physik-department technische universität münchen

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PHYSIK-DEPARTMENT
Tumorbestrahlung mit gepulsten
und kontinuierlichen Protonen am
Mausmodell
Diplomarbeit
von
Christian Siebenwirth
TECHNISCHE UNIVERSITÄT
MÜNCHEN
eingereicht am 12.11.2010
Zusammenfassung
Zur Qualifizierung der Tumortherapie mit gepulsten Protonenstrahlen mit Pulsbreiten von
1 ns, wie sie bei der Laserbeschleunigung erzeugt werden, wurden am Münchner 14 MV
Tandembeschleuniger menschliche Tumore am Mausmodell mit 20 Gy bestrahlt. Anhand
des Parameters der Tumorwachstumsverzögerung wurde überprüft, ob ein Unterschied in
der relativen biologischen Wirksamkeit (RBW) zwischen Protonenstrahlung, die ihre Dosis
in Pulsen der Breite von 1 ns applizieren, und kontinuierlicher Protonenbestrahlung
auftritt.
Da es noch keine laserbeschleunigten Ionenstrahlen in hinreichender Qualität gibt, um eine
Tumorbestrahlung durchzuführen, wurde am Rasterionenmikroskop SNAKE ein
laserbeschleunigter Protonenstrahl simuliert. Dazu wurde das 5 MHz Pulsungssystem des
Tandembeschleunigers verwendet, das ein 23 MeV Protonenstrahl mit einer Pulsbreite von
1 ns erzeugt. Durch die Fokussierung des Strahls an SNAKE auf einen Durchmesser von
100 µm konnte in einem einzelnen Puls eine Ionenstrahldichte von 109 Protonen/cm²
erreicht werden und so eine Dosis von 20 Gy mit einem Puls im Target deponiert werden.
Die Strahlflecke wurden in lateraler Richtung durch Strahlablenkung und Bewegen des
Tumors inklusive Maus zu einem homogenen Feld von ca. 1 cm² zusammengesetzt. Die
homogene Tiefendosis wurde mittels Aluminiumplättchen als diskrete Energieabsorber
kurz vor dem Target verwirklicht. So besaß das homogen bestrahlte Gesamtvolumen eine
Tiefe von 4,8 mm und einen Durchmesser von 9 mm. Durch die Realisierung der
kontinuierlichen Protonenbestrahlung am selben Gerät, wurden systematische Fehler im
Vergleich der beiden Bestrahlungsarten minimiert.
Zur Kontrolle der Protonenfluenz diente ein vor dem Tumor platzierter Gafchromic EBT2
Film, der in Abhängigkeit von der durch die Protonen deponierten Dosis verdunkelt. Damit
konnte die Dosis der gepulsten und kontinuierlichen Bestrahlung mit einer relativen
Genauigkeit von 3 % rekonstruiert werden.
Es wurden insgesamt 11 XF354 und 12 FaDu Tumore bestrahlt, davon 12 im gepulsten
und 11 im kontinuierlichen Modus. Die sich aus der Dosisrekonstruktion ergebende
mittlere Tiefendosis lag für die gepulsten Bestrahlungen durchschnittlich bei 17,6 Gy mit
einer Breite von 0,2 Gy bzw. für die kontinuierliche Bestrahlung bei 19,6 Gy mit einer
Breite von 0,3 Gy. Annähernd die Hälfte des 10 % Dosisunterschieds zwischen gepulst
und
kontinuierlicher
Bestrahlung
konnten
auf
systematische
Fehler
der
Bestrahlungsdurchführung und der Dosisrekonstruktion zurückgeführt werden. Diese sind
in zukünftigen Experimenten einfach zu korrigieren. Die andere Hälfte liegt vermutlich in
der Strahlstrommessung begründet und sollte nach näheren Untersuchungen ebenfalls
reduziert werden können.
Bei den XF354 Tumoren erreichte ein Tumor je Bestrahlungsmodus das dreifache
Bestrahlungsvolumen, das für die Wachstumsverzögerung als Bezugspunkt dient, wobei
die Wachstumsverzögerung 103 d für die gepulste und 35 d für die kontinuierliche
Bestrahlung ergab. Die übrigen Tumore wurden kontrolliert, wodurch sich wegen der
geringen Statistik keine Aussage über eine unterschiedliche RBW treffen lässt. Für die
FaDu Tumore konnte eine mittlere Wachstumsverzögerung von (34 ± 4) d aus fünf gepulst
bestrahlten und (36 ± 4) d aus vier kontinuierlich bestrahlten nicht kontrollierten Tumoren
bestimmt werden.
Die gewonnenen Ergebnisse zeigen keinen signifikanten Unterschied bezüglich der
Tumorwachstumsverzögerung von gepulster und kontinuierlicher Protonenbestrahlung.
Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung ................................................................................................................ ii
1
Einleitung......................................................................................................................... 1
2
Grundlagen der Tumorbestrahlung ................................................................................... 3
2.1 Biologische Grundlagen der Tumorbestrahlung .................................................................... 3
2.1.1 Strahlenwirkung auf Zellen ........................................................................................... 3
2.1.2 Relative biologische Wirksamkeit ................................................................................. 4
2.1.3 Tumorwachstum ........................................................................................................... 5
2.2 Physikalische Grundlagen der Tumorbestrahlung ................................................................. 7
2.3 Erzeugung von laserbeschleunigten Ionen .......................................................................... 11
3
Tumorbestrahlungsexperiment am Mausmodell ............................................................. 13
3.1 Maus- und Tumormodell .................................................................................................... 13
3.2 Bestrahlungsplanung ........................................................................................................... 15
3.2.1 Axiale Dosisplanung .................................................................................................... 15
3.2.2 Laterale Dosisplanung................................................................................................. 17
4
Aufbau und Durchführung der Tumorbestrahlung am Mausmodell.................................. 19
4.1 Strahlpräparation ................................................................................................................ 19
4.1.1 Gepulster Modus ........................................................................................................ 19
4.1.2 Einzelpulspräparation ................................................................................................. 22
4.1.3 Gepulste Kleinfeldpräparation ................................................................................... 22
4.1.4 Kontinuierliche Strahl- und Kleinfeldpräparation....................................................... 26
4.2 Großfeldpräparation ........................................................................................................... 27
4.3 Aufbau zur Tumorbestrahlung am Mausmodell ................................................................. 29
4.4 Durchführung der Tumorbestrahlung ................................................................................. 34
4.4.1 Kalibration des Strahlstroms ...................................................................................... 34
4.4.2 Bestrahlungsablauf ..................................................................................................... 36
5
Dosisrekonstruktion ....................................................................................................... 38
5.1 Methodik der Dosisrekonstruktion ...................................................................................... 38
5.1.1 Aufbau und Eigenschaften des Gafchromic EBT2 Dosimetriefilm .............................. 39
5.1.2 Kalibrierung des Gafchromic EBT2 Film ...................................................................... 40
5.1.3 Untergrundermittlung ................................................................................................ 42
5.1.4 Fluenzbestimmung ..................................................................................................... 45
5.1.5 Genauigkeit der Fluenzbestimmung........................................................................... 46
5.1.6 Systematische Fehler .................................................................................................. 48
5.1.7 Rekonstruktion der Tiefendosisverteilung und mittlere Tiefendosis ......................... 50
5.2 Experimentelle Tiefendosisverteilung ................................................................................. 51
5.3 Dosisrekonstruktion der Mausbestrahlungen ..................................................................... 53
5.3.1 Beschreibung der Messreihe ...................................................................................... 53
5.3.2 Fluenz ......................................................................................................................... 53
5.3.3 Tiefendosisverteilung ................................................................................................. 58
5.3.4 Mittlere Tiefendosis ................................................................................................... 59
5.3.5 Diskussion der Dosisunterschiede von gepulstem und kontinuierlichem Modus ..... 60
6
Vergleich der Tumorwachstumsverzögerung nach gepulster und kontinuierlicher
Bestrahlung ........................................................................................................................... 62
6.1 Wachstum unbestrahlter Tumore (Kontrolle) ..................................................................... 63
6.2 Tumorwachstum nach Bestrahlung .................................................................................... 65
6.3 Tumorwachstumsverzögerung ............................................................................................ 69
7
Ausblick......................................................................................................................... 71
8
Literaturverzeichnis ...................................................................................................... 74
Danksagung ........................................................................................................................... 77
1
Kapitel 1 Einleitung
1 Einleitung
Krebs ist heutzutage in den Industrieländern nach Herzinfarkten die zweithäufigste
Todesursache. So war im letzten Jahr jeder vierte Todesfall in Deutschland auf die Folgen
von Krebs zurückzuführen [1]. Dadurch kommt der Behandlung von Krebs immer größere
Bedeutung zu und eine inzwischen für viele Krebsformen weitverbreitete Behandlungsart
ist die Bestrahlung (ca. 40 % der Behandlungen bösartiger Tumore) [2].
Schon 1896 wurde von E.H. Grubbe die erste Tumorbestrahlung mit der erst ein Jahr zuvor
entdeckten Röntgenstrahlung durchgeführt. Bis die Natur und Wirkungsweise dieser
Strahlung näher verstanden war, wurde die Strahlentherapie als Erfahrungswissenschaft
praktiziert [3]. In den frühen 1940ern nutzten R. Stone und J.C. Larkin mit schnellen
Neutronen das erste Mal Teilchen zur Behandlung von Krebs. Neutronen stellten sich
jedoch wegen ihrer gravierenden Nebenwirkungen im umliegenden gesunden Gewebe als
sehr aufwendige Möglichkeit heraus, die nur begrenzt angewendet werden kann. Nachdem
R. Wilson 1946 das Tiefendosisprofil von Protonen untersucht hat und diese zur
Krebsbehandlung vorschlug, starteten Tobias, Lawrence und Larson 1954 die Behandlung
von Patienten mit Protonen und später mit Heliumionen. Seit dem hat sich die
Teilchentherapie mit geladenen Ionen etabliert und inzwischen ihre Vorteile gegenüber der
konventionellen Röntgenbestrahlung durch ihre spezifische Dosisverteilung bewiesen.
Heute gibt es 25 klinische Zentren zur Krebsbehandlung mit Protonen und 3 für die
Behandlung mit Kohlenstoffionen [4]. Bis Ende 2008 wurden über 70 000 Menschen mit
Teilchenstahlen therapiert [5].
Jedoch sind die benötigten Beschleuniger groß und die Kosten liegen über den
weitverbreiteten Gammabestrahlungen. So reifen, durch die sich im letzten Jahrzehnt rasch
entwickelnde Technologie der ultrakurzen Hochleistungslaser mit mehr als 100 TW,
Überlegungen die Ionen durch diese Art Laser zu beschleunigen. Auf diese Art erzeugte
Ionenstrahlen weisen aufgrund des Erzeugungsprozesses besondere Eigenschaften,
insbesondere eine gepulste Zeitstruktur, auf. Dies wirft die Frage auf, ob es Unterschiede
in der biologischen Wirksamkeit dieser gepulsten Ionenstahlen und den konventionellen
kontinuierlichen Ionenstrahlen gibt. Im Rahmen von MAP (Munich Center for Advanced
Photonics) wurde ein Programm gestartet, das diese Frage der biologischen Wirksamkeit
von gepulsten Strahlen klären soll. Es gibt jedoch noch keine hinreichend guten
laserbeschleunigten Ionenstrahlen, mit denen man die nötigen Experimente durchführen
kann. Deshalb finden diese Untersuchungen am Rasterionenmikroskop SNAKE am
1 Einleitung
2
Garchinger Tandem Beschleuniger statt. An diesem kann, indem einem kontinuierlichen
Protonenstrahl eine gepulste Zeitstruktur aufgeprägt wird (Kap. 4.3), die gepulste
laserbeschleunigte Bestrahlung simuliert, und unter ähnlichen Voraussetzungen mit einer
kontinuierlichen Bestrahlung verglichen werden kann. Hierdurch werden systematische
Fehler vermieden. In einigen Experimenten zeigten sich kleine Unterschiede, die im
Rahmen des Messfehlers mit der Hypothese verträglich sind, dass keine Unterschiede
zwischen gepulster und ungepulster Bestrahlung bestehen. Allerdings ist es für die
medizinische Anwendung in der Strahlentherapie notwendig zu zeigen, dass die Aussage,
die in Zellkulturen [6] oder an künstlichen Hautgeweben gewonnen wurde [7], auch im
lebenden Organismus gilt. Deshalb wurde im nächsten und letzten Schritt die Bestrahlung
von Tumoren im Mausmodell (in vivo) untersucht. Hierüber wird in dieser Arbeit
berichtet.
3
Kapitel 2 Grundlagen der Tumorbestrahlung
2 Grundlagen der Tumorbestrahlung
Zunächst sollen die biologischen (Kap. 2.1) und physikalischen Grundlagen (Kap. 2.2) der
Tumorbestrahlung erklärt werden. Dabei wird unter anderem die Wirkung von Strahlung
auf Zellen sowie Tumore erläutert und weiterführend die strahlungsspezifische
Tiefendosisverteilung vorgestellt. Da in diesem Versuch ein laserbeschleunigter
Protonenstrahl simuliert und mit konventioneller kontinuierlicher Protonenbestrahlung
verglichen wird, sollen abschließend in Kapitel 2.3 die markantesten Eigenschaften von
laserbeschleunigten Ionenstrahlen besprochen werden.
2.1 Biologische Grundlagen der Tumorbestrahlung
2.1.1 Strahlenwirkung auf Zellen
Bei der Bestrahlung von Zellen mit ionisierender Strahlung, wie den hier verwendeten
Protonen, können auf zwei Wegen Zellschäden hervorgerufen werden. Die direkte
Strahlwirkung beschreibt direkt erzeugte Ionisierungsvorgänge im Zellkern, wobei es
speziell im Hoch-LET-Bereich (Linearer Energietransfer, Kap. 2.2) des Braggpeaks zur
Zerstörung getroffener biologischer Moleküle kommt [8]. Bei indirekter Strahlenwirkung
entstehen zum einen durch strahleninduzierte Radiolyse freie Radikale, die durch das
Brechen von Wassserstoffbrückenbindungen Schäden verursachen, und zum anderen wirkt
das Zellgift Wasserstoffperoxid. Die indirekte Schädigung wird bei einem erhöhten
Sauerstoffvorkommen im Zellmillieu zusätzlich verstärkt [8].
Schwere und Anzahl der Schäden wird in der Regel von der deponierten Dosis D = ΔE/m,
der deponierten Energie in einem bestimmten Volumen mit Masse m, bestimmt.
Zu den durch ionisierende Strahlung verursachten weniger schweren Schäden zählen:
denaturierte Proteine, Zell- und Kernmembranveränderungen (die je nach Dosis von
Formveränderungen bis zum Zelltod führen) und Beschädigungen des endoplasmatischen
Retikulums oder der Mitochondrien, die eine Beeinträchtigung der Zellfunktion
hervorrufen [9]. Die schwerwiegendsten Schäden sind DNA-Schäden im Zellkern, da diese
die Integrität der Erbinformation gefährdet. Hierbei unterscheidet man Basenschäden,
Einzelstrangbrüche,
Doppelstrangbrüche
und
gehäufte
Läsionen,
die
2.1 Biologische Grundlagen der Tumorbestrahlung
4
Mehrfachschädigungen in einem kleinen Bereich bezeichnen und deshalb in der Regel
schwer zu reparieren sind.
Basenschäden und Einzelstrangbrüche bei denen nur eine Seite der DNA-Doppelhelix
beschädigt sind, können wegen der festen Basenpaarung der DNA-Bausteine leicht und
nahezu fehlerfrei (Replikationsgenauigkeit 10-8-10-9 [8]) von der Zelle repariert werden.
Die schwerwiegenden Doppelstrangbrüche entstehen entweder durch zwei individuell
erzeugte, nah beieinander- und gegenüberliegende Einzelstrangbrüche oder durch eine
einzige Wechselwirkung, bei der beide Helixstränge durchtrennt werden. In bestimmten
Phasen des Zellzyklus liegt ein genetisch identisches Schwesterchromatid vor (S- oder G2Phase). Mit diesem als Vorlage kann die Zelle den Schaden fehlerfrei reparieren. Dies
bezeichnet man als sogenannte homologe Rekombination [10]. Die andere, einfachere
Reperaturmöglichkeit ist die nichthomologe Endverknüpfung, bei der die beiden losen
Enden des DNA-Strangs miteinander ligiert werden. Eventuell verloren gegangene
Basenpaare werden dabei jedoch nicht ersetzt, was zu Mutationen führt. Je nachdem was
für Teile der DNA dabei betroffen sind, haben die Mutationen keine Folgen oder führen
nach einigen Teilungszyklen der Zelle zum Verlust der Teilungsfähigkeit und die Zelle
erleidet den sogenannten Mitosetod. In seltenen Fällen bleibt die Zelle funktionstüchtig,
verliert aber Kontrollmechanismen, wie z.B. Befehl zum Wachstumsstopp, die zu
unkontrolliertem Wachstum bis zu Krebs führen können.
Kann ein DNA-Schaden nicht repariert werden, so tritt der programmierte Zelltod ein, die
sogenannte Apoptose. Die Zelle wird dabei kontrolliert abgebaut. In besonders schweren
Fällen kommt es zur Nekrose, dem plötzlichen „Unfalltod“, bei der die Zellmembran
instabil wird und Zellbestandteile in das umliegende Medium gelangen. Dabei werden
Entzündungsreaktionen hervorgerufen.
2.1.2 Relative biologische Wirksamkeit
Die
deponierte
Dosis
allein
reicht
aufgrund
der
unterschiedlichen
Wechselwirkungsmechanismen nicht aus, um die Wirkung verschiedener Strahlungsarten
zu beschreiben. Deswegen wurde der Vergleichsfaktor der relativen biologischen
Wirksamkeit
RBW = D0 / D
2.1
5
Kapitel 2 Grundlagen der Tumorbestrahlung
eingeführt. Dieser beschreibt das Verhältnis zwischen der Dosis D der entsprechenden
Strahlungsart und der durch schwach ionisierende Strahlung zu applizierenden Dosis
D0 (wegen guter Verfügbarkeit meist 250 kV Röntgen- oder
60
Co-γ-Strahlung), die
benötigt wird um den gleichen Effekt zu erreichen. Der RBW (engl.: RBE, relative
biological effectivness) hängt dabei von dem betrachteten Endpunkt und der gewählten
Dosis ab. Beispiele für solche Effekte oder Endpunkte sind die Überlebensrate von Zellen
oder der TCD50-Wert (Tumor Control Dose), der die Dosis beschreibt, mit der ein Tumor
bei Bestrahlung mit 50 %iger Wahrscheinlichkeit kontrolliert wird.
Bei einer TCD50-Messreihe werden für verschiedene Dosiswerte mehrere Tumore
bestrahlt. Trägt man den Anteil an kontrollierten Tumoren über die Dosis auf und fittet
eine
sigmoidale
Funktion
durch
die
Werte,
lässt
sich
die
Dosis
mit
Heilungswahrscheinlichkeit von 50 % bestimmen. Der RBW einer Strahlenart ergibt sich
dann aus dem Verhältnis des TCD50-Werts von z.B. 250 kV Röntgenstrahlung D50%,Röntgen
und des TCD50-Werts D50% der zu untersuchenden Strahlenart:
2.2
2.1.3 Tumorwachstum
Bei Tumoren handelt es sich um Zellhaufen, die sich aufgrund zufälliger oder
strahleninduzierter Mutationen unkontrolliert und fortwährend teilen. Es handelt sich aber
dabei nicht zwangsläufig um exzessiv schnell wachsende Tumore [3].
