Transnationales Pilotprojekt Modularisierung der Pflegeausbildung Überblick über die Ausbildungssysteme für Pflegeberufe der europäischen Projektpartner Zwischenbericht 5 / 2002 Andrea Lamers, Dirk Lau Wissenschaftliche Projektleitung Prof. Dr. Barbara Knigge-Demal Prof. Dr. Annette Nauerth Fachbereich Pflege und Gesundheit Am Stadtholz 24 33609 Bielefeld Förderung Das Projekt wird finanziert aus dem EU-Förderprogramm Leonardo da Vinci und mit Mitteln der Robert-Bosch-Stiftung. Inhaltsverzeichnis Kapitel Inhalt Seite 1 Hintergrund und methodisches Vorgehen 3 2 Überblick über den Vergleich der Ausbildungssysteme der Projektpartner im europäischen Kontext 5 3 Deutschland 13 4 Luxemburg 21 5 Niederlande 25 6 Polen 34 Literaturverzeichnis 39 2 1 Hintergrund und methodisches Vorgehen Das Pilotprojekt ‚Modularisierung der Berufsausbildung im Bereich der Pflegeberufe‘ wurde initiiert vom Fachbereich Pflege und Gesundheit der Fachhochschule Bielefeld. Das dreijährige Projekt finanziert sich aus dem EU-Förderprogramm Leonardo da Vinci, mit Mitteln der Robert Bosch Stiftung und den beteiligten Partnern der Fachhochschule Bielefeld. Es ist ein transnationales Projekt, an dem Partner aus Belgien, Deutschland, Luxemburg, Niederlande und Polen beteiligt sind. Die europaweit großen Unterschiede der Berufsausbildungen im Pflege- und Gesundheitsbereich bilden die Ausgangssituation des Projektes. Trotz der gegenseitigen Anerkennung der abgeschlossenen Ausbildung als Krankenschwester oder Krankenpfleger für die allgemeine Pflege in der europäischen Union (EU), ist eine Vergleichbarkeit nicht erreicht (Dielmann 1998; Europäische Kommission 1997, vgl. Kap. 2). Ausbildungsprogramme, Qualifizierungsniveaus und Übergänge von sekundärer Berufsbildung zur Hochschulbildung differieren. Gravierende Unterschiede zeigen sich in der Umsetzung einer Lehr-/Lernkultur, die lebensbegleitendes und selbständiges Lernen und den Umgang mit neuen Lerntechnologien fördert. Ziel des Projektes ist, einen Beitrag zur transnationalen Vergleichbarkeit der Pflegeausbildung zu leisten. Dieses soll über die Entwicklung eines transnationalen Ausbildungskonzeptes zur Modularisierung der Berufs- und Hochschulausbildung im Bereich der Pflegeberufe erreicht werden. Aus dem Modulsystem werden sechs Lernmodule ausgewählt und im Rahmen des Projektes entwickelt und erprobt. Im Rahmen der Zielsetzung des Leonardo da Vinci Pilotprojektes sind die Ausbildungssysteme für Pflegeberufe der europäischen Projektpartner hinsichtlich ihrer Gemeinsamkeiten und Unterschiede untersucht worden. Die Ergebnisse des Vergleichs münden im Besonderen in zwei Projektprodukte ein, zu deren Erstellung sich die Partner im Laufe der ersten Projektphase verpflichtet haben. Dieses sind: die Übersicht über Leitziele für die Ausbildung im Pflegebereich und die relevanten Qualifikationsanforderungen im transnationalen Berufsfeld, das transnationale Ausbildungskonzept einer Modularisierung der Berufsausbildung und Hochschulausbildung. Darüber hinaus werden die gewonnenen Informationen aus dem transnationalen Vergleich für die Entwicklung weiterer Produkte, die sich auf die Erstellung von sechs Lernmodulen einschließlich der benötigten Lehr-/Lernmaterialien, auf die Entwicklung von Assessmentund Evaluationsinstrumenten und auf das Erprobungs- und Implementierungskonzept beziehen, bedeutsam sein. Eine breite Informationsbasis sollte für die zu erstellenden Projektprodukte geschaffen werden. Dazu schien eine Zusammenstellung der Berufsbildungsgänge der europäischen Projektpartner wünschenswert. Diese bezieht sich auf Ausbildungseinrichtungen in: Belgien (European Federation of Nurse Educators, FINE / HEMES Institut Ste Julienne), Deutschland (mehrere Ausbildungseinrichtungen der Kinderkranken-, Kranken- und Altenpflege in den Bundesländern Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen sowie die Fachhochschule Bielefeld), Luxemburg (Lycée Technique pour Profession de Santé – Projektteilnehmer bis 6/2002), Niederlande (Hogeschool van Utrecht, Faculteit Gezondheitszorg, Verpleegkunde), und Polen (Jagiellonian University, Krakau; Collegium Medicum – Health Care Faculty, Institut of Nursing). Die Erhebung der Ausbildungssysteme der Partnereinrichtungen wurde unter folgenden Fragestellungen durchgeführt: Welche Pflegeberufe werden ausgebildet? Wie ist die Ausbildung organisiert? 3 Auf welchem Qualifizierungsniveau findet die Ausbildung statt? Was sind die Ziele und Inhalte der Ausbildung? Welche didaktischen und curricularen Orientierungen gibt es in der Ausbildung? Welche Arbeitsfelder und Weiterbildungsmöglichkeiten stehen den Absolventen zur Verfügung? Um möglichst vielseitige Informationen zu erhalten, wurde eine Kombination von Methoden gewählt: Literaturauswertung (Fachliteratur, Recherche im Internet), schriftliche und telefonische Befragungen der Projektpartner auf Deutsch und/oder Englisch, Auswertung von deutschem und fremdsprachlichem Informationsmaterial (englisch, französisch, niederländisch) der einzelnen Projektpartner, Korrektur der einzelnen Länderberichte durch die Projektpartner. Ebenso sind deutsche Einrichtungen des Gesundheitswesen und Fort- und Weiterbildungsinstitutionen zu erforderlichen Kompetenzen beruflich Pflegender befragt worden. In den folgenden Kapiteln sind die Ergebnisse der Untersuchung dargestellt. Zuerst wird ein Überblick über den Vergleich der Ausbildungssysteme der europäischen Projektpartner mit Bezug auf die sektoralen Richtlinien der europäischen Union gegeben (Kap. 2). Hierzu sind die Ergebnisse der Arbeitsgruppen des Beratenden Ausschusses für die Ausbildung in der Krankenpflege bei der Europäischen Kommission, die Empfehlungen zur Ausbildung und zur verlangten Fachkompetenz beinhalten, hinzugezogen worden (Europäische Kommission, 1997, 1998). In den weiteren Kapiteln sind die einzelnen Ausbildungssysteme der Projektpartner in den beteiligten Ländern unter den folgenden Gliederungspunkten beschrieben: Ausbildungsorganisation, Ziele und Inhalte der Ausbildung, Didaktische und curriculare Orientierungen der Ausbildung, Arbeitsfelder und Weiterbildungsmöglichkeiten. Da der belgische Projektpartner erst seit Anfang der zweiten Phase an diesem Pilotprojekt beteiligt ist, liegen noch keine vollständigen Informationen vor. Eine zusammenfassende Darstellung des Berufsbildungsganges der belgischen Einrichtung wird zu einem späteren Zeitpunkt ergänzt. In der tabellarischen Darstellung von quantitativen Ausbildungsdaten der europäischen Partner (Kap. 2, Tabelle 2) sind die der belgischen Ausbildungsgänge für Pflegeberufe einbezogen worden. Die Daten resultieren aus schon veröffentlichter Literatur (Dielmann, 1998; Europäische Kommission, 1997; Pillen, 1998). 4 2 Überblick über den Vergleich der Ausbildungssysteme der Projektpartner im europäischen Kontext Sektorale Richtlinien der Europäischen Union (EU) ermöglichen seit 1977 die gegenseitige Anerkennung der Abschlüsse und Diplome und damit das Recht auf Niederlassungsfreiheit und freie Berufsausübung für Krankenschwestern und –pfleger (77/452/EWG) (Dielmann, 1998; Europäische Kommission, 1997; Robert Bosch Stiftung, 2000). Rechts- und Rahmenvorschriften legen Ausbildungsbedingungen und –inhalte zur Sicherstellung eines vergleichbaren Ausbildungsniveaus fest (77/453/EWG). Diese betreffen Ausbildungsziele in allgemeiner Form, Zugangsvoraussetzungen, Ausbildungsumfang und die Ausbildungsdauer. Demnach gelten als Zulassungsvoraussetzungen eine mindestens zehnjährige allgemeine Schulbildung bzw. ein vergleichbarer Bildungsabschluss. Die Berufsbildung für Pflegeberufe muss mindestens 4600 Stunden umfassen und in einem ausgewogenen Verhältnis von theoretischer (mindestens ein Drittel) und praktischer (mindestens 50 %) Ausbildung stehen. Notwendige Ausbildungsinhalte sind festgelegt, sollen jedoch durch eine vom Europarat verabschiedete Liste von Qualifikationsmerkmalen ersetzt werden, um die Ausbildungsqualität zu sichern und zu harmonisieren (Europäische Kommission, 1998, Robert Bosch Stiftung, 2000). Spezialisierungen wie Altenpflege, Kinderkrankenpflege und psychiatrische Pflege sind durch diese Richtlinien nicht geregelt. Sie sind jedoch als Ausbildungsbestandteile in der allgemeinen Pflege in Theorie und Praxis verbindlich vorgeschrieben. Dieses kann zu dem Schluss führen, dass die Ausbildung für den Bereich der allgemeinen Pflege eine breit angelegte Qualifikation vermitteln soll, so dass die Absolventen befähigt werden, in verschiedenen pflegerischen Handlungsfeldern mit Menschen jeden Lebensalters arbeiten zu können (Dielmann, 1998). Betrachtet man die Untersuchung der Ausbildungssysteme vor diesem Hintergrund, so sind bei den Berufsbildungsgängen der europäischen Projektpartner Unterschiede zu verzeichnen (siehe auch Tabelle 2). Ausbildungsgänge für Pflegeberufe Bis auf die deutschen Projektpartner, die eine gesonderte Kinderkrankenpflege, Krankenund Altenpflegeausbildung unterscheiden, qualifizieren die Berufsbildungsgänge der anderen am Projekt beteiligten Länder für den Bereich der allgemeinen Pflege. Kinderkrankenpflege und Altenpflege stellen hier eine Spezialisierung innerhalb der Krankenpflege dar. Zum Teil können spezifische Kompetenzen im Rahmen von Fort- und Weiterbildungen erworben werden. Ansiedlung im Bildungssystem, Qualifizierungsniveau und Status der Lernenden Die am Projekt beteiligten Partner setzen für die Zulassung zur Ausbildung einen zehn- bis zwölfjährigen Bildungsabschluss und ein Mindestalter von 17 bzw. 18 Jahren voraus. Die Ansiedlung der jeweiligen Pflegeausbildungen im nationalen Bildungssystem unterscheidet sich insofern, da diese zum einen dem berufsbildenden Sekundarbereich (Belgien, Luxemburg) und dem tertiären System (Belgien, Jagiellonian UniversityKrakau/Polen, Hogeschool van Utrecht/Niederlande) zugeordnet sind, zum anderen in Schulen besonderer Art stattfinden (Deutschland). Demnach erlangen die AbsolventInnen in Deutschland einen berufsbildenden Abschluss, in Belgien (brevet d’infirmier hospitalier) einen berufsbildenden Abschluss mit Fachhochschulberechtigung und in Luxemburg einen berufs- und allgemeinbildenden Abschluss mit Hochschulberechtigung, in Polen (Jagiellonian University, Krakau) einen akademischen Abschluss auf Lizentiatsniveau mit bachelor-degree und in den Niederlanden (Hogeschool van Utrecht) sowie in Belgien (diplôme d’infirmier hospitalier) einen Hochschulabschluss auf dem Niveau des Bachelor of Arts/Science. Die Lernenden der Ausbildung für Pflegeberufe haben den Status eines/einer Schülers/Schülerin bzw. Studenten/Studentin mit Ausnahme der Altenpflegeausbildung in dem deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen, wo sie als Auszubildende bezeichnet 5 werden. Eine Besonderheit des SchülerInnenstatus ergibt sich in der deutschen Kinderkranken- und Krankenpflegeausbildung, da die Lernenden auf den Stellenplan des Ausbildungsträgers angerechnet werden und somit gleichzeitig den Status eines/einer ArbeitnehmerIn einnehmen. Die Ansiedlung der Pflegeausbildung in den Bildungssystemen der Projektpartner sowie die unterschiedlichen Qualifizierungsniveaus der Berufsabschlüsse weisen darauf hin, dass die Lernenden auf unterschiedlichem Kompetenzniveau für die berufliche Pflege qualifiziert werden. Des Weiteren differenziert die horizontale und vertikale Durchlässigkeit in den Berufsausbildungen. Ausbildungsumfang und Theorie-Praxis-Anteile Die Ausbildungsdauer liegt im berufsbildenden Sekundarbereich bei drei Jahren und im Hochschulbereich bei drei bis vier Jahren. Misst man die Ausbildungsdauer in Gesamtstunden, so variiert diese von 3540 Stunden in Belgien bis zu 6720 Stunden in den Niederlanden für die Hochschulausbildung. Unter der in der EU-Richtlinie angegebenen Mindestforderung von 4600 Stunden bleibt der gesetzlich festgelegte Ausbildungsumfang für die Pflegeausbildung in Belgien und Luxemburg sowie auch die Altenpflegeausbildung in Deutschland/Nordrhein-Westfalen. Luxemburg sieht zudem die Vermittlung von berufs- und allgemeinbildenden Inhalten in der Gesamtstundenangabe vor. Die einzelnen Unterrichtsstunden werden mit 45, 50 und 60 Minuten angegeben. An der Hogeschool van Utrecht und an der Jagiellonian University in Krakau/Polen sind Zeiten für das Selbststudium in den Gesamtstunden der Berufsbildung explizit ausgewiesen. Der prozentuale Anteil der theoretischen und praktischen Ausbildung für Pflegeberufe stellt sich bei den einzelnen Projektpartnern folgendermaßen dar: Tabelle 1: Theorie- und Praxisverhältnis der Pflegeausbildung der Projektpartner Projektpartner / Länder Theorieanteil in % Theoretischer Unterricht Klinischer und praktischer Unterricht Verhältnis Theorie und Praxis Selbststudium Belgien: 1. Sekundarbereich 22,6 % 78,4 % 1 : 3,5 2. Hochschule 43,7% 56,3 % 1 : 1,2 34,8 % 65,2 % 1 : 1,9 40,4 % / 50 % 59,6 % / 50 % 1 : 1,5 / 1 50 % 50 % 1:1 Deutschland: 1. Kinderkranken/Krankenpflege 2. Altenpflege (BadenWürttemberg / Nordrhein-Westfalen) Luxemburg Niederlanden 28,2 % 29,2 % 42 % 1,3 : 1 Polen 36,6 % 24 % 39,4 % 1,5 : 1 Ausbildungsorganisation und curriculare Orientierungen Im Gegensatz zu der Pflegeausbildung in Deutschland muss sich die Organisation der theoretischen und praktischen Ausbildung in Luxemburg, Niederlande und Polen an den Schul- und Studienzeiten des allgemeinen Bildungssystems orientieren. Auf der