1 , . . . ) := x0 y0 , x0 y1 + x1 y0 ,
xi yj , . . . ,
xi yj , . . . .
i+j=2
i+j=k
∞
Dadurch wird R zu einer kommutativen und assotiativen Divisionsalgebra mit
Einselement e. Wegen R∞ × R∞ = lim(Rn × Rn ) ist m auch stetig, also definiert
−→
m(x, y)
µ : S ∞ × S ∞ → S ∞,
µ(x, y) :=
(V.94)
km(x, y)k
eine strikt kommutative und assotiative H-Raumstruktur auf S ∞ . Analog definieren wir C∞ := lim Cn und H∞ := lim Hn . Polynommultiplikation liefert wieder
−→
−→
stetige Abbildungen C∞ × C∞ → C∞ und H∞ × H∞ → H∞ . Dadurch werden
C∞ und H∞ zu assotiativen Divisionsalgebren mit Eins, C∞ ist darüberhinaus
auch kommutativ. Beachte auch S ∞ ⊆ C∞ und S ∞ ⊆ H∞ .
V.7.36. Beispiel (RP∞ als H-Raum).SWir betrachten die Inklusionen RP0 ⊆
RP ⊆ RP2 ⊆ · · · und versehen RP∞ := n≥0 RPn mit der schwachen Topologie,
dh. eine Teilemenge U ⊆ RP∞ ist genau dann offen wenn U ∩ RPn offen in RPn
ist, für jedes n. Wir schreiben dafür auch RP∞ = lim RPn . Sind fn : RPn → X
−→
stetige Abbildungen mit fn |RPm = fm , m ≤ n, dann existiert genau eine stetige
Abbildung f : RP∞ → X, sodass f |RPn = fn für alle n ∈ N. Die Projektionen
p : S n → RPn induzieren eine stetige Abbildung p : S ∞ → RP∞ , die Topologie
auf RP∞ stimmt mit der Quotiententopologie überein. Also ist p : S ∞ → RP∞
die universelle (zwei-blättrige) Überlagerung von RP∞ . Ist K ⊆ RP∞ kompakt,
dann existiert n ∈ N, sodass K ⊆ RPn . Mittels Proposition V.4.14 folgt daraus


Z falls q = 0
∞
∼
Hq (RP ; Z) = Z2 falls q = 1, 3, 5, 7, . . .

0
sonst
bzw. Hq (RP∞ ; Z2 ) ∼
= Z2 für alle q ≥ 0. Aus Satz V.7.26(i) und der Natürlichkeit
von ∆ folgt, dass
1
∼
=
→ Hi (RP∞ ; Z2 ) ⊗Z2 Hj (RP∞ ; Z2 ),
∆i,j : Hi+j (RP∞ ; Z2 ) −
i, j ≥ 0
∞
Isomorphismen sind. Es existiert daher eine Basis xk ∈ Hk (RP ; Z2 ), sodass
∆(xk ) =
k
X
xi ⊗ xk−i ,
k ≥ 0.
(V.95)
i=0
∞
Die H-Raumstruktur auf S , siehe (V.94), faktorisiert zu einer kommutativen
und assotiativen H-Raumstruktur auf RP∞ . Für die Hopf-Algebra gilt
|x| = 1.
(V.96)
H∗ (RP∞ ; Z2 ) ∼
= ΓZ [x],
2
Aus (V.95) folgt nämlich HomZ2 (H∗ (RP ; Z2 ), Z2 ) ∼
= Z2 [x], als graduierte Algebren. Da es auf Z2 [x] nur eine Hopf-Algebrenstruktur gibt, siehe Beispiel V.7.17,
∞
V.7. H-RÄUME UND HOPF-ALGEBREN
263
muss dies ein Isomorphismus von Hopf-Algebren sein. Mittels Proposition V.7.28
und Beispiel V.7.29 erhalten wir nun (V.96).
V.7.37. Beispiel (CP∞ als H-Raum). Wie in Beispiel V.7.36 definieren wir
CP = lim CPn und erhalten
−→
(
Z falls q = 0, 2, 4, 6, 8, . . .
Hq (CP∞ ; Z) ∼
=
0 sonst
∞
Die Projektionen p : S 2n+1 → CPn induzieren eine stetige Abbildung p : S ∞ →
CP∞ , und die Topologie auf CP∞ stimmt mit der Quotiententopologie überein.
Aus Satz V.7.26(ii) sehen wir, dass
∼
=
∆2i,2j : H2i+2j (CP∞ ) −
→ H2i (CP∞ ) ⊗ H2j (CP∞ ),
i, j ≥ 0
Isomorphismen sind. Wie im Beweis von Korollar V.7.30 folgt daraus, dass eine
Basis yk ∈ H2k (CP∞ ) existiert, sodass
∆(yk ) =
k
X
yi ⊗ yk−i,
k ≥ 0.
(V.97)
i=0
Polynommultiplikation auf C∞ induziert eine kommutative und assotiative HRaumstruktur auf CP∞ ,
µ : CP∞ × CP∞ → CP∞ ,
µ([x], [y]) := [m(x, y)].
Als Hopf-Algebren gilt
H∗ (CP∞ ) ∼
= ΓZ [y],
|y| = 2.
(V.98)
Aus (V.97) folgt nämlich Hom(H∗ (CP ), Z) ∼
= Z[x], als graduierte Algebren.
Da es auf Z[x] nur eine Hopf-Algebrenstruktur gibt, siehe Beispiel V.7.17, muss
dies ein Isomorphismus von Hopfalgebren sein. Mittels Proposition V.7.28 und
Beispiel V.7.29 erhalten wir nun (V.98).
∞
V.7.38. Beispiel (HP∞ als H-Raum). Wie in Beispiel V.7.37 definieren wir
HP = lim HPn und erhalten
−→
(
Z falls q = 0, 4, 8, 12, 16, . . .
∞
Hq (HP ; Z) ∼
=
0 sonst
∞
Die Projektionen p : S 4n+3 → HPn induzieren eine stetige Abbildung p : S ∞ →
HP∞ , und die Topologie auf HP∞ stimmt mit der Quotiententopologie überein.
Polynommultiplikation auf H∞ induziert eine nicht kommutative aber assotiative H-Raumstruktur auf HP∞ , also ist H∗ (HP∞ ; Z) eine Hopfalgebra. Wie im
vorangehenden Beispiel folgt
H∗ (HP∞ ) ∼
|z| = 4,
= ΓZ [z],
als Hopf-Algebren.
264
V. HOMOLOGIE MIT KOEFFIZIENTEN
V.8. Das Borsuk–Ulam Theorem. Eine stetige Abbildung f : S n → S m
wird ungerade genannt, falls f (−x) = −f (x) für alle x ∈ S n gilt. Dies bedeutet,
dass f mit der Antipodalabbildung A : S n → S n , A(x) := −x, kommutiert, dh.
f ◦A = A◦f . Analog wird eine stetige Abbildung f : S n → Rm ungerade genannt,
falls f (−x) = −f (x) für alle x ∈ S n gilt.
V.8.1. Satz (Borsuk). Jede ungerade Abbildung S n → S n hat ungeraden Abbildungsgrad, n ≥ 0. Insbesondere sind ungerade Abbildungen S n → S n stets
surjektiv und nicht nullhomotop.
Beweis. Sei also f : S n → S n ungerade. Es ist dann auch die Suspension Sf : S n+1 → S n+1 ungerade mit Abbildungsgrad deg(Sf ) = deg(f ), siehe
Satz IV.12.11(iv). Wir dürfen daher o.B.d.A. n ungerade und n ≥ 3 voraussetzen. Es bezeichne nun f¯ : RPn → RPn die von f induzierte stetige Abbildung,
dh. p ◦ f = f¯◦ p, wobei p : S n → RPn die kanonische Projektion bezeichnet. Nach
p∗
→ Hn (RPn ) ∼
Proposition V.4.14 ist der Homomorphismus Z ∼
= Z
= Hn (S n ) −
injektiv, aus p∗ ◦ f∗ = f¯∗ ◦ p∗ folgt daher
f¯∗ = deg(f ) : Hn (RPn ) → Hn (RPn ).
Mit Hilfe der Natürlichkeitsaussage im universellen Koeffiziententheorem V.4.6
erhalten wir daraus auch
f¯∗ = deg(f ) : Hn (RPn ; Z2 ) → Hn (RPn ; Z2 ).
(V.99)
Es bezeichne x0 ∈ RPn einen Basispunkt und σ : I → S n einen Weg der die
beiden Punkte in p−1 (x0 ) verbindet. Es repräsentiert dann σ̄ := p ◦ σ : I → RPn
das nicht-triviale Element in π1 (RPn , x0 ) ∼
= Z2 , siehe Proposition II.3.11(ii) und
Proposition I.5.18. Da f ungerade ist, kann f ◦ σ nicht geschlossen sein, daher
¯ 0 )). Deshalb
repräsentiert f¯◦ σ̄ = p◦f ◦σ das nicht-triviale Element in π1 (RPn , f(x
muss
∼
=
f¯∗ : π1 (RPn , x0 ) −
→ π1 (RPn , f¯(x0 ))
ein Isomorphismus sein. Wegen der Natürlichkeit des Huréwicz-Isomorphimus,
siehe Proposition IV.11.2 und Satz IV.11.3 folgt
f¯∗ = id : H1 (RPn ; Z2 ) → H1 (RPn ; Z2 ).
Aus Korollar V.7.31(i) schließen wir
f¯∗ = id : Hn (RPn ; Z2 ) → Hn (RPn ; Z2 ).
Wegen (V.99) muss deg(f ) also ungerade sein. Die zweite Behauptung des Satzes
folg nun aus Satz IV.12.11(i) und Proposition IV.12.15.
V.8.2. Bemerkung. Ist n ≥ 1, dann tritt jede ungerade Zahl tatsächlich
als Abbildungsgrad einer ungeraden Abbildung S n → S n auf. Sei dazu k ∈ Z
ungerade. Im Fall n = 1 ist die Abbildung S 1 → S 1 , z 7→ z k , ungerade mit
Abbildungsgrad k, siehe Satz I.4.1(iii). Den allgemeinen Fall erhalten wir nun aus
folgender Beobachtung. Ist f : S n → S n ungerade, dann ist auch ihre Suspension
V.8. DAS BORSUK–ULAM THEOREM
265
Sf : S n+1 → S n+1 eine ungerade Abbildung mit Abbildungsgrad deg(Sf ) =
deg(f ), siehe Satz IV.12.11(iv).
Eine stetige Abbildung f : S n → S n wird gerade genannt falls f (x) = f (−x),
für alle x ∈ S n . Analog zu Satz V.8.1 gilt auch folgendes Resultat, das jedoch
wesentlich einfacher zu beweisen ist.
V.8.3. Proposition. Jede gerade Abbildung f : S n → S n hat geraden Abbildungsgrad. Ist n gerade, dann gilt sogar deg(f ) = 0.
Beweis. Sei also f : S n → S n eine gerade Abbildung. Dann faktorisiert
f über die kanonische Projektion p : S n → RPn zu einer stetigen Abbildung
f¯ : RPn → S n , dh. f = f¯ ◦ p. Ist n gerade, dann gilt Hn (RPn ) = 0, siehe
Proposition V.4.14, daher auch f∗ = f¯∗ ◦ p∗ = 0 : Hn (S n ) → Hn (S n ), und wir
p∗
→ Hn (RPn ) ∼
erhalten deg(f ) = 0. Ist n ungerade, dann bildet Z ∼
=Z
= Hn (S n ) −
einen Erzeuger auf das Doppelte eines Erzeugers ab, siehe Porposition V.4.14. Aus
f∗
→ Hn (S n ) ∼
f∗ = f¯∗ ◦ p∗ folgt daher, dass Z ∼
= Z einen Erzeuger auf ein
= Hn (S n ) −
gerades Vielfaches eines Erzeugers abbildet, also muss f geraden Abbildungsgrad
haben.
