Modul 2: Organe der EU

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Hinweise zu Didaktik und Methoden
Modul 2: Organe der EU
Einführung
Die Organe der EU sind den meisten Erwachsenen dem Namen nach bekannt, zumindest
die drei „großen“ Organe Kommission, Europäisches Parlament und Rat (Ministerrat). Häufig
werden sie unter dem meist kritisch benutzten Begriff „Brüssel“ zusammengefasst.
Weniger bekannt ist dagegen, welche unterschiedlichen und aufeinander abgestimmten
Aufgaben diese Organe zu erfüllen haben. Die populäre Kritik an „Brüssel“ verführt zu der
Annahme, dass dort eine Art von übernationaler Regierung sitzt, die den Staaten bis ins
lächerliche Detail vorschreibt, was sie zu tun haben. Vor allem der Kommission werden
Machtmissbrauch und Regelungswut unterstellt. Der Rat der Minister erscheint in diesem
verzerrten Bild eher als eine untergeordnete Einrichtung, die sich dem Druck „Brüssels“ nicht
widersetzen kann. Dazu tragen auch kritische Äußerungen deutscher Politiker bei. Selbst
Bundesminister kritisieren in Deutschland Entscheidungen der EU, an denen sie im Rat
selbst beteiligt waren. Völlig unterschätzt wird die Funktion des Europäischen Parlaments.
Die übrigen Organe sind der Mehrheit unbekannt, und wenn jemand sie benennen kann, ist
ihm doch die Einordnung der Organe ins institutionelle Gefüge der EU unklar.
Bei der Vermittlung des Themenbereichs „Organe der EU“ kommt es weniger auf eine
„Institutionenkunde“ an als vielmehr darauf, das Zusammenspiel der Organe im legislativen,
exekutiven und judikativen Bereich der EU erkennbar zu machen. Dabei sollten
Vorkenntnisse erkannt und Vorurteile revidiert werden.
Vorkenntnisse ermitteln
Die Bezeichnungen einzelner oder aller EU-Organe sind den meisten Erwachsenen bekannt.
Um diese Vorkenntnisse zu ermitteln, bietet sich eine einfache Methode an, für die nur eine
Wandtafel oder ein Flipchart samt Schreibgerät benötigt werden.
Die Dozentin bzw. der Dozent bittet die teilnehmende Runde, Organe der EU zu nennen.
Genannte Organe werden für alle sichtbar links untereinander notiert. Ungenaue
Bezeichnungen (wie „Brüsseler Kommission“) oder falsche Angaben (wie „Europol“) werden
gleich korrigiert. Werden nicht alle sieben Organe genannt, ergänzt die Dozentin bzw. der
Dozent die fehlenden.
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Danach sollen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Aufgaben/Funktionen nennen und sie
Organen zuordnen. Die Ergebnisse werden rechts neben die Organe geschrieben. Alle
genannten Aufgaben/Funktionen werden notiert, auch ungenau oder falsch benannte oder
zugeordnete. Danach soll die Runde falsch benannte oder zugeordnete Bezeichnungen
korrigieren. Fehlendes wird von der Gesprächsleitung ergänzt.
Je nach Ergebnis muss der Einstieg variiert werden. Sind den Teilnehmenden nur wenige
Organe und deren Funktionen bekannt, empfiehlt es sich, den ersten Teil von Modul 2 „Die
sieben Organe der EU“ ausführlicher zu behandeln und erst dann die Aufgabenverteilung zu
besprechen. Verwenden Sie dazu die Powerpoint-Präsentation „Der Aufbau der EU“ (zu
finden unter „Medien“).