In frühen Stadien des Tumors kann man von einem exponentiellen Tumorwachstum
V(t) = V0 · ea·t
2.3
ausgehen. In großen Tumoren kommt es zu Nährstoff- und Sauerstoffmangel. Dadurch
gehen immer mehr der Zellen in den Ruhezustand (G0-Phase) oder sterben ab und es
kommt zu einem Abflachen der Wachstumskurve. Dies kann durch die Gompertzfunktion
( )
2.4
gut beschrieben werden [11]. Dabei beschreibt Vmax das maximale erreichbare
Tumorvolumen, b beschreibt über b = ln(Vmax/V0) das Eingangsvolumen V0 und c die
Wachstumsrate.
2.1 Biologische Grundlagen der Tumorbestrahlung
6
Bei Bestrahlung eines Tumors wird ein Teil der Tumorzellen abgetötet und nach einiger
Zeit vom Organismus abgebaut. Das Tumorvolumen reduziert sich auf Vmin, während sich
die noch intakten Zellen weiter vermehren. Da auch Versorgungsgewebe des Tumors
beschädigt wird, gerät das Tumorwachstum wegen Nährstoffmangel oftmals ins Stocken
bis die Versorgung erneut gewährleistet ist. Dieser Effekt wird Tumor-Bett-Effekt genannt
[12]. Danach folgt das Wachstum wieder dem gewöhnlichen Wachstum einer
Gompertzkurve. Abb. 2.1 zeigt schematisch die zwei beschriebenen Wachstumsverläufe
eines unbestrahlten, sowie bestrahlten Tumors. Die Wachstumsverzögerung (engl. growth
delay) GD gibt die zeitliche Differenz an, die zwischen dem Erreichen eines bestimmten
Volumens eines unbestrahlten bzw. bestrahlten Tumors liegt.
Abb. 2.1: Schematisches Wachstum eines bestrahlten und unbestrahlten Tumors und die sich daraus
ergebende Wachstumsverzögerung GD als Zeitdifferenz der Dauer, die der bestrahlte Tumor bzw.
unbestrahlte Tumor benötigen um ein Vielfaches ihres Eingangsvolumen V0 zu erreichen. In Anlehnung an
[12].
In dem hier durchgeführten Versuch wurde das dreifache Eingangsvolumen V0, das der
Tumor zum Bestrahlungszeitpunkt besitzt, als Zielgröße gewählt. Durch Vergleich der
erhaltenen Verzögerungen für die gepulste bzw. kontinuierliche Bestrahlung, wurden die
Bestrahlungsarten auf unterschiedliche Wirkungsweise überprüft.
7
Kapitel 2 Grundlagen der Tumorbestrahlung
2.2 Physikalische Grundlagen der Tumorbestrahlung
Ziel der Strahlentherapie ist es, den Tumor zu zerstören, während das Überleben des
Patienten an erster Stelle steht. Da die Bestrahlung wie in Kapitel 2.1.1 erklärt für
Tumorzellen und gesunde Zellen schädlich ist, muss die mittlere im Tumor deponierte
Dosis daher deutlich größer sein als die mittlere Dosis im restlichen Gewebe. Um dies zu
erreichen wird die spezifische Energiedeposition der verschiedenen ionisierenden
Strahlarten in Materie ausgenutzt.
Im Wesentlichen unterscheidet man zwei Arten von ionisierender Strahlung, die in der
Tumortherapie verwendet werden.
Die eine ist elektromagnetische Strahlung, wie Röntgen oder γ-Strahlung, die ihre Energie
über Compten-, Photo- und Paarbildungseffekt in Materie abgibt und so zu
Ionisationsereignissen führt.
Die andere Strahlungsart, Teilchenstrahlung, differenziert zwischen neutralen Teilchen,
wie Neutronen, die nur indirekt durch die in Kernwechselwirkungen erzeugten geladenen
Teilchen (meist Protonen) ionisieren, und geladenen Teilchen, wie Elektronen, Protonen
und Schwerionen, die direkt ionisieren. Letzt genannte bezeichnen alle Ionen die schwerer
sind als Wasserstoff.
Abb. 2.2 zeigt die Tiefendosisverteilungen unterschiedlicher Strahlarten. Die neutralen
Teilchen (Röntgen-, γ-Quanten und Neutronen) zeichnen sich dadurch aus, ihre gesamte
oder zumindest einen Großteil ihrer Energie bei ihrer Art der Wechselwirkung mit Materie
abzugeben. Hierdurch hängt die Dosisverteilung nur noch von der exponentiell
abnehmenden Teilchenzahl je Tiefe ab und verläuft deswegen exponentiell abfallend.
Beim Eintritt kommt es wegen der Reichweite der erzeugten sekundären Ladungsteilchen,
die die Energie im Gewebe deponieren, zu einer Aufbauregion der Dosis [13]. Durch die
unterschiedlichen Energien und Masse der sekundären Teilchen (hauptsächlich: Elektronen
bei Röntgen- und γ-Strahlung bzw. Protonen bei Neutronen) ergeben sich verschiedene
Reichweiten. Dadurch fällt diese Aufbauregion unterschiedlich groß aus und es kommt zu
den, in Abb. 2.2 gezeigten, unterschiedlichen Tiefendosisverteilungen. Mit diesen können
oberflächennahe Tumore bestrahlt werden. Um mit diesen Strahlen eine Dosisüberhöhung
in tiefer liegenden Tumor zu erreichen, werden diese aus verschiedenen Richtungen
bestrahlt, um durch Überlagerung im Kreuzungsbreich die maximale Dosis zu deponieren.
Dabei wird aber der Großteil der Energie im umliegenden Gewebe appliziert und eine
große Zahl von Schäden im gesunden Gewebe über große Gewebebereiche verteilt.
2.2 Physikalische Grundlagen der Tumorbestrahlung
8
Elektronen sind sehr leicht und streuen deswegen stark, was eine gezielte
Dosisapplizierung erschwert.
Im Gegensatz zu den eben erwähnten Strahlungsarten verfügt die Ionenstrahlung über den
Vorteil, einen Großteil ihrer Energie erst am Ende ihrer Reichweite abzugeben, womit die
Hauptdosisabgabe auf ein kleines Volumen begrenzt werden kann. Dies stellt einen großen
Vorteil für die Tumorbestrahlung dar, da dabei weniger Dosis im Eingangskanal des
Strahls deponiert wird und keine Dosis hinter dem Tumor. In Abb. 2.2 ist nur die
Tiefendosiskurve von Protonen gezeigt, die aber typisch für alle Ionen ist. Die einzigen
Veränderungen bei schwereren Ionen sind, dass der Braggpeak schärfer wird und es aber
aufgrund von Kernumwandlungen der Strahlteilchen zu kleinen Dosisdepositionen hinter
dem Braggpeak kommt [14].
Abb. 2.2: Schematische Tiefendosisprofile von Elektronen, Neutronen, Protonen und Röntgenstrahlung. Mit
Protonen, sowie anderen Ionen ist es durch den Braggpeak möglich, in tiefer liegende Tumore die
Hauptdosis zu deponieren und so das umliegende gesunde Gewebe zu schonen.
Die Tiefendosis hängt von dem linearen Energietransfer
⁄
2.5
eines Ions ab, der die mittlere Energie ΔE beschreibt, die entlang der Strecke Δx auf die
Umgebung übertragen wird. Der LET hängt hauptsächlich von Ladung, Masse und Energie
des Teilchens, sowie der Elektronendichte des Targetmaterials ab. Die Zahl der
Ionisationsereignisse, die entlang der Ionenspur erzeugt werden, ist proportional zum LET.
Bei den zur Tumortherapie verwendeten Protonenenergien von unter 250 MeV ist die
9
Kapitel 2 Grundlagen der Tumorbestrahlung
Energie der gestreuten Elektronen kleiner 1 MeV und die Wahrscheinlichkeit einer
Großwinkelstreuung klein. Daher ist der LET-Wert (der auf das Material übertragene
Energie) äquivalent zum Energieverlust je Weglänge dE/dx eines Ions. Dieser entsteht
dabei hauptsächlich durch Coulombwechselwirkung mit den Hüllenelektronen der Atome
des Mediums und kann durch die Bethe-Bloch-Formel
(
) * (
(
)
)
+
2.6
mit β = v / c beschrieben werden, wobei, v die Geschwindigkeit des Teilchens, E die
Energie des Teilchens, c die Lichtgeschwindigkeit, Z die Ladungszahl des Teilchens,
e die Elementarladung, nT die Elektronendichte des Materials, me die Ruhemasse des
Elektrons und I das Mittlere Anregungspotential des Targetmaterials ist. Je langsamer ein
Ion wird, desto stärker kann es mit den Elektronen wechselwirken und umso mehr Energie
gibt es ab. Sinkt die Ionengeschwindigkeit auf die mittlere Geschwindigkeit der
Elektronen, erreicht die Energieverlustkurve ihr Maximum und es kommt zum in Abb. 2.2
erkennbaren Braggpeak, an dem die Hauptdosis abgeben und der LET maximal wird.
Durch die verwendete Anfangsenergie der Teilchen wird die Position des Braggpeaks in
der Tiefe bestimmt.
Mit zunehmendem LET steigt die Ionisationsdichte an und damit nimmt bei gleicher
Energiedeposition die Anzahl der Doppelstrangbrüche und damit auch der RBW-Wert zu
(Kap. 2.1.2). Z.B. steigt der RBW-Faktor für Zellüberleben von 1 (für locker ionisierende
Strahlung, wie hochenergetische Elektronen oder Protonen) bis 10 (für dicht ionisierende
Strahlung wie Schwerionen). Für extrem hohe LET-Werte > 500 keV/µm nimmt der RBW
jedoch wegen eines „Overkill“-Effektes wieder ab [8] und kann sogar RBW < 1 erreichen.
Bei der Durchführung einer Tumorbestrahlung mit Ionen muss gewährleistet sein, dass der
Tumor eine bestimmte homogene Dosis erhält und die Dosis im umliegenden Gewebe
gering ist. Da der Braggpeak schmal ist, werden durch mehrfaches Bestrahlen mit
unterschiedlichen Energien mehrere Braggpeaks so hintereinander angeordnet, dass eine
homogene Tiefendosis über den Tumorort erreicht wird (Abb. 2.3). Da sich die
Dosiskurven der verschiedenen Peaks aber überschneiden und so die Stelle des vordersten
Peaks die meiste Dosis erhalten würde, wird zusätzlich die Zahl der Ionen pro Fläche, die
Fluenz F = N/A, angepasst. Hierdurch wird der hinterste Braggpeak mit den meisten
Teilchen bestrahlt und die Teilchenzahl bis zum vordersten immer weiter reduziert. Die
2.2 Physikalische Grundlagen der Tumorbestrahlung
10
entstehende Tiefendosisverteilung nennt man Spreadout-Braggpeak (SOBP). Durch diese
Vorgehensweise wird die Dosis im umliegenden gesunden Gewebe minimiert.
Setzt man die Strahlflecke durch Bewegen des zu bestrahlenden Tumors oder des Strahls
Abb. 2.3: Durch Überlagern von Braggpeaks (Spreadout-Braggpeak) durch die Variation der
Protonenenergie erreicht man eine hohe homogene Dosisverteilung im Zielvolumen. Zum Vergleich ist die
Dosisverteilung von Röntgenstrahlung eingezeichnet, deren Dosismaximum vor dem Tumor abgegeben wird.
bei gleicher Fluenz zusammen, wird eine homogene laterale Dosisverteilung und dadurch
die gewünschte homogene Dosisverteilung über das gewünschte Volumen erreicht.
Das sogenannte Voxelscanning ist das am weitesten entwickelte und aufwendigste
Verfahren bei der Tumorbestrahlung. Vereinfacht zusammengefasst wird hierbei der
Tumor in kleine Volumen (Voxel) eingeteilt, die durch Variation der Energie und laterales
Verschieben des Strahls gezielt bestrahlt werden (vgl. Abb.2.4).
Abb. 2.4: Abrastern der Voxel eines Tumors durch laterales Verschieben des Strahls (z.B. durch
Magnetspulen) und Tiefenänderung durch Energievariierung (z.B. durch Abschwächen).
11
Kapitel 2 Grundlagen der Tumorbestrahlung
2.3 Erzeugung von laserbeschleunigten Ionen
In Abb. 2.6 ist das Prinzip eines Laserbeschleunigers für Ionen schematisch dargestellt.
Dabei wird ein starker ultrakurzer Laserpuls mit einer Energie von ca. 3 J und einer
Pulsbreite von etwa 30 fs mit einem Parabolspiegel auf etwa 3 µm fokussiert. Die
Intensität erreicht bis zu 1021 W/cm² [15]. Durch die ponderomotorische Kraft des Pulses
werden Elektronen des sich im Fokus befindenden dünnen Festkörpertargets beschleunigt.
Diese Elektronen erzeugen beim Austritt aus dem Medium so starke elektrische
Raumladungsfelder, dass Ionen von der Oberfläche oder aus dem Inneren des Targets
gezogen werden. Dieser Effekt wird TNSA-Mechanismus (target normal sheat
acceleration) genannt. Der erreichte Energie-übertrag vom Laser an die Ionen kann
targetabhängig sehr hoch sein, so dass Ionen mit einigen MeV/u entstehen. Die Ionenzahl
nimmt dabei exponentiell zur Energie ab [15] [16].
Die fs-Pulse verbreitern sich aufgrund der unterschiedlichen Laufzeiten der Ionen bis zum
Target auf 100 ps - 1 ns. Wegen des Pumpens der verwendeten Hochleistungslaser mit
einer Leistung von ca. 100 TW und des Wechselns des zerstörten Targets liegt die
Repititionsrate der erzeugten Ionenstrahlen derzeit weit unter 10 Hz.
Abb. 2.5: Schema des Prinzips der laserbeschleunigten Ionen: Ein sehr kurzer(~30 fs) hochenergetischer
Laserpuls wird durch einen Parabolspiegel auf 3µm fokussiert. Am Fokus befindet sich ein dünnes Target
aus dem durch den Laserpuls Ionen mit maximalen Energien bis zu 15 MeV erzeugt werden.
Die in der Tumortherapie benötigten Energien von 250 MeV können noch nicht in
Kombination mit Pulsraten im Bereich von kHz erzielt werden. Will man eine
Tumorbestrahlung mit niedrigen Pulsraten (< kHz) in endlicher Zeit durchführen, muss die
benötigte Dosis von üblicherweise 3 Gy mit möglichst wenigen Pulsen in einem Voxel des
Tumors deponiert werden (vgl. 2.2). Dies bedeutet, dass bei einer laserbeschleunigten
Ionenbestrahlung mit einer Pulsbreite von 1 ns, 109 - 1010 Gy/s appliziert werden. In
konventionellen kontinuierlichen Bestrahlungen wird die Dosis jedoch in ms deponiert,
2.3 Erzeugung von laserbeschleunigten Ionen
12
wodurch die Frage aufkommt, ob es zu einem Unterschied in der biologischen Wirkung
kommt. Diese Frage wird derzeit im Rahmen des Exzellenzclusters MAP untersucht. Erste
Experimente in Zellen und künstlichen Geweben zeigen keinen signifikanten Unterschied.
So soll hier, wie in der Einleitung dargestellt, bei Bestrahlungen von Tumoren im
Mausmodell geklärt werden, ob die RBW für Tumorwachstumsverzögerung für gepulste
Strahlen mit Pulsbreite von 1 ns unterschiedlich zu der von kontinuierlicher
Protonenbestrahlung ist.
13
Kapitel 3 Tumorbestrahlungsexperiment am Mausmodell
3 Tumorbestrahlungsexperiment am
Mausmodell
Ziel des hier vorgestellten Tumorbestrahlungsexperiments an SNAKE ist die
Untersuchung der Wachstumsverzögerung nach Bestrahlung von Tumoren mit
hochenergetischen, Protonenstrahlen. Insbesondere soll untersucht werden, ob es einen
Unterschied zwischen nanosekunden-gepulster und kontinuierlicher Protonenbestrahlung
in der biologischen Wirkungsweise gibt. Dafür sollen für zwei unterschiedliche
Tumorarten je 6 Mäuse gepulst und kontinuierlich mit einer Dosis von 20 Gy bestrahlt
werden.
In diesem Kapitel wird zunächst in Kapitel 3.1 das verwendete Maus- und Tumormodell
und in Kapitel 3.2 die Vorüberlegungen zu diesem Experiment vorgestellt.
3.1 Maus- und Tumormodell
Die
Versuche
wurden
von
der
regionalen
Tierschutzorganisation genehmigt (Projektlizenz
55.2-1-54-1531-37-09) und wurden gemäß dem
auf Artikel 20a des deutschen Grundgesetz
beruhendem
ausgeführt.
deutschen
Tierschutzgesetz
Abb. 3.1: NMRI (nu/nu) Maus
Bei den verwendeten Tumorstämmen XF354 [17] und FaDu [18] handelt es sich um
menschliche Plattenepithelkarzinome des Mundbodens bzw. des Hypopharynx. Klinischen
Erfahrungen nach treten diese Tumor sehr häufig auf, sind schwer erkennbar, werden
immer einer Strahlentherapie unterzogen und wegen ihrer anatomischen Lage nur selten
operiert [19].
Als Wirt wurden 8 – 12 Wochen alte, weibliche NMRI (nu/nu) Mäuse (Abb. 3.1)
verwendet. Diese wurden ursprünglich am Naval Medical Research Institute (NMRI)
gezüchtet. Es handelt sich um Nacktmäuse, die von beiden Elternteilen das rezessive Gen
besitzen um keine Haare auszubilden (nu/nu) [20]. Dies erspart den Protonen zusätzlich zu
durchdringendes Medium und gewährleistet eine bessere Sichtbarkeit der Tumore. Der
verwendete Mäusestamm besitzt keinen Thymus, wodurch das Immunsystem kaum
3.1 Maus- und Tumormodell
ausgebildet
ist
und
14
die
verwendeten
menschlichen Tumorarten XF354 und FaDu
von der Maus angenommen werden können.
Die noch vorhandenen natürlichen Killerzellen
werden drei Tage vor der Implantation des
Tumors
mittels
einer
4 Gy
Ganzkörperröntgenbestrahlung abgetötet. Die
Implantation der Tumorstücke erfolgt ca. 2
Wochen vor der geplanten Bestrahlung in das
linke Hinterbein der narkotisierten Maus. So
wird
gewährleistet,
dass
die
gewünschte Abb. 3.2: Ultraschallbild des tumortragenden
Beins: Tumor ist als abgekapseltes Gewebe zu
Tumortiefe von ca. 4 mm innerhalb des erkennen, dessen Höhe und Länge durch die
zweiwöchigen Bestrahlungszeitfensters erreicht gelben Linien gekennzeichnet sind.
wird. Das entsprechende Tumorvolumen entspricht dabei 50 - 100 mm³ und wurde, wie
auch die Tumortiefe, durch alle drei Tage durchgeführte Ultraschallmessungen ermittelt
(Abb. 3.2). Über die Ellipsoidvolumenformel V = π/6 · l · b · h wurden das Tumorvolumen
V aus den dabei gewonnen Abmessungen der Länge l, Breite b und Höhe h des Tumors
berechnet. Diese Formel stellt die beste Korrelation des Tumorvolumens mit der
Tumormasse dar [21].
Zur Bestrahlung werden die Mäuse mit Ketamin (100 mg/kg IM) und Diazepam
(5 IP mg/kg) betäubt.
Die Betäubungsdauer von einer Stunde
reicht für die
Bestrahlungszeit von ca. 40 min aus. Eine Unterkühlung während der Bestrahlung wird
durch das elektrische Heizen des Maushalterrohrs (vgl. Kap. 4.3) verhindert.