V.8.4. Bemerkung. Ist n ungerade, dann tritt jede gerade Zahl tatsächlich
als Abbildungsgrad einer geraden Abbildung S n → S n auf. Betrachte dazu die
Komposition f : S n → RPn → RPn /RPn−1 ∼
= S n . Dies ist offensichtlich eine
gerade Abbildung mit Abbildungsgrad deg(f ) = ±2. Für jedes g : S n → S n ist
dann auch g◦f : S n → S n eine gerade Abbildung mit Abbildungsgrad deg(g◦f ) =
±2 deg(g). Durch geeignete Wahl von g lässt sich so jeder gerade Abbildungsgrad
realisieren, vgl. Bemerkung IV.12.14.
V.8.5. Korollar (Borsuk–Ulam). Für n ≥ 0 gilt:
(i) Ist f : S n → Rn stetig, dann existiert x ∈ S n mit f (x) = f (−x).
(ii) Ist f : S n → Rn ungerade, dann existiert x ∈ S n mit f (x) = 0.
(iii) Es existiert keine ungerade Abbildung f : S n+1 → S n .
(iv) Es existiert keine stetige Abbildung f : D n+1 → S n deren Einschränkung
f |S n : S n → S n ungerade ist.
Beweis. Ad (iv): Ist f : D n+1 → S n stetig, dann gilt deg(f |S n ) = 0, denn
H̃n (D n+1 ) = 0. Nach Satz V.8.1 kann also f |S n nicht ungerade sein.
Ad (iii): Ist f : S n+1 → S n stetig, dann gilt deg(f : S n+1 → S n ⊆ S n+1 ) = 0,
denn Hn+1 (S n ) = 0. Nach Satz V.8.1 kann also f nicht ungerade sein.
Ad (i): Sei also f : S n → Rn stetig. Wir nehmen indirekt an f (x) 6= f (−x),
(x)−f (−x)
für alle x ∈ S n . Dann definiert g : S n → S n−1 , g(x) := kff (x)−f
eine ungerade
(−x)k
Abbildung, ein Widerspruch zu (iii).
Ad (ii): Sei also f : S n → Rn ungerade. Nach (i) existiert x ∈ S n mit f (x) =
f (−x). Da f ungerade ist, gilt auch f (−x) = −f (x) und damit f (x) = 0.
266
V. HOMOLOGIE MIT KOEFFIZIENTEN
V.8.6. Korollar (Ham Sandwich Theorem). Sind A1 , . . . , An ⊆ Rn Lebesgue
messbar mit endlichem Volumen, dann existiert eine affine Hyperebene E ⊆ Rn ,
die jede der Mengen Ai in zwei gleich große Teile unterteilt.
Beweis. Für x ∈ S n−1 und r ∈ R bezeichne
Hx+ (r) := {y ∈ Rn | hx, yi ≥ r},
Hx− (r) := {y ∈ Rn | hx, yi ≤ r}.
Weiters sei
Ix := r ∈ R vol(An ∩ Hx+ (r)) = vol(An ∩ Hx− (r)) .
Wegen der Stetigkeit von r 7→ vol(An ∩ Hx± (r)) und weil
lim vol(An ∩ Hx± (r)) = 0,
r→±∞
lim vol(An ∩ Hx∓ (r)) = vol(An )
r→±∞
ist Ix ein kompaktes nicht-leeres Interval. Beachte auch, dass
rx := 21 (min(Ix ) + max(Ix )) ∈ Ix
stetig von x ∈ S n−1 abhängt. Setzen wir nun Hx± := Hx± (rx ), dann gilt
vol(An ∩ Hx+ ) = vol(An ∩ Hx− ),
für alle x ∈ S n−1 ,
(V.100)
aber auch
denn I−x = −Ix , r−x
Abbildung
+
H−x
= Hx− ,
für alle x ∈ S n−1 ,
(V.101)
+
= −rx und Hx− (r) = H−x (−r). Betrachte nun die stetige
f : S n−1 → Rn−1 ,
f (x) := vol(A1 ∩ Hx+ ), . . . , vol(An−1 ∩ Hx+ ) .
Nach Korollar V.8.5(ii) existiert y ∈ S n−1 mit f (y) = f (−y), dh.
+
vol(Ai ∩ Hy+ ) = vol(Ai ∩ H−y
) = vol(Ai ∩ Hy− ),
1 ≤ i ≤ n − 1.
Zusammen mit (V.100) zeigt dies, dass die Hyperbene E := Hy+ ∩ Hy− die
gewünschte Eigenschaft besitzt.
V.8.7. Korollar. Es sei S n = A1 ∪ · · · ∪ An+1 wobei jedes Ai entweder
offen oder abgeschlossen ist, n ≥ 0. Dann muss eine der Mengen Ai ein Paar
von Antipodalpunkten enthalten, dh. es existieren i ∈ {1, . . . , n + 1} und x ∈ S n ,
sodass {x, −x} ⊆ Ai .
Beweis. Wir nehmen zunächst an, dass alle Ai abgeschlossen sind. Betrachte
die stetige Abbildung
f : S n → Rn , f (x) := d(x, A1 ), . . . , d(x, An ) ,
wobei d(x, Ai ) := mina∈Ai kx − ak den Abstand von x zu Ai bezeichnet. Nach
Korollar V.8.5(i) existiert y ∈ S n mit f (y) = f (−y), dh.
d(y, Ai) = d(−y, Ai ),
für alle 1 ≤ i ≤ n.
Falls d(y, Ai) = d(−y, Ai ) 6= 0 für alle 1 ≤ i ≤ n, dann folgt y ∈
/ A1 ∪ · · · ∪ An und
n
−y ∈
/ A1 ∪ · · · ∪ An , also {y, −y} ⊆ An+1 , denn S = A1 ∪ · · · ∪ An+1 . Andernfalls
V.8. DAS BORSUK–ULAM THEOREM
267
existiert j ∈ {1, . . . , n} mit d(y, Aj ) = d(−y, Ai) = 0, und daher {y, −y} ⊆ Aj ,
denn Aj ist abgeschlossen.
Im nächsten Schritt nehmen wir nun an, dass alle Ai offen sind. Für ε > 0
betrachten wir die offenen Teilmengen
Uiε := x ∈ S n d(x, S n \ Ai ) > ε ⊆ S n .
S
ε
n
Beachte
A
=
i
ε>0 Ui aufgrund der Abgeschlossenheit von S \ Ai . Es gilt daher
S
ε
S n = ε>0 (U1ε ∪ · · · ∪ Un+1
). Wegen der Kompaktheit von S n existiert also ε > 0
n
ε
ε
mit S = U1 ∪ · · · ∪ Un+1 . Nach dem ersten Schritt oben existieren daher i und
x ∈ S n mit {x, −x} ∈ Ūiε ⊆ Ai .
Für den allgemeinen Fall seien nun o.B.d.A. A1 , . . . , Ak abgeschlossen und
Ak+1 , . . . , An+1 offen. Für ε > 0 und 1 ≤ i ≤ k betrachten wir die offenen
Teilmengen
Viε := x ∈ S n d(x, Ai ) < ε ⊆ S n .
T
Beachte ε>0 Viε = Ai aufgrund der Abgeschlossenheit von Ai , 1 ≤ i ≤ k.
O.B.d.A. nehmen wir an, dass keine der Teilmengen Ak+1 , . . . , An+1 ein Paar
von Antipodalpunkten enthält. Nach dem zweiten Schritt oben, muss eine der
Mengen V1ε , . . . , Vkε ein Paar von Antipodalpunkten enthalten. Es existiert da1/l
her j ∈ {1, . . . , k} und eine Folge xl ∈ S n , sodass {xl , −xl } ⊆ Vk , für alle
l ∈ N. Durch Übergang zu einer Teilfolge, dürfen wir o.B.d.A. annehmen, dass xl
konvergiert. Für den Grenzwert y := liml→∞ xl gilt nun {y, −y} ∈ Aj .
V.8.8. Bemerkung. Betrachte die beiden Teilmengen
A1 := eπit t ∈ [0, 1) ⊆ S 1 und A2 := eπit t ∈ [1, 2) ⊆ S 1 .
Offensichtlich gilt S 1 = A1 ∪ A2 , aber keine der beiden Mengen enthält ein Paar
von Antipodalpunkten. Beachte, dass Ai weder offen noch abgeschlossen ist.
Es seien k, n ∈ N, 1 ≤ k ≤ n. Weiters bezeichne En,k die Menge aller kelementigen Teilmengen von {1, . . . , n}. Unter dem Kneser-Graph KGn,k verstehen wir den Graphen mit Eckenmenge En,k , wobei zwei Ecken v, w ∈ En,k
durch eine Kante verbunden werden, falls v ∩ w = ∅. Ist n < 2k, dann besitzt
KGn,k keine Kanten. Von nun an sei also n ≥ 2k − 1. Der Kneser-Graph KGn,k
besitzt eine Färbung mit n − 2k + 2 Farben, dh. es existiert eine Abbildung
ϕ : En,k → {1, . . . , n − 2k + 2}, sodass ϕ(v) 6= ϕ(w) falls v und w durch eine
Kante verbunden sind. Eine solche Färbung lässt sich leich angeben,74
ϕ(v) := min min(v), n − 2k + 2 .
74Um
die Färbungseigenschaft von ϕ einzusehen sei also ϕ(v) = ϕ(w). Es ist zu zeigen,
dass v und w nicht durch eine Kante verbunden sind, dh. wir haben v ∩ w 6= ∅ zu zeigen. Falls
ϕ(v) = ϕ(w) = n − 2k + 2 dann folgt min(v), min(w) ≥ n − 2k + 2, also sind v und w beide in
der (2k − 1)-elementigen Menge {n − 2k + 2, . . . , n} enthalten und müssen sich daher schneiden.
Andernfalls gilt ϕ(v) = ϕ(w) = min(v) = min(w) =: m, und daher m ∈ v ∩ w 6= ∅.
268
V. HOMOLOGIE MIT KOEFFIZIENTEN
Die chromatische Zahl75 des Kneser-Graphen ist daher höchstens n − 2k + 2.
V.8.9. Korollar (Kneser-Vermutung). Es sei n ≥ 2k − 1. Die chromatische
Zahl des Kneser-Graphen KGn,k ist n − 2k + 2.
Beweis. Wir folgen der Darstellung in [20, Chapter 10.6]. Wir gehen indirekt
vor und wählen ein Färbung von KGn,k mit d := n − 2k + 1 Farben. Weiters sei
X ⊆ S d ⊆ Rd+1 eine n-elementige Teilmenge, sodass je d + 1 verschiedene Punkte
von X stets linear unabhängig in Rd+1 sind. Für x ∈ S d bezeichne H(x) := {z ∈
Rd+1 |hx, zi > 0}. Wir identifizieren X = {1, . . . , n}, und betrachten die offenen
Teilmengen
n X ∩ H(x) enthält eine k-elementige
⊆ S d , 1 ≤ i ≤ d.
Ai := x ∈ S Teilmenge mit Farbe i
Wegen der Färbungseigenschaft und weil H(x)∩H(−x) = ∅, kann keine der Mengen Ai ein Paar von Antipodalpunkten enhalten. Nach Korollar V.8.7 muss also
die abgeschlossene Menge Ad+1 := S n \ (A1 ∪ · · · ∪ Ad ) ein Paar von Antipodalpunkten enthalten, {y, −y} ⊆ Ad+1 . Da y ∈
/ A1 ∪ · · ·∪ Ad gilt ♯(X ∩ H(y)) ≤ k − 1
und ebenso ♯(X ∩ H(−y)) ≤ k − 1, denn −y ∈
/ A1 ∪ · · · ∪ Ad . Nach Konstruktion
von X gilt aber auch ♯(X ∩ y ⊥ ) ≤ d, wobei y ⊥ := {z ∈ Rd+1 | hy, zi = 0}. Aus
H(−y) ∪ y ⊥ ∪ H(y) = Rd+1 folgt nun
♯X ≤ ♯(X ∩ H(−y)) + ♯(X ∩ y ⊥ ) + ♯(X ∩ H(y))
≤ (k − 1) + d + (k − 1) = n − 1,
der gewünschte Widerspruch, denn ♯X = n.