Ebene der Hochschulausbildung in den Niederlanden und in Polen ist die Ausbildung modular ausgerichtet, verbunden mit einem Kreditpunkte-System. Die Berufsbildungsgänge für Pflegeberufe in Luxemburg, Niederlande und Polen beruhen auf detaillierten gesetzlichen 6 Vorgaben. Hingegen lassen die gesetzlichen Vorgaben für die Pflegeausbildungen in Deutschland den Ausbildungseinrichtungen eine recht freie curriculare Gestaltung der theoretischen Ausbildung zu. Jedoch ist damit eine geringe Vergleichbarkeit der Berufsbildung verbunden. Als einzige Ausbildungsstätte unter den Projektpartnern bietet die niederländische Hochschule in Utrecht eine fächerintegrative Ausbildung mit durchgängig umgesetzten handlungsorientierten Prinzipien an. In den Schulen in Deutschland, Luxemburg und Polen herrscht überwiegend eine Vermittlung von Berufsbildungsinhalten nach traditionellem Fächerkanon vor. Eine Integration von neuen Informations- und Kommunikationstechnologien in der Berufsbildung findet sich in Luxemburg und in den Niederlanden. Deutschland Die Ausbildungen für Pflegeberufe der deutschen Projektpartner sind gekennzeichnet durch einen Wechsel von mehrwöchigen Theorieblöcken am Lernort Schule und zwei- bis dreimonatigen Einsätzen in der Pflegepraxis. Themengebiete der theoretischen Ausbildung lassen sich in der Regel nicht mit den Einsatzorten der Pflegepraxis koordinieren. Während der praktischen Ausbildung wird wöchentlich ein Studientag in den Schulen angeboten. Die Planung der Urlaubszeiten für die SchülerInnen/Auszubildenden übernehmen die Ausbildungsstätten. Die gesetzlichen Richtlinien für die Ausbildungen der Kinderkrankenund Krankenpflege und auch der Altenpflege bilden die Grundlage für eine individuelle Erstellung von Rahmenlehrplänen, zumeist ausgerichtet auf die Schwerpunkte des Ausbildungsträgers. Somit ergibt sich ein heterogenes Bild von curricularen Konzeptionen in den einzelnen Ausbildungseinrichtungen. Infolgedessen ist eine einheitliche Gestaltung der Berufsbildungen im Sinne von vergleichbaren Standards schwierig. Die theoretischen Unterrichtsinhalte sind überwiegend orientiert an einem traditionellen Fächerkanon. Integrative didaktische Konzepte der Berufs- und Erwachsenenpädagogik werden vereinzelt umgesetzt, bilden aber noch kein durchgängiges Prinzip in der Ausbildung. Luxemburg Die Ausbildung in Luxemburg ist im Sinne eines klassischen Schulbetriebes organisiert. Pro Schuljahr sind vom Gesetzgeber die wöchentlichen Schulstunden für die Fächer des allgemeinbildenden, berufsbezogenen und klinischen Unterrichtes festgelegt. Der klinische Unterricht findet am Lernort Schule und in der Berufspraxis statt. Im zweiten und dritten Ausbildungsjahr sind mehrwöchige berufseinführende Blockpraktika in der Pflegepraxis vorgesehen. Der fächersystematischen Ausrichtung der Unterrichtsinhalte liegt ein lernzielorientiertes Curriculum zugrunde. Die curricularen Vorgaben des Gesetzgebers bedingen einen eingeschränkten Freiraum zur Erprobung von Modellprojekten. Niederlande Die Pflegeausbildung an der Hogeschool van Utrecht beruht auf einer landesweit einheitlichen Regelung, die eine Vergleichbarkeit der Ausbildung in den Niederlanden zulässt. Der Berufsbildung liegt ein kompetenzorientiertes Curriculum zugrunde. Prinzipien der handlungsorientierten Berufspädagogik wie problem-, wissenschafts-, erfahrungsorientiertes und selbstgesteuertes Lernen werden durchgängig umgesetzt. Das Studium ist modular organisiert verbunden mit einem Kreditpunkte-System, dessen rechnerische Grundlage die Zuteilung von einem Kreditpunkt auf 40 Ausbildungsstunden ist. In den Lernmodulen sind Lerninhalte zu thematischen und zeitlich abgerundeten, in sich abgeschlossenen und abprüfbaren Einheiten zusammengefasst. Eine fächerintegrative Vermittlung von bestimmten Teilqualifikationen steht im Mittelpunkt und zwar über dem Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten oder dem Training von Fertigkeiten (Skillslab) oder der Handlungsbefähigung in der Pflegepraxis. Der zeitliche Umfang von Lernmodulen am Lernort Schule variiert zwischen ein bis zehn Wochen, wo hingegen die Praktikumsblöcke in der Pflegepraxis 10 bis 20 Wochen umfassen. 7 Polen An der Jagiellonian University in Krakau/Polen wird das Berufsstudium für Pflegeberufe ebenfalls in modularer Form verbunden mit einem Kreditpunkte-System angeboten. Es unterscheidet sich vom niederländischen System insofern, dass in Fachmodulen Studieninhalte fächersystematisch und über mehrere Studienjahre verteilt unterrichtet werden. Den Fachmodulen sind Kreditpunkte zugewiesen, vergeben nach den fachlichen Gewichtungen der Lerninhalte im Studiengang. Insgesamt können pro Studienjahr 60 Kreditpunkte erworben werden, die nach dem ‚European Credit Transfer System – ECTS‘ angerechnet werden können. Die Vermittlung der Studieninhalte erfolgt nach einem lernzielorientierten Ansatz. Die praktische Ausbildung ist in einzelne Fachmodule integriert und findet in Form von Unterrichtsstunden am Lernort Schule oder in Form von zwei- bis fünfwöchigen Blöcken in der Berufspraxis statt. Zusätzlich sind während des Studiums vier Pflegepraktika von drei bis sechs Wochen zu absolvieren. Prüfungssysteme Abschlussprüfungen am Ende der Ausbildungszeit sind in Deutschland, Luxemburg und Polen gesetzlich festgelegt. Die staatlichen Prüfungen setzen sich in Deutschland und Luxemburg aus einer mündlichen, schriftlichen und praktischen Prüfung zusammen. An der Jangiellonian University in Krakau in Polen und an der niederländischen Hogeschool van Utrecht werden in einem studienbegleitenden Prüfungssystem Kreditpunkte und Noten vergeben, das die Grundlage eines Abschlusses bildet. Insgesamt 180 Kreditpunkte müssen die Studierenden der Pflegeausbildung an der polnischen Universität über studienbegleitende Prüfungen und/oder über bescheinigte Teilnahmen an den Fachmodulen erwerben, um zum Diplomexamen zugelassen zu werden. Das staatliche Diplomexamen beinhaltet eine praktische Prüfung in der Pflegepraxis und die Erstellung einer schriftlichen Diplomarbeit mit anschließendem Kolloquium. Hingegen ist an der niederländischen Hochschule in Utrecht kein Abschlussexamen vorgesehen. Der berufsbildende Hochschulabschluss wird durch die Summe von 168 Studienpunkten erreicht, die sich aus der Vergabe von Studienpunkten nach erfolgreich absolvierten Lehr-/Lernmodulen zusammensetzt. Bildungs- und Berufsverständnis Die Projektpartner artikulieren unabhängig voneinander ein ähnliches Bildungsverständnis. Fachliche Qualifizierung und Persönlichkeitsbildung sollen den Berufsbildungsprozess charakterisieren. In den Ausbildungsgängen der einzelnen Projektpartner zeigen sich jedoch große Unterschiede in der didaktischen Umsetzung der beabsichtigten Berufsbildungsziele, insbesondere in Bezug auf den Grad der Selbststeuerung des Lernenden und eine kontinuierliche Anwendung von berufs- und erwachsenenpädagogischen Prinzipien in der Unterrichtspraxis. In der Einstellung zum ausgewiesenen pflegerischen Berufsverständnis der einzelnen Ausbildungseinrichtungen harmonisieren die zentralen Aussagen miteinander. Die Berufsbildung soll Anforderungen und Veränderungen in der Berufswelt, basierend auf sich verändernden gesundheitspolitischen Entwicklungen, berücksichtigen. Demnach sind Zielgruppen der beruflichen Pflege Einzelpersonen, Familien und Gruppen. Aufgaben zur Verbesserung der Gesundheit, zur Verhütung von Krankheiten und zur Unterstützung in der letzten Lebensphase sind über individuelle und prozessorientierte Pflegehandlungen und über interprofessionell entwickelte Lösungen auf der Basis von wissenschaftlichen Erkenntnissen zu bewältigen. Der Schutz, die Erhaltung und die Förderung der Autonomie des Hilfebedürftigen stehen im Vordergrund. 8 Tabelle 2: Übersicht über Ausbildungsdaten der Berufsbildung im Bereich der Pflege der europäischen Projektpartner (Stand 2000) Kriterien Belgien Deutschland Luxemburg Niederlande Polen Ausbildungseinrichtungen der Pflegeberufe Lycée technique pour Professions de Santé Hogeschool van Utrecht – Faculteit Gezondheitszorg Jangiellonian University, Krakòw (Bundesländer: Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen) Ausbildungsgänge Ansiedlung im Bildungssystem Gesetzliche Bildungsvoraussetzungen Grundständige Ausbildung für Pflegeberufe 1. Berufsbildender Sekundarunterricht 2. Berufsbildung auf Hochschulniveau (Lizentiatsstudium) Krankenpflege, 2. Kinderkrankenpflege, 3. Altenpflege Berufsausbildende Schulen / Fachschulen besonderer Art mit Anbindung an Krankenhäuser / Einrichtungen der Altenpflege: 1. Ausbildungseinrichtungen für Krankenpflege, 2. Ausbildungseinrichtungen für Kinderkrankenpflege; 3. Berufsfachschule / Fachseminare für Altenpflege Mindestalter für beide Typen: 18 Jahre 1./2. Kranken- und Kinderkrankenpflege: 1. Mindestalter 17 Jahre; Mittlerer Bildungsabschluss (Sekundarabschluss I.) 3. Altenpflege: Mindestalter 17 Jahre; Sekundarabschluss I. 2. Dauer der Ausbildung 1. Abschluss der berufsbildenden Sekundarschule Sekundarstufe II. 1. 3 Jahre 2. 3 – 4 Jahre Kranken-, Kinderkranken- und Altenpflege: 3 Jahre Verpleegkunde Collegium Medicum – Health Care Faculty Institut of Nursing Generalistische Ausbildung für Pflegeberufe Generalistische Ausbildung für Pflegeberufe Generalistische Ausbildung für Krankenpflege Sekundäre technische Schule für Gesundheitsberufe: Hochschulstudium (tertiärer Bildungsbereich): Berufsbildende und allgemeinbildende Qualifizierung berufliche Bildung für Pflegeberufe auf dem Qualifikationsniveau 5 und Bildungsniveau des Bachelor Lizentiatsstudium für Pflegeberufe auf dem Bildungsniveau des Bachelor (tertiärer Bildungsbereich) Mindestalter: 17 Jahre; Mindestalter: 17 – 18 Jahre; Abschluss der 11. Klasse des Fachhochschulreife / technischen Sekundarunterrichtes in Sekundarabschluss II. - HAVO der Fachrichtung Gesundheitsberufe (enseignement secondaire technique, devision des professions de santé et sociales); Mindestalter: 17 – 19 Jahre Abschluss der Sekundarschule Abschluss der Tertia des klassischen Sekundarunterrichtes; 3 Jahre 4 Jahre, Dual: 4,5 Jahre 9 3 Jahre Kriterien Belgien Deutschland Luxemburg Niederlande Polen Ausbildungseinrichtungen der Pflegeberufe Lycée technique pour Professions de Santé Hogeschool van Utrecht – Faculteit Gezondheitszorg Jangiellonian University, Krakòw (Bundesländer: Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen) Stunden / gesamte Ausbildung 1. 3540 Stunden 2. 4440 Stunden 1./2. Krankenpflege / Kinderkrankenpflege: 4600 Stunden 3. Stunden / theoretische Ausbildung 1. 800 Stunden 2. 1940 Stunden 1. 2700 Stunden à 50 Minuten 2. 2500 Stunden à 50 Minuten 3600 Stunden 6720 Stunden (1680 Stunden jährlich) 4600 Stunden 1897 Stunden à 60 Minuten (berechnet werden alle Kontaktstunden mit Dozenten oder Lehrpersonen/Mentoren in der Praxis) 1685 Stunden à 45 Minuten Altenpflege: 4650 / 4500 Stunden Altenpflege: 1880 / 2250 Stunden à 45 Minuten 1./2. Krankenpflege/Kinderkrankenpflege: 3000 Stunden à 60 Minuten 3. Collegium Medicum – Health Care Faculty Institut of Nursing 1./2. Krankenpflege / Kinderkranken- 1800 Stunden à 50 Minuten pflege: 1600 –1900 Stunden à 45 Minuten 3. Stunden klinische Ausbildung / Berufs-praktika Verpleegkunde Altenpflege: 2770 / 2250 Stunden à 60 Minuten 1800 Stunden, davon unter pädagogischer Begleitung: 1480 Stunden à 50 Minuten klinischer Unterricht, 320 Stunden berufseinführende Praktika, 2823 Stunden à 60 Minuten 1810 Stunden à 60 Minuten (Skillslab und Berufspraktika), davon (praktischer Unterricht und 2000 Stunden für Berufspraktika Berufspraktika), davon 800 Stunden Berufspraktika Selbst-studium 1./2./3. nicht ausgewiesen nicht ausgewiesen 2000 Stunden 1105 Stunden Ausbildungsstu nden pro Woche Status der Auszubildenden 1./2./3. 