Schriftenreihe Handeln und Entscheiden in komplexen

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Schriftenreihe
Handeln und Entscheiden in komplexen
okonomischen Situationen
Herausgegebe. von
F. Achtenhagen, J. Biethahn, I. Bloech, P. FaBheber, G. Gabisch, H. Hesse,
G. Liier, W. Scholl
Universitat G6ttingen
Band 4
DiskussionsprozeB und
GruppeneffektiviUit beim Losen
komplexer okonomischer Probleme
Handeln und Entscheiden in komplexen
okonomischen Situationen
Band 1: Christian Holzherr
Lohnverhandlungen mit
unterschiedlichen
gesamtwirtschaftlichen
Ideologien
1991. 186 Seiten. DM 65,ISBN 3-7908-0562-9
Band 2: Stefan Kolb
EskiMo - eine expertensystemkontroUierte Methodenbank
1992.314 Seiten. DM 90,ISBN 3-7908-0622-6
Band 3: Hannelore Goertzen
Simultanplanung von Produktion
und Beschaffung bei substitutionalen
Produktionsfaktoren
1992.178 Seiten. DM 65,ISBN 3-7908-0583-1
Siegfried Stumpf
DiskussionsprozeB und
Gruppeneffektivitiit
beimL6sen
komplexer 6konomischer
Probleme
Mit 27 Abbildungen
Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH
Dr. Siegfried Stumpf
SchillstraBe 132a
D-8900 Augsburg
ISBN 978-3-7908-0635-9
CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek
Stumpf, Siegfried:
Diskussionsprozess und Gruppeneffektivitiit beim Losen
komplexer okonomischer Probleme 1 Siegfried Stumpf.Heidelberg: Physica-Verl., 1992
(Schriftenreihe Handeln und Entscheiden in komplexen okonomischen
Situationen ; Bd. 4)
Zugl.: Gottingen, Univ., Diss., 1922
ISBN 978-3-7908-0635-9
ISBN 978-3-662-01614-5 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-662-01614-5
NE:GT
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© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1992
Originally published by Physica-Verlag Heidelberg in 1992
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im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wiiren und
dalrer von jedermann benutzt werden diirften.
712017130-543210
Vorwort
Die vorliegende Arbeit habe ich wahrend meiner zweijahrigen ZugehOrigkeit zum
Interdisziplinaren Graduiertenkolleg der Universitat Gottingen "Handeln in komplexen
okonomischen Situationen" verfaBt. 1m Herbst 1992 wurde Sie von der MathematischNaturwissenschaftlichen Fakultat der Universitat Gottingen als Doktorarbeit
angenommen.
Ich mochte allen Professoren und Kollegiaten des Interdisziplinaren Graduiertenkollegs
danken: Das gesamte Team des Graduiertenkollegs hat mir menschlich und fachlich
sehr viel gegeben. AusdIiicklich erwahnen mochte ich hier: Meinen Doktorvater Prof.
Dr. W. Scholl, der stets kollegial und kritisch zugleich war und meine Arbeit durch sein
Engagement und seine Anregungen sehr unterstiitzt hat; Herrn Prof. Dr. J. Biethahn,
der flir meine Experimente das bewahrte Planspiel OPEX ohne Wenn und Aber zur
Verfiigung gestellt hat.
Besondere Freude hat mir in den beiden Jahren die enge Zusammenarbeit mit meinen
beiden Freunden und Mitkollegiaten Dr. Stefan Kolb und Dr. Frank Petzing gemacht:
In diesem kleinen interdisziplinaren Team haben wir intensiv diskutiert und gearbeitet.
Herr Dr. Kolb hat mir dabei die Ideen des Operations Research nahegebracht; Herrn
Dr. Petzing habe ich viel auf dem Gebiet der Kognitiven Psychologie zu verdanken.
Diese Gruppenarbeit hat mir deutlich gezeigt, daB man im Team Dinge erreichen kann,
die alleine nicht machbar sind.
Danken mochte ich auBerdem: Meiner Mitkollegiatin Frau Dipl.-Psych. Elisabeth
Brauner, die meine Arbeit Korrektur gelesen hat und viele hilfreiche Tips dazu geben
konnte; Frau cando psych. Annegret Koch, die im Rahmen ihrer Diplomarbeit engagiert
und kompetent an der Auswertung des Datenmaterials mitgewirkt hat.
VI
Fur meine finanzielle Absicherung in diesen beiden Jahren bin ich der Stiftung
Volkswagenwerk zu Dank verpflichet, ohne deren Stipendium es rnir nicht moglich
gewesen ware, rnich zwei Jahre intensiv mit Gruppenprozessen bei der Bearbeitung von
Planspielen zu befassen.
Last but not least mochte ich meine Familie nennen: So gebuhrt meinen Eltern und
meiner GroBmutter Dank, die mich in vielerlei Hinsicht unterstutzt haben. Ein groBes
Dankeschon schlieBlich an meine Frau Monika und meinen kleinen Sonnenschein
Sabina.
