Eastern European Outlook Economic Research – Oktober 2014 Allmähliche Erholung trotz des Russland-Ukraine-Konflikts Thema: Die Eurasische Wirtschaftsunion (EAWU) Inhalt Auf einen Blick 5 Die Weltwirtschaft 6 Estland 7 Lettland 9 Litauen 11 Polen 13 Russland 15 Ukraine 19 Thema: Die Ukraine durchkreuzt Russlands Pläne für eine Eurasische Wirtschaftsunion 21 Wirtschaftsdaten und -prognosen 23 Eastern European Outlook – Oktober 2014 | 3 SEB Economic Research Die Publikation Eastern European Outlook erscheint zweimal pro Jahr. Dieser Report wurde am 8. Oktober 2014 fertiggestellt. Die Analysen stammen von Mikael Johansson (Chefredakteur), Andreas Johnson, Dainis Gaspuitis, Ruta Arumäe und Vilija Tauraite. Robert Bergqvist Chief Economist + 46 8 506 230 16 Elisabet Kopelman Head of Economic Research + 46 8 506 230 17 Håkan Frisén Head of Economic Forecasting Schweden + 46 8 763 80 67 Daniel Bergvall Economist Eurozone, Finnland +46 8 763 85 94 Mattias Bruér Economist USA, Japan, Großbritannien + 46 8 763 85 06 Ann Enshagen Lavebrink Editorial Assistant + 46 8 763 80 77 Mikael Johansson Economist Head of CEE Research, Baltikum, Polen + 46 8 763 80 93 Andreas Johnson Economist China, Indien, Ukraine, Russland +46 8 763 80 32 Ruta Arumäe SEB Tallin Estland + 372 6655173 Dainis Gaspuitis SEB Riga Lettland + 371 67779994 Vilija Tauraite SEB Vilnius Litauen + 370 52682521 SEB Economic Research, K-A3, SE-106 40 Stockholm Verantwortlich für die deutsche Ausgabe: Thomas Köbel, Merchant Banking Frankfurt/Main Siehe auch Disclaimer auf Seite 25 4 | Eastern European Outlook – Oktober 2014 Auf einen Blick IIn Polen/Mitteleuropa und den baltischen Staaten setzt sich die allmähliche Erholung der Wirtschaft 2015/2016 trotz des Russland-UkraineKonflikts fort; Russlands Wirtschaft stagniert dieses Jahr und in der Ukraine bricht das BIP ein. Polen, Lettland und Litauen verzeichnen ein mäßiges Wachstum. In Estland, das auch unter der Stagnation in Finnland leidet, bleibt es schwach. Kurzfristig wird das Wachstum auch von einer vorübergehenden Flaute in Deutschland und der Eurozone gedämpft. Wir erwarten für das 2. Halbjahr 2014 ein Nullwachstum in der Eurozone, das teilweise auf die Unsicherheit im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise zurückgeht. Der steigende Privatkonsum und der 2015 wieder einsetzende Aufschwung in Deutschland/der Eurozone gleichen die verlorengegangenen Ausfuhren nach Russland und in die Ukraine sowie aufgrund geopolitischer Sorgen rückläufige Investitionsausgaben aus. Die Privathaushalte profitieren von weiterhin guten Realeinkommen (insbesondere im Baltikum) und niedrigen Zinsen – beides vor allem dank der weiterhin sehr niedrigen Inflation. Die direkten Handelsbeziehungen der einzelnen mittel- und osteuropäischen Länder mit den Konfliktparteien sind zudem vergleichsweise schwach, außer im Fall der baltischen Länder und einiger anderer früherer Sowjetrepubliken. Wir erwarten, dass der Russland-Ukraine-Konflikt lange anhält. Unsere Wachstumsprognose unterstellt, dass der Konflikt nicht militärisch eskaliert, dass es keine ernsthaften Störungen der russischen Energielieferungen an Europa gibt und die Handelssanktionen zwischen dem Westen und Russland nicht weiter verschärft werden. Unserer Einschätzung nach werden die aktuellen Sanktionen, die unserer Ansicht nach keine allzu großen direkten Auswirkungen haben, den größten Teil des Jahres 2015 aufrecht erhalten. Nachfolgend unsere BIP-Prognosen für die sechs im Eastern European Outlook betrachteten Länder. Insgesamt liegen die Einschätzungen der SEB für 2015 unter den allgemeinen Annahmen. D as BIP Russlands wächst 2014 um 0,4 %, sinkt 2015 um 0,2 % und wächst 2016 um 1,0 %. Schwache Investitionstätigkeit, geringerer Zuwachs der Realeinkommen der Privathaushalte und 2015 deutlich niedrigere Ölpreise belasten die Wirtschaft. Der Rubel verliert weiter an Wert, was die hohe Inflation langsamer sinken lässt. Der Rückhalt Präsident Putins in der Bevölkerung ist im Zuge des UkraineKonflikts gewachsen. Wir erwarten jedoch, dass er mit der Zeit wieder zurückgeht. D ie Ukraine steckt in einer tiefen Rezession und die lokale Wirtschaft wird lange Zeit brauchen, um sich wieder zu erholen, trotz einer umfangreichen Währungsabwertung, die ihre Exportaussichten verbessert. Das BIP geht in diesem Jahr um 8 % zurück; 2015 liegt das Wachstum bei null und kehrt erst 2016 mit schwachen 2 % zurück. Die Inflation ist hoch, die Bankenbranche unter Druck. Umfangreiche Finanzhilfen von Seiten der EU und des IWF könnten nötig sein. Die Entwicklung im Land geht hin zu einer stärkeren Föderalisierung; trotz des Assoziierungsabkommens mit der EU ist die Anbindung der Ukraine an den Westen noch keine Selbstverständlichkeit. P olen weist relativ geringfügige Ungleichgewichte auf und zeigt sich wenig anfällig für die Auswirkungen des Russland-Ukraine-Konflikts. Die Flaute in Deutschland in diesem Jahr ist ein wichtiger Grund für die vorübergehende Abschwächung der polnischen Wirtschaft in diesem Herbst. Umfangreiche EU-Mittel und neue Leitzinssenkungen kurbeln die Inlandsnachfrage bald an. Das Thema Euro könnte von der Politik 2015-2016 aufgegriffen werden. Das BIP legt 2014 um 2,7 % zu, 2015 um 3,0 % sowie 2016 um 3,5 %. D ie stark exportabhängige Wirtschaft Estlands leidet nicht nur unter der Wachstumsschwäche Russlands sondern auch unter der schleppenden wirtschaftlichen Entwicklung Finnlands und unter schwacher Investitionstätigkeit. Estlands Wirtschaftsleistung wächst 2014 und 2015 um glanzlose 1,2 %; erst 2016 nähert sich das Wachstum wieder 3 %. L ettland weist seit zwei Jahren die höchste Wachstumsrate aller EU-Länder auf; sein BIP steigert sich 2015 um 2,7 % und 2016 um 3,4 %; in diesem Jahr werden es nur 2,5 % sein. Hauptmotor bleibt der inländische Konsum. Die Koalitionsregierung wurde kürzlich wiedergewählt; wir erwarten keine nennenswerten politischen Richtungswechsel. L itauen geht einer breiten Erholung der Inlandsnachfrage entgegen: die Bautätigkeit und die Immobilienmärkte beginnen sich zu beleben, später als in den anderen baltischen Ländern. Das BIP steigt 2014 um 2,7 %, 2015 um 3,2 % sowie 2016 um 4 %. Die wichtige Energiebranche gewinnt Ende 2014 an Sicherheit, wenn das neue litauische Gasterminal eröffnet wird, das die 100 %ige Abhängigkeit des Landes vom russischen Gas radikal reduziert. Ein gesonderter Themenartikel in dieser Ausgabe befasst sich mit Russlands Bestrebungen, mit einer Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) ein Gegengewicht zur Europäischen Union aufzubauen. Die EAWU startet 2015 geschwächt mit nur drei Mitgliedsländern: Russland, Weißrussland und Kasachstan. Die Ukraine, ein großer potenzieller Mitgliedstaat, schloss kürzlich ein Assoziierungsabkommen mit der EU, was dem russischen EAWU-Vorhaben einen Schlag versetzt. Eastern European Outlook – Oktober 2014 | 5 Die Weltwirtschaft Erholung setzt sich fort, aber größere Risiken nach unten Weltweiter Aufschwung unter US-Führung Vorübergehende Stagnation in der Eurozone Mitteleuropa trotzt der Ukraine-Krise Die Erholung der Weltwirtschaft steht auf tönernen Füßen. Die USKonjunktur zieht nach einer vor allem vom Wetter verursachten Flaute Anfang 2014 nun auf breiter Front an. Chinas Wirtschaftswachstum hat sich trotz der Schwäche des Immobilienmarktes nahe am amtlichen Wachstumsziel stabilisiert. Japans Wachstumsmotor kommt nach der Mehrwertsteuererhöhung des vergangenen Frühjahrs nur stotternd in Gang. Westeuropa bietet ein uneinheitliches Bild: die Wachstumsdynamik der britischen Wirtschaft hält an, während in der Eurozone negative Signale überwiegen. Das BIP der Eurozone stagnierte im 2. Quartal. Seit dem Frühjahr sind die Stimmungsindikatoren für die Industrie und die Privathaushalte gesunken, haben sich jedoch jüngst stabilisiert. Der Einkaufsmanagerindex für die verarbeitende Industrie lag im September an der Wachstumsschwelle von 50 – in Italien und Spanien etwas darüber, in Frankreich darunter. Die Unsicherheit im Zusammenhang mit der UkraineKrise sowie Bilanzbereinigungen in krisengeschüttelten Ländern sind zwei Gründe für die nachlassende Zuversicht. Wir rechnen für das 2. Halbjahr weiterhin mit null Wachstum in der Eurozone. 2015 geht es mit der üblichen zeitlichen Verzögerung, getrieben vom Aufschwung in den USA, dem schwächeren Euro und geldpolitischen Maßnahmen langsam wieder aufwärts. Eine wichtige Annahme ist, dass der deutsche Wirtschaftsmotor weiterhin ordentlich läuft. Die Konjunkturdelle der letzten sechs Monate hängt mit der verarbeitenden Industrie und den Ausfuhren zusammen. Die Einzelhandelsumsätze sind weiter gestiegen. Die geringen wirtschaftlichen Ungleichgewichte und der rekordverdächtig starke Arbeitsmarkt in Deutschland legen nahe, dass die Flaute nur von kurzer Dauer ist. In den nächsten zwei Jahren bleibt das Wachstum der Weltwirtschaft uneinheitlich, wird aber schrittweise kräftiger; die Wachstumslücke zwischen den USA und der Eurozone schrumpft erst 2016. Der Aufschwung wird von einer zunehmend robusten US-Konjunktur und einer weiterhin sehr lockeren Geldpolitik in den OECD-Ländern angekurbelt, die nach dem vorausgegangenen Sparkurs fiskalpolitisch nun einen neutraleren Kurs einschlagen. Das Wachstum der Schwellenländer beschleunigt sich etwas und leistet einen positiven Beitrag. Das weltweite Wirtschaftswachstum steigert sich von 3,4 % 2014 etwa auf Trendniveau: 3,8 % im Jahr 2015 und 3,9 % 2016. Die Inflation bleibt aufgrund umfangreicher ungenutzter Kapazitäten und dem jüngsten Abwärtsdruck auf Rohstoff- und Lebensmittelpreise niedrig. Der Preis der Erdölsorte Brent sinkt 2015 auf durchschnittlich USD 85/Barrel, teilweise infolge der sogenannten „Schieferöl-Revolution“. Die EZB leitet Anfang 2015 eine neue QE-Phase (Quantitative Easing) ein und lässt ihren Leitzins unverändert. Die 6 | Eastern European Outlook – Oktober 2014 Federal Reserve der USA beginnt Mitte 2015 mit schrittweisen Zinserhöhungen. Der USD wertet gegenüber dem Euro weiter auf, im nächsten Jahr steht der EUR zum USD bei 1,20. Seit dem Frühjahr haben die Risiken unserer BIP-Prognose nach unten zugenommen. Dies liegt an größeren geopolitischen Sorgen wie der Ukraine, dem Vormarsch des Islamischen Staats in Irak und Syrien und den Ereignissen in Libyen sowie an der Schwäche der Eurozone. Wie in der Märzausgabe des Eastern European Outlook prognostiziert hat der Russland-Ukraine-Konflikt die Stimmungsbarometer in ganz Europa gedrückt. Wenn dieser Konflikt nicht militärisch eskaliert und nicht zu breit angelegten Handelssanktionen oder ernsthaften Unterbrechungen der russischen Gaslieferungen nach Europa kommt, dürfte die negative Wirkung auf die Stimmung bald nachlassen. Wir bleiben bei unserer im Frühjahr geäußerten Einschätzung, dass der Konflikt sich nur geringfügig negativ auf das weltweite Wachstum auswirkt. Die direkten Handelsbeziehungen zwischen Russland und den einzelnen Ländern sind außer im Fall des Baltikums, Finnlands und einiger benachbarter früherer Sowjetrepubliken schwach ausgeprägt, doch wir gehen davon aus, dass die Investitionsneigung nicht nur in unmittelbarer Nachbarschaft der Krise, sondern in ganz Europa nachlässt. Eckdaten der Weltwirtschaft BIP, Veränderung zum Vorjahr in % 2013 2014 USA 2,2 2,3 Eurozone -0,4 0,7 Weltwirtschaft 3,3 3,4 Öl USD/Barrel 108,7 105,0 EUR/USD, Dez 1,38 1,24 2015 3,4 0,9 3,9 85,0 1,20 2016 3,1 1,5 4,0 90,0 1,20 Quelle: SEB Wir unterstellen, dass die Wirkung der Sanktionen begrenzt bleibt, und gehen weiterhin davon aus, dass die allmähliche Erholung, die im 2. Halbjahr 2013 vor allem in Mitteleuropa einsetzte, sich über die nächsten zwei Jahre fortsetzt. Im 2. Halbjahr 2014 erwarten wir eine vorübergehende Delle. Die Erholung fällt mäßig aus. Der zunehmende private Konsum und der Konjunkturaufschwung in Deutschland und Westeuropa gleichen die ausgefallenen Exporte nach Russland und die rückläufigen Investitionen in den Ländern nahe des Konfliktherds aus. Die großen mitteleuropäischen Länder exportieren vergleichsweise wenig nach Russland. In Polen, der Slowakei, der Tschechischen Republik und