V.9. Hopf-Invariante. Wir wollen nun mit Hilfe der Komultiplikation die
sogenannte Hopf-Invariante einer stetigen Abbildung f : S 2n−1 → S n definieren,
n ≥ 2. Dazu fixieren wir Erzeuger αS n ∈ Hn (S n ) und betrachte den Raum
Cf := S n ∪f D 2n . Nach Beispiel IV.9.14 gilt:
(
Z falls q = 0, n, 2n
Hq (Cf ) ∼
=
0 sonst
Die kanonische Inklusion ι = ιf : S n → Cf induziert einen Isomorphismus
∼
=
→ Hn (Cf ).
ι∗ : Hn (S n ) −
(V.102)
Wir setzen a = af := ι∗ (αS n ) ∈ Hn (Cf ), dh. a ist ein Erzeuger von Hn (Cf ) ∼
= Z.
Wir fassen S n via ι als Teilraum von Cf auf. Mit Hilfe der kanonische Abbildung
Φ = Φf : (D 2n , S 2n−1 ) → (Cf , S n ) erhalten wir Isomorphismen
H2n (Cf )
75Unter
∼
=
/
H2n (Cf , S n ) o
Φ∗
∼
=
H2n (D 2n , S 2n−1 )
δ
∼
=
/
H2n−1 (S 2n−1 )
(V.103)
der chromatischen Zahl eines Graphen verstehen wir die kleinste Zahl k für die
eine Färbung mit k Farben existiert.
V.9. HOPF-INVARIANTE
269
Mit b = bf ∈ H2n (Cf ) ∼
= Z bezeichnen wir jenen Erzeuger, der via (V.103) dem
Erzeuger α2n−1 ∈ H2n−1 (S 2n−1 ) entspricht.
Nach Konstruktion bilden 1 ∈ H0 (Cf ), a ∈ Hn (Cf ) und b ∈ H2n (Cf ) eine
Basis von H∗ (Cf ). Aus Dimensionsgründen existiert genau eine Zahl h(f ) ∈ Z,
sodass
∆(b) = 1 ⊗ b + h(f )a ⊗ a + b ⊗ 1.
Diese Zahl wird die Hopf-Invariante der Abbildung f : S 2n−1 → S n genannt. Mit
der Notation aus Bemerkung V.7.11 lässt sich dies auch so schreiben:
∆n,n (b) = h(f )a ⊗ a.
V.9.1. Beispiel. Für die Hopfabbildung p : S 3 → CP1 ∼
= S 2 gilt Cp =
CP1 ∪p D 4 ∼
= CP2 , also h(p) = ±1 nach Korollar V.7.30(ii). Aus Satz V.9.3(i)&(ii)
unten folgt nun, dass p nicht nullhomotop ist.
V.9.2. Beispiel. Für die Hopfabbildung p : S 7 → HP1 ∼
= S 4 gilt Cp = HP1 ∪p
2
D8 ∼
= HP , also h(p) = ±1 nach Korollar V.7.30(iii). Aus Satz V.9.3(i)&(ii) unten
folgt nun, dass p nicht nullhomotop ist.
V.9.3. Satz (Hopf-Invariante). Die Hopf-Invariante stetiger Abildungen f :
S 2n−1 → S n , n ≥ 2, hat folgende Eigenschaften:
(i)
(ii)
(iii)
(iv)
(v)
(vi)
(vii)
f ≃ g ⇒ h(f ) = h(g). Wir erhalten daher h : [S 2n−1 , S n ] → Z.
h(const) = 0.
Ist n ungerade, dann gilt h(f ) = 0.
h(ϕ ◦ f ) = deg(ϕ)2 h(f ), für alle ϕ : S n → S n .
h(f ◦ ψ) = h(f ) deg(ψ), für alle ψ : S 2n−1 → S 2n−1 .
Ist n gerade, dann existiert f : S 2n−1 → S n mit h(f ) = 2.
Ist S n−1 ein H-Raum, dann existiert f : S 2n−1 → S n mit h(f ) = 1.
Beweis. Ad Behauptung (i). Wir werden eine stetige Abbildung ρ : Cf → Cg
mit ρ◦ ιf = ιg : S n → Cg und ρ◦ Φf ≃ Φg : (D 2n , S 2n−1 ) → (Cg , S n ) konstruieren.
Ist dies gelungen, dann folgt ρ∗ af = ag und ρ∗ bf = bg , vgl. (V.102) und (V.103),
somit
h(f )ag ⊗ ag = h(f )ρ∗ af ⊗ ρ∗ af = (ρ∗ ⊗ ρ∗ ) h(f )af ⊗ af
= (ρ∗ ⊗ ρ∗ )∆n,n (bf ) = ∆n,n (ρ∗ bf ) = ∆n,n (bg ) = h(g)ag ⊗ ag ,
und daher h(f ) = h(g). Für die Konstruktion von ρ wählen wir eine Homotopie
F : S 2n−1 × I → S n von F0 = f nach F1 = g und betrachte den Raum CF :=
S n ∪F (D 2n × I). Weiters sei r : D 2n × I → (D 2n × {1}) ∪ (S 2n−1 × I) eine
Retraktion, und es bezeichne i : D 2n → D 2n × I, i(z) := (z, 0), die Inklusion.
270
V. HOMOLOGIE MIT KOEFFIZIENTEN
Diese induzieren stetige Abbildungen ĩ : Cf → CF und r̃ : CF → Cg ,
Cf
S n ∪f D2n
ĩ
r̃
/ CF
idS n ∪i
/ S n ∪F (D 2n × I)
idS n ∪r
/ Cg
/ S n ∪F (D 2n × {1}) ∪ (S 2n−1 × I)
Setzen wir nun ρ := r̃ ◦ ĩ dann gilt sicherlich ρ ◦ ιf = ιg , und die Komposition
Φ
r̃
F
(D 2n , S 2n−1 ) × I = (D 2n × I, S 2n−1 × I) −−→
(CF , S n ) −
→ (Cg , S n )
liefert die gewünschte Homotopie von ρ ◦ Φf nach Φg .
Ad Behauptung (ii). In diesem Fall gilt Cf ∼
= S n ∨ S 2n , es existiert daher eine
Retraktion r : Cf → S n , r|S n = idS n . Es folgt r∗ a = a, r∗ b = 0 und damit
0 = ∆n,n (r∗ b) = (r∗ ⊗ r∗ )∆n,n (b) = (r∗ ⊗ r∗ ) h(f )a ⊗ a
= h(f )r∗ a ⊗ r∗ a = h(f )a ⊗ a,
also h(f ) = 0.
Ad Behauptung (iii). Wegen der Kokommutativität von ∆ gilt τ (∆n,n (b)) =
∆n,n (b), also
h(f )a ⊗ a = ∆n,n (b) = τ (∆n,n (b)) = τ h(f )a ⊗ a
= (−1)|a||a| h(f )a ⊗ a = −h(f )a ⊗ a,
und somit h(f ) = 0.
Ad Behauptung (iv). Betrachte die stetige Abbildung ϕ̃ : Cf → Cϕf ,
ϕ∪id
2n
D
ϕ̃ : Cf = S n ∪f D 2n −−−−
−→ S n ∪ϕf D 2n = Cϕf .
Aus ϕ̃ ◦ ιf = ιϕf ◦ ϕ erhalten wir ϕ̃∗ af = deg(ϕ)aϕf , und aus ϕ̃ ◦ Φf = Φϕf folgt
ϕ̃∗ bf = bϕf . Somit erhalten wir
h(ϕf )aϕf ⊗ aϕf = ∆n,n (bϕf ) = ∆n,n (ϕ̃∗ bf ) = (ϕ̃∗ ⊗ ϕ̃∗ )∆n,n (bf )
= (ϕ̃∗ ⊗ ϕ̃∗ ) h(f )af ⊗ af = h(f )ϕ̃∗ af ⊗ ϕ̃∗ af = h(f ) deg(ϕ)2 aϕf ⊗ aϕf ,
also h(ϕf ) = h(f ) deg(ϕ)2 .
Ad Behauptung (v). Wir setzen ψ : S 2n−1 → S 2n−1 zu einer stetigen Abbildung ψ̄ : D 2n → D 2n fort, etwa durch ψ̄(z) := kzkψ(z/kzk), es gilt daher
ψ̄|S 2n−1 = ψ. Betrachte nun die stetige Abbildung ψ̃ : Cf ψ → Cf ,
id
n
∪ψ̄
ψ̃ : Cf ψ = S n ∪f ψ D 2n −−S−−→ S n ∪f D 2n = Cf .
V.9. HOPF-INVARIANTE
271
Aus ψ̃ ◦ ιf ψ = ιf erhalten wir ψ̃∗ af ψ = af , und aus ψ̃ ◦ Φf ψ = Φf ◦ ψ̄ folgt
ψ̃∗ bf ψ = deg(ψ)bf . Somit erhalten wir
deg(ψ)h(f )af ⊗ af = deg(ψ)∆n,n (bf ) = ∆n,n (ψ̃∗ bf ψ ) = (ψ̃∗ ⊗ ψ̃∗ )∆n,n (bf ψ )
= (ψ̃∗ ⊗ ψ̃∗ ) h(f ψ)af ψ ⊗ af ψ = h(f ψ)ψ̃∗ af ψ ⊗ ψ̃∗ af ψ = h(f ψ)af ⊗ af ,
also deg(ψ)h(f ) = h(f ψ).
Ad Behauptung (vi). Es bezeichne ∗ ∈ S n einen Punkt. Wähle eine Abbildung
∼
=
g : (D n , ∂D n ) → (S n , {∗}), sodass g : D n /∂Dn −
→ S n einen Homöomorphismus
induziert. Betrachte nun die Abbildung f : S 2n−1 → S n ,
(g◦pr )∪(g◦pr )
1
f : S 2n−1 = ∂D 2n = ∂(D n × D n ) = (∂D n × D n ) ∪ (D n × ∂D n ) −−−−2−−−−−→
S n.
Beachte, dass dies wohldefniert und stetig ist, denn g|∂Dn = const∗ . Wir werden
nun h(f ) = ±2 zeigen. Betrachte dazu den Raum
X := S n × S n / ∼
n
(x, ∗) ∼ (∗, x),
n
und bezeichne mit p : S × S → X die kanonische Projektion. Weiters bezeichne
j : S n → X die durch j(x) := p(∗, x) = p(x, ∗) definierte stetige Abbildung.
Beachte, dass j injektiv ist. Definiere weiters G : D 2n → X als die Komposition
g×g
p
G : D 2n = D n × D n −−→ S n × S n −
→ X.
∼
=
→ X \ j(S n ) einschränkt. Da
Beachte, dass sich G zu einer Bijektion G|D̊2n : D̊ 2n −
G|S 2n−1 = j ◦ f erhalten wir eine stetige Abbildung J : Cf → X,
j∪G
J : Cf = S n ∪f D 2n −−→ X
∼
=
→ X.
Nach Konstruktion ist J eine Bijektion, also ein Homöomorphismus J : Cf −
∼
Z
jeweils
Z
und
b̄
:=
J
b
∈
H
(X)
Daher sind ā := J∗ af ∈ Hn (X) ∼
=
=
∗ f
2n
Erzeuger. Wegen der Natürlichkeit der Komultiplikation genügt es daher
∆n,n (b̄) = ±2ā ⊗ ā ∈ Hn (X) ⊗ Hn (X)
(V.104)
zu zeigen. Nach dem Künneth Theorem bilden
1 := 1S n × 1S n ∈ H0 (S n × S n )
ã1 := αS n × 1S n ∈ Hn (S n × S n )
ã2 := 1S n × αS n ∈ Hn (S n × S n )
b̃ := αS n × αS n ∈ H2n (S n × S n )
eine Basis von H∗ (S n × S n ). Bezeichnen i1 , i2 : S n → S n × S n die beiden Inklusionen, i1 (x) = (x, ∗), i2 (x) = (∗, x), dann folgt aus Satz V.6.5 und der Relation
p ◦ i1 = j = J ◦ ιf
p∗ ã1 = p∗ (αS n × 1S n ) = p∗ (i1 )∗ (αS n ) = (p ◦ i1 )∗ αS n
= (J ◦ ιf )∗ αS n = J∗ (ιf )∗ αS n = J∗ af = ā.