Siegfried Stumpf
Augsburg, April 1992.
Inhaltsverzeichnis
1. Einfiihrung
1
1.1. Gegenstand und Anliegen der Untersuchung
1
1.2. Die Einordnung der Untersuchung in die Psychologie und interdisziplinare
Aspekte
7
1.2.1.
1.2.2.
1.2.3.
Grundlagen- und anwendungsorientierte Aspekte der Untersuchung 9
Die Untersuchung als Beitrag zur Sozialpsychologie und ihre
Bedeutung fUr Organisationspsychologie und Kognitive Psychologie 10
Interdisziplinare Aspekte
16
2. Theorie
23
2.1. Ein Modell zur Strukturierung des Untersuchungsfeldes
23
2.2. Die Gruppe als problemlosendes System
28
2.2.1.
2.2.2.
2.2.3.
2.2.4.
28
29
Zum Begriff "Gruppe"
Die Gruppenmitglieder
Die Gruppenstruktur
Der Gruppenproze6
31
32
2.3. Komplexe Probleme als Problemloseaufgaben
36
2.3.1.
2.3.2.
2.3.3.
Zur Verwendung des Begriffes "komplexes Problem"
Komponenten eines komplexen Problems
Eigenschaften von komplexen Problemen
2.4. Diskussionsproze6 und Gruppeneffektivitat beim Problemlosen
2.4.1.
2.4.2.
2.4.3.
2.4.4.
Zum Stellenwert von Proze6variablen bei der Untersuchung der
Gruppeneffektivitiit
Aufgabenbezogene Funktionen des Diskussionsprozesses
Soziale Einwirkung und Gruppeneffektivitiit
Kontroversitat und Gruppeneffektivitiit
36
37
38
42
42
46
50
56
VIII
2.5. Die prozeBorientierte Intervention von Hall und Watson (1970):
Steigerung der GruppeneffektiviUit durch Diskussionsrichtlinien
2.5.1.
2.5.2.
2.5.3.
2.5.4.
Einordnung der Intervention
Theoretische Grundlagen der Intervention
Empirische Befunde
Schluf3folgerungen fUr diese Untersuchung
2.6. Ableitung der Untersuchungshypothesen
3. Methode
Zur Auswahl von OPEX als Basisplanspiel
Charakteristika von EPEX
Der Ablauf des Planspieles EPEX
3.2. Der Versuchsplan
3.2.1.
3.2.2.
3.2.3.
3.2.4.
Zur Designproblematik: Mef3wiederholung versus
Kontrollgruppenexperiment
Beschreibung des Untersuchungsaufbaues
Operationalisierung der Gruppeneffektivitat
Der Stichprobenumfang
3.3. Versuchspersonen und Versuchsgruppen
3.3.1.
3.3.2.
3.3.3.
3.3.4.
3.3.5.
Kriterien der Versuchspersonenauswahl
Kriterien fUr die Gruppenzusammensetzung
Das Anwerben von Versuchspersonen
Charakteristika der Versuchspersonen
Charakteristika der Versuchsgruppen
3.4. Die Untersuchungsinstrumente
3.4.1.
3.4.2.
3.4.3.
3.4.4.
3.4.5.
3.4.6.
63
64
67
71
73
76
3.1. Das Planspiel EPEX
3.1.1.
3.1.2.
3.1.3.
63
Das Verfahren SEMI
Fragebogen zur Kontroversitat der Gruppendiskussion
Frage zur Kompetenzwahmehmung
Fragebogen zur Beurteilung der Diskussionsrichtlinien von
Hall und Watson (1970)
Fragebogen zur Person
Die Analyse der Diskussionsprotokolle
76
77
79
83
85
85
88
91
94
96
96
97
99
100
101
102
102
104
105
106
107
107
IX
3.5. Die Voruntersuchung
109
3.6. Die Versuchsdurchfiihrung
111
3.7. Datenmaterial und Richtlinien der Datenauswertung
117
120
4. Ergebnisse
4.1. Die Verteilung der Problemlosegiite
120
4.2. Soziale Einwirkung und Gruppeneffektivitiit
125
4.2.1.
4.2.2.
Operationalisierungen der sozialen Einwirkung
Ergebnisse zur Beziehung zwischen sozialer Einwirkung
und Gruppeneffektivitiit
4.3. Kontroversitiit und Gruppeneffektivitiit
4.3.1.
4.3.2.
Befragungsdaten und Gruppeneffektivitat
Entscheidungsdaten und Gruppeneffektivitiit
125
127
130
130
134
4.4. Die Auswirkung der Intervention von Hall und Watson (1970)
auf die Gruppeneffektivitiit
141
4.5. Die Auswirkung der Intervention von Hall und Watson (1970) auf die
Gruppenprozesse
147
4.5.1.
4.5.2.
Befragungsergebnisse
Ergebnisse der Analyse der Diskussionsprotokolle
4.6. Soziale Wahrnehmung: Das Erkennen von Planspielkompetenz
4.6.1.