Ungarn fiel das Wachstum im 2. Quartal im Jahresvergleich robust aus und lag in etwa gleichauf mit dem 1. Quartal. Der private Konsum bleibt ein wichtiger Wachstumsmotor. Die Haushalte profitieren von guten Zuwächsen der Realeinkommen, die den stabileren Arbeitsmärkten und anhaltend niedriger Inflation zu verdanken sind. Dies macht weiterhin niedrige Zinsen wahrscheinlich, was die Kreditnachfrage der Privathaushalte steigert und zu mehr Konsum beiträgt. Estland Zögerliches Wachstum – nur teilweise geopolitisch bedingt Exporte und Investitionen schwächeln Konsumgetriebenes Wachstum Vorübergehende Deflation Estlands Wirtschaft hat an Schwung verloren; seit über einem Jahr liegt die Wachstumsrate nur knapp über null. Im 2. Quartal verbesserte sich das BIP im Jahresvergleich zwar um 2,4 %, was allerdings kein Indiz für ein anhaltend stabileres Wachstum ist, denn dahinter stehen im Wesentlichen rückläufige Einfuhren infolge schwacher Investitionstätigkeit. Obschon der Export ebenfalls schwächelte, war das Nettoexportergebnis positiv, denn die Importe brachen noch stärker ein. Auf Jahresbasis legte das BIP zwar in einigen Quartalen um ca. 2 % zu, aber die Struktur dieses Wachstums ist eher Ausdruck der Schwäche als der Stärke der Wirtschaft. Die Quartalszuwächse des BIP sind daher kaum von Dauer. BIP-Wachstum und Außenhandel langfristig schwach Veränderung zum Vorjahr in % 2014 erwarten wir einen Anstieg des BIP von 1,2 %, 2015 von 1,3 % und 2016 von2,8 %; dann steht das Wachstum auch auf einer stabileren Basis. Auch 2015 ist der relativ konstant anziehende private Konsum Motor der wirtschaftlichen Entwicklung. Nach einem leichten Einbruch 2013 legt er in diesem Jahr wieder etwas zu. Offenbar halten die Verbraucher die aktuelle leichte Deflation für vorübergehend, denn sonst würden sie sich stärker zurückhalten und auf weiter sinkende Preise hoffen. Wir gehen davon aus, dass die Deflation im 3. Quartal 2014 den Tiefpunkt überschreitet und Basiseffekte für eine Rückkehr der Inflation im 4. Quartal sorgen. Die Erhöhung der Verbrauchssteuern zum Jahresbeginn 2015 treibt die Teuerung an, andererseits halten die globalen Rohstoffpreise die Inflation auf relativ niedrigem Niveau. Sinkende Verbraucherpreise bremsen das Lohnwachstum und schwaches Wirtschaftswachstum könnte zu einer Lohndeflation führen. Starkes Wachstum der Reallöhne und Gehälter Veränderung zum Vorjahr in % zurück und die Reallöhne sind im Jahresvergleich um stattliche 5 % gestiegen; beides wirkte sich auf den Konsum sehr positiv aus. Allerdings ändert sich dies in Zukunft geringfügig. Die Nominallöhne steigen nicht mehr so rasch an und die Inflation kehrt zurück; dadurch geraten die Reallöhne etwas mehr unter Druck. Darüber hinaus pendelt sich die Beschäftigungsquote ein oder geht zurück, da die Unternehmen versuchen, steigenden Löhnen und schwachem Wirtschaftswachstum durch Produktivitätsverbesserungen zu begegnen. Da die Zahl der Erwerbstätigen weiter zurückgeht und die Arbeitslosigkeit unter ihr Gleichgewichtsniveau von ca. 8 % gesunken ist, spricht jedoch einiges dafür, dass die Löhne weiter steigen. Das Schrumpfen der Erwerbsbevölkerung führt dazu, dass Arbeitslosigkeit und Beschäftigung in einer seltenen Kombination gleichermaßen zurückgehen. Obwohl die estnische Wirtschaft vor allem von der Binnennachfrage getrieben wird, hat sich der Außenbeitrag nicht verschlechtert. Im 2. Quartal war sogar ein Leistungsbilanzüberschuss im Umfang von 0,9 % des BIP zu verzeichnen. Der Zuwachs des Konsums fiel in diesem Zeitraum relativ bescheiden aus, während gleichzeitig die Investitionen stagnierten. Das schwache BIP-Wachstum ergibt sich aus der Entwicklung der Ausfuhren und Investitionen. Die Exporte – insbeson- Gleichzeitiger Rückgang der Arbeitslosigkeit und der Beschäftigung Mehrere Faktoren stützen den privaten Konsum, darunter der Arbeitsmarkt: Die Arbeitslosenquote ging im 2. Quartal auf 6,9 % Eastern European Outlook – Oktober 2014 | 7 Estland dere die seit einem Jahr rückläufigen Warenausfuhren – sind nach wie vor die Schwachstelle der estnischen Wirtschaft. Die geringe Nachfrage, vor allem aus Finnland und Russland, steht einer Erholung des Exports im Wege. Moskaus Einfuhrbeschränkungen für Nahrungsmittel aus Ländern, die Russland wegen seines Vorgehens in der Ukraine mit Sanktionen belegten, schmälern die Nachfrage aus Russland und Umgebung. Da Estlands Handelsbeziehungen zu Russland nicht sehr ausgeprägt sind, bleiben die Folgen – zumindest anfangs – gering. Die negativen Auswirkungen auf die estnischen Exporte halten sich im Rahmen, anders sieht es jedoch im Transportsektor aus. Seit April 2014 gingen die Ausfuhren Estlands nach Russland insgesamt um ca. 20 % zurück; solche Schwankungen sind im Handel mit Russland allerdings nicht unüblich. Trotz der sinkenden Ausfuhren nach Russland und Litauen hat sich das Exportaufkommen Estlands kaum verändert; seit vier Jahren liegen die Zuwachsraten bei ca. null. Auch 2015 dürfte die Auslandsnachfrage kaum anziehen. Positiv dürfte sich hingegen der erwartete Rückgang des realen effektiven Wechselkurses auswirken. Hier dürften sowohl die niedrige Inflation wie auch der nominal sinkende Eurokurs den Exporten zugutekommen. Zwar wies die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung für das 1. Halbjahr 2014 einen realen Anstieg der Kapitalausgaben aus; die Unternehmensinvestitionen verzeichnen allerdings einen Rückgang. Die Investitionen der öffentlichen Hand sind weiter rückläufig und erholen sich vermutlich erst 2016. Die Investitionstätigkeit der Unternehmen dürfte erst 2015 wieder allmählich zunehmen. Die Investitionen in Maschinenanlagen lagen zuletzt sogar unter denen des besonders anfälligen Bausektors. Die schwachen Wachstumsaussichten und der sinkende Zustrom ausländischer Mittel hemmen die Investitionsbereitschaft der Unternehmen. Andererseits gibt es bei der Kreditvergabe an Unternehmen wieder etwas mehr Spielraum. Die Bauproduktion ging im 1. Halbjahr 2014 zurück, wenn auch nur geringfügig. Mehr Wohnungsbau gleicht die sinkende Zahl an Infrastrukturprojekten aus. Anfang 2014 lag die Zahl der fertiggestellten Neubauten wieder etwas über dem niedrigen Niveau der letzten Jahre. Die Zahl der Baugenehmigungen stieg im 2. Quartal steil an, ein Hinweis auf eine anhaltende Erholung des Wohnungsbaus. Der erstarkende Wohnungsbau bewirkte im Jahresvergleich zudem einen um 15 % geringeren Preisanstieg für Wohnraum; dieser Trend dürfte sich vorerst fortsetzen. Das Wachstum tendiert in allen Wirtschaftssektoren generell gegen null. Allerdings geht es einigen Branchen etwas besser als anderen; dementsprechend könnten sich die Unterschiede bei den Wachstumsraten erneut ausweiten. In einer vom Binnenkonsum getriebenen Wirtschaft profitieren vor allem der Einzelhandel und die Dienstleistungsbranche. Transport- und Landwirtschaft und der Bausektor haben hingegen mit Problemen zu kämpfen. Stimmungsindikatoren bestätigen dieses Auseinanderdriften. Die Aussichten für die Bau- und Transportwirtschaft sind eindeutig negativ, beim Einzelhandel und der verarbeitenden Industrie hingegen recht stabil. Bei der Kreditvergabe bessert sich die Lage langsam. Das Gesamtvolumen ausstehender Kredite an Privatpersonen liegt um 2,2 % über dem Niveau des Vorjahres; Unternehmen erhielten im Vergleich zum Vorjahresstand 5 % mehr Kredite. Bei einem nominalen 8 | Eastern European Outlook – Oktober 2014 Unterschiedliche Stimmung in den einzelnen Wirtschaftsbereichen absolute Veränderung Wirtschaftswachstum von 4,4 % im 2. Quartal ist dieses Kreditwachstum ausgeglichen. Die im März 2014 gebildete neue Regierung aus Reformpartei und Sozialdemokratischer Partei ist nach wie vor beliebt, allerdings sind ihre Popularitätswerte in den letzten Monaten leicht rückläufig. Schwerpunkt des Programms der Koalitionsregierung ist die weitere Erhöhung der Sozialausgaben im nächsten Jahr und die Senkung des Einkommensteuersatzes Anfang 2015. Die Finanzpolitik stützt also auch weiterhin den privaten Konsum. Dank des Konsumwachstums, das besser verlief als die Wirtschaft insgesamt, und des unverändert starken Arbeitsmarkts war das Steueraufkommen gut, so dass die Aussicht auf weitere Ausgabensteigerungen besteht. Mitte 2014 war der Staatshaushalt ausgeglichen, und die Regierung musste keine neuen Schulden aufnehmen. Am rechten Flügel formieren sich gerade zwei neue Parteien, deren Ziel die Teilnahme an der Parlamentswahl 2015 ist. Da beide aus bestehenden Rechtsparteien entstanden sind und sich von diesen kaum unterscheiden, wird ihnen bei der nächsten Wahl wohl wenig Erfolg beschieden sein. Lettland Geopolitik belastet Wachstum Regierung setzt Förderungsmaßnahmen um Unternehmen suchen Exportalternativen Inlandskonsum hält Schritt Die lettische Wirtschaft ist in den letzten zwei Jahren innerhalb der EU am schnellsten gewachsen. Seit dem 3. Quartal 2013 verlangsamt sich das Tempo allmählich, von damals 4,6 % auf bescheidene 2,5 % im 1. Halbjahr 2014. Der Rückgang hängt vor allem mit dem Russland-Ukraine-Konflikt zusammen. Der Bausektor legt weiterhin kräftig zu, und auch der Einzelhandel entwickelt sich stabil. Überraschend ist die Stagnation im Dienstleistungssektor. Auch hier könnte der Ukraine-Konflikt ausschlaggebend sein. BIP-Wachstum und Beitrag zum Wachstum Veränderung zum Vorjahr in %, Prozentpunkte In den kommenden Monaten bläst vermutlich ebenfalls ein kräftiger Gegenwind. Abgesehen von den Spannungen zwischen Russland und dem Westen lässt der Aufschwung der Eurozone zu wünschen übrig. Die Exporte legen nur schwach zu. Die Verbraucher spielen in diesem fragilen Umfeld eine stabilisierende Rolle. Das Verbrauchervertrauen ist auf einem historischen Höchststand und erweist sich auch angesichts der Krise in der Ukraine als ziemlich robust. Der private Konsum bleibt stabil. Die Unternehmer sind weiterhin äußerst vorsichtig, die ohnehin schwache Investitionstätigkeit geht daher weiter zurück. Wir erwarten, dass die Regierung die Mobilisierung von EU-Mitteln beschleunigt. Dies ist ein Schwerpunkt der gerade wiedergewählten Regierung. 18 % der lettischen Exporte gingen 2013 nach Russland. Die lettische Wirtschaft spürt zwar die russischen Sanktionen und den dortigen Konjunktureinbruch, aber insgesamt wird das Wachstum nicht zum Stillstand kommen. Wir erwarten 2014 ein BIP-Wachstum von 2,5 %, 2015 von 2,7 % und 2016 von 3,4 %. Die direkten Auswirkungen der Sanktionen halten sich in Grenzen, während indirekte Folgen in vielen Branchen spürbar sind. Zwar machen die Nahrungsmittelausfuhren nach Russland schätzungsweise nur 0,8 % der lettischen Gesamtexporte aus, doch die indirekten Folgen der russischen Einfuhrbeschränkungen sind nicht zu vernachlässigen, z. B. der Rückgang der Milchexporte nach Litauen, der Rückgang in den Bereichen Transport und Logistik sowie wachsende Unsicherheit bei anderen in Russland aktiven Branchen. Es gibt aber auch Lichtblicke. So scheint abzusehen, dass den lettischen Milcherzeugern in naher Zukunft der Durchbruch auf dem chinesischen Markt gelingt. Damit könnten sie Marktverluste ausgleichen und der gesamten lettischen Landwirtschaft ganz neue Möglichkeiten eröffnen. Der Transportsektor konnte sich bisher gut behaupten. Trotz der potenziellen Risiken stieg zwischen Januar und August 2014 das Frachtaufkommen in den lettischen Häfen im Vergleich zum gleichen Zeitraum 2013 um 3,9 %. Bei wichtigen Frachttransportbranchen sahen die Zahlen ähnlich aus. Der Konjunktureinbruch der russischen Wirtschaft betrifft vor allem die Straßenfracht. Sinkende Exporte nach Russland in EUR, Veränderung zum Vorjahr in % Die Unternehmen brauchen für die Anpassung an diese neuen Bedingungen Zeit und staatliche Hilfe. Das lettische Gesamtexportvolumen ist relativ gering. Alternative Märkte sollten somit leicht zu finden sein. Am stärksten betroffen wäre wohl die Rentabilität der Unternehmen. Möglicherweise werden in Anbetracht der in Russland spürbaren Auswirkungen Ausnahmen eingeräumt, so dass bestimmte Firmen trotz Sanktionen weiter dorthin exportieren dürfen. Es ist jedoch auch denkbar, dass sie mit neuen staatlichen Restriktionen rechnen müssen. Die Unternehmen operieren also in den betroffenen Märkten unter unsicheren Rahmenbedingungen. Der Staat räumt den von den russischen Sanktionen betroffenen Unternehmen Steuerbefreiungen ein. Voraussetzung dafür ist, dass die betreffenden Firmen über 10 % ihres gesamten Umsatzvolumens auf dem russischen Markt erzielen. Zudem unterstützt der Staat Unternehmen, die sich um die Erschließung neuer Exportmärkte bemühen, mit 4 Mio. EUR. Dies gilt auch für deren Zulieferfirmen. Zusätzlich gibt es staatliche Kreditbürgschaften für die von den Sanktionen betroffenen Unternehmen. Der Höchstbetrag dafür liegt bei 1 Mio. EUR pro Unternehmen. Eastern European Outlook – Oktober 2014 | 9 Lettland Wir rechnen nicht mit einer expansiveren Finanzpolitik als Reaktion auf die negativen Auswirkungen des Ukraine-Konflikts und die schwächere russische Nachfrage. Angesichts des geringeren Wirtschaftswachstums sind zusätzliche Haushaltsausgaben kaum vertretbar. Die aktuelle geopolitische Lage zwingt Riga zur Aufstockung seines Verteidigungsbudgets. In Anbetracht der ernsten Lage wäre es vernünftig, in den kommenden beiden Jahren Budgetabweichungen gering zu halten. 