Accu-Chek® Ratgeber Risikosituation – Stoffwechselentgleisung bei Menschen mit Diabetes. Liebe Leserin lieber Leser Zum Inhalt Für Menschen mit Diabetes kann es immer wieder zu gefährlichen Entgleisungen des Stoffwechsels kommen. Das passiert, wenn die Blutzuckerwerte zu hoch steigen oder aber zu stark abfallen. Themen Nicht nur Menschen mit Typ 1, sondern auch mit Typ 2 Diabetes, die mit Insulin oder oralen Antidiabetica behandelt werden, sind betroffen. Das Erreichen normaler Blutzuckerwerte gleicht einer ständigen Gratwanderung zwischen Unter- und Überzuckerung. Die Gefahren einer Unter- und Überzuckerung sollten dabei weder unterschätzt noch überbewertet werden. Wichtig ist, dass Sie, liebe Leserin, lieber Leser, diese kritischen Situationen frühzeitig erkennen und richtig handeln. Unser Accu-Chek Ratgeber gibt Ihnen hierfür alle wichtigen Informationen an die Hand. Ihr Accu-Chek® Team 2 Seite Zwei Hormone regeln den Blutzuckerspiegel 4 Der Blutzucker im Höhenrausch: Hyperglykämie und Ketoazidose 5 Der Grund für hohe Blutzuckerwerte 8 Schnelle Hilfe bei erhöhtem Blutzucker 9 So beugen Sie Hyperglykämien wirksam vor 11 Der Blutzucker auf Talfahrt: die Hypoglykämie 12 Gesundheitsschäden durch Unterzuckerung 14 Fünf Ursachen für Unterzuckerung 15 Hypos frühzeitig erkennen 17 Wie Sie Hypos vorbeugen 18 Wenn Unterzuckerung nicht wahrgenommen wird 20 Das Umfeld mit einbeziehen 21 3 Zwei Hormone regeln den Blutzuckerspiegel Der Blutzucker im Höhenrausch: Hyperglykämie und Ketoazidose Der Blutzuckerspiegel bewegt sich bei Nicht-Diabetesbetroffenen in recht engen Grenzen. Das Insulin, ein in der Bauchspeicheldrüse hergestelltes Hormon, verhindert zu hohe Blutzuckerwerte, z. B. nach dem Essen, denn Insulin sorgt dafür, dass der Zucker aus dem Blut in die zuckerverbrauchenden Zellen aufgenommen werden kann. Ein deutlicher Insulinmangel im Blut bringt den Stoffwechsel ins Schleudern. Die steigenden Blutzuckerwerte bewirken eine Überzuckerung, auch Hyperglykämie genannt. Übersteigt der Blutzucker die sog. Nierenschwelle, kommt es häufig im wahrsten Sinne des Wortes zur Harnflut. Ein Flüssigkeitsverlust von mehreren Litern pro Tag ist möglich, gefolgt von einem schier unlöschbaren Durst. Während die beiden Symptome «starker Harndrang» und «grosser Durst» bei jüngeren Betroffenen fast immer auftreten, sind sie bei den älteren, vornehmlich Typ 2 Betroffenen, nicht immer anzutreffen. Dadurch steigt die Gefahr bei dieser Gruppe, den Insulinmangel nicht rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln. Sinkt der Blutzuckerspiegel jedoch zu stark ab, wird die Insulinausschüttung ins Blut entsprechend gebremst. Das zweite Hormon, Glucagon, bewirkt dann eine Erhöhung des Blutzuckerwertes. Glucagon wird wie das Insulin in der Bauchspeicheldrüse gebildet. Es aktiviert die Glucosespeicher der Leber und regt die Glucoseneubildung an. Insulin- und Glucagonausschüttung sind beim Nicht-Diabetesbetroffenen also fein aufeinander abgestimmt. Bei Menschen mit Diabetes funktioniert dieses ausgeklügelte System jedoch nicht mehr, da die Bauchspeicheldrüse kein oder zu wenig Insulin herstellen kann. Die feine Regulierung des Blutzuckers ist dadurch nicht möglich oder stark eingeschränkt. Die Folge: Der Blutzucker fährt Achterbahn. Mal bewegt er sich in schwindelerregenden Höhen, mal fällt er ins Bodenlose. 