Biologische Chemie des Vanadiums: Biomimetische Vanadiumverbindungen als Katalysatoren und Antidiabetika Based on the active centre of vanadate-dependent haloperoxidases, a family of oxotransfer enzymes, we synthesise molecular vanadium coordination compounds which act as homogeneous or heterogeneous (confined to mesoporous silicas) catalysts in the enantioselective oxidation of organic substrates. Several of these compounds also exhibit exceptional insulin-mimetic properties in cell cultures. We are presently designing efficient and non-toxic vanadium compounds for the oral treatment of diabetes mellitus for veterinarian applications. An additional central theme is the investigation, by metal NMR, of the ion counter-transport by cells through gated pores, employing artifical cells (porous nano-capsules) based on polyoxometalates (cooperation with Prof. A. Müller, Bielefeld). Prof. Dr. Dieter Rehder Research topics: Bioinorganic, Medicinal and Materials Chemistry I. Biomimetische Oxotransfer-Katalyse Vanadatabhängige Haloperoxidasen kommen in vielen Meeresalgen vor, u.a. dem Knotentang Ascophyllum nodosum, Abb. 1. Sie katalysieren z.B. die Oxidation von Bromid zu HOBr, und von prochiralen Sulfiden zu chiralen Sulfoxiden (Abb. 2). Das aktive Zentrum dieser Enzyme enthält Vanadat(V), kovalent an ein Histidin gebunden, in trigonal-bipyramidaler Umgebung. Die chirale Induktion übernehmen Aminosäureresten, die in Kontakt zum Vanadat stehen. Modelle, d.h. sie katalysieren u.a. enantioselektiv Sulfide zu Sulfoxiden [1], wichtigen Synthonen in der organische Chemie. E-Mail: [email protected] Telefon: +49-(0)40-42838-6087 Telefax: +49-(0)40-42838-2893 Beruflicher Werdegang: 1961-67 Studium an der Universität Hamburg; 1970 Promotion in Anorganischer Chemie in Hamburg (Prof. Dr. R. Nast); 1970-72 FH für Tabaktechnologie und Bioinbgenieurwesen, Hamburg-Bergedorf; 1973-1975 College of Arts Science and Technology sowie Institute for Sugar Technology in Kingston, Jamaica; 1975-79 Habilitation Universität Hamburg; bis 1984 Privatdozent, seit 1984 Professor an der Universität Hamburg. Abbildung 2: Oxo-Transfer-Katalyse durch Peroxidase (oben) und Modellverbindungen (unten). Abbildung 1: Die marine Braunalge Ascophyllum nodosum. Unter Verwendung chiraler Aminodialkohole als Liganden konnten wir eine Gruppe von Vanadiumverbindungen synthetisieren (Abb. 2, unten), die über einen dem aktiven Zentrum der Enzyme vergleichbaren Liganden-Donorsatz verfügen. Diese strukturellen Modelle sind zugleich auch gute funktionelle 20 Institut für Anorganische und Angewandte Chemie Universität Hamburg Martin-Luther-King-Platz 6 20146 Hamburg Durch geeignete Variation des Restes X können diese katalytisch aktiven Komplexe auch in den Nanoporen mesoporöser Silikagele oder an Merryfield-Harzen immobilisiert werden, was die Enantioselektivität der Reaktion verbessert. (Förderung durch COST-29 und GK 611) II. Insulin-mimetische Vanadiumverbindungen Etwa 12% der Bevölkerung in den hoch Chemiedozententagung 2006 industrialisierten Nationen leidet unter der Zuckerkrankheit, Diabetes mellitus, vom Typ I (keine Insulinproduktion; juveniler Diabetes; etwa jeder zehnte Erkrankte) oder vom Typ II (Insulintoleranz; Altersdiabetes). Der Typ II wird auch bei Jugendlichen, insbesondere bei Übergewicht, zunehmend zum Problem. Ein Symptom des Diabetes ist die Beeinträchtigung der visuellen Wahrnehmung; Abb. 3. Die Kosten, die heute in die Behandlung von Diabetikern fließen, sind vergleichbar den Behandlungskosten für Krebskranke. Die Behandlung ist auf Insulin-Injektionen angewiesen (mit nur bedingter Wirkung bei Typ II) oder auf setzungen weitgehend erfüllt und insbesondere den Transport über durch die Zellmembran dadurch erleichtern, dass