2014 ging die Industrieproduktion in den ersten sieben Monaten um 1,5 % zurück. Die verarbeitende Industrie legte immerhin um 0,5 % zu, Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden um 5,6 %. Die Lage bleibt angespannt, aber nicht bedrohlich. Wir rechnen mit einer uneinheitlichen Entwicklung der verschiedenen Branchen. Holzverarbeitung, Chemie, Computer, Elektronik und Optikfertigung dürften weiterhin robust wachsen. Auch die Aussichten der Nahrungsmittelindustrie sind längerfristig immer noch gut. Trotz der schwachen russischen Konjunktur und der trüben Exportaussichten stieg das Gesamtexportvolumen Lettlands in den ersten sieben Monaten 2014 um 2,5 %; die Einfuhren gingen um 1 % zurück. Bis Ende Juli legte der Einzelhandelsumsatz um beachtliche 3,8 % zu. Bei niedriger Inflation und dem erwarteten recht ordentlichen Anstieg der Nominallöhne trägt die Entwicklung der Reallöhne auch in Zukunft zu wachsendem Inlandskonsum bei. Dank eines allmählichen Anstiegs des Exports 2015, einer Ausweitung der derzeit schwachen Investitionstätigkeit und eines leicht steigenden Konsums bleibt das lettische Leistungsbilanzdefizit weiterhin überschaubar. Das vorübergehend relativ hohe Defizit von 3,6 % des BIP im 1. Halbjahr 2014 führen wir vor allem auf die schwachen Exporte zurück. Gesamtstaatlicher Haushalt und Staatsverschuldung in % des BIP Die Arbeitslosigkeit ging im 2. Quartal weiter zurück und lag bei durchschnittlich 10,7 %, d. h. 1,2 % unter der Quote des 1. Quartals. Wir erwarten trotz der geringeren Wachstumsaussichten ein weiteres Sinken der Arbeitslosigkeit. Der Rückgang der Arbeitslosigkeit führte in den letzten Jahren zu einem allmählichen Ansteigen der Lohnzuwachsraten. Im 2. Quartal lagen die Bruttolöhne und -gehälter 6,4 % über dem Vorjahresniveau. In der Privatwirtschaft zogen sie etwas rascher an als im öffentlichen Sektor. Allerdings ist der Durchschnittslohn in der Privatwirtschaft niedriger. Die Nettolöhne und -gehälter stiegen sogar um 8,4 %. Die Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitnehmer sanken von 11 % auf 10,5 %; zudem trat dieses Jahr eine Erhöhung des steuerlichen Grundfreibetrags in Kraft. 10 | Eastern European Outlook – Oktober 2014 Wachstum der Löhne und Gehälter nach großen Schwankungen wieder auf relativ starkem Niveau Veränderung zum Vorjahr in % Der Preisdruck bleibt weiter moderat. Im August lag die Inflation im Jahresvergleich bei 0,8 %. Ausschlaggebend für die Inflation sind derzeit die steigenden Preise für Dienstleistungen. Die Warenpreise hingegen verändern sich kaum. Kurzfristig halten niedrigere Nahrungsmittel- und Ölpreise die Inflation in Schach. 2015-2016 dürfte die Inflation allmählich anziehen. Wichtige Faktoren sind der wachsende Lohndruck und der Preis für Haushaltsstrom, der im Januar 2015 erhöht wird. Unsere Inflationsprognose liegt 2014 bei 0,7 % und bei jeweils 2,1 % in den Jahren 2015 und 2016. Am 4. Oktober fanden in Lettland Parlamentswahlen statt. Die Mitte-rechts-Koalition wurde wie erwartet wiedergewählt. Die Regierungsparteien gewannen 58 % der Stimmen und kontrollieren damit 61 der 100 Parlamentssitze. Bei der Wahl von 2011 gewannen sie lediglich 47 Sitze. Ein politischer Kurswechsel ist daher nicht zu erwarten. Die wirtschaftlichen Fundamentaldaten sind solide, ebenso die Staatsfinanzen und der Außenbeitrag; dies trägt auch künftig zur politischen Stabilität bei. Litauen Stabiles Wachstum, geopolitische Sorgen Binnenmarkt fängt Exportprobleme auf Russland-Ukraine-Konflikt drückt auf Stimmung Bessere Energieversorgung greifbar nahe Hohe Reexporte nach Russland Die 10 wichtigsten Absatzmärkte Litauens in % der Gesamtexporte Russland Lettland Polen Im 1. Halbjahr 2014 stand die litauische Wirtschaft recht gut da. Das BIP-Wachstum lag im Jahresvergleich bei sehr stabilen 3,1 %. Die Binnennachfrage treibt das Wachstum an; das gilt für die Investitionen ebenso wie für den privaten Konsum. Derweil schwanken die Ausfuhren; der Export hat deutlich an Schwung verloren. In den nächsten ein bis zwei Jahren hält die Wirtschaft den Herausforderungen von außen stand und entwickelt sich dank zunehmender Investitionen und stärkerer Auslandsnachfrage weiter stabil. Ausfuhren nach Russland werden zwar schwierig, aber die erwartete Erholung der Eurozone kann dies teilweise abfedern. Wir erwarten 2014 ein BIP-Wachstum von 2,7 %, 2015 von 3,2 % und 2016 von 4,0 %. Für Export und Industrie war 2014 bisher ein schwieriges Jahr. Zum einen wirkte sich das sinkende Produktionsvolumen des landesgrößten Exporteurs, der Ölraffinerie Orlen Lietuva, negativ auf Export- und Industriewerte aus. Die Raffinerie bestritt bisher bis zu einem Viertel der gesamten Warenexporte. Nach der Schieferölrevolution in den USA konnte das Unternehmen auf dem europäischen Markt schwer mit den niedrigeren Preisen für amerikanische Ölprodukte mithalten und fuhr seine Produktion daher drastisch zurück. Dieser Druck von außen wird kaum nachlassen und belastet den Export sogar stärker als die russischen Einfuhrbeschränkungen für litauische Nahrungsmittelprodukte. Sollte die von Russland im August 2014 verhängte Einfuhrsperre für Nahrungsmittel über den geplanten Zeitraum Bestand haben, wird dies die Exportzahlen Litauens ein Jahr lang negativ beeinflussen. Innerhalb der EU ist Litauen das Land, das am stärksten von den russischen Sanktionen betroffen ist. Der Anteil litauischer Exporte nach Russland ist hoch (21 % der Gesamtexporte im 1. Halbjahr 2014), und der Anteil sanktionierter Produkte ist einer der höchsten innerhalb der EU. Die Auswirkungen der Sanktionen halten sich jedoch in Grenzen. Das Embargo betrifft lediglich 4 % der litauischen Exporte insgesamt, dank höherer Umsätze in anderen Märkten vielleicht sogar noch weniger. Hinzu kommt, dass es sich bei 87 % der Exporte nach Russland um Wieder ausfuhren handelt; vermutlich ist der Transportsektor stärker betroffen als die Industrie. Die meisten auf dem russischen Markt tätigen Unternehmen waren sich des Risikos bewusst, und viele verfügen über Alternativpläne. Die größten Milcherzeuger, die bisher 15-30 % ihrer Produktion an Russland verkauften, schätzen die Sanktionen nicht als existenzbedrohend ein, gehen allerdings von einem Einbruch ihrer Rentabilität aus. Deutschland Exporte litauischer Herkunft Weißrussland Reexporte Estland Niederlande Großbritannien USA Schweden 0 5 10 15 20 25 Quelle: Statistikamt Litauen, SEB Nahrungsmittel und andere landwirtschaftliche Produkte machen die Hälfte der nach Russland exportierten Produkte litauischer Herkunft aus, und mit Ausnahme von Maschinen und Geräten gibt es kaum noch andere Exportgruppen, die sanktioniert werden könnten. Außerdem soll die Einfuhrsperre nur bis August 2015 gelten; danach ist sogar ein positiver Effekt möglich. 2014-2015 bewirkt das derzeitige Einfuhrverbot für Nahrungsmittel und andere landwirtschaftliche Erzeugnisse eventuell einen Rückgang des litauischen BIP um bis zu 1 %. Eine Drosselung russischer Energieexporte könnte die litauische Wirtschaft weitaus mehr beeinträchtigen als Importverbote. Der Energiesektor entwickelte sich 2014 positiv. Anfang Juli senkte Gazprom den Gaspreis für den größten litauischen Gasversorger im Endverbrauchermarkt und mehrere weitere Unternehmen bis 2016 um über 20 %. Die Heizperiode in diesem Winter wird somit die billigste seit 2007. Zudem eröffnet Litauen im Dezember 2014 sein eigenes LNG-Terminal in Klaipėda. Dies ist ein großer Schritt hin zu einer sicheren, diversifizierten Gasversorgung zu Marktbedingungen (derzeit bezieht Litauen 100 % seines Gasbedarfs von Gazprom). Die Mindestmenge zur Deckung des jährlichen Bedarfs an LNG bezieht Litauen dann von der norwegischen Statoil; zusätzlich schloss Vilnius allgemeine, unverbindliche Rahmenverträge mit sieben LNG-Lieferanten weltweit ab. 2015 wird das Terminal vollständig in Betrieb genommen. Seine Kapazität deckt dann den litauischen Eigenbedarf komplett, und das Land wird darüber hinaus in der Lage sein, am internationalen LNG-Spotmarkt zu handeln. 2015 gehen Stromverbindungen nach Polen und Schweden ans Netz, so dass Litauen Zugang zu neuen Energiemärkten erhält. Derzeit importiert Litauen Strom aus Lettland, Estland, Russland und Weißrussland. Eastern European Outlook – Oktober 2014 | 11 Litauen Im 1. Halbjahr 2014 legte die Binnennachfrage zu, basierend auf soliden wirtschaftlichen Grunddaten sowie guten Zukunftsaussichten. Der private Konsum stieg im Jahresvergleich um 5 %. Dahinter stehen höhere Reallöhne, steigende Beschäftigung, niedrige Inflation und die Zunahme von Überweisungen aus dem Ausland. Anfang 2014 war das Verbrauchervertrauen so hoch wie zuletzt Anfang 2008. Im Sommer verschlechterte es sich aber spürbar, vor allem aufgrund der geopolitischen Unsicherheiten. Die Einzelhandelsumsätze kletterten zwar weiter, aber der Umsatz von langlebigen Gebrauchsgütern verlangsamte sich oder war sogar rückläufig. Vertrauen infolge Ukraine-Krise gesunken, Einzelhandelsumsätze steigen trotzdem Der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine wird auch künftig das Finanzverhalten der privaten Haushalte stark beeinflussen. Dennoch steigen die Reallöhne 2015-2016 um 4-5 %, und auch die Mindestlöhne werden erhöht. Günstigere Heizkosten fördern den Konsum, vor allem in den Haushalten mit den niedrigsten Einkommen. Die Arbeitslosigkeit geht weiter zurück, wenn auch langsamer. Im 2. Quartal 2014 lag sie bei durchschnittlich 11,2 %. Der Arbeitsmarkt steht in zwei Bereichen vor Problemen. Zum einen ist die strukturelle Arbeitslosigkeit nach wie vor ein heikler Punkt. Zum anderen verbreitet sich die Praxis der gezielten Abwerbung von Mitarbeitern sehr rasch, vor allem im Bau-, Transport- und Dienstleistungsgewerbe. Paradoxerweise könnten die russischen Sanktionen den Arbeitskräftemangel im Transportsektor entschärfen. Im 1. Halbjahr 2014 legte der Bausektor am schnellsten zu, und der Wohnimmobilienmarkt kam nach fünf Jahren Stillstand wieder in Bewegung. Im 1. Quartal 2014 wurden im Vergleich zum Vorjahr 44 % mehr Wohnimmobilien verkauft. Als Folge zogen die Preise wieder etwas an. Allerdings war der Aufschwung von kurzer Dauer. Im 2. Quartal wurden nur noch 14 % mehr Wohnimmobilien als im gleichen Zeitraum des Vorjahres verkauft, und im Juli-August ging die Zahl der Abschlüsse im Jahresvergleich um 2 % zurück. Insgesamt fiel der Preisanstieg recht moderat aus. Im August 2014 lagen die Preise für Eigentumswohnungen in den größten Städten um 5 % über dem Tiefstand. Dieser Rückfall in der Erholung des Wohnimmobilienmarkts hat vermutlich mehrere Gründe. Erstens finanzierten die meisten Käufer 2014 den Kauf aus Eigenmitteln und nicht über Hypotheken. Die Lust, einen Kredit aufzunehmen, ist trotz günstiger Kreditkonditionen und sehr niedriger Zinsen nach wie vor wenig ausgeprägt. Zweitens glaubten einige Litauer Anfang 2014, die Einführung des Euro könne die Preise für Wohnimmobilien in die Höhe treiben. 