4 Durch den Wasserverlust gehen die wichtigen Mineralstoffe Kalium und Magnesium verloren. Wadenkrämpfe und Muskelschmerzen treten auf. Was jedoch noch gravie- render ist: Durch den Wasserverlust trocknet der ganze Körper nach und nach aus. Müdigkeit und Abgeschlagenheit machen sich breit. Die Müdigkeit kann sich bis in den Schlaf des diabetischen (hyperosmolaren) Komas steigern. Vor allem Typ 1 Betroffene droht durch hohe Blutzuckerwerte noch eine weitere Gefahr. Bei Insulinmangel werden Fettreserven abgebaut, um daraus Energie zu gewinnen. Dabei entstehen jedoch drei Stoffe, die als «Ketonkörper» bezeichnet werden: Azeton, Hydroxybuttersäure und Azetoacetat. Die Ketonkörper können vom Körper nur langsam abgebaut werden; Azeton verlässt den Körper über die Atemluft. Der Atem riecht auffällig stark nach frischem Obst. Ausserdem atmet der Betroffene sehr tief und beschleunigt. Fachleute bezeichnen das als «Kussmaulsche Atmung». 5 Auch über den Urin wird ein Teil des Azetons ausgeschieden. Diese so genannte «Ketonurie» kann mit einem Urinteststreifen gemessen werden. Die Ketonkörper führen auch zu einer Übersäuerung (Azidose) des Blutes, deshalb spricht man auch von einer «Ketoazidose». Der Säuregrad (pH-Wert) im Blut sinkt. Dem Betroffenen wird übel, er bekommt Bauchschmerzen und muss eventuell erbrechen. Nicht selten werden diese Symptome des Magen-Darm-Traktes als Magenverstimmung oder Viruserkrankung abgetan. Da in dieser Situation Hunger und Appetit nicht besonders gross sind, reduzieren viele Diabetesbetroffene daraufhin ihre Insulinzufuhr. Dadurch verschlimmert sich die bereits kritische Stoffwechsellage zusätzlich. Eine lebensbedrohliche Situation – das ketoazidotische Koma – droht. 6 Bitte beachten Sie: Die Nierenschwelle für Glucose ist mit einem Staudamm vergleichbar. Ist der Blutzuckerspiegel normal, also ca. 5,6 mmol/L (100 mg/dL), hält die Nierenschwelle den gesamten Zucker im Blut zurück. Im Urin ist kein Zucker nachweisbar. Selbst wenn der Blutzuckerwert auf ca. 8,9 mmol/L (160 mg/dL) ansteigt, ist meistens noch kein Zucker im Urin zu finden. Übersteigt der Blutzuckerwert aber den Staudamm Nierenschwelle, wird Zucker mit dem Urin ausgeschieden. Bei den meisten Menschen liegt die Nierenschwelle bei ca. 8,9 mmol/L (160 mg/dL). Dieser Wert kann aber je nach Veranlagung leicht variieren. Ketonkörper im Urin lassen sich ganz einfach mit Teststreifen nachweisen. Dazu wird ein Teststreifen kurz in den Harnstrahl oder in ein Gefäss mit aufgefangenem Urin getaucht, so dass das Testfeld ausreichend benetzt wird. Überschüssiger Harn sollte abgestreift oder abgeschüttelt werden. Nach einer Minute verfärbt sich der Teststreifen und kann mit der Skala der Teststreifenröhre verglichen werden. 