Fachhochschule Jena

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Jena
Fachhochschule Jena
Lehren aus der Finanzkrise
Chancen und Risiken von M&A-Aktivitäten in
wirtschaftlich schwierigen Zeiten
Betreuender Hochschullehrer:
Prof. Dr. Helmut Geyer
Studentische Teammitglieder:
Annett Hohmann
Matthias Keller
Sebastian Rahl
Tino Seling
Conrad Wrobel
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
I
Die Lehren aus der Finanzkrise
Chancen und Risiken von M&A-Aktivitäten in
wirtschaftlich schwierigen Zeiten
März 2009
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
II
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis ........................................................................................................... IV
Abkürzungsverzeichnis ........................................................................................................... V
1.
Einleitung ................................................................................................................... 1
2.
Theoretische Abgrenzungen ..................................................................................... 3
2.1 Der M&A-Begriff in der Literatur ................................................................................ 3
2.2 Motive für M&A-Aktivitäten ........................................................................................ 4
2.3 Ablauf einer M&A-Transaktion ..................................................................................... 5
2.4 Arten und Finanzierungsmöglichkeiten ......................................................................... 5
3.
Fallstudien .................................................................................................................. 6
3.1 Continental/Schaeffler .................................................................................................... 6
3.2 Der Fall - Daimler/ Chrysler ........................................................................................ 12
4.
Historische Wirtschaftskrisen ................................................................................ 15
4.1 Weltwirtschaftskrise 1929 ............................................................................................ 15
4.2 Die Ölkrise ................................................................................................................... 16
4.3 Dot-Com Krise ............................................................................................................. 19
4.3.1 Verlauf der Krise ................................................................................................. 19
4.3.2 Die Dot-Com-Krise im Vergleich zur aktuellen Finanzmarktkrise .................... 22
5.
Entwicklungen des M&A-Marktes ........................................................................ 23
5.1 Der M&A Markt 2006-2008 ........................................................................................ 23
5.2 Buy & Build-Strategien ............................................................................................... 24
5.3 Stahlindustrie ............................................................................................................... 25
5.4 Telekommunikationssektor ......................................................................................... 26
5.5 Finanzsektor ................................................................................................................ 26
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
III
5.6 Staat reguliert den Stromversorgermarkt .................................................................... 27
5.7 Technologiebranche 2008 und Ausblick auf 2009 ....................................................... 28
5.8 Medienbranche 2008 und Ausblick auf 2009 .............................................................. 29
5.9 Dynamische Entwicklung in Asien ............................................................................. 31
5.10 M&A in Osteuropa .................................................................................................... 32
6.
Zusammenfassung und Ausblick ........................................................................... 33
Literaturverzeichnis ............................................................................................................... 36
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
IV
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Anteile Continental entsprechend § 26 Abs. 1 WpHG ........................................ 8
Abbildung 2: Aktienkursentwicklung ...................................................................................... 10
Abbildung 3: Die sechs Übernahmewellen auf dem amerikanischen M&A-Markt ................ 18
Abbildung 4: Transaktionen von 2006 - 2008 ......................................................................... 24
Abbildung 5: Transaktionsvolumen 2003 -2008 ...................................................................... 28
Abbildung 6: Volumen einzelner Transaktionen ..................................................................... 29
Abbildung 7: Transaktionsaktivitäten in Europa ..................................................................... 30
Abbildung 8: Transaktionsaktivitäten in Großbritannien ......................................................... 30
Abbildung 9: Transaktionsaktivitäten in Europa ohne Großbritannien ................................... 31
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
V
Abkürzungsverzeichnis
ABS
asset backet securitiy (Forderungsbesichertes Wertpapier)
M&A
Mergers & Acquisitions
MBS
mortgage backed securitiy (Besicherte Anleihe)
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
1
1. Einleitung
Die Finanzkrise greift um sich - „notleidende Banken“ ist das „Unwort des Jahres 2008“. Auf
die ursprünglich amerikanische Immobilienkrise folgte die Finanzkrise, die sich längst auf die
Realwirtschaft übertragen, die Weltwirtschaft in eine tiefe Krise gestürzt hat und ihre Spuren
vielerorts hinterlässt: Die rasante Talfahrt an den Börsen rund um den Globus, der um mehr
als 70 Prozent gefallene Rohölpreis, historisch niedrige Zinsen, der gestiegene Goldpreis, der
stark zurückgegangene internationale Handel und die derzeit vor allem in den USA
veröffentlichten Rekordverluste vieler Unternehmen stehen hier nur beispielhaft für eine
nahezu beliebig fortsetzbare Reihe von Folgen der derzeitigen weltweiten Finanz- und
Wirtschaftskrise.
Trotz angespannter Haushaltslage unterstützen Staaten einzelne Unternehmen und Branchen
finanziell und nehmen dafür eine höhere Staatsverschuldung in Kauf. Nahezu täglich
dominieren neue Meldungen aus der Wirtschaft die Presse. Die Ursachen der aktuellen Krise
sind vermeintlich schnell gefunden. Niedrige Zinsen und eine lockere Kreditvergabe führten
in den USA dazu, dass sich viele US-Bürger mit geringerem Einkommen kreditfinanziert ein
Eigenheim leisten konnten. Die gestiegene Nachfrage nach Immobilien führte zu steigenden
Immobilienpreisen - damit stiegen die Werte der für die Kredite hinterlegten Sicherheiten.
Verbunden mit der verhältnismäßig einfachen Refinanzierung durch den Weiterverkauf der
ausgereichten Kredite über Zweckgesellschaften an Investoren führte dies dazu, dass immer
neue Kredite an Kunden mit zunehmend schlechterer Bonität ausgegeben wurden. Durch zu
gute Ratings und weltweit vernetzte Finanzmärkte florierte das Geschäft mit ABS (asset
backet securities) und MBS (mortgage backed securities), also verbrieften Krediten. Weltweit
vernetzte Finanzmärkte und internationale Beteiligungen an und zwischen Unternehmen
führten dazu, dass schließlich viele Banken und Investoren die ursprünglich verkauften
Risiken wieder im Portefeuille hatten. Auf den Ursprung und die Ursachen der aktuellen
Finanzkrise soll in dieser Arbeit jedoch nicht weiter eingegangen werden. Vielmehr soll
untersucht werden, wie sich im speziellen die aktuelle Krise, als auch wirtschaftliche Krisen
im allgemeinen, auf den Markt für Mergers & Acquisitions (M&A) auswirken und welche
Handlungsalternativen sich vor allem für die übernehmenden Unternehmen als auch die den
Übernahmeprozess begleitenden Banken daraus ergeben. Es stellt sich hier vor allem die
Frage, wie sich Unternehmen im Hinblick auf M&A-Transaktionen auf Krisen vorbereiten
können und in Krisen verhalten sollten. Ist es vorteilhaft, sich prozyklisch zu verhalten und in
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
2
Krisenzeiten M&A-Tätigkeiten eher zu reduzieren, oder stellen die in wirtschaftlich
schlechten Zeiten niedrigeren Unternehmenswerte eher eine Kaufgelegenheit dar? Wie
können Fusionen und Übernahmen finanziert werden? Welche Auswirkungen hat die
Finanzkrise auf die Finanzierung von Übernahmen?
Die restriktive Kreditvergabepraxis der Banken führt gegenwärtig zu einer angespannten
Finanzierungssituation für viele Unternehmen, speziell im Hinblick auf die Finanzierung von
M&A-Transaktionen. Tendenziell besteht in der Wirtschaft eine hohe Unsicherheit, viele
Unternehmen tätigen ihre Investitionen derzeit sehr vorsichtig. Fraglich ist, wie sich dieser
Markt in Zukunft entwickeln wird. Eine Möglichkeit könnte sein, dass in folgenden Perioden
der M&A-Markt aufgrund sinkender wirtschaftlicher Leistungskraft der Unternehmungen, die
sich in fallenden Übernahmepreisen auswirkt, wieder erstarkt.
Aus dem Ergebnis der Untersuchung wird die Relevanz des Geschäftsfeldes des M&A
Marktes für Kreditinstitute und Finanzdienstleister erarbeitet. Sollte sich eine Bank dieses
Geschäftsfeld sichern, um für die nahe Zukunft langfristig erfolgreich aufgestellt zu sein.
Die vorliegende Arbeit gliedert sich wie folgt: Im folgenden Kapitel 2 werden der Ablauf
sowie die grundsätzlichen Möglichkeiten der Finanzierung von M&A-Transaktionen
dargestellt.
Kapitel
3
beinhaltet
Fallstudien
zu
bedeutenden
Unternehmenszusammenschlüssen der jüngeren Vergangenheit. Kapitel 4 befasst sich mit der
Untersuchung historischer Wirtschaftskrisen. Kapitel 5 beschreibt allgemeine Entwicklungen.
Abschließend folgen in Kapitel 6 eine Zusammenfassung und ein Ausblick.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
3
2. Theoretische Abgrenzungen
Im Folgenden wird zunächst der Versuch unternommen, die Begriffe Merger und Acquisition
zu definieren und gegeneinander abzugrenzen. Im Anschluss daran werden verschiedene
Arten von Unternehmenszusammenschlüssen vorgestellt und der Ablauf einer M&ATransaktion sowie die Möglichkeiten der Finanzierung eines solchen Geschäfts erläutert.
2.1 Der M&A-Begriff in der Literatur
Die in den letzten Jahren getätigten besonders großen Unternehmensübernahmen, die teils
erhebliches öffentliches Aufsehen erregten, haben ohne Zweifel dafür gesorgt, dass das
Begriffspaar Mergers und Acquisitions stärker in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt ist.
Dennoch handelt es sich bei dem Markt für Mergers & Acquisitions um keinen Markt, der
erst in den letzten Jahren oder Jahrzehnten entstanden ist; vielmehr existieren
Aufzeichnungen, die belegen, dass es bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts einen Markt für
Unternehmenszusammenschlüsse gibt. 1
Sowohl in der deutschen als auch in der angloamerikanischen Literatur hat sich bisher
dennoch keine allgemeingültige Definition für die Begriffe Merger und Acquisition
durchsetzen können. Stattdessen werden in Wissenschaft und Praxis eine Vielzahl anderer
Termini wie Übernahme, Konzentration, Fusion, Takeover, Zusammenschluss, strategische
Allianz etc. synonym verwendet. Wird versucht, die beiden Begriffe gegeneinander
abzugrenzen, so kann Merger als Fusion verstanden werden. Bei dieser werden zwei zuvor
rechtlich selbständige Unternehmen zu einer rechtlichen Einheit verschmolzen. Der Erwerb
eines
Unternehmens
mit
dem
Ziel
der
Eingliederung
in
einen
bestehenden
Unternehmensverbund ohne rechtliche Verschmelzung hingegen wird als Acquisition
bezeichnet. 2
Aus wirtschaftlicher Sicht können Unternehmenszusammenschlüsse untergliedert werden in
Unternehmenskooperationen und Unternehmenszusammenschlüsse im engeren Sinn. Zu den
Unternehmenskooperationen zählen strategische Kooperationen wie Joint Ventures oder
strategische
Allianzen
1
Vgl. Jansen (2001)
2
Vgl. Wirtz (2003), S. 10
sowie
operative
Kooperationen
wie
Konsortien
oder
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
4
Wirtschaftsverbände.
