DZK 2011.qxd - Prof.Dr.med.Dent. Nezar Watted

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Wissenschaft & Fortbildung
Kombiniert kieferorthopädisch-kieferchirurgische
Therapie von skelettalen Dysgnathien
Nezar Watted, Josef Bill, Peter Proff, Huseen Emad
Zusammenfassung
Die moderne Gesellschaft hat ein
stetig wachsendes und immer
konkreteres Ästhetikbedürfnis im
dentofazialen Bereich. Eine kombiniert kieferorthopädisch-kieferchirurgische Behandlung kann sowohl zum ästhetischen Ergebnis
als auch zur Vorbereitung für eine
andere Fachdisziplin für eine mögliche Rehabilitation des stomatognathen Systems – wie z B. eine
prothetischen Versorgung - beitragen. Wert zu legen ist bei der Behandlungsplanung auf die Erhebung und Wertung verschiedener
diagnostischer Parameter.
Bei Patienten mit skelettal offenem
Biss und in Relation zum Obergesicht verlängertem Untergesicht
sowie erschwertem Mundschluss
kann die Verbesserung der Vertikalen durch eine Oberkieferimpaktion erreicht werden. Dadurch
kommt es zu einer Harmonisierung der Gesichtsproportionen.
Ein elementares Behandlungsziel
in der Kieferorthopädie bzw. orthognathen Chirurgie ist die Verbesserung der dentofazialen Ästhetik. Deshalb ist es in vielen Fällen erforderlich, dass mehrere
Fachdisziplinen der Zahnheilkunde – wie z.B. Parodontologie,
Kieferorthopädie, Kieferchirurgie
und Zahnerhaltung bzw. Prothetik – an einer Behandlung beteiligt
sind, um ein möglichst optimales
Resultat hinsichtlich der Funktion, der Ästhetik, der Stabilität
und der Zufriedenheit des Patienten zu erreichen.
Anhand klinischer Darstellung
wird diese interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Fachdisziplinen
demonstriert.
Einleitung
Die zunehmende Zahl erwachsener Patienten mit behandlungsbedürftigen Bissanomalien macht es
angesichts des abgeschlossenen
skelettalen Wachstums und der somit fehlenden Möglichkeit zur
therapeutischen Wachstumsbeeinflussung häufig notwendig,
dass kieferchirurgische Maßnahmen in die Therapie mit einbezogen werden. Während Dysgnathien geringen Umfangs durch
rein dentoalveoläre Maßnahmen
ausgeglichen werden können,
stellt sich bei ausgeprägten sagittalen oder vertikalen Diskrepanzen
bzw. einer Kombination von Beidem die Frage, wie diese erfolgreich behandelt werden können.
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Dabei definiert sich das Behandlungsergebnis nicht nur über die
letztendlich erreichte Okklusion
oder die hergestellte Funktion,
sondern muss auch den ästhetisch-kosmetischen Ansprüchen
des Patienten gerecht werden. Daher ist es notwendig, die Behandlungsmaßnahmen so abzustimmen, dass sich neben der Korrektur der Okklusion auch ein harmonisches Erscheinungsbild ergibt.
Deshalb werden Okklusion, Funktion und Ästhetik in der modernen Kieferorthopädie und hier
speziell in der kombiniert kieferorthopädisch-kieferchirurgischen
Behandlung als gleichwertige Parameter betrachtet. Dies wurde einerseits durch die Optimierung
der diagnostischen Mittel, andererseits durch die Weiterentwicklung und zunehmende Erfahrung
in der orthopädischen Chirurgie
erreicht. Auf Grund moderner, sicherer und technisch ausgereifter
Verfahren, die den Eingriff nur zu
einer verhältnismäßig geringen
Belastung für den Patienten werden lassen, wird dieser Weg immer
häufiger eingeschlagen.
Dabei ist die interdisziplinär koordinierte, prächirurgische kieferorthopädische Harmonisierung der
Zahnbögen im Hinblick auf die geplante Lageveränderung der Kieferbasen ein wesentliches Kennzeichen dieses therapeutischen
Konzeptes. Besonderes Augenmerk findet dabei die Entwicklung
der maxillären Eingriffe, die in den
letzten drei Jahrzenten zu einer Revolutionierung der kieferorthopädischen Chirurgie geführt hat
Die kieferorthopädischkieferchirurgische Therapie
Die historische Entwicklung der
Oberkieferosteotomie
Bis Ende der 70-er Jahre wurde die
Unterkieferoperation zur Korrektur der skelettalen Dysgnathie,
selbst bei skelettal offenem Biss herangezogen. Dies hat das Ergebnis
für den Patienten nicht nur aus ästhetischer Sicht, sondern auch
funktionell stark eingeschränkt.
Nach der Einführung der Operationstechniken am Oberkiefer kam
es zu einer bemerkenswerten Verbesserung der Stabilität des erreichten Ergebnisses sowie des Gesichtsprofils im Rahmen einer
kombinierten Behandlung.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts
(1893–1896) berichtete Cunnigham erstmals über EinzelzahnSegment-Osteotomien am Oberkiefer-Alveolarfortsatz [13, 14].
Die weitere Entwicklung der kieferorthopädischen Chirurgie basierte auf Erfahrungen aus der
Tumorchirurgie, auf die immer
wieder Bezug genommen wurde
[12, 21, 32]. Cheever hatte bereits
1867 einen operativen Eingriff auf
eine Oberkieferhälfte von einem
umfangreichen extraoralen Zugang aus durchgeführt [11]. 1909
wurde von Babcock vorgeschlagen, die Kocher’sche Technik zur
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fuhr einige Modifikationen, die
teilweise von Kretz [22] und Spanier [35] beschrieben wurden.
Weitaus bedeutender für die Entwicklung der chirurgischen Kieferorthopädie jedoch war die Korrektur eines offenen Bisses durch „totale Mobilisation des Oberkiefers“,
die Wassmund bereits 1927 durchgeführt hatte [36, 37]. Axhausen
riskierte als erster 1934 die völlige
Ablösung des Oberkiefers zur Korrektur einer unfallbedingten Retrognathie [1] (Abbildung 1). 1941
gab Axhausen die totale Mobilisation des Oberkiefers-Osteotomie
in der Le Fort-I-Ebene als Methode
der Wahl zur Korrektur von Pseudoprogenie an [2]. Es war Schucherdt [33, 34], der mit der Lösung
der Processus Pterygoide vom Tuber maxillae einen wichtigen weiteren Schritt in der Entwicklung
der „Le-Fort-I-Osteotomie“ vollzog.