4.6.2.
Operationalisierung der Giite der Kompetenzwahrnehmung
Ergebnisse zur Kompetenzwahrnehmung
4.7. Personenvariablen und Gruppeneffektivitiit
147
148
154
154
155
156
x
5. Diskussion
158
5.1. Interpretation der Befunde
5.1.1.
5.1.2.
Kontroversitiit und Gruppeneffektivitiit
Soziale Einwirkung und Gruppeneffektivitiit
158
158
174
5.2. Eine Modifikation der Diskussionsrichtlinien von
Hall und Watson (1970) fUr komplexe und intransparente Probleme
186
5.3. Kritische Stellungnahme zum eigenen Vorgehen und Ausblick
auf weiterfiihrende Forschungsfragen
191
5.4. Zur Relevanz der Untersuchungsergebnisse fUr den praktischen
Umgang mit Komplexitiit
195
6. Zusammenfassung
198
7. Uteraturverzeichnis
204
Anbang
219
1. Einftihrung
Diese Dissertation ist im Rahmen des Interdisziplinaren Graduiertenkollegs der
Universitat Gottingen entstanden. Die Projekte, die an diesem Kolleg durchgefUhrt
werden, zielen auf die Erforschung und die ModeUierung komplexer okonomischer
Situationen und der darin entscheidenden, handelnden und lernenden Personen abo Zu
diesem iibergreifenden Thema liefert die vorliegende Untersuchung einen spezifischen
Beitrag, dessen Gegenstand und Anliegen in Abschnitt 1.1 dargestellt wird. Jedes aus
dem Graduiertenkolleg hervorgehende Projekt laBt sich schwerpunktmaBig einer
Wissenschaftsdisziplin zuordnen. 1m Falle dieser Untersuchung ist dies die Psychologie,
wobei der spezifische Standort innerhalb der Psychologie in den Abschnitten 1.2.1 und
1.2.2 herausgearbeit wird. Neben einer disziplinaren Anbindung weist jedes
Kollegsprojekt aufgrund der Ausrichtung am iibergreifenden Kollegthema zudem
Schnittbereiche mit anderen Wissenschaftsdisziplinen auf. Diesen interdisziplinaren
Gesichtspunkten gelten die AusfUhrungen in Abschnitt 1.2.3.
1.1. Gegenstand und Anliegen der Untersuchung
Der Frage, wie Menschen mit komplexen Problemen umgehen, gilt seit Mitte der
siebziger Jahre in der deutschen Psychologie ein reges Forschungsinteresse (vgl. Funke,
1986, S. 5ff.). Initiiert und nachhaltig gepragt wurde diese Forschungsrichtung durch
Arbeiten von Dorner (z.B. Dorner, 1975; Dorner, Kreuzig, Reither & Staudel, 1983).
Damit entstand ein neues Forschungsgebiet, das man "komplexes Problemlosen" nennt
(s. Funke, 1986, S. 1). Die Untersuchungen zu diesem Gebiet weisen bei aller Divergenz
der spezifischen Fragestellungen in der Regel die folgenden Gemeinsamkeiten auf: (1)
Die Verwendung der Computersimulation: Mittels dieser Technik werden aus mehreren
Variablen zusammengesetzte, vemetzte Szenarien - wie z.B. eine Kleinstadt1 - auf
einem Computer reprasentiert. (2) Der Konfrontation von Probanden mit diesen
Szenarien: Auf dem Hintergrund bestimmter Instruktionen iibernehmen Probanden die
Verantwortung fUr das simulierte Szenario. Sie treffen Entscheidungen und veranlassen
Eingriffe, die den Zustand des Szenarios verandern. Auch die vorliegende
Untersuchung geht nach diesem Paradigma vor: Sie konfrontiert Probanden mit einem
komplexen, computersimulierten Szenario. Dabei handelt es sich um die Simulation
eines okonomischen Realitatsbereiches. Die Probanden iibemehmen unter einer
Zielvorgabe fUr
eine gewisse
Zeit die
Leitung
eines simulierten
Wirtschaftsuntemehmens, das in eine Volkswirtschaft eingebunden ist, und sie treffen
dabei Beschaffungs-, Produktions- und Absatzentscheidungen. Auch wenn sich die
1 VgI.
das System Lohhausen von Dorner et al., 1983.
