Die BARMER/GEK schlägt schon wieder zu!

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Zimmerm
Forum Politik
Die BARMER/GEK schlägt
schon wieder zu!
Zimmermann
rechnet ab
Was die Kasse bereits in Hessen versucht
Diabetikerbehandlung ist – trotzdem jedes
und in Sachsen-Anhalt sogar erfolgreich vor
Quartal einbestellt werden, nur damit der
Gericht durchgefochten hat, probiert sie
erfolgreiche Behandlungsansatz auch über
nun auch in Sachsen. Weil Abrechnungs-
die Chronikerziffer honoriert werden kann.
prüfungen ihrer „Experten“ ergeben hätten,
dass die nach den Chroniker-Richtlinien geforderte Dauerbehandlung beim Ansatz der
Nr. 03212 im alten EBM in einem hohen Maße nicht erfolgt sei, fordert die Kasse zur
Zeit bundesweit rückwirkend eine Korrektur des Leistungsbedarfs in rund 25 Prozent der abgerechneten Fälle. Die BARMER/
GEK vertritt die Auffassung, die in der Leistungslegende erwähnte Dauerbehandlung
des Patienten wegen der gleichen Erkran-
Dr. Gerd W. Zimmermann
ist seit 1979 als niedergelassener Allgemeinarzt in
Hofheim/Taunus tätig
und ebenso lange Mitglied
im Deutschen Hausärzte­
verband. Er ist unser
Gebührenordnungsexperte und schreibt regelmäßig für Sie.
kung über 4 Quartale als Voraussetzung
für die Berechnung müsse dem Ansatz der
Leistungsziffer unmittelbar vorausgehen.
Demnach müsste z.B. ein über einen früheren Zeitraum gut eingestellter Diabetiker –
was ja eigentlich das unmittelbare Ziel jeder
Was zunächst wie ein Denkfehler der
„Kassenexperten“ aussieht, kann sich leicht
zu einer massiven Reduzierung des hausärztlichen Vergütungsanteiles entwickeln.
Mindert die Kasse durch diese Aktion ihren
Anteil an der Gesamtvergütung um diesen
Leistungsbedarf und schließen sich die
anderen Kassen der Sichtweise an, kann sich
der hausärztliche Honoraranteil in den einzelnen KVen schätzungsweise um rund 3
Prozent reduzieren. In Hessen hat die
BARMER/GEK nach massivem Widerstand
des dortigen Hausärzteverbandes und der KV
Hessen zurückgerudert und ihre Rückforderungen zurückgenommen. Da auf der
Chroniker-Richtlinie
Die Definition des Leistungsinhaltes der Nr. 03213 EBM resultiert aus diesem doch recht eindeutigen Beschluss des GBA. Dort ist von einer Behandlung über ein Jahr mindestens einmal im Quartal die Rede, unabhängig davon, wann das gewesen ist. Die Auffassung der Barmer/GEK, dass dies in den jeweils dem Abrechnungsquartal vorangehenden Quartalen geschehen muss, ist völlig haltlos. Leider ist aber gerade diese
Definition von der KBV in die Leistungslegende der neuen Chronikerpauschalen aufgenommen worden.
Chroniker-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Umsetzung der Regelungen
in §62 Abs. 1 SGB V für schwerwiegend chronisch Erkrankte („Chroniker-Richtlinie“) Stand: 20. August 2008
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Der Hausarzt 14/2014
Foto: VRD - Fotolia
Eine Krankheit ist schwerwiegend chronisch, wenn sie wenigstens ein Jahr lang, mindestens einmal pro
Quartal ärztlich behandelt wurde (Dauerbehandlung) und eines der folgenden Merkmale vorhanden ist:
▪▪ Es liegt eine Pflegebedürftigkeit der Pflegestufe 2 oder 3 nach dem zweiten Kapitel SGB XI vor.
▪▪ Es liegt ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 60 oder eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 60% vor, wobei der GdB oder die MdE … zumindest auch durch die Krankheit
nach Satz 1 begründet sein muss.
