Kurzfassung

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Risikokapital in Österreich
Angebots- und Nachfrageseitige Erklärungsfaktoren für die geringe
Ausprägung
Studie im Auftrag von
Kurzfassung
Wien, 02.10.2012
Die Studie zum Risikokapitalmarkt soll die Situation analysieren
Entwicklungstrends aufzuzeigen und Hemmnisse identifizieren
In Abstimmung mit der FTI-Strategie der Bundesregierung und vor dem Hintergrund eines
rückläufigen österreichischen Risikokapitalmarktes, haben das Bundesministerium für
Wirtschaft, Familie und Jugend sowie die aws die Studie „Risikokapital in Österreich –
Angebots- und Nachfrageseitige Erklärungsfaktoren für die geringe Ausprägung“ in Auftrag
gegeben. Ziel war es
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die Situation am österreichischen Risikokapitalmarkt im internationalen Kontext zu
erfassen und zu analysieren,
Entwicklungstrends aufzuzeigen und
wesentliche Hemmnisse, Potentiale für die weitere Entfaltung des österreichischen
Risikokapitalmarktes herauszuarbeiten.
Mit der Durchführung wurde ein Projektteam beauftragt, das nicht nur über
wissenschaftliches Know-how zum Thema, sondern auch über einschlägige praktische
Erfahrung verfügt. Als Grundlage für die empirischen Arbeiten dienten Sekundärdaten, die
dem Team zum Teil exklusiv zur Verfügung standen sowie Expertengespräche und die
Ergebnisse von zwei Fragebogenerhebungen.
Für die Finanzierung und Entwicklung innovativer KMU spielt Risikokapital
eine große Rolle.
Die Studie macht deutlich, dass Risikokapitalgebern eine wesentliche Rolle bei der
Finanzierung und Weiterentwicklung von innovativen, wachstumsorientierten KMUs und
technologieorientierten jungen Unternehmen zukommt. Die traditionelle Kreditfinanzierung
steht als Finanzierungsquelle meist nicht zur Verfügung, weil den hohen Risiken solcher
Unternehmen keine ausreichenden Sicherheiten gegenüber stehen und bestehende
Förderungen zur Bedeckung des hohen Kapitalbedarfs im Wachstum nicht ausreichen.
Im Gegensatz dazu können Risikokapitalgeber aufgrund ihres spezialisierten Know-hows die
erfolgversprechendsten Unternehmen auswählen (Selektionsfunktion) und aktiv in ihrer
Entwicklung durch Informations-, Beratungs-, und Vermittlungsdienste unterstützen
(Mehrwertfunktion). Darüber hinaus investieren sie Eigenkapital oder eigenkapitalähnliche
Mittel und können dadurch auch an den oft beträchtlichen wirtschaftlichen Erfolgen der
rasch wachsenden Unternehmen partizipieren (Finanzierungsfunktion).
Der Risikokapitalmarkt ist nicht homogen. Venture Capital bietet Kapital für
junge innovative KMU, Private Equity für reifere Wachstumsunternehmen.
Der Markt für Risikokapital ist allerdings nicht einheitlich, sondern durch eine Reihe
unterschiedlicher Anbieter gekennzeichnet. Venture Capital (VC) Geber fokussieren vor
allem auf die Seed-, Start-up und frühen Wachstumsphasen von innovativen Unternehmen
und zählen damit zu den Frühphaseninvestoren. Anbieter von Private Equity (PE)
investieren hauptsächlich in reifere Wachstumsunternehmen und entwicklungsstarke
Unternehmen, die vor einer Unternehmensnachfolge stehen oder aus anderen Gründen
veräußert werden. Sie zählen zu den Spätphaseninvestoren.
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Von 2007-09 ist Risikokapital stark rückläufig und erholt sich nur langsam.
Aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise waren die Aktivitäten am europäischen wie auch
auf dem österreichischen Risikokapitalmarkt insgesamt (Private Equity und Venture Capital)
über die vergangenen Jahre stark rückläufig. Von 2007 bis 2009 ist das in europäische
Unternehmen investierte Risikokapital (in % vom BIP) um knapp 70% und das in
österreichische Unternehmen investierte sogar um fast 80% zurückgegangen. Wohingegen
der europäische Markt sich über die Folgejahre bereits wieder zu erholen beginnt, zeigt der
österreichische keine einheitliche Tendenz und schwankt.