38,5 Stunden 32 – 34 Stunden 40 Stunden 40 Stunden StudentIn oder StudentIn in der Ausbildung bei Lern-Arbeitsvertrag StudentIn 2. StudentIn 1./2: Krankenpflege/Kinderkranken- SchülerIn pflege: SchülerIn mit Anrechnung auf den Stellenplan im Krankenhaus 3 Altenpflege: SchülerIn/ Auszubildende/r 10 Kriterien Belgien Deutschland Luxemburg Niederlande Polen Ausbildungseinrichtungen der Pflegeberufe Lycée technique pour Professions de Santé Hogeschool van Utrecht – Faculteit Gezondheitszorg Jangiellonian University, Krakòw (Bundesländer: Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen) Abschlussprüfungen Qualifizierungsniveau des Abschlusses Berufsbezeichnung 1. berufsqualifizierender Abschluss auf Sekundarniveau 2. Berufsbildender Abschluss auf tertiärem Bildungsniveau (Hochschulabschluss bachelor degree: Bachelor of Art/Science) 1. Brevet d’infirmier(ère) hospitalier(ère) Zugangsberechtigung Fachhochschule 2. Diplôme d’infirmier(ère) hospitalier(ère) Verpleegkunde Collegium Medicum – Health Care Faculty Institut of Nursing 1./2./3. Staatliche Prüfung (mündlich Abiturprüfung, 14. Klasse schriftlich, praktisch) Staatliche Diplomprüfung in der Krankenpflege (mündlich, schriftlich, praktisch), 14. Klasse Kein Abschlussexamen Staatliches Diplomexamen (Praktische Prüfung und schriftliche Diplomarbeit mit anschließendem Kolloquium) 1./2./3. Berufsqualifizierender Abschluss auf Sekundarniveau Technisches Abitur und berufsbildender Abschluss auf Sekundarniveau (Hochschulzugangsberechtigung) Berufsbildender Abschluss auf tertiärem Bildungsniveau Berufsbildender Abschluss auf tertiärem Bildungsniveau (Hochschulabschluss - bachelor degree: Bachelor of Art/Science) (Akademischer Abschluss: bachelor degree) 1. Krankenschwester/ -pfleger diplom verpleegkundige HBOV 2. Kinderkrankenschwester/ pfleger diplôme d’état d’infirmer, diplôme d’état d’infirmère Dyplom licencjata pielegniarstwa (Bachelor in Nursing Degree) 3. Altenpfleger/in 11 Um das wünschenswerte Recht auf Niederlassung und Berufsausübung innerhalb der EU aufrechterhalten zu können, müssen angesichts der heterogenen Ausbildungen, Anforderungen und Abschlüsse nach Kollak und Pillen (1998) folgende Aspekte diskutiert werden: Anerkennung von Modulen der Ausbildung, Vereinheitlichung des Bewertungssystems (International Credits), Möglichkeit freiwilliger Ausbildungsanteile im europäischen Ausland. Geht man dieser Aufforderung nach, so gilt es bei der Entwicklung eines currciularen Gesamtkonzeptes im Rahmen des Pilotprojektes ‚Modularisierung der Pflegeausbildung‘ die Gemeinsamkeiten der Berufsbildung aller Projektpartner im Hinblick auf eine transnationale Konzeption zu integrieren. Einen ersten Schritt stellt der Entwurf eines curricularen Grobkonzeptes dar, das auf dem Vergleich der verschiedenen nationalen Ausbildungskonzeptionen basiert. Es dient als Diskussionsvorlage zur Verständigung über Leitziele und Qualifikationsanforderungen der Berufsbildung. Die Entwicklung weiterer Projektprodukte – im Besonderen die Erstellung von sechs Lernmodulen einschließlich der Lehr-/Lernmaterialien und die Erarbeitung eines Erprobungs- und Implementierungskonzeptes erfordern eine Adaption an die jeweils nationalen Rahmenbedingungen der Projektpartner. Dabei müssen die in der vorliegenden Untersuchung herauskristallisierten nationalen Unterschiede bearbeitet werden unter Berücksichtigung des Zieles, eine transnationale Vergleichbarkeit der Ausbildung für Pflegeberufe herzustellen. Im Folgenden schließt sich eine ausführliche Beschreibung der Ausbildungssysteme der beteiligten europäischen Projektpartner an. 12 3 Deutschland In Deutschland existieren mehrere Berufe im Pflegebereich mit gesonderten Ausbildungsgängen (unberücksichtigt bleiben an dieser Stelle die Ausbildungen für Altenpflege- und Krankenpflegehilfe). In der Erstausbildung wird zwischen Kinderkrankenpflege, Krankenpflege und Altenpflege unterschieden. Legt man hier die Lebensphasen als Ordnungsprinzip zu Grunde, so fühlt sich die Kinderkrankenpflege für das Früh- und Neugeborene bis hin zu Jugendlichen verantwortlich (Sieger & Bergmann-Tyacke, 2001). Die danach folgenden Lebensphasen liegen im Zuständigkeitsbereich der Krankenpflege, während die Altenpflege vorwiegend ältere Menschen zu ihrer Zielgruppe erklärt. Die Pflegeausbildungen erfolgen in staatlich anerkannten Ausbildungseinrichtungen. Das sind überwiegend Schulen besonderer Art mit einer Anbindung an gesundheitlichen Einrichtungen (Arbeitsgruppe Bildungsbericht am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, 1994). Nach der schulrechtlichen Definition sind es Ergänzungsschulen, das heißt, die staatliche Schulaufsicht ist sehr eingeschränkt und die Souveränität der Träger von Ausbildungseinrichtungen in der Gestaltung der Ausbildung sehr hoch. Träger der Ausbildung für die Kinderkranken- und Krankenpflege sind in der Regel gleichzeitig Träger eines Krankenhauses (öffentlich-rechtlich/freigemeinnützig oder privat). Die Ausbildungseinrichtungen sind in den Krankenhausbetrieb integriert. Zwischen dem Träger der Ausbildung und dem Lernenden wird ein schriftlicher Ausbildungsvertrag abgeschlossen. Dieser enthält zusätzlich zu den gesetzlich geregelten Grundlagen der Ausbildung arbeitsrechtliche Regelungen und die Verpflichtung zu einer Ausbildungsvergütung gestaffelt nach Ausbildungsjahren (Kurtenbach, Golombeck & Siebers, 1994; Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NordrheinWestfalen, 1995). Somit haben die Lernenden den Status des Schülers und den des Arbeitnehmers zugleich. Sie sind auf den Stellenplan des Pflegedienstes angerechnet. Träger der Ausbildung in der Altenpflege sind Länder (z. B. Baden-Württemberg), Landkreise, Städte und freigemeinnützige Einrichtungen (z. B. Caritas, Johanniter, etc.) sowie sonstige privatrechtliche Trägerschaften von Organisationen und Vereinen (MeyerKriechbaum 1999; Rustemeier-Holtwick, 1997). In Altenpflegeschulen, die sich als Berufsfachschulen bezeichnen (z. B. Baden-Württemberg), haben die Lernenden den Status einer/eines Schülerin/Schülers und Anrecht auf eine Ausbildungsförderung. Hingegen besitzen die Lernenden in anderen Bundesländern (z. B. Nordrhein-Westfalen) den Status des/der Auszubildenden. In einigen Ländern, wie auch in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen, erhalten die Lernenden eine Ausbildungsvergütung. Für die berufspraktische Ausbildung werden zumeist Kooperationsverträge mit geeigneten Praxisorten der Altenpflege abgeschlossen. Die nachfolgenden Beschreibungen beziehen sich im Besonderen auf die am Pilotprojekt ‚Modularisierung der Pflegeausbildung‘ mitwirkenden Ausbildungseinrichtungen aus den Bundesländern Nordrhein-Westfalen (NRW) und Baden-Württemberg und nehmen Bezug auf die allgemeinen gesetzlichen Regelungen der Ausbildung für Pflegeberufe in Deutschland. Aufgrund der Tatsache, dass eine große Anzahl deutscher Ausbildungseinrichtungen an dem Pilotprojekt teilnimmt, wurde auf eine Darstellung der Lehrgangsorganisation der einzelnen Ausbildungseinrichtungen verzichtet. Da eine solche Darstellung den Umfang des Berichtes überschreiten würde, wird an der Stelle auf die gesetzliche Regelung zur Lehrplangestaltung zurückgegriffen. Ausbildungsorganisation Für die Kranken- und Kinderkrankenpflege ist die Berufszulassung und die Ausbildung bundeseinheitlich durch das Gesetz über die Berufe in der Krankenpflege (KrPflG, 1985) 13 sowie über die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung (KrPflAPrV) von 1985 geregelt (Kurtenbach et al., 1994). Zur Ausbildung wird zugelassen, wer das 17. Lebensjahr vollendet hat und eine zehnjährige schulische Vorbildung mit dem Abschluss der Realschule oder eine gleichwertige Schulbildung (Sekundarabschluss I.) vorweisen kann. Einige Projektpartner legen für die Auswahl von BewerberInnen intern formulierte Bewerbungskriterien zugrunde. Darunter zählen neben dem Bildungsabschluss die Einschätzung von sprachlicher Ausdrucksfähigkeit und sozial-kommunikativen Kompetenzen, die Fragen nach der Ausbildungs- und Berufsmotivation sowie nach den Erwartungen an den zukünftigen Beruf. Die Bewerbungsverfahren finden in Form von Bewerbungsgesprächen oder auch Bewerbertagen statt, in denen Methoden der teilnehmenden Beobachtung, Interview, Übungen und Berichterstellung zur Anwendung kommen. Die Ausbildungsdauer der Kranken- und Kinderkrankenpflege beträgt drei Jahre (Kurtenbach et al., 1994; Stöcker, 1999a, 1999b; Wendt-Leon, 1995). Der Bildungsgang besteht aus sich abwechselnden theoretischen und praktischen Ausbildungsanteilen und variiert in den Einrichtungen der Projektpartner zwischen 1600 – 1900 Stunden à 45 Min. im theoretischen und praktischen Unterricht und zwischen 3000 – 3800 Stunden à 60 Min. in der praktischen Ausbildung. Die Vermittlung von theoretischen und praktischen Lehr-/ Lerninhalten findet am Lernort Schule statt, verteilt auf mehrwöchige Theorieblöcke sowie einen wöchentlichen Studientag während der praktischen Ausbildungszeit. Zusätzlich werden themenbezogene Seminartage angeboten, die z. B. Kommunikation, Tod und Sterben, neue Pflegekonzepte behandeln. Eine zeitliche Angabe für das Selbststudium der Lernenden ist in der KrPflAPrV nicht genannt. Innerhalb der europäischen Union hat nur Deutschland eine grundständige Ausbildung in der Altenpflege (Rennen-Allhoff, 2000). Die Altenpflegeausbildung ist nicht bundeseinheitlich, sondern auf der Ebene der einzelnen Bundesländer geregelt. Als Minimalvoraussetzung für die Zulassung zur Ausbildung gelten das vollendete 17. Lebensjahr, der Sekundarabschluss I. oder der Hauptschulabschluss bzw. eine gleichwertige Schulbildung, eine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine angemessene Berufstätigkeit (Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, 1995; Rennen-Allhoff, 2000; Rustemeier-Holtwick, 1997; Meyer-Kriechbaum, 1999). Die Dauer der Ausbildung in der Altenpflege beträgt in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen drei Jahre. Unterschiede zwischen den beiden Bundesländern gibt es in dem Umfang der theoretischen und praktischen Ausbildung. In Baden-Württemberg beträgt die Gesamtstundenzahl der Ausbildung 4650 Stunden, davon werden theoretische und fachpraktische Unterrichtsinhalte in 1880 Std. à 45 Min. an Berufsfachschulen vermittelt. In Form von Praktika werden 2770 Std. à 60 Min. in Einrichtungen der Altenpflege absolviert. Hingegen beträgt in NordrheinWestfalen die Gesamtstundenzahl der Ausbildung 4500 Stunden, aufgeteilt in 2250 Std. theoretische und fachpraktische Ausbildung, die an Fachschulen besonderer Art vermittelt werden, sowie 2250 Std. praktische Ausbildung in Einrichtungen der Altenhilfe (RustemeierHoltwick, 1997). Während der Ausbildung entscheiden die Ausbildungseinrichtungen für Kranken-, Kinderkranken- und Altenpflege autonom über die Häufigkeit der Lehr-/Lernzielkontrollen. Diese finden in Form von schriftlichen Testaten, Referaten oder Berichterstellungen in den einzelnen Fächern und von Handlungsvollzügen in der Berufspraxis statt. Die staatliche Abschlussprüfung in der Kinderkranken-, Kranken- und Altenpflege ist gesetzlich vorgeschrieben und besteht aus einem praktischen, schriftlichen und mündlichen Teil (Kurtenbach et al., 1994; Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, 1995; Meyer-Kriechbaum, 1999; Stöcker, 1999a, 1999b). Nach erfolgreichem Abschluss wird die Erlaubnis zur Ausübung der Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung Kinderkrankenschwester/Kinderkrankenpfleger bzw. Krankenschwester/Krankenpfleger und Altenpfleger/Altenpflegerin erteilt. Die gegenseitige Anerkennung der Abschlusszeugnisse und staatlichen Anerkennungen ist bundeseinheitlich sichergestellt. 14 Ziele und Inhalte der Ausbildung für Pflegeberufe Die Ziele und Inhalte der Berufsausbildung der deutschen Projektpartner orientieren sich an den gesetzlich festgelegten Ausbildungszielen. Für Krankenschwestern/Krankenpfleger und für Kinderkrankenschwestern/ Kinderkrankenpfleger gilt bundesweit als gesetzlich festgelegtes Ausbildungsziel die Vermittlung von Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten zur verantwortlichen Mitwirkung bei der Verhütung, Erkennung und Heilung von Krankheiten (Kurtenbach et al., 1994). Dazu zählen: die sach- und fachkundige, umfassende, geplante Pflege des Patienten, die gewissenhafte Vorbereitung, Assistenz und Nachbereitung bei Maßnahmen der Diagnostik und Therapie, die Anregung und Anleitung zu gesundheitsförderndem Verhalten, die Beobachtung des körperlichen und seelischen Zustandes des Patienten und der Umstände, die seine Gesundheit beeinflussen, sowie die Weitergabe dieser Beobachtungen an die an der Diagnostik, Therapie und Pflege Beteiligten, die Einleitung lebensnotwendiger Sofortmaßnahmen bis zum Eintreffen der Ärztin oder des Arztes, die Erledigung von Verwaltungsaufgaben, soweit die in unmittelbarem Zusammenhang mit den Pflegemaßnahmen stehen. Ausbildungsziele und –inhalte weisen darauf hin, dass für die Berufsbildung in der Krankenund Kinderkrankenpflege eine stärkere technische Ausbildung, ein höherer Anteil an intensiver und Sofortmaßnahmen erfordernder Pflege und ein früher Umgang mit multidisziplinären Institutionen im Vordergrund steht (Kollak & Pillen, 1998). Trotz der zunehmenden und auch gesundheitspolitisch gewollten Verlagerung der Gesundheitsversorgung in den teilstationären und ambulanten Bereich ist die Vermittlung von berufsspezifischen Qualifikationen in diesem Handlungsfeld der Pflege mit nur geringem Anteil im Ausbildungsplan vorgesehen. Hingegen ist die Zielsetzung der Altenpflegeausbildung auf der Ebene der einzelnen Bundesländer formuliert. In Baden-Württemberg und in Nordrhein-Westfalen kommt in der Zielformulierung zum Ausdruck, dass die Ausbildung in der Altenpflege zur selbständigen, eigenverantwortlichen und ganzheitlichen Pflege, Betreuung, Beratung, Aktivierung und Rehabilitation alter Menschen qualifizieren soll (Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, 1995; Rustemeier-Holtwick, 1997). Im Mittelpunkt der Altenpflegeausbildung stehen kommunikative und lebensumweltliche Fähigkeiten, ein hoher Anteil an Langzeitpflege und eine frühe Vermittlung pflegerischer Selbständigkeit. Die gesetzlichen Richtlinien räumen den Ausbildungseinrichtungen einen curricularen Freiraum ein. Die meisten Einrichtungen der Projektpartner nutzen diesen Freiraum, indem sie die gesetzlich festgelegten Ausbildungsziele über eine Auflistung von konkreten Teilzielen, bezogen auf die gesamte Ausbildung, oder von Lehr-/Lernzielen, bezogen auf spezifische Fächer der Ausbildung, ergänzen. Die Zielformulierungen sind auf die Vermittlung von spezifischen Fach-, Sozial- und Methodenkompetenzen ausgerichtet. Die folgende Auflistung gibt einen Einblick in die von den Ausbildungspartnern überwiegend genannten Teilziele bzw. Lehr-/Lernziele. Demnach sollen dem Lernenden Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten vermittelt werden: zum analytischen und abstrakten Denken, zu Problemlösungs- und Beurteilungsprozessen; zur personen- und situationsbezogenen Anwendung vom Pflegeprozess unter Berücksichtigung von individuellen Ressourcen und Lebensumwelt; zum verantwortlichen Handeln und zur Reflexion eigenen Handelns sowie auch ethischer und existentieller Fragestellungen; zur Planung eigener fachlicher Schwerpunkte; 15 zur Beziehungsgestaltung, Perspektivübernahme und Empathie; zur Gesprächsführung, Beratung und Anleitung; zur krankheits- und alterspezifischen Krisenintervention; zur Teamarbeit, zur Kooperation mit anderen Berufsgruppen; zum argumentativen Vertreten eines pflegerischen Standpunktes; zur Konfliktbewältigung; zur Mitverantwortung und Mitbestimmung bei der Gestaltung der beruflichen und gesellschaftlichen Prozesse; zum Erkennen und Nutzen von Handlungsspielräumen; zur Umsetzung von Kreativität, Flexibilität und Engagement; zur Aufrechterhaltung der eigenen physischen und psychischen Gesundheit sowie zum Umgang von beruflichen Belastungen; zur Weisungsfähigkeit gegenüber nachgeordneten Mitarbeitern; zum wirtschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Denken; zur Planung und Gestaltung eigener Lernprozesse; zur Planung beruflicher Fort- und Weiterentwicklung. Die gesetzlichen Regelungen der Kranken-, Kinderkranken- und Altenpflegeausbildungen enthalten Rahmenlehrpläne. Diese dienen den Ausbildungseinrichtungen der Projektpartner als einzige Grundlage zur Planung des Unterrichts. Die Tabelle 3 gibt eine Übersicht über die gesetzlich vorgegebenen theoretischen und praktischen Unterrichtsinhalte nach der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung 1985 für die Kinderkranken- und Krankenpflege (Kurtenbach et al., 1994) sowie die Altenpflegeausbildung am Beispiel des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen. (Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, 1995). Entscheidungen über Intentionen, Ziele, Lerninhalte, Synchronizität der Fächer und zeitliche Verteilungen der Unterrichtsstunden treffen die Schulen zwangsläufig für sich selbst. Infolgedessen ergibt sich für die Ausbildungseinrichtung der einzelnen Projektträger eine jeweils individuelle Ausgestaltung der inhaltlichen und zeitlichen Ausbildungsanteile, die zumeist an den sozial-medizinischen Schwerpunkten des Ausbildungsträgers aufgrund der Angliederung der Schule an einer Einrichtung des Gesundheitswesens orientiert ist. Tabelle 3: Übersicht der theoretischen und praktischen Unterrichtsfächer und Stundenanzahl in den Ausbildungen für Pflegeberufe Kinderkranken- und Krankenpflege Fächer Altenpflege (NRW) StundenFachbereiche anzahl à 45 Min. Berufs-, Gesetzes- und 120 Allgemeine Grundlagen (Berufsethik, Staatsbürgerkunde Rechtskunde, etc.) Hygiene und medizinische Mikrobiologie 120 Biologie, Anatomie und Physiologie 120 Fachbezogene Physik und Chemie 40 Sozialpflegerischer Bereich (Gerontologie, Lebensgestaltung im Alter, Kommunikation, etc.) Arzneimittellehre Allgemeine und spezielle Krankheitslehre einschließlich Vorsorge, Diagnostik, Therapie und Epidemiologie 60 320 16 Stundenanzahl à 45 Min. 320 600 Grundlagen der Psychologie, Soziologie und Pädagogik 100 Kinderkrankenpflege bzw. Krankenpflege Grundlagen der Rehabilitation Einführung in die Organisation und Dokumentation 480 Sprache und Schrifttum Erste Hilfe Zur besonderen Verwendung 20 30 100 20 30 Medizinisch-pflegerischer Bereich (Altenpflege, Anatomie/Physiologie, Gerontopsychiatrie, Hygiene, etc.) 960 Mitarbeiter/Dienste/Einrichtungen (Berufskunde, Kooperation, Organisation, etc.) 370 In Tabelle 4 sind die gesetzlich vorgegebenen Einsatzorte der praktischen Ausbildung nach der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung 1985 für die Kinderkranken- und Krankenpflege (Kurtenbach et al., 1994) und der Altenpflegeausbildung am Beispiel des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen (Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, 1995) aufgeführt. Tabelle 4: Überblick über die Einsatzbereiche der praktischen Ausbildung für Pflegeberufe Kinderkrankenpflege Allgemeine Pädiatrie einschl. Infektionskrankheiten unter Berücksichtigung der verschiedenen Altersstufen einschl. Frühgeborene und Neonatologie (1230 Std.) Chirurgie und chirurgische Fachgebiete (600 Std.) Neugeborenen- und Wochenpflege (220 Std.) Neuropädiatrie oder Kinder- und Jugendpsychiatrie, Gemeindekrankenpflege (Hauskrankenpflege) oder entsprechende Einrichtungen des Gesundheitswesen (350 Std.) Zur Verteilung (600 Std.) Krankenpflege Allgemeine Medizin und medizinische Fachgebiete einschl. Pflege alter Menschen und Alterskrankheiten (900 Std.) Altenpflege (NRW) Stationäre, teilstationäre, ambulante und offene Einrichtungen der Altenhilfe (2250 Std.) Allgemeine Chirurgie und chirurgische Fachgebiete 750 Std.) Gynäkologie oder Urologie und Wochen- und Neugeborenenpflege (350 Std.) Psychiatrie, Kinderkrankenpflege und Kinderheilkunde sowie Gemeindekrankenpflege (Hauskrankenpflege) oder entsprechende Einrichtungen des Gesundheitswesen (400 Std.) Zur Verteilung (600 Std.) Wie schon genannt sind die Ausbildungseinrichtungen der Projektpartner im Auftrage des Trägers für die gesamte Planung und Organisation der theoretischen und der praktischen Ausbildung zuständig. Hier zeigen sich dahingehend Schwierigkeiten, dass sich die Themengebiete der theoretischen Ausbildung mit den Einsatzorten der Pflegepraxis meistens nicht koordinieren lassen. Die Durchführung der praktischen Ausbildung wird in der Regel auf das Fachpersonal in der Pflegepraxis übertragen, das im Stationsalltag eingebettet ist (Dielmann, 1999; Robert Bosch Stiftung, 2000). Somit lernen SchülerInnen/Auszubildende durch ihre Mitarbeit und auf Nachfragen. In den Ausbildungseinrichtungen der Projektpartner werden zusätzlich punktuell pädagogische Anleitungen in der Pflegepraxis von MentorInnen, PraxisanleiterInnen und Lehrpersonen angeboten. 17 Didaktische und curriculare Orientierungen in der Ausbildung Die gesetzlichen Richtlinien räumen den Ausbildungseinrichtungen für Pflegeberufe einen großen didaktischen und curricularen Gestaltungsspielraum ein. Mit dem vermeintlichen Vorteil ist gleichzeitig verbunden, dass die Richtlinien keine Garantie bieten, die Ausbildung im Sinne vergleichbarer Standards zu gestalten (Stratmeyer, 1999). Vor diesem Hintergrund erstellen die Ausbildungseinrichtungen der Projektpartner individuelle Lehr- und Einsatzpläne - zumeist ausgerichtet nach den Schwerpunkten des Ausbildungsträgers - und versuchen eine Berufsbildung entlang erziehungswissenschaftlicher Erkenntnisse anzubieten. Über die gesetzlich festgelegten Ausbildungsziele hinaus formulieren die einzelnen Schulen der Projektpartner im unterschiedlichen Ausmaß Berufsbildungsziele und ein Berufsverständnis, welche sie in der Ausbildung beabsichtigen zu transportieren und umzusetzen. An dieser Stelle werden die Absichtserklärungen der einzelnen Projektpartner gebündelt wiedergegeben: Die Ausbildungseinrichtungen für Pflegeberufe sehen ihren Auftrag sowohl in der fachlichen Qualifizierung als auch in der Persönlichkeitsbildung. Im Mittelpunkt des Berufsbildungsprozesses steht die Förderung des Schülers/Auszubildenden zu einem aktiven, selbstbestimmten und kritischen Lernenden. Die Vermittlung von Qualifikationen steht im Kontext eines Berufs- und Pflegeverständnisses, das berufliche Pflege als gesellschaftlichen Auftrag versteht. Die Pflegearbeit wird als Dienstleistung an den gesunden und kranken Menschen aller Altersgruppen gesehen und ist aus der Sicht des Hilfesuchenden zu gestalten. Kern pflegerischen Handelns ist ein Beziehungs- und Ausgestaltungsprozess. Pflegerische Handlungen beziehen sich auf präventive, palliative, kurative und rehabilitative Aktivitäten bei akuten und chronischen Erkrankungen als auch auf die Gesundheitserhaltung und -beratung sowie auf die Begleitung des Sterbeprozesses. Im Vordergrund pflegerischen Handelns stehen die Erhaltung und Förderung von Kompetenzen, die Selbständigkeit, Selbstbestimmung und Selbstfürsorge des Hilfesuchenden und die Bereitstellung von Lebenshilfen unter Einbeziehung des sozialen Netzwerkes sichern. Die berufliche Pflege umfasst ein systematisches, begründetes und reflexives Gestalten anhand der Pflegeprozessmethode und basiert auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, festgelegten Qualitätsmerkmalen und ethischen Positionen. Letztere basieren überwiegend auf christlichen Wertvorstellungen. Die Organisation von pflegerischer Arbeit orientiert sich an ökonomischen und ökologischen Rahmenbedingungen. Kooperationsaufgaben liegen sowohl in der Mitwirkung bei der pflegerischen Ausbildung und Pflegeforschung als auch in der interdisziplinären Mitwirkung bei Diagnostik und Therapie. Die berufliche Pflege beteiligt sich an der Weiterentwicklung berufsrelevanter und sozialpolitischer Rahmenbedingungen. Ausgehend von dem beschriebenen Berufs- und Bildungsverständnis und der in den gesetzlichen Regelungen formulierten Ausbildungsziele konkretisieren die Ausbildungseinrichtungen zu erwerbende Fach-, Sozial- und Methodenkompetenzen im Sinne von Schlüsselqualifikationen und operationalisierten Lehr-/Lernzielen für die theoretische und praktische Berufsbildung. Eine konsequente Umsetzung in weitere Curriculumelemente wird nicht durchgehalten. In den Lehrplänen ist überwiegend eine fächersystematische Vermittlung von Inhalten nach dem traditionellen Fächerkanon erkennbar, die eine Nähe zu dem gesetzlich festgelegten Lehrplan aufzeigt. Integrative didaktische Konzepte der Berufs- und Erwachsenenpädagogik, die handlungs-, erfahrungsund problemorientierte Lehr-/Lernformen sowie selbstgesteuertes Lernens fokkusieren, bilden kein durchgängiges Prinzip. Sie werden in Abhängigkeit von spezifischen Unterrichtsthemen (z. B. Kommunikation, spezifische Pflegekonzepte, etc.), Lehrpersonen und der Philosophie der Ausbildungseinrichtung in die traditionelle Vermittlung vereinzelt integriert. Eine Vernetzung der theoretischen mit der praktischen Ausbildung ist meist noch gering. Jede Ausbildungsstätte hat für die praktische Ausbildung eigene Konzepte und Methoden entwickelt, um den Theorie- und Praxistransfer zu gewährleisten. Demzufolge erscheint ein nicht einheitliches Bild von verschiedenen Transfermethoden, die im 18 unterschiedlichen Umfang zur Umsetzung einer berufspraktischen Ausbildung eingesetzt werden. Sie umfassen zusammengefasst: Informationsaustausch und Beratungsgespräche zwischen dem Lernort Schule und Berufspraxis; Präsenzbesuche der Lehrpersonen aus den Ausbildungseinrichtungen an den praktischen Lernorten; Praxiseinweisungen und –anleitungen durch MentorInnen und PraxisanleiterInnen; Praxisaufträge für SchülerInnen/Auszubildende zu bestimmten theoretischen Lerneinheiten; Reflexionstage der berufspraktischen Ausbildung; Einsatz von Lehr-/Lernmaterialien, z. B. Beobachtungs- und Übungslisten zu einzelnen Themenbereichen, Praxisleitfaden, Lernverlaufskataloge, Lernzielkataloge, Lernangebote der Pflegepraxis, Nachweishefte, Begleitmappen; Konzept zur praktischen Ausbildung. Neue Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT), z. B. computerunterstützte Lernprogramme, Datenbanken, Kommunikations- und Infomationsmöglichkeiten im Internet, haben bislang im sehr eingeschränkten Maße Einzug in die Ausbildungseinrichtungen der Projektpartner genommen. Die Schulen praktizieren die Berufsbildung vor dem Hintergrund kontroverser Diskussionen und Auseinandersetzungen über Reformvorschläge in den Fachverbänden und politischen Parteien. Diese werden an dieser Stelle nur in Stichworten aufgeführt: Reformbedarf der gesetzlichen Richtlinien, integrierte oder generalisierte Ausbildungskonzepte für eine gemeinsame Ausbildung der Kinderkranken-, Kranken- und Altenpflege, Ausbildung mit akademischen Abschluss des ‚Bachelor degree‘ für Pflegeberufe an der Fachhochschule. Einige Ausbildungseinrichtungen der am Projekt mitwirkenden Partner in NordrheinWestfalen, beteiligen sich im Rahmen eines Modellversuches ausgehend vom Landesministerium für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit, an der Erprobung der empfehlenden Ausbildungsrichtlinie für die Kranken- und Kinderkrankenpflegeausbildung (Ministerium für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit des Landes Nordrhein-Westfalen, 1998). Die Richtlinie sieht eine fächerintegrative Vermittlung von Lehr-/Lerninhalten vor. Ziel ist, eine Bearbeitung von Themen in komplexen Zusammenhängen und eine stärkere Praxisnähe zu erreichen. Die Richtlinie ist so konzipiert, dass sie die Entwicklung zu einer integrierten Ausbildung der Kranken-, Kinderkranken- und Altenpflege zulässt. Seit Oktober 2001 läuft an der Krankenpflegeschule des Robert-Bosch-Krankenhauses in Stuttgart ein Projekt, das die konzeptionelle Entwicklung und Implementierung einer Ausbildung für Pflegeberufe, strukturiert nach fächerintegrativen Lernfeldern, anstrebt. Das Modell sieht zunächst eine Ausbildung nach zwei Qualifikationsstufen (Pflegefachperson I. und II.) vor, die sich an der unterschiedlichen Komplexität von Berufssituationen orientieren (siehe auch Robert Bosch Stiftung, 2000). Arbeitsfelder der Pflege und Weiterbildungsmöglichkeiten Staatlich anerkannte Krankenschwestern und –pfleger üben ihre Berufstätigkeit hauptsächlich