▪▪ Es ist eine kontinuierliche medizinische Versorgung (ärztliche oder psychotherapeutische Behandlung,
Arzneimitteltherapie, Behandlungspflege, Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln) erforderlich, ohne die
nach ärztlicher Einschätzung eine lebensbedrohliche Verschlimmerung, eine Verminderung der Lebenserwartung oder eine dauerhafte Beeinträchtigung der Lebensqualität durch die aufgrund der Krankheit
nach Satz 1 verursachte Gesundheitsstörung zu erwarten ist.
ann
KBV-Ebene und auch in vielen LänderKVen dieser gefährlichen Entwicklung
wenig Aufmerksamkeit gewidmet
wurde, hat sie nun schwerpunktmäßig
im Osten weitergemacht. In SachsenAnhalt und in Sachsen konnte sie
mittlerweile zumindest das regionale
Sozialgericht von ihrer Legendendeutung überzeugen. Die Sache geht dort
nun vor die Landessozialgerichte und
wird vermutlich letztendlich vom
Bundessozialgericht endgültig entschieden werden müssen. Dabei stehen
die Chancen für die Kasse noch nicht
einmal schlecht. Die KBV, in deren
Arbeitsgruppen und Ausschüssen die
Leistungsbeschreibung und Definition
des Leistungsinhaltes geschaffen wurde,
erinnert sich nicht mehr an das, was
damals vorgesehen war. Zu allem Überfluss wurde die von der BARMER/GEK
gewünschte Definition jetzt auch noch
in die neuen Chronikerleistungen nach
den Nrn. 03220/03221 EBM übernommen. Ein Richter wird über diesen
gravierenden taktischen Fehler wohl
kaum wohlwollend hinwegsehen.
Forum Politik
rechnet ab
Farbenprächtige Fassaden des medizinischen
Zentrums der AWO in
Magdeburg.
15+46+39A
14,9
MVZ wachsen nicht mehr so schnell,
werden aber größer!
Am 31. Dezember 2013 gab es in Deutschland insgesamt 2 006 Medizinische Versorgungszentren (MVZ). In Bayern, Niedersachsen, Nordrhein
und Berlin wurden bislang die meisten MVZ zugelassen. Der überwiegende Teil wurde von Vertragsärzten (40,7 Prozent) oder Krankenhäusern
(37,8 Prozent) gegründet. Die bevorzugten Rechtsformen sind weiterhin die GmbH und die GbR. In den MVZ arbeiten mittlerweile bundesweit 12 788 Ärzte. 89 Prozent (11 375) sind als angestellte Ärzte, 11 Prozent
(1 413) als Vertragsärzte tätig. 127 davon haben nur einen hälftigen Versorgungsauftrag. Hausärzte (1 865), fachärztliche Internisten (1 440) und
Chirurgen (982) sind die Fachgruppen, die in den MVZ am häufigsten vertreten sind. Die Trägerschaft teilen sich mittlerweile Krankenhäuser (37,8
Prozent) und Vertragsärzte (40,7 Prozent) etwa zur Hälfte. Der Rest entfällt mit immerhin aber auch 21,5 Prozent auf diverse andere Trägerschaften (z.B. Heilmittelerbringer, Reha-Einrichtungen, Apotheken).
38,3
Foto: picture alliance / ZB
46,8
Ländliche Gemeinden:299
Ober-/Mittelzentrum:768
Kernstadt:939
Die wenigsten MVZ befinden sich
weiterhin dort, wo sie vermutlich am meisten gebraucht werden,
nämlich in ländlichen Regionen.
Quelle: KBV
Der Hausarzt 14/2014
Die bisherige Entwicklung
scheint etwas ins Stolpern zu
geraten, zumindest was die
Neugründung betrifft. Der jährliche
prozentuale und auch absolute
Zuwachs an MVZ wird kontinuierlich geringer. Ende 2009 waren es
noch 20,6 Prozent, Ende 2013 nur 3,5
Prozent. In einem MVZ arbeiten im
Durchschnitt 6,4 Ärzte. Die Tendenz
ist hier allerdings steigend, so dass
von einem Wachstum der vorhandenen Zentren in den Regionen
ausgegangen werden kann. Der
Grund für diese Entwicklung dürfte
an den Arbeitszeiten abzulesen
sein: 47 Prozent der angestellten
Ärzte arbeiten zwischen 10 und 20
Stunden/Woche, 45 Prozent
arbeiten mehr als 30 Stunden. Die
KBV-Statistik differenziert zwar
nicht zwischen Ärztinnen und
Ärzten, es kann aber unterstellt
werden, dass der größte Teil der
angestellt im MVZ Tätigen weiblich
sind.
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Forum Politik
Wie können Demenzkranke
angemessen versorgt werden?