272
V. HOMOLOGIE MIT KOEFFIZIENTEN
Ebenso folgt aus p ◦ i2 = j = J ◦ ιf auch p∗ ã2 = ā. Die Projektion induziert einen
∼
=
→ X/j(S n ), und daher
Homöomorphismus p : (S n × S n )/(S n × {∗} ∪ {∗} × S n ) −
∼
=
→ H∗ (X, j(S n )).
einen Isomorphismus p∗ : H∗ (S n × S n , S n × {∗} ∪ {∗} × S n ) −
Aus der Natürlichkeit der langen exakten Sequenz von Paaren folgt nun, dass
∼
=
→ H2n (X) ein Isomorphismus sein muss. Also ist p∗ b̃ ∈
auch p∗ : H2n (S n × S n ) −
H2n (X) ∼
= Z ein Erzeuger, es muss daher p∗ b̃ = ±b̄ gelten. Da n gerade ist folgt
aus (V.86) und ∆(αS n ) = 1S n ⊗ αS n + αS n ⊗ 1S n
∆n,n (b̃) = ∆n,n (αS n × αS n ) = ã1 ⊗ ã2 + (−1)|ã1 ||ã2 | ã2 ⊗ ã1 = ã1 ⊗ ã2 + ã2 ⊗ ã1
woraus wir nun
±∆(b̄) = ∆(p∗ b̃) = (p∗ ⊗ p∗ )∆(b̃) = p∗ ã1 ⊗ p∗ ã2 + p∗ ã2 ⊗ p∗ ã1 = 2ā ⊗ ā
erhalten. Damit ist nun (V.104) gezeigt.
Ad Behauptung (vii). Es bezeichne also µ : S n−1 × S n−1 → S n−1 eine Hn
Raummultiplikation. Weiters bezeichne D+
⊆ S n die nördliche Hemisphere und
n
n
n
n
n
D− ⊆ S die südliche Hemisphere, dh. D+ ∩D−
= S n−1 ⊆ S n . Da D+
kontrahiern
n
n
bar ist lässt sich µ zu einer stetigen Abbildung f+ : ∂D × D → D+ fortsetzen.76
n
Ebenso lässt sich µ zu einer stetigen Abbildung f− : D n × ∂D n → D−
fortsetzen.
Wegen f+ |∂Dn ×∂Dn = µ = f− |∂Dn ×∂Dn erhalten wir eine stetige Abbildung
f+ ∪f−
f : S 2n−1 = ∂D 2n = ∂(D n × D n ) = ∂D n × D n ∪ D n × ∂D n −−−−→ S n .
n
⊆ S n ⊆ Cf auf und
Wir werden nun h(f ) = ±1 zeigen. Wir fassen wieder D±
betrachten
Φf
Φ : D n × D n = D 2n −→ Cf ,
es gilt daher Φ|∂Dn ×Dn = f+ sowie Φ|Dn ×∂Dn = f− . Weiters seien i± : D n →
D n × D n , i+ (x) := (x, ∗), i− (x) := (∗, x), wobei ∗ ∈ S n−1 ⊆ D n einen Basispunkt
bezeichnet. Beachte
n
n
Φ ◦ i+ : (D n , S n−1 ) → (D−
, S n−1 ) ⊆ (Cf , D+
),
und (Φ ◦ i+ )|S n−1 = µ+
wobei µ+ : S n−1 → S n−1 , µ+ (x) := µ(x, ∗). Wir erhalten daher ein kommutatives
Diagramm:
Hn (D n × D n , ∂D n × D n )
Φ∗
n
Hn (Cf , D+
)
/
O
O
∼
= (i+ )∗
Hn (D n , S n−1 )
∼
=
(Φ◦i+ )∗
/
n
Hn (D−
, S n−1)
∼
= δ
Hn−1 (S n−1 )
76Identifizieren
Fortsetzung.
δ ∼
=
(µ+ )∗
∼
=
/
Hn−1 (S n−1)
n
wir D+
= Dn , dann liefert etwa f+ (x, y) := kykµ(x, y/kyk) eine explizite
V.9. HOPF-INVARIANTE
273
Da µ eine H-Raummultiplikation ist gilt µ+ ≃ idS n−1 , also ist der untere horzontale Pfeil tatsächlich ein Isomorphismus. Der linke obere vertikale Pfeil ist ein
Isomorphismus, denn i+ : (D n , S n−1) → (D n × D n , ∂D n × D n ) ist eine Homotopieäquivalenz. Schließlich ist auch der rechte obere vertikale Pfeil ein Isomorphis∼
=
n
→
mus, denn er stimmt mit der Komposition der Isomorphismen Hn (D−
, S n−1 ) −
∼
=
n
n
Hn (S n , D+
) −
→ Hn (Cf , D+
) überein. Aus der Kommutativität des Diagramms
schließen wir nun, dass Φ einen Isomorphsimus
∼
=
n
Φ∗ : Hn (D n × D n , ∂D n × D n ) −
→ Hn (Cf , D+
)
induziert. Analog lässt sich zeigen, dass Φ auch einen Isomorphismus
∼
=
n
→ Hn (Cf , D−
)
Φ∗ : Hn (D n × D n , D n × ∂D n ) −
induziert. Bezeichnen D die Diagonalabbildungen, dann erhalten wir aus der
Natürlichkeit des Kreuzproduktes ein kommutatives Diagramm:
×
Hn (Cf ) ⊗ Hn (Cf )
/
H2n (Cf × Cf )
D∗
o
H2n (Cf )
∼
=
∼
=
n ) ⊗ H (C , D n )
Hn (Cf , D+
n
f
−
O
∼
=
×
/
∼
=
Φ∗ ⊗Φ∗
Hn (D n × D n , ∂D n × D n )
⊗
Hn (D n × D n , D n × ∂D n )
×
/
∼
=
O
D∗
o
×
∼
=
/
H2n (Cf , S n )
O
Φ∗
`
´
H2n (D n )4 , ∂D n × (D n )3 ∪ (D n )3 × ∂D n
O
(i+ ×i− )∗
(i+ )∗ ⊗(i− )∗
Hn (D n , ∂D n ) ⊗ Hn (D n , ∂D n )
`
´
n × C ) ∪ (C × D n )
H2n Cf × Cf , (D+
f
f
−
(Φ×Φ)∗
O
∼
=
∼
=
o
D∗
∼
=
H2n (D n × D n , ∂(D n × D n ))
r∗
`
´
H2n D n × D n , (∂D n × D n ) ∪ (D n × ∂D n )
n
Nach obigen Bemerkungen und weil D±
kontrahierbar ist, sind alle vertikalen
Pfeile in der linken Spalte Isomorphismen. Aufgrund der relativen Version des
Künneth-Theorems sind die drei unteren Kreuzprodukte Isomorphismen. Beachte, dass auch i+ ×i− eine Homotpieäquivalenz mit Homotopieinverser r : (D n )4 →
D n × D n , r(x1 , y1, x2 , y2 ) := (x1 , y2 ) ist. Da offensichtlich D ◦ r = id kommutiert
auch der rechte untere Teil des Diagramms. Aus der Kommutativität dieses Diagramms folgt nun
n
n
D∗ bf = ±af × af ∈ H2n Cf × Cf , (D+
× Cf ) ∪ (Cf × D−
) ,
denn beides sind Erzeuger derselben Gruppe. Daraus erhalten wir
D∗ bf = 1 × bf + bf × 1 ± af × af ∈ H2n (Cf × Cf ),
und dies bedeutet gerade ∆n,n (bf ) = ±af ⊗ af , also h(f ) = ±1.
V.9.4. Bemerkung. Nach Satz V.9.3(vii) existieren Abbildungen S 3 → S 2 ,
S → S 4 und S 15 → S 8 mit Hopfinvariante 1, denn S 1 ⊆ C, S 3 ⊆ H und S 7 ⊆ O
sind H-Räume. Es stellt sich nun die Frage für welche (geraden) n tatsächlich eine
7
274
V. HOMOLOGIE MIT KOEFFIZIENTEN
stetige Abbildung f : S 2n−1 → S n mit h(f ) = 1 existiert. Nach einem Resultat
von Adams sind ist dies nur für n = 2, 4, 8 möglich. Nach Satz V.9.3(vii) sind
daher S 0 , S 1 , S 3 und S 7 die einzigen Sphären, die eine H-Raum Struktur besitzen.
Nach Lemma V.7.25(iii) sind also S 0 , S 1 , S 3 und S 7 die einzigen parallelisierbaren
Sphären. Aus Lemma V.7.25(i) folgt daraus auch, dass eine endlich-dimensionale
Divisionsalgebra über R Dimension 1, 2, 4 oder 8 haben muss, vgl. Korollar V.7.33
sowie Korollar V.7.34.
V.10. Die Fundamentalklasse einer Mannigfaltigkeit. Es sei M eine
n-Mannigfaltigkeit ohne Rand. In Bemerkung IV.12.8 haben wir eine Überlagerung M̃Z → M definiert deren Faser über x ∈ M gerade die lokale Homologiegruppe Hn (M, M \ {x}) ∼
= Z war. Dies lässt sich in naheliegender Weise auf
eine beliebige Koeffizientengruppe
G verallgemeinern. Für eine abelsche Gruppe
F
G setzen wir M̃G := x∈M Hn (M, M \ {x}; G) und betrachten die kanonische
Projektion p : M̃G → M, dh. p−1 (x) = Hn (M, M \ {x}; G). Wir versehen nun
M̃G mit einer Topologie, sodass p : M̃G → M eine Überlagerung wird. Wie in
Bemerkung IV.12.8 betrachten wir einen eingebetteten Ball D ⊆ M und die
Bijektion
∼
=
→ p−1 (D̊) ⊆ M̃G ,
ΨD : D̊ × Hn (M, M \ D̊; G) −
(V.105)
die x ∈ D̊ und a ∈ Hn (M, M \ D̊; G) das von der Inklusion ιD
x : (M, M \ D̊) →
−1
)
a
∈
p
(x)
=
H
(M,
M
\
{x}; G) zuordnet,
(M, M \ {x}) induzierte Element (ιD
n
x ∗
es gilt daher p ◦ ΨD = pr1 . Wir versehen M̃G mit der eindeutigen Topologie,
sodass (V.105) für jeden eingebetteten Ball D ein Homöomorphismus wird, wobei
Hn (M, M \ D̊; G) als diskreter Raum aufgefasst wird. Mit dieser Topologie ist p :
M̃G → M eine Überlagerung. Beachte, dass die Faser p−1 (x) = Hn (M, M \{x}; G)
über jedem x ∈ M mit einer Gruppenstruktur ausgestattet ist.
V.10.1. Bemerkung. Die zweiblättrige Überlagerung M̃Z2 → M ist stets
trivial, dh. M̃Z2 = M × Z2 . Ordnen wir jedem x ∈ M das (eindeutige) nichttriviale Element in H(M, M \ {x}; Z2 ) ∼
= Z2 zu, so erhalten wir einen stetigen
Schnitt von M̃Z2 → M. Zusammen mit dem (stetigen) Nullschnitt liefert dies
einen kanonischen Isomorphismus von Überlagerungen M̃Z2 = M × Z2 .