2
vorliegende Untersuchung somit hinsichtlich des zugrundeliegenden Paradigmas gut in
das Forschungsgebiet des komplexen Problemlosens einfiigt, so unterscheidet sie sich
doch in einem wichtigen Merkmal von den meisten Arbeiten auf diesem Gebiet. Dies
wird deutlich, wenn man sich einen Klassifikationsvorschlag Funkes (1990a) ansieht, der
darauf abzieIt, die vorliegenden Studien zum komplexen Problemlosen hinsichtlich ibrer
Fragestellung zu ordnen: Nach Funke gelten die Untersuchungsfragen
Personenmerkmalen (z.B. Intelligenz), Situationsmerkmalen (z.B. Systemtransparenz)
oder Aufgabenmerkmalen (z.B. Eigendynamik). Eine Kategorie "Gruppenmerkmale"
fehIt hier allerdings2 und dies verweist auf einen wichtigen Trend der Untersuchungen
zum komplexen Problemlosen: Sie untersuchen zumeist, wie einzelne Individuen mit
komplexen Problemen umgehen. Gruppen als Akteure in komplexen Realitiitsbereichen
wurden wenig untersucht. Ausnahmen sind hier z.B. die Arbeiten von Badke-Schaub
(1989), Dauenheimer et al. (1990), Dentler (1977) und Kiessler und Scholl (1976). Die
vorliegende Arbeit wirkt dieser thematischen Vernachliissigung entgegen, indem hier
der Umgang von Gruppen mit komplexen Problemen untersucht wird. Die
Auseinandersetzung mit komplexen Problemen ist gerade flir Gruppen nicht
ungewohnlich: Kein Burgermeister durfte seine Kleinstadt so leiten, wie das die
Burgermeister von Lohhausen (vgl. Dorner et al., 1983) getan haben. Die relevanten
Entscheidungen hiitte eine Gruppe von Personen zu treffen, in diesem Fall ein Stadtrat.
Ahnliches gilt auch flir komplexe Entscheidungssituationen, wie sie in der Wirtschaft
vorkommen. Dort ist absehbar, daB sich Markte und Technologien immer schneller
veriindern, daB immer mehr Informationen zu bewiiltigen sind und daB die
Entscheidungssituationen immer komplexer werden (vgl. G. P. Huber, 1984, S. 930-935).
Damit Wirtschaftsunternehmen dieser zunehmenden Komplexitiit und Turbulenz ibrer
Umwelt gerecht werden konnen, wird der einsame Top-Manager - falls es ibn heute
iiberhaupt noch gibt - immer mehr zugunsten eines Top-Management Teams in den
Hintergrund treten mussen (vgl. G. P. Huber, 1984, S. 946; Reich, 1987). Gruppen sind
somit wichtige Entscheidungstriiger und deswegen ist es von praktischer Bedeutung und
zudem eine wissenschaftliche Herausforderung, danach zu fragen, wovon die
Effektivitiit einer Gruppe bei der Bewiiltigung komplexer okonomischer Probleme
abhiingt. Dies wird in dieser Arbeit getan, wobei als wichtige Determinante der
Gruppeneffektivitiit der DiskussionsprozeB in der Gruppe betrachtet wird.
Da K1assiflkationen erschopfend sein soUten (vgI. v. Kutschera, 1972, S. 16-20), schlage ich vor, das
Kategoriensystem durch die Kategorie "Gruppenmerkmale" zu erweitem. SUbkategorien hierzu konnten
z.B. "Kohiision" oder "Gruppennormen" sein. Als iibergeordnete Kategorie zu "Personenmerkmale" und
"Gruppenmerkmale" wiirde sich eine Kategorie "Akteursmerkmale" eignen. "Akteursmerkmale",
"Situationsmerkmale" und "Aufgabenmerkmale" wiirden dann die drei Oberbegriffe bilden, die fUr Funkes
Absicht, die "in diesem Forschungsfeld durchgefiihrten (und nach durchzufiihrenden) Studien hinreichend
genau zu beschreiben" (1990, S.I46) besser geeignet erscheinen.
2
3
Das Anliegen dieser Arbeit besteht darin, theoretisch und empirisch die Bedeutung des
Diskussionsprozesses flir die Gruppeneffektivitiit beim LOsen komplexer okonomischer
Probleme zu untersuchen. Damit wird der Forderung entsprochen, daB
Interaktionsprozesse bei der Erkliirung, Prognose oder Verbesserung der
Gruppeneffektivitiit starker berucksichtigt werden sollten. So schreiben Hackman und
Morris (1975) in ihrem vielzitierten Uberblicksartikel: ''The challenge is to identify,
measure, and change those aspects of group interaction process that contribute to ...
