8. Mechanik nichtstarrer Körper Wie kommt das Wasser in die Spitzen des Mammutbaums ? 8.1 Nichtstarre Körper Materie üblicherweise in drei unterschiedlichen Phasen Festkörper formstabil geringe Kompressibilität elastische Deformation Flüssigkeit nicht formstabil geringe Kompressibilität Gas nicht formstabil kompressibel Fluide 1 8.2 Elastizität Elastizitätsmodul Zugspannung Poissonzahl ( = Querkontraktionszahl) Kompressionsmodul und Kompressibilität Schubspannung bzw. Scherspannung Schubmodul bzw. Schermodul Torsionsmodul Torsion eines Drahtes Biegung von Balken 8.3 Fluide Sammelbezeichnung für Flüssigkeiten und Gase Fluide ändern ihre Form nehmen keine Schubspannungen auf Kontinuumsannahme: Masse ist stetig über das Volumen verteilt (hier i.f. immer als homogen angenommen) → komplexe Fluide Aufbau aus Molekülen wird nicht berücksichtigt (gültig außer bei extrem niedrigen Dichten) → Molekularstrahlen 2 8.3 Ruhende Fluide („Hydrostatik“) Flüssigkeitsschichten sind frei gegeneinander verschiebbar. Keine Rückstellkräfte bei Scherung, Torsion; Reibungskräfte möglich. Nur Volumenänderung liefert Rückstellkraft. Unter Druck p erfolgt eine Volumenänderung: ∆V V = −κ p κ : Kompressibilität Ideale Flüssigkeit: keine Reibung, keine Oberflächeneffekte An der Oberfläche treten keine Tangentialkräfte auf. Die Flüssigkeit hat eine Masse (Dichte); dadurch Gewichtskräfte. An Wänden von Behältern treten keine Tangentialkräfte, aber Normalkräfte auf. 8.3 Kraft auf Flüssigkeitselement Flüssigkeitselement: dV = d x dy d z z y Die Kraft auf die linke Seite ist: Fx = p dy d z ∂p Die Kraft auf die rechte Seite: Fx = − p + d x dy d z ∂x ∂p Summe beider Kräfte: Fx = − d x dy d z ∂x x Analog für y und z-Komponente (erstmal ohne Schwerkraft) r r ∂p ∂p ∂p F = − , , dV = −grad p dV = −∇p dV ∂x ∂y ∂z Der Druck ist eine skalare Größe! 3 8.3 Gleichgewicht Die Flüssigkeit ruht, wenn Gesamtkraft = Null Es folgt: grad p = 0 (homogene Dichte) Die Kraft auf alle Seitenflächen ist gleich. In einer schwerelosen, ruhenden Flüssigkeit ist der Druck überall gleich. Bei Druck p treten Kräfte auf alle Gefäßwände auf. r r F1 = p A1 r r F2 = p A2 r r F3 = p A3 r F2 r F1 r F3 Kompensationskräfte halten die Schieber in Ruhe. p Anwendung: Hydraulische Pressen Prinzip: Hebel, Übersetzung 8.3 Schweredruck Kraft auf ein Flüssigkeitselement mit Dichte ρ Gesamtkraft auf das ruhende Element kompensiert seine Gewichtskraft (0,0,− g ρ dV ) − grad p dV = 0 g sei positiv z h Es folgt für die z-Komponente ∂p = −ρ g ∂z ∂p ∫z ∂ z′ d z′ = p(h) − p( z ) = − ∫z ρ g d z′ = − ρ g (h − z ) h Integration liefert 0 h p ( z ) = ρ g (h − z ) + p( h ) Der Druck nimmt linear mit der Tiefe zu. Er wirkt auch auf die Seitenwände. 