V.10.2. Bemerkung. Die unendlich-blättrige Überlagerung M̃Z → M ist genau dann trivial, wenn M orientierbar ist. In diesem Fall liefert jede Orientierung
von M einen stetigen Schnitt von M̃Z → M der jedem x ∈ M einen Erzeuger der
lokalen Homologiegruppe Hn (M, M \ {x}) ∼
= Z zuordnet. Umgekehrt bestimmt
jeder solche Schnitt eine Orientierung von M.
V.10.3. Bemerkung. Ist M orientierbar, dann ist die Überlagerung M̃G →
M für jede abelsche Gruppe G trivial. Für jedes x ∈ M erhalten wir nämlich aus
dem universellen Koeffiziententheorem einen Isomorphismus Hn (M, M \ {x}) ⊗
G = Hn (M, M \ {x}; G). Ist nun o eine Orientierung von M, dann liefert M ×
V.10. DIE FUNDAMENTALKLASSE EINER MANNIGFALTIGKEIT
275
G → M̃G , (x, g) 7→ ox ⊗ g, den gewünschten Isomorphismus von Überlagerungen
M̃G ∼
= M × G.
Ist p : X̃ → X eine Überlagerung, dann bezeichnen wir mit Γ(X̃) die Menge
der stetigen Schnitte dieser Überlagerung, dh. die Menge aller stetigen Abbildungen σ : X → X̃ mit p ◦ σ = idX . Beachte, dass Γ(X̃) durchaus leer sein
kann, die Überlagerungen M̃G → M besitzen jedoch immer einen (stetigen) Nullschnitt. Für eine triviale Überlagerung X̃ = X × Λ kann Γ(X̃) mit der Menge
der lokal konstanten Funktionen X → Λ identifiziert werden. Ist darüberhinaus
X zusammenhängend, dann erhalten wir Γ(X̃) = Λ.
Sei nun A ⊆ M abgeschlossen. Dann ist auch M̃G |A → A eine Überlagerung. Es bezeichne Γc (M̃G |A ) die Menge der stetigen Schnitte mit kompakten
Träger dieser Überlagerung. Beachte, dass die punktweise Addition von Schnitten Γc (M̃G |A ) zu einer abelschen Gruppe macht. Ist G = R ein kommutativer
Ring, dann ist Γc (M̃R |A ) in kanonischer Weise ein R-Modul.
Jede Homologieklasse a ∈ Hn (M, M \A; G) liefert einen stetigen Schnitt JGA (a)
von M̃G |A . Dieser ordnet jedem x ∈ A das Bild von a unter dem von der kanonischen Inklusion ιA
x : (M, M \ A) → (M, M \ {x}) induzierten Homomorphismus
(ιA
x )∗ : Hn (M, M \ A; G) → (M, M \ {x}; G),
JGA (a)(x) := (ιA
x )∗ (a)
zu. Da a von einer endlichen Linearkombination singulärer Simplizes repräsentiert
wird, und da diese in einer kompakten Teilmenge von M liegen müssen, hat der
Schnitt JGA (a) kompakten Träger. Offensichtlich gilt JGA (a1 + a2 ) = JGA (a1 ) +
JGA (a2 ). Wir erhalten somit einen Homomorphismus abelscher Gruppen
JGA : Hn (M, M \ A; G) → Γc (M̃G |A ).
(V.106)
Ist G = R ein Ring, dann ist dies ein Homomorphismus von R-Moduln.
V.10.4. Satz. Es sei M eine n-Mannigfaltigkeit, A ⊆ M abgeschlossen und
G eine abelsche Gruppe. Dann ist (V.106) ist ein Isomorphismus, und es gilt
Hq (M, M \ A; G) = 0, für alle q > n.
Spezialisieren wir Satz V.10.4 auf A = M, so erhalten wir
V.10.5. Korollar. Es sei M eine n-Mannigfaltigkeit und G eine abelsche
∼
=
→ Γc (M̃G ) ein Isomorphismus, und es gilt
Gruppe. Dann ist JGM : Hn (M; G) −
Hq (M; G) = 0 für alle q > n.
Beweis von Satz V.10.4. Wir folgen im Wesentlichen dem Beweis in [20,
Chapter 16.3], siehe aber auch [2, Chapter VIII§3] oder [4, Lemma 3.27]. Sind A ⊆
B ⊆ M abgeschlossen, dann bezeichnen wir mit ιB
A : (M, M \B) → (M, M \A) die
B
kanonische Inklusion, und mit rA : Γc (M̃G |B ) → Γc (M̃G |A ) die Einschränkung.
276
V. HOMOLOGIE MIT KOEFFIZIENTEN
Offensichtlich kommutiert dann das Diagramm:
Hn (M, M \ B; G)
B
JG
Γc (M̃G |B )
/
(ιB
A )∗
Hn (M, M \ A; G)
(V.107)
B
rA
A
JG
/
Γc (M̃G |A )
Behauptung 1. Es seien A und B zwei abgeschlossene Teilmengen von M.
Weiters sei die Aussage des Satzes für A, B und A ∩ B richtig. Dann gilt der
Satz auch für A ∪ B.
Wir betrachten dazu das folgende Diagramm:
/0
Hn+1 M, M \ (A ∩ B); G
∼
=
δ
Hn M, M \ (A ∪ B); G
A∪B
JG
/
Γc (M̃G |A∪B )
A∪B ) ,−(ιA∪B ) )
((ιA
∗
∗
B
Hn M, M \ A; G ⊕ Hn M, M \ B; G
A∪B ,−r A∪B )
(rA
B
A ⊕J B
JG
G
∼
=
/
Γc (M̃G |A ) ⊕ Γc (M̃G |B )
B
A
+rA∩B
rA∩B
B
(ιA
A∩B )∗ +(ιA∩B )∗
Hn M, M \ (A ∩ B); G
A∩B
JG
∼
=
/
Γc (M̃G |A∩B )
Aus (V.107) folgt, dass dieses Diagramm kommutiert. Offensichtlich ist die rechte
Spalte bei der zweiten und dritten Zeile exakt. Nach Proposition V.6.15 ist auch
die linke Spalte exakt. Nach Voraussetzung sind der erste, dritte und vierte horizontale Pfeil Isomorphismen. Daraus folgt sofort, dass auch der zweite horizontale
Pfeil ein Isomorphismus sein muss. Aus der Exaktheit der Mayer–Vietoris Sequenz
der linken Spalte in höheren Dimensionen folgt, Hq (M, M \ (A ∪ B); G) = 0, für
q > n. Damit ist Behauptung 1 bewiesen.
Behauptung 2. Der Satz ist für M = Rn und jede kompakte konvexe Teilmenge A ⊆ Rn richtig.
O.B.d.A. dürfen wir 0 ∈ A ⊆ B n annehmen. Betrachte die Homotopie
H : (Rn \ A) × I → Rn \ A,
x
Ht (x) := tx + (1 − t) kxk
.
Beachte, dass dies wegen der Konvexität von A tatsächlich Werte in Rn \ A
hat. Weiters gilt H1 = idRn \A und H0 : Rn \ A → S n−1 ist eine Retraktion.
Somit sehen wir, dass S n−1 ⊆ Rn \ A ein Deformationsretrakt ist. Insbesondere
∼
=
induziert die Inklusion einen Isomorphismus H∗ (S n−1 ; G) −
→ H∗ (Rn \ A; G). Da
∼
=
auch die Inklusion D n → Rn einen Isomorphismus H∗ (D n ; G) −
→ H∗ (Rn ; G)
induziert, folgt aus der Natürlichkeit der langen exakten Sequenz von Paaren,
∼
=
dass die Inklusion einen Isomorphismus H∗ (D n , S n−1 ; G) −
→ H∗ (Rn , Rn \ A; G)
V.10. DIE FUNDAMENTALKLASSE EINER MANNIGFALTIGKEIT
277
induziert. Ebenso haben wir einen von der Inklusion induzierten Isomorphismus
∼
=
H∗ (D n , S n−1 ; G) −
→ H∗ (Rn , Rn \ {0}; G). Somit ist
∼
=
n
n
(ιA
→ H∗ (Rn , Rn \ {0}; G).
{0} )∗ : H∗ (R , R \ A; G) −
ein Isomorphismus. Insbesondere gilt Hq (Rn , Rn \A; G) = 0, für alle q 6= n. Wegen
der Kontrahierbarkeit von A ist auch
∼
=
A
→ Γ(R̃nG |{0} ) = Hn (Rn , Rn \ {0}; G)
r{0}
: Γ(R̃nG |A ) −
ein Isomorphismus. Behauptung 2 folgt nun aus der Kommutativität von (V.107).
Behauptung 3. Der Satz ist für M = Rn und jede endliche Vereinigung
kompakter, konvexer Teilmengen A ⊆ Rn richtig.
Sei also A = A1 ∪ · · · ∪ Ak , wobei jedes Ai kompakt und konvex ist. Wir
zeigen die Behauptung mittels Induktion nach k. Den Induktionsbeginn k = 1
haben wir in Behauptung 2 behandelt. Für den Induktionsschritt schreiben wir
A = (A1 ∪ · · · ∪ Ak−1 ) ∪ Ak und beobachten, dass (A1 ∪ · · · ∪ Ak−1 ) ∩ Ak =
(A1 ∩Ak )∪· · ·∪(Ak−1 ∩Ak ) eine Vereinigung von (k −1) kompakten und konvexen
Teilmengen ist. Nach Induktionsvoraussetzung ist der Satz also für A1 ∪· · ·∪Ak−1 ,
Ak und (A1 ∪ · · ·∪ Ak−1 ) ∩ Ak richtig. Aus Behauptung 1 schließen wir, dass er für
A = (A1 ∪ · · · ∪ Ak−1 ) ∪ Ak richtig bleibt. Damit ist der Induktionsschritt gezeigt
und der Beweis von Behauptung 3 vollständig.
Behauptung 4. Der Satz ist für M = Rn und jede kompakte Teilmenge
A ⊆ Rn richtig.
Wir zeigen zunächst Hq (Rn , Rn \ A; G) = 0 für q > n. Sei dazu a ∈ Cq (Rn ; G)
eine Kette die eine Homologieklasse [a] ∈ Hq (Rn , Rn \ A; G) repräsentiert. Da ∂a
in einer kompakten Teilmenge von Rn \ A liegt, existiert eine Umgebung U von
A, sodass a eine Homologieklasse [a] ∈ Hq (Rn , Rn \ U; G) repräsentiert. Aufgrund
der Kompaktheit von A existieren endlich viele konvexe kompakte Teilmengen
A1 , . . . , Ak mit A ⊆ A1 ∪ . . . Ak ⊆ U, a repräsentiert daher auch eine Homologieklasse [a] ∈ Hq (Rn , Rn \ (A1 ∪ · · · ∪ Ak ); G). Nach Behauptung 3 ist diese
Homologiegruppe trivial, es folgt daher 0 = [a] ∈ Hq (Rn , Rn \ A; G). Es bleibt
noch zu zeigen, dass
JGA : Hn (Rn , Rn \ A; G) → Γ(R̃nG |A )
(V.108)
ein Isomorphismus ist. Um die Injektivität von (V.108) einzusehen, sei nun a ∈
Cn (Rn ; G) eine Kette die eine Klasse [a] ∈ Hn (Rn , Rn \ A; G) mit JGA ([a]) = 0
repräsentiert. Wie oben finden wir kompakte konvexe Teilmengen A1 , . . . , Ak mit
A ⊆ A1 ∪ · · · ∪ Ak , sodass [a] ∈ Hn (Rn , Rn \ (A1 ∪ · · · ∪ Ak ); G). Wählen wir Ai
so, dass A ∩ Ai 6= ∅, i = 1, . . . , k, dann ist
A1 ∪···∪Ak
rA
: Γ(R̃nG |A1 ∪···∪Ak ) → Γ(R̃nG |A )
injektiv. Aus der Kommutativität von (V.107) folgt daher JGA1 ∪···∪Ak ([a]) = 0.