7 Der Grund für hohe Blutzuckerwerte Die Ursachen für Stoffwechselentgleisungen werden oft in einer falschen Ernährung gesucht. Die Essgewohnheiten sind aber nur ein Grund, warum die Blutzuckerwerte in beängstigende Höhen steigen. Spritzfehler spielen hier ebenfalls eine Rolle. Wenn insulinempfindliche Diabetesbetroffene zu wenig Insulin spritzen, das Spritzen einmal vergessen oder ein Defekt am Insulin-Pen oder der Insulinpumpe vorliegt, kann der Blutzuckerwert nach oben schnellen. Aber auch bei jeder Erkrankung, insbesondere mit Fieber, steigt der Blutzucker an. Dieser Blutzuckeranstieg wird durch die Stresshormone (z. B. Adrenalin, Noradrenalin oder Cortison) verursacht. Das Gleiche geschieht auch bei Durchfallerkrankungen, grippalen Infekten, im Rahmen einer Operation oder durch verschiedene Medikamente. Auch starke Gefühlsregungen, etwa die Trauer um einen verstorbenen Menschen, können einen Blutzuckeranstieg bewirken. Jede Form von Stress treibt den Blutzucker in die Höhe, da die Stresshormone Gegenspieler des Insulins sind. Schnelle Hilfe bei erhöhtem Blutzucker So kommen die Blutzuckerwerte wieder in den grünen Bereich: 1. Viel Wasser trinken, um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen. Selbst bei Übelkeit und Erbrechen sollten Sie schluckweise Flüssigkeit aufnehmen. Bei unstillbarem Erbrechen über einige Stunden hinweg ist eine Infusionsbehandlung im Krankenhaus notwendig. 2. Insulin spritzen, um die Blutzuckerwerte abzusenken. 3. In bestimmten Zeitabständen den Blutzuckerwert und die Azetonausscheidung im Urin überprüfen. Bei weiterhin erhöhten Werten wieder Insulin spritzen. 8 Es gibt verschiedene Schemata, wie viel und in welchem zeitlichen Abstand Insulin gespritzt werden sollte. Darum ist es wichtig, dass gefährdete Diabetesbetroffene mit dem Diabetologen ihr persönliches Ketoazidose-Schema besprechen. Vorsicht ! Einige Betroffene glauben, dass sie während einer ketoazidotischen Stoffwechsellage die Blutzuckerwerte mit Hilfe von körperlicher Aktivität absenken können. Der Zucker muss jedoch mit Hilfe von Insulin in die Zellen aufgenommen werden, und Insulin fehlt in dieser Situation. Bewegung während einer ketoazidotischen Stoffwechsellage ist also völlig fehl am Platz. 9 So beugen Sie Hyperglykämien wirksam vor Accu-Chek Tipp: Am besten ist es, im Falle einer Stoffwechselentgleisung den betreuenden Arzt aufzusuchen, denn es handelt sich immer um eine ernste Situation. Jeder Diabetesbetroffene sollte auf brenzlige HyperglykämieSituationen vorbereitet sein. 1. Messen Sie regelmässig Ihren Blutzucker, besonders wenn Sie sich in Bezug auf Ihren Stoffwechsel unsicher fühlen. 2. Denken Sie bei Erkrankungen mit und ohne Fieber immer an einen möglicherweise steigenden Insulinbedarf. 3. Einen Defekt der Injektionshilfe erkennen Sie, indem Sie ein oder zwei Einheiten Insulin vor der eigentlichen Injektion in die Luft spritzen. 4. Blutzuckerteststreifen und Urinteststreifen für Azeton genau wie das Insulin so lagern, dass sie jederzeit greifbar sind. 5. Bedenken Sie, dass Sie bei einer schweren Diabetes-Entgleisung schläfrig oder gar bewusstlos werden können und deshalb womöglich die notwendige Insulinzufuhr nicht durchführen können. 6. Bitten Sie im Krankheitsfalle Angehörige und Freunde um Hilfe, damit Ihre Versorgung sichergestellt ist. 7. Spielen Sie Ihr persönliches Ketoazidose-Schema gedanklich immer wieder durch. So sind Sie für den Ernstfall gewappnet. 