Mergers
und
Acquisitions
hingegen
zählen
zu
den
Unternehmenszusammenschlüssen im engeren Sinn.
Bei einer Unternehmenskooperation handelt es sich um eine freiwillige Zusammenarbeit
zwischen Unternehmen, die rechtlich - und in den nicht betroffenen Bereichen auch
wirtschaftlich - selbständig bleiben. Bei Unternehmenszusammenschlüssen im engeren Sinn
gibt zumindest eines der beteiligten Unternehmen seine wirtschaftliche Selbständigkeit auf. 3
2.2 Motive für M&A-Aktivitäten
Wird
nach
der
Motivation
Unternehmenszusammenschlüsse
von
in
M&A-Aktivitäten
horizontale,
vertikale
gefragt,
und
können
konglomerate
Zusammenschlüsse unterschieden werden. Unter horizontalen Zusammenschlüssen wird eine
Verbindung
von
Unternehmen
auf
der
gleichen
Produktionsstufe
verstanden.
Unternehmenszusammenschlüsse dieser Art zielen vorrangig auf die Schaffung und Nutzung
von Synergieeffekten in Form von Economies of Scale und Economies of Scope sowie die
Erlangung von Marktmacht.
Bei Zusammenschlüssen von Unternehmen verschiedener Produktionsstufen wird von
vertikalen Mergers & Acquisitions gesprochen. Hier handelt es sich zumeist um den Kauf von
Lieferanten oder Abnehmern, die mit dem Ziel der Schaffung und Nutzung von
Kostenvorteilen sowie besseren Planbarkeit von Einkauf und Absatz erworben und in das
Unternehmen oder den Unternehmensverbund eingegliedert werden.
Konglomerate Unternehmenszusammenschlüsse liegen vor, wenn sich Unternehmen
zusammenschließen,
die
in
verschiedenen
Geschäftsfeldern
tätig
sind.
Derartige
Zusammenschlüsse sind primär durch Diversifikations- und Expansionsstrategien motiviert. 4
Eine Unterteilung der Motive von M&A-Aktivitäten kann - aus Käufersicht - alternativ in
strategische, finanzielle und persönliche Motive erfolgen. Bei den strategischen Motiven
handelt es sich im Wesentlichen um die bereits erwähnten Ziele der Erlangung von
Marktmacht und der Nutzung von Synergien, aber auch dem Ziel der Risikodiversifikation.
Unter die finanziellen Motive fallen kapitalmarktbedingte Motive, d.h. ein verbesserter
Zugang
zu
Kapitalressourcen
und
das
Ausnutzen
einer
subjektiv
empfundenen
Unterbewertung des Zielunternehmens, sowie bilanzpolitische und steuerliche Motive.
Persönliche Motive besitzen weniger ökonomischen sondern vielmehr psychologischen
3
Vgl. Wirtz (2003), S. 13
4
Vgl. Wirtz (2003), S. 18 f.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
5
Charakter. Hier handelt es sich beispielsweise um das Streben von Managern nach Macht,
Einfluss oder Ansehen, aber auch um Selbstverwirklichung oder gar Selbstüberschätzung. 5
2.3 Ablauf einer M&A-Transaktion
Eine M&A-Transaktion erfolgt grundsätzlich in vier Phasen. Die erste Phase beinhaltet die
Vorbereitung der Transaktion, der sich die eigentliche Transaktionsphase anschließt. Nach
Abschluss der Transaktion folgen die Integrations- und die Endphase.
Die Transaktion an sich beginnt mit der Auswahl des Zielunternehmens, dem sogenannten
Screening, dem die Ansprache des Managements oder der Eigentümer des Zielunternehmens,
folgt. Anschließend unterzeichnen beide Unternehmen eine Geheimhaltungs- sowie
Absichtserklärung. Nachdem diese Schritte erfolgreich abgewickelt wurden, wird das
Zielunternehmen einer Due-Dilligence-Prüfung unterzogen, die eine systematische Analyse
der Stärken und Schwächen des Objekts beinhaltet. Verläuft diese mit den gewünschten
Ergebnissen, wird die Transaktion endgültig strukturiert und es folgt die Preisverhandlung,
die im Erfolgsfall mit einem Vertragsschluss endet. Als vorletzter Schritt, bevor es zur
Übertragung zum Stichtag, dem „Closing“ kommt, muss die Transaktion angemeldet und
gegebenenfalls durch die Wettbewerbsbehörde genehmigt werden. 6
2.4 Arten und Finanzierungsmöglichkeiten
Der Kauf eines Unternehmens kann primär auf zwei Arten erfolgen. Erwirbt das kaufende
Unternehmen Eigentum an den Vermögensgegenständen und Rechten des Zielunternehmens,
so wird von einem Asset Deal gesprochen, da sämtliche Assets des übernommenen
Unternehmens,
also
materielle
und
immaterielle
Vermögensgegenstände
sowie
Verbindlichkeiten, im Rahmen eines Sachkaufs gem. § 433 I Satz 1 BGB in den Besitz und in
das Eigentum des übernehmenden Unternehmens übergehen. Werden hingegen Anteile des
Zielunternehmens aufgekauft, spricht man von einem Share Deal. Hier handelt es sich um
einen Rechtskauf gem. § 453 BGB. 7
5
Vgl. Wirtz (2003), S. 57 ff.
6
Vgl. Meckl (2006)
7
Vgl. Wirtz (2003), S. 16
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
6
Beide Varianten haben ihre Vorzüge. Beim Asset Deal liegt der Vorteil darin, dass der Käufer
frei entscheiden kann, welche Vermögensgegenstände er erwerben möchte. Ferner ist in der
Regel keine Zustimmung der Anteilseigner erforderlich und es ergeben sich steuerliche und
finanzierungstechnische Vorteile durch höhere Abschreibungen. Vorteile eines Share Deals
sind etwa die Möglichkeit individueller Verhandlungen mit den Anteilseignern des
Zielunternehmens oder das Umgehen arbeitsrechtlicher Probleme durch Wechsel des
Arbeitgebers.
Die Finanzierung von Unternehmenszusammenschlüssen kann analog der betrieblichen
Finanzierung nach der Mittelherkunft in Außen- und Innenfinanzierung, welche weiter in
Eigen- und Fremdfinanzierung gegliedert wird, unterteilt werden. 8
3. Fallstudien
Im Folgenden werden zwei Unternehmenszusammenschlüsse der jüngsten Zeit vorgestellt.
Dabei sollen die verschiedenen Motive für die jeweilige Übernahme und die Auswirkungen
auf den Unternehmenserfolg der beteiligten Unternehmen aufgezeigt werden. In Zeiten der
Finanzkrise, in denen Banken versuchen ihre Kreditforderungsbestände abzubauen,
Kreditwürdigkeitsprüfungen komplexer werden und sich Bonitätsanforderungen erhöhen,
wird es für Unternehmen immer schwieriger, ihre Finanzierungen zu sichern beziehungsweise
überhaupt an Fremdkapital zu gelangen. Eine existente solide Eigenkapitaldecke nimmt an
Bedeutung für die Unternehmungen und deren langfristigen Existenzsicherung zu.
Die Platzierung von Unternehmensanleihen wird deutlich teurer, Kapitalanleger fordern für
ein höheres unternehmerisches Risiko-, höhere Risikoaufschläge. Gewinnthesaurierung als
eine Form der Innenfinanzierung, so lautet das Motto der Unternehmen. Nur wo soll etwas
einbehalten werden, wenn nichts ist? Der Kampf ums Überleben hat gerade erst begonnen.
3.1 Continental/Schaeffler
Sommer 2008. Ein fränkische Familienunternehmen, die Schaeffler KG, ein Unternehmen mit
jahrzehntelanger Erfahrung auf dem Gebiet der Wälzlagerproduktion, bereitet im Zuge einer
feindlichen Übernahme der Continental AG einen Mega-Deal vor. Über mehrere Banken wird
8
Vgl. Wirtz (2003), S. 257 ff.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
7
der Zugriff auf Aktienpakete der Continental AG gesichert. Dabei wird geschickt für jedes zu
übernehmende Aktienpaket die gesetzliche Meldeschwelle unterschritten.
„Nur kein Aufsehen erregen“, so lautet die Devise. Die Continental AG, dreimal so groß wie
die Schaeffler KG, sollte im Stillen geschluckt werden.
Die Continental AG ist ein in 36 Ländern operierender und innovativer Automobilzulieferer.
Das operative Geschäft beläuft sich auf die Sparten Reifen- und Bremsentechnologie,
Fahrdynamikregelung, Elektronik und Sensorik. In den 200 Werken sind zurzeit rund 150.000
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. 9
Hannover,
21.
August
2008.
Die
Continental
AG
schließt
eine
weitreichende
Investorenvereinbarung mit der Schaeffler KG ab. Die bis dahin öffentlich geführten
Auseinandersetzungen um das Übernahmeangebot der Schaeffler KG gelten als beendet. Die
getroffene Investorenvereinbarung enthält wichtige grundlegende Regelungen zum Ablauf der
Übernahme und zu zukünftigen unternehmerischen Handlungen der Investoren und des
Continental-Managements. So sieht die Vereinbarung unter anderem vor, dass als
Gegenleistung
zur
Übernahme
der
Aktien
ein
besserer
Angebotspreis
und
ein
Nachteilsausgleich gezahlt werden solle. „Die Schaeffler KG verpflichtet sich, den Angebotspreis von 70,12 Euro auf 75,00 Euro je Continental-Aktie zu erhöhen. Dies entspricht
einem zusätzlichen Betrag von rund 800 Mio. Euro für die Aktionäre bzw. einer Prämie von
39 Prozent gegenüber dem Aktienkurs der Continental AG unmittelbar vor Bekanntwerden
der Übernahmeabsicht, 20 Prozent gegenüber dem Monats-Durchschnittskurs und 8 Prozent
gegenüber dem 3-Monats-Durchschnittskurs vor Bekanntwerden der Übernahmeabsicht.“10
Die Aktionäre erhalten die Möglichkeit, bis zum 16. September 2008 eine Entscheidung über
die Annahme des Angebotes der Schaeffler KG zu treffen. Einigung wurde auch in puncto
eines strategischen Konzeptes der Continental AG erzielt. Desweiteren wird sich die
Schaeffler KG in den kommenden vier Jahren auf eine Minderheitsbeteiligung von bis zu
9
Continental AG, (2009), Continental- Konzern, http://www.conti-
online.com/generator/www/com/de/continental/portal/themen/continental/zahlen/fakten_de.html, abrufen am
01.03.2009
10
Continental AG, Boekhoff, Hannes (Leiter Medien), (2008), Pressemitteilung, http://www.conti-
online.com/generator/www/com/de/continental/portal/themen/uebernahme/pr_2008_08_21_ar_de.html, S. 2,
abrufen am 01.03.2009
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
8
49,99 Prozent beschränken. Ebenso wird vertraglich die Arbeitnehmermitbestimmung
geregelt und vereinbart, gemeinsame Synergien der beiden Unternehmen zu nutzen. Vor
allem im gemeinsamen Automobilzuliefergeschäft werden Synergieeffekte vermutet. 11 Die
Schaeffler KG hat sich in diesem Zusammenhang weitere 40 Prozent an der Continental AG
durch die Weiterreichung an die Privatbankiers Sal. Oppenheim und Metzler gesichert.