Nach Behauptung 3 gilt 0 = [a] ∈ Hn (Rn , Rn \ (A1 ∪ · · · ∪ Ak ); G) und somit auch
0 = [a] ∈ Hn (Rn , Rn \ A; G). Nun zur Surjektivität von (V.108). Sei also σ ∈
278
V. HOMOLOGIE MIT KOEFFIZIENTEN
Γ(R̃nG |A ). Nach dem Fortsetzungssatz von Tietze77 lässt sich σ zu einem stetigen
Schnitt σ̃ ∈ Γ(R̃nG ) ausdehnen, denn R̃nG ∼
= Rn × G. Wieder wählen wir endlich
viele konvexe kompakte Teilmengen A1 , . . . , Ak , sodass A ⊆ A1 ∪ · · · ∪ Ak . Durch
Einschränken erhalten wir σ̄ := σ̃|A1 ∪···∪Ak ∈ Γ(R̃nG |A1 ∪···∪Ak ). Nach Behauptung 3
existiert ā ∈ Hn (Rn , Rn \ (A1 ∪ · · · ∪ Ak ); G) mit JGA1 ∪···∪Ak (ā) = σ̄. Aufgrund der
1 ∪···∪Ak
Kommutativität von (V.107) gilt für a := (ιA
)∗ (ā) ∈ Hn (Rn , Rn \ A; G)
A
A
nun JG (a) = σ. Damit ist auch Behauptung 4 gezeigt.
∼
=
→ Rn mit
Behauptung 5. Es sei A ⊆ M kompakt, sodass eine Karte ϕ : U −
A ⊆ U existiert. Dann ist der Satz ist für A richtig.
Nach Behauptung 4 ist der Satz für A ⊆ U richtig. Mittels Excision sehen
wir, dass die Inklusion einen Isomorphismus H∗ (U, U \ A; G) ∼
= H∗ (M, M \ A; G)
induziert. Also gilt der Satz auch für A ⊆ M, denn M̃G |A = ŨG |A . Somit ist
Behauptung 5 gezeigt.
Behauptung 6. Der Satz ist für jedes M und jede kompakte Teilmenge A ⊆
M richtig.
Wegen der Kompaktheit von A finden wir endlich viele kompakte Teilmengen
A1 , . . . , Ak mit A = A1 ∪ · · · ∪ Ak und so, dass jedes Ai in einem Kartengebiet wie
in Behauptung 5 liegt. Ein Induktionsargument wie in Behauptung 3 zeigt nun,
dass der Satz auch für A = A1 ∪· · ·∪Ak gilt. Der Induktionsbeginn k = 1 wurde in
Behauptung 5 behandelt. Für den Induktionsschritt schreiben wir A = (A1 ∪· · ·∪
Ak−1 )∪Ak und beobachten, dass (A1 ∪· · ·∪Ak−1 )∩Ak = (A1 ∩Ak )∪· · ·∪(Ak−1 ∩Ak )
eine Vereinigung von k − 1 kompakten Teilmengen ist, und jede davon liegt in
einem Kartengebiet. Nach Induktionsvoraussetzung gilt die Behauptung also für
A1 ∪ · · · ∪ Ak−1 , Ak und (A1 ∪ · · · ∪ Ak−1 ) ∩ Ak . Nach Behauptung 1 bleibt der
Satz daher für A = (A1 ∪ · · · Ak−1 ) ∪ Ak richtig. Damit ist der Induktionsschritt
gezeigt und Behauptung 6 bewiesen.
Behauptung 7. Es sei A ⊆ M eine disjunkte Vereinigung kompakter Teilmengen. Dann gilt
F der Satz für A.
Sei also A = λ∈Λ Aλ , wobei jedes Aλ kompakt ist,
S dh. die Aλ sind paarweise
disjunkt, und die von M auf der Vereinigung A = λ∈Λ Aλ induzierte Topologie ist die der disjunkten Vereinigung. Es existieren paarweise
disjunkte offene
S
Teilmengen
F Uλ ⊆ M mit Aλ ⊆ Uλ . Setzen wir U := λ∈Λ Uλ , dann gilt also
(U, A) = λ∈Λ (Uλ , Aλ ). Mittels Excision erhalten wir einen Isomorphismus
Hq (M, M \ A; G) = Hq (U, U \ A; G)
M
M
Hq (Uλ , Uλ \ Aλ ; G) =
Hq (M, M \ Aλ ; G).
=
λ∈Λ
77Ist
λ∈Λ
X ein normaler Raum, A ⊆ X abgeschlossen und f : A → R stetig, dann existiert
eine stetige Fortsetzung F : X → R von f , dh. F |A = f , siehe etwa [14, Kapitel ???]. Da jeder
metrische Raum normal ist, ist auch Rn normal.
V.10. DIE FUNDAMENTALKLASSE EINER MANNIGFALTIGKEIT
279
Zusammen mit Behauptung 6 folgt daraus Hq (M, M \A; G) = 0 für q > n. Weiters
L
haben wir Γc (M̃G |A ) =
λ∈Λ Γc (M̃G |Aλ ), und bis auf diese Isomorphismen gilt
L
Aλ
A
JG = λ∈Λ JG . Aus Behauptung 6 folgt daher, dass auch JGA ein Isomorphismus
ist. Damit ist Behauptung 7 gezeigt.
Um den Beweis von Satz V.10.4 abzuschließen sei nun A ⊆ M eine beliebige
abgeschlossene Teilmenge. Nach Lemma V.10.6 gilt A = B ∪ C wobei B, C
und B ∩ C jeweils disjunkte Vereinigungen kompakter Teilmengen sind. Nach
den Behauptungen 6 und 7 ist der Satz also für B, C und B ∩ C richtig. Nach
Behauptung 1 gilt er daher auch für A = B ∪ C.
V.10.6. Lemma. Jede abgeschlossene Teilmenge A einer topologischen Mannigfaltigkeit M lässt sich in der Form A = B ∪ C darstellen, wobei B, C und
B ∩ C jeweils disjunkte Vereinigungen kompakter Teilmengen sind.
Beweis. Wir dürfen o.B.d.A. M als zusammenhängend voraussetzen. Es existiert daher eine kompakte Ausschöpfung ∅ = K0 ⊆ K1 ⊆ K2 ⊆ KS
3 ⊆ · · · von
M.78 Dh. jedes Ki ist kompakt, und es gilt Ki ⊆ K̊i+1 sowie M = i∈N Ki . Die
Mengen
[
G
B := A ∩ (K2i \ K̊2i−1 ) =
A ∩ (K2i \ K̊2i−1 )
und
C := A ∩
i∈N
i∈N
[
G
(K2i+1 \ K̊2i ) =
i∈N
haben nun die gewünschten Eigenschaften.
A ∩ (K2i+1 \ K̊2i )
i∈N
V.10.7. Korollar (Z2 -Fundamentalklasse). Es sei M eine geschlossene79 nMannigfaltigkeit. Dann existiert eine eindeutige Klasse [M]Z2 ∈ Hn (M; Z2 ) mit
folgender Eigenschaft. Für jedes x ∈ M bildet der von der kanonischen Inklusion
ιM
x : (M, ∅) → (M, M \ {x}) induzierte Homomorphismus
(ιM )∗ : Hn (M; Z2 ) → Hn (M, M \ {x}; Z2 ) ∼
= Z2
x
78Jeder
zusammenhängende parakompakte und lokal kompakte Raum besitzt eine kompakte Ausschöpfung. Wähle eine lokal endliche offene Überdeckung {Uλ }λ∈Λ sodass jedes Ūλ
kompakt und nichtleer ist. Wähle λ0 ∈ Λ und setze Λ0 := {λ0 }. Für k ∈ N definiere rekursiv
Teilmengen Λk ⊆ Λ durch
Λk+1 := λ ∈ Λ ∃µ ∈ Λk : Uλ ∩ Uµ 6= ∅ .
Da Ūµ kompakt und die Überdeckung {Uλ }λ∈Λ lokal endlich ist, können nur endlich viele Uλ
nichtleeren Durchschnitt
S mitSUµ haben. Daher sind alle Λk endlich. Bemerke, dass Λk ⊆ Λk+1 .
/ U
Betrachte jetzt U := k∈N λ∈Λk Uλ . Als Vereinigung offener Mengen ist U offen. Ist x ∈
dann finden wir λ ∈ Λ sodass x ∈ Uλ , und es gilt Uλ ∩ U = ∅, andernfalls fänden wir nämlich
k ∈ N und µ ∈ Λk mit Uλ ∩Uβ 6= ∅, also λ ∈ Λk+1 und x ∈ U . Also ist U
S auch abgeschlossen und
stimmt daher mit dem ganzen Raum überein. Daher bilden Kn := λ∈Λn Ūλ eine kompakte
Überdeckung. Es gilt tatsächlich Kn ⊆ K̊n+1 , denn ist x ∈ Kn dann existiert λ ∈ Λ sodass
S
x ∈ Uλ , und µ ∈ Λn mit x ∈ Ūµ , also Uλ ∩Uµ 6= ∅, daher λ ∈ Λn+1 und x ∈ λ∈Λn+1 Uλ ⊆ K̊n+1 .
79dh. kompakt und ohne Rand
280
V. HOMOLOGIE MIT KOEFFIZIENTEN
die Klasse [M]Z2 auf das (eindeutige) nicht-triviale Element der lokalen Homologiegruppe Hn (M, M \ {x}; Z2 ) ab. Diese Homologieklasse [M]Z2 ∈ Hn (M; Z2 )
wird die Z2 -Fundamentalklasse von M genannt und hat folgende Eigenschaften:
(i) f∗ ([M]Z2 ) = [M ′ ]Z2 für jeden Homöomorphismus geschlossener n-Mannigfaltigkeiten f : M → M ′ .
(ii) [M1 ⊔ M2 ]Z2 = [M1 ]Z2 + [M2 ]Z2 für je zwei geschlossene n-Mannigfaltigkeiten M1 und M2 .
(iii) [M × N]Z2 = [M]Z2 × [N]Z2 für jede geschlossene m-Mannigfaltigkeit M
und jede geschlossene n-Mannigfaltigkeit N.
Beweis. Ordnen wir jedem x ∈ M das (eindeutige) nicht-triviale Element
der lokalen Homologiegruppe Hn (M, M \ {x}; Z2 ) ∼
= Z2 zu, so erhalten wir einen
stetigen Schnitt der Überlagerung M̃Z2 → M, vgl. Bemerkung V.10.1. Da M kompakt ist, hat dieser Schnitt kompakten Träger. Die Existenz und Eindeutigkeit
von [M]Z2 folgt daher aus Korollar V.10.5.
Ad Behauptung (i): Für jedes x′ ∈ M ′ ist f∗ : Hn (M, M \ {f −1 (x′ )}; Z2 ) →
Hn (M ′ , M ′ \ {x′ }; Z2 ) ein Isomorphismus, also induziert die Homologieklasse
f∗ ([M]Z2 ) ∈ Hn (M ′ ; Z2 ) das nicht-triviale Element in jeder lokalen Homologiegruppe Hn (M ′ , M ′ \ {x′ }; Z2 ), x′ ∈ M ′ . Aufgrund der Eindeutigkeit einer solchen
Klasse muss also f∗ ([M]Z2 ) = [M ′ ]Z2 gelten.
Ad Behauptung (ii): Offensichtlich induziert die Homologieklasse [M1 ]Z2 +
[M2 ]Z2 ∈ Hn (M1 ⊔M2 ; Z2 ) = Hn (M1 ; Z2 ) ⊕Hn (M2 ; Z2 ) das nicht-triviale Element
in jeder lokalen Homologiegruppe Hn (M1 ⊔M2 , (M1 ⊔M2 )\{x}; Z2 ), x ∈ M1 ⊔M2 .
Aufgrund der Eindeutigkeit einer solchen Klasse muss also [M1 ⊔M2 ]Z2 = [M1 ]Z2 +
[M2 ]Z2 gelten.