VC-Investitionen haben sich in Österreich etwas besser entwickelt, zeigen aber
spürbare Schwankungen durch wechselndes internationales Engagement.
Auf europäischer Ebene entwickeln sich das VC-Segment und damit die Investitionen in
innovative, wachstumsorientierte und junge Unternehmen (in % vom BIP) ganz ähnlich wie
der Markt insgesamt. Von 2007 bis 2009 gehen die Investitionen um knapp 70% zurück. In
Österreich beträgt der Rückgang dagegen „nur“ 30%, was vor dem internationalen
Hintergrund als sehr erfreulich und vergleichsweise stabil gewertet werden kann. Im Jahr
2011 steigen die VC-Investitionen im Verhältnis zum BIP sogar so weit, dass sich Österreich
im Ranking der Investitionstätigkeit drei Plätze vor dem gesamteuropäischen Wert platzieren
konnte und auch vor Deutschland, Belgien und den Niederlanden, die über einen gut
entwickelten Risikokapitalmarkt verfügen. Allerdings unterliegen gerade die VCInvestitionen in Österreich von Jahr zu Jahr beträchtlichen Schwankungen, die
hauptsächlich auf das Engagement internationaler VC-Investoren zurückgehen.
Das Aufbringen von frischem Risikokapital hat sich ebenfalls stark rückläufig
entwickelt. In Österreich zeigt sich noch keine Erholung.
Neben den jährlichen Investitionen ist auch das jährliche „Fundraising“ ein wichtiger
Indikator für die Entwicklung des Risikokapitalmarktes. Es beschreibt, wie viel an frischem
Risikokapital für zukünftige Investitionen aufgebracht wurde, und zeigt damit an, wie sich
der
Risikokapitalmarkt
mittelfristig
entwickeln
kann.
Ähnlich
wie
die
Risikokapitalinvestitionen zeigt auch das europäische Fundraising 2006 und 2007 seine
höchsten Werte, um danach in den Jahren der Finanz- und Wirtschaftskrise um über 80%
abzustürzen. Ab 2010 beginnen die Fundraisingaktivitäten allerdings bereits wieder zu
steigen und liegen 2011 schon um fast 25% über dem Tiefstwert von 2009. In Österreich ist
eine ähnliche Entwicklung zu betrachten wenn auch ein wenig zeitverzögert und ohne den
Aufwärtstrend nach 2009, der das Aufbringen frischen Risikokapitals in Europa
kennzeichnet.
Banken sind als Investoren in Risikokapitalfonds auf dem Rückzug. Die
öffentliche Hand erhöht ihr Engagement deutlich.
Ein näherer Blick auf die Fundraisingzahlen in Österreich zeigt außerdem, dass sich seit
2006 die am österreichischen Markt engagierten Fondsinvestoren in ihrer
Zusammensetzung radikal geändert haben. Waren die Banken in den Jahren vor der Krise
die dominanten Investoren in österreichische Risikokapitalfonds mit einem Anteil am
jährlich, frisch aufgebrachten Kapital von bis zu 80%, so wird diese Rolle ab 2009 von der
öffentlichen Hand übernommen. Sie trägt seither knapp 40% bis 75% zum jährlichen
Fundraising von Risikokapital in Österreich bei. Unter den Sammelbegriff „öffentliche Hand“
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fallen dabei neben unterschiedlichen öffentlichen Institutionen in Österreich, wie z.B. der
aws, auch internationale Organisationen, wie der Europäische Investitionsfonds oder die
Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung.
Eine genaue Analyse der Fundraisingzahlen liefert Aufschlüsse über die
mittelfristige Marktentwicklung.
Eine genauere Analyse der Fundraisingzahlen lohnt sich auch deshalb, weil diese die
Risikokapitalinvestitionen in den Jahren enthalten, die auf das Fundraising folgen. Sie
stellen damit einen sehr guten Frühindikator für die mittelfristige Marktentwicklung dar.