Abb. 1:
Darstellung am Schäder der Resektionslinie, die 1934 Erstmal von Axhausen zur
völligen Ablösung der Maxilla beschrieben wurde.
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Anteriorverlagerung eines retrognathen Oberkiefers einzusetzen
[3]. Durch Kocher erfolgt die Erstbeschreibung einer horizontalen
Osteotomie der Maxilla in Höhe
der Le Fort-I-Frakturlinie [22, 23,
24, 25] mit extraoralem und durch
Partsch mit intraoralem Zugang
[31].
Die theoretische Möglichkeit der
Nutzung der Partsch’schen Operation zur kieferorthopädisch-chirurgischen Stellungskorrektur des
Oberkiefers wurde erstmals von
Pichler im Jahre 1919 erwähnt [12,
21, 32].
Der erste Bericht über eine Segmentosteotomie stammt vom Berliner Chirurgen Cohn-Sock [12],
der 1921 die Rückverlagerung eines protrudierten maxillären Alveolarfortsatzes beschrieb. Die
Cohn-Stock’sche Operation, die
als „partielle Mobilisation des
Oberkiefers“ bezeichnet wurde, er-
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Nachdem nunmehr eine Vielzahl
segmentierender und totaler Osteotomien der Maxilla entwickelt
worden war, erfolgte im zweiten
Teil des Dezenniums schwerpunktmäßig die Anwendung und
Weiterentwicklung dieser orthopädisch-chirurgischen Operationstechniken zur Korrektur maxillärer Retrognathie [26, 30 44].
Grundlagen für die heutige Standardversion der Le Fort-I-Osteotomie war wiederum eine tierexperimentelle Studie und die Operationstechnik von Bell [4, 5, 6]. In
den folgenden Jahren kam es aufgrund dieser einfachen und sicheren Bell’schen Technik sowohl zu
einer weiten Verbreitung kieferorthopädisch-chirurgischer Eingriffe am Oberkiefer als auch zur Ausdehnung der Indikationsstellung
auf Korrekturen vertikaler maxillärer Dysplasien [5, 20].
Die Reihe der Modifikationen der
Bell’schen Technik [4] eröffneten
dessen Mitarbeitern Wolford und
Epker 1975 [43], deren Vorschlag
eine komplette „down fracture“
a
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der Maxilla vorgenommen wird.
Dieses Verfahren dient als Grundlage für die heutigen Oberkieferosteotomie (Abbildung 2a, b).
Ostheosyntheseverfahren nach
Oberkieferosteotomie
Ein größerer Knochenkontakt
nach der Umstellung der Fragmente und bessere Möglichkeiten
zur Anbringung von Drahtnähten
waren Ziel einer weiteren Variante
der Le Fort-I-Osteotomie.
Nach der Einführung der stabilen
Fragment-Fixation durch Miniplatten in der chirurgischen Versorgung von Mittelgesichtsfrakturen
[10] wurde diese Art der Fixation
auch sehr bald in die kieferorthopädischen Chirurgie des Oberkiefers
übernommen (Abbildung 3).
Die aktuelle Forschung im Zusammenhang mit kieferorthopädischchirurgischen Eingriffen am Oberkiefer beschäftigt sich mit der
präoperativen Diagnostik bei
frontalen Asymmetrien der intraoperativen Kondylen-Positionierung, der Übertragung präoperativ
b
Abb. 2a, b:
Osteotomie auf Höhe der Le Fort I-Ebene; a: Markierieng am Schäder; b: die Maxilla nach der Ablösung vom Schädel (down fracture)
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Maxilla-Impaktion und
Mandibulla-Autorotation
Über die unterschiedlichen chirurgischen Techniken am Oberkiefer sowie über die Stabilität des
Ergebnisses nach einer Oberkieferosteotomie bzw. -impaktion (Kranialverlagerung der Maxilla) wurde in der Literatur mehrmals berichtet. Was bei der Kranialverlagerung der Maxilla mit der
Mandibula geschieht, wurde bis
dato nur in einem Artikel von
Bruce N. Epker und Leward C. Fish
[18] aus chirurgischer Sicht veröffentlicht.
Das Maß und die Art der chirurgischen Maxillaimpaktion und deren Folge auf die skelettalen, dentalen Strukturen und auf die dentofaziale Ästhetik, erfordern eine
genaue Planung nicht nur auf skelettale, sondern auch auf dentale
Ebene.
Das Ziel der kieferorthopädischen
Vorbereitung ist es unter anderem,
die dentale Situation auf die postoperativ skelettale Situation unter
besonderer Berücksichtigung der
dentofazialen Ästhetik zu korrigieren. Deshalb ist es wichtig, vorher
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anhand von in Modell-Operationen gewonnenen Informationen
auf die intraoperative FragmentPositionierung, postoperativ auftretenden Irritationen der Kiefergelenkfunktionen, sowie der
postchirurgischen Behandlungsstabilität und WeichgewebsveränAbb. 3:
derungen.
Funktionsstabile Miniplatten Osteo-
synthese zur Fixation des osteotomierten Oberkiefers
die Behandlungsziele festzulegen
und Art und Ausmaß des chirurgischen Eingriffes genau zu erfahren.
Für eine erfolgsreiche kieferorthopädisch-kieferchirurgische
Planung sowie Behandlung ist die Beantwortung folgender Fragen bei
einer Oberkieferimpaktion sehr
wichtig:
D Was geschieht mit der Mandibula nach einer Maxilla-Impaktion?
D Wo geschieht die Maxilla-Impaktion (z.B. totale Impaktion
bzw. parallele Impaktion oder
Impaktion im posterioren Bereich etc. …)?
D Wie groß ist das Ausmaß der
Maxilla-Impaktion?
D Was soll mit der Mmaxilla
nach der Impaktion bezüglich
der sagittalen Dimension geschehen?
D Was soll mit der Mandibula
nach Impaktion der Maxilla
geschehen?