12 | Eastern European Outlook – Oktober 2014 Die in den Medien verbreiteten rationalen Wirtschaftsargumente bremsten jedoch den Enthusiasmus bei den meisten wieder. Auch die geopolitischen Spannungen dämpften die Erwartungen bezüglich des Wohnungsmarkts. Bauunternehmer schlugen einen zurückhaltenden Ton an, vor allem im Vergleich zur Blase 2005-2007, unmittelbar vor der Krise. Wir erwarten 2015-2016 eine allmähliche und moderate Erholung des Wohnimmobilienmarkts. Die Investitionsbereitschaft verbessert sich bisher nur zögerlich, insbesondere aufgrund der anhaltend unsicheren externen Wirtschaftsbedingungen und politischen Lage. Im 1. Halbjahr 2014 stiegen die Anlageinvestitionen zu konstanten Preisen im Jahresvergleich um 12 % und erreichten damit ein Volumen von lediglich zwei Dritteln des Vorkrisenniveaus. Die Kapazitätsauslastung in der verarbeitenden Industrie hingegen stieg auf ein Rekordhoch von 76 %. Der derzeit schwache Zuwachs der Investitionen und die hohe Ressourcenauslastung lassen eine moderate Wiederbelebung der Investitionstätigkeit in den kommenden beiden Jahren erwarten. Die Inflation ist sehr niedrig; die HVPI-Rate lag im August 2014 im Jahresvergleich bei nur 0,4 %. Es bleibt auch in den kommenden beiden Jahren bei geringen Preissteigerungen. Aufgrund sinkender internationaler Rohstoffpreise, niedrigerer Gas- und Heizkosten und des großen Angebots an Nahrungsmittelprodukten infolge der von Russland verhängten Einfuhrsperre bleibt der Kostendruck vor allem kurzfristig schwach. Wie es in anderen Ländern auch der Fall war, wird erwartet, dass Preisaufrundungen nach der Einführung des Euro im Januar 2015 einen Anstieg von 0,2-0,3 % bewirken. Insgesamt liegt die durchschnittliche HVPI-Inflation 2014 bei 0,1 %, 2015 bei 0,7 % und 2016 bei 1,0 %. Der Aufwärtstrend in den Jahren 2015-2016 erklärt sich vor allem aus einem allmählich entstehenden Nachfragesog. Die bevorstehende Einführung des Euro wirkt sich bereits positiv auf die Kreditkosten und die Bonität des Landes aus. Auch die Einstellung der Allgemeinheit gegenüber dem Euro ist in den letzten Jahren etwas freundlicher geworden. Laut der Eurobarometer-Erhebung im September 2014 sind 47 % der Litauer für die Euroeinführung; im April 2013 waren es nur 41 %. Die Zahl der Eurogegner ging von 55 % auf 49 % zurück. Polen Kurze Wachstumsflaute wegen Instabilität im nahen Umfeld Grund ist der Wachstumsrückgang in Deutschland und Russland Lage für Inlandsnachfrage günstig Unsicherheit und Deflation führen zu Zinssenkung Polen weist im 2. Halbjahr 2014 eine leichte Wachstumsdelle auf. Grund ist ein kurzzeitiger Rückgang der Nachfrage aus Deutschland, die Abschwächung des Wachstums in Russland und ein kurzfristiger Rückgang der Investitionstätigkeit aufgrund der erhöhten Unsicherheit in der Region wegen des Russland-Ukraine-Konflikts. Anfang 2015 zieht das Wachstum jedoch wieder schrittweise an, gestützt von der Erholung der Konjunktur in Deutschland und in Westeuropa insgesamt; dann werden die Stimmungsbarometer wieder steigen. Auch zusätzliche geldpolitische Stimuli in diesem Herbst tragen zur Stärkung der Inlandsnachfrage bei. Dank vergleichsweise geringer wirtschaftlicher Ungleichgewichte ist Polen weiterhin gut für eine solide Erholung in den nächsten zwei Jahren aufgestellt. Wachstumstreiber sind der steigende private Konsum und öffentliche wie private Investitionen, während die Ausfuhren unter der anhaltenden Wirtschaftsschwäche in Russland und der Ukraine leiden. In diesem Jahr wächst das BIP um 2,7 %, 2015 um 3,0 % sowie 2016 um 3,5 %; unsere Prognosen liegen unter den allgemeinen Erwartungen. Wachstum bis zum 2. Quartal dieses Jahres BIP, Veränderung zum Vorjahr in % Polen war das einzige EU-Land, das in der letzten weltweiten Krise – sowohl in der von den USA als auch in der europäisch geprägten Phase 2010-2013 – einer Rezession entging. Auch dieses Jahr begann ordentlich. Das BIP-Wachstum zum Vorquartal betrug im 2. Quartal unverändert 3,3 % im Jahresvergleich. Allerdings waren Anzeichen einer bevorstehenden Abschwächung erkennbar. Der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung zufolge halbierte sich das Wachstum im Quartalsvergleich im 2. Quartal auf 0,6 %. Hauptgrund waren die geringeren Nettoausfuhren. Die amtlichen Monatsstatistiken zeigen, dass die Ausfuhren sowie die Einzelhandelsumsätze im Juni und Juli spürbar zurückgingen. Auch die absakkenden Stimmungsindikatoren deuten für das 2. Halbjahr auf sinkendes Wachstum. So ist beispielsweise der Einkaufsmanagerindex (EMI) für die verarbeitende Industrie nach einem vorigen kräftigen Anstieg von seinem 38-Monats-Hoch von 55,9 im Februar 2014 auf ein 15-Monats-Tief von 49,0 im August gefallen – unter die Wachstum anzeigende Schwelle von 50. Im September stieg er minimal auf 49,5. Hinter dem niedrigeren EMI steckt vor allem die schwächere Auslandsnachfrage. Die Verbraucherstimmung trübte sich weniger ein; im September erholte sie sich und machte den Rückgang wieder wett. Des Weiteren ist erwähnenswert, dass das Stimmungsbarometer für die Baubranche den monatlichen Erhebungen der Europäischen Kommission zufolge stetig stieg (wenn auch in geringem Umfang); gleiches gilt für die Stimmung der Gesamtindustrie. Der Index für die verarbeitende Industrie ist vermutlich deswegen gesunken, weil sich die internationale Konjunktur auf diese stärker auswirkt. Deutschland und andere westeuropäische Länder weisen ein ähnliches Muster sinkender EMIs auf. Wir folgern, dass vor allem die Flaute in Deutschland, aber auch in Russland auf Polen übergesprungen ist; rund 25 % der Ausfuhren gehen nach Deutschland, davon ein großer Anteil an Kunden in der verarbeitenden Industrie, und 5 % nach Russland. Die Aussichten für einen Anstieg der Inlandsnachfrage sind günstig. Der private Konsum wird von dem anhaltend kräftigen Zuwachs der Realeinkommen der Haushalte angekurbelt. Aufgrund der prognostizierten geringeren Teuerung steigern wir unsere Prognose für die Reallohnzuwächse für 2014/2015 von 2 % in unserer Märzausgabe auf ca. 3 % jährlich. Die Zahl der Arbeitsplätze steigt seit Ende 2013, wenn auch in bescheidenem Umfang. Die in Polen vergleichsweise hohe Arbeitslosigkeit von rund 10 % wird leicht zurückgehen. In unserem Szenario mäßigen Wachstums verbessert sich der Arbeitsmarkt allmählich. Die Zinsen bleiben niedrig. Der erwartete leichte Anstieg der Inflation 2015 und weltweit leicht anziehende Zinsen deuten auf eine geringe Zunahme der kurzfristigen Zinsen und der langfristigen Renditen in den nächsten 1-2 Jahren. Dies regt die Kreditnachfrage an; in den letzten Jahren war diese vor allem wegen der vergleichsweise restriktiven Kreditkonditionen für Privathaushalte und Unternehmen verhalten. Das polnische Bankensystem erwies sich in der internationalen Krise als durchaus robust, wurde aber vom Schuldenabbau bei den westeuropäischen Mutterhäusern beeinträchtigt, die die Branche hier bestimmen. Dank der nachlassenden Eurozonenkrise haben sich die Kreditkonditionen in den letzten Jahren schrittweise gelockert. Diese Entwicklung fand auf breiter Front statt, doch wie aus der jüngsten Erhebung der Zentralbank unter den Geschäftsbanken hervorgeht, wurden die Bedingungen für Eigenheimkredite in den letzten Quartalen wieder restriktiver. Die Nachfrage nach Krediten nahm in vielen Bereichen zu, insbesondere bei Verbrau- Eastern European Outlook – Oktober 2014 | 13 Polen cherkrediten. Die besseren Aussichten für die polnische Wirtschaft sind mit Abstand der häufigste Grund, den die Banken für die anhaltende Lockerung ihrer Kreditkonditionen nennen. Dies zeigt, dass sie die Krise der Eurozone nicht mehr als Hindernis ansehen. Wie erwartet sind die Investitionsausgaben 2014 angestiegen, nachdem sie zwei Jahre lang rückläufig waren. Im Jahresvergleich legten sie im 1. Quartal um vergleichweise kräftige 10,7 % und im 2. Quartal um 8,4 % zu. Bislang lassen sich kaum mehr als nur minimale negative Auswirkungen der Ukrainekrise erkennen, doch wir erwarten zumindest im 2. Halbjahr eine gewisse Abschwächung der Investitionstätigkeit. Derweil legen verschiedene Faktoren für die nächsten zwei Jahre ein gutes Investitionsklima sowohl in der Privatwirtschaft als auch seitens der öffentlichen Hand nahe. Die Investitionsquote ist relativ schwach, die Kapazitätsauslastung in der Industrie hoch und die Zinsen sind niedrig. Außerdem sind Polen im EU-Haushalt 2014-2020 neue Strukturfondsmittel zugewiesen; Polen ist größter Empfänger. Nominal erhält es eine höhere Summe (EUR 105,8 Mrd) als 2007-2013, obwohl die EU ihren Gesamthaushalt gestrafft hat. Die Inflation hat seit Mitte 2012, als sie bei über 4 % im Jahresvergleich lag, erheblich nachgelassen. Seit Oktober 2013 beträgt sie weniger als 1 % und fiel im vergangenen Sommer unter null. Auch die Herstellerpreise sind gesunken; im EMI des Monats August sank der Preisindex für Fertigwaren im 21. Monat in Folge. Unsere BIPPrognose unterstellt, dass Polen im nächsten Jahr sein Potenzialwachstum von rund 3 % erreicht, die Teuerungsrate jedoch nur langsam anzieht und im Schnitt 2015 bei 1,3 % sowie 2016 bei 2,0 % liegt. Die Entgeltzuwächse beschleunigen sich moderat. In Verbindung mit größerer ökonomischer Aktivität und Basiseffekten lässt dies die Inflation steigen. Allerdings schließt sich die Outputlücke wegen weiterhin freier Kapazitäten am Arbeitsmarkt erst 2016. Wir gehen von einer leichten Aufwertung des Zloty aus, die einen Anstieg der Einfuhrpreise verhindert. Auch weltweit bleibt die Preisinflation schwach; wir erwarten für das nächste Jahr rückläufige Ölpreise, und bei anderen Rohstoffen dämpft die mäßige weltweite Nachfrage den Preisanstieg. Kurzfristig drücken die niedrigeren Obst- und Gemüsepreise in Folge des russischen Einfuhrverbots die Teuerungsrate. Während die Inflation stark zurückging, senkte die polnische Nationalbank ihren Leitzins drastisch: von 4,75 % im November 2012 auf rekordverdächtig niedrige 2,50 % im Sommer 2013. Das Protokoll der jüngsten geldpolitischen Sitzung am 3. September, bei der der Leitzins unverändert blieb, lässt deutlich eine akkommodierende Haltung erkennen. Auch lässt sich die spürbar gewachsene Sorge um das – teilweise durch die Ukraine-Krise bedingte – schwächere Wachstum in Polen und der Eurozone und die viel zu niedrige Inflation herauslesen. Wir rechnen in diesem Herbst mit zwei Zinssenkungen um 25 Basispunkte auf 2,00 %; die erste dürfte auf der Sitzung am 8. Oktober beschlossen werden. Eine Senkung um 50 Basispunkte ist nicht auszuschließen. Wir unterstellen, dass die Inflation 2015 weiterhin erheblich unter dem Ziel von 2,50 % liegt, so dass erst 2016 ein geldpolitischer Richtungswechsel und eine erste Zinserhöhung anstehen. Die volkswirtschaftlichen Fundamentaldaten Polens sind weiterhin relativ solide. Das Leistungsbilanzdefizit sank aus konjunkturellen und strukturellen Gründen von 5,0 % des BIP 2011 auf 1,3 % im vergangenen Jahr. Ein Hinweis auf strukturelle Ursachen ist, 14 | Eastern European Outlook – Oktober 2014 Rascher Inflationsrückgang und Leitzinsen in %, Veränderung zum Vorjahr in % dass der Marktanteil der Ausfuhren mehrere Jahre lang ordentlich ausgebaut wurde. Wir rechnen in den nächsten zwei Jahren mit geringfügigen Leistungsbilanzdefiziten (1 bis 2 % des BIP). Die Staatsverschuldung erreichte im letzten Jahr bei 57 % des BIP ihren Höchststand und dürfte ab diesem Jahr bei rund 50 % liegen: unterhalb des Maastricht-Kriteriums von 60 %. Der umfangreiche Rückgang der Verschuldung Polens in diesem Jahr ist fast vollständig auf die Übertragung eines großen Anteils der Vermögen privater Pensionsfonds auf den Staat zurückzuführen. Weitere jährliche Zuweisungen werden folgen. Der staatliche Haushalt wechselte von einem Defizit von 4,3 % des BIP im letzten Jahr zu einem Überschuss von rund 5 % in diesem Jahr, wiederum vor allem wegen des „PensionsDeals“. Doch im September dieses Jahres traten neue EU-Regeln für die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung in Kraft (das ESVG 2010 ersetzte das ESVG 95), nach denen solche Übertragungen nicht mehr