Zwischen 1,2 und 1,5 Millionen Menschen mit Demenz leben heute in
Deutschland – 2030 könnten es, Schätzungen zufolge, bereits doppelt so viele sein. Demenzkranke stecken in einem
Dilemma: Sie benötigen oft umfangreiche Betreuung, sind aber körperlich
noch so fit, dass sie keiner Pflegestufe
zuzuordnen sind. Mit der Pflegereform
2008 wurde deshalb die sogenannte
Pflegestufe 0 eingeführt.
Wer in seinen Alltagskompetenzen
im Sinne der Pflegestufe 0 eingeschränkt
ist, erhält ein Betreuungsgeld von 100
Euro im Monat (Grundbedarf) oder 200
Euro bei erhöhtem Bedarf. Mit der jüngsten Pflegereform hat man finanziell den
Demenzkranken noch mehr Beachtung
geschenkt. Menschen mit "eingeschränkter Alltagskompetenz", wie es heißt, er-
halten nun höhere Leistungen aus der
gesetzlichen Pflegekasse: Wird man von
Angehörigen zuhause betreut und gepflegt gibt es das Pflegegeld, das in Pflegestufe 0 zusätzlich zum oben genannten
Betreuungsgeld 120 Euro monatlich vorsieht, in Pflegestufe I 305 Euro, in Stufe II
525 Euro und Stufe III 700 Euro. Erledigt
ein ambulanter Pflegedienst die Versorgung, kann man Pflegesachleistungen
beanspruchen. Auch hier sind die Sätze
für Demenzkranke gestiegen: In Pflegestufe 0 gibt es bis zu 225 Euro, in Stufe I
665 Euro, in Stufe II 1.250 Euro und in
Stufe III 1.550 Euro. Berücksichtigt man in
diesem Zusammenhang das Honorar, das
die Kassen dem Hausarzt für die dort
nicht weniger aufwändige Betreuung
eines Demenzkranken zur Verfügung
stellen, zeigt sich – trotz der Neugestaltung im EBM ab 1. Oktober 2013 – ein
erhebliches Defizit.
Das hausärztliche Honorar bei
Demenzkranken/Quartal:
Beispiel 83-jähriger Patient
EBM
Legende
Euro
03005
03220
03221
Versichertenpauschale
21,27
Chronikerpauschale
13,17
Zuschlag Nr. 03220 bei Mehr4,05
fachkontakt
03230
Gespräch pro 10 Minuten
9,12
03360
Basisassessment (2 × / Jahr)
12,36
03362
Demenzbetreuung
16,11
Halbiert man das Honorar für die Leistung nach Nr.
03360 EBM ergibt sich eine Quartalsvergütung von
69,90 Euro. Auch wenn zusätzlich sicherlich noch Hausbesuchsleistungen anfallen, ist das eine sehr bescheidene Vergütung.
Der Zeitplan der EBM-Weiterentwicklung sieht
vor, dass die nächsten Änderungen in den hausärztlichen Kapiteln 3 und 4 zum 1. Januar 2015 in
Kraft treten. Änderungen im EBM sind bis zum 30.
September 2014 zu beschließen. Bei der Weiterentwicklung des Hausarzt-EBM wird angestrebt, die
Abrechnungsmöglichkeiten für die Beschäftigung
einer nicht-ärztlichen Praxisassistentin mit Weiterbildung gemäß §7 der Delegations-Vereinbarung
(Anlage 8 Bundesmantelvertrag-Ärzte), zu erweitern. Insbesondere sollen die bestehenden Kostenpauschalen 40870 und 40872 des EBM für ärztlich
angeordnete Hilfeleistungen anderer Personen
künftig auch in nicht unterversorgten Gebieten
berechnungsfähig sein.
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Die KBV versucht durch diesen
Schritt offensichtlich, einen bisherigen
Vorteil bei der Abrechnung hausärztlicher Leistungen auf der HZV-Grundlage
zu unterlaufen. Dort wird die Beschäftigung einer solchen qualifizierten Hilfskraft mit einer festen Pauschale gefördert, die es dem Praxisinhaber ermöglicht, die Kosten für eine solche Angestellte zu refinanzieren. An dieses
Modell reicht die geplante EBM-Änderung aber bei weitem nicht heran, denn
dort wird nur die Leistung der Hilfskraft
vergütet, in den HZV-Verträgen aber
bereits die Vorhaltung.
Der Hausarzt 14/2014
Foto: contrastwerkstatt - Fotolia / Budimir Jevtic - Fotolia
KBV will die VERAH „abkupfern“!
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