obvious differences in group effectiveness" (S. 46). Vertreter dieser Forderung gehen
implizit oder explizit von der Annahme aus, daB Interaktionsprozesse flir die
Gruppeneffektivitiit von groBer Bedeutung sind. So .bekunden Boos, Morguet, Meier
und Fisch (1990):
Hiiufig wird davon ausgegang~n, daB sowohl das Ergebnis als auch die
Zufriedenheit der Gruppenmitglieder durch Inputvariablen, wie Problemstellung
oder formale Gruppenstruktur, bestimmt sind. Dagegen mochten wir zeigen, daB
vor allem ProzeBparameter erklaren konnen, wie es zu bestimmten Ergebnissen
kommt und wie unterschiedlich ausgepriigte Zufriedenheit in Arbeitsgruppen
entsteht. (S. 53)
Die bisher vorliegenden empirischen Befunde stiitzen diese Annahme jedoch nur in
unzureichendem MaBe. Hirokawa (1988) ist deswegen nur ZUZllstimmen, wenn er
resiimiert:
Research to date has contributed very little .... In fact, a review of the extant
literature indicates that despite the efforts of a number of researchers, we have yet
to demonstrate, with any degree of certainty, that a causal link exists between
group communication processes and group decision-making outcomes .... (S. 488)
Als flir die Gruppeneffektivitiit wichtige Aspekte werden die Intensitiit und die
Ausrichtung der sozialen Einwirkung (Scholl, 1989, 1990) sowie die Kontroversitiit der
Diskussion (z.B. Hall & Watson, 1970; Janis, 1982; Tjosvold, 1985) betrachtet. Diese
Konzepte bieten sich flir diese Untersuchung an, da sie in theoretischen Ansiitzen
fundiert sind, die sie mit dem Konzept der Gruppeneffektivitiit verkniipfen. Somit kann
die empirische Untersuchung theoriegeleitet erfolgen und auf die Uberprufung priiziser
Forschungshypothesen ausgerichtet werden. Was sind nun die zentralen Ideen, die hier
empirisch iiberpruft werden? Alltagserfahrungen und wissenschaftliche Befunde zeigen,
daB Gruppen hiiufig ihre Moglichkeiten nicht voll ausschOpfen oder sogar krasse
Fehlentscheidungenproduzieren. Die hier untersuchten Ansiitze flihren diese Defizite
darauf zuruck, daB Gruppen eine falsche Einstellung zu Meinungsverschiedenheiten
haben. So wird in Gruppen versucht, Meinungsverschiedenheiten von vornherein zu
vermeiden. Sind Meinungsverschiedenheiten dennoch aufgetreten, so werden sie mit
4
unangemessenen Mitteln beseitigt. So kommt es z.B. zur Ausiibung von Macht, die eine
bestimmte Gruppenentscheidung erzwingt oder den Gesprachspartner zumindest
mundtot macht. Oder aber die Gruppe macht es sich sehr einfach und trifft schnell eine
KompromiBentscheidung, ohne daB eine argumentative LOsung des Problems gesucht
wird. Bessere Entscheidungen erfordem aber ein anderes Vorgehen. Die Diskussion
sollte kontrovers gefiihrt werden, Informationen, Argumente und Positionen sollten
sachlich, offen und engagiert ausget~uscht werden und Gruppenentscheidungen sollten
immer Konsensentscheidungen sein und nie gegen den Willen eines Gruppenmitgliedes
getroffen werden. In der vorliegenden Arbeit wird empirisch untersucht, inwieweit man
mit diesem Denkansatz die Gruppeneffektivitat bei der BewaItigung komplexer
okonomischer Probleme erklaren kann.
Dieses Denkmodell bietet sich zudem dazu an, konkrete Handlungsregeln abzuleiten,
die angeben, wie die Effektivitiit von Gruppen verbessert werden kann. Hall und
Watson (1970) haben dies getan, indem sie auf der Basis dieses Denkansatzes
Diskussionsrichtlinien entwickelt haben, die den InteraktionsprozeB formen und auf
diesem Weg eine gesteigerte Gruppeneffektivitat bewirken sollen. Empirische Befunde
belegen die effektivitatssteigemde Wirkung dieser Richtlinien, wobei in den hierzu
vorliegenden Untersuchungen aber kein komplexes okonomisches Szenario, sondem
vergleichsweise einfachere Gruppenaufgaben wie das NASA Moon Survivial Problem
verwendet wurden. In dieser Arbeit werden diese Diskussionsrichtlinien daraufhin
iiberpriift, ob durch sie Gruppenprozesse und Gruppeneffektivitiit bei der BewaItigung
eines komplexen okonomischen Problems entsprechend den Intentionen von Hall und
Watson· verandert werden. Damit geht es in dieser Untersuchung nicht nur urn die
theoretisch bedeutsame Frage, ob ein bestimmtes Erkliirungsmodell empirisch haltbar
ist, sondern zudem auch urn die anwendungsnahe Frage, ob eine bestimmte Technik flir
die Optimierung des komplexen Problemlosens sinnvoll einsetzbar ist.
Mit dem Konzept der Gruppeneffektivitiit beriihrt diese Arbeit einen Gegenstand, der
seit den dreiBiger Jahren dieses Jahrhunderts ein sozialpsychologisches Thema ist.