möglich sind. Somit wird Polen 2015 wieder ein Haushaltsdefizit ausweisen. Unterstützt durch Konsolidierungsmaßnahmen dürfte das Defizit schließlich rund 3 % des BIP ausmachen, die Maastricht-Obergrenze für EU-Mitgliedstaaten. Die Mitte-Rechts-Koalition unter Führung der Bürgerplattform hatte während des letzten Jahres mit sinkendem Rückhalt in der Bevölkerung zu kämpfen. Zu den Ursachen zählen u.a. die vorausgegangenen Sparmaßnahmen, Spannungen in der Partei über bestimmte Themen und „Waitergate“ (ein Skandal um Minister, deren Gespräche bei Restaurantbesuchen aufgezeichnet wurden). Wir gehen jedoch davon aus, dass die Regierung – seit der Wahl 2011 in ihrer zweiten Amtszeit – bis zur Wahl im Herbst 2015 hält. Wahrscheinlich profitiert sie von einer allmählichen Besserung der wirtschaftlichen Lage. Der Wechsel an der Regierungsspitze – Ewa Kopacz ersetzte Donald Tusk, der Präsident des Europäischen Rates wurde – wird nichts an der Ausrichtung der Regierungspolitik ändern. Ewa Kopacz, frühere Gesundheitsministerin und Parlamentspräsidentin, gilt bei politischen Beobachtern generell als dem Parteifreund Tusk politisch nahestehend. Das Thema Euro könnte während unseres Prognosezeitraums durchaus aufgegriffen werden, denn Kopacz gilt als Euro-Befürworterin. Seit einiger Zeit sind wir der Ansicht, dass die Regierung die Wirtschaft darauf vorbereitet, sich für die Eurozone zu qualifizieren, ohne sich jedoch auf einen Zeitplan für den Beitritt festzulegen. Russland Längere Stagnation Ukraine-Konflikt verschärft strukturelle Schwächen Energiesektor unter Druck Große Unterstützung in der Öffentlichkeit für Putin, aber langfristig wachsendes politisches Risiko Der Ukraine-Konflikt und die drastisch gestiegenen Spannungen mit dem Westen fügen der strukturell schwachen Wirtschaft Russlands erheblichen Schaden zu. Nach der Annexion der Krim durch Moskau und dem Inkrafttreten der ersten vom Westen verhängten Sanktionen gegen Russland kam es zu enormen Kapitalabflüssen. In der Folge sank die Bereitschaft in- und ausländischer Unternehmen in Russland zu investieren noch weiter, was den Abwärtstrend zusätzlich verschärfte. Börse und Währung wurden hart getroffen. Die Abwertung des Rubel trieb die Inflation in die Höhe und zwang die Zentralbank zu einer härteren zinspolitischen Gangart. Zugleich stiegen die Risikoaufschläge für langfristige Anleihen, was die Wirtschaftsleistung weiter schmälerte. Im Mai und Juni sah es zeitweilig nach militärischer und diplomatischer Entspannung aus, doch der Abschuss einer malaysischen Passagiermaschine Mitte Juli ließ die Lage wieder eskalieren. Ende August, als Russland begann, die separatistischen Kräfte in der Ostukraine zunehmend offener zu unterstützen, verschärfte sich der Konflikt noch weiter. Der Kapitalabfluss beschleunigte sich, der Rubel und die Börse schwächten weiter ab und der Westen sah sich veranlasst, Moskau mit schärferen Sanktionen zu belegen. Nach der am 5. September vereinbarten – fragilen – Waffenruhe sind die harten Kämpfe vom Sommer jedoch etwas abgeflaut. Russlands Wirtschaft schwächelte schon seit längerem, der UkraineKonflikt hat die Lage noch verschärft. Trotz schwachen Wachstums ist die Inflation hoch und der Arbeitsmarkt stark (die Arbeitslosen- Abschwung zieht sich hin quote fiel unter 5 %): ein deutliches Zeichen, dass der Abschwung strukturelle Ursachen und keine konjunkturellen hat. Der Abschwung ist vor allem das Ergebnis mangelnder Investitionstätigkeit. Der Grund für die Investitionszurückhaltung ist in den wohlbekannten strukturellen Problemen zu suchen: schlechtes Geschäftsklima, exzessive Einflussnahme der Regierung auf die Wirtschaft, ungünstige demografische Entwicklung und starke Abhängigkeit von Energieausfuhren. Es herrscht dringender Reformbedarf. Einige Reformschritte wurden bereits gesetzt (z. B. das neue Haushaltsgesetz und die Festlegung eines Inflationsziels durch die Zentralbank), doch weitere müssen folgen wenn die im Vergleich zu anderen Schwellenländern niedrige Investitionsquote steigen soll. Leider deutet sich jedoch ein Nachlassen der Reformbemühungen an. Das BIP-Wachstum hat sich seit letztem Jahr verringert. Im ersten Halbjahr 2014 nahm die Wirtschaftsleistung im Jahresvergleich nur um 0,8 % zu, im Gesamtjahr 2013 waren es noch 1,3 %. Wirtschaftsindikatoren wie die Stimmungsbarometer für Einkaufsmanager und Verbraucher sind so niedrig wie nie und deuten eher auf Stagnation denn auf Erholung hin. Das ohnehin schlechte Wirtschaftsklima hat sich weiter eingetrübt. Die Wirtschaftssanktionen des Westens verursachen große Unsicherheit und senken die Investitionsbereitschaft der Unternehmen noch weiter. Im August gingen die Investitionen im Jahresvergleich auf 3 % zurück. Die geringe Investitionsneigung findet ihren Widerhall in der holprigen Entwicklung der Industrieproduktion. Der Export schwächelt, dürfte aber von der Abwertung des Rubel etwas profitieren. Derweil ist der Ölpreis in den letzten Monaten gefallen und dürfte im kommenden Jahr noch weiter sinken. In den letzten Jahren erwies sich der private Konsum als wichtigster Wachstumstreiber, doch auch er schwächt sich jetzt ab. Der Einzelhandel meldet seit einigen Monaten deutlich rückläufige Umsätze und Zuwachsraten unter denen von 2013. Der Hauptgrund sind geringere Reallohnsteigerungen. Geringere Zuwachsraten im Einzelhandel Veränderung zum Vorjahr in % BIP, Quartalswerte, Veränderung zum Vorjahr in % Eastern European Outlook – Oktober 2014 | 15 Russland Der Westen verhängte Sanktionen, die er mehrfach verschärfte. Die Sanktionen der EU haben mittlerweile die höchste Stufe (Stufe 3) des Aktionsplans erreicht. Zunächst richteten sich die Maßnahmen nur gegen einzelne Personen (Einreiseverbote und Einfrieren von Konten) und Unternehmen. Die verschärften Sanktionen sollen nun in größerem Umfang den Finanz-, Energie- und Verteidigungssektor treffen. Konkret wird ausgewählten Banken und Unternehmen der Zugang zum europäischen und US-amerikanischen Kapitalmarkt verwehrt und die technologische Zusammenarbeit von EU und USA mit großen russischen Ölfirmen ist auf Eis gelegt. Die Sanktionen sind eindeutig so angelegt, dass russische Energielieferungen nach Europa nicht tangiert sind. Trotz dieser Eskalation sind die direkten Auswirkungen der Sanktionen auf das Wirtschaftswachstum bislang relativ überschaubar, wenngleich einzelne Unternehmen sie schmerzhaft spüren werden. Die stärkste Wirkung ist eine indirekte: die Sanktionen erhöhen die Unsicherheit in Bezug auf die künftigen Entwicklungen in Russland und nähren Spekulationen über mögliche weitere Verschärfungen. Darüber hinaus bremsen sie die ohnehin schwache Investitionsbereitschaft und tragen so zur weiteren Abschwächung des Wachstums bei. Wir gehen davon aus, dass die aktuellen Sanktionen, einschließlich der von Russland verhängten Einfuhrsperre für Nahrungsmittel, 2015 in Kraft bleiben, aber nicht weiter verschärft werden. Ferner erwarten wir keine wesentlichen Einschränkungen der russischen Energielieferungen nach Europa. Beide Seiten haben kein Interesse an einem ausgedehnten Handelskrieg, denn der Aufschwung in der Eurozone ist noch nicht gefestigt und Russlands Wirtschaft sehr schwach. Solange der Ukraine-Konflikt nicht eskaliert und die Sanktionen nicht weiter verschärft werden, bricht das Wachstum in Russland u. E. nicht ein. Denkbar ist ein Rückgang der Investitionen 2015; der schwache Rubel und die stärkere Auslandsnachfrage könnten die Wirtschaft dank der sich daraus ergebenden höheren Nettoausfuhren in gewissem Umfang stützen. Wir prognostizieren ein BIP-Wachstum von 0,4 % 2014 und 0,2 % 2015. 2016 sehen wir Potenzial für eine zaghafte Erholung und erwarten daher ein BIP-Wachstum von 1 %. Unsere Einschätzung liegt unter der allgemeinen Erwartung. Wenn der Westen seine Sanktionen aufhebt, sehen wir Chancen für ein rascheres Wachstum. Nach seiner Abwertung 2013 verlor der Rubel weiter an Wert. Seit Jahresbeginn büßte er gegenüber dem USD 20 % ein und ist derzeit die schwächste Währung aller Schwellenländer. In jüngerer Zeit schwächte er noch weiter ab; die geopolitischen Ereignisse, sinkende Ölpreise und die Zurückhaltung der Zentralbank drückten ihn auf ein Rekordtief. Rubel auf Talfahrt Realer effektiver Wechselkurs (re.) Trotz des Wertverlusts ist der reale effektive Wechselkurs des Rubel nach wie vor höher als vor fünf oder sechs Jahren; dies schadet der Wettbewerbsfähigkeit Russlands. Wir halten den Rubel immer noch für überbewertet und gehen davon aus, dass er weiter abwertet. Langfristig betrachtet sind die Verschlechterung der Leistungsbilanz, schwache Wachstumsaussichten und Kapitalflucht als Ursache für den Verfall des Rubel erkennbar. Wir sehen den Kurs des Rubel zum USD Ende 2014 bei 40,2 und Ende 2015 bei 43,0; Ende 2016 liegt er bei 40,0. Die Inflation stieg von 6 % Anfang 2014 auf 8,1 % im September. Dies ist großenteils auf die Abwertung des Rubel und die daraus folgende Verteuerung der Importgüter zurückzuführen. Der Preisanstieg für Nahrungsmittel infolge der von Moskau verhängten Einfuhrsperre treibt die Inflation ebenfalls in die Höhe. Die Zentralbank sah sich gezwungen, ihr Inflationsziel anzupassen. Wir glauben nicht, dass das mittelfristige Inflationsziel von 4 % während unseres Prognosezeitraums erreichbar ist. Der Verfall des Rubel und die Einfuhrsperre für Nahrungsmittel veranlassen uns, unsere Inflationsprognose gegenüber dem Frühjahr anzuheben. Wir erwarten nun für 2014 eine Inflation von 7,4 %. 2015 verringert sich die Teuerungsrate auf 6,5 % und 2016 auf 5,5 %. Rubel-Abwertung treibt Inflation in die Höhe Veränderung zum Vorjahr in % Die Zentralbank bereitet weiterhin die Freigabe der Wechselkurse und die Festlegung von Inflationszielen 2015 vor, allerdings in einem sehr schwierigen Umfeld mit steigender Inflation, rückläufigen Wachstumsraten und unruhigen Finanzmärkten. Seit Februar 2014 hat sie den Leitzins um 250 Basispunkte angehoben, auf derzeit 8 %. Ein gewichtiger Grund für diesen Schritt ist der Versuch, den Kapitalabfluss einzudämmen. Allein im 1. Halbjahr 2014 flossen ca. 75 Mrd. USD aus dem Land heraus; im Gesamtjahr 2013 waren es 60 Mrd. USD. Im 2. Quartal verlangsamte sich der Kapitalabzug etwas, doch im 3. Quartal beschleunigte er anscheinend wieder. Dank der vorhandenen enormen Währungsreserven und der niedrigen Schulden der Zentralregierung droht Russland dennoch keine akute Leistungsbilanzkrise. Mit der Erhöhung des Leitzinses soll auch der Abschwächung des Rubel und der daraus resultierenden Verteuerung der Importe begegnet werden. Die Vorgehensweise der Zentralbank zeigt ihre Absicht, die Inflation einzudämmen und ihren Verlautbarungen sind keine Pläne zu entnehmen, die Wirtschaft mithilfe einer lockereren Geldpolitik anzukurbeln. Wir glauben, dass der Leitzins bis zum Jahresende auf seinem jetzigen Stand von 8 % bleibt. 