Die Kollaborationsgruppe um Dr. Thomas Schmid und Dr. Olga Zlobinskaya vom
Klinikum rechts der Isar betreute das Experiment auf biologischer Seite und führten unter
anderem die Tumorimplantation und -volumenbestimmung durch.
15
Kapitel 3 Tumorbestrahlungsexperiment am Mausmodell
3.2 Bestrahlungsplanung
Diese Dosis von 20 Gy orientiert sich an einem in Dresden mit Röntgenstrahlung
durchgeführten TCD50-Versuch in dem für den verwendeten Tumorstamm FaDu die Dosis
von ca. 37 Gy ermittelt wurde, um den Tumor mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 % zu
kontrollieren. Bei der minimalen Dosis von etwa 23 Gy wurde keine Maus kontrolliert
und der sigmoidale Fit ergibt bei dieser Dosis die Heilungswahrscheinlichkeit von unter
5 % [22]. So wurde wegen des RBW von 1,1 für Protonen die Dosis von 20 Gy für die
Tumorbestrahlung gewählt, damit die Tumore nach der Bestrahlung schrumpfen, aber
nicht kontrolliert werden sollten.
3.2.1 Axiale Dosisplanung
Die verwendete Energie der Protonen von 23 MeV reduziert sich bis zum Erreichen der
Maus auf 22,1 MeV. Hierdurch beträgt die maximale Reichweite der Protonen in Wasser
5 mm. Die Position des zugehörigen Braggpeaks liegt im Gewebe (ρGewebe = 1,056 g/cm³)
etwa bei einer Tiefe von 4,8 mm. Bei einer maximalen Tumordicke von 4 mm bleibt so ein
ausreichender Sicherheitsbereich von 0,8 mm. Das Ziel der Bestrahlungsplanung ist über
die Tiefe von 0 - 4,8 mm eine möglichst homogene Dosisverteilung mit 20 Gy zu
erreichen. Die Tiefendosisverteilung wird nach dem vorher beschriebenen Prinzip des
Spreadout-Braggpeak erreicht. Die dafür nötige Energievariierung soll dabei passiv durch
Abschwächen der Protonenenergie mit Aluminiumabsorbern kurz vor dem Tumor erfolgen
(Kap. 4.3). Die möglichst gute Dosishomogenität konkurriert mit der Bestrahlungszeit, die
möglichst kurz gehalten werden sollte. So wurde der Kompromiss geschlossen, 13
Tiefenschichten zu bestrahlen und die Zahl der Fluenzen, also Gewichtung eines einzelnen
Braggpeaks, auf 5 zu begrenzen. Tabelle 3.1 zeigt die Protonenenergien ERest für jede
Tiefenschicht, die sich bei Abschwächung mit den Aluminiumplättchen der Dicke
0 - 2,4 mm ergeben. Zusätzlich sind die resultierende Braggpeaktiefe dBP,Gewebe in Gewebe
und die Fluenz der jeweiligen Schicht gegeben [23]. Die Werte ERest und dBP,Gewebe wurden
aus Simulationen mit SRIM [24] ermittelt.
3.2 Bestrahlungsplanung
16
Schicht dAluminium ERest
[mm] [MeV]
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
0
0.2
0.4
0.6
0.8
1.0
1.2
1.4
1.6
1.8
2.0
2.2
2.4
22.1
21.1
20.1
19.0
17.8
16.7
15.4
14.0
12.5
10.9
9.1
6.9
3.9
dBP,Gewebe
[mm]
Fluenz
[109 Prot./cm²]
4.78
4.39
4.02
3.64
3.27
2.87
2.50
2.14
1.75
1.37
1.00
0.62
0.27
1.044
0.456
0.306
0.306
0.197
0.197
0.197
0.197
0.140
0.140
0.140
0.140
0.140
Tabelle 3.1: Simulierte Ergebnisse für die Protonenenergie ERest und die Braggpeaktiefe dBP,Gewebe in
Gewebe in Abhängigkeit der den Schichten zugehörigen Absorberdicken dAluminium, sowie die nötigen
Fluenzen mit denen die Braggpeaks gewichtet werden müssen um eine möglichst homogene
Tiefendosisverteilung zu erhalten [23].
Die Bestrahlung wird bei der tiefsten Schicht 0 mit der maximalen unabgeschwächten
Energie gestartet und dann mit den niedrigeren Energien der Schichten 1 - 12 fortgesetzt.
Abb. 3.3. zeigt das sich ergebende Dosisprofil und die fünf verschiedenen, den jeweiligen
Tiefen zugehörigen Fluenzen. Daraus ergibt sich über die Tiefe 0 - 4,8 mm eine mittlere
Energie von 19,9 Gy mit einer Standardabweichung von 1,5 Gy. Die maximale
Abweichung von der mittleren Dosis beträgt + 6 Gy und – 4 Gy.
Abb. 3.3: Dosisverteilung des geplanten Spreadout-Braggpeaks mit einer mittleren Dosis von 19,9 Gy im
Bereich von 0 – 4,8 mm. Dieser besteht aus 13 Braggpeaks, die mit den eingezeichneten Fluenzen
gewichtet werden.
17
Kapitel 3 Tumorbestrahlungsexperiment am Mausmodell
Die Bestrahlungsplanung wurde in Zusammenarbeit mit der Gruppe um Prof. J.J. Wilkens
durchgeführt, die die optimalen Fluenzen und Absorberdicken für die homogene
Tiefendosisverteilung berechnet hat.
3.2.2 Laterale Dosisplanung
Die verwendeten Tumore haben bei einer Tiefe von 4 mm typischerweise eine Breite von
7 mm. So sollte das Strahlfeld in lateraler Richtung einen Kreis mit Durchmesser von
9 mm abdecken, um Positionierungsfehler von 1 mm vernachlässigen zu können.
Um mit den in erster Näherung gaußförmigen Pulsen, die Solldosis auf dieser Fläche
homogen zu applizieren, setzt man, wie in Abb. 3.4 gezeigt, diese Pulse mit einem Abstand
von d = 2σ zu einer quadratischen Matrix zusammen. So ergibt sich eine nahezu homogene
Dosisverteilung. Alle Dosiswerte bewegen sich im Bereich (1 ± 0,03) ̅ .
Abb. 3.4: links: Zweidimensionale Dosisverteilung, die durch Aneinandersetzen der gaussförmigen
Dosisverteilungen der Einzelpulse mit Abstand d ensteht. Dosisskala reicht von 0,97 bis 1,03.
rechts: Querschnitt entlang der schwarzen Linie in der zweidimensionalen Dosisverteilung (links) mit den
Dosisbeiträgen der Einzelpulse.
Zur Abschätzung, welchen Dosisbeitrag ein Puls an dessen Maximum liefert, betrachtet
man die mittlere Dosis ̅ . Diese ist gegeben durch
̅
∫
( ⃑)
3.1
mit
( ⃑)
∑
(⃑⃑ ⃑⃑ )
,
3.2
3.2 Bestrahlungsplanung
18
wobei die Orte der Pulsmaxima ⃑ gitterförmig mit Abstand d angeordnet sind. Aufgrund
der Periodizität und unter der Annahme, dass die Fläche, über die integriert wird, gegen ℝ²
geht, ist der Ausdruck in Formel 3.1 äquivalent zum Integral eines Gaußpeak geteilt durch
die Fläche der Einheitszelle d²:
̅
∫
(⃑⃑)
3.3
Unter der Annahme, dass die Dosis homogen appliziert wird, was für σ > 2d mit einer
absoluten Schwankung kleiner ± 3% erfüllt ist, gibt b den maximalen Pulsbeitrag zur Dosis
an:
̅
3.4
Bei dem gewählten Abstand der Einzelpulse von d = 2 σ ergibt sich b/ ̅ = 0,63, d.h. das
Maximum eines gaußförmigen Pulses trägt dort 63 % zur mittleren Dosis ̅ bei.
Mit größer werdendem σ nimmt dieser Beitrag mit 1/σ2 ab.
19
Kapitel 4 Aufbau und Durchführung der Tumorbestrahlung am Mausmodell
4 Aufbau und Durchführung der
Tumorbestrahlung am Mausmodell
Im folgenden Kapitel soll als erstes die Strahlpräparation für den gepulsten Strahlmodus
und dann für den kontinuierlichen Modus dargestellt werden (Kap 4.1.). Anschließend
wird in Kapitel 4.2 die Zusammensetzung des Großfelds aus den erzeugten 2 x 3 mm² bzw.
3 x 2 mm² Kleinfeldern für die beiden Strahlmodi vorgestellt. Dabei wird ein Kreis von
9 mm Durchmesser abgedeckt. In Kapitel 4.3 wird der Aufbau für die Tumorbestrahlung
gezeigt und abschließend (Kap. 4.4) für den gepulsten und den kontinuierlichen Fall die
Durchführung der Bestrahlung erläutert.
4.1 Strahlpräparation
4.1.1 Gepulster Modus
Da aktuell noch keine laserbeschleunigten Ionenstrahlen mit hinreichender Qualität für
Tumorbestrahlungen am Mausmodell zu Verfügung stehen, muss das Hauptmerkmal
solcher Strahlen, die gepulste Zeitstruktur, simuliert werden. Das 5 MHz Pulsungssystem
am Münchener 14 MV Tandembeschleuniger erlaubt es, Ionenstrahlen zeitlich auf etwa
1 ns zu fokussieren. Zur Maximierung möglicher Effekte bei gepulster Bestrahlung soll die
geplante Dosis von 20 Gy möglichst mit einem Puls pro Voxel appliziert werden. Um die
hierfür benötigte Fluenz von 109 Protonen/cm² in einem einzigen Puls zu erreichen wird
die supraleitende Multipollinse des Rastermikroskops SNAKE (supraleitendes Nanoskop
für angewandte kernphysikalische Experimente) verwendet. Das Rasterionenmikroskop
SNAKE wird normalerweise zur Materialanalytik, z.B. Wasserstoffmikroskopie [25] oder
zu Zellbestrahlungen mit submikrometer Auflösung genutzt [26]. Im Gegensatz zum
normalen Betriebsmodus von SNAKE ist die zu erreichende Ortsauflösung für die
Tumorbestrahlungen nicht von Bedeutung. Vielmehr erlaubt die kurzbrennweitige Linse
zusammen mit der großen Apertur von etwa 1 cm [27] die Fokussierung nahezu des
gesamten Strahls auf etwa 100 x 100 µm² [28]. Durch die Reduktion der Strahlfleckgröße
ohne allzu große Reduktion des Strahlstroms können die notwendigen Fluenzen erreicht
werden.
4.1 Strahlpräparation
20
Abb. 4.1: SNAKE-Strahlführung für den gepulsten Protonenstrahl. Niederenergiechopper und Buncher
prägen dem Strahl die gepulste Zeitstruktur auf. Durch Quadrupoldupletts wird ein möglichst großer Teil
des Strahls zur stark fokussierenden, supraleitenden Multipollinse transportiert. Durch den
Einzelpulschopper wird die Zahl der Pulse definiert, die den Bestrahlungsplatz erreichen.
Abb. 4.1 zeigt schematisch die Strahlführung zur Präparation des gepulsten
Protonenstrahls. Die ECR Ionenquelle [29] erzeugt positiv geladene Protonen, die durch
Ladungsaustausch in dem anschließenden Cäsiumgas zu negativen Wasserstoffionen
umgeladen werden. Diese werden durch die Vorbeschleunigung (Uvor = 93 kV) in den
Tandembeschleuniger eingeschossen und zu dem auf positivem Potential von maximal
14 MV liegendem Terminal beschleunigt. Dort werden die Ionen durch Abstreifen der
Elektronen in der Kohlenstoffstripperfolie [30] positiv geladen und die entstandenen
Protonen werden zum Massepotential am anderen Ende des Tanks ein zweites Mal
beschleunigt. Dadurch gewinnen sie insgesamt die kinetische Energie Ekin = 2e · U. Über
den 90°-Analysiermagneten wird der Strahl auf die Schlitze gelenkt, die das abzubildende
Objekt für die weitere Strahlpräparation definieren. Mit den zwei Quadrupoldupletts wird
fast der gesamte Strahl zur supraleitenden Linse transportiert.
Durch die Fokussierung von nahezu des gesamten Strahls mit
der supraleitenden Linse auf ca. 100 x 100 µm² wird die
notwendige Fluenz von 2 · 109 Protonen/cm² je Puls erreicht.
Insgesamt gelangt dadurch bei einer Frequenz von 19,5 kHz Abb. 4.2: Mikroskopaufnahme
1 nA des 3 nA Strahlstroms nach dem 90°-Magneten zum des 90 x 150 µm Strahlfleck im
Bestrahlungsort. Abb. 4.2 zeigt eine Mikroskopaufnahme des
gepulsten Modus auf einem
YAG-Szintillator
für die gepulste Tumorbestrahlung verwendeten Strahlflecks auf einem YAG-Szintillator.
21
Kapitel 4 Aufbau und Durchführung der Tumorbestrahlung am Mausmodell
Die kleine Pulsbreite von 1 ns wird folgendermaßen erreicht: Der Niederenergiechopper
(NE-Chopper) prägt dem kontinuierlichen Strahl eine Zeitstruktur mit 90 ns Zeitfenster
und einer Frequenz von 5 MHz/2n mit n = 1, …, 12 auf. Der anschließende 5 MHzBuncher mit Sinusamplituden von bis zu 3,5 kV fokussiert die 90 ns breiten Strahlpakete
auf eine Zeitbreite von etwa 1 ns [31].
Mittels des Hochenergiechoppers (HE-Chopper) wird das Bunchersystem grob
abgestimmt. Der HE-Chopper lenkt den Strahl mit einer Sinusspannung von 5 MHz in yRichtung ab. Seine Phase wird so eingestellt, dass die gewünschten Strahlpulse die
Zwischenfokusschlitze bei dem Nulldurchgang der Ablenkspannung unabgelenkt
passieren. Durch Optimieren der Buncheramplitude und der Phasenverschiebung zwischen
NE-Chopper und Buncher wird der Strahlstrom maximiert, und damit die Pulslänge am Ort
der HE-Chopper minimiert [28].
Zur Charakterisierung und der damit möglichen Feinjustierung des Pulsungssystems ist es
notwendig, die Zeitstruktur des Strahls am Target zu messen. Hierzu werden an einem
Streutarget aus Aluminium einzelne Protonen aus den Pulsen in einen schnellen Detektor
gestreut, der aus einem Szintillator mit Photomultiplierauslese besteht. Die anschließende
Elektronik bestimmt die Zeitdifferenz des detektierten Protons zum nächsten 5 MHz
Signal, welches das Pulsungssytem treibt. Das Spektrum dieser Zeitdifferenzen bildet
aufgrund der Periodizität des Strahls die Zeitstruktur der Pulse ab (Abb. 4.3). Die
Buncheramplitude und der NE-Chopper-Buncher-Phasenunterschied werden nun so
variiert, dass das erhaltene Spektrum, das die Pulsbreite beschreibt, möglichst schmal wird.
Das in der Tumorstrahlzeit im Februar 2010 erhaltene Spektrum weist einen FWHM-Wert
von 1,3 ns auf (Abb. 4.3, c).
Abb. 4.3: Messprinzip der Pulsbreitenbestimmung: Das Streutarget streut einzelne Protonen aus den Pulsen
auf den Detektor (a). Durch das Auftragen der Zeitdifferenz Δt zwischen Detektionszeitpunkt des
Einzelprotons und dem 5 MHz Triggersignal für jedes Ereignis (b) erhält man das Pulsspektrum (c). Die
Pulsbreite der Tumorstrahlzeit wurde mit FWHM = 1,3 ns bestimmt.
4.1 Strahlpräparation
22
4.1.2 Einzelpulspräparation
Die erzeugten Strahlpulse sollen später nebeneinander gesetzt werden, wozu gezielt
einzelne Pulse aus dem gepulsten Strahl herauspräpariert werden müssen. Hierzu wird die
Möglichkeit genutzt, die Pulsrate durch den NE-Chopper auf 5 MHz/2n zu reduzieren
(üblicherweise n = 5, …, 8). Mit einem weiteren Chopper, dem sog. Einzelschusschopper
(Abb. 4.1), der sich ca. 9 m vor dem Bestrahlungsplatz befindet, werden dann einzelne
Pulse herausgeschnitten. Die Schaltzeit der Hochspannungsrampe beträgt 0,2 µs [26]. Das
genügt, um den nächsten Puls mit dem minimalen Zeitabstand von 1,6 µs bei der
minimalen Untersetzung n = 4 sicher abzulenken.
Eine Einzelpulsdetektion analog zu dem in den biologischen Experimenten an SNAKE
verwendeten Einzelionennachweis [26] ist bei einer Tumorbestrahlung schwierig. Dazu
wird ein Szintillator/Photomultiplier hinter der Probe positioniert, welcher nach dem
Öffnen des Choppers durch die Steuerelektronik und der Detektion eines Ions ein Signal
zum Schließen des Choppers gibt. Da aber bei der Tumorbestrahlung keine Ionen die
Probe durchdringen können um dahinter detektiert zu werden und eine Detektion vor der
Probe z.B. durch Streuung oder Sekundärladungserzeugung sehr aufwendig ist, kann diese
Art der Einzelpulspräparation nicht genutzt werden. Stattdessen nutzt man die Tatsache,
dass die Ankunftszeit mit dem Steuersignal des NE-Choppers phasenkorreliert ist. Aus
diesem Steuersignal lässt sich durch Kompensation der Laufzeitunterschiede zwischen
Ionen und elektrischem Signal ein Trigger generieren, welcher zeitlich mit der Ankunft der
Protonen zusammenfällt. Jedoch setzt diese Vorgehensweise der Einzelpulsbestrahlung
einen stabilen Strahl voraus, da ein kurzzeitiger Einbruch des Strahlstroms während einer
Bestrahlung nicht registriert wird und somit nicht darauf reagiert werden kann.
4.1.3 Gepulste Kleinfeldpräparation
Um eine homogene laterale Dosisverteilung zu erzielen, werden die Einzelpulse in x- und
y-Richtung zu einem Kleinfeld nebeneinander gesetzt. Hierzu wird das Einzelpulsgate an
die Zähl- und Steuerelektronik von SNAKE
[26]
geschickt,
die über eine
Rechnerschnittstelle das Programm DDA-Control zur Strahlrasterung bedient [32]. Mit den
dadurch angesteuerten magnetischen (x-Richtung) und elektrostatischen (y-Richtung)
Ablenkeinheiten (Abb. 4.11) werden nun die Einzelpulse zu einem möglichst homogenen
Rechtecksfeld von 2 x 3 mm², dem sogenannten Kleinfeld, zusammengesetzt. Da die
23
Kapitel 4 Aufbau und Durchführung der Tumorbestrahlung am Mausmodell
Scaneinheit ca. 3 ms benötigt um die jeweilige Position mit hinreichender Genauigkeit zu
erreichen, wurde der Zeitraum zwischen zwei Einzelpulsgates für den Einzelschusschopper
auf 3 ms eingestellt. Der räumliche Abstand der Einzelpulse ist durch die
Strahlfleckdimension bestimmt.