Bei der Kranialverlagerung der Maxilla tritt eine Autorotation des
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Abb. 4:
Simulation der chirurgischen parallen
Impaktion der Maxilla und der folgenden Reaktion der Mandibula im Sinne
einer Autorotation nach kranial und
gleichzeitig nach ventral.
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Unterkiefers im Bereich des Pogonions mit den Kondylen als Rotationszentrum nach ventral und
kranial ein (Abbildung 4). Folge
dieser Impaktion und anschließender Unterkieferautorotation
ist die Reduktion der Vertikalen
und Verstärkung der Sagittalen im
Sinne einer Unterkiefervorverlagerung. Es tritt eine neue Kieferrelation sowohl in der Vertikalen als
auch in der Sagittalen ein. Diese
Autorotation ist umso stärker, je
größer die Impaktionsstrecke der
Maxilla ist, wobei hier das Impaktionszentrum nicht unberücksichtigt bleiben darf (Abbildung 5).
Die Bedeutung und das Ausmaß
dieser Bewegungen bzw. Veränderungen können und müssen bei
der kephalometrischen Operationsplanung ermittelt und somit
berücksichtigt werden.
Eine chirurgisch bedingte skelettale Veränderung bringt dentoalveo-
Abb. 5:
Simulation der chirurgischen Impaktion der Maxilla und der folgenden Reaktion der Mandibula im Sinne einer
Autorotation nach unterschiedlichen
Impaktionsstreken. Eine stärkere Impaktion (rechts der Abbildung) führt zu
einer stärkere Reaktion der Mandibula
in der Sagittale und Ventrale.
läre Veränderungen mit sich, die
wiederum in der Planung und der
prächirurgischen kieferorthopädischen Vorbereitung stark beachtet
werden müssen. Die Frontzahnstellung nach der kieferorthopädischen Vorbereitung spielt eine
große Rolle bei Art und Ausmaß
der Impaktion der Maxilla und bei
zusätzlichen Maßnahmen wie z.B.
Verlagerung der Maxilla oder
Mandibula.
Eine parallele Maxilla-Impaktion
(Abbildung 4) führt zu keiner Veränderung der Frontzahnachse,
während eine Impaktion im posterioren Bereich (die spina naslis anterior ist Rotationszentrum der
Impaktion) (Abbildung 6) zu einer
steilen Stellung der Oberkieferfront führt, die um so stärker auftritt, je näher sich das Impaktionszentrum am Maxillazentrum befindet (Abbildung 7).
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Abb. 6:
Simulation einer Oberkieferimpaktion,
deren Rotationszentrum die Spina nasalis anterior ist.
Für die orthodontische Vorbereitung bedeutet dieses Phänomen
Folgendes: Steht die Front achsengerecht zu der vorderen Schädelbasis (SN-Linie) bzw. zu der Oberkiefergrundebene (NL-Linie), wird
die Front nach einer paralleler Impaktion weiterhin achsengerecht
stehen bleiben. Eine Impaktion im
posterioren Bereich führt zu einer
steilen Stellung der Front (Abbildung 8). In solchen Fällen ist die
Protrusion der Oberkieferfront bei
der orthodontischen Vorbereitung
erforderlich, weil sie durch diese
chirurgische Impaktion achsengerecht wird. Sollte die Oberkieferfront vor der orthodontischen
Vorbereitung labial stehen, wird
sie dann in der orthodontischen
Vorbereitung bei einer parallel geplanten Impaktion retrudiert und
somit achsengerecht gestellt, und
Abb. 7:
Simulation einer Oberkieferimpaktion,
deren Rotationszentrum im Zentrum
der Maxilla.
Abb. 8:
Simulation einer Oberkieferimpaktion
mit unterschiedlichen Impaktionsstreke im postrioren Bereich und deren Einfluß auf der Frontzahnachse. Je stärker
die Impaktion der Maxilla (blaue Konturen -1- schwache Impaktion; rote
Konturen -3- stärkere Impaktion) ist,
um so steiler die Frontzahnachse steht.
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Abb. 9:
Tiefes Lächeln liegt vor, wenn bis zu
70% der Zahnlänge der Oberkieferfront
beim Lächeln zu sehen ist.
bei einer posterioren Impaktion
wird die Front labial stehend belassen. Mit anderen Worten: Die dentale Situation wird nicht auf die
prächirurgischen skelettalen Gegebenheiten, sondern auf das skelettal postoperativ angestrebte Ergebnis angepasst.
Das Ausmaß der Impaktion wird
nicht nur nach funktionellem,
sondern auch nach ästhetischem
Gesichtspunkt entschieden. Hierfür werden zwei wichtige Aspekte
beurteilt:
D Das Ausmaß des Zahnfleischlächelns „gummy smile“
D Die Menge der Zahnhartsubstanz, die zum Erscheinen
kommt.
70
Tjan hat ein attraktives und schönes Lächeln definiert, wenn die
Unterlippe parallel zu der Schneidekante der Oberkieferfront und eckzähne ohne „gummy smile“
verläuft. Er hat bei seiner Untersuchung das Lächeln in drei Kategorien eingeteilt:
Abb. 10:
Atraktives "durchschnittliches Lächeln": Die Inzisalkurve der OberkieferFrontzähne einschließlich der Eckzähne
verläuft parallel zur inneren Kurvatur
der Unterlippe ohne Erscheinung der
Gingiva
1. „Low smile“: Wenn beim Lächeln bis zu 75% der Zahnlänge zum Erscheinen kommt
(Abbildung 9)
2. „Average smile“: Wenn beim
Lächeln zwischen 75% und
100% der Zahnlänge zum Erscheinen kommt (Abbildung
10).
3. „High smile“: Wenn 100% der
Zahnlänge und Gingiva zum
Erscheinen kommt (Abbildung 11).
Zusätzlich zu der Attraktivitätsminderung bei der ersten und dritten Gruppe bewirkt die reduzierte
Erscheinung der Zahnhartsubstanz in der Vertikalen eine Alterung des betroffenen Patienten.
Abhängig von dem Ausmaß und
der Art der Impaktion kann dieses
Erscheinungsbild verändert werden.