2015 wird er um weitere 50 Basispunkte erhöht. Gegen Ende 2015 dürfte eine vorsichtige Lockerung der Geldpolitik einsetzen. Russlands Bankensystem ist stabil; angesichts der aktuellen, allgemeinen Unruhe an den Finanzmärkten ist dies von großem Vor- 16 | Eastern European Outlook – Oktober 2014 Russland teil. Die Banken verfügen über ausreichend Kapital und der Anteil fauler Kredite in ihren Bilanzen ist mit ca. 6% relativ niedrig. Der rasante Anstieg der Verbraucherkredite – eines der größten systemischen Risiken – hat sich entschleunigt und der kurzfristige Refinanzierungsbedarf der Banken ist nicht besonders groß. Zudem hat die Zentralbank ihre Finanzaufsicht verschärft. Dennoch schafft der Wachstumsrückgang in Verbindung mit den Folgen der Sanktionen und höheren Zinsen Probleme. Die Sanktionen des Westens gegen einige ausgewählte russische Banken machen es diesen praktisch unmöglich, Geld im Ausland aufzunehmen; dementsprechend knapp wird Liquidität in USD, was zur Abwertung des Rubel beiträgt. Außerdem besteht eindeutig Reformbedarf. Der Markt wird von einer Handvoll staatseigener Banken beherrscht und dem System mangelt es an Tiefe – bezogen auf das BIP ist das Kreditvolumen gering; zudem tut es sich im Allgemeinen schwer, Spareinlagen in produktive Investments zu kanalisieren. Niedrigere Ölpreise bringen den Energiesektor unter Druck sich 2016 auf 1,0 % erhöhen. Dank seiner hohen Währungsreserven kann Russland die Verschlechterung seiner Leistungsbilanz jedoch verkraften, ohne in eine akute Krise abzugleiten. Niedrigere Ölpreise bringen den Energiesektor, der bereits seit einiger Zeit mit großen Problemen kämpft, unter Druck. Die Gesamtproduktion an Öl und Gas stagniert. Viele Gas- und Ölfelder in Russland sind alt und die dortigen Fördermengen sinken. Wie in allen anderen Branchen wurde auch hier viel zu wenig investiert. Hinzu kommen weitere Probleme: Bei der sogenannten „Schiefergasrevolution“ hinkt Russland hinterher und der Sektor ist in der Hand weniger großer, staatseigener Betriebe (in erster Linie Gazprom und Rosneft), die wenig geeignet sind, den Bedarf an Investitionen und neuen Technologien zu decken. Deshalb hat Russland die Kooperation mit ausländischen Energieunternehmen gesucht. Stagnierende Fördermengen bei Öl und Gas Jahreswerte Nach einem Höchststand von 115 USD/Barrel im Juni sind die Ölpreise unter 100 USD/Barrel gefallen. Wir schätzen, dass der Ölpreis (Rohöl der Sorte Brent) aufs Jahr hochgerechnet 2014 bei 105 USD/ Barrel liegt. Die SEB hat ihre Ölpreisprognose für 2015 drastisch gesenkt: Wir erwarten 2015 einen Preis von 85 USD/Barrel und 2016 von 90 USD/Barrel. Ein Preis von 100 USD/Barrel ist vor allem deswegen nicht zu halten, weil die Nachfrage aus Europa und China sinkt. Zudem fördern die USA immer mehr Schieferöl, was ebenfalls dazu beiträgt, den Ölpreis zu drücken. Fallende Ölpreise sind schlecht für die nach wie vor stark vom Öl abhängige russische Volkswirtschaft. Um aus der Abhängigkeit von Energieexporten herauszukommen wäre eine Diversifizierung dringend nötig, doch ernsthafte Bemühungen in diese Richtung sind derzeit nicht erkennbar. Öl macht ca. 60 % der russischen Ausfuhren und über die Hälfte der Haushaltseinnahmen aus. Schwankungen des Ölpreises haben gravierende Auswirkungen, insbesondere auf den Export und die Steuereinnahmen. Derzeit benötigt Russland einen Ölpreis von ca. 105 USD/Barrel, um einen ausgeglichen Staatshaushalt vorweisen zu können; 2007 reichten dafür 40 USD/Barrel. Unser Eindruck ist, dass sich die Regierung mit dem rapiden Anstieg der Ausgaben des föderalen Haushalts in den letzten Jahren ernsthaft auseinandersetzt und daher keine Lockerung ihrer Fiskalpolitik plant, solange das Wachstum nicht deutlich heftiger zurückgeht als von uns prognostiziert. Russlands Ölpreisprognose für 2015 liegt deutlich über der Einschätzung der SEB: 100 USD/Barrel gegenüber 85 USD/Barrel. Bestätigt sich unsere Annahme, halten wir es für noch unwahrscheinlicher, dass die russische Regierung ihre Fiskalpolitik in Reaktion auf einen weiteren Wachstumsrückgang lockert. Die Abschwächung des Rubel hat haushaltstechnisch einen positiven Effekt, denn er erhöht die Öleinnahmen des Staates in Landeswährung. Allerdings reicht er nicht aus, um den Rückgang der Wirtschaftsleistung völlig auszugleichen. Wir gehen davon aus, dass der föderale Haushalt in diesem Jahr ausgeglichen ist. 2015 erwarten wir ein Haushaltsdefizit im Umfang von 1 % des BIP, das sich 2016 auf 1,5 % erhöht. Zudem dürften niedrigere Ölpreise die erwartete Umkehr der Leistungsbilanz ins Negative beschleunigen. Wir glauben, dass die Leistungsbilanz 2014 einen Überschuss von nur noch 0,5 % des BIP aufweist und 2015 ein Defizit von 0,5 %; letzteres dürfte Neben stagnierenden Fördermengen kämpft die Energiebranche auch mit sinkender Nachfrage. Die zunehmenden Spannungen mit Moskau veranlassen den Westen, sich nach Alternativen umzusehen, die seine Abhängigkeit von russischem Erdgas verringern. U. a. strebt er eine Erhöhung der Bezugsmengen aus anderen Ländern an. Die Ukraine bemüht sich ebenfalls, der langfristigen Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen zu entkommen und hat eine Vereinbarung mit Royal Dutch Shell über die Erschließung von Schiefergasvorkommen geschlossen; diese Maßnahmen brauchen jedoch Zeit, so dass die EU ebenso wie die Ukraine vorerst weiterhin auf russisches Gas angewiesen sind. Der Westen hat es vermieden, seine Sanktionen auf den russischen Gassektor und russische Gaslieferungen auszudehnen. Westlichen Firmen wurde jedoch untersagt, der russischen Ölindustrie Technologie und Dienstleistungen zu liefern. Kurzfristig hat diese Sperre kaum Auswirkungen, langfristig kann sie jedoch erhebliche Probleme verursachen. Einige solcher Fälle gibt es schon jetzt. So ist beispielsweise die US-amerikanische Ölfirma Exxon dabei, sich aus der geplanten Zusammenarbeit mit Rosneft zur Erschließung von Ölfeldern in der Arktis zurückzuziehen. Ohne Möglichkeit der Kooperation mit ausländischen Unternehmen im Bereich Technologie und Finanzierung wird es die russische Energiebranche ungleich schwerer haben, den Abbau von Schieferölvorkommen und die Erschließung neuer Ölfelder in unzugänglicheren Regionen wie der Arktis voranzutreiben. Eine Neuorientierung nach Osten in Richtung China bietet keine einfache Lösung, denn China ist bei der Fracking-Technologie ebenfalls im Rückstand und kämpft mit ähnlichen Schwierigkeiten wie Russland. Zudem können weder China noch der Rest von Asien Eastern European Outlook – Oktober 2014 | 17 Russland die europäische Nachfrage nach Gas in absehbarer Zeit ersetzen. Daran ändert die Tatsache nichts, dass Gazprom mit dem chinesischen Energieunternehmen CNPC im Mai ein Lieferabkommen für russisches Gas mit einer Laufzeit von 30 Jahren unterzeichnet hat. Der wirtschaftliche Nutzen dieses Abkommens für Russland bleibt begrenzt, denn die jährlichen Liefermengen sind relativ gering und der vereinbarte Preis liegt deutlich unter demjenigen, den europäische Abnehmer an Gazprom zahlen. Das Abkommen hat daher vor allem symbolischen Wert, doch es zeigt klar die Absicht Russlands, in Asien neue Absatzmärkte zu erschließen. sehr beunruhigt. Der Westen reagierte vor allem mit Sanktionen, die schrittweise verschärft wurden, und in gewissem Umfang auch mit der Erhöhung seiner militärischen Bereitschaft. Dies scheint Moskau jedoch nicht sonderlich zu beeindrucken. Präsident Wladimir Putin ist offenbar bereit, im Interesse seiner sicherheitspolitischen Ziele einen hohen wirtschaftlichen Preis und diplomatische Isolation in Kauf zu nehmen. Insgesamt ist schwer ersichtlich, wie es Russland gelingen könnte, seine Gas- und Ölproduktion zu steigern. Am wahrscheinlichsten dürfte sein, dass die Fördermengen in den nächsten zwei bis drei Jahren gleich bleiben und dann allmählich sinken. Schwache Wachstumsperspektiven des Energiesektors dürften das BIPWachstum langfristig behindern. Der Ukraine-Konflikt hat Präsident Putins Popularität enorm gesteigert. Breite Teile der Bevölkerung heißen die Annexion der Krim gut und die überwiegende Mehrheit der Russen unterstützt seine Haltung im Ukraine-Konflikt. Die vom Westen verhängten Sanktionen treffen den Mann auf der Straße kaum, doch die von Moskau selbst verhängte Einfuhrsperre für Nahrungsmittel wird auch dort spürbar sein, denn einige importierte Güter werden aus den Ladenregalen verschwinden und die Inflation könnte infolge des Embargos steigen. Die Sanktionen und die gestiegene Spannung scheinen indes die Bevölkerung gegen den Westen aufzubringen und Putin zusätzlich zu stärken, zumindest kurzfristig. In Umfragen liegen Putins Popularitätswerte bei 80-90 %, deutlich höher als vor der Ukraine-Krise; damals lagen sie stabil bei ca. 60 %. Besorgniserregende Verhärtung der Außenpolitik Im Zuge des Ukraine-Konflikts wurde deutlich, welche Ziele Moskau verfolgt. Wie wir bereits früher vermuteten, will Moskau die Ukraine stärker in seinen Einflussbereich ziehen und eine engere Anbindung Kiews an den Westen verhindern. Als letztes Frühjahr Präsident Viktor Janukowitsch durch eine westlich orientierte Regierung abgelöst wurde, verlor Russland einen Großteil seines Einflusses auf die Ukraine. Wir glauben, dass Russland eine Föderalisierung der Ukraine erzwingen will, um sich auf diese Weise mehr Einfluss auf deren Entwicklung zu sichern und es Kiew zu erschweren, sich der EU stärker anzunähern. Das bestätigt unsere Einschätzung, dass der Konflikt zwischen Moskau und der Kiew sowie die Unruhe im Osten der Ukraine noch lange nicht beendet sind. Da Schritte in Richtung Föderalisierung der Ukraine unternommen wurden – Pläne für eine größere Eigenständigkeit der beiden Regionen im äußersten Osten der Ukraine – dürfte Moskau mit der Entwicklung des Konflikts zufrieden sein. Daher wird Moskau die Einhaltung der Waffenruhe – eine Vorbedingung für die Aufhebung der westlichen Sanktionen gegen Russland – bis auf weiteres unterstützen. Die Haltung Moskaus in der Ukraine-Krise steht beispielhaft für die Verhärtung der russischen Außenpolitik. Russland übt zeitgleich diplomatischen, militärischen und wirtschaftlichen Druck aus, um auf verschiedene Weise Einfluss in den angrenzenden Staaten zu gewinnen und die eigene Sicherheitslage zu verbessern. Russland hat auf die Sanktionen des Westens mit Gegensanktionen geantwortet. So verhängte Moskau am 7. August eine einjährige Einfuhrsperre für Nahrungsmittel aus Ländern, die sich an den Sanktionen beteiligen. Erwogen wurde auch ein Verbot der Nutzung des russischen Luftraums für ausländische Fluggesellschaften, doch so weit kam es nicht. Eine andere Maßnahme könnte einzelne ausländische Unternehmen hart treffen: Moskau bereitet ein Gesetz vor, das die Enteignung ausländischen Vermögens in Russland ermöglichen soll. Dahinter steht der Gedanke, auf diesem Weg russische Bürger und Unternehmen zu entschädigen, deren Vermögen im Ausland eingefroren wurde. Es ist jedoch ungewiss, ob dieses Gesetz angewendet wird; klar erkennbar ist allerdings die Tendenz, die Gangart gegenüber den in Russland tätigen ausländischen Unternehmen zu verschärfen. Die Vorgehensweise Moskaus hat zu starken Spannungen mit dem Westen geführt. Etliche an Russland angrenzende Staaten sind 18 | Eastern European Outlook – Oktober 2014 Kurzfristig mehr Rückhalt für Putin, doch langfristig nimmt politisches Risiko zu Derzeit gibt es keine ernstzunehmenden Alternative zu Putin und die politische Opposition ist zersplittert. Derweil weitet die Regierung die Kontrolle über die Medien aus. Ein Gesetzentwurf, der ausländische Beteiligungen an russischen Medienunternehmen auf maximal 20 % begrenzt, wird die Duma wahrscheinlich passieren, und die Kontrolle des Internets wird verschärft. Bis zu den nächsten Wahlen (zur Staatsduma Ende 2016 und die Präsidentenwahl 2018) ist es noch weit hin. Im Großen und Ganzen sehen wir kurzfristig ein nur geringes innenpolitisches Risiko. Auf etwas längere Sicht zeichnet sich aber erhebliche politische Unsicherheit ab. Ungeachtet seiner jüngst gestiegenen Popularität glauben wir weiterhin, dass Putins Rückhalt in der Bevölkerung mit der Zeit schwinden wird; es ist kaum denkbar, dass es ihm gelingen könnte, die derzeit außerordentlich breite Unterstützung auf Dauer aufrecht zu erhalten. In den Jahren 2000-2012 verbesserte sich der Lebensstandard in Russland zusehends; das BIP pro Kopf verdoppelte sich annähernd. Doch die Perspektive langfristigen schwachen Wirtschaftswachstums bedeutet auch, dass die Zeit rasch steigender verfügbarer Haushaltseinkommen endet und der Lebensstandard stagnieren wird. Putin wird wahrscheinlich weiterhin versuchen, nationalistische Gefühle zu wecken, um von der schwachen Wirtschaft abzulenken. Die Frage ist, ob diese Strategie auch langfristig greift. Denkbar wäre, dass die Unzufriedenheit in der Bevölkerung wieder zunimmt, sobald die Euphorie um die Annexion der Krim verflogen ist und innenpolitische Probleme erneut in den Vordergrund rücken. Dann entstünde Raum für eine politische Opposition. Die für die künftige politische Entwicklung alles entscheidende Frage lautet: Was macht Putin? Wie lange will er weitermachen? Wer kommt nach ihm und wie wird die Übergabe vonstattengehen? Bisher deutet nichts darauf hin, dass Putin aus der Politik auszusteigen beabsichtigt und wir glauben, dass er sich 2018 