Zur Charakterisierung der Homogenität dieser Kleinfelder werden Gafchromic EBT2
Filme [33] verwendet. Diese verdunkeln durch ionisierende Strahlung und hieraus kann die
applizierte Dosis rekonstruiert werden (Kap. 5). Abb. 4.5 zeigt zwei Bilder von
Kleinfeldern, die zuerst auf einem Gafchromic EBT2 Film bestrahlt und danach mit einer
CCD-Kamera (AxioCam) des optischen Mikroskops (Zeiss) an SNAKE (bei Verwendung
des 2,5-fach Objektivs mit Durchlichtbeleuchtung) aufgenommen wurden. An den
erkennbaren periodischen Intensitätsschwankungen des bestrahlten Kleinfelds in Abb. 4.5
(a) zeigt sich, dass die Schrittweite mit 91 µm (x) und 177 µm (y) etwas zu groß war. Abb.
4.5 (b) zeigt das Feld mit den für die Tumorbestrahlung verwendeten Schrittweiten von 84
µm (x) und 143 µm (y). Die in Abb. 4.5 zu beobachtende Parallelogrammform rührt daher,
dass die Ablenkeinheiten nicht exakt senkrecht zueinander ausgerichtet waren. Dies wurde
noch verbessert, hatte aber auf die Schrittweite und Feldqualität keinen Einfluss mehr (vgl.
Abb. 4.4).
Abb. 4.5: Mikroskopaufnahmen von zwei Kleinfeldern
unterschiedlicher Schrittweite: Die zu große Schrittweite von 91 µm
(x) und 177 µm (y) (Bild a) ist an Intensitätsschwankungen zu
erkennen. Bild( b) zeigt das Feld, das mit den für die
Tumorbestrahlung gewählten Schrittweiten von 84 µm (x) und
143 µm (y)bestrahlt wurde.
Abb. 4.4: Scanaufnahme eines
Kleinfeld nach Ausrichtung der
magnetischen und elektrostatischen.
Ablenkeinheiten.
4.1 Strahlpräparation
24
Man erkennt auf den gezeigten Bildern (Abb. 4.5, Abb. 4.4) hellere Stellen, die den
Eindruck erwecken, als ob ein oder mehrere Strahlpulse komplett fehlen würden. Um diese
Vermutung auszuschließen, wurden für zwei Fluenzen (Fluenz 1: 1,04 · 109 Protonen/cm²
und Fluenz 2: 0,14 · 109 Protonen/cm²) Felder aus vier Kleinfeldern ohne und mit
Einzelpulsnachweis
auf
Gafchromic
Film
bestrahlt
und
verglichen.
Der
Einzelpulsnachweis ist möglich, da der Film mit einer Dicke von etwa 200 µm im
Gegensatz zur Beindicke einer Maus von 0,8 cm von den Protonen ohne Probleme
durchdrungen werden kann. Damit die Einzelpulsdetektion angewendet werden kann, muss
gewährleistet sein, dass die gesamte Verzögerungszeit der Steuerkette des Strahlschalters
kürzer ist als der Pulsabstand. Berücksichtigt man die Schaltzeit des Einzelschusschopper
(0,2 µs), die des Steuersignals mit Elektronik (< 0,3 µs) [26] und die Protonenlaufzeit
(0,15 µs) für die 9 m von Detektionsort zum Chopper bzw. umgekehrt, so erhält man eine
Gesamtverzögerungszeit von 0,65 µs. Diese reicht aus um eine maximale Pulsrate von
1,5 MHz zu bedienen, welche aber bei den gewählten Untersetzungen n ≥ 4 und der daraus
resultierenden Pulsraten ≤ 310 kHz weit unterschritten wird.
Abb. 4.6 zeigt die gescannten Aufnahmen von ohne (a) bzw. mit Einzelpulsnachweis (b)
bei einer Fluenz von 0,14 · 109 Protonen/cm² auf Gafchromic EBT2 Film bestrahlten
Feldern aus vier Kleinfeldern. Anhand dieser Aufnahmen wurde überprüft, ob signifikante
Unterschiede zwischen den Bestrahlungsmodi, z.B. aufgrund von Strahlschwankungen
verlorene Pulse, bei bestrahlten Kleinfeldern beobachtet werden können. Optisch kann
zwischen den zwei Bestrahlungsarten (Abb. 3.6 (a) und (b)) kein Unterschied festgestellt
werden.
Abb. 4.6: Gescannte Aufnahmen von auf Gafchromic EBT2 Film ohne (a) bzw. mit (b) Einzelpulsnachweis
bei einer Fluenz von 0,14 ·109 Protonen/cm² bestrahlte Felder aus vier Kleinfeldern. Optisch kann kein
Unterschied erkannt werden.
25
Kapitel 4 Aufbau und Durchführung der Tumorbestrahlung am Mausmodell
Zur besseren Analyse wurde in Abb. 4.7 die Verdunklung, wie später in Kapitel 5.1
erläutert wird, in Fluenz umgewandelt und jeweils ein Histogramm mit den Dosiswerten
aller Pixel im Bestrahlungsfeld erstellt. Optisch ergibt sich kein signifikanter Unterschied.
Doch zeigt sich, dass sich die aus der Auswertung ergebende mittlere Fluenz des ohne
Einzelpulsnachweis
bestrahlten
Feldes
etwa
5%
unter
der
Fluenz
des
mit
Einzelpulsnachweis bestrahlten Feldes liegt. Die Breiten der Verteilungen unterscheiden
sich ebenfalls um diesen Wert, so dass die relativen Breiten übereinstimmen.
Abb. 4.7: Ohne (a) und mit Einzelionennachweis (b) bestrahlte Felder für 0,14 · 109Protonen/cm², deren
Verdunklung gemäß Kap. 5.1. in Fluenz umgewandelt und jeweils ein Histogramm mit den Dosiswerten
aller Pixel im Bestrahlungsfeld erstellt wurde.
Berücksichtigt man, dass die Intensitätsschwankung des Strahls 5 % beträgt und beim
Einstellen der Fluenz dieser Fehler zusätzlich zu berücksichtigen ist, kann kein
signifikanter Unterschied zwischen der Bestrahlung mit bzw. ohne Einzelpulsnachweis
festgestellt werden. Dies rechtfertigt den Verzicht auf einen Pulsnachweis, der aber nur
hilft, wenn Pulse komplett fehlen. Bei schwachen Pulsen werden diese je nach
Schwelleneinstellung entweder ignoriert oder als kompletter Puls gezählt.
4.1 Strahlpräparation
26
4.1.4 Kontinuierliche Strahl- und Kleinfeldpräparation
Für die kontinuierliche Bestrahlung ist die Präparation des
Kleinfelds erheblich einfacher. Weder Buncher, NE- und HEChopper, noch die Linsen werden benötigt. Der Strahl wird
nur über den 90°-Magneten zum Bestrahlungsplatz geleitet.
Das Schlitzsystem direkt vor dem Kryostaten beschneidet den
Strahl, so dass man einen Strahlfleck mit der Dimension Abb. 4.8: Mikroskopaufnahme
des kontinuierlichen Kleinfelds
3 x 2 mm² erhält (Abb. 4.8). Der Grund für die Verwendung auf einem YAG-Szintillator
eines 3 x 2 mm² Felds, statt wie im gepulsten Fall 2 x 3 mm², liegt an den nicht parallelen
y-Experimentschlitzen, die nur mit erheblichem Aufwand zu justieren sind. Dies
verursacht eine Trapezform des Strahlfeldes. Mit der Wahl des 3 x 2 mm² Strahlfeldes
werden die nicht parallelen Seiten möglichst kurz gehalten, sodass die Abweichung zur
gewünschten Rechtecksform minimal ist. Mit den Objekt- und Divergenzschlitzen wird
überflüssige Strahlung am Bestrahlungsplatz vermieden. Bei einem Strahlstrom von ca.
100 pA ergibt sich eine Bestrahlungszeit von etwa 100 ms um die Fluenz von
109 Protonen/cm² zu erzielen. Diese Bestrahlungszeit und die damit verbundene Fluenz
wird über den Einzelschusschopper gesteuert, der sein Gate von netzwerkeinstellbaren
Frequenzgeneratoren erhält.
27
Kapitel 4 Aufbau und Durchführung der Tumorbestrahlung am Mausmodell
4.2 Großfeldpräparation
Der Durchmesser der zu bestrahlenden
Tumore wurde auf einen Maximalwert
von 7 mm festgelegt. Da es beim
Justieren des Tumors zum Strahl zu
Abweichungen
kommt,
sollte
das
bestrahlte Feld mindestens einen Kreis
von 9 mm Durchmesser abdecken. Um
diesen Kreis mit den 2 x 3 bzw.
3 x 2 mm²
setzt
Abb. 4.9: Schema des aus Kleinfeldern
zusammengesetzten Großfelds, das einen Kreis mit
maximalem Durchmesser von 9 mm abdeckt
Kleinfeldern
man
die
abzudecken,
Kleinfelder
durch
mechanisches
Bewegen
der
Maus
mittels
des
steuerbaren
Mikroskoptisches (Firma Märzhäuser)
zusammen (Abb. 4.9). Dazu wurde ein
im Rahmen einer Studienarbeit [34] entwickeltes, in VBA (Visual Basic for Applications)
programmiertes Makroprogramm für die Mikroskopsteuersoftware Axiovision 4.7
verwendet. Dieses setzt ein Feld mit einem gewünschten Kreisdurchmesser aus
Kleinfeldern angegebener Größe zusammen, berechnet die Koordinaten der Mittelpunkte
der Felder relativ zum Tischnullpunkt und lässt diese auf einen Triggerbefehl hin anfahren.
Dieser Befehl wird im gepulsten Fall durch die Strahlsteuerelektronik nach Abrastern eines
Kleinfelds gesendet, im kontinuierlichen Fall durch den Funktionsgenerator nach
Bestrahlen eines Kleinfeldes. Zum Anfahren der nächsten Position benötigt der Tisch 1,7 s,
die als Zeitverzögerung zum nächsten Bestrahlungsvorgang berücksichtigt wird.
Die Feldzusammensetzung des sog. Großfelds kann im gepulsten wie auch im
kontinuierlichen Bestrahlungsmodus über die dem Programm vorgegebene Kleinfeldgröße
so optimiert werden, dass eine möglichst gute Homogenität erreicht wird. Da nicht
bestrahlte Flächen einen großen Einfluss auf den Erfolg einer Tumorbestrahlung haben,
wurde dies auf Kosten von kleinen Überlappbereichen der Felder vermieden. Bei den
gepulsten Feldern waren diese mit einem Flächenanteil < 1 % sehr gering (vgl. Abb. 4.10
rechts) und mussten nicht näher untersucht bzw. korrigiert werden. Wegen der Trapezform
der kontinuierlichen Kleinfelder ist der Überlappbereichs eines bestrahlten Großfelds in
der Breite größer (vgl. Abb. 4.10 rechts). In der Höhe ist er nicht zu erkennen. Die
4.2 Großfeldpräparation
28
maximale Breite der Grundseite der entstehenden Überlappdreiecke beträgt ca. 0,15 mm.
Bei einer Breite eines Kleinfelds von 3,0 mm entspricht dieser Überlapp einem
Flächenanteil von 2,5 % und bewirkt somit eine Dosis- bzw. Fluenzerhöhung um 2,5 %.
Abb. 4.10: Scanaufnahmen zweier auf Gafchromic EBT2 Film bestrahlter Großfelder (links:
kontinuierlicher Modus, rechts: gepulster Modus)
29
Kapitel 4 Aufbau und Durchführung der Tumorbestrahlung am Mausmodell
4.3 Aufbau zur Tumorbestrahlung am Mausmodell
Für die Tumorbestrahlung musste der Bestrahlungsaufbau von SNAKE neu konzipiert
werden. In Abb. 4.11 ist eine Übersicht des Bestrahlungsaufbaus, wie für
Zellbestrahlungen verwendet, mit den magnetischen bzw. elektrischen Ablenkeinheiten,
der in
dem
Helium-Kryostaten aufgehängten supraleitenden Multipollinse, der
Vakuumkammer und dem optischen Mikroskop (Zeiss) gezeigt. In der Vakuumkammer
befindet sich auf einem motorisierten Schlitten der Targetkammer-Cup, der zur
Strahlstrommessung am Bestrahlungsort in den Strahlengang gefahren werden kann.
Ebenfalls enthält die Kammer eine Laserdiode auf einem 4-Achsen-Manipulator um diese
parallel zum Strahl justieren zu können. Mit Hilfe der Diode wird der Tumor vor der
Bestrahlung mittig zum Strahl positioniert. Die Erweiterung für die Tumorbestrahlung, das
sog. Maus-Setup (Abb. 4.12), besteht aus dem motorisierten Abschwächerrad, das durch
verschieden dicke Aluminiumplättchen zur Strahlenergievariation verwendet wird und der
beheizten Maushalterung, die zusammen auf dem motorisierten x-y-Tisch des ZeissMikroskops montiert sind. Zusätzlich wurden zwei Kameras montiert um die Maus und
den Bestrahlungsvorgang während der Bestrahlung zu überwachen.
Abb. 4.11: CAD-Zeichnung des Bestrahlungsaufbau von SNAKE mit am Zeiss-Mikroskop montierter
Mausbestrahlungserweiterung (sog. Maus-Setup)
4.3 Aufbau zur Tumorbestrahlung am Mausmodell
30
Abb. 4.12: CAD-Zeichnung des Maus-Setups
Mit dem Abschwächerrad wird die für die unterschiedlichen Bestrahlungstiefen des
Spreadout-Braggpeaks nötige Protonenenergie passiv durch Energieverlust der Protonen
beim Durchdringen von Materie unterschiedlicher Dicke eingestellt. Das aus Aluminium
gefertigte Abschwächerrad besitzt 16 Fenster von denen 14 Aluminiumblättchen der Dicke
0,2 mm und 0,5 mm enthalten. Diese sind so eingefügt, dass man eine Gesamtdicke von
0,2 mm – 2,8 mm in Abstufungen von 0,2 mm erhält (Abb. 4.12), wodurch das Rad für
Energien bis 25 MeV ausgelegt ist. Zwei Fenster wurden frei gelassen. Durch das eine
leere Fenster, vor dem sich Gafchromic Film zur Dosisrekonstruktion befindet, wird die
hinterste Lage des Spreadout-Braggpeaks bestrahlt.
Das andere freie Fenster dient zur Justierung des
Tumors mit dem in der Vakuumkammer auf einem
4-Achsen-Manipulator montierten Laser, der vor
dem Anbau des Maus-Setups zum Strahl parallel
ausgerichtet worden ist. Zur besseren Erkennbarkeit
der Laser-Tumor-Ausrichtung bei der Justierung, hat
Abb. 4.13: Justierung des Tumors mit Hilfe
der für die Dosisrekonstruktion (vgl. Kap. 5.1) des parallel zum Strahl ausgerichteten
verwendete und auf das Abschwächerrad geklebte Lasers (roter Punkt am rechten Rand des
Justierfensters)
Gafchromic EBT2 Film an dieser Stelle ein Loch
(Abb. 4.13). Das Rad wird von einem Motor mit Encoder der Firma Maxon angetrieben.
Dieser Motor fährt auf entsprechende Befehle, die bei den verwendeten 23 MeV
31
Kapitel 4 Aufbau und Durchführung der Tumorbestrahlung am Mausmodell
benötigten 13 Fensterpositionen des Rads an. Die Befehlssteuerung geschieht über ein in
VBA geschriebenes Programm in Verbindung mit einem EPOS24 Steuerungsmodul.
Wegen der guten Wärmeleitfähigkeit besteht die
Maushalterung (Abb. 4.12, Abb. 4.14) aus einem
Aluminiumrohr mit einer Wandstärke von 1 cm
und einem Lochdurchmesser von 3 cm, in dem die
Maus zur Bestrahlung platziert wird. An dieses
Rohr
ist
eine
Aluminiumplatte
mit
Loch
angebracht. Darauf kann das tumortragende Bein
Abb. 4.14: Maushalterung mit fixiertem,
der Maus so fixiert werden, dass der Tumor mittig tumortragendem Bein
zu dem Loch orientiert ist. Dieses Rohr kann in die dafür vorgesehene Haltevorrichtung
geschoben werden. An dieser Vorrichtung sind drei Heizwiderstände befestigt, die mittels
eines Regelsytems die gesamte Maushaltevorrichtung auf eine Temperatur von 36,5 °C
heizen, um das Versuchstier vor Unterkühlung zu bewahren. In Zusammenarbeit mit der
Gruppe vom Klinikum rechts der Isar erwies sich diese Temperatur der Halterung als
geeignet um die Körpertemperatur einer narkotisierten Maus konstant zu halten. Die
maximale Gesamtheizleistung beträgt dabei 34,5 W. Maushalterung und Abschwächerrad
mit Motor sind zusammen auf einem Kunststoffgestell befestigt, um ohne großen Aufwand
zusammen auf dem x-y-Tisch des Zeiss-Mikroskops montiert bzw. demontiert werden zu
können.
Damit die Fluenzverluste pro Puls aufgrund der Strahlverbreiterung minimal sind, wird der
Weg zwischen Austrittsnase und Tumor so gering wie möglich gehalten (Abb. 4.15). Zwar
geht durch das Überlappen der Strahlflecke bei einer Aufweitung des Strahlflecks im
Bereich des 9 mm Kreises keine Fluenz verloren, da der Rand des Großfelds noch ca.
0,5 mm entfernt ist. Doch tragen dann mehrere Strahlpulse zur Fluenz bzw. Dosis einer
Bestrahlungsfläche bei. Dies ist nicht im Sinne der Fragestellung des Versuchs, da die
Dosis mit möglichst wenigen Pulsen in einem Voxel appliziert werden soll. So verlässt der
Protonenstrahl das Vakuum durch die 7,5 µm dicke Kaptonfolie, durchdringt nach weniger
als 1 mm Luft den Gafchromic Film (285 µm), und den Aluminiumabsorber (0 - 2,4 mm)
bis er nach einem weiteren Millimeter Luft den Tumor erreicht.
4.3 Aufbau zur Tumorbestrahlung am Mausmodell
32
Abb. 4.15: Foto des Maus-Setups mit eingebauter Maus von der Seite (links) und schematischer
Querschnitt des Aufbaus entlang des Strahlwegs (rechts) bei denen der Protonenstrahl das Vakuum durch
die 7,5 µm dicke Kaptonfolie verlässt, dann nach < 1 mm Luft den Gafchromicfilm (285 µm) und den
Aluminiumabsorber (0 - 2,4 mm) durchdringt und nach weiteren 1 mm Luft den Tumor erreicht.
Zur Abschätzung der Auswirkung des Abstands von Absorber zu Tumor dAbsorber-Tumor,
wurde
die
gesamte
Anordnung
(Abb.
4.15)
für
23
MeV
Protonen
mit
dAbsorber-Tumor = 1, 2, 3 mm für jeweils drei Absorberdicken dAbsorber = 0, 1, 2 mm simuliert.
Die Strahlaufweitung ergibt sich aus der Standardabweichung σlateral der lateralen
Verteilung der Endpunkte der Protontrajektorien im Tumor (Abb. 4.16).
Abb. 4.16: Für drei Absorberdicken dAbsorber = 0, 1, 2 mm simulierte Strahlaufweitung in Abhängigkeit des AbsorberTumorabstands bei Verwendung des gesamten Bestrahlungsaufbaus(Abb. 4.15)
33
Kapitel 4 Aufbau und Durchführung der Tumorbestrahlung am Mausmodell
Die Aufweitung ist linear zum Absorber-Tumorabstand. Dies ist zu erwarten, da durch
Kleinwinkelstreuung im Absorber die Strahldivergenz größer wird, welche je nach Länge
des Luftspalts zwischen Absorber und Gewebe in eine Ortsbreite transformiert wird. Mit
zunehmender Strahlaufweitung nimmt die Anzahl der Pulse, die zur Dosis eines Voxel
beitragen, zu. Zur Untersuchung der Effekte gepulster Bestrahlung soll die Zahl der Pulse
minimal sein (vgl. Kap. 4.1.1).