Abbildung 1: Anteile Continental entsprechend § 26 Abs. 1 WpHG
Quelle: Continental AG, (2009), Aktionärsstruktur 12
Gerade die im letzten Punkt erwähnten Synergieeffekte und die Mitbestimmung der
Mitarbeiter spielen aktuell eine wichtige Rolle im Überlebenskampf der beiden Unternehmen.
11
Continental AG, Boekhoff, Hannes (Leiter Medien), (2008), Pressemitteilung, http://www.conti-
online.com/generator/www/com/de/continental/portal/themen/uebernahme/pr_2008_08_21_ar_de.html,
abgerufen am 01.03.2009
12
Continental AG, (2009), Aktionärsstruktur, http://www.conti-
online.com/generator/www/com/de/continental/portal/themen/ir/aktie/aktion_stuktur_de.html, abgerufen am
01.03.2009
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
9
19. Dezember 2008. Die für die Schaeffler KG wichtige Zustimmung der Europäischen
Kommission für eine Übernahme der Continental AG wird von kartellrechtlicher Seite erteilt.
Einer Realisierung des Vorhabens steht nichts mehr im Wege.
22. Dezember 2008. Der Automobilzulieferer Continental fällt aufgrund der Fast-Exit-Regel,
wonach Continental eine ausreichende Marktkapitalisierung vorweisen muss, aus dem Dax
und nimmt seine neue Position im MDAX ein.
Hannover, 8. Januar 2009. Die Schaeffler KG vollzieht das Übernahmeangebot im Fall der
Continental AG. Die Schaeffler KG zahlt für die ihr angebotenen Aktien 75 Euro je
Continental-Aktie zum angehobenen Angebotspreis laut Investorenvereinbarung. Damit tritt
die Investorenvereinbarung mit sofortiger Wirkung in Kraft. 13 Jedoch erweist sich die
Übernahme zu diesem Zeitpunkt als unkalkulierbares Risiko für die Schaeffler KG.
Continental leidet in extremem Maß, wie viele andere Automobilzulieferer auch, an
Absatzrückgängen. Gerade die wirtschaftlichen Verhältnisse in Nordamerika und in Europa
beeinflussten das Geschäftsergebnis der Continental AG im Jahre 2008 negativ. Die
Verschlechterung der Rahmenbedingungen und hohen Belastungen durch steigende
Rohstoffkosten lassen auch für das Ergebnis des ersten Quartals in 2009 nichts Gutes erahnen.
Die durch Conti im Jahr 2007 durchgeführte Übernahme der Siemens VDO Automotive AG
belastet das Ergebnis des Unternehmens schwer, die Finanzierung gerät unter der Finanzkrise
in arge Bedrängnis. Die von Continental für die Übernahme bezahlten 11,4 Milliarden Euro
werden in den Folgejahren erhebliche Zinsbelastungen darstellen, unter denen die damals
hervorgehobenen Steuervorteile im Wert von rund einer Mrd. Euro kaum zu rechtfertigen
sind. Die mit der Übernahme verfolgte Verbesserung der Marktpositionierung von
Continental, welche das Unternehmen weltweit unter die Top Fünf brachte, erscheint heute
als Wagnisgeschäft und stellt heute ein hohes Bilanzrisiko dar. Synergiepotenziale sind laut
Conti im Jahre 2007 frühestens ab 2010 zu erwarten. 14 Dabei ist die im Jahr 2007 getroffene
Aussage längst nicht mehr haltbar, denn alles deutet daraufhin, dass sich die vorgenannten
Effekte aufgrund der Wirtschaftsflaute weiter nach hinten verschieben.
13
Continental AG, Boekhoff, Hannes (Leiter Medien), (2008), Pressemitteilung, http://www.conti-
online.com/generator/www/com/de/continental/portal/themen/uebernahme/pr_2009_01_08_de.html, abgerufen
am 01.03.2009
14
Continental AG, (2007), Continental erwirbt Siemens VDO für 11,4 Milliarden Euro,
http://www.dgap.de/dgap/static/News/?newsType=&newsID=125725, abgerufen am 01.03.2009
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
10
Im vergangenen Jahr 2008 musste Continental eine Abschreibung in Höhe von 1,23 Mrd.
Euro auf den Firmenwert von Siemens VDO vornehmen. Das operative Geschäft der VDOZweige brachte ernüchternde Ergebnisse hervor. Die Finanzierungsforderungen der Banken,
in
ihren
Kreditverträgen
mit
Continental
durch
sogenannte
Covenants,
also
Kreditnebenvereinbarungen, dokumentiert, stellen für Conti eine enorme Belastung dar, denn
laut dieser Vereinbarungen muss Conti die jährlichen Zielvorgaben der Banken erreichen,
sonst drohen Sanktionen.
So ist Continental zu Einsparmaßnahmen gezwungen, Investitionen müssen auf ihre
Notwendigkeit hin geprüft werden und die Produktion zurückgefahren werden.
Wirft man einen Blick auf den Verlauf des Aktienkurses, so lässt sich eine stetig negative
Entwicklungen
feststellen.
Seit
der
Bekanntgabe
der
Verschlechterung
der
Rahmenbedingungen für Conti am 13.09.2008 fiel der Aktienkurs in rasantem Tempo und
steht gegenwärtig bei einem Kurs von 12,88 Euro (Kurs am 06.03.2009).
Abbildung 2: Aktienkursentwicklung
Quelle: Continental AG, (2009), Aktienkursentwicklung 15
15
Continental AG, (2009), Aktienkursentwicklung, http://www.conti-
online.com/generator/www/com/de/continental/portal/themen/ir/aktie/sharechart_de.html, abgerufen am
01.03.2009
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
11
Aufgrund der verschlechterten Unternehmenslage und Bonität von Continental stufte die
Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) am 27.01.2009 nicht nachrangige unbesicherte
Schuldtitel des Unternehmens von BBB- auf BB zurück. 16
Die
Schaeffler
KG
muss
infolge
der
Übernahme
nicht
nur
die
eigenen
Finanzierungsaufwendungen für die Übernahme von Continental erwirtschaften, sondern
sogleich auch für die laufenden Kreditforderungen für die VDO-Übernahme aufkommen. Ein
Kredit von rund 16 Milliarden Euro muss gestemmt werden.
Ebenfalls nicht sonderlich förderlich für die Aufgabenbewältigung ist der immer wieder
aufflammende Machtkampf zwischen den Führungspersönlichkeiten der Continental AG und
der Schaeffler KG. So erklärte der Vorsitzende des Aufsichtsrats der Continental AG, Dr.
Hubertus von Grünberg, am 06.03.2009, seinen sofortigen Rücktritt. 17 Schaeffler hatte sich
aus der Übernahme von Conti eine hohe Dividendenzahlung versprochen, um damit seinen
Zinsverpflichtungen nachzukommen. Doch bereits für 2008 fiel diese aus, für 2009 und 2010
wird ebenso keine Dividendenzahlung erwartet. Vielmehr wird Conti versuchen, mögliche
Gewinne einzubehalten und damit die eigenen Verbindlichkeiten zu tilgen. In Folge dessen
drohen die Banken mit der Umwandlung der vergebenen Kredite in Eigenkapital. Dringende
Einsparungspotenziale werden gesucht, eine gemeinsame Bewältigung der Anstrengungen
wird forciert. Potenzial liegt dabei sicherlich in Stahlgeschäften und in der Ausnutzung von
individuellen Unternehmenskompetenzen, beispielsweise in der Sparte Powertrain.
Für eine vertikale Integrationen und die Ausnutzung von Synergien würden weitere finanziell
belastende Investitionen nötig. Die Gefahr einer Zerschlagung besteht, sollte das
Finanzierungsproblem in beiden Unternehmen nicht gelöst werden können. Dabei müssen die
Banken eine solide Finanzierungsplanung in Zusammenarbeit mit dem Management der
Schaeffler KG und Conti entwickeln. Möglichkeiten einer Staatshilfe müssen in Betracht
gezogen und über eine bis dahin von der Unternehmensführung der Schaeffler KG abgelehnte
Mitarbeiterbeteiligung muss nachgedacht werden. Dabei ist auch eine Hürde für eine
eventuelle Verschmelzung der Schaeffler KG mit der Continental AG, nämlich die
16
Continental AG, (2009), Ad hoc News, http://www.conti-
online.com/generator/www/com/de/continental/portal/themen/ir/news_adhoc/ad_hoc/ad_hoc_2009_01_27_de.ht
ml, abrufen am 01.03.2009
17
Continental AG, (2009), Investor News, http://www.conti-
online.com/generator/www/com/de/continental/portal/themen/ir/news_adhoc/news/090306_gruenberg_de.html,
Investor News, abgerufen am 01.03.2009
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
12
Strukturierung der verzweigten Unternehmensstruktur in der Schaeffler KG, zu nehmen.
Verselbständigungen von Unternehmenssparten bei Conti beispielsweise in der Gummisparte
sind ebenfalls nicht auszuschließen.
3.2 Der Fall - Daimler/ Chrysler
12. Januar 1998. Die North American Detroit Auto Show wird zum historischen Schauplatz
für die Automobilindustrie. In dieser Zeit wird der „Grundstein“ für einen Weltkonzern
gelegt. Jürgen E. Schrempp, Vorstandvorsitzender der Daimler-Benz AG, und Robert J.
Eaton, Vorstandsvorsitzender der Chrysler Corporation, führen erste Fusionsgespräche und
schmieden erste gemeinsame Zukunftspläne. 18
Seit der Gründung im Jahr 1886 durch Gottlieb Daimler und Carl Benz galt die DaimlerBenz-AG als Pionier des Automobilbaus. Als weltweit agierendes Unternehmen
erwirtschaftete der Konzern Daimler-Benz im Jahr 1997 einen Umsatz von 124 Mrd. DM,
wies ein Konzernergebnis von 3,2 Mrd. DM und eine Eigenkapitalrendite von 10,2 Prozent
aus. Der Konzernvorstand schlug seinen Aktionären neben einer nie zuvor da gewesenen
Dividende von 1,6 DM je Aktie eine Sonderausschüttung in Höhe von 20 DM je Aktie vor.