Besteht ein „gummy smile“ bei
dem Patienten neben dem skelet-
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Abb. 11:
Höhes Lächeln "Gummy smile" liegt
vor, wenn mehr als 100% der Zahnlänge beim Lächeln zu sehen ist, mit anderen worten; die Gingiva erscheint deutlich.
tal offenen Biss, ist die Impaktion
des Oberkiefers indiziert. Sie
bringt neben den funktionellen
auch ästhetische Vorteile mit sich.
Liegt aber ein „low smile vor“,
führt eine Impaktion des Oberkiefer zu einer Verschwendung der
Zähne in der Mundhöhle, so dass
beim Lächeln keine Oberkieferzähne zu sehen sind. In diesem Fall
kann die Impaktion zwar zu einer
Schließung des offenen Bisses führen, aber sicher auch zu einer
ästhetischen
Verschlechterung
kommen. Die durch Impaktion
entstehenden Effekte bezüglich
des Erscheinungsbildes der Hartsubstanz können andererseits
durch eine gleichzeitig geplante
OK-Vorverlagerung kompensiert
werden. Deshalb ist es wichtig,
vorher zu erfahren und festzulegen, was mit der Maxilla in der Sagittalen nach der Impaktion geschieht.
In vielen Fällen lässt sich das gewünschte ästhetische und okklu-
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sale Ergebnis durch die alleinige
Operation des Oberkiefers ohne
zusätzliche operative Maßnahme
im Unterkiefer erzielen, in anderen Fällen ist jedoch eine gleichzeitige Unterkiefervor- oder -rückverlagerung erforderlich.
Klinische Darstellungen und
Behandlungssystematik
Fall 1
Patientengeschichte und
Anamnese
Die Patientin stellte sich im Alter
von 21 Jahren wegen einer prothetischen Versorgung der Lücke in
der Unterkieferfront vor, die sich
infolge eines Unfalles ergeben hatte. Dabei waren die Zähne 33, 32
und 31 verlorengegangen und es
lag in diesem Bereich ein ausgedehnter Defekt des Alveolarfortsatzes vor. Zusätzlich zu den Totalluxationen waren einige Kronenfrakturen vorhanden. Die Patientin klagte außerdem über
Kiefergelenkschmerzen beim Kauen, die schon vor dem Unfall bestanden und sie fühlte sich durch
die Eng- und Drehstände der Oberkieferfrontzähne ästhetisch beeinträchtigt.
Bei der Funktionsanalyse wurde
festgestellt, dass der Unterkiefer
habituell nach ventral geschoben
wurde, um den Mundschluss zu ermöglichen. Dadurch wurden die
Kondylen aus ihrer physiologi-
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a
Abb. 12a, b:
a: Fotostataufnahmen in der Zentrik
nach dem Einsetzen der Aufbißschiene
und vor Beginn der orthodontischen Behandlung.
b: Deutliche Unterkieferabweichung
von der Körpermitte (mittlere vertikale
schwarze Linie) nach rechts (rote Linie)
-Laterognathie- und erschwerter Lippenschluß.
72
b
Diagnose
Für die Diagnose und Behandlungsplanung wurden die Unterlagen der zentrischen Relation herangezogen (Abbildung 12a, b, Abbildung 13, Abbildung 14a–e).
Nicht nur aus diagnostischen (Ermittlung der Zentrik der Kiefergelenke), sondern vor allem auch aus
Abb. 13:
ersten therapeutischen ÜberleKephalometrische Aufnahmen in habi- gungen (Kiefergelenkssymptomatueller Interkuspidation (links) und in
tik) wurde für 5 Wochen eine plaZentrik nach dem Einsetzen der Aufne Aufbiss-Schiene eingegliedert,
bißschiene (rechts).
die zu einer Besserung der Schmerschen Position ventralwärts ge- zen bei Funktion führte. Infolgeschoben. Es lag eine entsprechend dessen kam das ganze Ausmaß des
große Diskrepanz zwischen der Zwangsbisses zum Vorschein; der
zentrischen Relation und der habi- Unterkiefer kam deutlich weiter
dorsal zum liegen und wich nach
tuellen Okklusion vor.
rechts ab, so dass auf der linken
Seite eine Nonokklusion resultierte.
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a
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b
c
d
Abb. 14a–e:
Intraorale Aufnahmen in der Zentrik:
distale Okklusionverhältnisse rechts
und links (a–c). Engstände im Oberkiefer (d) und eine reduzierte Bezahnung
im Unterkiefer mit Frakturen an den
Zähnen 45 und 47 (e).
e
Die Fotostataufnahmen zeigen
den unzureichenden Mund- und
Lippenschluss in der zentrischen
Relation, in der die erwähnte Unterkieferabweichung nach rechts
zu sehen ist (Abbildung 12b). Das
Fotostat von lateral zeigt ein Vorgesicht schräg nach hinten, und
im Vergleich zum Mittelgesicht
ein langes Untergesicht –57% :
43% statt 50% : 50%. Die Patientin
hatte eine Klasse-II-Dysgnathie
mit mandibulärer Mittel-Linienverschiebung nach rechts, einen
zirkulär offenen Biss und eine Nonokklusion links (Abbildung
14a–e). Im Oberkieferzahnbogen
bestand ein Engstand von 5 mm
(Abbildung 32d). Die Unterkieferaufnahme zeigt eine reduzierte Bezahnung und Frakturen an den
Zähnen 45 und 47 auf Grund des
Unfalles (Abbildung 14e).
Das OPG (Abbildung 14) zeigt den
infolge des Zahnverlustes entstandenen Knochendefekt im Bereich
der Unterkieferfront und den
Draht zur Befestigung der proviso-
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Abb. 15:
Orthopantomogramm (OPG) zu Beginn
der Behandlung.
risch ersetzten Zähne. Zahn 45
wies eine komplizierte Fraktur auf,
klinisch lag infolge des Verlustes
der lingualen Knochenlamelle ein
Lockerungsgrad III vor, so dass der
Zahn nicht mehr erhalten werden
konnte. Zahn 46 hatte zusätzlich
zur Kronenfraktur eine apikale
Aufhellung. Der rechte Kondylus
weist ventral eine leichte zackenförmig Delle auf, der linke Kondylus eine Entrundung.