Ad Behauptung (iii): Nach Korollar V.6.17 liefert das relative Kreuzprodukt
einen Isomorphismus
Hm (M, M \ x; Z2 ) ⊗Z2 Hn (N, N \ y; Z2 ) = Hm+n M × N, (M × N) \ (x, y); Z2 .
Aufgrund der Natürlichkeit des Kreuzproduktes induziert die Homologieklasse
[M]Z2 × [N]Z2 ∈ Hm+n (M × N; Z2 ) daher das nicht triviale Element in jeder
lokalen Homologiegruppe Hm+n (M × N, (M × N) \ {(x, y)}; Z2 ), (x, y) ∈ M × N.
Wegen der Eindeutigkeit einer solchen Klasse muss also [M ×N]Z2 = [M]Z2 ×[N]Z2
gelten.
V.10.8. Korollar (Fundamentalklasse). Ist M eine orientierte geschlossene n-Mannigfaltigkeit, dann existiert eine eindeutige Klasse [M] ∈ Hn (M) mit
folgender Eigenschaft. Für jedes x ∈ M bildet der von der kanonischen Inklusion
ιM
x : (M, ∅) → (M, M \ {x}) induzierte Homomorphismus
(ιM )∗ : Hn (M) → Hn (M, M \ {x}) ∼
=Z
x
die Klasse [M] auf die lokale Orientierung oM
x ∈ Hn (M, M \ {x}) ab. Diese
Homologieklasse [M] ∈ Hn (M) wird die Fundamentalklasse von M genannt und
hat folgende Eigenschaften:
V.10. DIE FUNDAMENTALKLASSE EINER MANNIGFALTIGKEIT
281
(i) f∗ ([M]) = [M ′ ] für jeden orientierungsbewahrenden80 Homöomorphismus geschlossener orientierter n-Mannigfaltigkeiten f : M → M ′ .
(ii) [M1 ⊔ M2 ] = [M1 ] + [M2 ] für je zwei orientierte geschlossene n-Mannigfaltigkeiten M1 und M2 .81
(iii) [M×N] = [M]×[N] für jede orientierte geschlossene m-Mannigfaltigkeit
M und jede orientierte geschlossene n-Mannigfaltigkeit N.82
(iv) [−M] = −[M].83
(v) ρ∗ ([M]) = [M]Z2 wobei ρ∗ : Hn (M) → Hn (M; Z2 ) den von ρ : Z → Z2
induzierten Homomorphismus bezeichnet.
Beweis. Die Orientierung von M ist ein stetiger Schnitt der Überlagerung
M̃Z → M, siehe Bemerkung V.10.2. Da M kompakt ist hat dieser Schnitt kompakten Träger, dh. oM ∈ Γc (M̃Z ). Die Existenz und Eindeutigkeit der Klasse [M] folgt
daher aus Korollar V.10.5. Der Beweis der verbleibenden Aussagen kann nun wie
in Korollar V.10.7 geführt werden. Etwa ist [M] × [N] ∈ Hm+n (M × N) eine Homologieklasse, die aufgrund der Natürlichkeit des Kreuzproduktes in jeder lokalen
×N
Homologiegruppe H(M ×N, (M ×N)\{(x, y)}) die Produktorientierung oM
(x,y) =
N
oM
x × oy induziert, (x, y) ∈ M × N. Aufgrund der Eindeutigkeit einer solchen
Klasse muss [M × N] = [M] × [N] gelten. Die Klasse −[M] ∈ Hn (M) induziert
−M
−oM
∈ Hn (M, M \ {x}), für jedes x ∈ M. Wegen der Eindeutigkeit einer
x = ox
solchen Klasse muss also −[M] = [−M] gelten. Ebenso ist ρ∗ ([M]) ∈ Hn (M; Z2 )
eine Homologieklasse, die wegen des universellen Koeffiziententheorems in jeder
lokalen Homologiegruppe Hn (M, M \ {x}; Z2 ) = Hn (M, M \ {x}) ⊗ Z2 das nichttriviale Element induziert. Aufgrund der Eindeutigkeit einer solchen Klasse, siehe
Korollar V.10.7, muss daher ρ∗ ([M]) = [M]Z2 gelten.
V.10.9. Bemerkung. Es sei M eine orientierte n-Mannigfaltigkeit. Nach Bemerkung V.10.3 ist die Überlagerung M̃G trivial, wir erhalten daher einen Isomorphismus Γc (M̃Z ) ⊗ G = Γc (M̃G ). Zusammen mit Korollar V.10.5 folgt
Hn (M) ⊗ G = Hn (M; G).
Aus dem universellen Koeffiziententheorem schließen wir Tor(Hn−1 (M); G) = 0,
für jede abelsche Gruppe G. Mittels Proposition V.2.19 erhalten wir daher
Hn−1 (M)tor = 0.
Ist M geschlossen und R ein kommutativer Ring mit Eins, dann induziert der
Ringhomomorphismus Z → R einen Homomorphismus Hn (M) → Hn (M; R).
80Ein
Homöomorphismus f : M → M ′ zwischen orientierten n-Mannigfaltigkeiten wird
M′
orientierungsbewahrend genannt, falls f∗ (oM
x ) = of (x) für jeden Punkt x ∈ M gilt, wobei
f∗ : Hn (M, M \ {x}) → Hn (M ′ , M ′ \ {f (x)}).
81Dabei ist M ⊔ M mit der von M und M induzierten Orientierung versehen.
1
2
1
2
82Dabei ist M × N mit der Produktorientierung versehen, siehe Beispiel V.6.19.
83Ist M eine orientierte n-Mannigfaltigkeit, dann bezeichnet −M dieselbe Mannigfaltigkeit
mit der Orientierung o−M := −oM .
282
V. HOMOLOGIE MIT KOEFFIZIENTEN
Dieser bildet die Fundamentalklasse [M] ∈ Hn (M) auf ein Element [M]R ∈
Hn (M; R) ab, das für jedes x ∈ M einen Erzeuger von Hn (M, M \ {x}; R) = R
induziert. Für R = Z2 stimmt dies mit [M]Z2 aus Korollar V.10.7 überein.
V.10.10. Korollar. Es sei M eine zusammenhängende n-Mannigfaltigkeit
ohne Rand.
(i) Ist M nicht kompakt, dann gilt Hn (M; G) = 0 für jedes G.
(ii) Ist M kompakt, dann bildet die Fundamentalklasse [M]Z2 eine Basis von
Hn (M; Z2 ) ∼
= Z2 .
(iii) Ist M kompakt und orientiert, dann bildet die Fundamentalklasse [M]
einen Erzeuger von Hn (M) ∼
= Z. Weiters induziert [M] einen Erzeuger
∼
des R-Moduls Hn (M; R) = R für jeden kommutativen Ring mit Eins.
(iv) Ist M nicht orientierbar, dann gilt Hn (M) = 0.
V.10.11. Bemerkung. Nach Korollar V.10.10 ist eine zusammenhängende
geschlossene n-Mannigfaltigkeit genau dann orientierbar, wenn Hn (M) 6= 0. In
diesem Fall gilt Hn (M) ∼
= Z, und jeder (der beiden) Erzeuger dieser Gruppe bestimmt eine Orientierung von M, sodass die damit assozierte Fundamentalklasse
[M] mit diesem Erzeuger übereinstimmt.
V.10.12. Beispiel. Die Mannigfaltigkeiten CPn und HPn sind einfach zusammenhängend und daher orientierbar, vgl. Bemerkung IV.12.8. Die Mannigfaltigkeit RPn ist für ungerades n orientierbar, für gerades n ≥ 2 nicht orientierbar,
siehe Proposition V.4.14 und Bemerkung V.10.11. Ebenso sind die orientierbaren
Flächen orientierbar, siehe Beispiel IV.9.12.
V.10.13. Bemerkung. Aus obigen Überlegungen folgt auch
bm (M; Z2 ) = b0 (M; Z2 )
für jede geschlossene m-Mannigfaltigkeit M, und
bm (M) = b0 (M)
für jede orientierbare geschlossene m-Mannigfaltigkeit M. Insbesondere sind die
Betti-Zahlen bm (M) und bm (M; Z2 ) endlich, wobei bq (M; Z2 ) := dimZ2 Hq (M; Z2 )
die sogenannten Z2 -Bettizahlen bezeichnen.
V.10.14. Bemerkung. Ist M eine geschlossene n-Mannigfaltigkeit und f :
M → X stetig, dann erhalten wir eine Homologieklasse f∗ ([M]Z2 ) ∈ Hn (X; Z2 ).
Ist M orientierbar, so erhalten wir eine Homologieklasse f∗ ([M]) ∈ Hn (X). Etwa
können wir den Erzeuger von Hk (RPn ; Z2 ), k ≤ n, als Bild der Z2 -Fundamentalklasse von RPk unter dem von der Inklusion RPk → RPn induzierten Homomorphismus verstehen. Ebenso können wir die Erzeuger von H2k (CPn ) als Bild der
Fundamentalklasse von CPk interpretieren.
V.10.15. Definition (Abbildungsgrad). Es sei M eine orientierte geschlossene n-Mannigfaltigkeit mit Fundamentalklasse [M] ∈ Hn (M), und es sei N eine
V.10. DIE FUNDAMENTALKLASSE EINER MANNIGFALTIGKEIT
283
zusammenhängende orientierte und geschlossene n-Mannigfaltigkeit mit Fundamentalklasse [N] ∈ Hn (N) ∼
= Z. Ist nun f : M → N eine stetige Abbildung,
dann existiert genau eine Zahl deg(f ) ∈ Z, sodass
f∗ ([M]) = deg(f ) · [N].
Diese Zahl deg(f ) ∈ Z wird der Abbildungsgrad von f genannt.
V.10.16. Bemerkung. Beachte, dass dies für Abbildungen f : S n → S n mit
dem Abbildungsgrad in Abschnitt IV.12 übereinstimmt.
V.10.17. Proposition. Der Abbildungsgrad stetiger Abbildungen zwischen
orientierten geschlossenen Mannigfaltigkeiten hat folgende Eigenschaften.
(i) deg(idM ) = 1.
(ii) f ≃ g ⇒ deg(f ) = deg(g).
(iii) deg(f ◦ g) = deg(f ) · deg(g).
(iv) deg(f ⊔ g) = deg(f ) + deg(g).
(v) deg(f × g) = deg(f ) · deg(g).
M
M
(vi) deg−M
N (f ) = deg −N (f ) = − degN (f ).
(vii) Ist f eine Homotopieäquivalenz, dann gilt deg(f ) = ±1.
(viii) Ist deg(f ) 6= 0, dann ist f surjektiv.
Beweis. Behauptung (i) folgt aus (idM )∗ = idHn (M ) . Behauptung (ii) folgt
aus der Homotpieinvarianz, siehe Satz IV.7.4. Behauptung (iii) folgt aus (f ◦
g)∗ = f∗ ◦ g∗. Behauptung (iv) folgt aus Korollar V.10.8(ii). Behauptung (v) folgt
aus Korollar V.10.8(iii) und der Natürlichkeit des Kreuzproduktes. Behauptung
(vi) folgt aus Korollar V.10.8(iv). Ad Behauptung (vii): In diesem Fall ist f∗ :
Hn (M) → Hn (N) ein Isomorphismus, muss daher [M] auf einen Erzeuger, dh.
±[N], abbilden. Nun zu Behauptung (viii): Wir nehmen indirekt an f wäre nicht
surjektiv. Dann existiert x ∈ N, sodass f : M → N \{x}. Aufgrund der Exaktheit
∼
=
von Hn (N \{x}) → Hn (N) −
→ Hn (N, N \{x}) induziert die Inklusion den trivialen
Homomorphismus Hn (N \{x}) → Hn (N), also ist auch der Homomorphismus f∗ :
Hn (M) → Hn (N) trivial und damit deg(f ) = 0. Da dies unserer Voraussetzung
widerspricht, muss also f surjektiv sein.
