ZUSAMMENFASSUNG _______________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________ 6. Zusammenfassung Als molekulare Schalter übernehmen die Rho-GTPasen eine zentrale Rolle in der intrazellulären Signaltransduktion. Dabei kontrollieren sie eine Reihe von zellulären Prozessen, zu denen die Organisation des Aktinzytoskelettes, die Regulation von Proliferation und Differenzierung und die Genexpression gehören. Die Aktivierung der Rho-Proteine erfolgt durch Nukleotidaustauschfaktoren (GEFs) der Dbl-Familie. Im Gegensatz zu den RasGTPasen, sind bisher keine mutierten Rho-Proteine in Tumoren gefunden worden. Dennoch spielen sie eine Schlüsselrolle in Tumorprogression und Metastasierung, die im wesentlichen durch die Deregulation ihrer GEFs bedingt ist. Die Details der Aktivierung durch die GEFs und deren Regulation sind biochemisch bisher wenig untersucht. Ziel dieser Arbeit war die detaillierte biochemische Untersuchung der Nukleotidbindungseigenschaften verschiedener Rho-GTPasen (RhoA, Rac1, Rac2, Rac3, Rac1b), sowie das Prinzip ihrer Aktivierung durch Nukleotidaustauschfaktoren. Im Rahmen dieser Arbeit wurden dazu die GEFs p190, p115, Tiam1, Cdc24, hPem-2 und Abr bezüglich ihrer Aktivität, Spezifität und etwaiger Regulationsmechanismen charakterisiert. Mit Ausnahme von Rac2 und Rac1b ergab die Bestimmung der Nukleotidbindungseigenschaften vergleichbare Werte mit einer Nukleotidaffinität im picomolaren Bereich, bedingt durch langsame Dissoziations- und sehr schnelle Assoziationgeschwindigkeitskonstanten. Rac2 wies im Vergleich zu Rac1 eine deutlich reduzierte Nukleotidassoziationsgeschwindigkeit auf, was in einer 20fach reduzierten Nukleotidaffinität resultierte und auf eine durch wenige Aminosäureabweichungen geänderte Moleküldynamik zurückzuführen ist. Rac1b, eine Spleiß-Variante von Rac1, zeigte eine deutlich beschleunigte, intrinsische Nukleotiddissoziation, die durch den Rac-GEF Tiam1 nicht weiter beschleunigt werden konnte und lag in der Zelle in einem aktiven, GTPgebundenen Zustand vor. Die Kristallstruktur von Rac1b beweist, dass für die im Vergleich zu Rac1 geänderten Proteineigenschaften die Insertion von 19 Aminosäuren hinter der Schalter II-Region verantwortlich ist, die zu einer gesteigerten Mobilität der an der Nukleotidbindung essentiell beteiligten Schalter-Regionen führt. Versuche mit p115- und p190-RhoGEF ergaben, dass die Affinität dieser GEFs nicht ausreicht, um das Nukleotid dauerhaft aus dem Komplex mit der GTPase zu verdrängen. Wie _______________________________________________________________________________________ Aktivierung von GTPasen der Rho-Familie 113 ZUSAMMENFASSUNG _______________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________ weitere Experimente bewiesen, konnte keines der verwendeten Dbl-GEFs in Anwesenheit von freiem Nukleotid einen stabilen, binären Komplex aus GEF und GTPase bilden, was ein allgemein gültiges Charakteristikum dieser GEFs darzustellen scheint. Ähnlich wie p190-RhoGEF, ist p115 ein Rho-spezifischer Austauschfaktor und zeigt keine Aktivität auf andere Mitglieder der Rho-Familie. Die Quantifizierung der Nukleotidaustauschaktivitäten von p115 und p190 zeigte, dass beide GEFs in der Lage sind, die Nukleotiddissoziation von RhoA um mehr als den Faktor 104 zu beschleunigen. Ein Charakteristikum der GEFs der Dbl-Familie ist eine PH-Domäne, die sich direkt Cterminal an die katalytisch aktive DH-Domäne anschließt. Im