10 11 Der Blutzucker auf Talfahrt: die Hypoglykämie Fällt der Blutzuckerwert rasant auf Werte unter 2,8 mmol/L (50 mg/dL), ist Vorsicht geboten. Denn den Körperzellen fehlt nun der wichtigste Brennstoff: der Traubenzucker (Glucose). Man bezeichnet diesen Zustand als Unterzuckerung, Hypoglykämie oder kurz Hypo. Frühwarnsymptome, die eine herannahende Unterzuckerung anzeigen, gibt es viele. Doch äussern sich diese Warnzeichen häufig völlig unterschiedlich. Ausserdem hängen die Unterzuckerungsanzeichen nicht nur von dem niedrigen Blutzuckerwert ab. Manche Betroffene fühlen sich schon bei Werten um 3,4 bis 5,6 mmol/L (70 bis 100 mg/dL) unterzuckert. Dies liegt oftmals daran, dass der Blutzuckerwert bereits längere Zeit erhöht war und sich der Körper an diese hohen Blutzuckerwerte gewöhnt hatte. 12 Es gibt stressbedingte und gehirnbedingte Anzeichen für eine Unterzuckerung. • Stressbedingte Anzeichen • (adrenerge Symptome) sind Schwitzen, Zittern, Herzjagen, Blutdruckanstieg, Blässe und weiche Knie. Zu diesen Anzeichen kommt es immer dann, wenn der Körper als Reaktion auf einen Blutzuckerabfall das Stresshormon Adrenalin vermehrt ins Blut ausschüttet. Sinkt der Blutzuckerspiegel weiter ab, kommt es zu den gehirnbedingten Anzeichen (zerebrale Symptome). Der Mangel an Glucose im Gehirn bewirkt Heisshunger, Seh-, Denk- und Sprachstörungen, Konzentrationsschwäche, Bewegungsstörungen oder ein pelziges Gefühl um die Lippen. Doch auch Bewusstseinstrübungen und Verwirrtheitszustände treten häufig auf. Gleichzeitig verändert sich zumeist die Stimmungs- und Gefühlslage drastisch – Aggressivität, Angstgefühle oder Depressionen können auftreten. Unterzuckerungssymptome sind äusserst vielfältig. Jeder Diabetesbetroffene muss daher lernen, seine ganz persönlichen Warnzeichen eines Hypos zu erkennen. Doch Vorsicht: Diese Frühwarnzeichen bleiben nicht unbedingt ein Leben lang gleich. War jahrelang die pelzige Zunge das untrügliche Anzeichen einer drohenden Unterzuckerung, kann es auf einmal die plötzlich auftretende Konzentrationsschwäche sein. Das Hormon Adrenalin versetzt den Körper in die Lage, auf Stress, Aufregung oder Gefahr schnell zu reagieren. Blutdruck und Puls steigen, und mit Unterstützung des Glucagons wird zusätzliche Energie freigesetzt. Der Blutzuckerspiegel steigt wieder. Die leichte Unterzuckerung Die leichte Unterzuckerung kann sich durch folgende Symptome bemerkbar machen: Schweissausbruch, Heisshunger, Herzklopfen, Kribbeln an den Lippen, leichte Konzentrationsschwäche. Auch «weiche Knie» als Zeichen einer Muskelschwäche, sowie Stimmungsschwankungen sind hierfür recht typisch. Allerdings müssen nicht alle Anzeichen gleichzeitig auftreten, es stehen auch bei jedem Einzelnen unterschiedliche Symptome im Vordergrund. Die mittelschwere Unterzuckerung Sinkt der Blutzucker weiter ab, kommen weitere Symptome hinzu: Zittern, Sehstörungen und ein gezieltes Denken und Handeln fällt zunehmend schwerer, Orientierungsschwankungen treten auf. Die schwere Unterzuckerung Diese schwere Stoffwechselentgleisung ist von Bewusstlosigkeit und eventuellen Krampfanfällen gekennzeichnet. Es treten Schlaganfall ähnliche Symptome auf. Jetzt brauchen Sie unbedingt fremde Hilfe, um den Stoffwechsel wieder in den Griff zu bekommen. 