Dabei werden statt des Effektivitatsbegriffes hiiufig Konzepte wie "performance" oder
"quality of solution" verwendet. Urn eine Klarung des Effektivitiitsbegriffes hat sich
insbesondere die Organisationsforschung bemiiht. In der deutschsprachigen Literatur
findet diese Diskussion unter dem Oberbegriff der Effizienz statt (vgl. Budaus &
Dobler, 1977, S. 62). Diese Untersuchung orientiert sich an dem Vorschlag von Budaus
und Dobler (1977, S. 62), die die in der amerikanischen Organisationsliteratur iibliche
Unterscheidung zwischen Effektivitat und Effizienz aufgreifen und den
Effektivitiitsbegriff dabei als Oberbegriff ansehen. Effizienz wird von diesen Autoren als
ein spezifischer Aspekt von Effektivitiit aufgefaBt, der das Input-Output-VerhiiItnis
5
einer
Organisation
charakterisiert.3
Effektivitatsbeurteilungen
konnen
aus
unterschiedlichen Perspektiven erfolgen (vgl. Budaus & Dobler, 1977; Scholl, in Druck
b; Staehle, 1990, S. 411-419). Wichtige Perspektiven sind hierbei das AusmaB der
Erreichung von Organisationszielen, der zum AusmaB der Zielerreichung in Bezug
gesetzte Ressourceneinsatz (EfflZienz), die Anpassung der Organisation an ihre Umwelt
oder das AusmaB, in dem die Organisation die Bedurfnisse organisationsintemer oder extemer Interessengruppen befriedigt (vgl. Scholl, in Druck b). In der vorliegenden
Untersuchung stehen zwei Effektivitatsgesichtspunkte im Vordergrund. Zum einen ist
dies das AusmaB, in dem eine Gruppe das ihr vorgegebene Ziel erreicht. So erhalt jede
Gruppe die Aufgabe, das Eigenkapital ihres simulierten Untemehmens zu maximieren.
Inwieweit die Gruppe ihr Eigenkapital tatsachlich vergroBem kann, ist somit der eine
Effektivitatsgesichtspunkt. Fur die Oberprufung der Intervention von Hall und Watson
wird aus untersuchungstechnischen Grunden, die in Abschnitt 3 eingehend beschrieben
werden, ein anderer Effektivitatsaspekt herangezogen, der die Leistung der gesamten
Gruppe in Bezug setzt zur Leistung der einzelnen Gruppenmitglieder und somit angibt,
was die Gruppe als Gesamtheit aus den ihr zur Verfiigung stehenden individuellen
Ressourcen hervorbringt. Dieses zweite Effektivitatskriterium kann als eine InputOutput-Relation und damit als Effizienzindikator aufgefaBt werden.
In der vorliegenden Untersuchung wird ein okonomisches Simulationsmodell im
Rahmen psychologischer Forschung eingesetzt. Damit unterliegt es einem flir
okonomische Simulationsmodelle eher ungewohnlichen Verwendungszweck. Neben der
Unterstutzung realer okonomischer Entscheidungen und zu Zwecken okonomischer
Forschung werden
diese Modelle insbesondere zur Schulung okonomischer
Handlungskompetenz eingesetzt (vgl. FaBheber, 1990, S. 492). Insbesondere bei
letzterem Anwendungsgebiet wird haufig der Ausdruck "Planspiel" verwendet. Wenn die
Leitung einzelner modellierter Untemehmen im Vordergrund steht, wird auch der
Ausdruck "Untemehmens-Planspiel" benutzt. Das in dieser Untersuchung verwendete
Simulationsmodell sowie die wichtigsten Spielregeln wurden aus dem UntemehmensPlanspiel OPEX (vgl. Baetge, Biethahn & Bokranz, 1990) entwickelt, das zur Schulung
von Studenten und Praktikem eingesetzt wird.
Neben der Verwendung von Efftzienz a1s allgemeinen Oberbegriff, der aueh das AusmaB an
Zielerreiehung abdeckt (vgI. Staehle, 1990, S. 411-412) ist die viet spezifischere Deutung von Efftzienz aIs
Input-Output-Verhiiltnis keinesfa1ls uniiblieh (vgI. den Handbuchartikel von Bea, 1990, S. 763). Vertreter
dieser Deutung subsumieren diesen Effizienzbegriff aber Dieht immer unter den Effektivitatsbegriff, wie
dies von Budaus und Dobler (1977) vorgeschlagen wird, sondem steUen beide Begriffe einfaeh gegeniiber:
"Das Kriterium der Efftzienz beurteilt ein Input/Output Verhaltnis, das der Effektivitat aIIein ein
Leistungsergebnis bzw. die LeistungswirkuDgen" (Vahlens Kompendium der Betriebswirtschaftslehre, 1984,
S.84).