4 8.3 Auftrieb Der Druck auf linke/rechte und vordere/hintere Seite ist jeweils gleich. (Kräftegleichgewicht) Druckdifferenz H ∆p = ρ Fl g H Dadurch Kraft nach oben r FA r F Der Druck auf obere Seite ist kleiner als auf die untere Seite. F = ρ Fl g H A = ρ Fl g V ρK r FG ρ Fl (neg. Gewichtskraft der verdrängten Flüssigkeit) Dem entgegen wirkt die Gewichtskraft des Körpers (nach unten) Der resultierende Auftrieb ist (nach oben) FG = m g = ρ K V g FA = ( ρ Fl − ρ K ) V g 8.4 Oberflächenenergie An der Oberfläche fehlen Nachbaratome. Oberflächenatome haben eine geringere Bindungsenergie. Man muss Arbeit verrichten um ein Atom an die Oberfläche zu bringen. (Nicht aber beim Austausch) Vergrößerung der Oberfläche kostet Energie. Die Energie pro Fläche heißt spezifische Oberflächenenergie ε= ∆W ∆A 5 8.4 Oberflächenspannung L r F ∆s Um die Oberfläche zu vergrößern braucht man ∆W = F ∆ s = ε 2 L ∆ s = ε ∆ A r r F Die Zugspannung heißt Oberflächenspannung σ = (σr = ε ) 2L die Kraft (Film hat zwei Oberflächen): Oberflächenspannung ist einer gerichtete Größe ! 8.4 Kontaktwinkel Oberflächenenergien spielen bei allen Grenzflächen einer Rolle Die Bindungsenergie zum benachbarten Material kann größer oder kleiner sein als im jeweiligen Medium. Grenzflächenspannungen: r Flüssigkeit-Luft: σ LV r Wand-Flüssigkeit: σ LS Wand-Luft: r σ SV stationäres Gleichgewicht Oberflächenspannungen heben sich auf r r r σ LV + σ LS + σ SV = 0 σ LV cos ϕ − σ LS + σ SV = 0 σ − σ SV cos ϕ = LS σ LV 6 8.5 Fluiddynamik Man zerlegt das Fluid in Volumenelemente Die Bewegung der Massen dV. dm = ρ dV wird durch die Kräfte auf das Volumenelement bestimmt und mit dem Aktionsprinzip berechnet. Gewichtskraft: r r Fg = ρ g dV Kräfte durch Druckunterschiede: r r Fp = − grad p dV = −∇p dV F1 = p1 dy d z F2 = − p2 dy d z dx x Fx = F1 + F2 = −( p2 − p1 ) dy d z = − ∂p ∂p d x dy d z = − dV ∂x ∂x 8.5 Stationäre Strömungen Zusätzlich wirken Reibungskräfte zwischen Volumenelementen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Gesamtkraft auf das Volumenelement die r r r r F = Fg + Fp + FR beschleunigt Beschreibung der Flüssigkeits-Bewegung durch Angabe der Geschwindigkeit u→ an jedem Ort zu jeder Zeit (Strömungsfeld). Hängt r r r r u (r , t ) = u (r ) r r r u ( r , t ) = u ( x, y , z, t ) nicht explizit von der Zeit ab, spricht man von einer stationären Strömung. Ideale Fluide: Reibungskräfte spielen keine Rolle (Gase). Viskose Fluide: Reibungskräfte überwiegen (Fließen von Honig). 