7. Umweltgerechte Technologien 7.1 Luft Schwebstoffe feste Seesalzkerne Sand Ruß (in Rauch) flüssige Wasser (in Nebel, Wolken) Abluftreinigung vor mehr als 400 Jahren Rauchfang: (Georg Agricola 1556) Emissionssenkung am Beispiel SO2 • globales Problem, da durch atmosphärischen Transport SO2 stark verteilt wird • Hauptquelle: H2SO4-Produktion, Verbrennungsprozesse • Emissionen können abgesenkt werden durch: - Umstellung der Produktionsprozesse - Umstellung auf flüssige und gasförmige Brennstoffe - „Entschwefelung“ von Heizöl und Erdgas, Kraftstoffen - Rauchgasentschwefelung bei Großanlagen ⇒ chemische Industrie trägt in Deutschland nur noch zu 6% zur SO2-Emission bei Rauchgasentschwefelung - verschiedene technische Prozesse möglich: - Adsorption an Aktivkohle - Adsorption mit Kalksteinsuspension mit Oxidation zu Sulfat - Absorption mit Natriumsulfit (Na2SO3) - Massenumsatz bedenken Rauchgasentschwefelung 1. Verfahren mit Verwendung von Kalkmilch, Branntkalk als Absorber Hauptreaktionen: Ca(OH)2 + SO2 CaSO3 + H2O CaCO3 + SO2 CaSO3 + CO2 CaSO3 + 1/2 O2 CaSO4 Nebenreaktionen (Cl, F): Ca(OH)2 + 2HCl CaCO3 + 2HCl CaCl2 + 2H2O CaCl2 + H2O + CO2 d.h. CaCl2 ist im entstehenden Gips enthalten • Verbilligung des Verfahrens durch Verwertung von CaCO3 (Kalkstein) • bei vorheriger Enthalogenierung ist der produzierte Gips als Baumaterial verwendbar Rauchgasentschwefelung 2. „Wellmann-Lord-Verfahren“ Verwendung von Natriumsulfit-Lösung als Absorber Na2SO3 + SO2 + H2O 2 NaHSO3 + O2 2 NaHSO3 Na2SO4 + H2SO4 (1) (2) Na2SO3 + 2 HCl 2 NaCl + H2SO3 (3) • Reaktion (1) kann bei hohen Temperaturen umgekehrt werden SO2-reiches Gas kann zur Schwefelsäureproduktion verwendet werden • Reaktion (3) entfernt Halogene (auch F′) • Bruttoreaktion: SO2-Abgas H2SO4 oder S (Verbrauch von NaOH oder Soda) Emissionsminderung bei Kraftfahrzeugen - BRD 2 Mio. Kfz 1950, 31 Mio. Kfz 1986, 54 Mio. Kfz 2004 - Verringerung des Kraftstoffbedarfs - Verminderung von Schadstoffemissionen Hauptschadstoffkomponenten: • Kohlenmonoxid • Stickoxide • Kohlenwasserstoffe - Verminderung von Verkehrslärm Methoden der Entfernung der Hauptschadstoffe (NOx, CO, CmHn) - vollständige Verbrennung (Oxidation) der Kohlenwasserstoffe und CO ⇒ CO2, H2O - vollständige Reduktion der nitrosen Gase zu Stickstoff ⇒ N2 ⇒ deshalb unter Betriebsbedingungen sowohl Oxidations- als auch Reduktionsreaktionen durchführen Abgase bei Ottomotoren - Typische Abgaszusammensetzung N2 CO2 H 2O O2 aromat. KW CO NOx aliphat. KW 71 18,1 9,2 0,7 1,0 0,85 0,08 0,05 Vol.% Vol.% Vol.% Vol.% (incl. Edelgase) Vol.% Vol.% Vol.% Vol.% - Abgasgrenzwerte für PKW (seit 1992) CO 2,7 g/km NOx 0,97 g/km KW 0,97 g/km Abgasreinigung hinter Ottomotoren „Der Katalysator“ Zu lösende Probleme: - Entwicklung/Bau Katalysator: keramischer Röhrenkörper mit Al2O3-Überzug und Edelmetallverbindungen (Rh, Pd, Pt, etc.) - Optimierung: Verbrennung organischer Verbindungen und CO zu CO2 und Spaltung/Reduktion von Stickoxiden zu N2 und (O2) - Analytik und Reglung Lösungsweg: Einbau von geregelten Katalysatoren Abgasreinigung mit 3-Wege-Katalysator Chemische Reaktionen im Katalysator HC- und CO-Konvertierung: HnCm + (m+n/4)O2 HnCm + 2 H2O CO + 1/2 O2 CO + H2O mCO2 + n/2 H2O CO2 + (2+n/2)H2 CO2 CO2 + H2 NOx-Konvertierung: CO + NO HnCm + 2(m+n/4)NO H2 + NO 1/2 N2 + CO2 (m+n/4)N2 + n/2 H2O + mCO2 1/2 N2 + H2O Chemische Reaktionen im Katalysator Restliche Reaktionen: SO2 + 1/2 O2 SO2 + 3 H2 1/2 H2 + NO 2 NH3 + 5/2 O2 NH3 + CH4 H2 + 1/2 O2 SO3 H2S + 2 H2O NH3 + H2O 2 NO + 3 H2O HCN + 3 H2 H 2O Katalysatortechnologie Problem Abwägung - Produktion der Katalysatoren (Schwermetallverbindungen) - Entsorgung der Katalysatoren (kaum regenerierbar) - permanente Abgabe von diffusen Schwermetallmengen während des Betriebes Belastungen im Abwasser - „Thermische Verschmutzung“ - Salzfrachten, incl. Schwermetalle - Organika (Waschmittel) - Mikroorganismen - Exkremente (Toilettenartikel) → Auftreten im Abwasser als gelöste Stoffe und Partikel/Kolloide Prinzipien der Abwasserreinigung - hoher Durchsatz, robuste Verfahren - Technologien der Abwasser- und Trinkwasseraufbereitung weisen immer mehr Gemeinsamkeiten auf * z.B. Einsatz von Fällungs- und Flockungschemikalien - Anpassung der eingesetzten Verfahren an Inhaltsstoffe der verschiedenen Abwasserarten: Häusliche Schmutzwasser und gewerbliche Schmutzwasser (z.B. aus Beizereien/Galvanisierbetrieben, Bergwerken, Brauereien,chemische Industrie, Textil-Färberei/Reinigung, Kokerei/Stahlindustrie, Tankstellen, Papier/Zellstoffindustrie) Grundprinzip: - Mechanische Reinigungsstufe - Biologische Reinigungsstufe - Chemische Reinigungsstufe Zusammensetzung von Abwasser und dessen mögliche Behandlung Chemische Reinigungsstufe - Neutralisation (Schwefelsäure, Salzsäure; Natronlauge, Kalkmilch) - Redoxreaktionen (HS-, Sulfit, Fe2+-Entfernung z.B. durch NaClO, H2O2, O3) - Oxidation (Eiweiße, Organika, UV O2, O3 zu CO2 und H2O) - Fällungsreaktionen (pH-Wert und anwesende Komplexbildner beachten z.B. Ni2+ mit Na2S) Bioabbau - Bioabbau ist die Mineralisierung von organischen Stoffen vor allem durch Mikroorganismen (Bakterien, Pilze, Algen) - Maß der Persistenz von organischen Stoffen (Schadstoffen) ist die Bildungsrate von CO2, H2O - Bioabbau ist an Wachstum der Mikroorganismen gekoppelt: „Organisches Substrat kann Schadstoff selbst sein…“ Wachstumsbedingungen für Mikroorganismen verbessern Spezielle Verfahren der Abwasserreinigung Anforderungen an eingeleitete Schmutzwässer - neutraler pH-Wert - ambiente Temperatur - niedrige Salzfracht - geringer Gehalt an Organika - keine giftigen Substanzen - keine krankheitserregende Mikroorganismen Schnitt durch den Aquifer mt einer permeablen Reaktionswand In-situ-Reaktionswände - bisher „pump and treat-Verfahren“ zur Grundwasserreinigung - Entwicklung passiver durchlässiger Reaktions- und Adsorptionswände - Wände in Grundwasserabfluss eingebaut, Barriere für Schadstoffe - Adsorptionsmaterial z.B. Aktivkohle, Torf - auch reaktive Schichten: Mikroorganismen, metallisches Fe, Cr(VI) zu Cr(III) Schematische verfahrenstechnische Darstellung eines Spülkreislaufs kombiniert mit einer Schutzinfiltration für die gesättigte Zone Bodenbestandteile Einträge in den Boden Industrielle und landwirtschaftliche Prozessen - Verkehrsträger - Rohstoffgewinnung (z.B. Erz-und Kohleabbau) - Produktion von chemischen Stoffen - Energieerzeugung - Unfälle bei Stoff- und Energieproduktion - Lebensprozesse der