3
6
Die Arbeit ist wie folgt gegliedert: Nach dem Einfiihrungsteil, der im weiteren der
Einordnung der Untersuchung in die Psychologie und dem Aufzeigen interdisziplinarer
Aspekte gilt, wird ein Modell formuliert, das die theoretische Aufarbeitung des Themas
strukturiert. 1m AnschluB an die Analyse des problemlosenden Systems der Gruppe
sowie der Charakterisierung von komplexen Problemen wird die Beziehung zwischen
DiskussionsprozeB und Gruppeneffektivitat untersucht. Dabei werden mit dem
Einwirkungs- und dem Kontroversitatskonzept die zentralen Konzepte dieser
Untersuchung eingehend behandelt. Der nachste Abschnitt gilt der Analyse der
Intervention von Hall und Watson (1970). Der theoretische Teil wird durch die
Hypothesenbildung abgeschlossen, wobei diese anhand eines Modells erfolgt, das die
vorausgegangen Uberlegungen integriert. Der Schwerpunkt des Methodenteils liegt
neben der Beschreibung des hier verwendeten Planspiels auf der eingehenden
Darstellung von Versuchsplan, VersuchsdurchfUhrung sowie der eingesetzten
Datenerhebungsinstrumente. 1m anschlieBenden vierten Teil werden die Ergebnisse der
Datenerhebung und -analyse dargestellt. Der zentrale Teil des fUnften Abschnitts
besteht in der Diskussion der empirischen Befunde, die im Hinblick auf die
zogrundeliegenden Hypothesen und Theorien vorgenommen wird. Sodann wird eine
Modifikation der Diskussionsrichtlinien von Hall und Watson (1970) vorgeschlagen, die
die spezifischen Anforderungen des hier untersuchten komplexen Problems besonders
beriicksichtigt. 1m AnschluB an eine kritische Stellungnahme zom eigenen Vorgehen,
die mit einem Ausblick auf weitere Fragestellungen verbunden wird, erfolgt
abschlieBend eine Behandlung der Frage, inwieweit die Ergebnisse dieser Untersuchung
. fUr den praktischen Umgang mit Komplexitat relevant sind.
7
1.2. Die Einordnung der Untersuchung in die Psychologie und
interdisziplinire Aspekte
Fiir die Einteilung der Psychologie sind insbesondere zwei Ordnungsschemata
gebriiuchlich; beide werden zunachst kurz beschrieben.
Das erste Ordnungsschema findet sich in den Grundziigen bereits bei Miinsterberg
(1920) und ist sehr differenziert von Herrmann (1979) ausgearbeitet worden. Nach
diesem Schema unterscheidet man zunachst in forschende und nicht-forschende
Psychologie: erstere entwickelt psychologisches Wissen, die zweite wendet es an. Die
forschende Psychologie wird sodann nach der Funktion bzw. dem Zweck des
Wissenserwerbs in zwei Klassen unterteilt: (1) Die Grundlagenforschung: Diese zielt
darauf ab, gesetzmiiBige Zusammenhiinge aufzudecken und adliquate Modellierungen
der Realitiit zu liefem (vgl. Herrmann, 1979, S. 184-185); (2) Die anwendungsorientierte
Forschung: Diese zielt darauf ab, psychologische Theorien, Methoden und Techniken zu
entwickeln, die das tiigliche Handeln - z.B. in Erziehung, Beratung, Dienstleistungs- und
Giiterproduktion - verbessem konnen (vgl. Herrmann, 1979, S. 148-149). Folgende
Abbildung stellt dieses Schema dar:4
Abbildung 1: Klassen psychologischen Handelns
Das zweite Ordnungsschema unterteilt die Psychologie in Disziplinen wie "Klinische
Psychologie", "Allgemeine Psychologie", "Sozialpsychologie", "Piidagogische Psychologie"
4 Anderc Terminologicn zur
Bcnennung dicscr drci Klassen fmden sich bei Klages (1967) und WItte (1966).
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oder "Organisationspsychologie". Diese Aufteilung ist z.B. in den deutschen Studienund Priifungsordnungen zu finden (Schonpflug & SchOnpflug, 1983, S. 12). Dabei
versucht man, die einzelnen Disziplinen durch spezifische Gegenstandsbestimmungen
voneinander abzugrenzen. So erklaren Bomewasser, Hesse, Mielke und Mummendey
(1979), daB Sozialpsychologie diejenige Teildisziplin ist, die sich "... mit dem sozialen
Verhalten beschaftigt" (S. 12). Der Gegenstand der Organisationspsychologie ist
dagegen das Erleben und Verhalten von Personen in Organisationen (vgl. Gebert &
Rosenstiel, 1981, S. 11). Soziales Verhalten gibt es nun aber auch in Organisationen; ist
dieses nun Gegenstand der Sozialpsychologie, der Organisationspsychologie oder beider
Disziplinen? Hieraus wird deutlieh, daB solche Grenzziehungen reiehlich unscharf sind.
SchOnpflug und SchOnpflug (1983) ist deswegen nur zuzustimmen, wenn sie schreiben:
"Die Fachergliederung rechtfertigt sieh mehr durch ihre Entstehung im Laufe der
Geschiehte der Psychologie und ihre Etabliertheit im BewuBtsein der Psychologen" (S.
11-12).