13 Gesundheitsschäden durch Unterzuckerung Fünf Ursachen für Unterzuckerung Unangenehm, bedrohlich und ängstigend – so empfinden Diabetesbetroffene eine schwere Unterzuckerung. Schädlich bis lebensgefährlich – so beurteilen Ärzte diesen Zustand. Denn wird eine schwere Hypoglykämie nicht rechtzeitig erkannt und behandelt, kann sie zu einem Krampfanfall und zur Bewusstlosigkeit führen. Bei Kindern und älteren Menschen sind Hirnschäden die mögliche Folge. Doch das ist es nicht allein: Es besteht eine – wenn auch geringe – Gefahr, nicht mehr aus der Bewusstlosigkeit zu erwachen oder daran zu sterben. Vor allem die Erstickungsgefahr ist bei Bewusstlosen gross. 1. Zu viel Insulin bzw. zu viel Sulfonylharnstofftabletten genommen Ein weiteres Risiko: Im Zustand der Unterzuckerung kommt es leicht zu Unfällen, die den Betroffenen – und andere – gefährden. Selbst leichte Unterzuckerungen sind nicht zu unterschätzen; sie verursachen zwar keine körperlichen Schäden, beeinträchtigen aber das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit. • zu frühes Korrigieren hoher • • • 2. Zu wenig gegessen Durch körperliche Bewegung sinkt der Insulinbedarf. Darum bereits vor der Aktivität, aber auch noch nachher, die Insulindosierung vermindern. 4. Zu viel Alkohol Schwere Hypoglykämien sind oft die Folge eines zu hohen Alkoholkonsums. Bis zu 30 Stunden nach dem Alkoholgenuss können noch Hypos auftreten. Denn Alkohol blockiert die Zuckerneubildung in der Leber. • Mahlzeit wurde vergessen oder • • • • 14 Blutzuckerwerte nach dem Essen mit einem zusätzlichen Bolus Insulin, versehentliches doppeltes Spritzen von Insulin, nachgespritzt, weil aus der Spritzstelle etwas zurücklief, versehentlich eine zu hohe Dosiswahl bei der Injektionshilfe eingestellt. 3. Zu viel Bewegung/Sport zu lange hinausgeschoben, zu wenig Kohlenhydrate aufgenommen, zu langer Spritz-Ess-Abstand, Fehler bei der Berechnung der für die gespritzte Insulinmenge notwendigen Kohlenhydrate, Essverhaltensstörungen (z. B. Magersucht oder Bulimie). 5. Eingeschränkte Nierentätigkeit Durch eine beginnende Nierenschädigung kann es zu einer verlängerten Insulin- bzw. Medikamentenwirkung kommen. 15 Hypos frühzeitig erkennen Versuchen Sie bitte, die nachfolgenden Fragen möglichst ausführlich zu beantworten: • Können Sie Ihre körpereigenen Warnsignale beschreiben? • Treten bei Ihnen eindeutige • • Anzeichen auf, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine drohende Unterzuckerung hinweisen? Gibt es Situationen, in denen Sie besonders unterzuckerungsgefährdet sind? Haben Sie sich schon einmal überlegt, wie Sie in einer Unterzuckerungssituation reagieren wollen oder können? Wenn Sie alle Fragen beantworten können, haben Sie sich schon ausführlich mit einer möglichen Unterzuckerungssituation beschäftigt. Ansonsten beobachten Sie bitte genau, welche körperlichen Anzeichen bei tiefen Blutzuckerwerten bei Ihnen auftreten: 16 Beginnen Sie zum Beispiel zu schwitzen? An welcher Körperstelle schwitzen Sie in der Regel zuerst, wo am stärksten? Unterscheidet sich das Schwitzen in einer Unterzuckerung vom gewöhnlichen Schwitzen, wenn Sie z. B. Sport treiben? Unterzuckern Sie häufiger in bestimmten Situationen, z. B. bei der Gartenarbeit oder zu gewissen Tageszeiten? In einer kritischen HypoglykämieSituation ist man häufig nicht mehr in der Lage, überlegt zu handeln. Legen Sie sich deshalb für diesen Fall einen Plan zurecht und spielen Sie diesen in Gedanken immer wieder durch. Denn je besser dieses Verhaltensmuster einstudiert ist, desto eher reagieren Sie bei einem Hypo «vernünftig». 