Organismen - Düngemittel - Pflanzenbehandlungsmittel und Schädlingsbekämpfungsmittel - bei Entsorgung (Deponien) Quellen Organika: - bei der Förderung - durch Leckagen von Öltanks und Ölleitungen - beim Betanken von Fahrzeugen - bei der (unsachgemäßen) Deponierung von Ölschlämmen - bei Transportunfällen - bei unerlaubtem Ausbringen von Altölen - als Pflanzenschutzmittel - typische Altlastenflächen: (ehemalige) Raffinierung, Gaswerke, Kokereien und Tankstellen Schwermetalle: - bei Förderung und Aufarbeitung - bei Entsorgung (Sickerwässer der Deponien) - Klärschlämme der Abwasseraufbereitung, Flusssedimente Bodenreinigung Ziel: Schadstoffe vom Boden zu trennen und sauberen Boden zurückzugewinnen Grundverfahren: * Waschverfahren - Spülverfahren (physikalische Reinigung) - Extraktionsverfahren (chemische Reinigung) * Thermische Verfahren * Biologische Verfahren Methoden: * in-situ Verfahren *ex-situ Verfahren Boden am Ort ohne Aushub behandelt Boden wird ausgehoben, innerhalb des Geländes - on site -, oder außerhalb des kontaminierten Bereiches - off site - behandelt Bodenwäsche - Bezeichnung irreführend, da Boden in Wasser aufgeschlämmt und saubere von verschmutzter Fraktion unter Mithilfe von Chemikalien getrennt wird - Teil des Bodens wird deponiert oder chemisch, thermisch weiterbehandelt - Kontamination im Feinkorn größer als im Grobkorn - Einsatz bei Sanierung von Standorten: Kokereien, Tankstellen, Schrottplätze, Chemiebetriebe - etwa 500000 t bis 1992 gereinigt - stationäre Waschanlagen sind Stand der Technik, da umfassende Abwasser und Abluftreinigung möglich Thermische Behandlung von Böden - Böden mit verdampfbaren und/oder brennbaren Substanzen verunreinigt - Hochtemperaturbehandlung nur bei besonders problematischen Böden - Verfahrensparameter: ∗ Temperaturbereich ∗ Verweilzeit ∗ Sauerstoffangebot ∗ Angebot reaktiver Gase zur Vergasung ∗ Inertgas-Angebot ∗ Art der Wärmezufuhr ∗ Ofentyp ∗ Strömungsverhältnisse - Brennkammer (Drehrohrofen), Nachbrennkammer, Abgaswäsche, Mischer für Boden, Wärmetauscher - Rekultivierung thermisch behandelter Böden Mikrobielle Bodenreinigung - Abbau im Idealfall zu Kohlendioxid und Wasser - für Sanierungen sind aerobe heterotrophe Mikroorganismen wichtig - heterotrophe Mikroorganismen nutzen organische Stoffe als Energieund Kohlenstoffquelle - autotrophe Mikroorganismen nutzen CO und CO2 als Kohlenstoffquelle und anorganische Stoffe als Energiequelle (keine große Bedeutung für Sanierung) - für Wachstum auch Mineralstoffe wichtig (C, H, O, N, S, P, K, Mg, Ca, Fe, Na, Cl, Zn, Mn u.a.) - optimaler pH-Wert für Bakterien 6-8, Pilze 4-7, Temperatur bis 370C - meist ex-situ-Verfahren in Beeten 50 cm hoch (Landfarming), Mieten und Bioreaktoren (10 - 250 m3) - Verwendete Mikroorganismen: Pilze: Aspergillus, Penicillium, Candida; Bakterien: Acetobacter, Pseudomonaden, Thiobacillus ferrooxidans Beispiele von Bio-Beeten zum mikrobiellen Abbau von Ölverunreinigungen Sanierungsverfahren Kraftstoffe / Öle • Bodenwäsche (oberflächenaktive Substanzen: Tenside, auch häufig in-situ Bodenwäsche angewendet) • Aktive hydraulische Verfahren • Bodenluftabsaugen • Thermische Verfahren • Biologische Verfahren Probleme: Bioverfügbarkeit von lipophilen / langkettigen Substanzen (Einsatz von „Biotensiden“, „Biosurfactants“) • Natural Attenuation: erste Ergebnisse schon 1972 publiziert, seit Mitte der 90er in den USA häufig eingesetzt Phytoremediation - Schwermetalle müssen in den oberirdischen Teil transportiert werden - Kontamination muss oberflächennah vorliegen - Boden / Halden müssen kulturfähig sein - Pflanzen müssen hohe Aufnahmeraten haben - Vegetationsperiode sollte möglichst lang sein (mehrmalige Ernte) - geerntete Pflanzen werden thermisch verwertet Æ Rückgewinnung des Metalls Metalle in Pflanzen Gehalt/Konzentration in Pflanze TF = --------------------------------------------Gehalt/Konzentration in Boden Beispiel: Transferfaktoren für Uran Pflanze TF(U) ------------------------------------------Lupine 6.0 x 10-2 Gerste 1.0 x 10-3 Weizen 8.8 x 10-4 Kartoffel 8.3 x 10-4 Karotten 4.3 x 10-4 Apfel 7.2 x 10-5 Birne 1.4 x 10-3 (mg/kg-1) (Frischmasse) ------------ -------------------(mg/kg-1) (Trockenmasse) Bodenbehandlungskapazitäten (D) Verfahren Bodenwäsche Kapazität (t/a) (%) 1051.000 62,6 Thermische Behandlung 135.000 7,7 Biologische Behandlung 498.600 29,7 Kosten (1992) (DM/t) 200 - 800 400 - 3000 150 - 300 Verschiedene Arten von Rohstoffen Rohstoffe mineralische pflanzliche und tierische fossile Strategie des Sanierens: - Erfassen - Beurteilen - Sanieren Uran - Kontaminationen durch Erzbergbau und Aufbereitung Halden Sickerwässer Gruben Flutungswässer Tailings Aufarbeitungswässer Konsequenzen: - Toxizität als Schwermetall - äußere Strahlenbelastung - innere Strahlenbelastung über Nahrungspfad (Biosysteme) Uran - ausgewählte Hintergrundkonzentrationen – V Mensch: Aufnahme – Gehalt Mensch (70 Kg) = 90 µg U (20 µg) Skelett: 1.0 - 62 µg Niere: ca. 0.004 µg/g (= 0.1 µg) (Werte abhängig von geographischen Unterschieden, Ernährung) U - Nahrungsaufnahme pro Tag: 1.0 – 3.0 µg, (1.0 –1.5 µg) (Ausscheidung von 95 % durch Kot, U- nierengängig, im „normalen“ Gleichgewicht: Knochen, Niere, Leber, Lunge kein Nachweis) Uran - Charakteristika - silberfarbiges Metall - Vorkommen: • Erdkruste = 2,4 x 10-6 g/kg, meist oxidisch z.B. Uraninit U3O8 • Mensch (70 kg) = 0,09 mg - Schmelzpunkt: 1505,5 K - Siedepunkt: 4018 K - Dichte: 18,9 g/cm3 - Oxidationsstufen: 2, 3, 4, 5, 6 ( +6 mobil, +4 immobil) - wichtigste Isotope: 238U - Halbwertszeit 238U: 4,46 x 109 a (α, γ ) (99,275%); 235U (0,72%) Uranerzbergbau in Sachsen und Thüringen - Uran im Gestein, Kohle, Sandstein - Förderung von ca. 230.000 t Uran aus ca. 170 Mio t Erz • Tagebau • Grubensysteme (Schächte bis ca. 1800 m Tiefe) - Ziel: • Brennstoff für Kernkraftwerke • Produktion nuklearer (konventioneller) Waffen • Element sonst kaum industrielle Verwendung (Farben, „Ra“-Produktion) Sanierungsstrategien - Halden ∗ Abdeckungen ∗ Umlagerungen ∗ Fassung und Reinigung der Sickerwässer - Gruben ∗ Flutung der Gruben ∗ Wasserreinigung - Tailings (Schlammteiche) ∗ Wasserreinigung, Eintrocknung ∗ Abdeckung ⇒ wissenschaftliches Programm Sanierungsverfahren - Natural Attenuation: erste Ergebnisse schon 1972 publiziert, seit Mitte der 90er in den USA häufig eingesetzt - Natur hilft sich selbst (Kontrolle) * chemischer Abbau * biologischer Abbau -Technisch * Anlegen von Wetlands