Die FRS-Analyse in der Zentrik verdeutlicht die sagittale und vertikale Dysgnathie sowohl im Weichteilprofil als auch im skelettalen
a
74
Bereich (Abbildung 16a, b). Die Parameter wiesen auf einen skelettal
offenen Biss hin: distobasale Kieferrelation, aufgrund der posterioren Rotation des Unterkiefers (MLNSL = 39°) und der anterioren Rotation der Oberkieferbasis (Nl-NSL
= 6°), einen großen Interbasenwinkel (ML-NL = 33°), leicht verkleinerte Relation zwischen anteriorer und posteriorer Gesichtshöhe (PFH/AFH = 60%) bei strukturell ausgeglichen abgelaufenem
Wachstumsmuster. Aufgrund des
Verlustes der Unterkieferzähne begrenzte sich die dentale Analyse
auf die Oberkieferfront. Die vertikale Einteilung des Weichteilprofils zeigte eine Disharmonie zwischen dem Ober- und dem Untergesicht (G’-Sn : Sn-Me’; 43% :
57%). Diese äußerte sich ebenso in
den knöchernen Strukturen (NSna : Sna-Me; 40% : 60%). Im Bereich des Untergesichtes bestand
ebenso eine Disharmonie (Sn-
b
Abb. 16a, b:
Kephalometrische Durchzeichung der Aufnahme vor Beginn der Behandlung; es
liegt eine skelettale (a) und Weichteildisharmonie (b) in der Vertikalen vor.
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im dorsalen Bereich stärker als im
ventralen Bereich durchgeführt
werden sollte. Als Folge der Impaktion sollte der Unterkiefer mit den
Kondylen als „Rotationszentrum“
in der Sagittalen und Vertikalen
autorotieren; dabei war eine Verlagerung des Pogonion nach ventral
und gleichzeitig nach kranial zu erwarten. Zur vollständigen Korrektur der sagittalen Dysgnathie war
zusätzlich eine Unterkiefervorverlagerung geplant, da die Autorotation des Unterkiefers nicht ausreichend für die Korrektur der distalen Okklusion erachtet wurde.
Therapieziele und
Therapieplanung
Die angestrebten Behandlungsziele waren:
D Herstellung einer stabilen und
funktionellen Okklusion bei
physiologischer Kondylenposition
D Gewährleistung des Mundbzw. Lippenschlusses
D Optimierung der dentofazialen Ästhetik
D Schaffung der Voraussetzungen für eine adäquate prothetische Versorgung
Therapiedurchführung
D Erfüllung der Erwartungen Der Behandlungsablauf bestand
bzw. Zufriedenheit des Patien- aus 4 Phasen [38, 39, 40]:
ten
1. Präoperative Maßnahmen
Als eines der Behandlungsziele war
und orthodontische Vorbedie Verbesserung der Gesichtsäsreitung
thetik nicht nur in der Sagittalen „Schienentherapie“: Für 5 Wochen
sondern auch in der Vertikalen wurde eine plane Aufbiss-Schiene
und Transversalen zu nennen. eingesetzt, um einerseits die phyDies sollte durch eine relative Ver- siologische, zentrische Kondylenkürzung des Untergesichtes erfol- position zu ermitteln und anderergen. Eine Verkürzung des Unterge- seits die Kiefergelenksbeschwersichtes als kausale Therapie mit den zu therapieren. Dadurch
entsprechendem Effekt auf die fa- konnte der Zwangsbiss in seinem
ziale Ästhetik und Lippenfunktion ganzen Ausmaß dargestellt werden
konnte bei dieser Patientin nur [7, 9]. Unterlagen mit einer faldurch eine kombinierte kieferor- schen Kondylenposition (wegen
thopädisch-kieferchirurgische Be- des Zwangsbisses) hätten zu einer
handlung erreicht werden. Als falschen Diagnose, BehandlungsOperation wurde eine bimaxilläre planung und nicht zuletzt BehandOsteotomie geplant. Zur Verbesse- lungsdurchführung mit entsprerung der Vertikalen war eine Ober- chender Auswirkung auf das Ergebkieferimpaktion notwendig, die nis geführt [38, 40, 41, 42].
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Stms : Stms-Me’; 30% : 70%) (Abbildung 16a, b, Tabelle I).
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2. Orthodontie zur Ausformung und Abstimmung der
Zahnbögen aufeinander und
Dekompensation der skelettalen Dysgnathie
Entscheidend bei der Vorbereitung waren die Protrusion und das
Torquen der Oberkieferfront nicht
nur zur Auflösung des Engstandes
sondern auch hinsichtlich der
durchzuführenden Operation, bei
der die Maxilla impaktiert und
nach posterior rotiert wird. Diese
Maßnahme führt zu einer steileren Stellung der Oberkieferfront,
was bei der Vorbereitung berücksichtigt werden muss. Deshalb
konnte die labiale Achsenneigung
der Oberkieferfront vor der Operation toleriert werden. Zur orthodontischen Behandlung wurde eine Multiband-Apparatur (22-er
Slot-Brackets) verwendet. Als Operationsbogen wurde in beiden
Zahnbögen 0,019 x 0,025 Stahl
eingesetzt. Die orthodontische
Phase dauerte 11 Monate.
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Kieferchirurgie zur Korrektur der
skelettalen Dysgnathie
Nach Modelloperation, Festlegung der Verlagerungsstrecke und
Herstellung der Splinte nach dem
in Würzburg verwendeten System
(Viersplint-System:
Ausgangssplint bzw. Registrierungssplint,
Oberkiefer-Impaktionssplint, Unterkiefer-Autorotationssplint und
Zielsplint), wurde am Oberkiefer
eine Le Fort-I Osteotomie durchgeführt, bei der die Maxilla im dorsalen Bereich um 4 mm und im
ventralen Bereich um 2 mm nach
kranial impaktiert wurde, so dass
eine posteriore Rotation der gesamten Maxilla eintrat. Durch die
Autorotation des Unterkiefers
wurde ein Teil der Distallage korrigiert. Der Rest der Korrektur der
Klasse II-Okklusion erfolgte durch
die operative Unterkiefervorverlagerung mittels sagittaler Spaltung
nach Obwegeser-Dal Pont [14, 15,
26–29]. Die operative Ventralverlagerungsstrecke betrug rechts 6
mm und links 2 mm mit einem
Seitenschwenk von 4,5 mm nach
links. Die zentrische Kondylenpositionierung während der Dysgnathieoperation ist in der Würzburger Klinik ein standardisiertes Verfahren zur Aufrechterhaltung der
räumlich korrekten Stellung der
Kondylen.