Der Erfolg im Jahr 1997 basierte auf einer neuen Konzernstruktur, der Verschmelzung der
Mercedes-Benz
AG
Prozessoptimierungen.
mit
19
der
Daimler-Benz
AG
und
den
damit
verbundenen
Bereits damals standen Innovationen und Globalisierung auf der
Tagesordnung des Konzerns.
Chryslers Geschichte begann im Jahre 1924 mit der Vorstellung des ersten Chrysler Six.
1925 wurde die Chrysler Motor Corporation unter ihrem gleichnamigen Gründervater Walter
P. Chrysler in Leben gerufen. Es folgten einige populäre Übernahmen amerikanischer
Unternehmen, darunter Maxwell im Gründungsjahr und die Übernahme der Dodge Brothers
Inc. 1928. Damit stieg die Chrysler Motor Corporation in die „Big Four“ des amerikanischen
18
DaimlerChrysler, (1998), Geschäftsbericht „Zusammenschluss und Wachstum“,
http://www.daimler.com/Projects/c2c/channel/documents/1364406_1998_DaimlerChrysler_Geschaeftsbericht.p
df, S.10, abgerufen am 01.03.2009
19
Daimler-Benz AG, (1997), Geschäftsbericht,
http://www.daimler.com/Projects/c2c/channel/documents/1364410_1997_Daimler_Benz_Geschaeftsbericht.pdf,
S. 6, abgerufen am 01.03.2009
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
13
Marktes auf. 20 Doch die für Chrysler wohl bedeutendste Fusion sollte einige Jahrzehnte später
erfolgen.
7. Mai 1998. Nach einer bis dahin für beide Unternehmen bewegenden Firmengeschichte
wurde der Zusammenschluss des deutschen Industriekonzerns Daimler-Benz mit dem zu
diesem Zeitpunkt drittgrößten amerikanischen Automobilherstellers Chrysler Corporation
bekanntgegeben. Beide Unternehmen wollten durch eine Fusion zu einem Weltunternehmen
im Automobil-, Transport- und Dienstleistungssektor aufsteigen. Es sollte eine „Fusion unter
Gleichen“ werden. Entscheidende Maßnahmen zur Vereinigung der beiden Unternehmen
wurden getroffen. 21 Die Fusion erfolgte nach Zustimmung der jeweiligen Hauptversammlung
und der europäischen und amerikanischen Wettbewerbsbehörden durch den Tausch von
Aktien. Somit waren Aktionäre beider Seiten am Unternehmen beteiligt. Neben den oben
genannten Synergieeffekten beispielsweise im Vertrieb, versprachen sich die beiden
Unternehmensführungen eine neue Positionierung der Produktportfolios. Ihr Ziel war es, neue
Märkte zu erschließen und vorhandene Märkte auszubauen.
31. Juli 1998. Auf die Zustimmung der EU- Kommission zur Fusion folgte die Zustimmung
der amerikanischen Kartellbehörde.
18. September 1998. Wilmington/Delaware – Stuttgart/Baden-Württemberg
Endgültige Besiegelung des Unternehmenszusammenschlusses. Mit 97,5 Prozent sprachen
sich Chrysler-Aktionäre für eine Fusion aus. Auf deutscher Seite votierten 99,9 Prozent der
Daimler-Benz-Aktionäre für ein gemeinsames Unternehmen, die DaimlerChrysler AG. 22
20
Chrysler LLC, (2009), Our History, http://www.chryslerllc.com/en/about_us/our_history/, abgerufen am
01.03.2009
21
DaimlerChrysler, (1998), Geschäftsbericht „Zusammenschluss und Wachstum“,
http://www.daimler.com/Projects/c2c/channel/documents/1364406_1998_DaimlerChrysler_Geschaeftsbericht.p
df, S.10 f., abgerufen am 01.03.2009
22
DaimlerChrysler, (1998), Geschäftsbericht „Zusammenschluss und Wachstum“,
http://www.daimler.com/Projects/c2c/channel/documents/1364406_1998_DaimlerChrysler_Geschaeftsbericht.p
df, S.11, abgerufen am 01.03.2009
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
14
Dabei erhielten Daimler-Aktionäre Aktien im Verhältnis 1:1 von Daimler-Chrysler und
Chrysler-Aktionäre, aufgrund des höheren Unternehmenswertes von Daimler, für eine Aktie
der Chrysler Corporation 0,6235 Daimler-Chrysler-Aktien. 23
9. November 1998. Die geplante Übernahme wurde durch die Daimler-Benz Aktionäre
besiegelt, diese tauschten 98 Prozent ihrer Daimler-Benz Aktien gegen Anteile der Daimler
Chrysler AG. 24 Unklar und strittig war zu diesem Zeitpunkt die Frage nach der Angleichung
der Managergehälter im Daimler Chrysler Konzern. Die Frage stand im Raum, ob die
Gehälter der Daimler Manager an die der bisherigen Chrysler Manager angepasst werden
sollten. Im Verschmelzungsvertrag sind die im Vergleich horrenden Gehälter der Chrysler
Manager auf zwei Jahre festgeschrieben. Es folgen erste Überlegungen, die Gehälter der
DaimlerMitarbeiter eventuell über Aktienoptionen anzupassen. 25
12. November 1998 Mit der Einbringung der Chrysler Corporation und Daimler-Benz AG in
die Daimler Chrysler AG schloss die Fusion ab. Das Grundkapital des Daimler Chrysler
Konzerns beläuft sich auf 4.956.353.515 DM.
17. November 1998. Eine deutliche Steigerung des Börsenkurses setzt ein. Am 21.12.1998
wurde der Handelsregistereintrag der DaimlerChrysler AG vorgenommen. 26
23
Handelsblatt GmbH (Hrsg.), ajo/nks, (1998), Aktionäre entscheiden am 18. 9. über Fusion, Handelsblatt NR.
120 vom 26.06.98,
http://www.wirtschaftspresse.biz/pshb?fn=relhbi&sfn=buildhbi&GoPage=205550,205551&bmc=biz_cn_details
uche&bmc=biz_cn_archiv_artikel&dk=2&SH=42d2231d36248341da7afac8b9165d&depot=4f5jdnybm2let8yn8
3268, Seite 13, abgerufen am 01.03.2009
24
DaimlerChrysler, (1998), Geschäftsbericht „Zusammenschluss und Wachstum“,
http://www.daimler.com/Projects/c2c/channel/documents/1364406_1998_DaimlerChrysler_Geschaeftsbericht.p
df, S.11, abgerufen am 01.03.2009
25
Handelsblatt GmbH (Hrsg.), Rother, Franz W./Behrens, Bolke, (1998), DAIMLER-CHRYSLER Schlaflose
Nächte, Wirtschaftswoche NR. 039 vom 16.09.1998,
http://www.wirtschaftspresse.biz/pshb?fn=relhbi&sfn=buildhbi&GoPage=205550,205551&bmc=biz_cn_details
uche&bmc=biz_cn_archiv_artikel&dk=5&SH=42b72329ed4461050a043618b9246b&depot=ogk6s8473qrbee3n
83268, S. 57
26
DaimlerChrysler, (1998), Geschäftsbericht „Zusammenschluss und Wachstum“,
http://www.daimler.com/Projects/c2c/channel/documents/1364406_1998_DaimlerChrysler_Geschaeftsbericht.p
df, S.22 ff., abgerufen am 01.03.2009
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
15
Nach einer bewegten Unternehmenstätigkeit der Daimler Chrysler AG verkündete der
Konzern am 14. Mai 2007 den Verkauf der Mehrheit an Chrysler an die Investorengruppe
Cerberus. Die vollkommende Trennung von Chrysler erfolgt im Jahr 2007 mit der
Umbenennung des Unternehmens in die Daimler AG. Die Gründe dafür waren vielfältig,
einerseits sind die mit der Fusion 1998 erhofften Synergieeffekte nicht in dem Maße
eingetroffen. Ebenso wurde eine „Verschmelzung“ hinsichtlich der Managementstrukturen
und
der
Unternehmenskultur
Produktmängeln
im
Portfolio
niemals
vollständig
nagten
auch
realisiert.
verschiedene
Neben
zahlreichen
Gerichtsverfahren
am
Unternehmensimage der DaimlerChrysler AG. 27
4. Historische Wirtschaftskrisen
4.1 Weltwirtschaftskrise 1929
1929 brach die Volkswirtschaft in allen Industrienationen zusammen. Dies äußerte sich in
Unternehmenszusammenbrüchen, massiver Arbeitslosigkeit und Deflation. Auf dem M&AMarkt machte sich diese Krise bemerkbar, indem er nach zwei aufblühenden Jahrzehnten
zusammenbrach.
In der Zeit von 1916-1929 gab es die so genannte zweite Welle im M&A-Bereich. Diese, als
vertikale Integration bekannte Phase, wurde dadurch hervorgerufen, dass neue Kartellgesetze
erlassen wurden, welche Monopolbildungen verboten. Unternehmen versuchten die neuen
Gesetze zu umgehen, indem sie vor- und nachgelagerte Wertschöpfungspartner zukauften,
wodurch sich oligopolistische Marktstrukturen bildeten. Auf einer anderen Ebene veränderten
sich produzierende Unternehmen hin zu so genannten Netzwerk-Unternehmen, indem sie
andere, passende Gesellschaften hinzukauften. So wurden z.B. aus Energieunternehmen
Versorgungsunternehmen oder aus Stahlunternehmen Eisenbahngesellschaften. 28
27
Handelsblatt GmbH (Hrsg.), Buchenau, Martin, (2005), Abgesang auf die Welt AG?
http://www.wirtschaftspresse.biz/pshb/fn/relhbi/sfn/biz_getblob/SH/42f303191599f5583543c868b937e4/rid/104
7243/db/HB/cmd/PDFHB20051121016.pdf/scode/B0D3E1888679907DE95DE8FC4E62C7C7F0F9B127/index.
pdf, abgerufen am 01.03.2009
28
ERNST & YOUNG / IMA – Die Zukunft des M&A-Marktes
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
16
Diese zweite Merger-Welle wurde durch die darauffolgende Weltwirtschaftskrise am
Schwarzen Freitag, dem 25. Oktober 1929, beendet. Die Gründe dafür waren verschiedene.
So gab es auf der einen Seite einen weltweiten Preisverfall auf den Agrar- und
Rohstoffmärkten, der dadurch entstand, dass die europäischen Staaten nach dem Kriegsende
1918 wieder ihre Agrarproduktion aufnahmen, was zu einem Überangebot führte.
Ein weiterer Grund war der Börsenkrach der New Yorker Börse im Oktober 1929, welcher
eine Folge von Überproduktion im Kosumgütersektor und von kreditfinanzierter
Massenspekulation war. Des Weiteren wurde die weltweite Wirtschaft dadurch gehemmt,
dass viele Staaten in der Folge anfingen Importzölle zu erheben, um die Produktion im
eigenen Land aufrecht zu erhalten, welches aber den globalen Handel stark schwächte.