Gegensatz zu p190-RhoGEF schien die p115 PH-Domäne einen stabilisierenden Einfluß auf die DH-Domäne auszuüben, ist aber in beiden Fällen an der eigentlichen, durch die DH-Domäne katalysierten Austauschreaktion, anders als bei GEFs wie Trio oder Dbs, bei denen das Fehlen der PHDomäne eine mehr als 100fache Reduktion der Austauschaktivität bewirkt, nicht beteiligt. Ferner konnte ein regulatorischer Einfluß der zweiten funktionellen Untereinheit von p115, des RGS-Moduls, auf die GEF-Aktivität nachgewiesen werden. Der beobachtete autoinhibitorische Effekt der N-terminalen RGS-Region auf die DH-Domäne ist damit wahrscheinlich ein wichtiger Bestandteil des Regulationsmechanismus von p115-RhoGEF. Dagegen ist eine Regulation durch Phosphorylierung von Tyrosin568 in der DH-Domäne von p115 nach den Ergebnissen der durchgeführten Mutationsstudien nicht zu vermuten. Falls eine Regulation durch Phosphorylierung des GEFs erfolgt, findet diese höchstwahrscheinlich an einer anderen Position statt. Spezifitätsmessungen mit Tiam1 DHPH zeigten, dass dieser GEF Rac-spezifisch ist, aber innerhalb der Rac-Isoformen zwischen Rac1, 2 und 3 zu differenzieren vermag. Die Quantifizierung der GEF-Aktivität ergab, dass Tiam1 eine deutliche Spezifität für Rac2 aufweist, und die Nukleotiddissoziation dieser GTPase etwa 10fach besser beschleunigen kann, als die von Rac1 und Rac3. Während die Austauschaktivität von Tiam1 für Rac1 und Rac3 damit eher schwach ist, erreicht sie für Rac2 zu p115-/p190-RhoGEF und RhoA vergleichbare Werte. Diese Unterschiede innerhalb der hochhomologen Rac-Isoformen sind durch eine, durch wenige Aminosäureabweichungen geänderte molekulare Dynamik von Rac2 im Vergleich zu Rac1 und 3 begründet. Die gemessenen Daten lassen vermuten, dass es sich bei Tiam1 um einen Rac2-spezifischen Austauschfaktor handelt – eine Annahme die durch die nahezu ausschließliche Expression beider Proteine in hämatopoetischen Zellen unterstützt wird. _______________________________________________________________________________________ Aktivierung von GTPasen der Rho-Familie 114 ZUSAMMENFASSUNG _______________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________ Experimente mit den Cdc42-GEFs Cdc24 und hPEM-2 konnten zeigen, dass Cdc24 die Cdc42-Orthologe aus Homo sapiens und Saccharomyces cerevisiae zu aktivieren vermag, während die hPEM-2 Funktion auf das menschliche Ortholog beschränkt ist. Diese hohe Spezifität findet ihre Ursache in einigen Aminosäureabweichungen, die hPEM-2 im Gegensatz zu Cdc24 erlauben, zwischen nahe verwandten Cdc42-Proteinen zu unterscheiden. Die Quantifizierung der Cdc24-Aktivität zeigte, dass dieses GEF die Dissoziationsreaktion des Nukleotids zwar nur um den Faktor 103 zu steigern vermochte, dafür aber eine im Vergleich zu p190, p115 und Tiam1 deutlich höhere Affinität für die nukleotidgebundene Form der GTPase aufwies. Mit Abr konnte weder Bindung an noch Aktivität für die verschiedenen Rho-GTPasen gemessen werden. Es ist in dieser Hinsicht mit anderen GEFs wie α- und β-Pix, Sos1 und Ect-2 vergleichbar, für die ebenfalls keine in vitro GEF-Aktivität gezeigt werden konnte. Es ist durchaus möglich, dass bei diesen Dbl-GEFs die DH-Domäne einem bisher unbekannten Regulationsmechanismus unterliegt oder mit einer anderen Klasse von Proteinen interagiert. _______________________________________________________________________________________ Aktivierung von GTPasen der Rho-Familie 115