3. „Schienentherapie“ zur Ermittlung der „Zentrik“ 3–4
Wochen vor dem operativen
Eingriff
Ziel ist die Registrierung des Kiefergelenkes in seiner physiologischen Position (Zentrik) [9]. Eine
falsche Lage des Unterkiefers kann
zu einer falschen Planung der Verlagerungsstrecke und somit einem Orthodontie zur Feineinstellung
mangelhaften Ergebnis führen.
der Okklusion
Dabei ist der frühestmögliche Einsatz der orthodontischen Kräfte
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Kombiniert kieferorthopädisch-kieferchirurgische Therapie
Retention zur Sicherung des
erreichten Ergebnisses
Bei einer Unterkiefervorverlagerung ist die Umstellung und Umorientierung der betroffenen
Weichteile nötig. Eine Vorverlagerung führt zu einer Streckung und
Belastung der Weichteile und des
suprahyoidalen Komplexes, was
als rezidivfördernd bei Klasse-IIDysgnathien anzusehen ist [8, 16,
17, 39, 40]. Bei großer operativer
Verlagerungsstrecke und Patienten mit tendenziell verspannter
bzw. kurzer Muskulatur im suprahyoidalen Bereich unterstützt eine perioperative, physiotherapeutische Behandlung die Rehabilitation und Neuorientierung der
Muskulatur.
Um die Muskulatur bei der Adaption zu unterstützen, empfiehlt sich
als Retentionsgerät ein bimaxilläres Gerät, wie z.B. der Bionator. Am
Tag der Entbänderung wurde dieser angefertigt und eingesetzt. Zusätzlich wurde im Unterkiefer eine
Tiefziehschiene mit Ersatzzähnen
in der Front eingegliedert.
2,5 Monate nach Abschluss der
kieferorthopädischen
Behandlung wurde die prothetische Versorgung eingeleitet. Die Patientin
bekam einen festsitzenden Zahnersatz von 35-43 mit zwei verblockten Kronen an den Zähnen
46 und 47 und einem Anhänger als
Ersatz für den Zahn 45.
Der dentoalveoläre Defekt im Bereich der Unterkieferfrontzähne
(33, 32, 31, 41) wurde durch Keramikmasse mit gingivaähnlicher
Farbe ersetzt. Eine Knochenaugmentation zur Beseitigung des Alveolardefekts war wegen des erschwerten primären Verschlusses
kontraindiziert; außerdem hatte
die Patientin eine Augmentation
abgelehnt.
Ergebnisse und Diskussion
Die intraoralen Bilder zeigen die
Endsituation nach der prothetischen Versorgung (Abbildung
17a–d). Es wurden neutrale Okklusionsverhältnisse auf beiden Seiten und harmonische Zahnbögen
hergestellt. Die extraoralen Aufnahmen lassen eine harmonische
Gesichtsdrittelung in der Vertikalen erkennen, die durch die operative Verkürzung des Untergesichtes erreicht wurde, und ein harmonisches Profil in der Sagittalen.
Das Mundprofil ist harmonisch
Wissenschaft & Fortbildung
entscheidend für deren Wirkung,
da die angestrebten orthodontischen Zahnbewegungen einfacher
durchzuführen sind.
Entsprechend beginnt nur wenige
Tage (i.d.R. 4. postoperativer Tag)
nach der Operation die postchirurgische orthodontische Behandlungsphase [38, 39]. Es wurden
Up-and-Down-Gummizüge eingesetzt. Zur Orientierungshilfe der
Muskulatur an die neue Lage des
Unterkiefers wurden zusätzlich
leichte Klasse II-Gummizüge eingehängt. Diese Phase dauerte 3
Monate.
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Wissenschaft & Fortbildung
a
b
c
d
Abb. 17a–d:
Intraorale Aufnahmen nach chirurgischer Bißlage und postoperativer Feineinstellung der Okklusion sowie nach der prothetischen Versorgung.
78
Die FRS-Aufnahme zeigt die Änderungen der Parameter (Abb. 19a, b,
Tab. 1). Aufgrund der operativen
Impaktion
und
posterioren
Schwenkung der Maxilla hat sich
die Neigung der Oberkieferbasis
um 2° vergrößert. Durch diese und
die anschließende Autorotation
der Mandibula ist der Interbasenwinkel um 5° kleiner geworden.
Abb. 18:
Impaktion und Autorotation führExtraorale Aufnahmen nach Abschluß
der Behandlung; ansprechendes dento- ten zu einer Verkleinerung der anfaziales Erscheinungsbild
terioren Gesichtshöhe, so dass es
zu einer Vergrößerung und somit
bei entspanntem Lippenschluss zu einer Harmonisierung des Verhältnisses PFH/AFH (64%) kam.
(Abb. 18).
Bei der manuellen Funktionsana- Bei der vertikalen Einteilung des
lyse wurde eine physiologische knöchernen und Weichteilprofils
Distanz zwischen der habituellen zeigt sich eine Harmonisierung.
Interkuspidation und der Zentrik Die Relation zwischen dem knöfestgestellt. Es lagen keine Kiefer- chernen Ober- und Untergesicht
beträgt 45% : 55%. Die Disharmogelenkschmerzen mehr vor.
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Kombiniert kieferorthopädisch-kieferchirurgische Therapie
Proportionen der Weichteilstrukturen vor und nach Behandlung
Mittelwert
G’-Sn/G’-Me’
50%
vor Behandlung (Zentrik) nach Behandlung
43%
Sn-Me’/G’-Me’
50%
57%
52%
Sn-Stms
33%
30%
33%
Stms-Me
67%
70%
67%
Wissenschaft & Fortbildung
Parameter
48%
Skelettale Analyse: Durchschnittswerte bzw. Proportionen skelettaler Strukturen vor und
nach Behandlung
Parameter
Mittelwert
vor Behandlung
SNA (°)
82°
78°
Nach Behandlung
78,5°
SNB (°)
80°
70°
75°
ANB (°)
2°
8°
3,5
WITS-Wert (mm)
± 1 mm
4 mm
1 mm
Facial-K.
