Keine Spekulation mehr auf Ende der Währungsunion Euro in Davos gestärkt Unmissverständlich haben Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos deutlich gemacht, dass die Länder der Euro-Zone an ihrer gemeinsamen Währung festhalten. Das zeigt Wirkung. Im Januar 2011 fand das 41. Jahrestreffen des Weltwirtschaftsforums in Davos statt (Foto: World Economic Forum) Wo einst Schwindsüchtige in Lungensanatorien auf Heilung hofften, hat der Euro auf dem Weltwirtschaftsforum 2011 wichtige Rückenstärkung erhalten. Im Schweizer Alpendorf Davos haben 2 500 hochkarätige Manager aus aller Welt, Staatspräsidenten, Regierungschefs und Minister sowie Notenbankpräsidenten und Wissenschaftler vier Tage über die Probleme der Welt diskutiert. Drei Themen standen im Vordergrund des Interesses: Der Euro, die Lage und Entwicklung der Weltwirtschaft sowie die Verlagerung der Gewichte in der Weltpolitik und Weltwirtschaft in Richtung Asien und dabei insbesondere nach China und Indien. Am Ende zahlloser Debatten im Kongresszentrum sowie – noch wichtiger – der Empfänge, Hintergrundgespräche und der vertraulichen Runden in den Hotels gab es einen Gewinner: die europäische Gemeinschaftswährung. Spürbarer Stimmungswechsel für den Euro Wie selten zuvor hat sich beim diesjährigen Weltwirtschaftsforum ein Stimmungswechsel vollzogen. Bewirkt haben den vor allem Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy sowie die Finanzminister beider Länder, Christine Lagarde und Wolfgang Schäuble. Unterstützt wurden sie dabei von den Vorstandschefs großer europäischer Industriekonzerne und Banken. Ihre gemeinsame und unmissverständliche Botschaft, den Euro auf keinen Fall scheitern zu lassen, hat Eindruck gemacht. Robert Diamond, CEO der britischen Barclays Bank, brachte es auf den Punkt: “Die Frage, ob der Euro als Währung überlebt, liegt nicht mehr auf dem Tisch. Die Märkte haben verstanden, dass die Politik den Euro nicht aufgeben wird.” Merkel: “Scheitert der Euro, scheitert Europa” Frankreichs Präsident Sarkozy beeindruckte mit einem flammenden Plädoyer für den Euro: “Frau Merkel und ich werden nie, nie den Euro fallen lassen. Niemals werden wir es zulassen, dass man den Euro zerstört.” Denen, die auf ein Scheitern der Gemeinschaftswährung spekulieren, erteilte Sarkozy eine Warnung: “Vorsicht, wir sind entschlossen, den Euro zu verteidigen.” Zwar weniger emotional aufgeladen, deswegen aber nicht weniger entschieden machte Bundeskanzlerin Merkel klar: “Es gibt keine Euro-Krise, sondern eine Schuldenkrise. Der Euro ist unsere Währung, er ist mehr als eine Währung, er ist das Europa von heute. Scheitert der Euro, scheitert Europa.” Das, so Merkel, werden die Mitgliedsländer der Währungsunion zu verhindern wissen. Großmann: Scheitern des Euro wäre eine Katastrophe Prominente Spitzenmanager leisteten Schützenhilfe. Jürgen Großmann, Vorstandschef des Energieriesen RWE: “Ein Scheitern des Euro wäre verheerend, eine Katastrophe.” Post-Chef Frank Appel machte deutlich: “Nicht der Euro ist in der Krise, sondern die Haushaltspolitik einiger europäischer Staaten.” MetroVorstandschef Eckard Cordes erklärte: “Deutschland hat eine moralische Verpflichtung, Griechenland, Portugal und Irland zu unterstützen.” Siemens-Chef Peter Löscher machte das deutsche Eigeninteresse an der Verteidigung der gemeinsamen Währung deutlich: “Was glauben Sie, wie unsere Exporte sonst einbrechen würden?” Schäuble: “Der Euro wird stabil sein” Bei einem gemeinsamen Auftritt bekräftigten die Finanzminister von Frankreich und Deutschland, Christine Lagarde und Wolfgang Schäuble, dass der Ausschluss einzelner Länder aus der Euro-Zone nicht in Frage komme. Den finanzschwachen Euro-Ländern werde geholfen, allerdings unter der Bedingung, dass sie ihre Defizite abbauen. Befürchtungen, die Sparbemühungen würden die konjunkturelle Erholung abwürgen, wies Schäuble zurück. Mit einem Wirtschaftswachstum von 3,6 Prozent im Jahr 2010 und voraussichtlich 2,3 Prozent im laufenden Jahr beweist Deutschland nach Schäubles Worten, dass sich “sparen und wachsen nicht ausschließen”. Schäuble fügte hinzu: “Der Euro wird stabil sein. Wir sind bereit und können die Stabilität des Euro verteidigen.” Die französische