V.10.18. Beispiel. Für ungerades n hat die kanonische Projektion p : S n →
RPn Abbildungsgrad deg(p) = ±2, siehe Proposition V.4.14. Für gerades n ≥ 2
ist der Abbildungsgrad der Projektion S n → RPn nicht definiert, da RPn nicht
orientierbar ist.
Es sei nun f : M → N eine stetige Abbildung zwischen orientierten Mannigfaltigkeiten. Weiters sei x ∈ M ein isolierter Punkt von f −1 (f (x)), dh. es existiert
eine offene Umgebung U von x mit U ∩ f −1 (f (x)) = {x}. Wir erhalten daher eine
Abbildung von Paaren f |U : (U, U \{x}) → (N, N \{f (x)}) und einen induzierten
Homomorphismus zwischen den lokalen Homologiegruppen
(f |U )∗
Hn (M, M \ {x}) = Hn (U, U \ {x}) −−−→ Hn (N, N \ {f (x)}).
284
V. HOMOLOGIE MIT KOEFFIZIENTEN
Es existiert daher genau eine Zahl degx (f ) ∈ Z, sodass
(f |U )∗ (oUx ) = degx (f ) · oN
f (x) .
Dabei bezeichnet oU die von M induzierte Orientierung auf U, dh. bis auf den
U
Excisionsisomorphismus Hn (M, M \ {x}) = Hn (U, U \ {x}) gilt oM
x = ox . Diese
Zahl degx (f ) hängt nicht von der Wahl der Umgebung U ab, und wird der lokale
Abbildungsgrad von f bei x genannt. Die folgende Proposition zeigt, dass dieser
lokale Abbildungsgrad in vielen Fällen leicht bestimmbar ist.
V.10.19. Proposition. Es sei U ⊆ Rn offen und f : U → Rn eine C 1 Abbildung. Weiters sei x ∈ U mit det(Dx f ) 6= 0. Dann ist x ein isolierter Punkt
in f −1 (f (x)) und es gilt
degx (f ) = sign det(Dx f ).
Dabei ist U mit einer von Rn induzierten Orientierung versehen.
Beweis. Nach dem inversen Funktionensatz ist x ein isolierter Punkt in
f (f (x)), und daher degx (f ) definiert. Durch Komposition mit Translationen
dürfen wir o.B.d.A. x = 0 = f (x) annehmen. Durch Einschränken und Skalieren
können wir weiters U = B n sowie f −1 (f (0)) = {0} annehmen. Betrachte nun die
Homotopie H : (B n , B n \ {0}) × I → (Rn , Rn \ {0}),
(
f (ty)/t falls t > 0,
Ht (y) :=
D0 f · y für t = 0.
−1
von H0 = D0 f nach H1 = f . Nach Proposition I.6.8 ist die Inklusion On ⊆
GLn (Rn ) eine Homotopieäquivalenz, insbesondere kann D0 f durch einen stetigen
Weg in GLn (Rn ) mit einer orthogonalen Matrix G ∈ On verbunden werden. Aus
der Homotopieinvarianz folgt deg0 (f ) = deg0 (D0 f ) = deg0 (G). Aufgrund der
Stetigkeit der Abbildung sign det : GLn (Rn ) → {−1, 1} gilt auch sign det(D0 f ) =
sign det(G) = det(G). Es genügt daher deg0 (G) = det(G) für jedes G ∈ On zu
zeigen. Mit Hilfe des kommutativen Diagramms
Hn (B n , B n \ {0})
G∗
δ
∼
=
H̃n−1 (B n \ {0}) o
/
G∗
Hn (Rn , Rn \ 0) o
∼
=
∼
=
H̃n−1 (S n−1 )
G∗
G∗
Hn (B n , B n \ {0})
δ
∼
=
folgt dies aber sofort aus Satz IV.12.11(v).
/
H̃n−1 (B n \ {0}) o
∼
=
H̃n−1 (S n−1 )
V.10.20. Satz. Es sei f : M → N eine stetige Abbildung von einer geschlossenen orientierten n-Mannigfaltigkeit M in eine zusammenhängende orientierte
geschlossene n-Mannigfaltigkeit N. Weiters sei y ∈ N, sodass f −1 (y) endlich ist.
Dann gilt
X
deg(f ) =
degx (f ).
(V.109)
x∈f −1 (y)
V.10. DIE FUNDAMENTALKLASSE EINER MANNIGFALTIGKEIT
285
Beweis. Es bezeichne X := f −1 (y) = {x1 , . . . , xk }. Wähle paarweise disjunkte offene Umgebungen Ui von xi , und setze U := U1 ∪ · · · ∪ Uk . Wir statten U sowie U
aus. Beachte weiters
Fik mit der von M induzierten Orientierung
Fk
M̃ |U = Ũ = i=1 Ũi und daher M̃ |X = Ũ |X = i=1 Ũi |{xi } . Betrachte nun das
folgende kommutative Diagramm:
Lk
/ Γ(M̃ | )
Γ(M̃ )
Γ(Ũ|X )
X
i=1 Γ(Ũi |{xi } )
O
O
∼
= JM
Hn (M)
/
Hn (M, M \ X) o
Hn (N)
∼
=
Hn (U, U \ X) o
f∗
f∗
O
∼
= J (U,X)
∼
= J (M,X)
∼
=
/
Hn (N, N \ {y})
(f |U )∗
Hn (N, N \ {y}) r
∼
=
Lk
i=1
Hn (Ui , Ui \ {xi })
Pk
i=1 (f |Ui )∗
Durch den oberen Teil dieses Diagramms wird die Fundamentalklasse [M] ∈
Hn (M) auf oM ∈ Γ(M̃ ), oM |X ∈ Γ(M̃ |X ), oU |X ∈ Γ(Ũ|X ) und schließlich auf
L
(oUx11 , . . . , oUxkk ) ∈ ki=1 Hn (Ui , Ui \{xi }) abgebildet. Unter dem unteren rechten HoP
P
momorphismus geht dies in ki=1 (f |Ui )∗ oUxii = ki=1 degxi (f )·oN
y ∈ Hn (N, N \{y})
Pk
über, was in Hn (N) nun i=1 degxi (f ) · [N] entspricht. Aufgrund der Kommutativität des Diagramms muss dies mit f∗ ([M]) = deg(f ) · [N] übereinstimmen,
und dies liefert die zu beweisende Relation.
V.10.21. Bemerkung. Aus Satz V.10.20 folgt, dass die rechte Seite in (V.109)
nicht von y abhängt Auch folgt, dass dieser Ausdruck nur von der Homotopieklasse von f abhängt, vgl. Proposition V.10.17(ii). Ohne der homologischen Interpretation aus Satz V.10.20 wären diese Tatsachen alles andere als offensichtlich.
V.10.22. Beispiel. Wir wollen nun Satz V.10.20 verwenden um nochmals den
Abbildungsgrad der Antipodalabbildung A : S n → S n , Ax := −x, zu berechnen.
Es bezeichne N ∈ S n den Nordpol und ϕ : Rn → S n \ {N} die stereographische Projektion, siehe Beispiel I.1.25. Eine einfache geometrische Überlegung
zeigt A ◦ ϕ = ϕ ◦ Ā mit Ā : Rn \ {0} → Rn \ {0}, Ā(x) = −x/kxk. Für die
Ableitung beim Einheitsvektor x := e1 ∈ Rn ergibt sich die Diagonalmatrix
Dx Ā = diag(1, −1, . . . , −1). Es gilt daher degx (Ā) = (−1)n−1 , siehe Proposition V.10.19. Wegen A = ϕ ◦ Ā ◦ ϕ−1 erhalten wir degx (A) = degx (Ā) = (−1)n−1 .
Mittels Satz V.10.20 folgt nun deg(A) = (−1)n−1 , vgl. Satz IV.12.11(vi).
V.10.23. Beispiel. Es sei p : M̃ → M eine k-blättrige Überlagerung einer
geschlossenen orientierten n-Mannigfaltigkeit M. Dann ist auch M̃ eine orientierbare geschlossene n-Mannigfaltigkeit. Es gibt genau eine Orientierung auf M̃ ,
sodass p ein lokal orientierungsbewahrender Homöomorphismus ist. Bezüglich
dieser Orientierung gilt deg(p) = k, siehe Satz V.10.20. Insbesondere sehen wir,
dass die kanonische Projektion p : S n → RPn für ungerades n Abbildungsgrad
deg(p) = 2 hat, vgl. Proposition V.4.14.
286
V. HOMOLOGIE MIT KOEFFIZIENTEN
V.10.24. Beispiel. Es sei n ≥ 1. Ist M eine orientierte geschlossenen nMannigfaltigkeit, dann existiert zu jedem k ∈ Z eine Abbildung f : M → S n mit
deg(f ) = k. Wir erhalten daher eine surjektive Abbildung deg : [M, S n ] → Z.
Nach Bemerkung IV.12.14 existiert nämlich g : S n → S n mit deg(g) = k. Es
genügt daher f : M → S n mit deg(f ) = ±1 zu konstruieren, siehe Proposition V.10.17(iii). Betrachte dazu einen eingebetteten Ball D n ⊆ M und die davon
induzierten stetige Abbildung f : M → M/(M \ B n ) = D n /S n−1 ∼
= S n . Nach
Satz V.10.20 hat f Abbildungsgrad deg(f ) = ±1.
V.10.25. Bemerkung (Z2 -Abbildungsgrad). Es sei f : M → N eine stetige Abbildung von einer geschlossenen n-Mannigfaltigkeit M in eine zusammenhängende geschlossene n-Mannigfaltigkeit N.84 Dann existiert genau eine
Zahl deg2 (f ) ∈ Z2 , sodass
f∗ ([M]Z2 ) = deg2 (f ) · [N]Z2 ∈ Hn (N; Z2 ) ∼
= Z2 .
Diese Zahl wird der Z2 -Abbildungsgrad von f genannt. Dieser Abbildungsgrad
hat Eigenschaften analog zu denen in Proposition V.10.17, die Beweise sind völlig
gleich.
(i)
(ii)
(iii)
(iv)
(v)
(vi)
(vii)
(viii)
deg2 (idM ) = 1.
f ≃ g ⇒ deg2 (f ) = deg2 (g).
deg2 (f ◦ g) = deg2 (f ) · deg2 (g).
deg2 (f ⊔ g) = deg2 (f ) + deg2 (g).
deg2 (f × g) = deg2 (f ) · deg2 (g).
Sind M und N orientiert, dann gilt deg(f ) ≡ deg2 (f ) mod 2.
Ist f eine Homotopieäquivalenz dann gilt deg2 (f ) = 1.
Ist deg2 (f ) 6= 0, dann ist f surjektiv.
Auch Satz V.10.20 bleibt richtig, ist f −1 (y) eine endliche Menge, dann gilt
X
deg2 (f ) =
deg2,x (f ).
x∈f −1 (y)
Dabei wird der lokale Z2 -Abbildungsgrad deg2,x (f ) ∈ Z2 analog zur ganzzahligen
Variante definiert. Im orientierbaren Fall gilt offensichtlich deg2,x (f ) ≡ degx (f )
mod 2. Der lokale Z2 -Abbildungsgrad ist besonders leicht zu bestimmen, ist f
bei x ein lokaler Homöomorphismus, dann gilt offensichtlich deg2,x (f ) = 1. Ist
etwa f bei jedem x ∈ f −1 (y) ein lokaler Homöomorphismus ist, dann folgt
deg2 (f ) ≡ ♯f −1 (y) mod 2. Für eine k-blättrige Überlagerung p : M̃ → M einer zusammenhängenden geschlossenen Mannigfaltigkeit M, erhalten wir daher
deg2 (p) ≡ k mod 2. Für p : S n → RPn ergibt sich deg2 (p) = 0, vgl. Beispiel V.4.13.
84Wir
setzen nicht voraus, dass M oder N orientierbar sind, noch verlangen wir, dass diese
Mannigfaltigkeiten im orientierbaren Fall mit einer Orientierung versehen sind.
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