Glättet man die Fundraisingzahlen, indem man berücksichtigt, dass das in einem Jahr frisch
aufgebrachte Kapital nicht auch zur Gänze im selben, sondern über fünf Jahre investiert
wird, erhält man einen Modellstrom an Risikokapitalinvestitionen, der als „Benchmark“
fungiert. Liegen die tatsächlichen Investitionen über den Modellinvestitionen wird sehr rasch
investiert, was meist auf einen wachsenden Markt hinweist. Ist es umgekehrt, wird langsam
investiert und ein Rückstau der Mittel kündigt sich an. Darüber hinaus zeigt ein wachsender
Strom von Modellinvestitionen eine wachsende Verfügbarkeit von Mitteln an. Ein
schrumpfender Strom ist dagegen ein Indikator dafür, dass den Risikokapitalgebern das Geld
ausgeht.
Der eben beschriebene „Benchmarkindikator“ berücksichtigt aber noch nicht, dass ein
rasches Investieren von Risikokapital über den errechneten Modellinvestitionen auch das in
den Folgejahren verfügbare Kapital reduziert und umgekehrt ein langsames Investieren das
verfügbare Kapital erhöht. Wird dieser Budgeteffekt mitberücksichtigt, stellen die
„bereinigten Modellinvestitionen“ einen Indikator dar, der nicht nur anzeigt, ob ein Defizit
oder ein Rückstau bei den Risikokapitalinvestitionen zu erwarten ist, sondern er verweist
auch auf das Ausmaß eines solchen Defizits oder Rückstaus. Konzentriert man die
Betrachtung nur auf das Venture Capital Segment und damit die Investitionen in junge,
innovative und technologieorientierte KMU ergibt sich für Österreich folgendes Bild.
300
Risikokapitalinvestments von Fonds mit Sitz in Österreich
inklusive Modellberechnungen für Investments
Venture Capital Investments in Unternehmen
250
Venture Capital Investments - Modellberechnung 2
Venture Capital Investments - Modellberechnung 1
in M io. Euro
200
150
100
50
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
Eine Modelrechnung zeigt: Dem Venture Capital Segment geht das Geld aus, um
junge innovative und technologieorientierte KMU zu finanzieren.
Die tatsächlichen VC-Investitionen (gepunktete Balken) verlaufen von 2000 – 2007 im
Wesentlichen schneller als die Modellinvestitionen (blaue Linie). Ab 2006 reduziert sich die
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Investitionsgeschwindigkeit, was an der positiven Differenz zwischen den VCModellinvestitionen (blaue Linie) und den tatsächlichen VC-Investitionen (gepunktete
Balken) abzulesen ist. Das geschieht allerdings nicht nur aufgrund der beginnenden Finanzund Wirtschaftskrise, sondern vor allem weil dem VC-Segment das Geld ausgeht. Seit 2004
zeigen die VC-Modellinvestitionen einen kontinuierlichen Abwärtstrend, der schließlich zu
einem Ausgleich von VC-Modellinvestitionen und bereinigten VC-Modellinvestitionen (grau
Balken) in den Jahren 2010 und 2011 führt. Dem Bereich scheint damit also viel weniger
Geld zugeflossen zu sein, als investiert hätte werden können. Eine Analyse des „Deal Flow“
(Zahl der an VC-Finanzierung interessierten, VC-fähigen Unternehmen) österreichischer
VCs, die im Zuge des Projekts durchgeführt wurde, bestätigt diese Einschätzung und zeigt
eine ungebrochen hohe Nachfrage nach Risikokapitalinvestitionen in den frühen Phasen der
Unternehmensentwicklung.
Die Ergebnisse der Datenanalyse werden von Risikokapitalgebern und
Beteiligungsunternehmen bestätigt.
Die schwierige Situation des österreichischen VC-Segments, die sich sehr klar aus der
Datenanalyse ablesen lässt, wird außerdem durch die Ergebnisse der Interviews und der
Fragebogenerhebung bestätigt, die im Zuge des Projekts durchgeführt wurden.
Nach Aussagen österreichischer Risikokapitalgeber gestaltet sich die Fundraisingsituation
anhaltend schwierig:
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Die meisten österreichischen Fondsinvestoren verfügen über keine nachhaltigen
Investitionsprogramme für Risikokapitalfonds und haben ihre Fondsinvestments
eingestellt.