in allen medizinischen, chirurgischen und auch spezifischen Abteilungen der Krankenhäuser, in der häuslichen Pflege, in Rehabilitations- und Behinderteneinrichtungen aus. Staatlich anerkannte AltenpflegerInnen finden ihre Arbeitsfelder in allen stationären, teilstationären und ambulanten Einrichtungen der Altenhilfe, in der häuslichen Pflege, in geriatrischen und gerontopsychiatrischen Kliniken sowie bei Beratungsstellen für Senioren und Angehörige. Weitere Tätigkeitsfelder für Pflegeberufe bieten sich in Arztpraxen, bei den Krankenkassen, beim Sozial- und Gesundheitsamt oder auch in der berufspolitischen Arbeit 19 von Berufsverbänden, Gewerkschaften oder in sonstigen Einrichtungen des Gesundheitswesens. Spezialisierungen sind im Anschluss an die Ausbildung über Weiterbildungslehrgänge möglich, die oftmals berufsübergreifend organisiert sind (Meyer-Kriechbaum, 1999; RennenAllhoff, 1999, 2000; Stöcker, 1999a, 1999b). Die Regelung zur Weiterbildung obliegt den Bundesländern. Weiterbildungsgesetze, verbunden mit einer staatlichen Anerkennung, sind nicht in allen Ländern erlassen. In der folgenden Tabelle sind die Möglichkeiten zur Weiterbildung in Funktionsweiterbildungen, fachbezogenen und berufspädagogischen Weiterbildungen unterteilt. Tabelle 5: Weiterbildungslehrgänge für Pflegeberufe Funktionsweiterbildungen: Heim- bzw. Pflegedienstleitung Station-, Wohn- und Pflegegruppenleitung Fachbezogene Weiterbildungen: Intensivpflege und Pflege in der Anästhesie Operationsdienst/ Endoskopiedienst Onkologie Nephrologie Gemeindekrankenpflege/ Gemeindealtenpflege Hygiene Psychiatrie/Gerontopsychiatrie Rehabilitation und Geriatrie Altentherapeutin/ Gerontotherapeutin Berufspädagogische Weiterbildungen: Praxisanleitung/Mentor Lehrkraft für Kinderkranken-/ Kranken- und Altenpflege Die Lehrerausbildung für Pflegeberufe und die Ausbildung zum Pflegemanagement werden ebenso an Fachhochschulen und Universitäten angeboten. Erste pflegewissenschaftliche Studiengänge mit der Möglichkeit zur Promotion und Habilitation sind in Universitäten eingerichtet. 20 4 Luxemburg In Luxemburg existiert eine grundständige Ausbildung für Pflegeberufe, die für die allgemeine Pflege qualifiziert (Rennen-Allhoff & Bergmann-Tyacke, 2000). Die Pflegeausbildung ist in das allgemeine Bildungssystem integriert und dient der Berufsbildung und der Allgemeinbildung. Sie erfolgt an der Schule ‚Lycée Technique pour Profession de Santé‘. Die Ausbildung für Pflegeberufe unterliegt der staatlichen Regelung, zuständig ist das Erziehungs- und Bildungsministerium (Le Ministre de l’Education nationale et de la Formation professionelle). Die Auszubildenden haben Schülerstatus, bis auf Lehrbücher und Schulmaterialien werden keine Schulgebühren erhoben. Es wird keine Ausbildungsvergütung gezahlt. Ausbildungsorganisation Zur Ausbildung wird zugelassen, wer mindestens 17 Jahre alt ist und einen erfolgreichen Abschluss der 11. Klasse des technischen Sekundarunterrichtes in der Fachrichtung Gesundheitsberufe bzw. einen vergleichbaren Schulabschluss nachweisen kann. Die Dauer der Berufsbildung beträgt drei Jahre mit jeweils 36 Schulwochen à 32 – 34 Unterrichtsstunden (Ministère de L’Education Nationale, de la Formation Professionelle et des Sports, 2000-2001; Rennen-Allhoff et al., 2000). Insgesamt umfasst die Ausbildung etwa 3600 Stunden, davon wird eine Hälfte dem theoretischen Ausbildungsanteil, die andere Hälfte der praktischen Ausbildung zugeordnet (Europäische Kommission, 1997). Eine Stunde wird mit 50 Minuten berechnet. Die praktische Ausbildung gliedert sich in die Vermittlung von klinischen Unterrichtsinhalten und drei berufseinführende Blockpraktika in der Praxis im zweiten und dritten Ausbildungsjahr. Während der drei Ausbildungsjahre finden laufend Überprüfungen der theoretischen und praktischen Kenntnisse statt. Am Ende des dritten Ausbildungsjahres erfolgt das nationale Abschlussexamen, welches sich aus einer schriftlichen, mündlichen und praktischen Prüfung zusammensetzt. Die Ausbildung für Pflegeberufe ("Infirmier, Assistant technique médical de laboratoire, Assistant technique médical de radiologie", d. h. Krankenpfleger, MTA für klinisches Labor und MTA für Radiologie) führt zum technischen Abitur (diplôme de fin d’études secondaires techniques), und zum staatlich anerkannten Krankenpflegediplom (diplôme d’état d’infirmier) bei erfolgreichem Abschluss der 14. Klasse. Das Krankenpflegediplom ist zugleich Hochschulzugangsberechtigung. Ziele und Inhalte der Ausbildung für Pflegeberufe In der Ausbildung für Pflegeberufe stehen neben den Humanwissenschaften das Wissen um den Pflegeprozess, berufliches Engagement, Kommunikationsfähigkeit, Forschungsqualifikation und Adaptationsfähigkeit im Vordergrund (Lycée Technique pour Profession de Santé, 1998). Die Umsetzung erfolgt über ein lernzielorientiertes Curriculum. Das curriculare Konzept wurde von einer Kommission unter Aufsicht des Erziehungs- und Bildungsministeriums erarbeitet, gesetzlich verankert und ist somit rechtskräftig. Es teilt die Ausbildung in vier Grundrichtungen: den allgemeinen theoretischen Unterricht, den berufsgebundenen theoretischen Unterricht, den klinischen Unterricht und die praktische Ausbildung. Die Lehr-/Lerninhalte werden fächersystematisch unterrichtet. Sowohl zu den einzelnen Unterrichtsthemen als auch zu den Ausbildungsinhalten der Berufspraxis sind Lehr-/Lernziele formuliert. 21 In Tabelle 6 ist exemplarisch der wöchentliche Lehrplan der theoretischen und klinischen Ausbildungsinhalte des Jahres 2000/2001 aufgeführt (Ministère de L’Education Nationale, de la Formation Professionelle et des Sports, 2000-2001). Tabelle 6: Unterrichtsinhalte mit Gesamtstundenanzahl pro Woche (Jahr 2000/2001) Ausbildungsbereich Allgemeinbildender Unterricht Berufsbezogener Unterricht Unterrichtsinhalte Deutsch Französisch Humanbiologie Informatik Physik Chemie Zeitgenössisches Weltgeschehen Sporterziehung Pflegekonzepte und Probleme der Krankenpflege Wissenschaften der Medizin Lebensabschnitte Professionelle Kommunikation Berufskunde Grundlagenkenntnisse der Hygiene, der Ernährungslehre, der Arzneimimttellehre und der diagnostischen Maßnahmen Human- und Sozialwissenschaften Klinischer Unterricht Gesamte Stundenanzahl 12 SI 10,5 13 SI 8 14 SI 2,5 12,5 11,5 9 9 13,5 22,5 Pflegetechniken Pflegeprozess Kommunikation Professionelles Engagement/ Selbstverwirklichung Die praktische Ausbildung umfasst Lehreinheiten im Übungsraum am Lernort Schule und auf Ausbildungsstationen, die sich auf verschiedenen Abteilungen (z. B. Chirurgie, Innere Medizin, Pädiatrie, Gynäkologie, Psychiatrie) in unterschiedlichen gesundheitlichen Einrichtungen (z. B. Krankenhäuser, Einrichtungen der Altenhilfe, häusliche Pflege) befinden. Der Anteil des klinischen Unterrichtes, der in der Berufspraxis stattfindet, wird im ersten Ausbildungsjahr (12 SI) von einer Lehrperson oder einer diplomierten Pflegeperson in Mentorfunktion (L’infirmier de référence) vollständig begleitet (Lycée Technique pour Profession de Santé, 1996). Im zweiten Ausbildungsjahr (13 SI) reduziert sich die pädagogische Begleitung auf 75 %, im dritten Ausbildungsjahr (14 SI) auf 50 %. Während der restlichen Zeit (25 % bzw. 50 %) sind die SchülerInnen in das Pflegeteam eingebunden (Lycée Technique pour Profession de Santé, 1998). Handlungsleitend für den Ausbildungsprozess in der Berufspraxis ist der Pflegeprozess. Im Rahmen der klinischen und praktischen Ausbildung soll der Schüler zudem befähigt werden, Anforderungen und Aufgaben im Rahmen der beruflichen Kommunikation und Beratung, der Mitwirkung und 22 Kooperation im interprofessionellen Team, der pflegerischen Organisation und des ökonomischen Arbeitens zu bewältigen. Ein weiterer Schwerpunkt in den berufseinführenden Blockpraktika liegt im Kennenlernen des Schichtdienstes und der Arbeit an Sonn- und Feiertagen sowie dem Erkennen von eigenen physischen und psychischen Reaktionen auf diese Arbeitszeiten. Didaktische und curriculare Orientierungen in der Ausbildung für Pflegeberufe Dem lernzielorientierten Curriculum liegt eine holistische Grundhaltung gegenüber dem Menschen und somit auch gegenüber dem Schüler zugrunde (Lycée Technique pour Profession de Santé, 1995). Es beinhaltet ein Pflege- und Berufsverständnis, welches sich auf das Pflegemodell von V. Henderson beruft. Die Ausbildung ist auf eine persönliche und berufliche Entwicklung ausgerichtet, in der durch die allgemein- und berufsbildenden Anteile die intellektuellen, organisatorischen, praktischen und humanen Kompetenzen des Schülers gefördert werden. Die Entwicklung der Kompetenzen soll in ein Berufsprofil der diplomierten Krankenschwester bzw. des diplomierten Krankenpflegers einmünden, das folgende Merkmale aufweist: 1. Das Erfassen, Durchführen und Evaluieren der Pflege: die Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Umsetzung des Pflegeprozesses und zur Evaluation der Arbeit; die Fähigkeiten und Fertigkeiten zur verantwortungsbewussten Organisation und Ausführung der übernommenen Aufgaben; die Fähigkeiten zur Anwendung der Kenntnisse im Rahmen eines ganzheitlichen Pflegeangebotes. 2. Die Kommunikation mit dem Umfeld: die Fähigkeiten zu einer professionellen Beziehung mit dem Pflegebedürftigen; die Fähigkeiten zur Informationsweitergabe und zum Informationsaustausch mit den unterschiedlichen Partnern der Pflege; die Fähigkeiten zur Anleitung von Krankenpflegeschülern. 3. Die Fürsorge für die persönliche und berufliche Entwicklung: den Willen und die Möglichkeiten zur kontinuierlichen Weiterbildung und Spezialisierung; die Fähigkeiten zur kritischen Betrachtung des eigenen Verhaltens und der Arbeit und die Fähigkeiten, auf eigene Ressourcen und Grenzen zu achten; die Fähigkeiten, eine eigene Position zu vertreten und/oder in politischen und ökonomischen Angelegenheiten des Gesundheitswesen mitzuwirken. Schwerpunkte der Ausbildung sind einerseits die Ausrichtung auf die selbständige Rolle der professionellen Pflegeperson im Gesundheitswesen und andererseits die pädagogische Orientierung. Die Ausbildungsziele werden mithilfe einer integrierten und interaktiven Pädagogik umgesetzt. Darunter wird interdisziplinäres Arbeiten sowie der Austausch und die Abstimmung zwischen den Lehrenden untereinander und zwischen den Lehrenden und der Berufspraxis verstanden. Der aktive Schüler steht im Mittelpunkt des Lehr-/Lernprozesses. Handlungs- und erfahrungsorientierte Lehr-/Lernformen ermöglichen dem Schüler einen Transfer zwischen Theorie und Praxis und fördern die Entwicklung von Selbständigkeit, Verantwortlichkeit, Kreativität und Sensibilität. Die Ausbildung muss dem Schüler Orte der Reflexion, des Nachforschens und der Antworten bereit stellen. Als Lehr-/Lernmaterialien werden u. a. Fachliteratur, Arbeits- und Ausbildungshefte, Bewertungsinstrumente und audio-visuelle Medien (z. B. CD-Rom, Videofilm, Internet) eingesetzt. Die Organisation der Ausbildung und das o. g. Berufsverständnis der Pflegeberufe sind gesetzlich niedergeschrieben (Règlement grand-ducal du 27 janvier 1998 portant sur l’exercice de la profession d’infirmier – le Ministre de la Santé). Bezogen auf professionelle Aktivitäten wird zwischen einem nicht eigenverantwortlichen Aufgabenbereich im Rahmen 23 der Mitwirkung und Assistenz in der medizinischen Diagnostik und Therapie (rôle délégué) und einem handlungsautonomen Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum der Pflegeperson (rôle propre) unterschieden. Die Aufgaben der professionellen Pflegeperson liegen in der präventiven, kurativen und palliativen Pflege, die sich auf professionelle Beziehungsgestaltung, auf technische Handlungen, Gesundheitsberatung und Gesundheitserziehung bezieht. Zu den handlungsautonomen Aufgabenbereichen zählen: das Erkennen und das Beurteilen der körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Bedürfnisse, Probleme, Fähigkeiten und Hilfsquellen der ihr anvertrauten Menschen (in der gesetzlichen Regelung sind konkrete Aufgaben unter verschiedenen menschlichen Bedürfnissen aufgeführt); das Erheben des Pflegebedarfs, das Planen, Durchführen und Evaluieren einer individuellen und ganzheitlichen Pflege; das Motivieren und Anleiten der gesunden und kranken Menschen mit dem Ziel der Erhaltung bzw. Wiedererlangung von Gesundheit und Selbständigkeit sowie das Unterstützen von Menschen in ihrer letzten Lebensphase; das Sichern der Pflegequalität; das Koordinieren von Interventionen der unterschiedlichen Gesundheitsberufe; das Arbeiten an der Weiterentwicklung und Verbesserung von Pflegemethoden- und techniken; das Fördern und Unterstützen der Pflegeforschung; das Mitwirken bei der Aus-, Weiter- und Fortbildung im Gesundheitswesen. Arbeitsfelder der Pflege und Weiterbildungsmöglichkeiten Diplomierte Krankenschwestern und –pfleger üben ihre Berufstätigkeit hauptsächlich in allen medizinischen, chirurgischen und auch spezifischen Abteilungen der Krankenhäuser, in Pflege- und Altenheimen, in der häuslichen Pflege und in Rehabilitationseinrichtungen aus. Weitere Arbeitsfelder bieten sich in Hilfsorganisationen der Weltgemeinschaft (z. B. Médecins Sans Frontières, UNICEF), im Centre-médico-social, in Arztpraxen und in verschiedenen Betrieben. Spezialisierungen im Bereich der Pflegeberufe sind im Anschluss an die Ausbildung über Weiterbildungslehrgänge möglich (Rennen-Allhoff et al., 2000): Krankenschwester/Krankenpfleger in der Pädiatrie, einjährige Weiterbildung; Krankenschwester/Krankenpfleger in der Psychiatrie, einjährige Weiterbildung; Fachkrankenschwester/-krankenpfleger für Anästhesie und Intensivmedizin, zweijährige Weiterbildung; Hebamme, zweijährige Weiterbildung; Medizinisch-technischer Chirurgieassistent, 18-monatige Weiterbildung. Alle Weiterbildungslehrgänge schließen mit einem nationalen Abschlussexamen, bestehend aus einer schriftlichen, mündlichen und praktischen Prüfung, ab. Der erfolgreiche Abschluss führt zum staatlich anerkannten Diplom und zur Berechtigung, die jeweilige Berufsbezeichnung zu tragen. Für die Lehrerausbildung gibt es zwei Qualifizierungswege: über Fachhochschul(mindestens 3 Jahre) oder Universitätsstudien (mindestens 4 Jahre). Die Lehrerausbildung selbst findet in Luxemburg statt: zweijährige berufsbegleitende Universitätsstudien. 