7 8.5 Beschleunigung in stationärer Strömung r r r Das Volumenelement gelangt in der Zeit ∆t von r nach r + u ∆t dort hat es ggf. eine andere Geschwindigkeit. , → Beschleunigung Beispiel: Beschleunigung in x-Richtung bei Verschiebung in x-Richtung d u x ∂ ux ux = dt ∂x ∂x Beispiel: Beschleunigung in x-Richtung bei Verschiebung in y-Richtung dux ∂ux = uy dt ∂y ∂y Alle möglichen Verschiebungen zusammen ergeben: ∂u ∂u dux ∂ux = u x + x u y + x uz ∂z dt ∂x ∂y 8.5 Beschleunigung in zeitabhängiger Strömung Zusätzlich kann das Strömungsfeld noch explizit von der Zeit abhängen. Allgemein gilt für die Beschleunigung in x-Richtung dux ∂ux ∂ux ∂u ∂u u x + x u y + x uz + = dt ∂z ∂y ∂x ∂t r r ∂ ∂ ∂ u ⋅ ∇ = ux + uy + uz ∂x ∂y ∂z für die Beschleunigung ergibt sich ∂u ∂u ∂u x + u y x + uz x ux ∂y ∂z ∂x ∂u y ∂u y r r r ∂u y + uy + uz u ⋅ ∇ u = ux ∂x ∂y ∂z u x ∂u z + u y ∂u z + uz ∂uz ∂x ∂y ∂z ( r r r r r du ∂u + ( u ⋅ ∇) u = d t ∂t ) Konvektive Beschleunigung Beschleunigung aufgrund Zeitabhängigkeit der Strömung 8 8.5 Euler Gleichung Bewegungsgleichung für Fluid ohne Reibung r r du r = Fg + Fp dt m { r a ρ dV { Aktionsprinzip Beschleunigung und Kräfte einsetzen Leonhard Euler (1707 –1783) r r r r r r ∂u ρ dV + (u ⋅ ∇) u = ρ dV g − ∇ p dV ∂t Kraft aufgrund des Druckgradienten Schwerkraft r r r r r 1 r ∂u + ( u ⋅ ∇) u = g − ∇ p ρ ∂t Euler-Gleichung Dichte des Fluids ist nicht notwendigerweise konstant ! 8.5 Strömung in einem Rohr Vereinfachungen: Inkompressibilität r ρ (r , t ) = ρ 0 Es gilt die Euler Gleichung Reibungsfreie Strömung Stationäre Strömung r ∂u =0 ∂t Schwerkraft vernachlässigbar g =0 Strömung in x-Richtung Der Massenstrom ist überall im Rohr gleich Im Zeitelement die Fläche A r u A′ r u′ dt tritt durch A die gleich Masse dm, wie durch die Fläche A´ dm dx = ρ0 A = ρ 0 Au x = ρ 0 A′u′x dt dt u x A′ = u′x A 9 8.5 Bernoulli Gleichung r r r r r 1 ∂u Eulersche Gleichung + (u ⋅ ∇) u = g − grad p ρ ∂t Reibungsfreiheit, Inkompressibilität, Stationarität, Schwerelosigkeit, 1D ux ∫ u du Integrieren liefert x ⇒ x ∂ux 1 ∂p =− ∂x ρ ∂x =− 1 ρ∫ dp 1 2 1 u x = − p + const. 2 ρ p + 12 ρ u 2 = const. Bernoulli-Gleichung p ist der statischer Druck, 1 2 ρ u 2 heißt Staudruck 8.5 Kontinuitätsgleichung Um die Flüssigkeit vollständig zu beschreiben muss man für jeden Punkt Geschwindigkeit und Dichte bzw. Druck angeben. r r u(r , t ) r ρ (r , t ) Strömungsfeld = Vektorfeld Dichteverteilung = Skalarfeld Zur Berechnung der zeitlichen Entwicklung der Strömung muss auch eine DGL für die Dichte aufgestellt werden: Kontinuitätsgleichung Zufluss d m1 = ρ u x dy d z dt Abfluss dx d m2 = − ρ u′x dy d z dt x ∂u ∂u d m d m1 d m2 = + = − ρ (u′x − u x ) dy d z = − ρ x d x dy d z = − ρ x dV ∂x ∂x dt dt dt 10 8.5 Kontinuitätsgleichung Berücksichtigung der anderen Seiten liefert: ∂u ∂u dm ∂u = − ρ x + y + z dV dt ∂z ∂y ∂x dadurch ändert sich die Dichte in dem Volumenelement: r r r ∂u ∂u ∂u dρ = − ρ x + y + z = − ρ div u = − ρ ∇ u ∂z dt ∂y ∂x ρ= dm dV Die Klammer bezeichnet man als Divergenz (Quellstärke eines Vektorfeldes) rr dρ = −ρ ∇ u dt Kontinuitätsgleichung Dichte im Volumenelement nimmt zu, wenn mehr zufließt als abfließt. Dichte im Volumenelement nimmt ab, wenn mehr abfließt als zufließt. 11