2 mm
7,5 mm
2,5 mm
ML-SNL (°)
32°
39°
36°
NL-SNL (°)
9°
6°
8°
ML-NL (°)
23°
33°
28°
Gonion-< (°)
130°
121,5°
125°
SN-Pg (°)
81°
71°
76°
PFH/AFH (%)
63%
60%
64
N-Sna/N-Me (%)
45%
40%
45%
Sna-Me/N-Me (%)
55%
60%
55%
Parameter
Mittelwert
vor Behandlung
nach Behandlung
1-NL (°)
70
73
70,5
1-NS (°)
77
79,5
79
1-NA mm
4
3,5
5,5
1-NA (°)
22
27°
29°
Dentale Analyse
Tab. 1: Kephalometrische Analyse
nie im unteren Gesichtsdrittel
wurde korrigiert, so dass das Verhältnis Sn-Stm zu Stm-Me’ 1 : 2
(33% : 67%) betrug. Die Überlagerung der FRS-Aufnahmen in den
Punkten S-N-S zeigt die skelettalen
und Weichteilveränderungen in
der Sagittalen und Vertikalen
(Abb. 20). Kontrolliert man die Lage des Pogonions in der Sagittalen,
stellt man fest, dass die Strecke
zwischen diesem und dem Aus-
gangszustand relativ größer ist als
die operative Verlagerungsstrecke
des Unterkiefersegments. Dies
kommt durch die Autorotation
der Mandibula nach erfolgter Maxillaimpaktion zustande, was zu
einer Teilkorrektur der distalen
Okklusion geführt hat. Die dentalen Veränderungen im Seitenzahngebiet in der Vertikalen und
zum Teil in der Sagittalen sind
ebenso auf die Auswirkung der Im-
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Wissenschaft & Fortbildung
a
a
Abb. 19a, b:
Kephalometrische Aufnahme nach Behandlungsende; die skelettalen (a) und
Weichteilstrukturen (b) in der Vertikalen wurden harmonisiert.
Abb. 21:
Orthopantomogrammaufnahme nach
Ende der Behandlung.
Abb. 20:
Überlagerung der kephalometrischen
Aufnahmen vor und nach der Behandlung.
80
paktion der Maxilla und die Autorotation der Mandibula zurückzuführen.
Das OPG (Abb. 21) zeigt die Situation nach der prothetischen Versorgung und vor der Entfernung
des Osteosynthesematerials (Miniplatten für den Oberkiefer und
Positionierungsschrauben für den
Unterkiefer). Die Patientin war
mit der erreichten funktionellen
und ästhetischen Situation beim
Behandlungsabschluss zufrieden.
In dem dargestellten Behandlungskonzept ist 3–4 Wochen vor
der Operation der zweite Einsatz
einer Aufbiss-Schiene zur Ermittlung der Zentrik obligat. Eine Positionierung der Kiefergelenke
durch dessen Fixierung in einer
falschen Kondylenlage hätte zu einer falschen Planung der operativen Verlagerungsstrecken in beiden Kiefern geführt. Im Falle einer
ventralen Unterkieferhaltung, wie
bei dieser Patientin, wäre die Verlagerungsstrecke im Unterkiefer
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Kombiniert kieferorthopädisch-kieferchirurgische Therapie
Fall 2
Patientengeschichte und
Anamnese
Die Patientin stellte sich im Alter
von 18 Jahren zu einer kieferorthopädischen Behandlung vor. Ihre Kaufunktion war deutlich eingeschränkt. Die Patientin stört vor
allem die Disharmonie in der Gesichtsästhetik. Sie fühlte sich
durch die Eng- und Drehstände
der Oberkieferfrontzähne ästhetisch beeinträchtigt.
Diagnose
Die Fotostataufnahmen zeigen
den erschwerten Mund- und Lippenschluss in der zentrischen Relation. Im Gesicht ist die Unterkieferabweichung nach rechts zu sehen (Abbildung 22). Das Fotostat
von lateral zeigt ein Rückgesicht
schräg nach vorne, und im Vergleich zum Mittelgesicht ein langes Untergesicht: –53% statt : 50%
(Tabelle V). Die Patientin hatte eine Klasse III- Dysgnathie mit mandibulärer
Mittellinienverschiebung nach rechts und einen zirkulären Kreuzbiss (Abbildung 23a–e).
Im Oberkieferzahnbogen bestand
Wissenschaft & Fortbildung
nach der Autorotation kürzer als
notwendig gewesen. Nach der
Operation würde eine „Dorsalverlagerung“ der Kondylen in der Fossa resultieren, was eine distale Okklusion und eine mögliche Bissöffnung mit sich brächte.
Abb. 22:
Die Fotostatsufnahme zeigt die Symptomem der Klasse III-Dysgnathie, deutliche Unterkieferabweichung von der
Körpermitte nach rechts und erschwerter Lippenschluß.
ein Engstand von 6 mm hauptsächlich im Eckzahnbereich. Der
Engstand im Unterkiefer betrug
5 mm. Als Kompensation der skelettalen Dysgnathie trat eine linguale Kippung der Unterkieferfront ein.
Das OPG (Abbildung 24) zeigt,
dass alle Zähne vorhanden sind
einschließlich alle 8-er, die vor der
Operation entfernt wurden, weil
sie im Operationsfeld standen.
Die FRS-Aufnahme zeigt deutlich
die Dysgnathie in der Sagittalen
und Vertikalen sowohl im Weichteilprofil als auch im skelettalen
Bereich (Abbildung 25a–c). Die Parameter wiesen auf einen skelettal
offenen Biss hin, mesiobasale Kieferrelation, vergrößerter Interbasenwinkel sowie leicht verkleinerte Relation zwischen anteriorer
und posteriorer Gesichtshöhe
(PFH/AFH) bei strukturell nach
posterior abgelaufenem Wachstumsmuster. Die vertikale Einteilung des Weichteilprofils zeigte ei-
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Wissenschaft & Fortbildung
a
c
b
d
Abb. 23a–e:
Intraorale Aufnahmen vor Behandlungsbeginn
e
knöchernen Strukturen (N-Sna :
Sna-Me; 44% : 56%). Im Bereich
des Untergesichtes bestand ebenso eine Disharmonie (Sn-Stms :
Stms-Me’; 27% : 73%) , (Abbildung
25b, c, Tabelle II).