Zur Abschätzung des größten Dosisbeitrags eines Einzelpulses nach Kapitel 3.2.2 wird nun
vereinfacht angenommen, dass der laterale Abstand der Pulse 100 µm beträgt und die
Breite der Dosisverteilung eines Pulses σStrahl gleich 50 µm ist. Die in Kapitel 4.1.3
angegebenen Abstände der Pulse zur Kleinfeldpräparation betragen 84 µm in x-Richtung
und 143 µm in y-Richtung und liegen damit in derselben Größenordnung wie die
vereinfachte Annahme von 100 µm. So ist diese Wahl gerechtfertigt. Die laterale Breite
des Strahls im Braggpeak ergibt sich durch quadratische Addition der Strahlbreite vor
Absorber und Gafchromic Film mit der lateralen Aufstreuung:
√
4.1
Für die hinterste Schicht des Spreadout-Braggpeaks ergibt sich somit eine Breite von
σEnde = 140 µm.
Mit einem Tiefendosisbeitrag von 20 Gy im Braggpeak der hintersten Schicht ergibt sich
dort aus Formel 3.4 der maximale Dosisbeitrag pro Puls zu:
In den vorderen Schichten tragen zusätzlich mehrere Energien zur Dosisapplikation bei. In
einer Tiefe von 2,8 mm ist der Strahl der höchsten Energie um 55 µm aufgeweitet und
appliziert etwa 7 Gy. Der maximale Dosisbeitrag eines Pulses erreicht somit 3,1 Gy.
Der Dosisbeitrag des Braggpeaks an dieser Stelle beträgt etwa 5 Gy. Die laterale
Aufweitung bei einem Absorber-Tumorabstand von 1 mm beträgt 175 µm und bei 3 mm
250 µm. Der maximale Dosisbeitrag des Braggpeaks halbiert sich folglich von 0,4 Gy auf
0,2 Gy.
Auch wenn die höchste Strahlenergie aufgrund der großen Fluenz und kleinen Aufstreuung
den größten Pulsbeitrag liefert, ist es Ziel des Aufbaus auch die Dosisbeiträge der vorderen
Braggpeaks zu maximieren. Hierzu kann durch Langlöcher der Abstand Tumor-Absorber
auf unter 1 mm eingestellt werden.
4.4 Durchführung der Tumorbestrahlung
34
4.4 Durchführung der Tumorbestrahlung
4.4.1 Kalibration des Strahlstroms
Im Gegensatz zur klinischen Tumorbestrahlung am Menschen gibt es bei dieser
durchgeführten Bestrahlung keine Möglichkeit die Dosis in Echtzeit mitzumessen, um auf
den gewünschten Sollwert zu regeln. Stattdessen muss die Fluenz und somit die Dosis über
die mess- und steuerbaren Größen der Untersetzung und des Stroms am Target ITarget
geregelt werden, wobei man sich auf die Stabilität des Strahls verlässt. Vor der
Bestrahlung wurde der Soll-Strahlstrom am Targetkammer-Cup, der dem Strom am Target
entspricht aus den geplanten Fluenzen und der Größe des Strahlflecks berechnet:
4.2
Dabei entspricht e der Elementarladung. Der Cup befindet sich etwa 10 cm vor der
Strahlaustrittsnase in der Vakuumkammer. Mit einem rechteckig angenommenen
Strahlfleck der Fläche AStrahl = 84 x 143 µm2, einer Pulsungsfrequenz fPuls = 5 MHz und
einer Untersetzung von 2n für n = 4, …, 9 ergeben sich für die fünf Fluenzen aus
Formel 4.2 folgende Ströme:
Untersetzung [2n] n =
Fluenz [109
ITarget
Protonen/cm²] [nA]
1.04
0.46
0.31
0.20
0.14
4
6.28
2.74
1.84
1.19
0.84
5
6
7
8
9
3.14
1.37
0.92
0.59
0.42
1.57
0.69
0.46
0.30
0.21
0.78
0.34
0.23
0.15
0.11
0.39
0.17
0.11
0.07
0.05
0.20
0.09
0.06
0.04
0.03
Tabelle 4.1: Benötigter Targetkammerstrom in Abhängigkeit von Fluenz und Untersetzung. Die
Stromunterschiede sollen möglichst gering sein damit die Regelung des Beschleunigers konstant gelassen
werden kann Somit wurden die orange markierten Ströme zu den Untersetzungen n=4,..,8 für die
Bestrahlung gewählt.
Die Regelung der Terminalspannung des Tandembeschleunigers erhält als Regelgröße die
Stromdifferenz der Regelschlitze nach dem 90°-Magneten. Allerdings funktioniert diese
Regelung nur, wenn die Ströme auf den Regelschlitzen sich in einem bestimmten
Arbeitsbereich befinden. Bei konstanter Untersetzung führt eine Änderung der Fluenz pro
Puls um fast eine Größenordnung zu einer Stromänderung auf den Regelschlitzen von
einer Größenordnung. Damit muss entweder bei kleinen oder großen Strömen der
35
Kapitel 4 Aufbau und Durchführung der Tumorbestrahlung am Mausmodell
Arbeitsbereich verlassen werden, was zu einem instabilen Strahl führt und somit zu einer
inhomogenen Dosisverteilung. Um dies zu vermeiden werden die Ströme so gewählt, dass
der Targetkammerstrom und somit der Strom auf den Regelschlitzen des Beschleunigers
möglichst konstant bleibt. Als sekundäre Bedingung soll der Strom möglichst groß sein,
um ihn genauer einstellen zu können. Die gewählten Ströme sind in Tabelle 4.1 orange
gekennzeichnet. Der Soll-Strahlstrom wird dabei über die zwei Viersektorblenden auf der
Niederenergieseite des Beschleunigers eingestellt. Hierfür wird zusätzlich vor der
Bestrahlung sichergestellt, dass bei den unterschiedlichen Blendeneinstellungen die Form
des Strahlflecks am Bestrahlungsplatz gleich bleibt und damit die laterale Dosishomgenität
nicht verändert wird.
Zur Strommessung in der Vakuumkammer muss der Targetkammer-Cup in den Strahl und
vor der Bestrahlung zurück gefahren werden. Dies müsste bei einer Bestrahlung für jede
der 13 Tiefen gemacht werden. Da der Targetkammer-Cup auf einem Lineartisch mit
begrenzter Geschwindigkeit montiert ist, würde sich die Bestrahlung deutlich verlängern.
Desweiteren entstehen beim Stoppen der Protonen durch einen Cup Neutronen. Würde
man den sich nur 10 cm vor der zu bestrahlenden Maus befindenden Targetkammercup
verwenden, würde das zu einer nur schwer kontrollierbaren bzw. rekonstruierbaren
Strahlungsdosis führen. Aus diesem Grund ist es von Vorteil die Strommessung weiter
vom Bestrahlungsort entfernt durchzuführen. Somit wird die Kontrolle des Stroms bei der
Bestrahlung mit dem I+0Cup1 (ca. 10 m vor Maus) durchgeführt, der vor jeder
Bestrahlung gegen den Targetkammerstrom kalibriert wird (Tabelle 4.2). Die
Ungenauigkeit der Kalibration beträgt 5 %.
Schicht
Fluenz
[10 Prot./cm²]
0
1
2-3
4-8
9-12
1.04
0.46
0.31
0.20
0.14
9
Strom
Targetkammercup
[nA]
0.39
0.34
0.46
0.59
0.42
Strom I+0Cup1
[nA]
Untersetzung
n
1.02
0.83
1.00
1.25
0.90
Tabelle 4.2: Kalibration der Targetkammer-Cupströme gegen die I+0Cup1-Ströme
8
7
6
5
5
4.4 Durchführung der Tumorbestrahlung
36
4.4.2 Bestrahlungsablauf
Nach diesen Vorbereitungen wird die anästhetisierte Maus in das für sie vorgesehene Rohr
gelegt und das Bein so mit Klebeband auf der Platte fixiert, dass sich der Tumor mittig in
dem Loch befindet (Abb. 4.14). Das Rohr wird dann in die Halterung geschoben und auf
einer Temperatur von 36,5 °C gehalten. Parallel dazu wird eine unbestrahlter Gafchromic
EBT2 Filmscheibe für die Dosimetrie auf das Abschwächerrad geklebt. Als Nächstes wird
mit Hilfe des zum Strahl kolokalisierten Lasers der Tumor
mittig zum Strahl ausgerichtet. Hierzu wird mit dem
Mikroskoptisch die Maus entsprechend positioniert und die
Koordinaten des Tisches, bei Übereinstimmung von Laserund Tumorposition, auf Null gesetzt. Danach wird der Laser
wieder aus dem Strahlweg und die Maus möglichst nah an die
Austrittsnase gefahren (Abb. 4.15). Nun wird wieder die Abb. 4.17: Ausrichtung eines
Einzelpulspräparation aktiviert (vgl. Kap. 4.1.2). Das bestrahlten Feldes zum Tumor
nach gepulster Bestrahlung
Abschwächerrad wird vom Kontrollraum des Beschleunigers
aus auf die erste Bestrahlungsposition (0 mm Aluminium) gefahren, womit die tiefste
Schicht (0) bestrahlt wird. Der Strahl wird über die Blenden und Untersetzung auf den
gewünschten I+0Cup1 der entsprechenden Fluenz eingestellt. Danach werden die Cups aus
dem Strahlweg gefahren und gemäß Kap. 4.21.1 wird das erste Großfeld bestrahlt. Nach
der Bestrahlung der Position wird der I+0Cup1-Strom kontrolliert und die nächste Position
(1) mit 0,2 mm Aluminium des Abschwächerrads angefahren. Die Strahl- und
Tischsteuerung erhalten wieder ihre benötigten Parameter. Der I+0Cup1-Strom wird für
die nächste Tiefe (Schicht 1) angepasst und die Bestrahlung wird erneut gestartet. Dies
wird für alle 13 Tiefenschichten mit den zugehörigen Abschwächerpositionen
durchgeführt. Die gesamte Bestrahlung dauert für den gepulsten Modus ungefähr 35 min,
wobei die reine Bestrahlungszeit der Großfelder etwa 16 min beträgt. Dabei dauert die
Bestrahlung eines Großfelds 70 s, eines Kleinfelds 1,8 s und die Zeitverzögerung für das
Tischfahren 1,7 s.
37
Kapitel 4 Aufbau und Durchführung der Tumorbestrahlung am Mausmodell
Im kontinuierlichen Modus entfällt das Abscannen des Kleinfeldes, und die Bestrahlung
des Großfeldes wird, wie in Kapitel 4.3 beschrieben, durchgeführt. Mit Hilfe des
netzwerkgesteuerten Frequenzgenerators wird dabei der Strahl eine definierte Zeit t
geöffnet und danach der Tisch verfahren. Der Sollstrom am I+0Cup1 wird vor dem Starten
der Bestrahlung über die zwei Viersektorblenden auf (3,15 ± 0,1) nA eingestellt, der einem
Targetkammerstrom von 90 pA entspricht. Danach werden die Cups entfernt und über den
Frequenzgenerator
die
Bestrahlung
gestartet.
Dies
wird
wieder
für
alle
13
Bestrahlungstiefen wiederholt, wobei die Bestrahlungszeiten t entsprechend Tabelle 4.3
eingestellt wurden. Da die Bestrahlungszeit eines Kleinfelds im kontinuierlichen Modus
durchschnittlich unter 0,1 s liegt, verkürzt sich die Großfeldbestrahlungsdauer auf 32 s und
die gesamte Bestrahlungszeit beträgt ca. 25 min.
Schicht
0
1
2-3
4-8
9-12
Fluenz
Bestrahlungs2
[10 Protonen/cm ] zeit t [ms]
9
1.04
0.46
0.31
0.20
0.14
111.50
48.67
32.66
21.08
14.98
Tabelle 4.3: Bestrahlungszeiten für die jeweilige Fluenz
bzw. Schicht
Insgesamt wurden auf diesem Wege 11 Bestrahlungen im gepulsten und 13 im
kontinuierlichen Modus mit Protonen der Energie 23 MeV durchgeführt. Die Fluenzen
bzw. Ströme waren so gewählt, dass das Tumorvolumen eine durchschnittliche Dosis von
20 Gy erhalten sollte. Die Stromschwankungen auf dem I+0Cup1 während der Bestrahlung
einer Position lassen sich auf 5 % abschätzen und sind auf nicht kontrollierbare
Einflussfaktoren des Beschleunigers zurückzuführen.
Um gleichbleibende Bestrahlungsqualität zu gewährleisten, wurde nach großen Pausen
(z.B. Sparks, Nachtruhe) für alle fünf Fluenzen ein Großfeld, das einen Kreis von 9 mm
abdeckt, auf Gafchromic Film bestrahlt und bei Verschlechterung der Homogenität
gegebenfalls nachjustiert.
5.1 Methodik der Dosisrekonstruktion
38
5 Dosisrekonstruktion
Zur Rekonstruktion der applizierten Dosis und zur Beurteilung der Homogenität des
Strahlfeldes wurden bei der Tumorbestrahlung am Mausmodell EBT2 Dosisfilme der
Firma Gafchromic verwendet, die in der Röntgen- und Ionentherapie in klinischer
Verwendung sind. Der Film verdunkelt selbstständig in Abhängigkeit der durch
ionisierende Strahlung deponierten Dosis. Im folgenden Kapitel 5.1 wird die Methodik der
Rekonstruktion der Dosis aus der Verdunklung behandelt. Anschließend wird in
Kapitel 5.2 die experimentell ermittelte Tiefendosisverteilung durch Bestrahlung eines
Filmstacks vorgestellt. Schließlich werden in Kapitel 5.3 die Resultate der Rekonstruktion
der durchgeführten Mausbestrahlungen besprochen.
5.1 Methodik der Dosisrekonstruktion
Für die Dosisrekonstruktion wird ein Gafchromic EBT2 Film verwendet, der passgenau zu
kreisförmigen Scheiben zurechtgeschnitten und vor jeder Bestrahlung auf der Vorderseite
des Absorberrads geklebt wird (vgl. Kap. 4.3, Abb. 4.12). Somit wird der Film immer mit
Protonen gleicher Energie bestrahlt und systematische Fehler aufgrund der LETAbhängigkeit der Verdunklung vermieden. Die Filme werden mit einem EPSON
Perfection V700 Photo Scanner in Transmission bei einer Auflösung von 1200 dpi
eingescannt, wobei alle automatischen Korrekturen des Scanprogramms deaktiviert sind.
Es werden zwei Scans in beiden möglichen Landscape-Orientierungen (Pfeile nach rechts
bzw. links) durchgeführt, um beobachtete systematische Scanortsabhängigkeiten durch den
Scanner zu unterdrücken.
Die Verdunklung der bestrahlten Positionen wurde mit dem Programm „ImageJ“ [35] für
beide Orientierungen ausgewertet. Die zwei dabei resultierenden Pixelmittelwerte wurden
gemittelt und das Ergebnis in die optische Dichte NetOD umgerechnet. Über die
Kalibrationskurve können danach die Fluenzen der einzelnen Positionen bzw. Tiefen
ermittelt werden, die schließlich zur Rekonstruktion der Dosisverteilung nötig sind. Die
mittlere Dosis wurde schließlich durch Mittelung der Tiefendosisverteilung bis zur letzten
bestrahlten Schicht berechnet.
39
Kapitel 5 Dosisrekonstruktion
5.1.1 Aufbau und Eigenschaften des Gafchromic EBT2 Dosimetriefilm
Der verwendete Gafchromic EBT2 Film (Aufbau siehe Abb. 5.1) besteht aus einer
strahlungssensitiven „Aktiven Schicht“, die auf ein Polyestersubstrat aufgetragen ist und
durch eine zweite Polyesterlaminatschicht bedeckt wird. Beide dienen zum Schutz vor
Wasser und mechanischen Beschädigungen. Die dazwischenliegende Klebe- und
Zwischenschicht sind herstellungstechnisch bedingt und für die Dosisrekonstruktion nicht
von Bedeutung.
Abb. 5.1: Links: Aufbau des Gafchromic EBT2 Film. In der aktiven Schicht kommt es durch ionisierende
Strahlung zur Polymerisation und somit zur Verdunklung des Films.
Rechts: Zwei gescannte GafchromicEBT2 Filmscheiben, die 48 h nach Bestrahlung in LandscapeOrientierung eingescannt wurden (oben: gepulste Bestrahlung; unten: kontinuierliche Bestrahlung). Zur
korrekten Ausrichtung beim Scannen sind die Filmscheiben mit Pfeilen markiert.
Der wesentliche Bestandteil, die aktive Schicht, besteht aus mikrokristallinen organischen
Monomeren aus der Gruppe der Acetylene, die durch ionisierende Strahlung zu blauen
Polymeren synthetisieren. Der vom Hersteller spezifizierte Dosisbereich für quantitative
Auswertungen reicht von 1 mGy bis 40 Gy [36], wobei der Film seine volle Verdunklung
5.1 Methodik der Dosisrekonstruktion
40
erst nach 24 h [33] erreicht. Der gelbe Farbstoff in der aktiven Schicht macht den Film
weniger sensitiv für UV- und sichtbares Licht und dient als Referenzbasis für die
Verfärbung. Da die aktive Schicht zudem aus nadelartigen Partikeln besteht, die sich bei
der Herstellung in die Beschichtungsrichtung orientieren, führt dies wegen der anisotropen
Lichtstreuung beim Scannen je nach Scanrichtung bzgl. des Films zu unterschiedlichen
Pixelwerten. Deswegen wurden die verwendeten Filmscheiben vor dem Ausschneiden mit
Pfeilen in Richtung der langen Seite des DIN A4 Filmblattes markiert und immer in der
empfohlenen Landscape-Orientierung (Scanrichtung senkrecht zur Pfeilrichtung) [33]
eingescannt. Um den Film möglichst an derselben Stelle des Scanners zu positionieren,
wurde zusätzlich eine Schablone aus Transparentfolie angefertigt.
Um LET-Abhängigkeiten der Filmverdunklung, wie die Unterschätzung von im Braggpeak
abgegebener Energien um 50 % [37], zu umgehen, wurde der Film vor dem Abschwächer
angebracht. So ist der LET im Film immer gleich und der Film erhält bei der maximalen
wasseräquivalenten Dosis von 20 Gy im Spreadout-Braggpeak (vgl. Kap. 3.3) eine
maximale Dosis von etwa 5 Gy. In diesem Bereich besitzt der rote Farbkanal die größte
Sensitivität [33], da der Film nach dem Bestrahlen seinen stärksten Absorptionspeak bei
636 nm aufweist. Deshalb wurde der rote Farbkanal der gescannten Bilder zur Auswertung
verwendet. Bei höheren Dosen > 10 Gy geht die Antwort des roten Farbkanals langsam in
Sättigung. Deshalb ist es besser in den darüber liegenden Dosisbereichen den grünen
Farbkanal mit dem schwächeren Absorptionspeak bei 585 nm zu verwenden.