Des Ofteren wird versucht, die Disziplinen des zweiten Schemas anhand der Klassen des
ersten Schemas in Grundlagenfiicher - hierzu solI z.B. die Sozialpsychologie ziihlen - und
Anwendungsfiicher - z.B. die Piidagogische Psychologie - zu unterteilen (vgl.: Gebert &
Rosenstiel, 1981, S. 170; Schonpflug & SchOnpflug, 1983, S. 11-12). Dabei wird immer
wieder ein harmonisches, komplementiires Verhiiltnis zwischen beiden Bereiehen
unterstellt. So schreiben z.B. SchOnpflug und Schonpflug (1983) fiber die
Anwendungsfiicher: "Diese nehmen die Erkenntnisse der verschiedenen
Grundlagendisziplinen ... in sieh auf und machen diese flir einzelne Anwendungsfiille ...
und groBere Tiitigkeitsfelder ... nutzbar. Umgekehrt regen sie durch ihr
ProblembewuBtsein die Forschung in den Grundlagendisziplinen an und bereiehem
diese selbst durch ihre Praxiserfahrung" (S. 12). Herrmann (1979) konnte aber
fiberzeugend zeigen, daB diese harmonisierende Auffassung nieht riehtig ist (s. z.B. S.
148ff.). Vielmehr ist davon auszugehen, daB innerhalb jeder Disziplin sowohl
Grundlagen- als auch anwendungsorientierte Forschung betrieben werden kann. 5
Da die Disziplinen des zweiten Schemas den Klassen des ersten Schemas also nieht
eindeutig zuzuordnen sind, solI die Einordnung der Arbeit flir beide Schemata getrennt
erfolgen. Zuniichst wird diskutiert, inwieweit die vorliegende Arbeit grundlagen- und
anwendungsorientiert
ist.
Dann
wird
beschrieben,
welche
psychologischen
Teildisziplinen diese Arbeit beriihrt; es wird gezeigt, daB diese Untersuchung der
Sozialpsychologie zuzuordnen ist, daB sie aber in bestimmter Hinsieht auch flir die
Organisationspsychologie und die Kognitive Psychologie bedeutsam ist.
Diese Auffassung vertreten fiir die Piidagogische Psychologie Weidenmann und Krapp (1986, S.16-17); fiir
die Sozialpsychologie scheint Witte (1989) dies ebenfalls zu meinen (s. S. 14ff.).
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1.2.1. Grundlagen- und anwendungsorientierte Aspekte der Untersuchung
1m vorigen Abschnitt wurden die Begriffe "Grundlagenforschung" und
"Anwendungsorientierte Forschung" expliziert. Kennzeichnend filr diese Untersuchung
ist, daB sie Anteile beider Forschungsrichtungen enthalt.
Einige Untersuchungsfragen sind der Grundlagenforschung zuzuordnen, da sie darauf
abzielen, gesetzmaBige Zusammenhange zwischen den Variablen "Diskussionsproze6"
und "Gruppeneffektivitat" aufzudecken (vgl. Abschnitt 2.6, Hypothesen HI bis HIV).
Diese Zusammenhange sollen beschrieben und interpretiert werden. Die dabei
gewonnenen Erkenntnisse sollen zu einem besseren Verstandnis des
Untersuchungsgegenstandes beitragen. Die Frage, inwiefern dieses bessere Verstandnis
auch zu einem besseren Handeln in verschiedenen Praxisfeldern befahigt, wird zwar
auch behandelt, doch ist die LOsung von Praxisproblemen nicht das Ziel dieser
Untersuchungsbestandteile.
Andere Untersuchungsfragen sind der anwendungsorientierten Forschung zuzurechnen,
da sie sieh auf die "Optimierung" des Alltagshandelns beziehen (vgl. Abschnitt 2.6,
Hypothesen HV und HVJ). Ein wichtiges Ziel in vielen Lebensbereiehen - z.B. in
Wirtschaft oder Verwaltung - ist die Verbesserung der Effektivitat von problemlosenden
Arbeitsgruppen. Hall und Watson (1970) haben eine Intervention vorgeschlagen, die
dies liber eine Veranderung der Diskussionsnormen und -prozesse anstrebt. In dieser
Untersuchung wird die Wirksamkeit dieser Intervention einer Uberpriifung unterzogen.
Sornit wird hier auch anwendungsorientierte Forschung betrieben: eine Technik, die das
"tagliche Handeln" - in diesem Fall Problemlosen in Gruppen - zu verbessern
beabsichtigt, solI auf die Probe gestellt werden.
Wahrend aus anwendungsorientierter Sieht die Uberpriifung der Wirksamkeit der
Intervention sehr aufschlu6reieh ist, ist sie aus der Perspektive der
Grundlagenforschung weniger ergiebig; dies liegt daran, daB die Intervention inhaltlich
so aufgebaut ist, daB mehrere Variablen gleiehzeitig manipuliert werden (vgl. Abschnitt
2.5.2). Den anwendungsorientierten Forscher stort das wenig: er will ja in erster Linie
wissen, ob die Intervention filr eine Verbesserung der Problemloseleistung von
Arbeitsgruppen von Nutzen ist. Dem Grundlagenforscher dagegen liegt mehr am
Aufdecken von Zusammenhangen und an Erklarungen - dieses Ziel kann er aber nicht
erreiehen, wenn eine Intervention, bei der mehrere Variablen gleichzeitig manipuliert
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