Internationale Investoren interessieren sich kaum für den österreichischen
Risikokapitalmarkt, weil ihnen seine Struktur und seine Funktionsmechanismen
weitgehend unbekannt sind und das Fondsvolumen der meisten österreichischen
Risikokapitalgeber unter € 100 Mio. und damit unter der magischen Grenze für
internationale Engagements liegt.
Betroffen von diesen Problemen ist zwar der gesamte österreichische Risikokapitalmarkt, in
besonderem Maße trifft das aber das Venture Capital Segment und damit die
Frühphasenfinanzierung.
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Die hohen Risiken von Venture Capital Investitionen vor dem Hintergrund unsicherer
wirtschaftlicher Bedingungen und geringer Investitionserfolge in der Vergangenheit
halten viele Fondsinvestoren davon ab, weiter in das Segment zu investieren.
Österreichische Risikokapitalfonds und besonders österreichische Venture Capital
Fonds werden sowohl von den befragten Beteiligungsunternehmen als auch von den
Risikokapitalgebern selbst als zu klein für Frühphasenengagements eingestuft. Um
junge und sehr kleine Unternehmen bis zu einer Exitreife mit Umsätzen in
zweistelliger Millionenhöhe zu entwickeln, sind große Fondsvolumina nötig. Um die
hohen Risiken von Frühphasenengagements besser managen zu können, müssen
große Portfolios von Beteiligungsunternehmen aufgebaut werden. Nur so lässt sich
eine ausreichende Risikodiversifizierung gewährleisten. Um junge und noch
weitgehend unerfahrene Unternehmen im Zuge ihrer Entwicklung bestmöglich
beraten und unterstützen zu können, wird viel qualifiziertes Personal benötigt, das
dementsprechend auch hohe Kosten verursacht. Diese müssen wieder aus der
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„Management Fee“ der Risikokapitalgeber bestritten werden, die sich üblicherweise
in Prozent vom Fondsvolumen bemisst.
Unsichere Rahmenbedingungen für Risikokapital vervollständigen das Bild.
Hinzu kommen Veränderungen und Unsicherheiten bei den Rahmenbedingungen für
Risikokapital.
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Aktuell werden EU-weit neue regulatorische Rahmenbedingungen für
Risikokapitalgeber umgesetzt (AIFMD1, EVCFR2). Unklar ist derzeit, wie der
nationale Spielraum bei der Umsetzung der Regulierung für kleine Fonds in
Österreich ausgestaltet wird.
Österreich verfügt über keine eigenständige rechtliche Struktur für
Risikokapitalfonds. Das bestehende Modell der Mittelstandfinanzierungsgesellschaft
läuft mit 2012 aus.
Insgesamt zeigt die Studie klare wirtschaftspolitische Ansatzpunkte.
Vor diesem Hintergrund ergeben sich sehr klare wirtschaftspolitische Ansatzpunkte zur
Stärkung des österreichischen Risikokapitalmarktes:
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Dem österreichischen Venture Capital Segment gehen die notwendigen Mittel zur
Finanzierung junger, innovativer und technologieorientierter KMU aus. Es sind daher
dringend geeignete Maßnahmen zur Belebung der Frühphasenfinanzierung
notwendig.
Es sollte eine eigenständige rechtliche Struktur für Risikokapitalfonds nach
internationalen Standards eingerichtet werden, die sich harmonisch in die neuen
Regulierungen für Risikokapitalgeber einpasst.
Bei der Umsetzung von AIFMD im Unterschwellenbereich der Regulierung sollte
darauf geachtet werden, für kleine österreichische Fonds angemessene administrative
Kosten sicherzustellen. Die Regulierung muss für österreichische Risikokapitalgeber
finanziell tragbar bleiben.
Österreich sollte sich bei der Ausgestaltung von EVCFR auf EU-Ebene dafür
einsetzen, den Geltungsbereich der neuen Regulierung auf den gesamten
Unterschwellenbereich von AIFMD
auszudehnen. Damit würden alle
Risikokapitalgeber unter eine europaweite Regulierung fallen und könnten die
Vorteile des gemeinsamen Marktes nutzen.
Alternative Investment Fund Manager Directive
European Venture Capital Fundraising Regime
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