5.1.2 Kalibrierung des Gafchromic EBT2 Film
Aufgrund individuell unterschiedlicher Voraussetzungen, die beispielsweise durch den
Scanner oder dem LET der verwendeten Teilchen gegeben sind, gibt es keine absolute
Eichung des verwendeten radiochromischen Films. Somit ist eine eigene Kalibrierung des
Gafchromic EBT2 Films notwendig, um von der Verdunklung auf die applizierte
Filmdosis zurückrechnen zu können. Diese Kalibrierung wurde von Sabine Reinhardt im
Rahmen ihrer Doktorarbeit durchgeführt. Hierfür wurden je Dosis 9 Kleinfelder auf den
Filmen mit einem kontinuierlichem Protonenstrahl der Energie 20 MeV bestrahlt. Die
Dosis wurde über den Strom im Targetkammer-Cup, die Feldgröße und den in mit SRIM
durchgeführten Simulationen ermittelten LET-Wert im EBT-Film bestimmt. Es gab 12
Dosispunkte, denen durch Scannen der jeweilige Pixelmittelwert zugeordnet wurde. Abb.
41
Kapitel 5 Dosisrekonstruktion
5.2 zeigt das Ergebnis der Kalibration. Die Punkte wurden mit dem Datenanalysepaket
„ROOT“ [38] mit der Funktion
5.1
gefittet, wobei DFilm für die im Film deponierte äquivalente Wasserdosis steht, welche die
Dosis beschreibt, die in einem Wasserphantom mit Dichte ρWasser = 1 g/cm³ an dieser Stelle
deponiert würde. Die optische Dichte
(
̅̅̅̅
⁄̅̅̅̅
ergibt sich aus dem gemessenen mittleren Pixelwert ̅̅̅̅
)
5.2
der bestrahlten Felder und
dem mittleren Pixelwerts pvUntergrund von einer unbestrahlten Stelle des gleichen
Filmstücks.
Der Fit stimmt, wie in Abb. 5.2 gezeigt, im Rahmen der Fehler gut mit den
experimentellen Messwerten überein (χ² = 0,61). Der Fehler der Dosis kommt
hauptsächlich durch die Stromschwankungen zustande und kann mit 5 % abgeschätzt
werden. Der Fehler der NetOD resultiert aus dem Pixelrauschen und beträgt ca. 2 %.
Abb. 5.2: Kalibrationskurve des Gafchromic EBT2 Dosimetriefilms mit 20 MeV Protonen
5.1 Methodik der Dosisrekonstruktion
42
Für die Fitparameter ergibt sich:
A = 8,028 ± 0,256
B = 48,59 ± 1,71
und für die Kovarianzmatrix:
(
)
Betrachtet man die sich daraus ergebende Korrelationsmatrix
(
)
zeigt sich durch die beiden von Null verschiedenen Nichtdiagonalelemente eine starke
Korrelation zwischen den beiden Parametern A und B.
Das Ergebnis des Fits stimmt zudem mit der Kalibration der Gruppe onCOOPtics am
OncoRay-Zentrum um Dr. Pawelke in Dresden überein, die Gafchromic EBT2-Filme
derselben Charge verwendete [39; 40].
5.1.3 Untergrundermittlung
Zur Berechnung der NetOD ist ein Pixelwert des Untergrundfarbwerts pvUntergrund des Films
(Formel 5.2) nötig. Würde man dafür jede zu bestrahlende Filmscheibe vor der
Bestrahlung einscannen, könnte sie aufgrund des starken Lichts beim Scannen verdunkeln
und somit der Wert verfälscht werden. Bei einer Untergrundbestimmung nach der
Bestrahlung ist zu befürchten, dass der Wert durch Untergrundstrahlung während der
Bestrahlung oder durch Messen des Untergrunds in direkter Umgebung der bestrahlten
Feldern verfälscht ist.
Deshalb
wurde
der
für
die
Auswertung
der
Mausbestrahlungen
verwendete
Untergrundwert aus 6 unbestrahlten Filmscheiben ermittelt. Diese wurden mehrfach
gemessen, um gleichzeitig festzustellen, ob und wie sich der Wert über Tage und durch
wiederholtes
Scannen
unterschiedlichen
verändert.
Filmscheiben
Untergrundmessungen zeigt Abb. 5.3.
Außerdem
konnte
untersucht
werden.
die
Variation
Das
zwischen
Ergebnis
der
43
Kapitel 5 Dosisrekonstruktion
Abb. 5.3: Messung der Filmuntergrundwerte an verschiedenen Tagen, die sich alle in einem Bereich von
unter 1 % befinden
Es kann kein zeitabhängiger Trend erkannt werden und die Variation der Werte im Bereich
von < 1 % kann wohl auf Umwelteinflüsse beim Scannen zurückgeführt werden, da die
Abweichungen der Filmuntergrundwerte an den verschiedenen Tagen in dieselbe Richtung
gehen. Somit können die Messungen als unabhängig angenommen werden und es ergibt
sich aus den insgesamt 22 Messungen für den Untergrund ein fehlergewichteter Mittelwert
und dessen Fehler von
̅̅̅̅
Der Fehler setzt sich aus dem Pixelrauschen und der Streuung der 22 verschiedenen
Untergrundwertmessungen zusammen. Ersterer wird durch
̅̅̅̅
5.3
∑
√
(
)
√
beschrieben und mittelt die Fehler der mittleren Pixelwerte bei den einzelnen
Untergrundmessungen, die aus der Pixelstreuung σi resultieren. Da aber die Anzahl der
Pixel n jeder Messung 107 übersteigt, wird der Fehler mit n = 107 berechnet und damit ist
5.1 Methodik der Dosisrekonstruktion
44
1 vernachlässigbar klein. Somit ist für den Fehler des mittleren
Untergrunds die Streuung zwischen den verschiedenen Untergrundmittelwerten der
unterschiedlichen Filmmessungen ausschlaggebend und es ergibt sich mit
̅̅̅̅
der zweite Fehler ̅̅̅̅
√
5.4
, wobei es nMessungen = 22 Einzelmessungen gab.
Die Standardabweichung beträgt
. Da für die Auswertung Filme
derselben Charge verwendet wurden und die gemessenen Schwankungen zwischen den
Filmen gering sind (vgl. Abb. 5.3), wurde entschieden, für die Dosisrekonstruktion bei den
Mausexperimenten zur Berechnung der NetOD immer denselben Untergrundwert
̅̅̅̅
zu verwenden. Der verwendete Fehler entspricht dabei dem
Fehler einer Einzelmessung
.
Da die Kalibrationskurve über NetOD auch von dem Untergrund abhängt, wird die
Auswirkung von Untergrundabweichungen auf die Dosisberechnung abgeschätzt.
In Abb. 5.4 ist die relative Dosisabweichung, die durch zwei unterschiedliche
Untergrundwerte entsteht, gegen den entsprechenden Pixelwert aufgetragen. Es handelt
sich um die typischen Pixelwerte der Dosen (4,2 – 0,2 Gy), die während der Bestrahlung
im Film deponiert werden. Dabei entsprechen niedrige Pixelwerte hohen Dosen und höhere
Pixelwerte niedrigeren Dosen. Die roten und blauen Kurven in Abb. 5.4 zeigen, dass sich
die aus einer Untergrundabweichung der Höhe
= 90 resultierende Dosisabweichung
nahezu unabhängig von dem verwendeten Untergrundwert von 0,5 % auf 1,7 % steigert.
Bei verdoppelter Streuung
Dosisabweichung.
Diese
= 180 (schwarze Kurve) verdoppelt sich auch die
Abweichung
deckt
den
Bereich
der
bei
der
Untergrundbestimmung beobachteten Streuung der Untergrundwerte (54500 - 54800) ab.
Der aus dem festen Untergrund resultierende Dosisfehler entspricht weniger als 2 %.
45
Kapitel 5 Dosisrekonstruktion
Abb. 5.4: Relative Auswirkung von zwei Pixelabweichungen (𝛥𝑝𝑣=90, 180) auf die Dosis bei verschiedenen
Untergrundwerten
5.1.4 Fluenzbestimmung
Mit dem Programm „ImageJ“ [35] wurde auf den eingescannten Bildern der bestrahlte
Bereich jeder Position markiert und dessen Verdunklung als mittlerer Pixelwert gemessen.
Hierbei wurde über alle Pixel gemittelt. Über die Kalibrationskurve konnte auf die im Film
applizierte wasseräquivalente Dosis DFilm geschlossen werden. Die Bestrahlungsfluenz
ermittelt sich aus dieser mit
⁄
Für
.
wurde die Dichte von Wasser verwendet und der
5.5
entspricht
dem linearen Energietransfer der verwendeten Protonen mit einer Energie von 23 MeV in
Wasser, der durch Simulationen mit SRIM [24] ermittelt wurde.
5.1 Methodik der Dosisrekonstruktion
46
5.1.5 Genauigkeit der Fluenzbestimmung
Im folgenden Abschnitt wird die Abschätzung der Genauigkeit der Fluenzbestimmung mit
typischen Werten diskutiert und aufgrund der gegebenen Abhängigkeiten analysiert. Dies
genügt, da die Abweichungen der Fehler voneinander gering sind oder nur geringe
Auswirkungen haben. Der Fehler für die Fluenz ΔF ergibt sich mit dem Dosisfehler ΔD
mit Gaußscher Fehlerfortpflanzung aus Formel 5.5 zu:
5.6
Die Fehler von ρWasser und des LET werden vernachlässigt, da die Werte wohlbekannte
Größen sind und somit der relative Fehler deutlich unter 1 % liegt. Berücksichtigt man die
Fehler von ̅̅̅̅, ̅̅̅̅
, A, B und der Korrelation von A und B aus der
Kovarianzmatrix (σ12 = σ21), so errechnet sich der Dosisfehler nach der Gaussschen
Fehlerfortpflanzung mit:
(
) [
( ̅̅̅̅
]
) [
̅̅̅̅
(
) [
]
]
[
( ̅̅̅̅) [
̅̅̅̅
][
]
]
5.7
Wobei die Fehler der miteinander korrelierten Fitparameter der Kalibrationskurve ΔA, ΔB,
des in Kapitel 5.1.3 bestimmten Untergrundpixelwerts ̅̅̅̅
und des Pixelmesswerts
̅̅̅̅ der bestrahlten Position verwendet werden.
Letzt genannter Fehler ̅̅̅̅ beschreibt die Genauigkeit mit der ein Pixelwert ̅̅̅̅ gemessen
werden kann. Hierzu wurde die Pixelstreuung ̅̅̅̅̅̅̅ verschiedenener kontinuierlich
bestrahlter Kleinfelder für jede der fünf Fluenzen ermittelt. Es konnte beobachtet werden,
dass die Streuung ̅̅̅̅̅̅̅ von der höchsten Fluenz zur Niedrigsten von ca. 500 auf 320
abnimmt. Der Fehler ergibt sich ähnlich wie schon der statistische Fehler des Untergrunds
mit
̅̅̅̅
̅̅̅̅̅̅̅
√
5.8
47
Kapitel 5 Dosisrekonstruktion
aus der mittleren Pixelstreuug ̅̅̅̅̅̅̅ der jeweiligen Fluenz. Jede Messung beinhaltet mehr
als nx = 6000 Pixel und die resultierenden Fehler ̅̅̅̅ zeigt Tabelle 5.1:
Fluenz
[109/cm²]
1.044
0.456
0.306
0.197
0.140
̅̅̅̅̅̅̅
̅̅̅̅
500
390
300
300
320
7
6
4
4
5
Tabelle 5.1: Für die fünf Fluenzen ermittelte Pixelschwankungen ̅̅̅̅̅̅̅ und die dazugehörigen Fehler ̅̅̅̅
So ist der Fehler
̅̅̅̅ des Pixelrauschen klein und sollte kaum zum Gesamtfehler
beitragen.
Zur Einschätzung des Einflusses der voneinander abhängigen Fitparameter A und B,
musste
der
Ableitungsmischterm
Kovarianzmatrixelement
in
Formel
5.7
mit
dem
entsprechenden
der Kalibrationskurve aus Kapitel 5.1.2 für den Fehlerbeitrag
der Kurve eingefügt werden [41]. Da die Matrixelemente σ12,21 negativ sind, wird der
Fehlerbeitrag der Kalibrationskurve zum Fluenzfehler etwas kleiner.
In Tabelle 5.2 sind der statistische Fluenzfehler ΔF und die verschiedenen Fehlerbeiträge
zum Gesamtfehler angegeben. Sie zeigt, dass der Fehler der Kalibrationskurve den
Gesamtfehler dominiert und das Pixelrauschen hingegen vernachlässigt werden kann. Die
Werte ergeben sich aus Formel 5.7 mit den diskutierten Fehlern ΔA, ΔB,
̅̅̅̅
̅̅̅̅
und den typischen Verdunklungspixelwerten ̅̅̅̅ der Fluenzen. Die Fluenz kann somit mit
einer statistischen Genauigkeit von etwa 2% bestimmt werden.
̅̅̅̅
30000
38000
42000
46000
48000
Fluenz
[109 /cm²]
1.044
0.456
0.306
0.197
0.140
ΔF
[109 /cm²]
0.011
0.008
0.006
0.005
0.004
Beitrag zum Gesamtfehler ΔF
ΔUntergrund ² ΔPixelrauschen² ΔKalibrationskurve²
ΔF²
ΔF²
ΔF²
18%
0%
82%
14%
0%
86%
13%
0%
87%
17%
0%
83%
22%
0%
78%
Tabelle 5.2: Statistische Fehler der rekonstruierten applizierten Fluenzen, die sich mit den typischen Werten
aus Formel 4.7 ergeben und der relative Beitrag der verschiedenen Fehlereinflüsse zum Fluenzfehler ΔF
5.1 Methodik der Dosisrekonstruktion
48
5.1.6 Systematische Fehler
Die nicht-lineare Kalibrationskurve führt bei stärkerer Pixelstreuung zur Unterschätzung
der Dosis, da Pixelwerte vor der Rückrechnung in Dosiswerte gemittelt werden. Die
deswegen
genauere
Auswertemethode
die
Pixelwerte
zuerst
in
Dosiswerte
zurückzurechnen und erst dann zu Mitteln, erwies sich jedoch als nicht praktikabel. Somit
wird der resultierende systematische Fehler durch Vergleich der beiden Verfahren an
typischen Beispielen abgeschätzt. Hierzu werden exemplarisch eine kontinuierliche und
eine gepulste Komplettbestrahlung, die für den jeweiligen Bestrahlungsmodus die größte
Streuung der Pixelwerte über ein Großfeld σpv,Großfeld (durchschnittlich 1950 gepulst bzw.
810 kontinuierlich) aufweisen, auf beiden Wegen ausgewertet. Man erhält jeweils zwei
Dosiswerte Dvorher und Dnachher, wobei „vorher“ bzw. „nachher“ die Methode mit der
Dosismittelung vor der Pixel-Dosis-Umrechnung bzw. nach der Umrechnung bezeichnen.
Das Ergebnis ist in Tabelle 5.3 dargestellt und für alle Bestrahlungsschichten gegeben.
gepulst
kontinuierlich
Schicht σpv,Großfeld ΔD/D σpv,Großfeld ΔD/D
0
1906 1.5%
965 0.4%
1
1992 1.6%
966 0.4%
2
1867 1.5%
949 0.4%
3
1848 1.5%
919 0.4%
4
2434 3.2%
800 0.3%
5
2359 3.0%
870 0.4%
6
2342 2.8%
793 0.3%
7
2257 2.6%
761 0.3%
8
1737 1.7%
702 0.3%
9
1739 1.8%
854 0.5%
10
1729 1.8%
665 0.3%
11
1521 1.6%
700 0.3%
12
1618 1.8%
621 0.2%
Mittel
1950 2.0%
810 0.4%
Tabelle 5.3: Relative Dosisabweichung, die sich aufgrund der Streuung der Pixelwerte in einem Großfeld
ergibt, wenn die Mittelung vor bzw. nach Pixel-Dosis-Umrechnung erfolgt. Es ergibt sich für die gepulste
Bestrahlung ein mittlerer Unterschied von 2,0 % und für die Kontinuierliche von 0,4%.
Der relative Dosisunterschied berechnet sich mit:
5.9
49
Kapitel 5 Dosisrekonstruktion
Tabelle 5.3 zeigt, dass die verwendete Auswertemethode im gepulsten Modus die
Filmdosis im Mittel um 2,0 % unterschätzt, wogegen im kontinuierlichen Modus die
Abweichung aufgrund der geringen Streuung unter 0,5 % beträgt. So ergibt sich zwischen
gepulst und kontinuierlicher Fluenzrekonstruktion ein systematischer Fehler von ca. 1,5 %.
Da dieser Effekt nur an jeweils einer Maus mit typischen Pixelstreuungen abgeschätzt
wurde, wurde auf eine Extrapolation und damit Korrektur aller Werte um diesen Faktor
verzichtet.
5.1 Methodik der Dosisrekonstruktion
50
5.1.7 Rekonstruktion der Tiefendosisverteilung und mittlere Tiefendosis
Wie in Kapitel 2.2 und 3.2 diskutiert, tragen beim für die Tumorbestrahlung mit Protonen
genutzten Spreadout-Braggpeak in bestimmten Tiefen verschiedene Braggpeaks zur
Gesamtdosis bei. Kennt man die entsprechenden Fluenzen, kann man die Dosisbeiträge
berechnen. Um die Tiefendosisverteilung über den Tumor zu rekonstruieren, werden die
verschiedenen Braggpeaks mit den entsprechenden Fluenzen gewichtet und anschließend
addiert (vgl. Kap. 3.2). Abb. 5.5 zeigt an einem Beispiel die Tiefendosisverteilung, die mit
diesem Vorgehen aus den rekonstruierten Fluenzen ermittelt wurde. Für die mittlere
Tiefendosis gibt der Ort des hintersten Braggpeaks dmax = 4,8 mm die obere Grenze zur
Mittelung der Dosis an. Die mittlere Solltiefendosis beträgt ̅
= 19,9 Gy.
Abb. 5.5: Beispiel einer rekonstruierten Tiefendosisverteilung, die sich aus Addition der 13 Braggpeaks
ergibt, die gemäß ihrer Fluenz gewichtet werden.
Der statistische Fehler für die mittlere Dosis ergibt sich indem die mittleren Fehler der
einzelnen Fluenzen (Tabelle 5.2) nach dem entsprechenden Braggpeak über die gesamte
Tiefe gewichtet werden. Nach Addition der resultierenden Fehlerkurven über die Tiefe,
kann der mittlere Fehler über die Tiefe 0 – 4,8 mm berechnet werden. Es ergibt sich ein
mittlerer Fehler der mittleren Tiefendosis von 3 %. Dieser gilt für beide Bestrahlungsarten,
da die Fehler der Fluenz im Wesentlichen durch die Kalibrierung bestimmt sind.
51
Kapitel 5 Dosisrekonstruktion
5.2 Experimentelle Tiefendosisverteilung
Um die Dosisverteilung auch experimentell zu prüfen, wurden sogenannte Stacks, die aus
25 hintereinander angeordneten Gafchromic Filmblättchen bestehen, bestrahlt. Die
Schwärzung eines Filmblättchens zeigt somit die Dosis in der jeweiligen Tiefe di an. Unter
Berücksichtigung des Aufbaus des Dosimetriefilms kann jeder Folie i die Tiefe
di = i · dFolie - dPolyestersubstrat (vgl. Abb. 5.1) zugeordnet werden, da die Verdunklung in der
aktiven Schicht erfolgt. Die Verdunklung der Bestrahlungsfelder wurde analog zu
Kapitel 5.1 im roten Farbkanal ausgewertet und dann auch mit derselben Kalibrationskurve
in Dosis umgerechnet. Die hiermit rekonstruierte Dosis kann nur einen qualitativen
Eindruck über die Tiefendosis verschaffen. Hauptgrund dafür ist, dass der EBT2-Film auf
unterschiedliche LET-Werte unterschiedlich stark reagiert. Er unterschätzt die Dosis bei
hohen LET-Werten (Kap. 5.1.1, [37]). Da sich für die verschiedenen Tiefen der LET der
Protonen stark ändert und Protonen unterschiedlicher LETs zur Dosis in den verschiedenen
Folien beitragen, muss davon ausgegangen werden, dass die Dosiswerte für größere Tiefen
mehr unterschätzt werden. Hinzu kommt, dass die Kalibrationskurve für den roten
Farbkanal nur bis zu einer Dosis von 10 Gy ermittelt wurde und für höhere Dosen statt des
verwendeten roten der grüne Farbkanal sensitiver wäre. Das Ergebnis ist für beide
Bestrahlungsarten in Abb. 5.6 dargestellt.