sie über ausgeglichene Hydro/ Lipophilie verfügen bzw. Gruppen in der Ligandenperipherie (wie Galactose oder Inositol), die von Zellrezeptoren erkannt werden [3]. Abbildung 3: Diabetische Retinopathie Substitute wie (toxische) ThioharnstoffDerivate mit einem sehr engen therapeutischen Fenster. Eine ganze Reihe von Vanadium-Verbindungen mit organischen Ligandensystemen hat sich in Zellkulturen [2] und bei oraler Verabreichung bei Versuchstieren mit künstlich erzeugter Diabetes bewährt. Die Wirkung der Vanadium-Verbindungen beruht wahrscheinlich auf der Blockade einer intrazellulären Protein-Tyrosinphosphatase und damit der Freigabe des Signalweges für die Aufnahme und den Abbau von Glucose. Bei der Entwicklung geeigneter Medikamente auf Vanadiumbasis sind eine Reihe von Bedingungen zu erfüllen: (i) Geringe Toxizität und nicht-toxische Abbauprodukte, (ii) Beständigkeit gegenüber dem sauren Milieu des Magens und dem schwach alkalischen des Darmtraktes und des Blutes, (iii) leichte Resorbierbarkeit im Darmtrakt, (iv) ausreichende Stabilität gegenüber konkurrierenden Liganden im Blut, und (v) guter Transmembran-Transport, um in die Zielzelle zu gelangen. Wir haben aufbauend auf 2,5-Dipicolinsäure eine Verbindungsgruppe entwickelt, Abb. 4, die bei in vitro Tests alle diese Voraus- mit externem, solvatisiertem Li+ nachweisen (Abb. 6) [4, 5], andererseits durch 7Li- und 23Na-NMR den CounterTransport verifizieren (Abb. 5, oben). (Förderung durch GK 611) Erste Versuche haben gezeigt, dass derartige Verbindungen erfolgreich bei der Behandlung natürlich diabetischer Katzen eingesetzt werden können. (Förderung durch COST 21) III. Modellierung des zellulären Ionentransportes (Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe Prof. A. Müller, Univ. Bielefeld, und mit Dr. E. Haupt, Inst. für Anorg. Chemie, Univ. Hamburg.) Abbildung 6: Das 7Li-EXSY Spektrum des in Abb. 5 abgebildeten Clusters zeigt den Austausch zwischen externem Li+ (I) und internen Li+ sites (II-IV). Literatur I-III Abbildung 5: „Nanokapsel“, ein Polyoxomolybdat mit 132 Mo-Zentren, einer Kavität und 20 Poren. 28 Li+ in unterschiedlichen Umgebungen (unten) tauschen partiell mit Na+ aus (oben: blau = Mo, rot = O). [1] Santoni, G.; Licini, G.M.; Rehder, D., Chem. Eur. J. 2003, 9, 4700-4708. [2] Rehder, D.; Costa Pessoa, J.; Geraldes, C.F.G.C.; Castro, M.M.C.A.; Kabanos, T.; Kiss, T.; Meier, B.; Micera, G.; Pettersson, L.; Rangel, M.; Salifoglou, A.;Turel, I.; Wang, D.,J. Biol. Inorg. Chem. 2002, 7, 384-396. [3] Gätjens, J.; Meier, B.; Kiss, T; Nagy, E.M.; Buglyó, P; Sakurai, H.; Kawabe, K.; Rehder, D., Chem. Eur. J. 2003, 9, 2924-2935. [4] Müller, A.; Rehder, D.; Haupt, E.T.K.; Merca, A.; Bögge, H.; Schmidtmann, M.; HeinzeBrückner, G., Angew. Chem. 2004, 116, 4566-4570; Angew. Chem. Int. Ed. 2004, 43 4466-4470. (Corrigendum: 2004, 43, 5115). [5] Haupt, E.T.K.; Wontorra, C.; Rehder, D.; Müller, A., Chem. Commun. 2005, 39123914. Reviews (Auswahl) 1. Zellmembranen enthalten Ionenkanäle für den Transport u.a. von Na+ und K+ die, bei Therapien mit Lithium-Verbindungen (manische Depression, Bluthochdruck) auch für den Li+-Transport genutzt werden. Abb. 5. zeigt eine poröse anorganische Kapsel, ein Polyoxomolybdat, mit der der Transport von Alkalimetallionen modelliert werden kann. Abbildung 4: Insulin-mimetische Vanadium-Komplexe. 2. Biological and medicinal aspects of vanadium: D. Rehder, Inorg. Chem. Commun. 2003, 6, 604-617. Bioanorganische Chemie des Vanadiums: D. Rehder, Angew. Chem. 1991, 103, 152172; Angew. Chem., Int. Ed. Engl. 1991, 30, 148-167. Wir konnten einerseits durch 7Li-NMRSpektroskopie die unterschiedlichen, mit dem Polyoxomolybdat assoziierten Lithiumzentren und deren Austausch Chemiedozententagung 2006 21