Lernziele
Es gilt zu erkennen, dass
• die Organe der EU unterschiedliche Aufgaben haben, sich dabei gegenseitig ergänzen und
kontrollieren und nur als einheitliches Gebilde die ihnen übertragenen Aufgaben erfüllen
können;
• die Organe insgesamt durchaus dem Gefüge von Organen in Staaten entsprechen und
ähnliche Aufgaben erfüllen, sich aber letztlich doch grundlegend von ihnen unterscheiden
(z. B. durch das Fehlen von Regierungs- und Oppositionsparteien im Europäischen
Parlament);
• die EU-Organe lediglich die Aufgaben erledigen können, die ihnen von den Mitgliedstaaten
in den Verträgen zugewiesen wurden, also ihre „Macht“ nicht von sich aus erweitern können;
• die Organe auch danach unterschieden werden können, ob sie überwiegend „europäisch“
handeln oder eher nationale Interessen vertreten;
• der Umfang an Kompetenzen der verschiedenen Organe sich im Laufe der Zeit durch
Vertragsänderungen erheblich verändert hat, insbesondere im Blick auf das EP, und dass
folglich die Integration als langwieriger und noch nicht abgeschlossener Prozess zu sehen
ist;
• die Organe EP, EuGH, Rechnungshof und Kommission in erheblichem Maße wirksame
Kontrolle über die Arbeit der EU und der Mitgliedstaaten ausüben können und so zum
Gleichgewicht der Organe innerhalb des Institutionengefüges im Sinne von „checks and
balances“ und zur einheitlichen Anwendung von Europarecht in allen EU-Staaten beitragen;
• die grundlegenden Anforderungen an demokratische Systeme in der EU erfüllt sind, die
Legitimation der politischen Entscheidungen in der EU aber nicht einfach am Modell des
Nationalstaats gemessen werden kann.
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Didaktische Absichten
Die doppelseitigen Arbeitsblätter zum Modul 2 greifen einzelne Aspekte und Organe auf und
stellen dazu unterschiedliche und z. T. kontroverse Texte und Grafiken zusammen. Die
Arbeit mit den Blättern soll dazu anregen, sich mit dem jeweiligen Aspekt näher zu
beschäftigen und ihn aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten und zu bewerten.
ARBEITSBLATT 1
Arbeitsblatt 1 behandelt die Leitlinienkompetenz des Europäischen Rates im strukturellen
Gefüge der EU. Dabei ist grundsätzlich zu unterscheiden zwischen den Leitlinien, die in Art.
15 EUV (M1) genannt sind und für die Union als Ganze gelten, und jenen Leitlinien bzw.
Grundzügen, die der Ministerrat nach Schlussfolgerungen des Europäischen Rates für
Bereiche festlegt, in denen die EU die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten koordiniert und
unterstützt, z. B. in der Beschäftigungspolitik (Art. 148 AEUV) und in der Wirtschaftspolitik
(Art. 121 AEUV).
M1 bringt den Wortlaut von Art. 15 Abs. 1 EUV, von Art. 121 Abs. 2 AEUV und Art. 148 Abs.
2 AEUV.
M2 karikiert die Verwirrung über die unterschiedlichen Vorstellungen der Mitgliedstaaten, in
welche Richtung die EU sich bewegen soll. Die Karikatur aus dem Jahr 1985 behandelt ein
zeitloses Problem der EU, das nach dem Anwachsen auf 27 Mitgliedstaaten nicht leichter zu
lösen ist: Nationale Interessen möchten „Europa“ in eine dem jeweiligen Staat passende
Richtung zwingen. Konsensbildung zwischen 27 Regierungen ist nicht leicht.
M3 leitet über zu der Koordinierungsaufgabe der EU in Bereichen, in denen sie keine
alleinige oder geteilte Zuständigkeit hat. Das betrifft hauptsächlich die Bereiche Wirtschaft,
Beschäftigung und Soziales. Die Methode der Koordinierung wurde zunächst für den
Sozialbereich „erfunden“, in dem die EU keine direkten Befugnisse gegenüber den Staaten
hat, aber über den Weg der Koordinierung eine Kohärenz der einzelstaatlichen Politiken
erreichen will.
M4 beschreibt die Methode der Offenen Koordinierung, die der Europäische Rat geschaffen
hat, um die Koordinierungsmethode aus dem Bereich der Beschäftigungspolitik für den
Wirtschaftsbereich im Rahmen der Lissabon-Strategie (heute „Strategie Europa 2020“) zu
öffnen.