Die Wirtschaft lag weltweit am Boden und alle Staaten hatten mit hohen Arbeitslosenzahlen
zu kämpfen. Die einzelnen Staaten gingen auf verschiedenste Weise mit der Krise um. In
Deutschland führte sie dazu, dass die nationalsozialistische Partei immer mehr Zuspruch
bekam, bis sich schließlich 1933 eine neue Regierung bildete. Die deutschen
Reparationszahlungen wurden in Folge dessen eingestellt und die deutsche Wirtschaft
angekurbelt, was aber im Wesentlichen auf der Rüstungspolitik beruhte, welche einen
bekannten Zweck hatte.
Durch den zweiten Weltkrieg und die daraus entstandenen Schäden und Herausforderungen
des Aufbaus erholte sich der M&A Markt auch über die nächsten 25 Jahre nicht, bis dieser
Mitte der 50er Jahre wieder langsam zu wachsen begann und in einer wiederum höheren
Welle als der vorherigen endete.
4.2 Die Ölkrise
Zu Beginn der 70er Jahre kam es zu einer wirtschaftlichen und politischen Krise, von der die
gesamte Welt betroffen war - der Ölkrise.
Auslöser dieser Krise waren zahlreiche Kriege im Nahen Osten, insbesondere zwischen Israel,
Syrien und Ägypten. Am 6.Oktober 1973 startete der Angriff auf Israel. Die Israelis aber
zogen selbst mit Ihren starken Truppen nach Arabien und standen nach wenigen Wochen kurz
vor Kairo. Die einzige Chance, sich von Israel zu befreien, bestand darin das stärkste
Druckmittel der arabischen Staaten zu benutzen - das Erdöl.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
17
Die Organisation der Arabischen Erdölexportierenden Staaten (OAPEC) beschloss am 17.
Oktober 1973 den Export von Erdöl um fünf Prozent im Vergleich zum Vormonat zu
reduzieren. Dieser Ölboykott sollte dafür sorgen, dass die USA, aber auch europäische
Staaten, ihre Haltung gegenüber Israel ändern und zu Gunsten der arabischen Staaten
einwirken. Durch die daraus folgende künstliche Knappheit des Erdöls ergaben sich höhere
Preise
auf
dem
Weltmarkt.
Mittels
dieser
höheren
Preise
erhofften
sich
die
erdölexportierenden Staaten, die stetig steigenden Kosten für Waren und Anlagen, die sie in
den Industrieländern kauften, wieder aufzuhalten. Durchzusetzen waren diese Maßnahmen
allerdings nur durch den Zusammenschluss der erdölexportierenden Ländern (OPEC);
dadurch wurde eine Einheitsfront für Ölpreise geschaffen, aus der kein Staat mehr ausscheren
konnte. Mittels des Ölembargos stieg der Preis für Erdöl trotz der Abwertung des Dollars um
das Vierfache von drei Dollar pro Barrel auf etwa 12 Dollar pro Barrel im Jahr 1974.
Einen weiteren Preisschub gab es gut dreißig Jahre später: Der Weltmarktpreis für Rohöl
erreichte Anfang Juli 2008 ein Rekordhoch von über 140 Dollar pro Barrel, was
inflationsbereinigt etwa dem Dreifachen der Erdölpreise von 1974 entspricht.
Für Deutschland, welches seinen Energiebedarf mit ca. 55 Prozent durch importiertes Erdöl
deckt, waren diese Entwicklungen ebenso prekär wie für andere westliche Industrieländer.
Politiker und Ökonomen befürchteten eine Krise ungeahnten Ausmaßes und das Ende von
Wachstum und Wohlstand. Der damalige Bundeskanzler Willy Brandt beschloss im
November 1973 ein Sonntagsfahrverbot für alle Autofahrer und verhängte ein Tempolimit
vom 100 km/h auf allen deutschen Autobahnen, um somit einen Teil des nun teuren und
kostbaren Öls zu sparen.
Trotz dieser Maßnahmen sollten die Ökonomen Recht behalten. Die Auswirkungen der stark
gestiegenen Energiepreise auf die deutsche Wirtschaft waren verheerend. Sie verursachten
einen starken Rückgang der Konjunktur, der ähnlich einer Rezension war. Aber dem nicht
genug, der gestiegene Ölpreis verstärkte die Inflation, die 1973 und 1974 bei 7 Prozent stand,
und folglich kam es zu einem Stillstand der Wirtschaft. Als weiteres Maßnahmenpaket wurde
ein Stabilitätsprogramm von der Bundesregierung beschlossen, welches beispielsweise die
Belastungen der Unternehmen zurücknehmen sollte. Im Nachhinein kann festgestellt werden,
dass all diese Programme nicht gegen die vorherrschende Krise wirken konnten.
Das Bruttosozialprodukt, welches 1973 noch ca. 5,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr
gewachsen ist, stagnierte 1974 bei etwa 0,4 Prozent und fiel 1975 um 1,8 Prozent. Auch die
Arbeitsmarktzahlen entwickelten sich negativ. So haben sich im Jahr 1973 etwa 273.000
Menschen arbeitssuchend gemeldet, 2 Jahre später bereits 1.047.000 Bundesbürger. Somit
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
18
kehrte das Problem der hohen Arbeitslosigkeit zurück in fast alle Industriestaaten und stellte
die Regierungen vor weitere Probleme. Ein Grund dafür war, dass die Ölkrise zu einem
starken Rückgang in der Produktion führte. Mit einem massiven Wachstumsrückgang
mussten unter anderem die Autoindustrie mit
minus 18 Prozent, die Textil- und
Bekleidungsbranche mit minus 11 Prozent und das Baugewerbe mit minus 16 Prozent
kämpfen. Dem aber nicht genug, auch die Börse litt unter dem Ölboykott. So verlor der
DAX 29 innerhalb eines Jahres etwa 100 Punkte und notierte im September 1974 bei nur noch
375 Punkten.
Die gestiegenen Ölpreise und das Bewusstsein darüber, dass es sich um einen endlichen
Rohstoff handelt, zwang viele Industriestaaten zur Suche nach neuen Energiequellen, um die
Abhängigkeit vom Erdöl zu verringern. Die Bundesregierung verabschiedete folglich ein
sechs Milliarden DM teures Programm zur Planung und zum Bau von Kernkraftwerken.
Trotzdem bleibt Erdöl bis heute einer der wichtigsten Energiequellen. Die OPEC-Staaten
schafften es bis Anfang 1980, den Preis pro Barrel Erdöl auf etwa 36 Dollar anzuheben.
Die „goldenen Zeiten“ eines Wirtschaftswunders waren nun gezählt und somit stürzte die
gesamte Weltwirtschaft in die bis dato tiefste Krise seit 1929. Folglich sanken auch die M&A
Transaktionen in dieser Zeit wie folgende Abbildung zeigt nicht nur auf dem amerikanischen
Markt sondern weltweit.
Abbildung 3: Die sechs Übernahmewellen auf dem amerikanischen M&A-Markt
Quelle Stephan A. Jansen „Merger & Acquisitions“ FAZ-Grafik Niebel
29
historisch verknüpft mit der Zeitreihe des Index der Börsen-Zeitung, da erst ab 1988 offiziell eingeführt
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
19
4.3 Dot-Com Krise
Der Begriff Dot-Coms ist durch die Börse geprägt und beschreibt Unternehmen, die
Internetdienstleistungen anbieten. Weiterhin wird relativ häufig der Begriff der New
Economy verwendet. 30
Die Dot-Com-Blase wurde als ein weltweites Phänomen wahrgenommen mit einem
Schwerpunkt in den USA und in Europa. Zum Ausdruck kommt dies durch die Einrichtung
eigener Marktsegmente der Börsen für Anteile an diesen Technologieunternehmen. In den
USA wurde die NASDAQ etabliert, in Deutschland der Neue Markt an der Frankfurter Börse.
In diesen Marktbereichen sollten ausschließlich Unternehmen vertreten sein, die
zukunftsweisend und mit einem stark wachsenden Unternehmenswert ausgestattet waren. Die
Dot-Com-Blase erwies sich dabei als große Spekulationsblase, mit einem sehr starken
Einbruch dieser Märkte als Folge.
4.3.1 Verlauf der Krise
Hinter dem Begriff der New Economy verbirgt sich die Idee, durch Computer und den Einsatz
moderner Kommunikationsmedien eine neue globale Wirtschaftsform entstehen zu lassen.
Dabei steht der weltweite Wettbewerb um innovative Ideen, immaterielle Werte sowie im
allgemeinen digitale Güter im Vordergrund. Die Realwirtschaft soll abgelöst werden, ebenso
wie die bisherigen Wirtschaftstheorien.
Der Zeitraum der Krise hat seinen Ursprung im Beginn der Boomphase 1999, fortgeführt
durch das Platzen der Spekulationsblase im März 2000. Die direkten Auswirkungen sind bis
zu einer Phase der Beruhigung im Jahr 2002 deutlich zu erkennen. 31
Als Hauptursache für die Krise werden extrem hohe Gewinnerwartungen der einzelnen
Technologieentwicklungen gesehen.
Die Gründe dafür lagen in der zunehmend hohen Verbreitung des Internets und der
Mobiltelefone im Alltag. Die Nutzung dieser Techniken stand vorher nur einem ausgewählten
Kreis von Nutzern zur Verfügung. Seit 1995 ist ein extremer Anstieg an Neugründungen von
Unternehmen, die Technologien und Dienstleistungen für diese Bereiche anbieten,
festzustellen.
30
Vgl. Bruckner/ Safie/ Rudes (2006), S. 4 bis 7
31
Vgl. Hungenberger/ Meffert (2005), S. 399 bis 402
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
20
In der Folge dieses starken Angebotswachstums stieg das Anlegerinteresse, was schließlich zu
immer mehr Börsengängen dieser Unternehmen führte. Dabei erfuhr die Hoffnung der
Anleger
eine
mediale
Unterstützung,
indem
Aktien
als
sinnvolle
und
sichere
Anlagemöglichkeit zur Altersvorsorge angepriesen wurden. 32
Ab 1999 ist ein extremer Anstieg der Nachfrage nach Aktien von Dot-Com Unternehmen zu
verzeichnen. Dies führte in vielen Fällen zu einer Vervielfachung der Börsenbewertung dieser
Unternehmen.
Durch teils extreme kurzfristige Kursanstiege investierten immer neue institutionelle
Investoren sowie Privatanleger in Papiere dieser Unternehmen. Sichtbar wurde dies
beispielsweise durch den reißenden Absatz von Investmentfonds, die das Vermögen des
Fonds in Papiere des neuen Marktes investierten.