erneut zur Wahl stellen wird. Ukraine Tiefe Rezession – langer Weg zurück Ukraine wird zur Föderalisierung gedrängt Hilfskredite verringern Gefahr einer Leistungsbilanzkrise Schwache Hrywnja belastet Haushalte und Banken Im Osten der Ukraine, wo seit dem Sommer Kämpfe zwischen Armee und Separatisten toben, herrscht derzeit eine fragile Waffen ruhe. Die politische Lage ist weiterhin schwer einzuschätzen und der wirtschaftliche Abschwung hat sich beschleunigt. Finanzielle Hilfe von Seiten des IWF und der EU versetzt Kiew in die Lage, seine Auslandsverbindlichkeiten zu erfüllen; dies mindert die Gefahr einer Zahlungsunfähigkeit, kann jedoch nicht den drastischen Rückgang von Industrieproduktion, Investitionen und Einzelhandelsumsätzen auffangen. Trotz drastischer Abwertung der Hrywnja reichen die Ausfuhren nicht aus, um die schwache Inlandsnachfrage auszugleichen. Im Jahresvergleich hat sich der BIP-Rückgang im 2. Quartal 2014 auf 4,6 % beschleunigt; im 3. Quartal dürfte er aufgrund der heftigen Kämpfe im Osten des Landes, wo die meisten Industrieanlagen angesiedelt sind, noch deutlicher sein. 2014 erwarten wir einen BIP-Rückgang um 8,0 %, 2015 Nullwachstum und 2016 einen schwachen Anstieg des Wachstums auf 2,0 %. Im August sah es so aus, als würde die ukrainische Armee die Separatisten besiegen, doch die Situation kehrte sich rasch um als Russland begann, die Separatisten offener zu unterstützen. Eine militärische Lösung ist derzeit nicht in Sicht. Stattdessen sieht sich die Ukraine gedrängt, dem Osten mehr Autonomie zuzugestehen, um eine politische Lösung des Konflikts zu ermöglichen. Mitte September verabschiedete das ukrainische Parlament ein Gesetz, das den Regionen um Donezk und Luhansk für einen Zeitraum von drei Jahren nach den Regionalwahlen vom 2. November 2014 mehr Autonomie einräumt. Dieses Gesetz ist wahrscheinlich ein erster Schritt in Richtung Föderalisierung. Die Waffenruhe verhindert viel menschliches Leid und materielle Zerstörung, aber die Föderalisierung des Landes verschafft Russland Einfluss, der es ihm ermöglicht, die Bemühungen der Ukraine um eine Annäherung an den Westen und die EU zu blockieren oder erheblich zu erschweren. Der Preis, den die Regierung für die Waffenruhe zahlen muss, ist somit ein deutlicher Kontrollverlust über den Osten des Landes. Unser Hauptszenario ist, dass die Regierung in Kiew einer stärkeren Föderalisierung zustimmt und es im Osten keine weitere Großoffensive gibt. Mehr Autonomie für die Ostukraine spricht für unsere Annahme, dass der Konflikt zwischen Moskau und Kiew noch lange nicht zu Ende ist. Wenn die Waffenruhe hält, besteht die Chance, dass sich die wirtschaftliche Lage 2015 stabilisiert und 2016 ver- haltenes Wachstum einsetzt. Die langfristigen Wachstumsaussichten werden jedoch durch die Föderalisierung schlechter. Am 26. Oktober wählt die Ukraine ein neues Parlament. Der Ausgang der Wahl ist ungewiss. Weite Teile der Bevölkerung waren für eine militärische Niederschlagung der Separatismus-Bewegung in der Ostukraine. Eine politische, mit Föderalisierung einhergehende Lösung könnte dazu führen, dass die nationalistischen Kräfte die Mehrheit im Parlament gewinnen. Dies könnte die Spannungen mit Russland verschärfen, aber auch die Durchführung unpopulärer Wirtschaftsreformen in Frage stellen. Das Assoziierungsabkommen zwischen der Ukraine und der EU wurde derweil vom Europäischen Parlament verabschiedet und von der Werchowna Rada, dem ukrainischen Parlament, ratifiziert. Es tritt zunächst nur provisorisch in Kraft, da formal noch alle 28 EUMitgliedsstaaten zustimmen müssen. Dem Abkommen kommt eine bedeutende Rolle zu, denn es öffnet den Weg für Dialog und Zusammenarbeit und zwingt die Ukraine, Reformen durchzuführen. Der Freihandelsteil tritt aber erst Ende 2015 in Kraft; die Verschiebung ist eine Konzession an Moskau; sie soll den Friedensprozess unterstützen und einen totalen Handelskrieg mit Russland verhindern. Außerdem bleibt den ukrainischen Unternehmen so etwas mehr Zeit, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, bevor die Zollschranken für Einfuhren aus der EU fallen. Hohes Leistungsbilanzdefizit schrumpft, Währungsreserve ist weiterhin besorgniserregend niedrig Der IWF und die EU gewähren Kiew eine Finanzhilfe i. H. v. 30 Mrd. USD mit einer Laufzeit von zwei Jahren; damit hat sich die Gefahr einer akuten Leistungsbilanzkrise erheblich verringert. Die erste Tranche wurde im Mai ausgezahlt. Kiew senkte die Gaspreis-Subventionen, doch davon abgesehen kommen die Wirtschaftsreformen nicht so recht in Gang. Der IWF warnte aber bereits, die gewährte Hilfe könnte noch nicht ausreichend sein. Die Steuereinnahmen sind infolge der sich beschleunigenden Rezession, der Eskalation des Konfliktes im Sommer und der Kämpfe in der Ostukraine stark eingebrochen. Das Bruttoinlandsprodukt geht deutlicher Eastern European Outlook – Oktober 2014 | 19 Ukraine zurück als vom IWF angenommen. Die Lage der Ukraine bleibt sehr ernst. Die Währungsreserven sind nach wie vor besorgniserregend niedrig und die Zentralbank ist gezwungen, einen sehr straffen geldpolitischen Kurs zu fahren, um den Abfluss von Kapital und eine weitere Schwächung der Hrywnja zu verhindern. Seit Jahresbeginn hat sie den Leitzins um 6 Prozentpunkte auf 12,50 % angehoben. Wir glauben, dass IWF und EU die zugesagten Kredite in weiteren Tranchen auszahlen. Angesichts der schwierigen politischen Lage, in der sich die Ukraine befindet, sind sie darüber hinaus wahrscheinlich bereit, ihre Finanzhilfen im Bedarfsfall aufzustocken. Das Defizit in der Leistungsbilanz ist im Vergleich zum Vorjahr deutlich geschrumpft: 2013 entsprach es noch ca. 9 % des BIP, 2014 erwarten wir ca. 3 % des BIP. Diese Entwicklung ist das Ergebnis der kräftigen Währungsabwertung und gesunkener Gasimporte; letzteres ließ die Handelsbilanz von einem deutlichen Minus in ein kleines Plus drehen. Der Export war trotz des Verfalls der Hrywnja schwach, denn ukrainische Stahlprodukte waren im Ausland wenig gefragt und der Export nach Russland, der normalerweise ein Viertel der Gesamtausfuhren ausmacht, brach aufgrund des Wachstumsrückgangs in Russland und neuer Handelsbarrieren ein. Die Verbesserung der Handelsbilanz ist somit in erster Linie auf eine erhebliche Drosselung der Einfuhren zurückzuführen. Wir erwarten jedoch, dass der Währungseffekt 2015 zu einer allmählichen Erholung der Exporte beiträgt. Seit die Ukraine die Bindung ihrer Währung an den USD im Februar aufgab, verfiel die Hrywnja zusehends; Ende August erreichte sie bei 14 zum USD vorübergehend einen neuen Tiefstand. Seit Jahresbeginn hat sie fast 40 % eingebüßt. Die größte Bedrohung für die Hrywnja ist politischer Art und steht im Zusammenhang mit dem Konflikt mit Russland und der Gefahr von Zahlungsunfähigkeit. Die Kapitalkontrollen der Zentralbank bieten zwar einen gewissen Schutz, können die Auswirkung der tiefgreifenden geopolitischen Erschütterungen jedoch nicht auffangen. Wir sehen die UAH Ende 2014 bei 13,0 und Ende 2015/2016 bei 14,0. Die Abwertung der Hrywnja ließ die Inflation erwartungsgemäß in die Höhe schießen. 2012 und 2013 lag die Teuerungsrate meist bei null, im August 2014 betrug die Inflation im Vergleich zum Vorjahr mehr als 14 %. Neben der deutlichen Verteuerung von Importgütern infolge der schwachen Hrywnja schob auch die Absenkung der Gas-Subventionen die Inflation kräftig an. Im Jahresdurchschnitt beträgt die Inflation 2014 10,0 % und verringert sich dann auf 7,5 % 2015 und 6,0 % 2016. Durch den Verfall der Hrywnja und den Rückgang der Wirtschaftsleistung gerät das Banksystem stark unter Druck. Der hohe Anteil an Krediten und Vermögenswerten in Fremdwährung belastet die Banken. Ca. 37 % der ausstehenden Kredite lauten auf Fremdwährung. Nachfrage- und Angebotsfaktoren beeinträchtigen das Kreditwachstum; Privathaushalte und Unternehmen nehmen weniger Kredite auf und die Kapitalquoten der Banken haben sich infolge der schwachen Hrywnja verschlechtert. Der schon jetzt hohe Anteil fauler Kredite (ca. 40 %) droht noch weiter zuzunehmen. Entsprechend gefährdet sind Banken des Privatsektors, zumal kaum Aussicht auf Hilfe seitens der Regierung oder der Zentralbank besteht. Die Haushalte stehen von mehreren Seiten unter Druck. Politische und wirtschaftliche Unsicherheit dämpfen die Konsumlaune, hohe Inflation verbunden mit einem erheblichen Rückgang der 20 | Eastern European Outlook – Oktober 2014 nominalen Lohn- und Gehaltszuwächse schmälern die Reallöhne. Zudem verteuert der Verfall der Hrywnja Finanzierungen in Fremdwährung (75 % der Wohnbaudarlehen sind in USD denominiert). Diese Faktoren spiegeln sich in seit Monaten deutlich rückläufigen Einzelhandelsumsätzen wider. Trug der private Konsum in früheren Jahren zum Wachstum bei, so leistet er dieses Jahr einen deutlichen Negativbeitrag zum BIP-Wachstum. Inflationsdruck bremst Einzelhandel Veränderung zum Vorjahr in % Auch die verarbeitende Industrie schwächelt erheblich. Der Konflikt mit Russland hat schon lange vorhandene Probleme im wichtigen Stahlsektor und das schlechte Geschäftsklima weiter verschlechtert. Die Kämpfe in der Ostukraine wirken sich sehr negativ auf die schon vorher schwache verarbeitende Industrie aus. So weisen z. B. die Statistiken für die hart umkämpfte Region Luhansk für den Monat August einen Rückgang der Industrieproduktion um 85 % gegenüber dem Vorjahr aus. Über die Hälfte der Industrieproduktion ist in den fünf östlichsten Regionen der Ukraine (Dnipropetrowsk, Donezk, Charkiw, Luhansk und Saporischschja) angesiedelt; hier wird mehr als ein Drittel des BIP erwirtschaftet. Unruhen in dieser Region haben daher großen Einfluss auf die Wirtschaftsleistung. Im August lag die gesamte Industrieproduktion der Ukraine mehr als 20 % unter Vorjahresniveau. Die Frage, wie es politisch weitergeht, beeinträchtigt auch das Investitionsklima; im 2. Quartal wurde fast 20 % weniger investiert als im Jahr davor. Lange Jahre stand die Ukraine wegen ihrer großen Abhängigkeit von russischen Erdgaslieferungen unter starkem Einfluss Moskaus. Im Juni 2014 endeten die Gaspreisverhandlungen zwischen beiden Ländern in einer Sackgasse. Russland stoppte seine Lieferungen und forderte, dass die Ukraine weiterhin im Voraus zahlen soll. Zwar sind die Schätzungen nicht einheitlich, doch die Gasreserven der Ukraine dürften bis Ende 2014 ausreichen, vorausgesetzt Herbst und Winter sind nicht ungewöhnlich kalt. Sollte das Gas dennoch knapp werden, wäre vor allem die verarbeitende Industrie betroffen, denn Privathaushalte haben bei der Versorgung Vorrang. Doch Kiew und Moskau scheinen auf eine Zwischenlösung zuzusteuern, die das Gas wieder fließen lässt. Demnach wird die Ukraine für weitere Lieferungen 385 USD pro Tausend Kubikmeter im Voraus zahlen und damit beginnen, noch offene Gasrechnungen zu begleichen. Sobald letzteres der Fall ist, dreht Russland den Gashahn wieder auf. Thema: Die Eurasische Wirtschaftsunion (EAWU) Die Ukraine durchkreuzt Russlands Pläne für eine Eurasische Wirtschaftsunion EAWU soll Gegengewicht zur EU sein, hat aber kaum Mitglieder Anbindung der Ukraine an den Westen ist trotz Assoziierungsabkommen mit der EU nicht gesichert Russland wird weiter versuchen, die Integration der Ukraine in den Westen zu behindern Um seinen wirtschaftlichen und politischen Einfluss in den ehemaligen Sowjetrepubliken zu festigen, plant Moskau die Errichtung einer Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) zum 1. Januar 2015. Russlands Präsident Wladimir Putin wollte – und will nach wie vor – die Ukraine in die EAWU einbinden, doch den Präsidenten der Ukraine und einen großen Teil der Bevölkerung zieht es eher in Richtung Europäische Union. Am 16. September 2014 ratifizierte das ukrainische Parlament (Werchowna Rada) das vom europäischen Parlament verabschiedete Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Ukraine. In der Pressemitteilung des Europäischen Parlaments heißt es: „Die Vereinbarung sieht eine politische Assoziation und wirtschaftliche Integration zwischen der Ukraine und der EU vor und gewährt gegenseitigen ungehinderten Marktzugang.