17 Wie Sie Hypos vorbeugen Die Zeitspanne von den ersten Anzeichen eines Hypos bis zu dem Punkt, an dem man sich nicht mehr selbst helfen kann, ist oft nur kurz. Die folgenden wichtigen Regeln helfen Ihnen dabei, einer Unterzuckerung wirksam vorzubeugen. • Halten Sie stets die zu Ihrer • • • 18 Behandlung vereinbarten Mahlzeiten und vor allem die abgesprochenen Kohlenhydratmengen ein. Achten Sie auf den Spritz-EssAbstand. Vermeiden Sie bei der intensivierten Therapie das Spritzen zu grosser Zusatzmengen von Insulin. Bei grossen körperlichen Belastungen reduzieren Sie bitte frühzeitig Ihre Insulinmenge, und halten Sie während der Aktivitäten reichlich zusätzliche Kohlenhydrate bereit. • Gibt es Gründe dafür, dass ein • • • • • Hypo eintreten könnte (z. B. eine ausgelassene Mahlzeit), messen Sie bitte Ihren Blutzuckerwert häufiger. Bei den ersten Anzeichen einer Hypoglykämie gilt: erst essen, dann messen! Liegen Ihre Blutzuckerwerte immer recht niedrig, sprechen Sie mit Ihrem Arzt über Ihre Insulinbehandlung. Tragen Sie immer einen Notproviant, z. B. Traubenzucker oder ein zuckerhaltiges Getränk, bei sich. Tragen Sie bitte immer und überall Ihren Diabetiker-Ausweis bei sich. Hatten Sie schon häufiger eine schwere Unterzuckerung, halten Sie auch bitte immer Ihr Glucagon-Notfallkit bereit. Informieren Sie auch Familienangehörige und Arbeitskollegen, wie Sie Ihnen im Notfall Glucagon spritzen können. Glucagon als Gegenspieler des Insulins sorgt für eine schnelle Freisetzung der Zuckerreserven aus der Leber. Unter die Haut oder in den Muskel gespritzt, bewirkt es einen Blutzuckeranstieg von etwa 1,7– 2,2 mmol/L (30 bis 40 mg/dL) inner-halb weniger Minuten. Dadurch kommt ein bewusstloser Diabetesbetroffener wieder zu sich. Damit ist die Unterzuckerungsgefahr aber noch nicht gebannt. Nach dem Aufwachen aus der Ohnmacht muss der Betroffene nochmals Traubenzucker (mindestens 4 Täfelchen) zu sich nehmen (2–3 schnell wirkende Broteinheiten), damit der Blutzucker nicht erneut absinkt. Glucagon hilft jedoch nicht bei einer alkoholbedingten Unterzuckerung, da in einem solchen Falle die Zuckerreserven der Leber vom Alkohol gesperrt sind und vom Glucagon nicht freigesetzt werden können. Bei einem durch Alkohol ausgelösten «Hypo» muss Glucose intravenös verabreicht werden. 19 Wenn Unterzuckerung nicht wahrgenommen wird Das Umfeld mit einbeziehen Viele Diabetesbetroffene beklagen, dass sie eine drohende Unterzuckerung nicht mehr spüren, weil die Anzeichen sich ändern oder schwächer werden. Viele Diabetesbetroffene verschweigen vor anderen ihre Krankheit. Wie sieht es bei Ihnen aus? Weiss Ihr Umfeld, also diejenigen Menschen, mit denen Sie tagtäglich zu tun haben, über Ihren Diabetes Bescheid? Der Grund für die Wahrnehmungsstörungen liegt wahrscheinlich in einem Gewöhnungseffekt. Das Risiko einer verminderten Hypoglykämie-Wahrnehmung steigt mit der Diabetesdauer. Treten häufiger Blutzuckerwerte unter 3,9 mmol/L (70 mg/dL) bei einem Patienten auf, bedeutet dies Stress für den Körper. Stresshormone wie z. B. Adrenalin werden ausgeschüttet. Um auf Dauer diesem Stress zu entgehen, schüttet der Körper nun in Unterzuckerungsreaktionen weniger Stresshormone aus oder sie wirken nicht mehr so stark. 