Durch die extreme Marktkapitalisierung der Unternehmen ergaben sich auch neue
Anlagemöglichkeiten für Finanzinstitute, die neben ihrer Rolle als Finanzintermediäre selbst
von den Aktienentwicklungen profitieren konnten. Der Höhepunkt der Boomphase in
Deutschland war der 13. März 2000, der Börsengang des Unternehmens Infineon, dessen
Handelsvolumen die Ordersysteme zusammenbrechen ließ. Gleichzeitig war es auch der
Höhepunkt der Spekulationen mit Neuemissionen, wobei immer neue Papiere entwickelt
wurden, die sich genau darauf spezialisierten. Der Optionshandel nahm enorme Ausmaße
an. 33
Auslöser der Krise waren Anfang 2000 erste ernstere Stimmen, die prophezeiten, dass die
Gewinnerwartungen nicht in dieser Form eingehalten werden könnten. Diesen ersten
Anzeichen folgten erste Insolvenzen von namhaften Unternehmen. Die Folge war ein
Rückzug von ersten institutionellen Anlegern, der immer größere Kreise zog. Die Börsekurse
der neuen Märkte bewegten sich nach unten. Ab einem gewissen Punkt erkannten
Kleinanleger diese Marktbewegung und verkauften zu nahezu jedem Preis. Institutionelle
Anleger mussten um die Einlagen ihrer Kunden fürchten und versuchten, sich
zurückzuziehen.
Das Hauptproblem bestand darin, dass die fundamentalen Werte der Unternehmen nicht deren
Börsenwerten entsprachen. Dies kommt dadurch zum Ausdruck, dass das materielle
Vermögen meist nur aus Bürosystemen, Computern und zum Teil Gebäuden bestand. Die
32
Vgl. Gorthmanns (2008), S. 16 bis 18
33
Vgl. Gorthmanns (2008), S. 20 bis 25
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
21
Fertigerzeugnisse waren digitale immaterielle Vermögensgegenstände, deren Vervielfältigung
sehr kostengünstig möglich ist. Oftmals wurde nur die Geschäftsidee und nicht die
tatsächliche Marktdurchsetzung an der Börse bewertet.
Gegen Ende des Monats März 2000 kam es zum Zusammenbruch des Neuen Marktes, infolge
dessen dieses Marktsegment von der deutschen Börse wieder aufgegeben wurde. 34
Das eigentliche Vermögen der Dot-Com Unternehmen bestand im geistigen Spezialwissen
der Mitarbeiter. In der Boomphase bestand eine extreme Nachfrage nach Arbeitskräften der
IT-Branche. Viele unqualifizierte Quereinsteiger wurden aufgenommen, in der Zeit des
Abschwungs wurden diese Mitarbeiter zuerst freigesetzt. In Folge des Marktzusammenbruchs
hielten sich die Investoren extrem zurück, was zu einer Unterbewertung der Unternehmen der
New Economy führte. Die Auswirkungen auf die Realwirtschaft waren vor allem im
Finanzsystem zu spüren, da sich die Unternehmen in dieser Zeit vorwiegend durch
Kapitalaufnahme über die Börse finanziert hatten. Die allgemeine konjunkturelle Entwicklung
nach unten wurde durch die Terroranschläge in den USA 2001 weiter verstärkt und hatte ihre
Folgen in einem allgemeinen Misstrauen, geprägt von Zurückhaltung und dem Trend zu
sicheren Geldanlagen. 35
In Folge der Dot-Com-Blase waren enorme Aktivitäten des M&A Marktes zu verzeichnen.
Diese waren vor allem in der extremen freien Liquidität durch die hohe Anzahl von
Börsengängen zu sehen. Diese wurden verstärkt genutzt, um weitere Unternehmen zu kaufen.
Die Kreditzinsen für Unternehmen waren in der Zeit der New-Economy-Blase auf einem
stabilen recht hohen Niveau zwischen 8% und 10% 36, was zur Folge hatte, dass benötigtes
Kapital sehr viel kostengünstiger über die Börse beschafft werden konnte. Jede
Kapitalerhöhung war eine erneute Einladung für diejenigen Aktionäre, die beim ersten
Börsengang nicht zum Zuge kamen.
Generell ist ein sehr starker medialer Einfluss auf die Bevölkerung festzustellen, der in der
Suggestion begründet liegt, die Börse bewege sich nur nach oben.
34
Vgl. Kühl/ Windolf (2004), S. 138 bis 141
35
Vgl. Bruckner/ Safie/ Rudes (2006), S. 10 bis 20
36
http://ec.europa.eu/economy_finance/ameco/user/serie/SelectSerie.cfm?CFID=496025&CFTOKEN=4615f10e
2963d9e2-F15D8FFC-F1C5-E75D-7CBAD4FE80787250&jsessionid=240644bc134e29391c60
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
22
Große Unternehmen, die vor der Boomphase bestanden, gingen meist gestärkt aus der Krise
heraus und konnten während des Zusammenbruchs durch sehr günstige Zukäufe ihre
Geschäftsbereiche für die Zukunft sichern.
Nach der Krise konnten Unternehmen mit hohem Spezialwissen zu unterbewerteten
Börsenwerten günstig aufgekauft werden, was zu einer Aufteilung des Marktes unter wenigen
größeren Unternehmen führte. 37
4.3.2 Die Dot-Com-Krise im Vergleich zur aktuellen
Finanzmarktkrise
Ursache und Ausgangspunkt beider Krisen war eine fehlerhafte Bewertung von immateriellen
Gegenständen. Wie bei der aktuellen Krise wurden bei der New-Economy-Blase keine
werthaltigen Vermögensgegenstände gehandelt. Die Boomphase lebte jeweils von
phantasievollen Geschäftsmodellen, die nur wenige verstanden. Die große Mehrheit der
Marktteilnehmer wollte jedoch von den Wertentwicklungen profitieren und setzte die
Entwicklung hin zu einer Spekulationsblase auf eine neue Ebene, die in ihrer
Aufwärtsbewegung von Finanzmarkttiteln immer neue Anhänger fand.
Wie bei der Dot-Com-Krise wurde auch in der aktuellen Krise versucht, die Regeln der
Realwirtschaft zu umgehen und mit neuen Geschäftsmodellen völlig neue Wirtschaftsformen
zu erschließen. Die globalisierte Wirtschaft reagiert dabei in der Boomphase jeweils als
beschleunigender Effekt, während sie auch in der Phase des Platzens der Spekulationsblase
wieder als Multiplikator im Abwärtstrend einsetzt.
Beide Krisen sind aufgrund ihrer Entstehungszeit und der Dauer ihrer Boomzeiten sehr
ähnlich und dennoch in ihrer Wirkung vollkommen unterschiedlich. Während die Dot-ComKrise in einer Vielzahl der Fälle auf die Branche der New Economy beschränkt war, schlägt
sich die aktuelle Finanzkrise in fast allen Branchen nieder. Als Grund hierfür steht ganz klar
der Zusammenhang der kapitalistischen Wirtschaftssysteme mit dem Mittel der Bewertung,
dem Geld.
Durch das fehlende Vertrauen in die Kreditinstitute, jeweils auch untereinander, stehen
sämtliche Transaktionen vor der Frage ihrer Werthaltigkeit. Nicht nur ein Geschäftsmodell für
37
Vgl. Gorthmanns (2008), S. 22 bis 25
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
23
Internetdienstleistungen wird hinterfragt, selbst ein Grundlagenforschungsunternehmen wird
kritisch betrachtet.
Im Resümee der Dot-Com-Krise ist jedoch zu sehen, dass sich die übrig gebliebenen
Unternehmen der New Economy deutlich gestärkt haben und mit realistischeren
Gewinnerwartungen und Prognosen auftreten. Allgemein ist das Verständnis für tragfähige
Geschäftsmodelle gestiegen. Allein schon deshalb, weil es Erfahrungswerte gibt, mit denen
die einzelnen Unternehmen besser bewertet werden können.
5. Entwicklungen des M&A-Marktes
Vor der Finanzkrise war der M&A-Markt auf der ganzen Welt konstant im Wachstum. Die
unterschiedlichen Märkte zeichneten sich durch verschiedene Eigenschaften aus und manche
wuchsen schneller als andere. Wird der Zeitraum vor dem Jahr 2008 betrachtet, so zeichneten
sich einige interessante Entwicklungen innerhalb dieses Marktes ab. Folgend werden
ausgewählte Bereiche näher betrachtet.
5.1 Der M&A Markt 2006-2008
Der M&A-Markt hatte über die letzten drei Jahre betrachtet seinen Ausbruch im Jahre 2007.
In der zweiten Hälfte des Jahres 2007 schnellte das Transaktionsvolumen stark nach oben.
Insgesamt wurden bis Oktober 2007 nahezu acht Billionen Euro für Transaktionen
ausgegeben. Aber nicht nur das Volumen war 2007 gigantisch, auch die Anzahl der
Transaktionen stieg steil an. Somit war 2007 zugleich das Jahr der massenhaften
Transaktionen, wie auch der Mega-Deals.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
24
Abbildung 4: Transaktionen von 2006 - 2008
Quelle: ZEW, eigene Darstellung
Während im Jahr der Krise sich anfangs die Entwicklungen aus 2007 weiter fortsetzten, ist ein
deutlicher Abwärtstrend in der zweiten Hälfte des Jahres erkennbar. Von einer Fortsetzung
dieses Trends kann ausgegangen werden, von einem totalen Zusammenbruch des M&AMarktes ist jedoch nicht auszugehen. Die verschiedensten Branchen sind mehr oder weniger
von der Krise betroffen und in einigen bilden in Zeiten der Finanzierungsnot
Zusammenschlüsse die einzige Rettung vor der Insolvenz. Somit ist davon auszugehen, dass
das Volumen weiter sinken wird, jedoch die Anzahl der Transaktionen nicht im gleichen
Maße. Somit gibt es Möglichkeiten längst überfälliger Zusammenschlüsse zu einem günstigen
Preis, um wiederum gestärkt aus dieser Krise hervorzutreten. Folgend sind hierzu einige
Branchen betrachtet worden.
5.2 Buy & Build-Strategien 38
Bei
dieser
spezialisieren
Strategie,
sich
auch
Private
Plattforminvestments
Equity-Häuser
auf
oder
stark
Branchenlösungen
fragmentierte
genannt,
Branchen
mit
Wachstumspotential. Dabei wird zunächst eine größere Unternehmung einer bestimmten
Branche gekauft und anschließend kleinere Unternehmungen hinzu erworben. Dabei ist
38
ZEW MA-Report 04/2006 S. 4
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
25
sowohl eine sukzessive Übernahme kleinerer Unternehmungen denkbar, als auch eine
nachträgliche Verschmelzung der verschiedenen Unternehmen des Portfolios.
So wurde der Markt neu strukturiert und es bildeten sich Struktur- und ertragsstarke
Unternehmen, die eine große Marktmacht erreichten. Dies rettete einige Unternehmen in den
Jahren 2008/2009 vor der Pleite. Durch die gestärkten Strukturen und die Absicherung durch
zuvor generierte höhere Erträge und die Realisierung von Synergieeffekten schützten sich
einige Unternehmen vor den aktuellen Schwierigkeiten. Aus heutiger Sicht haben Buy &
Build-Strategien (BBS) eine große Rettungsfunktion während der aktuellen Krise.