“ Das Abkommen tritt zunächst nur provisorisch in Kraft, denn es muss noch von allen EUMitgliedsländern ratifiziert werden, was einige Jahre dauern kann. Der Freihandelsteil sollte ursprünglich ab November 2014 in Kraft treten, doch die Ukraine und Russland einigten sich am 12. September darauf, den Termin auf den 31. Dezember 2015 zu verschieben. Das Assoziierungsabkommen ist eine wichtige Etappe auf dem Weg zur stärkeren Integration der Ukraine in die europäische Union und den Westen. Der plötzliche Entschluss von Ex-Präsident Viktor Janukowitsch im November 2013, das Abkommen nicht zu unterzeichnen, gab den Anlass für heftige und blutige Proteste im Winter. Janukowitsch wurde entmachtet und von einem stärker westlich orientierten Präsidenten und Parlament abgelöst. Dies wurde von Moskau nicht toleriert. Im Februar 2014 brachen auf der Krim Kämpfe aus, an denen russische Separatisten beteiligt waren. Moskau annektierte daraufhin die Krim mit der Begründung, es müsse die dort lebende russischstämmige Bevölkerung schützen. In der Folge kam es im Osten der Ukraine immer wieder zu Gefechten zwischen der ukrainischen Armee und russlandfreundlichen Separatisten, gelegentlich unterbrochen von einer fragilen Waffenruhe. Ob die Einbindung der Ukraine in den Westen wie geplant voranschreitet, ist trotz des Assoziierungsabkommens mit der EU alles andere als sicher. Erstens teilt sich die Bevölkerung der Uk- raine historisch gesehen seit jeher in West- und Ostsympathisanten. Zweitens könnten interne Konflikte erneut aufbrechen und die Spaltung der Ukraine zementieren. Drittens wird Russland vermut lich wirtschaftliche, politische und militärische Mittel einsetzen, um die EU-Bestrebungen der Ukraine zu bremsen. Russland will aus sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Erwägungen Einfluss auf die bevölkerungsreiche Ukraine haben. Vor allem möchte Moskau eine gewisse Kontrolle im Energiebereich behalten: Europa bezieht 30 % seines Erdgasbedarfs aus Russland; die Hälfte davon wird über das Gebiet der Ukraine nach Europa geleitet. Berücksichtigt man all dies, drängt sich der Schluss auf, dass ein Ende des RusslandUkraine-Konflikts noch lange nicht in Sicht ist. Russlands Pläne zur Schaffung einer Eurasischen Union wurden 2011 bekannt. Damals veröffentlichte Wladimir Putin (Ministerpräsident von 2008 bis 2012) einen programmatischen Artikel unter der Überschrift „Das neue Integrationsprojekt für Eurasien – Zukunft, die heute entsteht.“ Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Putin im Jahr 2005 (damals war er Präsident) sagte, der Zerfall der Sowjetunion sei die größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts. Im erwähnten Artikel steht, der Zweck der Eurasischen Union solle darin bestehen, die EU und die asiatisch-pazifische Region wirtschaftlich in einer Freihandelszone zusammenzuführen. Die Mitgliedschaft in der Eurasischen Union solle freiwillig sein und eine europäische Integration ihrer Mitglieder erlauben. Aktuelle und potenzielle EAWU-Mitglieder Gründungsmitglieder der EAWU zum 1. Januar 2015 in Fettschrift BIP Stand 2013. Bevölkerung Stand 2014. Land Russland Ukraine Kasachstan Weißrussland Usbekistan Aserbaidschan Turkmenistan Georgien Armenien Tadschikistan Kirgisistan Moldawien BIP (KKP, Einwohner Mrd. USD) (Millionen) 2.553,0 337,4 243,6 150,4 112,6 102,7 55,2 27,3 20,6 19,2 14,3 13,3 142,5 44,3 17,9 9,6 28,9 9,7 5,1 4,9 3,1 8,1 5,6 3,6 Pro-Kopf BIP (USD) 18.100 7.400 14.100 16.100 3.800 10.800 9.700 6.100 6.300 2.300 2.500 3.800 Quelle: CIA World Fact Book Russlands Projekt ist ehrgeizig; die Eurasische Union soll wie die EU ein einheitlicher Markt mit freiem Verkehr von Kapital, Personen, Arbeit und Dienstleistungen sein; innerhalb dieses Wirtschaftsraums Eastern European Outlook – Oktober 2014 | 21 Thema: Die Eurasische Wirtschaftsunion (EAWU) soll es weder Zölle noch Grenzkontrollen geben. Auf Sicht ist auch die Einführung einer einheitlichen Währung geplant. 2010 wurde mit der Schaffung der Eurasischen Zollunion zwischen Russland, Weißrussland und Kasachstan ein erster Schritt in Richtung EAWU gesetzt. 2012 wurde aus dieser Zollunion eine Wirtschaftsgemeinschaft. Am 29. Mai 2014 unterzeichneten die Präsidenten der drei Mitgliedsländer der Eurasischen Wirtschaftsgemeinschaft die Gründungsakte einer Eurasischen Wirtschaftsunion mit Start am 1. Januar 2015. Anders gesagt, Russland, Weißrussland und Kasachstan sind die Gründungstroika der EAWU. Über einen möglichen Beitritt von Armenien, Kirgisistan und Tadschikistan wird derzeit verhandelt. Trotz der Ambitionen Russlands stößt die Gründung der EAWU auch auf Kritik; man fürchtet, ihr Ziel sei nicht so sehr die Schaffung einer Gemeinschaft nach dem Vorbild der EU, sondern der Versuch, die Sowjetunion wieder auferstehen zu lassen. In der Praxis weist das EAWU-Projekt mehrere Geburtsfehler auf: • Erstens hat sich das bei Weitem wichtigste potenzielle Mitglied – die Ukraine – eindeutig der EU und nicht der EAWU zugewandt. Viele EAWU-Kandidaten sind sehr kleine, nicht sehr weit entwickelte Länder. Eine EAWU ohne die Ukraine wäre somit deutlich geschwächt. • Zweitens ist die wirtschaftliche Zusammenarbeit nicht sonderlich ausgeprägt. Als Moskau im August eine Einfuhrsperre für Nahrungsmittel aus Ländern verhängte, die sich an den Sanktionen gegen Russland beteiligen, schlossen sich Kasachstan und Weißrussland nicht an. Die Bedeutung der EAWU ist somit vor allem politischer und symbolischer Art. • Drittens betrachten einige potenzielle Mitglieder eine größere Nähe zu Russland mit Sorge. Russlands hat historisch bedingt schon jetzt weitreichenden Einfluss auf die ehemaligen Sowjetrepubliken. In den meisten dieser Länder leben große russische Minderheiten, was zu einem ähnlichen Szenario führen könnte wie in der Ukraine, und in vielen gibt es russische Militärbasen. Auch hat das russische Staatsfernsehen erheblichen Einfluss. Hinzu kommt, dass Russland in den letzten Jahren auf unterschiedliche Art Druck auf diese Länder ausübte. • Viertens würden einige Länder eine Annäherung an die EU vorziehen; andere sehen in China den besten Kooperationspartner für die Zukunft. Zusammenfassend glauben wir, dass die Eurasische Wirtschaftsunion erst einmal auf wenig festem Grund steht und nicht besonders stark scheint. Angesichts ihrer Geburtsfehler – vor allem der anhaltende Konflikt zwischen Russland und der Ukraine – kann man sich schwer vorstellen, dass die EAWU in den nächsten Jahren ein Gegengewicht zur EU bilden könnte. 22 | Eastern European Outlook – Oktober 2014 Wirtschaftsdaten und –prognosen ESTLAND BIP, % Inflation, HVPI, Durchschnitt, % Arbeitslosigkeit, % Leistungsbilanz, in % des BIP Finanzierungssaldo öffentliche Hand, in % des BIP Staatsverschuldung, in % des BIP 3-Monatszinssatz, Jahresende 2009 -14,7 -0,1 13,6 2,5 2010 2,5 3,0 16,7 1,7 2011 8,3 5,0 12,3 -0,2 2012 4,7 3,9 10,0 -2,1 2013 1,6 2,8 8,6 -1,4 -2,0 7,1 3,3 0,2 6,6 1,1 1,0 6,0 1,4 -0,3 9,7 0,2 -0,5 10,1 0,3 2009 -14,2 3,3 17,5 8,2 2010 -2,9 -1,2 19,5 2,3 2011 5,0 4,2 16,2 -2,8 2012 4,8 2,3 15,0 -3,3 2013 4,2 0,0 11,9 -2,3 -9,1 36,9 0,7 4,0 -8,1 44,5 0,7 3,5 -3,5 42 0,7 3,5 -1,4 40,8 0,7 2,5 -0,9 38,1 0,7 0,25 2009 -14,2 4,2 13,7 3,7 2010 1,6 1,2 17,8 0,1 2011 6,1 4,1 15,4 -3,7 2012 3,1 3,2 13,4 -0,2 2013 3,1 1,2 11,8 1,6 -9,3 29,0 3,45 3,90 6,60 -7,1 37,4 3,45 1,50 4,60 -5,4 38,0 3,45 1,66 5,40 -3,2 40,0 3,45 0,68 2,40 -2,1 39,0 3,45 0,41 2,40 2014(e) 2015(e) 2016(e) 1,2 1,3 2,8 0,1 1,6 1,9 7,2 6,5 5,2 -1,7 -0,8 -0,2 -0,4 10,0 0,4 -1,0 9,5 0,5 -0,5 9,4 0,6 LETTLAND BIP, % Inflation, HVPI, Durchschnitt, % Arbeitslosigkeit, % Leistungsbilanz, in % des BIP Finanzierungssaldo öffentliche Hand, in % des BIP Staatsverschuldung, in % des BIP EUR/LVL, Jahresende Leitzins, Jahresende 2014(e) 2015(e) 2016(e) 2,5 2,7 3,4 0,7 2,1 2,1 10,8 9,8 8,6 -1,2 -1,6 -2 -1,1 40,5 - 0,15 -1,2 38,5 - 0,15 -1,0 3,6 0,15 LITAUEN BIP, % Inflation, HVPI, Durchschnitt, % Arbeitslosigkeit, % Leistungsbilanz, in % des BIP Finanzierungssaldo öffentliche Hand, in % des BIP Staatsverschuldung, in % des BIP EUR/LTL, Jahresende 3-Monatszinssatz, Jahresende Staatsanleihe 5 Jahre, Jahresende 2014(e) 2015(e) 2016(e) 2,7 3,2 4,0 0,1 0,7 1,0 11,5 10,5 10,0 0,0 -2,0 -3,0 -2,0 41,0 3,45 0,15 1,80 -1,5 40,0 3,45 0,05 1,60 -0,0 35,0 3,45 0,30 1,80 (e) = erwartet Eastern European Outlook – Oktober 2014 | 23 Wirtschaftsdaten und –prognosen POLEN BIP, % Inflation, HVPI, Durchschnitt, % Arbeitslosigkeit, % Leistungsbilanz, in % vom BIP Finanzierungssaldo öffentliche Hand, in % des BIP Staatsverschuldung, in % des BIP EUR/PLN, Jahresende Leitzins, Jahresende Staatsanleihe 5 Jahre, Jahresende 2009 1,6 4,0 8,1 -3,1 2010 3,9 2,7 9,7 -4,3 2011 4,5 3,9 9,7 -4,5 2012 2,0 3,7 10,1 -3,4 2013 1,6 0,8 10,3 -1,6 -7,5 50,9 4,1 3,50 5,91 -7,8 54,9 4,0 3,75 5,52 -5,1 56,2 4,5 4,50 5,34 -3,9 55,6 4,1 4,25 3,21 -4,3 57,0 4,1 2,50 3,78 2009 -7,8 11,7 8,4 4,1 2010 4,5 6,9 7,3 4,4 2011 4,3 8,4 6,5 5,1 2012 3,4 5,1 5,5 3,5 2013 1,3 6,8 5,5 1,5 -3,4 11,3 30,50 1,5 11,6 32,08 2009 -14,8 16,0 9,0 -1,5 2010 4,1 9,4 8,4 -2,2 2011 5,2 8,0 8,2 -5,5 2012 0,2 0,6 7,8 -8,3 2013 0,0 -0,3 8,3 -9,1 -6,3 35,4 8,00 -5,8 40,5 7,97 -3,5 36,8 8,00 -5,5 37,4 8,05 -6,5 41,7 8,23 2014(e) 2015(e) 2016(e) 2,7 3,0 3,5 1,4 1,3 2,0 10,4 10,1 9,5 -1,0 -1,5 -2,0 5,5 50,0 4,2 2,0 2,1 -3,0 50,0 4,0 2,0 2,7 -2,8 50,0 3,9 2,50 3,3 RUSSLAND BIP, % Inflation, Durchschnitt % Arbeitslosigkeit, % Leistungsbilanz, in % des BIP Finanzierungssaldo öffentliche Hand, in % des BIP Staatsverschuldung, in % des BIP USD/RUB, Jahresende -6,3 10,6 30,10 0,4 12,7 30,36 -1,3 13,9 32,85 2014(e) 2015(e) 2016(e) 0,4 -0,2 1,0 7,3 6,4 5,5 5,3 5,6 5,5 0,5 -0,5 -1,0 0,0 14,1 40,20 -1,0 15,7 43,00 -1,5 17 40,00 UKRAINE BIP, % Inflation, Durchschnitt, % Arbeitslosigkeit, % Leistungsbilanz, in % des BIP Finanzierungssaldo öffentliche Hand, in % des BIP Staatsverschuldung, in % des BIP USD/UAH, Jahresende (e) = erwartet 24 | Eastern European Outlook – Oktober 2014 2014(e) 2015(e) 2016(e) -8,0 0,0 2,0 10,0 7,5 6,0 9,0 9,3 8,8 -2,8 -3,0 -3,5 -5,2 60,0 14,00 -4,8 62,0 13,00 -4,5 64,0 13,00 Disclaimer Dieser Bericht wird Ihnen vertraulich von der SEB AG zur Verfügung gestellt und dient ausschließlich der Information der Empfänger, an die er sich richtet. 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Eastern European Outlook – Oktober 2014 | 25 Finnland Norwegen Russland St: Petersburg Schweden Moskva St. Petersburg Estland Lettland Dänemark New York Moskau Peking Litauen Dublin Neu Delhi Shanghai Polen London Deutschland Warschau Luxemburg Hong Kong Ukraine Kiew Singapur Genf São Paulo Die SEB ist eine führende nordeuropäische Finanzgruppe. Die SEB bietet Universaldienstleistungen in Schweden und den baltischen Staaten an. In Dänemark, Finnland, Norwegen und Deutschland konzentrieren sich die Geschäftsaktivitäten der Bank auf das Geschäft mit Firmen und institutionellen Kunden, denen die Bank eine umfassende Produktpalette anbietet. Die internationale Ausrichtung der SEB zeigt sich in der Präsenz in 20 Ländern weltweit. : Am 30. Juni 2014 betrug die Bilanzsumme des Konzerns 2.654 Mrd. SEK, das Gesamtvolumen des verwalteten Vermögens betrug zum gleichen Stichtag 1.605 Mrd. SEK. Der Konzern beschäftigt etwa 16.000 Mitarbeiter. Weitere Informationen unter www.seb.de. Mit Kapital, Fachwissen und Erfahrung betreiben wir Wertschöpfung für unsere Kunden. Dabei werden wir von unserer effizienten Research Abteilung unterstützt. Unsre Abteilung Economic Research erstellt für uns makroökonomische Analysen und Bewertungen. Basierend auf der Auswertung aktueller Marktkonditionen, politischer Maßnahmen und der langfristigen Performance der Finanzmärkte erstellt sie Prognosen zur Entwicklung der Wirtschaft auf der internationalen, nationalen und lokalen Ebene. Eine der wichtigsten Publikationen der Economic Research Unit ist der vierteljährlich erscheinende Nordic Outlook. Er bietet Analysen zur Weltwirtschaft sowie der Wirtschaft in Europa und Schweden. Der Eastern European Outlook befasst sich mit dem Baltikum, Polen, Russland sowie der Ukraine und erscheint zweimal jährlich. www.seb.de