24 5 Niederlande In den Niederlanden ist die Berufsbildung für Pflegeberufe generalistisch angelegt. Innerhalb des Pflege- und Versorgungsbereichs wird zwischen vier Berufen und fünf Qualifikationsniveaus unterschieden (Lahmann, Pieper & Otto, 1998; Ministerium für Gesundheit, Gemeinwohl und Sport, 1996; Rennen-Allhoff & Bergmann-Tyacke, 2000). Ausbildungen zu Hilfskräften in der Pflege, zu PflegehelferInnen und zu SozialpflegerInnen in Pflegeheimen und häuslicher Pflege orientieren sich nach Anforderungen der ersten drei Qualifikationsstufen. Pflegepersonen des vierten Qualifikationsniveaus (MBOV) werden an Fachschulen ausgebildet und schließen nach vierjähriger Ausbildung mit dem Diplom ‘Verpleegkundige-A‘ ab. Diese Krankenschwestern und -pfleger sind für die selbständige Planung und Durchführung der Krankenpflege verantwortlich, handlungsleitend ist der Pflegeprozess. Die ersten vier Qualifikationsstufen erfolgen im Rahmen der beruflichen Sekundarbildung an Berufsfachschulen. Pflegepersonen der fünften Qualifikationsstufe werden an Fachhochschulen ausgebildet (s. u.). Auf allen Ausbildungsniveaus werden landesweit zwei gleichwertige Lernwege angeboten (Europäische Kommission, 1997; Ministerium für Gesundheit, Gemeinwohl und Sport, 1996; Rennen-Allhoff et al., 2000): 1. Der berufsbildende Weg (Studieren und Praktika), hier nehmen die Praktika etwa 30 % der Ausbildungsdauer ein. 2. Der berufsbegleitende Weg (Arbeit und Schule), dieser ist kombiniert mit einem Beschäftigungsverhältnis. Der Schwerpunkt liegt auf dem Lernen in der praktischen Berufsausübung und deckt etwa 70 % der Ausbildungsdauer ab. Auf der Ebene der tertiären Berufsbildung wird das Vollzeitstudium über ein Stipendium vom Staat finanziert. Studenten, die den Weg des berufsbegleitenden Studiums wählen, erhalten im ersten Studienjahr eine staatliche Förderung. Ab dem zweiten Studienjahr beziehen die Auszubildenden, neben einem Zuschuss zu den Studienkosten, ein Gehalt. Grundlage ist ein Lern- und Arbeitsvertrag mit einer Einrichtung des Gesundheitswesens. Die Berufsbildung für Pflegeberufe unterliegt der staatlichen Regelung (Ministerium für Gesundheit, Gemeinwohl und Sport und dem Ministerium für Unterricht, Kultur und Wissenschaft). Die hier greifenden Gesetze sind: das Gesetz über die Berufe in der individuellen Gesundheitspflege (WET BIG: regelt die zu erbringenden Leistungen von Angehörigen der Heil- und Pflegeberufe, die Qualität der Berufsausübung und den Schutz der Patienten) (Ministerium für Gesundheit, Gemeinwohl und Sport, 1998), der Erlass über die Ausbildungsanforderungen der Krankenpflegeberufe, das Ausbildungs- und Berufsgesetz (WEB), das Gesetz über die Hochschulausbildung und wissenschaftliche Forschung (WHW). Nach festgelegten Richtlinien und Evaluationsverfahren werden die Hochschulen staatlich überprüft. Die Ergebnisse der Überprüfung werden veröffentlicht, so dass sich auch die niederländischen Bürger über die Effektivität des Lehrens und Studierens an den Hochschulen informieren können (Hogeschool van Utrecht, 2000; van Meer, 2000). Qualifikationsniveau, Teilqualifikationen und Modulsystem Die o. g. Qualifikationsstruktur bezieht sich auf die Kranken- und Heimpflege bzw. häusliche Pflege (Lahmann, Pieper & Otto, 1998; Ministerium für Gesundheit, Gemeinwohl und Sport, 1996). Mit jedem höheren Qualifikationsniveau erweitert sich die Kompetenz (Fähigkeiten und Fertigkeiten) der Fachkraft in Bezug auf Berufssituationen. Die Beschreibung der Kompetenz richtet sich nach drei Kriterien, die folgendermaßen definiert werden: 25 Verantwortlichkeit: Ausmaß der Verantwortung und Rechenschaftspflicht in Bezug auf das berufliche Handeln und dessen Auswirkungen auf das berufsmäßige Handeln anderer; Komplexität: Ausmaß der Komplexität von beruflichem Handeln in Bezug auf die Anwendung von Routinetätigkeiten, Standardverfahren und neuen Verfahren; Transfer: Ausmaß des Transfers von Kenntnissen und beruflichen Fähigkeiten in unterschiedlichen Handlungssituationen. Demzufolge sind auf dem zweiten Qualifikationsniveau überwiegend Routine- und Standardverfahren auszuführen. Auf dem fünften Qualifikationsniveau herrschen komplexe Tätigkeiten und die Entwicklung von neuen Verfahren vor. Auf allen Ausbildungsebenen sind die Ausbildungsziele in Teilqualifikationen gebündelt. Diese sind so gewählt, dass bestimmte allgemeine Teilqualifikationen, die sich auf die direkte Pflegedienstleistung beziehen, in allen Berufsbildungsgängen vermittelt werden. Für ein höheres Qualifikationsniveau müssen weitere Teilqualifikationen erworben werden, die eine Handlungsfähigkeit in einer immer größeren Vielfalt von Situationen gewährleisten. Die angestrebten Ausbildungsergebnisse sind in einem modularen System zusammengefasst. Das bedeutet, dass die zu vermittelnden Lehr-/Lerninhalte mit den ihnen zugeordneten Teilqualifikationen in Einheiten von begrenzter Größe gegliedert sind. Die Lehr-/Lernmodule sind in sich geschlossen. Diese Systematik gewährleistet eine transparente Struktur und erleichtert dem Auszubildenden einen Wechsel zwischen den einzelnen Berufsbildungsgängen für Pflegeberufe. Die nachfolgenden Beschreibungen beziehen sich auf den niederländischen Projektpartner, die Hogeschool van Utrecht, Faculteit Geszondheitszorg, Verpleegkunde. Ausbildungsorganisation der Qualifikationsstufe 5 Für die Zulassung zur Hochschule ist ein Sekundarabschluss II. (HAVO) im Alter von 17 – 18 Jahren, erforderlich (Europäische Kommission, 1997; Rennen-Allhoff et al., 2000). Die Dauer der Berufsbildung beträgt vier Jahre bei 168 Semesterwochen im Falle des Vollzeitstudiums. Über den berufsbegleitenden Lernweg verlängert sich die Ausbildung bis zu 4,5 Jahren. Die Berufsbildung ist in eine propädeutische Phase (1. Studienjahr) und in eine Hauptphase (2.-4. Studienjahr), die eine Differenzierungs- bzw. Spezialisierungsphase (letzte Studienphase) einschließt, gegliedert. Der Berufsbildungsgang umfasst insgesamt 6720 Stunden à 60 Minuten, davon werden 3897 Stunden der theoretischen und fachspezifischen Ausbildung sowie 2823 Stunden der klinischen Unterweisung und den Berufspraktika zugeordnet. Die Ausbildungsstunden sind als Studienbelastungsstunden (sbu) ausgewiesen. Pro Studienjahr sind die Lehr-/Lernmodule in vier Studienblöcke à 10 Wochen mit insgesamt 1680 sbu organisiert. Die rechnerische Grundlage eines Moduls beträgt 40 sbu (addierbar jeweils um die gleiche Zahl auf 80 Stunden, 120 Stunden, etc.). Der modularen Studienorganisation liegt ein Kreditpunkte-System zugrunde. Für 40 sbu wird jeweils ein Kreditpunkt (Studienpunkt) vergeben. Folglich schließt jedes Modul entsprechend seiner Länge mit einer bestimmten Anzahl von Studienpunkten ab (siehe Tabellen 8 – 10). 40 Ausbildungsstunden pro Woche sind angesetzt. Diese Stunden verteilen sich auf Kontaktstunden zwischen Dozenten und Studierenden, Stunden für das Selbststudium sowie auf Studienaktivitäten in Lerngruppen. Der zeitliche Umfang für die einzelne Stundenverteilung innerhalb eines Moduls richtet sich nach der Ansiedlung des Moduls im Studium, den Lernvoraussetzungen der Studenten und den Lehr-/Lerninhalten. Die praktische Ausbildung gliedert sich zum einen in pädagogisch begleitete oder selbständig durchzuführende Lehr-/Lerneinheiten in Übungsräumen am Lernort Schule und zum anderen in Praktika an Lernorten der Berufspraxis. 26 Eine Überprüfung der Lernleistungen findet zum Abschuss jedes Moduls statt. Geprüft werden Kenntnisse (Wissen, Prozeduren, Begriffe und Prinzipien) sowie reproduzierende und produktive Fertigkeiten auf der kognitiven, psychomotorischen, reaktiven und interaktiven Ebene (i. S. v. Romiszowski, 1991). Formen von Prüfungen sind z. B. schriftliche Tests mit offenen Fragen oder Multiple Choice Fragen, Fallbeschreibungen, Präsentation von Referaten und praktischen Untersuchungen sowie Erstellung und Präsentation eines Entwurfes zur Qualitätssicherung in der Praxis. Die den einzelnen Lehr-/Lernmodulen zugeordneten Studienpunkte werden bei erfolgreichem Bestehen der Lernleistungen vergeben. Für den Hochschulabschluss müssen insgesamt 168 Studienpunkte erreicht sein. Ein Abschlussexamen ist nicht vorgesehen. Anschließend wird die Erlaubnis zur Tätigkeit unter der staatlich geschützten Berufsbezeichnung Diplom Verpleegkundige HBOV erteilt. Das Diplom liegt auf dem Niveau des Bachelor of Arts/Science. Ziele und Inhalte der Qualifikationsstufe 5 Leitende Ziele für eine Ausbildung auf der fünften Qualifikationsstufe sind in einem landesweiten Rahmencurriculum festgelegt und beziehen sich auf: die Berufsausübung in der direkten Beziehung zum Patienten/Klienten bzw. zur Patientengruppe/Klientengruppe (Mikroniveau), die Berufsreform und –entwicklung, die Zusammenarbeit innerhalb des Gesundheitswesens auf intra- und interdisziplinärer Ebene, die Ausübung des Berufes, in dessen Rahmen der Berufstätige als Mitglied einer Einrichtung oder Organisation betrachtet wird (Mesoniveau), die Ausübung des Berufes, in dessen Rahmen der Berufstätige als Mitglied des pflegerischen Berufsstandes gesehen wird, der dem System des Gesundheitswesens im Besonderen und der Gesellschaft im Allgemeinen angehört (Makroniveau). Unter den einzelnen Leitzielen sind Teilziele formuliert, deren Kernaussagen sich folgendermaßen zusammenfassen lassen: Krankenschwestern und –pfleger der Qualifikationsstufe 5 sollen in die Lage versetzt werden, ihre Berufsrolle im Bereich der präventiven, kurativen und palliativen Pflege und in Bezug auf die individuelle und kollektive Gesundheitsaufklärung und –beratung auszufüllen. Sie sollen befähigt werden, die Pflegeund Versorgungsstruktur vor dem Hintergrund des individuellen Pflegebedarfs selbständig zu organisieren und zu koordinieren (Ministerium für Gesundheit, Gemeinwohl und Sport, 1996; Hogeschool van Utrecht, 1999a). Handlungsleitend ist der Pflegeprozess, ausgerichtet auf das Ziel, die Kontinuität und Qualität pflegerischen Handelns unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Forschungsergebnisse zu gewährleisten. Darüber hinaus müssen sie Kompetenzen erwerben, auch in neuen Situationen selbständig angemessen zu handeln, koordinierende, organisatorische, führende und beratende Funktionen zu übernehmen und Bedingungen zur Verbesserung des Pflegeangebots in einer intra- und interdisziplinären Zusammenarbeit zu schaffen. Des Weiteren müssen sie dazu befähigt werden, strategische Entwicklungen in Gesundheitseinrichtungen und –systemen einzuführen und einen positiven Beitrag zur Professionalisierung ihres Berufsstandes zu leisten. Die Lehr-/Lerninhalte der Berufsbildung richten sich nach Pflegekategorien, die im Laufe der ersten drei Jahre des Studiums behandelt werden müssen (Ministerium für Gesundheit, Gemeinwohl und Sport, 1996): Patienten, die im Zusammenhang mit einer Untersuchung, Behandlung oder einem chirurgischen Eingriff in eine Einrichtung des Gesundheitswesens aufgenommen worden sind, Schwangere, Wöchnerinnen und Neugeborene, Patienten mit einer Geisteskrankheit, 27 Patienten, deren Möglichkeiten zur Selbstversorgung in somatischer oder psychosozialer Hinsicht eingeschränkt sind, jugendliche Patienten, geriatrische Patienten, chronisch-somatisch Kranke, körperlich Behinderte, geistig Behinderte, Patienten im primären Lebensumfeld. Das erste Studienjahr, gekennzeichnet als propädeutische Phase, führt den Studierenden in verschiedene Arbeitsfelder der Pflegeberufe ein und bietet eine Orientierung in der Berufspraxis (Hogeschool van Utrecht, 2000). Der Auszubildende hat die Möglichkeit, seine Studien- und Berufsmotivation im Hinblick auf die Anforderungen des Pflegeberufes und die des Studiums zu überprüfen. Das zweite und dritte Jahr ist gekennzeichnet durch die theoretische Vertiefung von Inhalten in Bezug auf die pflegerischen Handlungsfelder, das technisch-instrumentelle und soziale Training von Berufsfertigkeiten und die Anwendung des Erlernten in der Berufspraxis. Die Vermittlung von Berufsfertigkeiten und -fähigkeiten geschieht vor dem Hintergrund der landesweit festgelegten Kern- und Berufskompetenzen einer HBO-Pflegeperson (Pool, PoolTromp, Veltman-van Vugt & Vogel, 2001a, 2001b). Die Kernkompetenzen, die in Teilkompetenzen aufgeschlüsselt sind und Kriterien für ihre Effektivität beinhalten, stehen in Beziehung zu fünf Berufsrollen. Die Rollenausfüllung liegt wiederum im Schnittpunkt der Pflegefürsorge und –organisation. Ein weiteres Charakteristikum in Verbindung mit der Berufsrolle ist