5.3 Stahlindustrie 39
Im Jahr 2006 standen die wichtigsten M&A’s im Zeichen der Stahlindustrie, unter anderem
auch durch die Folgen der lockeren Kreditvergabe. Das Wachstum in der Baubranche führte
zu
einer
immens
gestiegenen
Stahlnachfrage.
Neben
der
Baubranche
ist
die
Automobilindustrie ein weiterer großer Nachfrager nach Stahl. Belege hierfür sind
beispielsweise die Absatzzahlen der Automobilbranche im Jahr 2008. Durch die gute
Auftragslage und die damit verbundenen hohen Umsätze der Stahlproduzenten wurde eine
Neuordnung des Marktes begünstigt, was zu vielen Unternehmenszusammenschlüssen führte.
Dies führte zu oligopolartigen Strukturen, welche in eine Steigerung des Stahlpreises
mündeten. Die Gefahr bei diesen Strukturen in der Stahlindustrie war nunmehr, dass man von
einer konstant starken Nachfrage ausging.
Die Auswirkungen in den Jahren 2008/2009 sind schwer einschätzbar. Die Baubranche und
Automobilindustrie sind in den letzten Monaten erheblich eingebrochen. Darunter hat auch
gerade die Stahlindustrie erheblich zu leiden. Da der Markt zuvor schon durch hohe M&AAktivitäten zu einem Oligopol neu geordnet wurde, ist die Gefahr von Insolvenzen aufgrund
der
durchschnittlichen
Größe
der
Unternehmen
verhältnismäßig
gering,
was
Finanzierungsprobleme dennoch nicht ausschließt.
39
ZEW MA-Report 04/2006 S. 1f
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
26
5.4 Telekommunikationssektor 40
Nach den letzten Megafusionen im Jahr 2000 brach der Markt für M&A im
Telekommunikationssektor in den Folgejahren ein. Aktuell ist dieser Markt durch ein
geringes Transaktionsvolumen, aber eine hohe Anzahl an Transaktionen gekennzeichnet. Das
deutet auf eine Erholung dieses Marktes hin. Viele kleine Unternehmen, die während der 90er
Jahre gegründet wurden um einen größeren Wettbewerb herzustellen, sind allmählich von den
Playern aufgekauft worden.
Die aktuelle wirtschaftliche Lage könnte dazu führen, dass dieser Trend fortgesetzt wird bzw.
diesen Trend noch unterstützen, da einige Firmen nun unter Wert zum Verkauf stehen
könnten. Der Trend geht also eindeutig auf ein Oligopol in diesem Markt zu.
5.5 Finanzsektor 41
Mitte 2007 erfasste die M&A-Welle auch den Finanzsektor. Sogar internationale Aufkäufe
von Finanzinstituten wurden geplant und durchgeführt. Bei einem Fusionsvolumen von knapp
2,3 Billionen Euro bis Mitte 2007 wurde dabei auch der Finanzsektor nicht außer Acht
gelassen. In den vergangenen Jahren verdreifachte sich das Transaktionsvolumen im
europäischen Bankensektor auf 220 Mrd. Euro, wozu maßgeblich grenzüberschreitende
Übernahmen beigetragen haben. Insbesondere Großbanken folgen weiter dem Trend nach
einer noch größeren Bank. Sind die Übernahmeaktivitäten aus kartellrechtlichen Gründen auf
dem inländischen Markt weitestgehend begrenzt, schauen sie nun vermehrt ins Ausland.
Allerdings wird deutlich, dass diese Auslandsaktivitäten immer noch sehr gering sind, wenn
sie mit der Anzahl der grenzüberschreitenden Übernahmen in anderen Branchen verglichen
werden.
Ein weiterer Grund für seltene grenzüberschreitende Übernahmen ist die Hemmung der Integration der EU-Bankenmärkte durch die Regulierung der einzelnen Staaten. Dabei stellt
insbesondere die Prüfung der nationalen Bankenaufsichtsbehörden ein Hindernis für
grenzüberschreitende M&A’s dar, obwohl die EU durch die Harmonisierung der
Bankenregulierung bereits einige Hindernisse für internationale M&A’s in diesem Bereich
beseitigt hat. So wurde in einer ZEW-Studie deutlich, dass neben der Attraktivität des
40
ZEW MA-Report 10/2006 S. 2
41
ZEW MA-Report 10/2007 S. 1
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
27
Ziellandes und der ansässigen Bank auch die Transparenz des nationalen aufsichtsrechtlichen
Prüfungsprozesses eine große Rolle spielt. So ist eine hohe Intransparenz kontraproduktiv für
etwaige Übernahmen. Insbesondere bei großen Banken ist jedoch nicht eindeutig ersichtlich,
wie diese geprüft werden. Ein Grund für diese politische Einflussnahme könnte sein, dass der
Staat weiterhin versucht, die Großbanken seines Landes als inländisches Eigentum zu halten.
Aufbauend auf diesen Ergebnissen versucht die EU-Komission die Transparenz in der
Fusionskontrolle zu erhöhen, um somit weitere Markteintrittsbarrieren abzubauen, was zu
steigenden M&A’s führen könnte. 42
Zum momentanen Zeitpunkt sind diese Aktivitäten zudem ereignisreicher denn je. Durch die
aktuelle Finanzkrise und die hohen Verlustgeschäfte des Jahres 2008 der Banken sind die
aktuellen Übernahmen sogar teilweise staatlich geprägt. Auch die momentane Aktienkurse
der einzelnen Bankenhäuser spiegeln nicht den realen Wert wieder. Viele Banken sind stark
unterbewertet und könnten leichte Opfer feindlicher Übernahmen werden. Einer Neuordnung
der Bankenlandschaft steht somit wenig im Wege und dadurch ist dieser Sektor auch in Zeiten
der Krise sorgfältig zu beobachten.
5.6 Staat reguliert den Stromversorgermarkt 43
In den vorangegangenen Jahren kam es auf dem Markt der lokalen Stromversorger vermehrt
zu M&A’s. Insbesondere die RWE AG und die E.ON AG verfolgten in Erwartung des durch
die Energiemarkt-Liberalisierung ausgelösten Wettbewerbs eine vertikale Expansionspolitik.
So gab es in diesem Bereich zwischen 1999 und 2003 über 130 Übernahmen, was in manchen
Regionen zu Marktanteilen führte, die über den Marktbeherrschungsannahmen des deutschen
Kartellrechts liegen. Somit veränderte das deutsche Kartellamt 2002 seine Politik der
Fusionskontrolle, was zu einem Zusammenbruch der Akquisitionsaktivitäten führte. Zwischen
2004 und 2007 gab es nur noch acht Beteiligungen der vier Verbundunternehmen an lokalen
Energieversorgern. Obwohl das Angebot der Kommunen mit prekären Haushalten besteht,
Stadtwerke zu übernehmen, wird dieser Markt auf Grund der veränderten kartellbehördlichen
Fusionskontrolle voraussichtlich keinen neuen Aufschwung erleben.
42
ZEW MA-Report 04/2008 S. 4
43
ZEW MA-Report 10/2007 S. 4
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
28
Auch die Übernahme durch institutionelle Anleger ist eher unwahrscheinlich. In vielen Fällen
weisen die Stadtwerke ein großes Rationalisierungspotential auf und bieten daher wenig
Anreiz für Übernahmen, obwohl die Erlösaussichten als stabil gelten. Nur vereinzelt kam es
bis jetzt zu Übernahmen, welche jedoch die „Sahnestückchen“ darstellten. Die
Renditeerwartung der Versorger wird weiterhin stark negativ durch den bestehenden
Regulierungsdruck seitens der Bundesnetzagentur und der EU-Kommission beeinflusst. Somit
bleibt
abzuwarten,
ob
und
mit
welchen
Partnern
die
angekündigten
Restrukturierungsmaßnahmen in den kommenden Jahren umgesetzt werden sollen.
5.7 Technologiebranche 2008 und Ausblick auf 2009 44
Trotz rückläufiger Tendenz gibt es immer noch hohe M&A-Aktivitäten in der
Technologiebranche im Vergleich zu 2007. Gegenüber dem Boomjahr 2007 mit einem
Volumen von 126,7 Mrd. Euro ging der Wert 2008 auf 93,2 Mrd. Euro zurück. Trotzdem liegt
das Transaktionsvolumen aber immer noch 5,5Mrd. Euro höher als der Wert von 2006, so
dass von einem starken Einbruch nicht die Rede sein kann. Dennoch ist über die Quartale
hinweg ein deutlicher Abwärtstrend des Transaktionsvolumens zu erkennen.
Abbildung 5: Transaktionsvolumen 2003 -2008
Quelle: Dealogic, M&A Analytics
Betrachtet man das Volumen der einzelnen Transaktionen, ist zu erkennen, dass lediglich die
Megadeals gegenüber 2007 eingebrochen sind. Die Transaktionen im mittleren Marktsegment
bleiben nahezu konstant und befinden sich größtenteils sogar noch über dem Level von 2006.
44
PWC M&A Insights Technology Sector 2009
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
29
Abbildung 6: Volumen einzelner Transaktionen
Quelle: Dealogic, M&A Analytics
Der Ausblick auf 2009 sieht von daher gar nicht so schlecht aus. Auf Grund der Dot-ComKrise im Jahr 2001/02 sind viele Unternehmen in diesem Sektor finanziell gut gerüstet gegen
solche finanziellen Engpässe. Auch wenn nicht zu erwarten ist, dass sich die finanzielle
Situation der Unternehmen in den nächsten sechs bis neun Monaten verbessern wird, kann
man einen Aufschwung im vierten Quartal erhoffen. Aber auch während dieses Jahres sind
weiterhin viele interessante Zusammenschlüsse zu vollziehen, die allerdings eher strategische
Zusammenschlüsse darstellen werden. Das Volumen wird hierbei aller Voraussicht nach
gering ausfallen, aber dies birgt auch seine Vorteile. Insbesondere im Technologiesektor
werden asiatische Unternehmen stärker Unternehmen kaufen.
5.8 Medienbranche 2008 und Ausblick auf 2009
Im Gegensatz zur Technologiebranche hat die Finanzkrise einen erheblichen Einfluss auf den
M&A-Markt
der
Medienbranche.
Im
Jahr
2008
wurden
rund
28%
weniger
Zusammenschlüsse vollzogen und der Transaktionswert fiel sogar um 66% auf 17 Mrd. Euro.
Diese Entwicklung zeichnete sich jedoch schon in der zweiten Jahreshälfte 2007 ab. In der
zweiten Hälfte 2008 sank das Transaktionsvolumen und die Anzahl der Transaktionen noch
einmal rapide. Lediglich 35 Transaktionen wurden durchgeführt mit einem Gesamtvolumen
von 3,3 Mrd. Euro.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
30
Abbildung 7: Transaktionsaktivitäten in Europa
Quelle: Dealogic, Mergermarket
Dabei wurden auch nur noch vier Megadeals (> 1 Mrd. Euro) abgeschlossen, 2007 waren es
noch acht. Der Rückblick auf 2008 fällt auch insbesondere dahingehend schlecht aus, da 175
Transaktionen mit einem Gesamtwert von 40 Mrd. Euro erwartet wurden. Somit bleibt dieses
Jahr eher in Erinnerung als Jahr, in dem Medienzusammenschlüsse nicht stattgefunden haben.