Wirtschaftsministerin Christine Lagarde (Foto: World Economic Forum) Lagarde: “Wir haben die Wende geschafft” Auch Frankreichs Finanzministerin Lagarde zeigte sich optimistisch, schließlich habe der europäische Rettungsfonds EFSF erfolgreich eine Anleihe über fünf Milliarden Euro am Kapitalmarkt verkauft. Lagarde ist sich sicher: “Wir haben die Wende geschafft.” Der Euro habe das Vertrauen der Märkte zurück gewonnen und sei “über den Berg”. Jetzt kommt es nach den Worten der beiden Finanzminister darauf an, die Voraussetzungen für dauerhafte Stabilität zu verbessern. Merkel: Solidarität nicht zum Nulltarif Berlin und Paris arbeiten an einer gemeinsamen Initiative. Schäuble deutete die Richtung an: “Wir werden unsere gemeinsame Wirtschafts- und Sozialpolitik harmonisieren, um die Wettbewerbsfähigkeit in allen Mitgliedsstaaten zu verbessern.” Dabei soll nicht der Durchschnitt verbreitert werden, sondern die Spitze. Gleichzeitig sollen Schulden abgebaut und durch Koordinierung der Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik die Wettbewerbsfähigkeit verbessert werden. Zuvor schon hatte Kanzlerin Merkel deutlich gemacht: “Solidarität darf es nicht zum Nulltarif geben. Es kann nicht sein, dass die einen investieren und die anderen konsumieren. Europa muss wettbewerbsfähiger werden.” Hinweise auf Umschuldung Griechenlands Der griechische Premierminister Georg A. Papandreou (Foto: World Economic Forum) In Davos konkretisierten sich Hinweise, wie Euro-Länder, die im Schuldensumpf zu versinken drohen, auf weitere Hilfe hoffen können. Diskutiert wurde das vor allem am Beispiel Griechenland. Während die griechische Regierung bislang eine Umschuldung aus Furcht, das Vertrauen am Kapitalmarkt endgültig zu verspielen, ablehnte, zeigt sie sich mittlerweile dazu bereit, neben den Steuerzahlern auch die Anleger an den Kosten der Krise zu beteiligen. Neue Aufgabe für europäischen Rettungsfonds Zum Beispiel könnte der europäische Rettungsfonds Griechenland Kredite gewähren; mit diesem Geld könnte die griechische Regierung dann Anleihen mit beträchtlichem Abschlag zurückkaufen und damit die Verschuldung des Landes reduzieren. Das wäre für alle Beteiligten von Vorteil: Griechenland würde die Staatsverschuldung verringern, Anleger müssten nicht einen Totalverlust ihrer Anleihen befürchten, der europäische Rettungsfonds würde Zinseinnahmen kassieren. Bundesbankpräsident Axel Weber zeigte sich über die Details verschwiegen: “Man redet nicht über mögliche Lösungen, sondern präsentiert den Finanzmärkten eine Lösung.” Deutsche Manager besonders zuversichtlich Bei der Einschätzung der wirtschaftlichen Lage und Perspektive herrschte weitgehend Konsens: Der Aufschwung geht weiter, in der Weltwirtschaft verlagern sich die Gewichte nach Asien. Der deutschen Wirtschaft wurde bei weltweiten Umfragen unter Spitzenmanagern eine beeindruckende Bewältigung der Krise attestiert. Kein Wunder, dass die deutschen Unternehmenschefs vor Zuversicht strotzten. 80 Prozent der deutschen Manager rechnen für dieses Jahr mit weiterem Umsatzwachstum, weltweit sind es dagegen nur 48 Prozent, in Westeuropa sogar nur 39 Prozent. Die Wirtschaftsentwicklung in Deutschland hat sich vom Rest Europas abgekoppelt. Besorgter Blick nach Asien Allerdings sehen auch deutsche Vorstandschefs die Entwicklung in China und Indien mit gewisser Sorge. Allgemein wird ein Siegeszug asiatischer Werte befürchtet. Fair Play werde in Asien ganz anders verstanden, staatliche Eingriffe in die Wirtschaft seien keine Ausnahme mehr. Der staatliche Dirigismus in der Wirtschaft nehme zu, ebenso die staatlich sanktionierte Durchsetzung unfairer Geschäftspraktiken. Fast 30 Prozent der befragten Unternehmenschefs gaben an, selbst bereits unfair behandelt worden zu sein – entweder von Geschäftspartnern oder von staatlichen Stellen oder auch von beiden gemeinsam. Die häufigsten Klagen betreffen China und dort den mangelhaften Schutz geistigen Eigentums sowie protektionistische Hürden und Willkür aller Art. Vom Motto des diesjährigen Weltwirtschaftsforums “Gemeinsame Normen für eine neue Realität” ist die zunehmend globalisierte Welt noch weit entfernt. Montag, 31. Januar 2011 © 2011 The European Circle