die Zuordnung zu einem spezifischen Aufgabenbereich. Erwartete Berufsrollen, die die HBO-Pflegeperson ausfüllen sollte und deren Kompetenzen in der Berufsbildung erworben werden müssen, sind in Tabelle 7 aufgeführt. Tabelle 7: Berufsrollen in der Pflege Berufsrollen Die Rolle des Pflegeausübenden Die Rolle des Organisators Die Rolle des Entwicklers Die Rolle des Beraters Pflege des Berufsausübenden Berufsbereich (Domeinen) Pflegefürsorge Bereichsspezifika (Domeinspecificaties) Pflegeorganisation Pflege für Kranke, Behinderte, Sterbende Individuelle und kollektive Prävention Gesundheitsaufklärung und – erziehung (GVO) Pflegekonzeptentwicklung Pflegepolitik Arbeitsbegleitung Qualitätssicherung Berufliche Innovationen Weiterbildung Basierend auf dem Konzept der Berufsrollen, einschließlich der Kern- und Berufskompetenzen, findet in der Differenzierungsphase eine Integration von bisher erworbenen Kompetenzen in Verbindung mit speziellen Patientenkategorien statt. Die Studierenden können aus einem von vier Spezialisierungen auswählen (Ministerium für Gesundheit, Gemeinwohl und Sport, 1996): Pflege bei Störungen vitaler Lebensfunktion (schließt die Behandlung auf der Intensivtherapiestation aus); Pflege bei Schwangerschaft, Wochenbett, Kindern und Jugendlichen zwischen 0 und 18 Jahren; 28 Pflege von Personen mit akuten und/oder chronischen Geisteskrankheiten oder geistigen Behinderungen (bezieht die Psychogeriatrie und Geronto-Psychiatrie ein); Pflege chronisch Kranker. In den Tabellen 8 – 10 sind die Ausbildungsinhalte der Hogeschool van Utrecht entsprechend dem jeweiligen Studienjahr und aufgeteilt nach Studienblöcken mit den zugeordneten Modulen aufgezeigt (Hogeschool van Utrecht, 2000). Die dargestellte Lehrplanorganisation bezieht sich auf ein Vollzeitstudium. Für das Teilzeitstudium sind die Modulangebote und die Studienaktivitäten identisch. Tabelle 8: Studieninhalte im propädeutischen Jahr (1. Studienjahr) Studienpunkte Studienbelastung (sbu) Block 1 chronisch Kranke oder geriatrische Patienten Gesundheitsversorgung und Organisation 1 oder 2 Menschen und Gesundheitsproblematik 1 Basisfertigkeiten im Pflegeberuf 1 4 2 2 2 160 80 80 80 Block 2 chronisch Kranke oder geriatrische Patienten Gesundheitsversorgung und Organisation 1 oder 2 Menschen und Gesundheitsproblematik 2 Basisfertigkeiten im Pflegeberuf 2 4 2 2 2 160 80 80 80 Block 3 Praktikumsorientierung 10 400 5 200 2 1 2 80 40 80 1 1 40 40 Studienpunkte Studienbelastung (sbu) 5 2 3 200 80 120 Module Block 4 Pflege von Patienten vor und nach chirurgischen Eingriffen, Untersuchungen oder Behandlungen Methodisch pflegen Mensch und Gesundheitsproblematik 3 Basisfertigkeiten komplexer Pflegetechniken Wahlmodule Rechenfertigkeiten Tabelle 9: Studieninhalte in der Hauptphase des Studiums Module Zweites Studienjahr Block 1 Patient mit einer psychiatrischen Erkrankung Kommunikative Basisfertigkeiten bei psychiatrischen Patienten Planung von Pflegeversorgung 29 Block 2 Praktikum 1 10 400 Block 3 Patienten mit geistiger Behinderung Gesundheitsversorgung und Organisation 3 Kontinuität und Koordination von Pflege 5 2 3 200 80 120 Block 4 Praktikum 2 10 400 5 200 5 200 Block 2 chronisch Kranke und geriatrische Patienten 2 Basisfertigkeiten im Pflegeberuf 6 Prävention und Gesundheitsaufklärung und -erziehung 5 2 3 200 80 120 Block 3 und 4 Praktikum 3 20 800 Viertes Studienjahr, die ersten fünf Wochen Pflege und Politik die dynamische Pflegeperson 2 3 80 120 Drittes Studienjahr Block 1 Pflege von Schwangeren, Gebärenden und Kindern von 0-18 Jahre der Arbeitsplatz Tabelle 10: Studieninhalte in der Differenzierungsphase Bestandteil Studienpunkte Studienbelastung (sbu) Vorbereitung 5 200 Qualitätsprojekt: Rolle des Entwicklers 10 400 Praxiskompetenz: Rolle der hbo-Pflegenden Rolle des Leiters, Organisators, Koordinators (Regie) Rolle des Beraters (Coach) 10 4 4 400 160 160 Zusammenfassung der Rollen im Endgespräch: Rolle des Berufsausübenden 2 80 Den einzelnen Modulen sind ein bis mehrere sogenannte Teilqualifikationen zugeordnet, welche innerhalb der Module erworben und überprüft werden. Bei erfolgreichem Abschluss des jeweiligen Moduls gelten die Teilqualifikationen als erlernt und können in anderen 30 Modulen wiederum vorausgesetzt werden. Auf dem fünften Qualifikationsniveau sind insgesamt folgende Teilqualifikationen zu vermitteln (Ministerium für Gesundheit, Gemeinwohl und Sport, 1996): Tabelle 11: Teilqualifikationen auf dem Qualifikationsniveau 5 Pflichtfächer Nr. 204 302 303 Pflichtfächer Nr. 411 501 502 401 402 Interaktion in typischen Berufssituationen Basispflege Vorsorge und Gesundheitsaufklärung und -erziehung 1 Planen von Krankenpflege 1 Krankenpflegerische Maßnahmen 403 Koordinierung und Kontinuität der Pflege 1 505 404 Qualitätspflege und Kenntnisförderung – Krankenpfleger/-schwester 1 506 405 407 Pflege chronisch Kranker, körperlich 507 Behinderter und von Rehabilitationspatienten 1 Pflege Pflegebedürftiger vor und nach 508 chirurgischem Eingriff, Untersuchung oder Behandlung 1 Pflege geriatrischer Pflegebedürftiger 1 509 408 Pflege geistig Behinderter 1 510 409 Pflege Pflegebedürftiger mit einer Geisteskrankheit 1 Pflege Schwangerer, Gebärender, Wöchnerinnen und Neugeborener 1 511 Pflege Pflegebedürftiger mit einer Geisteskrankheit 2 Pflege Schwangerer, Gebärender, Wöchnerinnen und Neugeborener 2 Pflege von Kindern und Jugendlichen 2 514 515 Psychiatrie und Pflege geistig Behinderter 2 Chronisch Kranke 2 406 410 512 513 Wahlmöglichkeiten Klinische Intensivpflege Pflege von Wöchnerinnen, Kindern und Jugendlichen 2 503 504 Pflege von Kindern und Jugendlichen 1 Planen von Pflege 2 Vorsorge und Gesundheitsaufklärung und -erziehung 2 Koordinierung und Kontinuität der Pflege 2 Qualitätssicherung und Kenntnisförderung – Krankenpfleger/Krankenschwester 2 Pflege chronisch Kranker, körperlich Behinderter und von Rehabilitationspatienten 2 Pflege Pflegebedürftiger vor und nach chirurgischem Eingriff, Untersuchung oder Behandlung Pflege geriatrischer Pflegebedürftiger 2 Pflege geistig Behinderter 2 Für die praktische Berufsbildung stehen Praktikumsstellen in verschiedenen stationären Fachabteilungen der Kinderkranken- und Krankenpflege, in Altenpflegeeinrichtungen, in psychiatrischen Einrichtungen, in Institutionen für geistig Behinderte und in der Gemeindeund Hauskrankenpflege zur Verfügung. Didaktische und curriculare Orientierungen in der Ausbildung für Pflegeberufe auf der Qualifikationsstufe 5 Die Berufsbildung ist sowohl auf eine breite fachliche Qualifizierung für den Pflegeberuf als auch auf die Persönlichkeitsbildung ausgerichtet (Hogeschool van Utrecht, 1999a, 2000; Pool et al., 2001a). Der Ausbildungsprozess zeigt einen konsequent studentenzentrierten Charakter. Von den Studierenden wird eine aktive Beteiligung am individuellen Lernprozess 31 mit einem hohen Anteil an Selbstverantwortung und Eigeninitiative unter Begleitung der Dozenten erwartet. Sie lernen, selbständig ihre eigenen Lernziele zu formulieren, Lernaktivitäten zu gestalten, ihren Lernerfolg einzuschätzen und eigene Handlungen und Erfahrungen zu reflektieren. Eine Haltung des lebenslangen Lernens und der lernenden Organisation liegt dem didaktischen Konzept zugrunde, dessen theoretischer Rahmen auf lerntheoretischen und vor allem auf sozial-konstruktivistischen Theorien beruht. Das Curriculum basiert auf einem kompetenzgerichteten und situationsorientierten Ansatz. Anhand von relevanten Berufs- bzw. Pflegesituationen werden Kern- und Berufskompetenzen im Zusammenhang mit den fünf zentralen Berufsrollen (s. o.) vermittelt. Situatives Lernen soll die Authentizität bezogen auf das Arbeitsfeld gewährleisten und den Theorie-Praxis-Transfer in die Berufspraxis erleichtern. Zentrale Fächer stellen die Pflege und direkte berufsrelevante Handlungen dar. Wissenschaftliche Bezugsdiziplinen der Pflege werden fächerintegrativ in die einzelnen Lehr-/Lernmodule einbezogen. Die Lernsituationen sind so aufgebaut, dass die Studierenden vom Einfachen zum Komplexen, vom Leichten zum Schweren und vom Allgemeinen zum Speziellen geführt werden. So erhalten sie eine schrittweise Vertiefung ihres Wissens. Im Zentrum eines aktivierenden Lehr-/Lernprozesses stehen handlungsorientiertes und anwendungsbezogenes Lernen, problembasiertes Lernen (PBL) nach dem Siebensprung-Prinzip und Fertigkeitentraining (Skillslab) in Kleingruppen (van Meer, 1994, 2000). Fertigkeitentraining findet auf mehreren Lernebenen und in fünf didaktischen Phasen mit zunehmend komplexeren Handlungs- und Interaktionssituationen statt. Zum Einsatz kommen Rollenspiele und Simulationspatienten. Begleitend zu den Lehr-/Lernmodulen erhalten die Studierenden Arbeitshefte, in denen praxisrelevante Pflegesituationen mit Hinweisen auf die zu bearbeitende Literatur beschrieben sind. Das Fertigkeitentraining wird mit Arbeitsheften unterstützt, die pflegerische Handlungsabläufe und Methoden kombiniert mit Lernzielen, Lernaufträgen, Beobachtungs- und Übungslisten sowie Lernkontrollen beinhalten. Zur Bearbeitung von Lernaufgaben stehen den Studierenden Medien, die einen Zugriff auf aktuelle Literatur und audiovisuelle Lehrmittel ermöglichen, Personalcomputer mit Internetzugang und Übungsräume, ausgestattet mit pflegerischem Material, Inventar, Modellpuppen und anatomischen Modellen, zur Verfügung. Die Begleitung außerschulischer Praktika findet durch Fachpersonal in den einzelnen Pratikumseinrichtungen statt. Während der Praxiseinsätze sind Reflexionstage am Lernort Schule vorgesehen. Im Rahmen des multikulturellen Lernens kann der Student ein Auslandspraktikum absolvieren. Im gesamten Berufsbildungsprozess übernehmen die Lehrpersonen die pädagogischen Funktionen des Experten, Koordinators, Mentors, Beraters, Begleiters und auch Prüfers. In der propädeutischen Studienphase wird der Ausbildungsprozess noch überwiegend durch dozentenbegleitende Lehr-/Lernformen gesteuert. Hingegen nehmen in der Hauptphase die Kontaktstunden mit dem Dozenten ab und der Schwerpunkt liegt bei der Auswertung und Reflexion selbstgesteuerter Lernaktivitäten der Studenten. 32 Arbeitsfelder der Pflege und Weiterbildungsmöglichkeiten Fachhochschulabsolventen der Studienrichtung Pflege (verpleegkunde) können auf allen Gebieten des Gesundheitswesens tätig werden. Folgende weiterführende Ausbildungs- und Studiengänge für Pflegeberufe werden an der Hogeschool van Utrecht angeboten (Hogeschool van Utrecht, 1999b): Tabelle 12: Weiterführende Ausbildungs- und Studiengänge für Pflegeberufe an der Hogeschool van Utrecht Management und Innovation Höhere Ausbildung im Gesundheitswesen Fortgesetzter Unterricht im Gesundheitswesen Management Fortgesetzter Unterricht Pflegeinnovation Ausbildung und Betreuung Lehrerausbildung Krankenpflege Betreuung von Lehrlingen mit Problemen Applikationslehrgang für Krankenpflegedozenten 33 Wissenschaft und Forschung/ Berufsfachrichtungen Master of Science in Nursing Praxisorientierte Forschung Fortgesetzte Ausbildung zum Fachkrankenpfleger Eltern- und Kinderbetreuung Betreuung und Pflege des älter werdenden Menschen Ausbildung zum Laktationskundigen Weiterführende Ausbildung in der Pflege geistig Behinderter Weiterführende Ausbildung zum sozial-psychiatrischen Krankenpfleger 6 Polen An der Jagiellonian University wird auf der Ebene des Lizentiatsstudiums eine generalistische Ausbildung für Pflegeberufe angeboten (Beschluss des Hauptrates für höheres Schulwesen). Der Berufsbildungsgang ist in das allgemeine Bildungssystem integriert und gesetzlich geregelt. Die Auszubildenden haben Studentenstatus. Das Bildungssystem in Polen ist kostenlos für die Studierenden, d. h. es fallen keine Schuloder Studiengebühren an. Es gibt zwei Möglichkeiten, von der Universität finanzielle Unterstützung (Stipendien, die nicht zurückgezahlt werden müssen) zu bekommen: einmal auf Grund von guten Leistungen, zum andern ein „soziales Stipendium“ auf Grund eigener schlechter wirtschaftlicher Verhältnisse. Ausbildungsorganisation Für die Zulassung zum Berufsstudium ist ein erfolgreicher Abschluss der Sekundarschule erforderlich (Jagiellonian University, 2000). Das durchschnittliche Alter der BewerberInnen liegt zwischen 17 – 19 Jahren. An der Jagiellonian University wird mit jeder Bewerberin und jedem Bewerber ein Vorstellungsgespräch geführt. Die Dauer des Lizentiatsstudiums beträgt drei Jahre. Ein Studienjahr besteht jeweils aus zwei Semestern à 15 Wochen, die wiederum unterteilt sind in 10 Wochen theoretische und fünf Wochen praktische Ausbildung. Am Ende der ersten zwei Studienjahre und während des dritten Studienjahres müssen mehrwöchige außerschulische Berufspraktika geleistet werden. In Stunden gerechnet umfasst der Berufsbildungsgang 4600 Gesamtstunden, davon beträgt der theoretische Anteil 1685 Stunden à 45 Minuten und die praktische Ausbildung 1810 Stunden einschließlich 800 Stunden Berufspraktika (Jagiellonian University, 2000). Für das Selbststudium sind 1105 Stunden angegeben. Die Zuordnung der Stunden zu einzelnen Ausbildungsanteilen kann in den einzelnen Studienjahrgängen geringfügig variieren. Die Studieninhalte sind thematischen Modulen (Fachmodule) zugeordnet, wobei ein Themenkomplex auf mehrere Studienjahre verteilt unterrichtet wird. Bei Abschluss jedes Fachmoduls erhalten die Studierenden eine bestimmte Anzahl von Kreditpunkten in Zusammenhang mit einer Teilnahmebescheinigung und/oder Prüfung. Es können 60 Kreditpunkte pro Studienjahr erreicht werden. Schließen die Module mit Lehr-/Lernkontrollen ab, so sind die Prüfungsverfahren in der Studienordnung festgelegt. Mündliche und schriftliche Prüfungsformen umfassen z. B. Testverfahren, Durchführen von Interviews und Beobachtungsaufträgen, Berichte zu einem Themenschwerpunkt, Konzeptentwicklungen, Präsentationen, Darstellung von Problemlösungsverfahren. Die praktischen Prüfungen werden in simulierten Situationen oder in der Berufspraxis durchgeführt und beziehen sich auf berufliche Fertigkeiten mit dem Schwerpunkt auf Pflegediagnostik, Pflegedokumentation, Pflegemethoden und interprofessionelle Kommunikation. Die zu erreichende Gesamtanzahl von insgesamt 180 Kreditpunkten gilt als Voraussetzung für die Anmeldung zum Diplomexamen. Das Examen besteht aus einer praktischen Prüfung in der Kranken- oder Gemeindepflege und einer schriftlichen Diplomarbeit mit anschließendem Kolloquium. Mit erfolgreichem Abschluss des Lizentiatsstudiums erhält der Student den akademischen Grad des ‚Bachelor degree in nursing‘. Das Recht zur Berufsausübung wird von der Bezirkskammer der Krankenschwestern und Hebammen vergeben, nachdem der Absolvent eine zwölfmonatige Berufspraxis in einer Gesundheitseinrichtung nachweisen kann (Professional Nurses and Midwives Act of July 5, 1996, Diary of Legal). 