Abbildung 8: Transaktionsaktivitäten in Großbritannien
Quelle: Dealogic, Mergermarket
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
31
Abbildung 9: Transaktionsaktivitäten in Europa ohne Großbritannien
Quelle: Dealogic, Mergermarket
Alarmierend gestiegen ist auch die Anzahl der Insolvenzen in diesem Sektor. Waren es noch
345 Insolvenzen in England und Wales im Jahre 2007, so stieg diese Zahl im Jahr 2008 um
29% auf 445 45.
Der Ausblick auf 2009 fällt aus diesen Gründen auch sehr schlecht aus. Die Rolle der Banken
wird besonders in diesem Sektor immens groß. Private Equity Gesellschaften werden
voraussichtlich nicht ihr Interesse in diesem Sektor zurückgewinnen, womit die Banken diese
Rolle übernehmen könnten. Somit werden sie eine wichtige Rolle im Bereich der M&AAktivitäten übernehmen. Durch Umwandlung von Kreditgewährungen werden sie mehr und
mehr die Rolle eines Teilhabers einnehmen.
5.9 Dynamische Entwicklung in Asien 46
Insbesondere in den asiatischen Ländern haben die M&A-Aktivitäten in den letzten Jahren
stark zugenommen. Wie auch in der Wirtschaft konnten im gleichen Zeitraum die EU und die
USA dahingehend nur ein moderates Wachstum verzeichnen. Dem Transaktionsvolumen von
45
46
PwC M&AInsights 2009, S.9
ZEW MA-Report 04/2007 S. 1
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
32
9,19 Billionen Euro in den Jahren 2000 – 2007 in der EU und den USA stehen allerdings auch
nur 530 Mrd. Euro Transaktionsvolumen in Asien entgegen.
Laut dem ZEW-ZEPHYR M&A-Index 47 ist im asiatischen Raum sowohl eine höhere
Wachstumsdynamik, als auch eine höhere Schwankungsbreite des M&A Marktes zu
erkennen. Der EU-Index zeigt dem gegenüber einen eher schwankungsarmen Verlauf. Der
Grund dafür liegt in einer eher konservativen und zurückhaltenden, auf Sicherheit bedachten,
wirtschaftlichen Handlungsbereitschaft. Die USA bilden dabei einen Mittelweg, stärker
schwankend als die EU, aber deutlich schwächer als Asien.
Einen großen Einfluss auf diese Entwicklung hat auch der Anstieg der M&A-Aktivitäten in
den BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China). Insbesondere rohstoffintensive
Branchen wie die Nahrungsmittelindustrie, Chemie- oder Stahlindustrie haben einen großen
Anteil an diesem Wachstum. So stieg der Anteil am Transaktionsvolumen von anfänglich
<1% vom Gesamtvolumen für Transaktionen in 2000 auf ca. 5% am Ende des Jahres 2006.
Auch der Anteil der Anzahl der Transaktionen stieg von knapp 2% auf über 9%. Diese
Entwicklungen sind insbesondere Stahlunternehmen zuzuschreiben (Vgl. „Stahlindustrie“)
5.10 M&A in Osteuropa 48
M&A’s in Osteuropa waren speziell in letzten Jahren sehr hoch. Durch die zunehmende
Privatisierung von Unternehmen konnten so recht große und strukturstarke Unternehmen
geschaffen werden. Doch da die Privatisierung zunehmend abgeschlossen scheint, wandelt
sich auch dieser Markt. Die Anzahl der Transaktionen sinkt und das Transaktionsvolumen pro
Deal steigt. Das deutet darauf hin, dass sich größere Unternehmen zusammengeschlossen
haben und nicht mehr kleinere Unternehmen in diesem Umfang privatisiert wurden.
Abzuwarten bleibt, wie sich dieser Markt, insbesondere in den Krisenzeiten, verhält. Größere
Volumina können für Transaktionen nicht aufgebracht werden und kleinere PrivatisierungsM&A’s sind nicht mehr alltäglich, da die Privatisierung schon weit vorangeschritten ist. Ein
Beleg dafür ist der Rückgang der Transaktionen über die letzten Jahre.
47
ZEW MA-Report 04/2007 S. 1
48
ZEW MA-Report 04/2007 S. 3
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
33
6. Zusammenfassung und Ausblick
Wirtschaftskrisen scheinen zwangsläufig in gewissen - wenn auch unregelmäßigen Abständen und durch verschiedene Faktoren begünstigt oder gar angetrieben, aufzutreten.
Parallel dazu konnte man in der Vergangenheit beobachten, dass sich die Zahl der
Unternehmensübernahmen tendenziell parallel zum Wachstum der Wirtschaft entwickelte und
dass das Transaktionsvolumen auf dem M&A-Markt bis kurz vor dem Höhepunkt einer Krise
stets stark anstieg, um kurze Zeit später ebenso stark zusammenzubrechen. Weiterhin war zu
beobachten, dass die M&A-Wellen in der Vergangenheit immer größer und damit die
Auswirkungen der jeweiligen Krise schneller und deutlicher spürbar wurden.
Daraus ergibt sich nun folgende Frage: Was sind die Ursachen für diese Entwicklung und wie
könnten die Unternehmen in Zukunft Krisen wie der derzeitigen Finanzkrise begegnen? Gibt
es für Unternehmen vielleicht sogar Möglichkeiten, von Krisen zu profitieren?
Eine Erklärung für die tendenziell immer größer werdenden Ausmaße und Auswirkungen von
Wirtschaftskrisen liegt sicher in der Globalisierung der Wirtschaft. Die in den letzten
Jahrzehnten
immer
weiter
abgebauten
Handelshemmnisse
haben
zu
einer
Internationalisierung der M&A-Tätigkeiten vieler Unternehmen geführt. In der Folge sind so
multinationale Konzerne entstanden. Die weltweite Vernetzung vieler großer Unternehmen
führte zu einem intensiven Verkehr von Waren, Dienstleistungen und Kapital rund um den
Globus. Diese Internationalisierung der Wirtschaft eröffnet den Unternehmen zweifelsohne
große Chancen, allerdings steigt auch die Komplexität einer größer werdenden Unternehmung
wie auch der Weltwirtschaft allgemein.
Problematisch wird es dann, wenn Entwicklungen eintreten, die von den in dieses System
eingebundenen Wirtschaftssubjekten nicht in ihre Planungen einbezogen werden und wenn
keine ausreichende Risikovorsorge getroffen wird. Im Fall der aktuellen Finanzkrise, wurden
Finanzprodukte, deren Komplexität unterschätzt und deren Bewertung selbst Profis nur
schwer bis gar nicht möglich war, verkauft und die damit verbundenen Risiken weltweit
durch eine Vielzahl von Transaktionen gestreut. Schließlich mussten viele Banken feststellen,
dass risikobehaftete Kredite zwar verkauft, das zugrunde liegende Risiko mit einem solchen
Geschäft allerdings nicht eliminiert werden kann.
Die Finanzkrise hat nun dazu geführt, dass durch das Misstrauen der Banken untereinander
der Markt für Fremdkapital nahezu ausgetrocknet ist und Unternehmen, deren Finanzierung in
hohem Maße auf Fremdkapital ausgerichtet ist, in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind. In
der Folge steigt das Insolvenzrisiko solcher Unternehmungen und vice versa sinkt der
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
34
Unternehmenswert. Solide ausgestattete Unternehmen, die aufgrund ihrer Bonität weiterhin
Kredite erhalten, können von einer solchen Marktphase profitieren und die derzeit niedrigen
Bewertungen für den Zukauf von derzeit günstigen, passenden Unternehmen, nutzen.
Welche Lehren können nun aus der derzeitigen Krise gezogen werden?
Nach wie vor spielen bei der Finanzierung eines Unternehmens und damit auch bei der
Finanzierung von M&A-Transaktionen Bilanzrelationen und damit Eigenkapitalquoten eine
wichtige Rolle 49. Eine allgemeingültige Festlegung, welche Bilanzrelationen das Optimum
darstellen, hat sich zwar nicht durchsetzen können, was u. a. in der im Branchen- und
Ländervergleich teils sehr unterschiedlichen Eigenkapitalausstattung der Unternehmen
begründet ist. Dennoch kann man insbesondere an den Problemen, die bei der Finanzierung
der Übernahme von Continental durch Schaeffler aufgetreten sind, eines erkennen: Die
Größenordnung jedes Finanzierungsvorhabens sollte in Relation zur wirtschaftlichen Stärke
und zur Vermögenssituation des durchführenden Unternehmens stehen. In wirtschaftlichen
Krisen liegt die Grenze für Finanzierungsvorhaben durch die schwierigere Finanzierung,
sowohl was das Fremd- als auch das Eigenkapital betrifft, deutlich niedriger als in
wirtschaftlich ruhigen Zeiten. Unternehmen, die dieses nicht berücksichtigen, können so sehr
schnell in Turbulenzen geraten und dabei die finanzierenden Banken mitreißen, was in der
gegenwärtigen Finanzkrise an vielen Stellen deutlich wird.
Fakt ist sicher auch, dass verschiedene Entwicklungen im Finanzgewerbe zu einer
Verschärfung der Krise beigetragen haben. Trotz allem bedeutet die Finanzkrise wohl nicht
das Ende des Investmentbankings; ein Abbau von Überkapazitäten ist im Finanzgewerbe
jedoch ebenso nötig wie beispielsweise in der Automobilindustrie.
Prognosen über die Dauer der Krise sind in der aktuell sehr turbulenten Zeit natürlich äußerst
schwierig. Dennoch wird auch diese Krise früher oder später enden und die Wirtschaft wieder
in ruhigeres Fahrwasser geraten. Voraussetzungen für ein möglichst schnelles Überwinden
der Krise sind zum Beispiel das Zusammenspiel von Finanz- und Geldpolitik, aber auch ein
funktionierendes Bankensystem. Insofern ist die Stützung der Banken zwar teuer, aber nicht
vergeblich. Sie ist vielmehr sogar nötig, um die Krise so schnell wie möglich zu bewältigen.
Erste Indikatoren wie beispielsweise der Baltic-Dry-Index, ein wichtiger Preisindex für das
49
Vgl. Wirtz 2003
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
35
Verschiffen von Gütern, deuten sogar bereits jetzt auf eine leichte Stabilisierung der
Wirtschaft hin. Schwarzsehen hilft jedenfalls nicht weiter, denn der Aufschwung kann
genauso schnell kommen wie die Krise. 50
50
Vgl. Braunberger, Gerald, Es wird auch wieder Licht, In Frankfurter Allgemeine
Zeitung, 28.02.2009
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
36
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Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
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