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M5 stellt die „Strategie Europa 2020“ vor, die 2010 die Lissabon-Strategie abgelöst hat. Sie
stellt fünf Kernziele auf für das Jahr 2020 in den Bereichen Beschäftigung (75 % der
Erwerbsfähigen sollen Arbeit haben), Forschung (3 % des BIP für Forschung), Klimawandel
und Energie (20-20-20-Ziel: Verringerung der Treibhausgasemissionen um 20 %, Anteil
erneuerbarer Energien von 20 %, Steigerung der Energieeffizienz um 20 %), Bildung
(Schulabbrecherquote unter 10 %), Armut und soziale Ausgrenzung (Verringerung um 20
Millionen Betroffene).
M6 ist ein Auszug aus der Erklärung des „Euro-Gipfels“ vom März 2011, an dem der „EuroPlus-Pakt“ beschlossen wurde.
ARBEITSBLATT 2
Arbeitsblatt 2 vermittelt ein Bild vom Zusammenspiel der verschiedenen EU-Organe. Die
Kenntnis von der Interaktion der Organe und ihrer wechsel- und gegenseitigen Ergänzungen
und Kontrollen ist wichtiger als die Kenntnis der genauen offiziellen Bezeichnungen der
Organe.
M1 stellt den institutionellen Rahmen der EU vor, wie ihn der EU-Vertrag vorschreibt. Vor
Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags war vom „einheitlichen institutionellen Rahmen“ die
Rede, weil seinerzeit die Aufgaben der EG und der EU noch voneinander getrennt waren
(GASP, PJZS). Von Bedeutung ist der erste Satz von Absatz 2: „Jedes Organ handelt nach
Maßgabe der ihm in den Verträgen zugewiesenen Befugnisse...“ Nur die Mitgliedstaaten als
„Herren der Verträge“ können das Ausmaß der Befugnisse der Organe ändern.
M2 stellt die drei Organe vor, die an der Rechtsetzung der EU beteiligt sind. Die
Aufgabenverteilung dieser Organe entspricht nicht dem Schema der klassischen
Staatsrechtslehre, das heute übrigens auch nur noch für demokratische Präsidialsyssteme
(wie in den USA) gilt.
M3 zeigt die sieben Organe mit ihrer Personalausstattung im Schaubild. Durch den
Lissabon-Vertrag sind der Europäische Rat und die Europäische Zentralbank in die Reihe
der Organe aufgenommen worden. Nicht ersichtlich werden aus dem Schaubild die
Funktionen der neu geschaffenen Institutionen des Präsidenten des Europäischen Rates und
des Hohen Vertreters der Union für die Außen- und Sicherheitspolitik. Hierzu Näheres in
Modul 9.
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M4 stellt die Aufgaben von vier Organen vor, wie sie der EU-Vertrag vorschreibt. Die
Aufgaben der Organe Gerichtshof, Rechnungshof und Zentralbank werden im Vertrag über
die Arbeitsweise der Union gesondert und ausführlich dargestellt: Gerichtshof Art. 252 bis
281, Rechnungshof Art. 285 bis 287, Zentralbank Art. 282 bis 284. Die Aufgaben des
Europäischen Gerichtshofs und der Europäischen Zentralbank sind außerdem in ihren
Satzungen beschrieben, die dem EUV als Protokolle Nr. 3 und Nr. 4 angefügt sind.
M5 beschreibt, wie das Prinzip der Gewaltenteilung in der EU umgesetzt worden ist. Der
Autor ist Richter am Verwaltungsgerichtshof von Baden-Württemberg und Professor für
Europarecht an der Universität Stuttgart.
M6 zeigt eine Möglichkeit der Zusammenarbeit von Organen, die nicht im EU-Vertrag
vorgesehen ist. Solche pragmatischen Lösungen sind typisch für die EU. Sie werden
zwischen den beteiligten Organen („interinstitutionell“) vereinbart und sind in diesem
Rahmen wirksam (werden eingehalten).
M7 und M8 bringen ein weiteres Beispiel für eine informelle Lösung der Zusammenarbeit
von Organen, die von den Vorgaben des EU-Vertrags abweicht. Der Trilog zwischen den
Organen, die das „institutionelle Dreieck“ bilden, soll den notwendigen Konsens bei
Entscheidungen im Haushaltsverfahren oder im Vermittlungsausschuss vorbereiten.
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