Abb. 24:
Orthopantomogramm (OPG) zu Beginn
der Behandlung.
82
Therapieziele und
Therapieplanung
Die angestrebten Behandlungsziene Disharmonie zwischen dem le konnten nur durch kombiniert
Ober- und dem Untergesicht (G’- kieferorthopädisch–chirurgische
Sn : Sn-Me’; 47% : 53%). Diese äu- Therapie erreicht werden. Eines
ßerte sich nicht so deutlich in den der Behandlungsziele war die Har-
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Wissenschaft & Fortbildung
Kombiniert kieferorthopädisch-kieferchirurgische Therapie
b
a
Abb. 25a–c:
a: FRS vor Beginn der orthodontischen
Behandlung.
b: Kephalometrische Durchzeichung der
Aufnahme nach der orthodontische Dekompensation in der beiden Kiefern; es
liegt eine skelettale (b) und Weichteildisharmonie (a) in der Vertikalen vor
monisierung der Gesichtsästhetik
in den drei Dimensionen: in der
Sagittale (zur Korrektur der mesiobasalen Kieferrelation), in der Vertikale (zur Korrektur der Gesichtshöhe) und in der Transversale (zur
Korrektur der mandibulären Abweichung nach rechts).
Als Operation wurde eine bimaxilläre Osteotomie geplant. Zur Verbesserung der Vertikalen war eine
gleichmäßige kraniale Verlagerung des Oberkiefers (Oberkieferimpaktion) notwendig. Als Folge
der Impaktion trat die Autorotati-
c
on des Unterkiefers ein, die primär
zu einer Verstärkung der mesiobasalen Kieferrelation führt. Zur Korrektur der sagittalen Dysgnathie
war zusätzlich eine ventrale Verlagerung des Oberkiefers und Unterkieferrückverlagerung
geplant
(Abbildung 26a, b).
Therapiedurchführung
Entscheidend bei der orthodontischen Vorbereitung war die Dekompensation der skelettalen
Dysgnathie durch die Protrusion
beider Fronten (Abbildung 27a–e).
83
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Wissenschaft & Fortbildung
a
b
Abb. 26a, b:
Simulation der chirurgischen Impaktion der Maxilla mit der ventralen Verlagerung und der folgenden Reaktion der Mandibula im Sinne einer Autorotation
nach kranial und gleichzeitig nach ventral (a), eine Rückverlagerung des Unterkiefers ist notwendig zur endgültigen Korrektur der skelettalen Dysgnathie.
Nach Modelloperation, Festlegung der Verlagerungsstrecke und
Herstellung der Splinte wurde am
Oberkiefer eine Le Fort-I Osteotomie durchgeführt. Der Oberkiefer
wurde um 4,5 mm nach kranial
und 5 mm nach ventral verlagert
Der Rest der Korrektur der Klasse
III-Okklusion erfolgte durch die
operative Unterkieferrückverlagerung. Die operative Rückverlagerungsstrecke betrug rechts 5 mm
und links 7,5 mm mit einem Seitenschwenk von 2,5 mm nach
links.
Ergebnisse
Die intraoralen Bilder zeigen die
Situation vor und nach der Behandlung (Abbildung 28a–e). Es
wurden neutrale Okklusionsvehältnisse auf beiden Seiten und
harmonische Zahnbögen hergestellt. Die extraoralen Aufnahmen
lassen eine harmonische Gesichtsdrittelung in der Vertikalen erkennen, die durch die operative Verkürzung des Untergesichtes erreicht wurde und ein harmonisches Profil in der Sagittalen. Das
Mundprofil ist harmonisch bei
Proportionen der Weichteilstrukturen vor und nach Behandlung
84
Parameter
Mittelwert
G’-Sn/G’-Me’
50%
vor Behandlung (Zentrik) nach Behandlung
47%
49%
Sn-Me’/G’-Me’
50%
53%
51%
Sn-Stms
33%
27%
31%
Stms-Me
67%
73%
69%
Tab. 2: Kephalometrische Analyse
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Wissenschaft & Fortbildung
Kombiniert kieferorthopädisch-kieferchirurgische Therapie
b
a
c
d
Abb. 27a–e:
Intraorale Aufnahmen nach der Abstimmung der dentoalveoläre auf die skelettalen Dysgnathie
e
entspanntem Lippenschluss (Abbildung 29a, b).
Korrespondenz-Adresse
Die FRS-Aufnahme zeigt die Ände- Prof. Dr. Nezar Watted
rungen der Parameter nach der er- Wolfgangstrasse 12
folgten Behandlung (Abbildung 97980 Bad Mergentheim
30a, b, Tabelle II). Die vertikale E-Mail: [email protected]
Einteilung des knöchernen und
Weichteilprofils zeigt eine Harmonisierung. Die Disharmonie inner- Literatur
halb des unteren Gesichtsdrittels 1. Axhausen, G: Technik und Ergebnisse der Lippenplastik. Johann
wurde korrigiert, so dass das VerAmbrosius Barth, Leipzig, 102hältnis Sn-Stm zu Stm-Me’ 1 : 2
110, 1941
(33% : 67%) betrug. Das OPG (Ab- 2. Babcock, W W: Surgical treatment
bildung 31) zeigt die Situation
of certain deformities of jaw associated with malocclusion of teeth.
nach Abschluss der Therapie
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Wissenschaft & Fortbildung
b
a
c
d
Abb. 28a–e:
Intraorale Aufnahmen zum Behandlungsende
e
a
Abb. 29a, b:
Extraorale Aufnahmen nach Abschluß
der Behandlung; ansprechendes dentofaziales Erscheinungsbild
86
b
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a
Wissenschaft & Fortbildung
Kombiniert kieferorthopädisch-kieferchirurgische Therapie
b
Abb. 30a, b:
Kephalometrische Aufnahme nach Behandlungsende; die skelettalen (b) und
Weichteilstrukturen (a) in der Vertikalen wurden harmonisiert.
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