34 Ziele und Inhalte der Ausbildung für Pflegeberufe Die pflegerische Berufsbildung auf Hochschulniveau orientiert sich in ihren Zielen und Inhalten an wissenschaftlichen Fortschritten in Pflege und Medizin, Veränderungen im Gesundheitswesen und den gesellschaftlichen Anforderungen an den Pflegeberuf. In der Studienordnung sind übergeordnete Ziele des Berufsstudiums beschrieben (Jagiellonian University, 2000, S. 10). Die Studierenden sollen befähigt werden: zur Sicherstellung einer qualitätsorientierten Pflege; zur Erhebung von Problemen des Gesundheits- und Krankheitszustandes; zur professionellen Planung und Realisierung von Pflegeaktivitäten; zur effektiven Mitarbeit im interprofessionellen Team; zur Berücksichtigung ethischer Aspekte in der Pflege; zur selbständigen Entwicklung und Implementierung von Konzepten zur Gesundheitsförderung und –erziehung unter Berücksichtigung der Autonomie und Eigenverantwortung des Hilfebedürftigen für seine eigene Gesundheit und die Gesundheit anderer; zur Überprüfung der Effektivität von gesundheitsfördernden Handlungen auf wissenschaftlicher Basis und zur Nutzung der Ergebnisse hinsichtlich der Verbesserung von Pflegequalität; zur selbständigen Erforschung wissenschaftlicher Fragestellungen im Bereich der Pflege, zur systematischen Klärung dieser und zur Verbreitung der Ergebnisse; zur pflegerischen Organisation und Implementierung staatlicher Gesundheitspolitik; zur Gründung und Mitwirkung von nicht-professionellen Selbsthilfegruppen und Organisationen, die Ziele der individuellen und kollektiven Gesundheitsförderung verfolgen; zu einem aktiven und selbstverantwortlichen Lernprozess; zur Übernahme von Verantwortung für die eigene persönliche Entwicklung und die Entwicklung des Pflegeberufes. Über einen detailliert festgelegten Lehrplan sollen die Studienziele erreicht werden. In diesem sind zu jedem Fachmodul und jedem Berufspraktikum Lehr-/Lernziele formuliert, die zu vermittelnden Lehrinhalte und -methoden aufgeführt sowie Evaluations- und Prüfungsverfahren festgelegt. Der Unterricht wird von Krankenschwestern mit absolviertem Magisterstudium und/oder einer Promotion durchgeführt. Zusätzliche Lehrpersonen rekrutieren sich aus verschiedenen Fachdisziplinen. Letztgenannte erhalten eine pädagogische Einweisung. Die praktische Ausbildung ist in einzelne Fachmodule integriert und findet in Form von Unterrichtsstunden am Lernort Schule oder in Form von zwei- bis fünfwöchigen Blöcken in der Berufspraxis statt. Die praktische Ausbildung beinhaltet Unterweisungen in Fähigkeiten und Fertigkeiten, die zu einem professionellen Handeln im Gemeindewesen und in der klinischen Praxis führen sollen. Ziel ist die integrierte Anwendung von theoretischen Kenntnissen und Handlungsfertigkeiten. Lehrgegenstände im Gemeindewesen sind gesundheitsfördernde Maßnahmen in Kindergärten und Schulen. Themen der Unterweisung in klinischer Praxis orientieren sich an pflegerischen Handlungsabläufen in medizinischen, chirurgischen und pädiatrischen Disziplinen. Im Rahmen des praktischen Unterrichts bleibt der Studierende unter Aufsicht einer Lehrperson bzw. einer Krankenschwester. Zusätzlich sind während des Studiums vier Pflegepraktika von drei bis sechs Wochen zu absolvieren. Die Praktikumeinsätze in der Berufspraxis werden pädagogisch begleitet. Diese finden im ersten Studienjahr in Bereichen der allgemeinen Pflege und Gesundheitsförderung, im zweiten Studienjahr in der Pädiatrie, Geburtshilfe, Gynäkologie und im dritten Studienjahr in der Chirurgie und Neurologie sowie in der Psychiatrie und Geriatrie statt. 35 Die folgende Tabelle gibt einen Überblick zu den Inhalten des dreijährigen Berufsstudiums einschließlich der Zuordnung zu den einzelnen Modulen, des Stundenumfanges im jeweiligen Studienjahr, zur Form des Modulabschlusses sowie zur Kreditpunktanzahl pro Modul (Jagiellonian University, 2000). Tabelle 13: Programmstruktur der Berufsbildung für Pflegeberufe Modulname Studieninhalte Struktur, Prozess und Anatomie, Funktionen des menschlichen Physiologie, Organismus Biochemie, Genetik Psychosoziales Leben des Philosophie, Ethik Menschen Psychologie, Soziologie, Pädagogik Gesundheit und Umwelthygiene, Gesundheitsförderung Ernährung, (inkl. praktische Ausbildung) Gesundheitsförderung, Grundsätze der Krankenpflege, Krankenpflege Ethik in der Pflege (inkl. praktische Ausbildung) Verwaltung von Sozial- und Gesundheitssystem, Krankenpflege Sozial- und Gesundheitspolitik, Strukturen und Ressourcen in der Pflege, Organisation des Pflegedienstes Ergänzungsmodule: Englisch, Computer, Statistik, Informatik, physikalisches Englisch, Training physikalisches Training Krankheit, Diagnostik und Therapie Erwachsenenpflege (inkl. praktische Ausbildung) Epidemiologie, Mikrobiologie, Pathologie, Klinische Diagnostik, Pharmakologie, Techniken der Physiotherapie, Psychotherapie Innere Medizin, Geriatrie, Chirurgie, Psychiatrie, Neurologie, Onkologie, lebensbedrohliche Situationen Kinderpflege und Angehörige Geburtspflege, (inkl. praktische Ausbildung) Gynäkologie, Pädiatrie 36 Stundenanteil pro Form des Studienjahr Abschlusses 1. 2. 3. 185 --Prüfung Kreditpunkte 12 215 -- -- Prüfung 11 185 30 -- 10 270 70 15 30 30 30 Prüfung Bescheinigung Prüfung Bescheinigung Prüfung Bescheinigung 145 60 30 Bescheinigung 14 -- 255 40 Prüfung Bescheinigung 18 -- 205 405 Prüfung 31 -- 265 -- Prüfung 12 17 7 Behindertenpflege und Angehörige Grundsätze der wissenschaftlichen Untersuchungen Wahlmodule: Schmerzen und Leiden, Tod und Sterben, Krankenhausinfektionen Berufspraktika (gesamt 800 Std.) Selbststudium (gesamt 1105 Std.) Familienpflege, Palliativpflege, Rehabilitation, Katastrophenmedizin Wissenschaftliche Methoden, Bachelor’s Degree Seminar -- -- 110 Prüfung 7 -- 15 45 Bescheinigung 9 Perspektiven der Anthropologie und Philosophie, Alternative Medizin, Krankenhausinfektionen -- 30 30 Prüfung Bescheinigung 6 26 Didaktische und curriculare Orientierungen in der Ausbildung für Pflegeberufe Die Bildungseinrichtung versteht ihren Auftrag in der fachlichen Qualifizierung und in der Persönlichkeitsbildung der Studierenden (Jagiellonian University, 2000). Im Zentrum stehen die Studierenden. Sie sind angehalten, ihren individuellen Lernprozess aktiv mitzugestalten. Haltungen der reflektierten Auseinandersetzung mit Wissen, Fertigkeiten und Standpunkten sowie kritisches Denken stehen im Vordergrund. Darüber hinaus werden Formen der Bewältigung von schwierigen Situationen gefördert. Die Vermittlung von berufsspezifischen Qualifikationen steht im Kontext eines Berufs- und Pflegeverständnisses, das den Pflegepersonen einen selbständigen Status im professionellen Gesundheitssystem zuspricht. Pflege wird der praktischen Disziplin zugeordnet, die unter Einhaltung ethischer Aspekte und Qualitätsmerkmale zur Realisierung folgender Ziele zuständig ist: die Verpflichtung zu einem hohen Dienstleistungsniveau im Bereich der Erhaltung und Förderung von Gesundheit, der Vorbeugung von Krankheiten, der Planung, Durchführung und Evaluation einer ganzheitlichen und individualisierten Krankenpflege, Behindertenpflege und der Pflege von Sterbenden; die Verpflichtung zur Nutzung von menschlichen und sachlichen Ressourcen; die Teilnahme an der Aus- und Fortbildung von Mitarbeitern des Gesundheitsschutzes; die Durchführung von wissenschaftlichen Untersuchungen. Professionelle Pflegepersonen sind verantwortlich für Individuen, Familien und andere Gruppen, deren Subjektivität sie anerkennen. Sie bieten Unterstützung bei der Erlangung von optimalen physischen, psychischen, sozialen und spirituellen Möglichkeiten des Lebens und der Arbeit in einer sich verändernden Umwelt. Die grundsätzliche Arbeitsmethode ist der Pflegeprozess. Des Weiteren haben Pflegepersonen die Pflicht zur kontinuierlichen Fortbildung und zur Weiterentwicklung der Profession als eigenständige Disziplin. Sie wirken aktiv in der Gesundheitspolitik und im Gesundheitsschutz mit. Die selbständigen Aufgaben der graduierten Pflegepersonen im Bereich der Präventions-, Diagnostik-, Therapie- und Rehabilitationsleistungen sind per Gesetz aufgeführt und festgelegt (Order of the Minister of Health and Social Care of September 2, 1997, Diary of Legal). Die o. g. Studienziele und –inhalte sind auf dieses Pflege- und Berufsverständnis ausgerichtet. Unterstützt wird der Bildungsprozess durch den Einsatz unterschiedlicher Lehr-/Lernformen. Neben Vorlesungen, Seminaren und Projekten arbeiten die Studenten an Präsentationen, mit Fallstudien und in Rollenspielen. Zur Bearbeitung haben die Studierenden Zugriff auf Fachliteratur, audiovisuelle Lehrmittel und PC. Die praktische Ausbildung erfolgt u. a. in Übungsräumen, ausgestattet mit pflegerischen Materialien, 37 Inventar, Modellpuppen und anatomischen Modellen. Diese stehen ihnen auch zum selbständigen Fertigkeitentraining zur Verfügung. Begleitend zum gesamten Berufsstudium erhalten die Studierenden ein Informationspaket, das Auskunft über das Pflege- und Berufsverständnis, Ausbildungsziele, gesetzliche Regelungen, Lehrplan und Modulprogramm, Verfahren der Lehr-/Lernkontrollen und das Diplomexamen gibt. Die kontinuierliche Überprüfung einer qualitätsorientierten Lehre realisiert das Institut of Nursing (Jagiellonian University, 2000) mithilfe eines Evaluationskonzeptes. Dieses sieht zu Beginn jedes Jahrganges eine Eingangserhebung in Bezug auf die Kenntnisse und Fertigkeiten der Studierenden vor. Die laufende Evaluation während der Studienzeit erfolgt über Befragungen der Studierenden zur Lehrgangsorganisation, zu Studienzielen und -inhalten, zu Lehr-/Lernarrangements und zu der Qualität der Lehre einzelner Lehrpersonen. Laufende Prüfungen zu den einzelnen Modulen und die Diplomarbeit stellen die Daten der Abschlusserhebung. Darüber hinaus finden Befragungen von LizentiatsabsolventInnen nach einer gewissen Arbeitszeit in der Berufspraxis statt. Arbeitsfelder der Pflege und Weiterbildungsmöglichkeiten Die Absolventen des Lizentiatsstudiums können auf allen Gebieten des Gesundheitswesens tätig werden. Zusatzausbildungen in Bereichen der Familienpflege, Pädiatrie, Inneren Medizin und Chirurgie, Operationsdienst, Intensiv- und Anästhesiepflege und Pflegemanagement führen zur Ergänzung und Erweiterung der erworbenen Berufskompetenzen (Fichtel & Kaczmarek, 1998). Die Jagiellonian University, institut of nursing, bietet im Anschluss an die Berufsbildung auf Lizentiatsniveau ein zweijähriges Masterstudium an. Es kann zwischen 19 fachlichen Spezialisierungen gewählt werden, die zum postgraduierten Abschluss des Master of Nursing führen. Das Masterstudium gilt als Voraussetzung zum Erwerb eines Doktortitels. 38 Literaturverzeichnis Arbeitsgruppe Bildungsbericht am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung (1994): Das Bildungswesen in der Bundesrepublik Deutschland. Reinbek (D): Rowohlt. Dielmann, G. (1999): Das Theorie-Praxis-Verhältnis in der Krankenpflege- und Kinderkrankenpflege. In Ministerium für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.), Arbeitsauftrag und Zwischenbericht der Landeskommission zur Erstellung eines landeseinheitlichen Curriculums als empfehlende Ausbildungsrichtlinie für die Kranken- und Kinderkrankenpflegeausbildung. Düsseldorf (Deutschland). Dielmann, G. (1998): Zur aktuellen Situation der Krankenpflegeausbildung in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. In I. Kollak & A. Pillen (Hrsg.), Pflege-Ausbildung im Gespräch - Ein internationaler Vergleich (S. 279-293). Frankfurt am Main (D): Mabuse. Europäische Kommission (17.10.1997) (XV/E/9432/7/96-DE): Beratender Ausschuss für die Ausbildung in der Krankenpflege. Bericht und Empfehlungen zur Ausbildung der für die allgemeine Pflege verantwortlichen Krankenschwestern und Krankenpfleger in der Europäischen Union. Brüssel (Belgien). Europäische Kommission (24.06.1998) (XV/E/8481/4/97-DE): Beratender Ausschuss für die Ausbildung in der Krankenpflege. 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