20 Auch merken Menschen mit Diabetes, die einen niedrig eingestellten Blutzucker haben, ihre Hypoglykämie-Anzeichen erst bei niedrigeren Blutzuckerwerten als andere. Je niedriger das HbA1c, desto niedriger die Wahrnehmungsschwelle für Unterzuckerungen. Der Übergang von Blutzuckerwerten, bei denen noch Hypo-Symptome wahrgenommen werden und einer Bewusstlosigkeit kann sehr schnell gehen, sodass bei einem Blutzuckerabfall wenig Zeit bleibt, um Gegenmassnahmen zu treffen. Wenn nicht, holen Sie dies bitte nach – in Ihrem eigenen Interesse. Nur wenn die Menschen in Ihrem Umfeld wissen, was Diabetes mellitus bedeutet, welche Medikamente notwendig sind und welche Risikosituationen auftreten können, ist schnelle Hilfe möglich. Scheuen Sie sich nicht, den Personen Ihres Vertrauens zu zeigen, wie Sie Ihren Blutzuckerwert messen. Haben Sie auch keine Hemmungen zu berichten, dass Sie unter dem Einfluss einer Unterzuckerung möglicherweise gereizt und aggressiv reagieren können. Ihre Angehörigen, Freunde und Kollegen sollten wissen, wer Ihr behandelnder Arzt ist. So kann dieser im Notfall schnell verständigt werden. Die intensivierte Insulintherapie verschlechtert die Wahrnehmung einer Hypoglykämie nicht. Im Gegenteil: Diese Therapieform verbessert die Stoffwechseleinstellung und vermeidet dadurch schwere Unterzuckerungen. 21 Tragen Sie immer Ihren Diabetiker-Ausweis bei sich, am besten im Portemonnaie. Dadurch haben nicht nur Personen, die Sie kennen, sondern z. B. auch Rettungssanitäter gleich die wichtigsten Informationen zu Ihrer Krankheit. Geben Sie Ihren möglichen Helfern Hinweise zu Erste-Hilfe-Massnahmen. Zeigen Sie ihnen, wo Sie Ihre Traubenzucker aufbewahren, wie Ihr Blutzuckermessgerät funktioniert, wie man Insulin oder Glucagon spritzt. Gegenseitige Offenheit trägt dazu bei, dass Diabetesbetroffene und Nicht-Betroffene verständnisvoll und helfend miteinander umgehen. Vorbeugen ist besser als Handeln Damit es erst gar nicht zu den gefürchteten Stoffwechselentgleisungen kommt, sollten Sie immer gemeinsam mit Ihrem behandelnden Arzt um eine gute Diabeteseinstellung bemüht sein. So können Sie Komplikationen am besten vermeiden. Eine Normalisierung des Blutzuckers in Ihren individuellen Bereich ist dabei entscheidend. Um dieses Ziel zu erreichen, ist eine an Ihren Alltag und Lebensumstände angepasste Schulung sehr hilfreich und dient dazu, das tägliche Wohlbefinden zu erhalten und den Umgang mit dem Diabetes zu erleichtern. Regelmässige Blutzuckerselbstkontrollen helfen Ihnen ausserdem dabei, Ihren Stoffwechsel kennen zu lernen. So können Sie die gefürchteten Stoffwechselentgleisungen rechtzeitig erkennen und ihnen vorbeugen. 22 04.862.813.001 Roche Diagnostics (Schweiz) AG 6343 Rotkreuz www.roche-diagnostics.ch