Abb. 5.6: Experimentelle Dosisverteilung, gemessen durch Bestrahlung von 25 hintereinander angeordneten
EBT2 Filmblättchen. Die Dosis ist nicht korrekt, da der Dosimetriefilm hohe LET unterschätzt.
5.2 Experimentelle Tiefendosisverteilung
52
Die maximale Reichweite betrug 15 Folien, was einer Tiefe von 4,1 mm entspricht.
Berechnet man daraus die äquivalente Reichweite in Wasser nur aufgrund der
Dichteangabe des Films durch den Hersteller ̅̅̅̅̅̅̅
Reichweite
[33], so erhält man eine
. Diese ist größer als die simulierte Reichweite der
Protonen mit
. Dies kann daran liegen, dass erstens die Stopping-
Power des Materials nicht ausschließlich von der Elektronendichte abhängt, wie man bei
der Berechnung der wasseräquivalenten Reichweite über die Dichte annimmt und zweitens
der Wert der mittleren Filmdichte ̅̅̅̅̅̅̅ wahrscheinlich fehlerbehaftet ist. Dies kann eine
Abweichung von 6 % erklären. Im gepulsten Modus ergibt sich eine durchschnittliche
Schätzdosis von D = 14,5 Gy mit einer Streuung von 4% und im kontinuierlichen Modus
erhält man D = 16,0 Gy auch mit 4% Standardabweichung. Dieses Ergebnis bestätigt die
Simulationen der Bestrahlungsplanung. Der Unterschied der Dosiswerte zwischen gepulst
und kontinuierlich beträgt etwa 10%. Diese Abweichung korreliert mit den Ergebnissen
der Rekonstruktion der Mittleren Tiefendosen der Mausbestrahlungen (Kap. 5.3.4) und
wird in Kapitel 5.3.5 näher erörtert.
53
Kapitel 5 Dosisrekonstruktion
5.3 Dosisrekonstruktion der Mausbestrahlungen
5.3.1 Beschreibung der Messreihe
Insgesamt wurden 11 Mäuse im gepulsten und 13 im kontinuierlichen Modus bestrahlt
(vgl. Kap. 5.4.2). Die zugehörigen Dosimetriefilme wurden 48 h nach Bestrahlung
eingescannt um die volle Entwicklung der Verdunklung zu gewährleisten. Zur
Dosisverifizierung einer jeden Mausbestrahlung wurde, wie in Kap. 5.1 beschrieben,
mittels ImageJ jede Position des jeweiligen Films markiert und der zugehörige mittlere
Pixelwert ̅̅̅̅ ermittelt. Hierbei bezeichnet i = 0 – 12, die jeweilige bestrahlte Tiefe (0 die
Tiefste, 12 die Vorderste). Anschließend wurden die Pixelmittelwerte mit der in Kap. 5.1.2
besprochenen Kalibrationskurve und dem Untergrundpixelwert (Kap. 5.1.3) in die
wasseräquivalente Filmdosis umgerechnet.
5.3.2 Fluenz
Gemäß Kapitel 5.1.4 erfolgte die Rekonstruktion der verwendeten Fluenz Fi jeder Position
aus den berechneten Filmdosen DFilm,i. Die Fluenzergebnisse aller Mausbestrahlungen sind
in den Tabellen 5.4, 5.5 und Abb. 5.7, Abb. 5.8 für die Bestrahlung im gepulsten bzw.
kontinuierlichen Modus für alle 13 Tiefenschichten bzw. Positionen gezeigt, wobei
zusätzlich die Soll-Fluenz mit schwarzen Balken in den Abbildungen eingetragen ist.
5.3 Dosisrekonstruktion der Mausbestrahlungen
54
Gepulst
Schicht
̅
9
[10 /cm²]
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
0.997
0.417
0.269
0.271
0.154
0.149
0.156
0.165
0.121
0.118
0.113
0.109
0.110
̅
9
[10 /cm²]
0.011
0.008
0.006
0.006
0.004
0.004
0.004
0.005
0.004
0.004
0.004
0.004
0.004
Ø
̅ ̅
1.1%
1.8%
3%
3%
3%
3%
3%
3%
4%
4%
4%
4%
4%
4%
9
̅
[10 /cm²]
0.031
0.030
0.015
0.015
0.022
0.017
0.016
0.016
0.008
0.009
0.009
0.014
0.014
̅ /
̅
3%
7%
6%
5%
14%
11%
10%
10%
7%
7%
8%
13%
13%
9%
̅ -Fsoll
9
[10 /cm²]
( ̅ -Fsoll)/Fsoll
-0.047
-0.039
-0.037
-0.034
-0.043
-0.048
-0.042
-0.032
-0.019
-0.022
-0.027
-0.031
-0.031
-5%
-8%
-12%
-11%
-22%
-24%
-21%
-16%
-14%
-16%
-19%
-22%
-22%
-16%
Tabelle 5.4: Ergebnis der Fluenzrekonstruktion der einzelnen Schichten mit dem Fehler Δ ̅ , der Streuung
̅ der Fluenzen der Schicht und die Abweichung zur Soll-Fluenz für den gepulsten Fall.
kontinuierlich
Schicht
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
Ø
̅
9
̅
9
[10 /cm²] [10 /cm²]
1.060
0.011
0.450
0.008
0.297
0.007
0.296
0.007
0.184
0.005
0.186
0.005
0.190
0.005
0.194
0.005
0.139
0.004
0.135
0.004
0.133
0.004
0.132
0.004
0.133
0.004
̅ ̅
1.1%
1.7%
3%
3%
3%
3%
3%
3%
3%
4%
4%
4%
4%
3%
9
̅
[10 /cm²]
0.06
0.02
0.02
0.02
0.01
0.01
0.01
0.01
0.01
0.00
0.01
0.01
0.01
̅ /
̅
5%
4%
6%
5%
3%
6%
7%
5%
5%
3%
8%
5%
6%
5%
̅ -Fsoll
9
[10 /cm²]
0.016
-0.006
-0.009
-0.010
-0.013
-0.011
-0.007
-0.004
-0.001
-0.006
-0.007
-0.009
-0.007
( ̅ -Fsoll)/Fsoll
1.5%
-1.2%
-3%
-3%
-7%
-6%
-4%
-1.9%
-1.0%
-4%
-5%
-6%
-5%
-3%
Tabelle 5.5: Ergebnis der Fluenzrekonstruktion der einzelnen Schichten mit dem Fehler Δ ̅ , der Streuung
̅ der Fluenzen der Schicht und die Abweichung zur Soll-Fluenz für den kontinuierlichen Fall.
In den Tabelle 5.4 und 5.5 sind zusätzlich zur für jede Schicht rekonstruierten mittleren
Fluenz ̅ , der zugehörige statistische Fehler
̅ (vgl. Kap. 5.1.5), die Streuung σ( ̅ ) der
Fluenzen der Schicht und die Abweichung zur Soll-Fluenz zusammengefasst.
Bei der gepulsten Bestrahlung weichen die Fluenzen deutlich ab und liegen im Mittel 16 %
unter dem Sollwert, wobei die Streuung der Werte untereinander unter 9 % liegt.
55
Kapitel 5 Dosisrekonstruktion
Abb. 5.7: Ergebnis der Fluenzrekonstruktion im gepulsten Modus.
Für die kontinuierliche Bestrahlung liegen die Fluenzen im Mittel 4% unter der Soll-Dosis.
Nur die Bestrahlung der Maus B-10-02 weicht wegen eines fehlerhaft eingestellten SollStromwerts um ca. 10 % ab.
Abb. 5.8: Ergebnis der Fluenzrekonstruktion im kontinuierlichen Modus.
5.3 Dosisrekonstruktion der Mausbestrahlungen
56
Zur besseren Beurteilung der Abweichungen wurde die relative Abweichung der
gemessenen Fluenzen zum Sollwert in Abb. 5.9 und Abb. 5.10 gegen die jeweilige Schicht
aufgetragen.
Abb. 5.9: Relative Abweichung der gepulsten Fluenzen zu den Sollfluenzen.
Abb. 5.10: Relative Abweichung der kontinuierlichen Fluenzen zu den Sollfluenzen.
57
Kapitel 5 Dosisrekonstruktion
Es ist ersichtlich, dass im gepulsten Fall die relative Abweichung zur Soll-Fluenz, sowie
die relative Streuung σ( ̅ )/ ̅ für niedrige Fluenzen zunimmt und im kontinuierlichen Fall
hingegen fast konstant bleibt. Die großen Abweichungen der gepulsten Fluenzen konnten
im Gegensatz zu den größeren Abweichungen der kontinuierlichen Fluenzen nicht mit
protokollierten Stromänderungen vor und nach der Bestrahlung in Zusammenhang
gebracht werden. Die stark abweichenden kontinuierlichen Fluenzen der Maus B-10-02
sind auf einen fehlerhaft eingestellten Sollstrom zurückzuführen, der etwa 10 % zu groß
war. Aus der Tatsache, dass der Strom vor einer Bestrahlung immer auf ein Optimum
eingestellt wird und so Veränderungen der Strahllage sich in der Regel negativ auf den
Strom auswirken, ist es nicht verwunderlich, dass die gepulsten und kontinuierlichen
Abweichungen
systematisch
in
negative
Richtung
gehen.
Die
systematischen
Abweichungen zwischen den gepulsten und kontinuierlichen Fluenzen müssen jedoch
noch näher untersucht werden und eventuelle Gründe werden in Kapitel 5.3.5 erläutert.
5.3 Dosisrekonstruktion der Mausbestrahlungen
58
5.3.3 Tiefendosisverteilung
Aus den ermittelten Fluenzen wurde nun, wie in Kapitel 5.1.4 beschrieben, die
Tiefendosisverteilung bestimmt. In Abb. 5.12 ist je Bestrahlungsmodus eine typische
(B-02-01, B-04-01) und eine Dosisverteilung mit extremen Abweichungen (B-09-04,
B-10-02) gezeigt.
Dabei war bei der Maus B-10-02 der Strom und somit die Fluenz konstant 10 % zu hoch.
Im vorherigen Kapitel wurde gezeigt, dass bei geringen Tiefen, besonders im gepulsten
Modus, die Fluenz stärker von der Soll-Fluenz abweicht als bei den größeren Tiefen. So
beträgt die maximale Abweichung bei der Maus B-09-04 bis zu 40 % (Abb. 5.9). Die
großen Fluenzabweichungen der Braggpeaks geringer Tiefe wirken sich jedoch nicht so
stark aus, da bei den geringen Tiefen ein Großteil der Dosisapplikation durch die
Braggpeaks der tieferen Schichten appliziert wird. Den größten Anteil hat hierbei der
Braggpeak der größten Tiefe, der zugleich die geringsten Fluenzabweichungen aufweist.
So konnte dennoch eine einigermaßen homogene Tiefendosisverteilung erreicht werden.
Die Abweichung der Dosisverteilung der Maus B-09-04 von der Solldosis bei geringen
Tiefen beträgt nur 20 % statt 40 %.
Abb. 5.11: Beispiele für die rekonstruierte Dosisverteilung. Mit dem Extrembeispiel der Maus B-09-04,
deren zuvor angegebenen Fluenzabweichungen von bis zu 40% sich durch die Addition der Braggpeaks zu
einer maximalen Tiefendosisabweichung von 20% bei geringer Tiefe reduzieren. Bei dem Extrembeispiel
der Maus B-10-02 für den kontinuierlichen Modus war die Fluenz konstant 10% zu hoch.
59
Kapitel 5 Dosisrekonstruktion
5.3.4 Mittlere Tiefendosis
Der für die Bestrahlung relevante Wert der mittleren Tiefendosis ergibt sich durch Mitteln
der Tiefendosisverteilungen im Bereich von 0 – 4,8 mm (vgl. Abb. 5.5). Die Berechnung
der mittleren Tiefendosis wurde für alle Bestrahlungen durchgeführt und ist in Abb. 5.12
aufgetragen.
Für den gepulsten Modus sind die Punkte um einen Mittelwert von 17,6 Gy mit einer
Streuung ± 0,2 Gy (1 %) verteilt und liegen damit 12 % unter dem Sollwert von 19,9 Gy.
Im kontinuierlichen Modus liegt der Mittelwert mit 19,6 Gy nur 2 % unter dem Sollwert.
Dabei ist die Streuung mit 0,3 Gy, bedingt durch die im vorherigen Kapitel erwähnte
abweichende Bestrahlung der Maus B-10-02, größer als bei der gepulsten Bestrahlung.
Ansonsten würde sie im Bereich der Streuung des gepulsten Modus liegen. Insgesamt liegt
die Streuung damit im Bereich des statistischen Fehlers der Dosisrekonstruktion von 3 %
(Kap. 5.1.7). Ohne die Abweichung der Maus B-10-02 wäre die Differenz zwischen
gepulst und kontinuierlich um 1 % geringer als die erreichten 10 % Unterschied.
Abb. 5.12: Mittlere Tiefendosiswerte für alle Bestrahlungen. Untere Achse enthält Bezeichnungen der
gepulst bestrahlten Mäuse (schwarz) und die obere Achse die Namen der kontinuierlich bestrahlten Mäuse
(rot). Der eingezeichnete Fehler entspricht dem Fehler der Dosisrekonstruktion von 3 %.
5.3 Dosisrekonstruktion der Mausbestrahlungen
60
5.3.5 Diskussion der Dosisunterschiede von gepulstem und
kontinuierlichem Modus
Für die Komplexität des Aufbaus und der Strahlpräparation ist der 10 % Unterschied
akzeptabel. Berücksichtigt man, dass sich bei einer Korrektur des Überlapps im
kontinuierlichen Bereich (Kap. 4.2) die entsprechenden mittleren Tiefendosiswerte
durchschnittlich um 2 % senken, so beträgt die Abweichung des kontinuierlichen
Dosiswerts zum Soll-Wert 4 %. Korrigiert man zusätzlich den systematischen Fehler durch
Einfluss der Streuung bei der Umrechnung der Pixelwerte in Filmdosis (Kap. 5.1.6), so
ergibt sich für die kontinuierliche Bestrahlung eine Abweichung vom Soll-Wert von 3,5 %
und für die gepulste Bestrahlung von 10 %. Der Unterschied zwischen gepulst und
kontinuierlich reduziert sich auf 6,5 %. Vernachlässigt man die Maus B-10-02, die wegen
eines falsch eingestellten Soll-Stromwerts etwa mit 10 % mehr Dosis bestrahlt wurde, bei
der Mittelwertbildung, so sinkt der Unterschied auf 5,5 %.
Die Abweichungen vom Soll-Strom sind nicht mit den I+0Cup1-Strömen, die vor und nach
den Bestrahlungen der einzelnen Schichten protokolliert wurden, zu erklären.
Mögliche Gründe des Unterschiedes könnten eventuelle Flächenabweichungen bei der
Bestrahlung der Großfelder sein. Durch wiederholtes Ausmessen der Felddimensionen
nach Scannen einiger bestrahlter Filmscheiben können Flächenabweichungen von mehr als
1 % ausgeschlossen werden und somit die Dosisabweichungen nicht erklären.
Als weitere Möglichkeiten bleiben Abweichungen der Strommessung und eine eventuelle
Unterschätzung der Fluenz durch den Gafchromic EBT2 Film aufgrund der hohen
Dosisleistungen innerhalb eines Pulses. Auf eine Unterschätzung von gepulst applizierter
Dosis durch den Film konnte nach bisheriger Publikationslage kein Hinweis gefunden
werden. Auch wenn Vergleichsbeispiele für die hohen Fluenzen des Versuchs mit bis zu
109/cm² und der letztjährigen Rekonfigurierung des damaligen EBT Films zum jetzigen
EBT2 Film fehlen.
Auch die Abweichung der kontinuierlichen Werte vom Soll-Wert kann nicht auf die
Kalibrierkurve zurückgeführt werden, denn diese stimmt sehr gut mit einer unabhängig,
ebenfalls kontinuierlich, durchgeführten Kalibrierung der Dresdner Oncooray Gruppe
überein. Hierdurch kann eine signifikante Abweichung der Strommessung im
kontinuierlichen Modus ausgeschlossen werden.
Die wahrscheinlichste Ursache für den Unterschied zwischen gepulst und kontinuierlich
applizierter Dosis ist die Cupstrommessung im gepulsten Modus. Diese mittelt im
61
Kapitel 5 Dosisrekonstruktion
gepulsten Modus über die einzelnen Strompulse und gibt dann einen mittleren Strom an.
Dabei kommt es wohl wegen der kurzzeitig extrem hohen Ströme zum Übersteuern der
Messelektronik des verwendeten Geräts, was die Ströme verfälscht und den
Dosisunterschied zwischen gepulst und kontinuierlich erklären könnte.
So sind ca. 4,5 % des 10 % Dosisunterschieds verstanden. Die restlichen 5,5 % bleiben
unverstanden.
Kapitel 6
Vergleich der Tumorwachstumsverzögerung
62
6 Vergleich der Tumorwachstumsverzögerung
nach gepulster und kontinuierlicher
Bestrahlung
Nachdem die physikalische Seite des Experiments geklärt ist, soll nun die biologische
Seite mit der Untersuchung und Auswertung des Wachstums der gepulst und
kontinuierlich bestrahlten Tumore erläutert werden. Hierzu wird einleitend in Kapitel 6.1
das Maus- und Tumormodell vorgestellt, an dem die Bestrahlung durchgeführt wurde.
Anschließend wird das Ergebnis der unbestrahlten Kontrollwachstumskurven vorgestellt,
die sich aus unbestrahlten Tumoren ergibt und die die nötige Referenz für die
Wachstumsverzögerung liefert (Kap. 6.2). In Kapitel 6.3 werden die Wachstumskurven der
bestrahlten Tumore präsentiert. Abschließend wird die aus den zwei verschiedenen
Bestrahlungsarten resultierende Wachstumsverzögerung gezeigt. Schließlich wird die
Wirkung von gepulster Protonenstrahlung mit der Wirkung von konventioneller
kontinuierlicher Protonenbestrahlung verglichen.
63
Kapitel 6
Vergleich der Tumorwachstumsverzögerung
6.1 Wachstum unbestrahlter Tumore (Kontrolle)
Um
die
Wachstumsverzögerung
bestimmen
zu
können,
muss
eine
Referenzwachstumskurve bestimmt werden, die das normale Tumorwachstum der beiden
Tumorstämme beschreibt. Zur Erstellung dieser Referenzkurve sollten je Tumorstamm
neun unbestrahlte Tumore solange beobachtet werden bis diese das Abbruchkriterium von
V ≈ 600 mm³ erreichen. Wegen schlechtem Tumorwachstum (vgl. XF354 Kontrolle) und
erhöhter Mortalität der Mäuse wurde das Abbruchkriterium nicht immer erreicht. Das
Ergebnis ist in Abbildung 6.1 dargestellt.
Abb. 6.1: Exponentielle Fits durch die Wachstumsdaten der unbestrahlten XF354 (oben ) und FaDu (unten)
Tumore
64
6.1 Wachstum unbestrahlter Tumore (Kontrolle)
Die Wachstumskurven wurden dabei so angeordnet, dass dem Tumorvolumen mit der
Tiefe des Bestrahlungskriteriums zwischen 3 und 4 mm der Tag 0 zugeordnet wird. Der
Messfehler des Tumorvolumens beträgt 0,6 mm³ und ist damit im Vergleich zur
biologischen Streuung zwischen den verschiedenen Mäusen vernachlässigbar. Die
Wachstumskurven der Mäuse wurden dann mit einer Exponentialfunktion der Form
( )
6.1
gefittet. V0 hängt nur von der Wahl des Zeitnullpunkts der Kurve ab und ist im Gegensatz
zu
den
Wachstumskonstanten
a
für
die
Kontrollkurve
unwichtig.
Aus
den
Wachstumskonstanten a wurde jeweils für beide Tumore der Mittelwert gebildet und es
ergibt sich:
̅
(
)
̅
(
) .
Der Fehler entspricht dem Fehler des Mittelwerts der Exponenten und ergibt sich aus der
Standardabweichung σFaDu = 2,5 d bzw. σXF354 = 5,7 d und der Anzahl der jeweiligen
Kontrolltumore nXF354/FaDu = 9. Es ist klar zu erkennen, dass die XF354-Tumore im
Vergleich zu den FaDu-Tumoren langsamer wachsen, wobei die relative Streuung gleich
ist. Diese Unterschiede in der Wachstumsgeschwindigkeit waren zu erwarten [42]. Mithilfe
der mittleren Exponenten ergeben sich dann die Verdreifachungszeiten für XF354 und
FaDu nach
( )
6.2
mit
̅
̅
(
(
)
)
.
65
Kapitel 6
Vergleich der Tumorwachstumsverzögerung
6.2 Tumorwachstum nach Bestrahlung
Die Bestrahlung wurde durchgeführt sobald die Tumore die Tiefe zwischen 3 mm und
4 mm erreicht hatten. Da die Tiefen- bzw. Volumenmessung wegen des logistischen
Aufwands nur alle drei bzw. vier Tage durchgeführt werden konnte und es nicht immer
möglich war den Tumor am Tag der Bestrahlung zu vermessen, musste bei diesen
Tumoren die Tiefe linear durch das Volumen vor und nach der Bestrahlung interpoliert
werden. Das mittlere Bestrahlungsvolumen der Tumore beträgt
̅
(
)
̅
(
)
Der Fehler des Mittelwerts ergibt sich aus der Streuung
.
der Tumorvolumina und der
Anzahl an Tumoren nXF354 = 11 und nFaDu = 12.
In Abb. 6.2 und 6.3 sind die Wachstumskurven der bestrahlten Mäuse relativ zu ihrem
Bestrahlungsvolumen V0 aufgetragen. Zum Vergleich sind auch die jeweiligen
Kontrollkurven mit einem 95 %-Vertrauensintervall in die Diagramme eingezeichnet. Der
Zeitpunkt des Erreichens des dreifachen Bestrahlungsvolumens wurde ebenfalls linear aus
dem Punkt vor und nach dem Erreichen interpoliert. Die Fehler dieser Interpolation sind
klein gegenüber den biologischen Schwankungen.
6.2 Tumorwachstum nach Bestrahlung
Abb. 6.2: Wachstumskurven der gepulst (oben) und kontinuierlich (unten) bestrahlten XF354-Tumore.
Jeweils nur ein Tumor erreichte in beiden Bestrahlungsmodi das dreifache Bestrahlungsvolumen, die
Anderen wurden lokal kontrolliert.
66
67
Kapitel 6
Vergleich der Tumorwachstumsverzögerung
Abb. 6.3: Wachstumskurven der gepulst (oben) und kontinuierlich (unten) bestrahlten FaDu-Tumore. Ein
gepulst bestrahlter Tumor (B-07-01) erreichte wegen Krankheit nicht das dreifache Bestrahlungsvolumen
und zwei der kontinuierlich bestrahlten (B-12-01,B-12-03) wurden lokal kontrolliert.
6.2 Tumorwachstum nach Bestrahlung
68
Es wurden sechs XF354-Tumore gepulst und fünf kontinuierlich bestrahlt (Abb. 6.2).
Jedoch erreichte jeweils nur ein Tumor das dreifache Eingangsvolumen V0. Der Zeitpunkt
des Erreichens dieses Volumens liegt für gepulst bei
kontinuierlich
und für
. Das Abbruchvolumen von 0,8 cm³ erreichte nur der
Tumor der Maus B-06-02.
Der Tumor B-05-03 des gepulsten Modus hatte eine der kleineren Eingangsgrößen,
wodurch es eventuell nur durch die zu beobachtenden Wachstumsschwankungen zum
Erreichen des dreifachen Volumens gekommen ist. Auch könnte es sein, dass ein Teil des
Tumor B-06-02 im kontinuierlichen Modus nicht bestrahlt wurde, da er eventuell wegen
schlechter Sichtbarkeit ungenau einjustiert wurde. Aufgrund der unzureichenden Statistik
kann keine Aussage über die Signifikanz des Unterschieds getroffen werden.
Anders stellt sich das Ergebnis bei den FaDu-Tumoren dar (vgl. Abb. 6.3). Hier erreichten
fünf der gepulst bestrahlten Tumore das dreifachen Eingangsvolumen V0 und vier das
Abbruchkriterium. Vier der kontinuierlich bestrahlten Mäuse erreichten das dreifache
Eingangsvolumen V0 und zwei das Abbruchkriterium. Die anderen Zwei wurden
kontrolliert. Im Mittel liegt der Zeitpunkt des Erreichen des dreifachen Volumens der
gepulst bestrahlten FaDu-Tumore bei ̅
kontinuierlich bestrahlten FaDu-Tumore bei
̅
(
)
und der Zeitpunkt der
(
) . Bei dem
angegebenen Fehler handelt es sich um den Fehler des Mittelwerts, der sich aus der
Streuung der Zeitpunkte ergibt. Die Maus B-07-01 ist erkrankt und frühzeitig gestorben.
Sie ist nicht in die Auswertung eingegangen. Würde man das Wachstum linear bzw.
exponentiell mit der Kontrollkurve extrapolieren ergibt sich der Tag des Erreichens des
dreifachen Volumens mit 38 d bzw. mit 33 d. Diese Werte wurde aber nicht für die weitere
Auswertung genutzt, da der Tumor-Bett-Effekt, der bei den anderen Tumoren zu
beobachten ist, nicht eingetreten ist und der Wert wohl noch um ca. 5 - 10 Tage größer
würde.
69
Kapitel 6
Vergleich der Tumorwachstumsverzögerung
6.3 Tumorwachstumsverzögerung
Die gesuchte Tumorwachstumsverzögerung ̅̅̅̅
̅
̅
ergibt sich
durch die Differenz des Zeitpunkts des Erreichens des dreifachen Volumens der
bestrahlten Tumore ̅
XF354-Tumore erhält
und der Kontrollwachstumskurve ̅
man für
gepulst
. Für die
und kontinuierlich
. Diese Ergebnisse sind allerdings nur auf der Basis von je einer Maus
erhalten worden und ihre große Abweichung ist nicht signifikant. So kann diese Folge der
unterschiedlichen Bestrahlungsarten sein, aber ebenso auf physiologische Unterschiede im
Wachstum zurückgeführt werden.
Bei dem FaDu-Stamm ist das Ergebnis aussagekräftiger:
̅̅̅̅
(
)
̅̅̅̅
(
)
Berücksichtigt man nur die verzögerten Wachstumskurven, so kann man sagen, dass es im
Rahmen der Fehler, die aufgrund biologischer statistischer Streuung berechnet wurden,
keinen Unterschied in der Wachstumsverzögerung zwischen gepulster und kontinuierlicher
Bestrahlung gibt. Jedoch wird hierbei außer Acht gelassen, dass im kontinuierlichen
Modus zwei Tumore kontrolliert wurden und im gepulsten keiner.
Um den eventuellen Einfluss von Tumorvolumen oder Dosis zu beurteilen wurden in den
Abbildungen Abb. 6.4 und Abb. 6.5 die Wachstumsverzögerung über die rekonstruierte
Dosis D bzw. das Tumoreingangsvolumen V0 aufgetragen. Es kann jedoch keine
Korrelation zwischen der Wachstumsverzögerung und den genannten Parametern
beobachtet werden und auch die kontrollierten Mäuse weisen keinen Trend, z.B. zu hohen
Dosen oder kleinen Tumoren auf. Dadurch kann davon ausgegangen werden, dass
biologische und physiologische Einflüsse primär für die Unterschiede in der
Wachstumsverzögerung verantwortlich sind.
6.3 Tumorwachstumsverzögerung
70
Abb. 6.4: Über die rekonstruierte Dosis D aufgetragenes Ergebnis der Wachstumsverzögerungen. Die
Tumor- und Bestrahlungsart sind farblich zugeordnet. Die kontrollierten Tumore sind separat
eingezeichnet. Weder bei den kontrollierten noch bei den weiterwachsenden Tumoren kann eine
Korrelation mit der applizierten Dosis erkannt werden.
Abb. 6.5: Über das jeweilige Eingangstumorvolumen V0 aufgetragenes Ergebnis der Wachstumsverzögerungen. Die Tumor- und Bestrahlungsart sind farblich zugeordnet. Die kontrollierten Tumore
sind separat eingezeichnet. Weder bei den kontrollierten noch bei den weiterwachsenden Tumoren kann
eine Korrelation mit dem Eingangsvolumen erkannt werden.
Insgesamt ist die Statistik mit je 6 Mäusen pro Tumor- und Bestrahlungsart jedoch zu
gering, um signifikante Ergebnisse zu erhalten oder die Beobachtungen genauer zu
bewerten.
71
Kapitel 7 Ausblick
7 Ausblick
Das Konzept des Bestrahlungsaufbaus erwies sich als voll funktionstüchtig. Zur
Bestrahlung von subkutanen Tumoren in Nacktmäusen wurden in der durchgeführten
Strahlzeit 23 Tumorbestrahlungen erfolgreich durchgeführt, davon 12 im kontinuierlichen
Modus und 11 im gepulsten Modus.
Durch das Konzept der Dosisverifizierung wurde die Tiefendosisverteilung aller
Bestrahlungen mit einer statistischen Genauigkeit von 3 % rekonstruiert. Die applizierte
Dosis beider Bestrahlungsarten unterscheidet sich signifikant um 10 %, wobei die Ursache
für ca. 4,5 % der Abweichung bekannt sind.
Bei der Untersuchung des Tumorwachstums konnte bei einem der zwei Tumorstämme
(FaDu) erfolgreich die Wachstumsverzögerung ermittelt werden, wobei sich kein
signifikanter
Unterschied
zwischen
den
Wachstumsverzögerungen
der
beiden
Bestrahlungsarten ergab.
Für weitere Experimente sind methodische Verbesserungen notwendig. Die Ansatzpunkte
für
Verbesserungen
auf
physikalisch/technischer
Seite
sind:
Minimierung
des
Dosisunterschied zwischen gepulster und kontinuierlicher Bestrahlung und Verbesserung
der Experimentsteuerung.
Im Hinblick auf den Dosisunterschied gibt es zwei einfach zu erreichende
Verbesserungsmöglichkeiten.
Die Erste ist die Korrektur des systematischen Fehlers von etwa 1,5 % bei der
Dosisrekonstruktion (vgl. Kap. 4.1.6) durch Umrechnen der Pixelwerte in Dosiswerte und
erst abschließendes Mitteln dieser Werte zu einer mittleren Filmdosis. Die zweite
Möglichkeit ist die Verringerung des Überlappbereichs der kontinuierlichen Großfeldern
der etwa zu einer 2%igen Erhöhung der Dosis führt (vgl. Kap. 3.2) durch paralleles
Ausrichten der Experimentschlitze. Falls sich dies als zu schwierig erweisen sollte, müsste
der Effekt zumindest bei der Berechnung der Soll-Fluenzen berücksichtigt werden. Die
fehlerhafte Bestrahlung der Maus B-10-02 führte zu einem weiteren Prozent Abweichung
und beruht auf einem menschlichen Fehler.
Somit bleiben noch 5,5 % Dosisunterschied unverstanden, die entweder aus Unterschätzen
der
gepulst applizierten Dosis durch den Gafchromic Film oder Überschätzen des
gepulsten Stroms durch die Strommessung folgt. Es gibt keine Hinweise für erst genanntes,
so dass die Strahlstrommessung als mögliche Fehlerquelle verbleibt. Durch die kurzen,
7 Ausblick
72
aber sehr hohen Strompulse könnten die Messelektronik des verwendeten Geräts
übersteuern und das Resultat verfälschen. Diesen Effekt experimentell durch generieren
eines bekannten Stroms nachzuvollziehen gestaltet sich als schwierig und war im Rahmen
dieser Arbeit nicht möglich. Denn das Zeitverhältnis zwischen Stromfluss und kein
Stromfluss beträgt etwa 104. So muss, um den Strom auf 1 % genau zu kennen, die
Nulllinie des generierten Stroms bekannt sein. Dies konnte nicht verwirklicht werden. Bei
einem anderen Konzept zur Strahlstrommessung wird nicht der elektrische Strom direkt
gemessen, sondern die elektrische Ladung für eine bestimmte Zeit gesammelt und
anschließend diese Ladung gemessen. Der Vorteil besteht darin, dass der Vorgang der
Ladungsmessung in beiden Strahlmodi identisch ist, und somit mögliche Fehlerquellen
reduziert werden. Da eine Neukonzeption jedoch aufwendig ist, sollte auch eine
Kalibrierung der Cupstrommessung gegen eine auf dieser Methode beruhenden
Cupstrommessung genügen. Ein möglicher Partner wäre dabei die Dresdner Gruppe von
Oncoray, die eine solche Messmethode verwendet [40] und schon an verschiedenen
Beschleunigern getestet hat [43], und mit der schon eine Kollaboration bestand.
Um in weiteren Experimenten einen größeren Durchsatz zu erreichen, muss die
Experimentsteuerung verbessert werden. Das Ziel sollte dabei sein, die Abschwächerrad-,
Strahl- und Mikroskoptischsteuerung in einer Programmoberfläche zu vereinigen und so
eine weitere Automatisierung der Bestrahlung zu ermöglichen. Durch die Entlastung der
Experimentatoren durch Verringerung der vier bisher einzeln zu bedienenden
Programmoberflächen auf eine, können menschliche Fehler vermieden werden.
Das Hauptproblem dieses Versuchs ist die geringe statistische Aussagekraft der
Wachstumsdaten. Die große biologische Streuung verhindert eine signifikante Aussage.
Um
auf
Grundlage
des
Ergebnisses
der
Fadu-Tumore
für
einen
Wachstumsverzögerungsunterschied von 5 Tagen ein signifikantes Ergebnis zu erhalten,
müsste die Anzahl der bestrahlten Mäuse auf 120 gesteigert werden. Geringere
Unterschiede können wegen des Aufwands nicht verwirklicht werden.
Die Dosis von 20 Gy erwies sich als zu groß. Denn es wurden ca. 80 % der XF354-Tumore
und ca. 20 % der FaDu-Tumore kontrolliert, die damit für die Bestimmung der
Wachstumsverzögerung verloren gingen. Deswegen muss die Dosis von 20 Gy überdacht
werden.
Gleichfalls ist nicht bekannt, welchen Effekt die Dosis auf die Wachstumsverzögerung hat.
Hierzu wird gegenwärtig ein TCD50-Versuch für FaDu-Tumore am Klinikum rechts der
73
Isar
Kapitel 7 Ausblick
mit
Röntgenstrahlung
durchgeführt,
um
die
Dosis
mit
50%iger
Heilungswahrscheinlichkeit, die in Dresden ermittelt wurde, zu überprüfen und eine
Dosiseffektkurve für die Wachstumsverzögerung zu ermitteln.
Größte Aussagekraft bezüglich der Eignung lasergetriebener Ionenstrahlen für die
Tumortherapie würde ein TCD50-Experiment mit gepulstem und kontinuierlichem
Protonenstrahl liefern. Denn dieser behandelt den für einen Patienten relevanten Endpunkt
der Tumorkontrolle. Die Zahl der zu bestrahlenden Tumore würde dafür etwa 120 Mäuse
betragen.
Die Ergebnisse der durchgeführten Tumorbestrahlung mit gepulsten und kontinuierlichen
Protonenstrahlen am Mausmodell liefert derzeit keinen Hinweis auf gravierende Effekte,
die gegen die Verwendung laserbeschleunigte Ionen in der Tumortherapie sprechen. Doch
muss berücksichtigt werden, dass die Ergebnisse aufgrund der begrenzten Anzahl der
Mäuse in der ersten Versuchsreihe wenig signifikant sind.
8 Literaturverzeichnis
74
8 Literaturverzeichnis
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cells by laser-accelerated proton beams. New Journal of Physics. 2010, 12
77
Danksagung
Danksagung
Zu Beginn möchte ich mich bei Herrn Professor Reiner Krücken für die Vernetzung mit
der SNAKE-Gruppe und die freundliche Aufnahme am Lehrstuhl E12 zur Durchführung
dieser Arbeit bedanken.
Gleichfalls bedanke ich mich bei Herrn Professor Günther Dollinger für die Betreuung
dieser Arbeit und für das immer offene Ohr.
Besonders möchte ich mich bei Christoph Greubel bedanken, der mir stets mit Rat und Tat
zur Seite stand. Sein Engagement und sein Blick fürs Detail haben mich sehr beeindruckt.
Ebenso muss ich mich bei dem zweiten „alten“ Hasen der BioSNAKEler, Volker Hable,
bedanken, ohne den auf der Windowsseite der Gruppe nichts laufen würde und mir bei den
diversen Computerproblemen stets sofort half. Die Zusammenarbeit mit euch beiden
wurde auch stets von Witz und Blödelei gewürzt, sodass auch Strahlzeiten, die über eine
Woche andauerten, immer wieder aufgelockert wurden um danach konzentriert
weiterzuarbeiten.
Nicht zu vergessen sind die Beteiligten seitens der Biologie, Dr. Olga Zlobinskaya, Dr.
Thomas E. Schmid und Dörte Michalski, die mit den anfallenden Arbeiten eines solchen
Projekts eine große Last zu stemmen hatten, aber immer weitergeholfen haben, wenn es
Probleme gab. Vielen Dank an euch.
Ein herzliches Dankeschön gilt auch Sabine Reinhardt von der LMU, die mit ihren
Vorbereitungen für die Dosisrekonstrution einen großen Beitrag dazu geleistet hat, dass
dieses Projekt schnell und erfolgreich durchgeführt werden konnte, und die sich von
meinen diversen Nachfragen nicht aus der Ruhe bringen ließ.
Herzlichen Dank auch an die Gruppe um Professor Jan J. Wilkens für die Planung und
Optimierung der Tiefendosisverteilung.
Danke an Dr. Guanghua Du und Laura Tonelli für die Unterstützung während der
Strahlzeit.
Vielen Dank an die Mitarbeiter unserer Werkstatt, Herrn Wieczorek und Herrn Engel, für
die Unterstützung beim Bau des Maus-Setups.
Ebenso
danke
ich
allen
wissenschaftlichen
und
technischen
Mitarbeitern
am
Tandembeschleuniger für das angenehme und in den Kaffeepausen immer wieder
unterhaltsame Arbeitsklima.
Danksagung
78
Ganz besonderer Dank gilt meiner Familie, die mich stets unterstützt hat. Es ist schön und
hilfreich eine intakte Familie zu haben, die speziell in turbulenten Zeiten zusammenhält.
Danke!
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